Deal or no Deal

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Deal or no Deal
Deal or no Deal
Prozessbericht Horst Wesemann, FAStR, Bremen, Nov. 2010
Angeklagt waren 3 Personen albanischer Herkunft und eine mit türkischen Wurzeln1. Die
Albaner A. und B. sollten gemeinschaftlich Kokain in bis zu 43 Fällen, teilweise in nicht geringen Mengen an Dritte mit Gewinn veräußert haben. Mit dem Angeklagten C. sei danach
noch eine Bande gebildet worden, um 8 kg Marihuana aus einer dafür angemieteten Wohnung zu verkaufen. Der Angeklagte D. türkischer Herkunft, sollte den Angeklagten B. teilweise bei seinen Geschäften unterstützt haben. D. ist Taxifahrer in Hannover und sollte B. wiederholt zu Verkaufstätigkeiten gefahren haben.
Der Angeklagte D. hatte bereits im Ermittlungsverfahren ausführliche Angaben zur Sache
gemacht und dabei teilweise auch den Angeklagten B. belastet. Die Anklage stützte sich u.a.
auf diese Angaben. Ferner waren diverse abgehörte Telefongespräche als Beweismittel
benannt. Sie sollten das Zusammenwirken von A. und B. im Kokainhandel dokumentieren
und die Beteiligung und bandenmäßige Begehung von A., B. und C. an dem MarihuanaGeschäft.
Die Verteidigung widersprach der Einführung und Verwertung der aus verdeckten Maßnahmen erlangten Informationen. Es hätten keine bestimmten Tatsachen vorgelegen, die eine
Anordnung zur Telefonüberwachung gerechtfertigt hätte. Die Observationsbeschlüsse seien
zudem mit angeblichen Erkenntnissen aus der unverwertbaren TÜ begründet worden.
Außerhalb der HV beriet die Kammer über den Antrag und beschied diesen abschlägig. Diese Entscheidung kam für die Verteidigung überraschend. Nicht einmal im Freibeweisverfahren war erörtert oder verlesen worden, was Grundlage der richterlichen Anordnungen gewesen war. Wie aber sonst sollten sich die an der Entscheidung beteiligten Schöffen die Kenntnis von den Tatsachengrundlagen verschafft haben? Die Verteidigung vermutete im Ergebnis zutreffend, dass der Akteninhalt außerhalb der HV im Rahmen der Beratung mit den
Schöffen erörtert worden war. Einzelheiten blieben uns mit Rücksicht auf das Beratungsgeheimnis verborgen.
Die Ablehnungsanträge gegen die Schöffen wegen Befangenheit aufgrund dieser Kenntnisnahme und gegen die Berufsrichter, weil sie dies zugelassen und gefördert hätten, wurden
als unbegründet zurückgewiesen. In der Literatur und Rechtsprechung sei zunehmend anerkannt, dass Schöffen auch einen Anspruch auf Akteneinsicht hätten. Überraschend! Die erkennbar nicht ernst gemeinte Anregung der Verteidigung, dann doch das wesentliche Ermittlungsergebnis zur Kenntnis zu nehmen und sodann zur Urteilsberatung zu schreiten, beschied die Vorsitzende nicht.
Der Mitangeklagte D. wiederholte seine Angaben und einige Zeugen wurden gehört. Alle
hatten etwas vom Hörensagen gehört, andere waren selbst Beschuldigte und verweigerten
nach § 55 StPO Angaben zur Sache. Die Umstände der Marihuanalieferung sollten durch die
observierenden Beamten eingeführt werden. Die 8 kg Marihuana wurden bei Anlieferung
sichergestellt, die Angeklagten A. B. und C. verhaftet. Bezüglich der Einzelheiten der Observationen war schon im Zwischenverfahren die Lückenhaftigkeit der Beobachtungen bzw. der
Mitteilungen darüber beanstandet worden. Die Fragen nach der Identität der Lieferanten,
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LG Hannover 3 KLs 12/10
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wenigstens nach dem Kennzeichen des anliefernden Fahrzeugs oder des Fahrzeugtyps
konnten nicht beantwortet werden, weil angeblich keine Gelegenheit gewesen wäre, diese
näher in Augenschein zu nehmen. Man wollte ja schließlich als Observationskräfte nicht
auffallen.
