SS-12 Raketenstellung in Uhyst am Taucher

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SS-12 Raketenstellung in Uhyst am Taucher
Atomraketen im Taucherwald
SS-12 Raketenstellung in Uhyst am Taucher
(Oberlausitz)
N
ach dem Zweiten Weltkrieg standen
sich in Mitteleuropa riesige militärische
Potenziale von NATO und Warschauer Pakt
gegenüber. Der `Eiserne Vorhang` trennte die
beiden Verteidigungsbündnisse und beiderseits der innerdeutsche Grenze waren modernste Waffensysteme stationiert. Seit den
1950er Jahren befanden sich darunter auch
atomare Raketensysteme. Nachdem die Sowjetunion im Jahr 1976 in den westlichen Sowjetrepubliken SS-20 Mittelstreckenraketen
stationierte, fasste die NATO im Dezember
1979 den sogenannten NATO-Doppelbeschluss. Mit der Stationierung im Jahr 1983
von 108 US-amerikanischen Raketen vom
Typ Pershing II und von 464 bodengestützten
Marschflugkörpern in Westeuropa wurde das
Mittelstreckenpotenzial der NATO umfassend
modernisiert. Die Sowjetunion antwortete mit
der Stationierung neuer nuklearfähiger Raketen an zwei Standorten in der DDR und einer Basis in der CSSR (Hranice na Morave).
Um die NATO-Raketenbasen ausschalten
zu können, wurden 1984 zwei sowjetische
Raketenbrigaden an Doppelstandorten nach
Sachsen (Königsbrück und Bischofswerda)
und Mecklenburg (Warenshof und Wokuhl)
verlegt. Als operativ-taktisches System
wurden Feststoffraketen vom Typ OTR-22
`TEMP-S` stationiert. In der NATO wurde
dieses Raketensystem als SS-12 `SCALEBOARD` bezeichnet. Diese 12 Meter langen
Raketen waren auf vierachsigen Raketenstartfahrzeugen mobil und die Reichweite
betrug bis zu 900km.
Im Mai 1984 begann die Stationierung
des Stabes und zweier Abteilungen der 119.
Raketenbrigade in Königsbrück sowie einer
Abteilung in Bischofswerda. Die Stationierung war streng abgeschirmt. Selbst Entscheidungsträger vor Ort wussten anfangs
nicht, was auf die Region zukam. In Uhyst am
Taucher, 18km westlich von Bautzen, wurde
im Jahr 1983 ein 170ha großes Waldgebiet,
der `Taucherwald`, von den Sowjets in einer
Nacht-und Nebelaktion gesperrt. Überall
tauchten Schilder auf, die den Zugang zu
den Waldstücken untersagten. Die Bürger
der umliegenden Orte beobachteten nächtli-
Diese Raketenstartfahrzeuge vom Typ MAZ-543 mit einer SS-12 Mittelstreckenrakete waren im Taucherwald bei Uhyst am Taucher im `Diensthabenden System`
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che Militärschwertransporte mit gut getarnter
Fracht in den Taucherwald. Auf dem streng
geheimen Militärgelände entstand ein Führungspunkt der Raketenabteilung vom Typ
Panzir-2PU, zwei Führungspunkte der 1.
und 2. Startbatterie, ein Dienst-und Unterkunftsgebäude, insgesamt 6 KFZ-Bunker,
ein klimatisierter Bunker mit Laderampe für
die nuklearen Gefechtsköpfe und 4 Raketenstartstellungen.
plätze. In der höchsten Bereitschaftsstufe
waren diese Raketen in fünf Minuten startbereit. Außerhalb des `DHS` lagerten die nuklearen Gefechtsköpfe in Bunkeranlagen der `Beweglichen Raketentechnischen Basis` in Königsbrück. Im Dezember 1987 vereinbarten
die USA und Sowjetunion nach langjährigen
Verhandlungen, die beiderseitigen nuklearen
Mittel- und Kurzstreckenraketen abzurüsten. Vertragsgemäß wurden auch die in der
Bunker für nukleare Gefechtsköpfe im Taucherwald
Der Taucherwald wurde zu einer Raketenbasis im `Diensthabenden System` ausgebaut.
