Solothurner Zeitung, vom: Montag, 11. Juli 2016
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Solothurner Zeitung, vom: Montag, 11. Juli 2016
Fr. 2.70 AZ 4501 Solothurn | Nr 187 | 110. Jahrgang | redaktion@solothurnerzeitung.ch 058 200 47 74 abo@solothurnerzeitung.ch 058 200 55 02 | inserate@solothurnerzeitung.ch 032 558 86 96 MONTAG, 11. JULI 2016 André Schluchter Eines der Gründungsmitglieder verlässt den Verbund «Musesol» Stefan Graf Der Solothurner Architekt hat das Haus der Religionen geplant Simonetta Sommaruga Die Bundesrätin schweigt sich aus KANTON SOLOTHURN 16 STADT SOLOTHURN 18 INLAND 4 Portugal macht blau Montagsinterview CVP-Chef Pfister kritisiert Bundesrat Erster Titelgewinn für die Portugiesen nach dem Sieg im EM-Final gegen Les Bleus Ein Drama mit Happy End um Cristiano Ronaldo, der früh verletzt ausscheidet Ersatzspieler Eder erzielt in der Verlängerung den 1:0-Siegtreffer gegen Frankreich BERICHTERSTATTUNG: SEITEN 7 - 9 Eigentlich hätte der Bundesrat noch vor den Sommerferien zumindest die Stossrichtung der Verhandlungen mit der EU über die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative festlegen wollen. Daraus wird nichts. Im Montagsinterview spart CVP-Präsident Gerhard Pfister nun nicht mit Kritik an der Regierung. Deren Mitglieder machten nicht den Eindruck, als verfolgten sie eine kohärente Linie, sagt er. «Von einer Kollegialbehörde würde ich erwarten, dass sie sich um eine einheitliche Position bemüht. Im Bundesrat aber herrscht Kakofonie.» SEITEN 2/3 Leichtathletik Drei Medaillen zum Abschluss der EM Die Schweiz errang am letzten Tag der Leichtathletik-EM in Amsterdam gleich drei Medaillen. Tadesse Abraham wurde im Halbmarathon Europameister und führte das Schweizer Team zu Gold. Lea Sprunger gewann in ihrem erst zwölften Rennen über 400 m Hürden Bronze. Daneben gab es drei weitere Klassierungen unter den ersten acht. Die Steeple-Läuferin Fabienne Schlumpf wurde ebenso Fünfte wie die Schweizer Frauen-Staffel (4×100 m). Die helvetische Sprint-Staffel der Männer klassierte sich im 7. Rang. SEITE 9 Solothurn Der Vollendete: Cristiano Ronaldo (Mitte mit Pokal) gewinnt mit seinen portugiesischen Teamkollegen den ersten Titel überhaupt. Der Fussball als Retter? Portugal, ein Armenhaus der Europäischen Union, ist Fussball-Europameister. Fast immer, wenn ein kleines, gebeuteltes Land im Sport einen Coup landet, ist die Hoffnung auf den Aufschwung allgegenwärtig. So war es, als Griechenland 2004 Europameister geworden ist. So ist es auch jetzt in Portugal, nach dem FinalSieg gegen Frankreich. dass der Fussball nicht alles verändern kann. Gewiss wird das Selbstbewusstsein, vielleicht auch das Wir-Gefühl gestärkt. Aber die sozialen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Probleme kann der Fussball nicht eliminieren. Erst recht nicht in einem Land wie Portugal, das so tief im Schuldensumpf steckt. Bestimmt werden die feiernden Menschen auf den Strassen ihren tristen Alltag für einige Momente vergessen. Im Rausch verflüchtigen sich die Sorgen, mit 1000 Euro pro Monat oder weniger über die Runden zu kommen. Aber der Morgen kommt. Und damit auch der Kater. Und mit dem Kater die Gewissheit, Sowieso ist Portugal ein seltsamer Europameister. Aber das passt zu dieser seltsamen Europameisterschaft. Von 16 auf 24 Mannschaften aufgebläht, erwachte der Anlass erst in der K. o.