Das war zu unwahrscheinlich. Handelte es sich um polizeiliche „Scheinverkäufer“ deren
Identität nicht preisgegeben werden durfte? Für die Strafmessung wäre dieses aber ein bedeutender Umstand. Die Staatsanwaltschaft gab eine Ehrenerklärung für die Polizei ab. Es
sei nicht so wie von der Verteidigung vermutet. Man habe tatsächlich die Lieferanten nicht
identifizieren können, geschweige denn festnehmen. Leider.
Das Verfahren nahm seinen Lauf. Die Vorsitzende kündigte an, alsbald auch die TÜProtokolle in die HV einführen zu wollen. Die Verteidigung wollte nun das Heft noch einmal
in die Hand nehmen. Beratungen der Verteidiger (von A. B. und C.) untereinander ergaben
folgende auf der Grundlage der Angaben unserer Mandanten mögliche Verteidigungslinie:
Würden die Angeklagten gestehen, die angeklagten Einzelverkäufe von Kokain unabhängig
voneinander aus einer jeweils zur Verfügung stehenden insgesamt erworbenen Menge bestritten zu haben, dann liege nur noch eine Tat des Handeltreibens mit einer nicht geringen
Menge vor (Bewertungseinheit) und eine Gewerbsmäßigkeit scheide aus. Es sei nicht geplant gewesen, über die einmal erworbene Menge hinaus weitere ähnliche Geschäfte abzuwickeln. Nach Ermittlung der Summe der Einzelverkäufe unter Abzug der Geschäfte mit offensichtlich dünner Beweislage, könnte der Vorwurf auf zunächst jeweils 100 g höherwertiges Kokain reduziert werden. Eine entsprechende Menge könnte von A. und B. unabhängig
von einander erworben und zum Verkauf noch gestreckt worden sein.
Bezüglich des bandenmäßigen Handels mit Marihuana gebe es ebenfalls keine weitergehenden Anhaltspunkte, dass über diese zu erwerbende Menge hinausgehend weitere Geschäfte geplant gewesen seien. Damit scheide eine Bande aus. Es handele sich um eine
Weichdroge, diese sei sichergestellt worden und das ganze habe unter polizeilicher Kontrolle
gestanden. Damit wäre sichergestellt, dass die gesetzliche Mindeststrafe von 5 Jahren unterschritten werden konnte.
Erörterungen mit dem Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft ließen Einigungsbereitschaft
erkennen, an der Bande hänge sein Herz nicht und eine Bewertungseinheit sei anzunehmen,
wenn sich die Angeklagten entsprechend erklärten. Das Gegenteil könne er nicht beweisen.
Die Strafkammer schien sichtlich erleichtert das Verfahren so abkürzen zu können. Die Angebote (jeweils mit benannten Ober- und Untergrenzen) lagen bei 4 Jahren 6 Monaten für
den einschlägig vorbelasteten und gerade zuvor auf Bewährung entlassenen Angeklagten
A., 3 Jahre 6 Monate für den nicht vorbestraften Angeklagten B. und Bewährungsstrafen für
C. und D. wegen untergeordneter Beteiligung und Angaben nach § 31 BtMG für D.
Für im Ergebnis nur noch 2 Taten eine doch erhebliche Strafandrohung. Einerseits ging es
um Handeltreiben mit gerade mal 100 g Kokainzubereitung andererseits um 8 kg Marihuana, welches unter polizeilicher Kontrolle angeliefert und schließlich sichergestellt werden
konnte.
Erörterungen mit den Angeklagten ergaben: Die Angeklagten B., C und D. wollten das Angebot annehmen und erklärten sich entsprechend in der HV. Im gesonderten Verfahren gegen diese Angeklagten erfolgte eine Verurteilung in der angekündigten Größenordnung.
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Das Verfahren gegen den Angeklagten A. wurde abgetrennt. Er sei unschuldig, außerdem
habe man keine Beweise. Die Verteidigung sah dies kritischer, stellte sich aber hinter den
Angeklagten mit der Forderung nach Freispruch. Die Vorsitzende stellte sodann ein Konvolut
von Niederschriften angeblich geführter Gespräche zusammen. Hierbei handelte es sich um
die in den Akten enthaltenen Übersetzungen des namentlich nicht bekannten Dolmetschers
der Polizei. Soweit nur Inhaltsangaben in den Akten enthalten waren, wurden ergänzende
wortwörtliche Wiedergaben in Auftrag gegeben und nachgeliefert. Die Kenntnisnahme erfolgte im Wege des Selbstleseverfahrens.