Auf dem Königsbrücker Truppenübungsplatz
wurde eine zweite Raketenstellung im `DHS`
errichtet. Beide Standorte lösten sich vom 15.
Juni 1984 bis zum 2. Februar 1988 im `DHS`
ab. In erhöhter Gefechtsbereitschaft war immer nur eine dieser Einheiten. Das war Taktik,
um die NATO rätseln zu lassen, wo die Raketen gerade in Alarmbereitschaft sind. Acht
Trägerraketen waren in Bischofswerda stationiert, in den Taucherwald wurden sie gebracht wenn die hiesige Einheit im `DHS` war.
Im `DHS` befanden sich vier SS-12 Raketen
und nukleare Gefechtsköpfe mit Start-und
Transportfahrzeugen in Stellung. Die Atomsprengköpfe wären im Ernstfall mit fahrbaren
Kränen auf die Raketen gesetzt worden. Unweit der Bunker gab es vier befestigte Start-
Oberlausitz stationierten Raketensysteme
SS-12 abgezogen. Mit dem medienwirksam
inszenierten Abzug der Raketentruppen aus
Bischofswerda am 25.Februar 1988 wurde
für die meisten Bürger der Region erst einmal richtig deutlich, auf welch einem nuklearen Pulverfass sie gelebt haben. Die 119.
Raketenbrigade verlegte im Mai 1988 nach
Gombori in der damaligen Georgischen Sowjetrepublik. Dort wurde die Raketenbrigade
auf das System Luna-M (Frog-7) umgerüstet.
Im Jahr 1992 erfolgte eine erneute Verlegung
in die Region Sverdlovsk, dabei wurde auf
das Raketensystem SS-21 `SCARAB` umgerüstet. Im Taucherwald wurden noch bis
1991 Militärkraftfahrer ausgebildet. Endgültig
zu Ende ging das Kapitel der sowjetischen
Besatzungstruppen in Bischofswerda und im
Taucherwald erst im Jahr 1992, als der Wald
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Das ehemalige Dienstgebäude der 1150.Raketenabteilung im Taucherwald. Die `Taucherwaldhütte` ist
heute eine Begegnungsstätte
und die Kaserne vollständig von Sowjettruppen geräumt wurde. Auf dem Gebiet der DDR
gab es noch weitere sowjetische Raketenbasen. Raketenbrigaden mit SS-1 `SCUD` befanden sich in Weißenfels, Altes Lager, Altengrabow, Gentzrode, Drachhausen, Oschatz
und Dessau-Kochstedt. SS-21 `SCARAB`Raketenbrigaden waren in Wurzen, Born,
Arnstadt, Alt-Strelitz und Fürstenwalde stationiert. Der Taucherwald ist heute öffentlich
zugänglich und ist ein idyllisches Waldgebiet
für Flora, Fauna und sanften Tourismus.
Das ehemals von den Sowjets genutzte
Dienstgebäude, die heutige `Taucherwaldhütte`, wurde nach der Wende zu einer Begegnungsstätte umgebaut und 1997 gründete sich der `Förderverein Taucherwald e.V.`
Anhand von Schautafeln erfahren die Besucher Wissenswertes über die Geschichte und
Natur des Taucherwaldes.
Das Luftfahrtmuseum Finowfurt hat auch
eine interessante Publikation zum Thema
`Atomraketen / Symbole des Kalten Krieges`
herausgebracht. Das Heft kostet 9,- Euro zuzüglich Versandkosten und kann unter der
email Adresse info@luftfahrtmuseum-finowfurt.de erworben werden.
Bernd Kienle
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Das Cover der Publikation `Atomraketen / Symbole
des Kalten Krieges`