-Phase aus seiner taktischen Schockstarre. Es gab durch die Aufstockung zwar ein paar putzige Exoten wie Island und Wales. VON FRANÇOIS SCHMID-BECHTEL Aber punkto Unterhaltungswert und spielerischem Niveau war diese Endrunde enttäuschend. Für die Uefa ist die EM mit 830 Millionen Euro Gewinn ein famoses Geschäft. Das ist es, was zählt in der europäischen Machtzentrale des Fussballs. Nur das. Die Portugiesen sind die Nutzniesser dieser neuen EM. Als Gruppendritte wären sie in früheren Jahren ausgeschieden. Der neue Modus eröffnete ihnen aber die Chance, in sieben Spielen mit nur einem Sieg nach 90 Minuten den Titel zu gewinnen. Dabei haben sie nie künstlerisch überzeugt, geschweige denn entzückt. Nein, die Portugiesen haben ihren ers- JUBILÄUMSFEIER KEYSTONE ten Titelgewinn der Solidarität, dem Herzen, der Leidenschaft und natürlich ihrem Weltstar Cristiano Ronaldo zu verdanken. Wobei ausgerechnet Ronaldo im Final schon nach sieben Minuten vom Franzosen Payet einen üblen Schlag aufs Knie bekommt und in der 25. Minute ausgewechselt werden muss. Auch das passt zu dieser komischen EM. Der Captain, der Star, die Weltmarke, der Torgarant macht sich mit dem Sieg im EM-Final, in dem er gar keine entscheidende Rolle spielt, unsterblich. Zumindest in seiner Heimat. Aber vielleicht haben Ronaldos Tränen im Stade de France in Paris für jenes Quantum Kraft und Solidarität gesorgt, das entscheidend war. Endspurt für das neue BBZ-Gebäude In der Solothurner Vorstadt wird für rund 30 Mio. Fr. ein Erweiterungsbau des Berufsbildungszentrums BBZ realisiert. Die Arbeiten befinden sich im Endspurt und sollen rechtzeitig auf den 16. August fertig werden, wenn 1200 Lernende den Bau in Beschlag nehmen wollen. «Wir brauchen keinen Plan B», zeigt sich Projektleiter Thomas Schwaller hinsichtlich des Zeitplans zuversichtlich. Der Bau ist mit neuster Gebäudetechnik ausgestattet und wird auch das Rechenzentrum des Kantons beherbergen. SEITE 15 SZ francois.schmid@azmedien.ch BADIWETTER FEUERWEHRWETTKAMPF Bucheggberg gehört seit Grosser Ansturm in der 625 Jahren zu Solothurn Badi in Solothurn Das Sandlochfest fand zum 20. Mal statt Mit einer Fahnenzeremonie und vielen Reden feierten die Bucheggbergerinnen und Bucheggberger die Zugehörigkeit zum Kanton Solothurn. Dabei wurden die bucheggbergischen Besonderheiten historisch untersucht und erklärt. SEITE 20 49 Feuerwehr-Mannschaften aus der ganzen Schweiz, aus Deutschland und Österreich kämpfen bei einem Spass-Parcours gegeneinander. Sieger war wie immer die Freude, und in der Wärme war Bier völkerverbindend. SEITE 19 Nachdem die Badesaison bisher zu wünschen übrig liess und auch das Schwimmen in der Aare nicht ratsam war, wurde die Badi dieses Wochenende von den Daheimgebliebenen gestürmt. Schattenplätze waren schon bald rar. SEITE 18 MONTAG, 11. JULI 2016 15 SZ/GT www.solothurnerzeitung.ch SOLOTHURN KANTON, STADT UND REGION «Es braucht keinen Plan B für das BBZ» Berufsbildungszentrum Der neue Erweiterungsbau ist fast fertig und wird wie geplant am 16. August eingeweiht VON HANS PETER SCHLÄFLI ✴ ● ● ● ● ● «Das schaffen die nie», wird manch ein Passant denken, wenn er in der Solothurner Vorstadt am Erweiterungsbau des Berufsbildungszentrums BBZ vorbeigeht und einen Blick auf die laufenden Arbeiten im Erdgeschoss wirft. «Wir schaffen das», sagt Thomas Schwaller, der als Gesamtprojektleiter die Verantwortung dafür trägt, dass das neue Schulhaus am 16. August eingeweiht werden kann. «Es braucht keinen Plan B.» Rund ein Dutzend Lieferwagen verschiedener Baufirmen stehen da und im BBZ geht es zu wie in einem Bienenhaus. «Der erste Eindruck täuscht etwas, weil die letzten Arbeiten von oben nach unten ausgeführt werden», erklärt Schwaller. «Jetzt sind wir im ersten Stock daran, den Innenausbau abzuschliessen.» Tatsächlich ist der oberste Stock schon herausgeputzt. In der Mitte werken die Elektriker, unten arbeitet ein Gipser an seiner letzten Wand während draussen die Gartenbauer Erde um die neu gepflanzten Bäume verteilen. «Schon diese Woche kommen die ersten Möbel», sagt der Gesamtprojektleiter. Ab dem 16. August werden pro Woche rund 1200 Schüler in den 27 Räumen ein- und ausgehen. Würde jetzt noch eine