Der Angeklagte konnte die deutschen Texte nicht lesen und verstehen. Er bekam einen
Dolmetscher zur Seite gestellt, der die Verschriftungen noch einmal zurückübersetzen musste. Die Originalgespräche konnte der Angeklagte selbst auch abhören. Er teilte der Verteidigung mit, er sei nicht Gesprächspartner derjenigen Gespräche, die für die Tatnachweise als
erheblich eingestuft worden waren.
Mit der Feststellung des Gerichts, die Protokolle seien nun gelesen worden und der Angeklagte habe die Gelegenheit dazu gehabt, wollte die Verteidigung eine Erklärung nach § 257
StPO abgeben. Den Interpretationen der Polizei und StA sollte zu den einzelnen Gesprächen eine alternative Arbeitshypothese gegenübergestellt werden. Viele Gespräche seien
nicht ansatzweise geeignet die Beteiligung an welchen Geschäften auch immer zu belegen.
Teilweise wurde seitens der Polizei aus den Angaben, dieser oder jener sei 50 km oder 150
km entfernt und komme gleich geschlossen, es handele sich um Bestellungen von 50 g und
150 g Kokainzubereitung. Das schien ein jedenfalls nicht zwingender Schluss zu sein. Außerdem wurde die Einholung eines Stimmvergleichsgutachtens beantragt. Der Mandant sei
nicht Teilnehmer dieser Gespräche.
Bevor diese Erklärung abgegeben werden konnte teilte die Vorsitzende mit, Erklärungen zu
dem „Kokainkomplex“ seien entbehrlich. Die Kammer habe dies beraten. Für eine Verurteilung reiche es nicht. Insoweit wolle die Kammer freisprechen. Das wurde auf Antrag auch so
zu Protokoll genommen. Man wolle sich bei der weiteren Beweisaufnahme auf den Fall 45
(Marihuana-Anlieferung) konzentrieren.
Schon dies war erstaunlich. Die gleiche Strafkammer hatte auf der identischen Tatsachengrundlage sowohl das Verfahren eröffnet als auch einen Deal vorgeschlagen, wo allein der
angebliche Kokainverkauf mit einer Einsatzstrafe von nahezu drei Jahren zu Buche schlagen
sollte. Waren die Telefongespräche vorher nicht zur Kenntnis genommen worden? Man
musste dies vermuten. Aber besser eine späte Einsicht- als gar keine.
Die Vorsitzende wagte sodann noch die Anfrage, ob es eine Verständigungsbereitschaft wegen des Marihuanas gebe. Man stelle sich allerdings vor, dass dann auch nicht weniger als 3
Jahre 6 Monate herauskommen müssten. Die Strafe dürfte insgesamt nicht weniger werden,
als der Angeklagte B. bekommen habe. Auch dieses Angebot wurde- nunmehr einmütig- von
Mandant und Verteidigung abgelehnt.
Nun hatte der Dolmetscher gegenüber der Verteidigung schon durchblicken lassen, dass
seiner Auffassung nach, der Mandant tatsächlich nicht als Gesprächsteilnehmer in Frage
komme. Der gesprochene Dialekt stimme nicht überein. Stimmvergleiche vorzunehmen, sei
nicht seine Aufgabe. Die sprachlichen Unterschiede seien aber evident.
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Diese Einschätzung teilte die Verteidigung dem Staatsanwalt außerhalb der HV „vertraulich“
mit. Erwartungsgemäß gab er diese Info auch an die Frau Vorsitzende weiter. Bevor jetzt
ein Stimmgutachten eingeholt werde, wolle man den Dolmetscher um ein Gutachten zur
Herkunft und dem verwendeten Dialekt der jeweiligen Gesprächspartner bitten. So das Ergebnis der nachfolgenden Kammerberatung.
Am nächsten Hauptverhandlungstag wurden die Gespräche in Augen(Ohren-)schein genommen. Der Dolmetscher erstattete sein Gutachten. Eine Beteiligung des Angeklagten A.
an den relevanten Gesprächen war äußerst unwahrscheinlich. Die Kammer zog sich zurück,
die Mittagspause wurde um 90 Minuten überzogen.
Nach Wiedereintritt wurde die Verteidigung gefragt, ob der Antrag aus Einholung eines
Sachverständigengutachtens zum Stimmenvergleich zurückgenommen werden könne. Die
Kammer habe das jetzt auch beraten. Nach ihrer Auffassung sei das Gutachten entbehrlich.
Der Haftbefehl wurde aufgehoben. Es bestehe kein dringender Tatverdacht mehr. Um nun
jedes Missverständnis auszuschließen, wurde zunächst nachgefragt, ob denn jetzt auch bezüglich der Tat 45 mit einem Freispruch gerechnet werden könne. Das wurde bejaht, der
Antrag zurückgenommen. Nun war die Staatsanwaltschaft am Zuge.
Im Anschluss an diesen Sitzungstag beriet die Kammer erneut über das weitere Vorgehen.
Da nun offensichtlich erst einmal gar nichts mehr da war, was zur Verurteilung gereicht hätte,
wollte man doch wieder einzelne Kokainverkäufe weiter aufklären. Jedenfalls die Gespräche
mit den km-Angaben sollten noch einmal überprüft werden. Dies teilte die Vorsitzende zu
Beginn der nachfolgenden Sitzung mit.
Die Verteidigung beanstandete, sie sei in der Verteidigung behindert worden. Als es darauf
ankam, sei die Verteidigung veranlasst worden weitere Erklärungen nicht abzugeben, da
man freisprechen wolle. Diese Situation sei historisch nicht mehr wiederherstellbar, auch
wenn die Verteidigung jetzt, nachträglich ergänzende Erklärungen abgeben dürfe. Ein nicht
akzeptabler Verstoß gegen den Vertrauensgrundsatz.
Die Niederschrift aus dem Protokoll über den beabsichtigten umfassenden Freispruch wurde
hinsichtlich der noch für aufklärungsbedürftig gehaltenen Tatvorwürfe korrigiert. Die Verteidigung erklärte sich dazu. Es blieb unbefriedigend!
Nun war die Staatsanwaltschaft dran: Der Sitzungsvertreter legte dar, dass die technischen
Möglichkeiten des gehörten sachverständigen Dolmetschers unzureichend gewesen seien.
Dieser habe ja einige Passagen nicht verstanden. Außerdem seien einige Passagen falsch
übersetzt worden. Dies habe er nach Rücksprache mit dem für die Polizei tätigen Dolmetschers L. erfahren. Die Staatsanwaltschaft legte ergänzende korrigierte Wortprotokolle dieses Dolmetschers vor. Ob denn der Dolmetscher der Polizei allgemein vereidigt sei, wurde
auf Frage der Verteidigung ausdrücklich bejaht. Selbstverständlich!
Außerdem beantragte nun die StA die Einholung eines stimmvergleichenden Gutachtens.
Der Mandant hatte allerdings seine Zustimmung zur Mitwirkung widerrufen. Aber ein Vergleich der „sicheren“ vom Mandanten geführten unverfänglichen Gespräche mit den “interessanten“ reiche auch.
Der Auftritt des Dolmetschers L. war bühnenreif. Ohne Punkt und Komma mit ausschweifenden Gesten berichtete er von den technischen Möglichkeiten, die das von ihm mitgebrachte Wiedergabegerät biete. Er war kaum zu bremsen, dabei war er noch gar nicht be-
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lehrt. Das holte die Vorsitzende nach und fragte vorsichtshalber auch noch einmal, ob denn
der Dolmetscher allgemein vereidigt sei, was er bejahte und belehrte ihn dahingehend, dass
er hier als Sachverständiger tätig werde. Schon sollte es weitergehen. Da bat die Verteidigung ums Wort. Wo er denn aufgewachsen sei? In Montenegro! Aber sein Vater und seine
Mutter kämen aus Albanien und sprächen hochalbanisch. Wo er denn zur Schule gegangen
sei und welche Sprache dort gesprochen wurde? In Ulcin und man habe serbisch und albanisch gesprochen! Das wollte man schon gar nicht mehr glauben. Hatte das serbische Regime nicht nachhaltig an der Unterdrückung sogenannter Minderheiten mitgewirkt? Vielleicht
ein Ansatzpunkt. Später. Wo er denn allgemein vereidigt worden sei? Beim LG-Präsidenten
in Hannover! Und für welche Sprachen? Serbisch und kroatisch! Nicht auch für albanisch?
Nein, das habe er nicht gewollt! Die Vorsitzende griff ein: Aber sie habe doch ausdrücklich
danach gefragt, ob er allgemein vereidigt sei und das sei ja wohl offenkundig, dass es um die
Frage ging, ob er für albanisch vereidigt sei. Ihre Empörung über das Verhalten des Dolmetschers war nicht zu übersehen.