massive Fehlplanung entdeckt, dann wäre es zu spät. «Wir haben drei Wochen für Mängelbehebungen eingeplant. Aber ich weiss, dass alles funktionieren wird. Es wird nichts zum Vorschein kommen, das die Schlüsselübergabe gefährden könnte.» Kein Zucken im Augenlid, kein nervöses Wippen mit dem Fuss. Thomas Schwaller gibt so gelassen Auskunft, dass man ihm glauben muss. Synergien dank Datencenter Fast zwei Jahre hatte sich der Baubeginn wegen verschiedener Einsprachen verzögert. Die Zeit wurde intensiv genutzt, um das Projekt weiterzuentwickeln. Im Untergeschoss wurde Platz für ein Rechenzentrum der kantonalen Verwaltung geschaffen. «Es sind Synergien entstanden, die sich auf das INSERAT HAUSTECHNIK ▼ ▼ ▼ ▼ ● ● ● ● ▼ ● ▼ ● ▼ ● ▼ ● ▼ ● ▼ ● ▼ ● ▼ ● ▼ ● ▼ ● ▼ ● ▼ ● ▼ ● ▼ ● ▼ ● ▼ ● ▼ ● ▼ ● ▼ ● ▼ ● ▼ ● ▼ ● ▼ ● ▼ ● ▼ ● ▼ ● ▼ ● ● ▼ ● ▼ ● ▼ ● ▼ ● ▼ ● ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ● ● ● ● ● ● ● ● ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ▼ ✲ ● ● ● ● ● ❒ ❒ ❒ ❒ ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● Redundanz in allen Bereichen Doppelt gemoppelt. Das hat beim neuen BBZ System. Zwei Glasfaserkabel sorgen für einen rasanten Zugriff aufs Datennetz, selbst wenn einmal eines der beiden Kabel unterbrochen sein sollte. Mit zwei unabhängigen Grundwasserzuleitungen ist auch das Kühlsystem für das Datencenter im Keller auf der sicheren Seite. «Redundanz», nennt man das im Fachjargon der Architekten. Die Stromversorgung der sensiblen Computer ist sogar über drei unabhängige Systeme möglich. Sollte das normale Stromnetz ausfallen, übernehmen sofort die Batterien die Stromversorgung, die einen ganzen Kellerraum füllen. Als drittes System wird ein Notstromaggregat mit einem Verbrennungsmotor gestartet. Das BBZ ist «fertiger», als es aussieht. Der Innenausbau und die Umgebungsarbeiten laufen auf Hochtouren. ganze Schulhaus positiv auswirken», erklärt Thomas Schwaller. «Auf die ursprünglich auf dem Dach vorgesehene Luftkühlung konnte verzichtet werden, weil jetzt mit der Kühlung des Datencenters über das Grundwasser auch einige Schulräume klimatisiert werden können.» So kann Energie gespart werden und das BBZ erfüllt den Standard Minergie-P-Eco. Geheizt wird es mit Fernwärme, eine Photovoltaikanlage produziert Strom auf dem Dach. Den Kern des Schulhauses bildet das grosszügige Treppenhaus, das in schlich- tem, sichtbarem Beton gehalten ist. «Weil die Fluchtwege für einen möglichen Brandfall peripher durch die Schulräume angelegt wurden, konnten wir das zentrale Treppenhaus über alle Stockwerke offen gestalten», erklärt der Gesamtprojektleiter. Über das Glasdach wird so das Schulhaus von innen mit Tageslicht durchflutet und es entsteht ein freundliches Ambiente – ideal für die Erholung in den kurzen Pausen zwischen den Lektionen. Eine grosszügige Loggia mit Blick auf die Aare und die Altstadt ermöglicht es den Schülern und Mehr Bilder finden Sie online HANS PETER SCHLÄFLI Lehrern, einen Moment an der frischen Luft zu verbringen ohne das Gebäude verlassen zu müssen. Die Schulzimmer gewähren mit ihren raumhohen Fenstern königliche Aussichten auf die umliegenden Solothurner Stadtteile. Kosten im grünen Bereich «Auch bei den Kosten sind wir auf Kurs», sagt der Gesamtprojektleiter. Der Erweiterungsbau des Berufsbildungszentrums dürfte also wie geplant knapp unter 30 Millionen Franken kosten. Die einge- plante Reserve für unvorhergesehene Ausgaben, der sogenannte «Pool», sei bisher nicht angegriffen worden, sagt Thomas Schwaller. Bis zur Eröffnung des Schulhauses sieht er Stress und Zeitdruck nur auf einer Ebene: «Die Schulverwaltung und die Lehrkräfte werden noch extrem gefordert. Sie werden vor dem Ende der Schulferien ihr ganzes Material zügeln und gleichzeitig das neue Schuljahr vorbereiten müssen.»