Der Staatsanwalt warf noch ein, der Dolmetscher könne ja jetzt vereidigt werden, dass reiche
dann doch auch. Dem wollte das Gericht nach diesem Auftritt nicht folgen. Der Dolmetscher
wurde unverrichteter Dinge entlassen.
Was tun? Jetzt standen sämtliche bei der Polizei gefertigten Übersetzungen auf dem Prüfstand. Die Einführung im Selbstleseverfahren von Protokollen eines nicht vereidigten Dolmetschers ohne weitergehende Überprüfung hätte wohl revisionsrechtlicher Überprüfung
nicht standgehalten. Die vollständige Neuübersetzung der gesamten TÜ stand zur Diskussion.
Die Anklage war noch davon ausgegangen, dass der Angeklagte A. und B. gemeinschaftlich
Handel getrieben hätten. Einer (A.) habe Bestellungen entgegen genommen und (B.) habe
ausgeliefert. Nun hatte B. in seinem Verfahren bereits die Auslieferungen gestanden. Aus
den Telefongesprächen wollte die Staatsanwaltschaft herausgehört haben, dass der Mandant (A.) derartige „Bestellungen“ entgegen genommen hatte. Dies führt bei der Verteidigung zu folgenden Überlegungen, die zunächst mit Blickrichtung auf den Sitzungsvertreter
der StA vorgetragen wurden:
Sollte der Mandant erklären, er habe tatsächlich ohne jedes eigene Interesse die Bestellungen weitergeleitet, dann käme allenfalls Beihilfe zum Handeltreiben in Frage. Da B. nur aus
einer Ursprungsmenge heraus verkauft habe und deshalb nur wegen einer Tat des
Handeltreibens mit nicht geringen Mengen verurteilt worden war, bliebe für A. auch nur eine
Tat der Beihilfe dazu. Die A. zuzurechnenden Mengen seien allerdings deutlich geringer.
Dies erlaube die Verhängung einer deutlich niedrigeren Strafe als früher mal angedacht.
Nun sei die Tat, wenn sie denn begangen wurde, kurz nach der Entlassung aus Strafhaft und
unter laufender Bewährung begangen worden. Die Verteidigung räume ein, dass es unter
diesen Umständen schwierig sei, auf eine nochmalige Bewährungsstrafe zu erkennen. Die
Strafe müsse aber 12 Monate Freiheitsstrafe nicht übersteigen, immerhin habe man nur eine
Tat der Beihilfe zum Handeltreiben. Bei Verhängung dieser Strafe ohne Bewährung, könne
die Kammer angesichts bereits verbüßter 8 ½ Monaten Untersuchungshaft im Falle der
Rechtskraft sofort eine für den Mandanten günstige 2/3-Entscheidung treffen und den Strafrest zur Bewährung aussetzen. Solange keine Strafhaft verbüßt werde, sei das erkennende
Gericht für die Reststrafenentscheidungen nach § 57 StGB zuständig. In diesem Fall würde
der Mandant seine Beihilfehandlungen einräumen.
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Die Frau Vorsitzende setze dazu an, Einwendungen zur Strafhöhe zu erheben, da es hier
doch um erhebliche Mengen gehe. Den unterbreiteten Vorschlag wollte die Verteidigung
nicht mehr diskutieren. Es handele sich um einen seriösen Vorschlag, der allen Beteiligten
erlaube im aufrechten Gang den Saal zu verlassen. Es möge beraten werden, ob dem zugestimmt werden könne oder nicht. Der Staatsanwalt bat um Bedenkzeit, die Kammer zog sich
zurück.
Mit den üblichen Bedenken stimmte der Staatsanwalt zu, die Verteidigung meinte erkennen
zu können, dass die Kammer dem nicht entgegentreten werde, sodass der Angeklagte ohne
förmliche Protokollierung einer Verständigung, die auch nicht ausgesprochen worden war,
seine Erklärung zur Sache abgab. Erst danach nahm die Frau Vorsitzende zu Protokoll, sollte sich das Geständnis als zutreffend erweisen, werde die Kammer auf nicht mehr als 12
Monaten Freiheitsstrafe erkennen und bestätigte diese Vereinbarung nach Beratung.
Es wurde auf 12 Monate ohne Bewährung erkannt. Die Strafe nach Ablauf der Rechtsmittelfrist rechtskräftig und der Rest der Strafe zur Bewährung ausgesetzt, nachdem der Verurteilte noch eine Beschäftigung nachweisen konnte. So kann es auch gehen!
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