Hilfe, wenn der Ruf leidet

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Hilfe, wenn der Ruf leidet
MARKETING REPUTATION MANAGEMENT
Hilfe, wenn der
Ruf leidet
MARKTLÜCKE Die Allianz bietet Unternehmen eine Versicherung für ihren guten Ruf
Befleckt Negativ-Ereignisse
können das Ansehen eines
Unternehmens ernsthaft
beschädigen. Jetzt gibt es dafür
eine Versicherung.
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Als vor 22 Jahren der bayerische Volksschauspieler Walter
Sedlmayr in seiner Wohnung aufgefunden worden war – mit
Messerstichen verletzt und einem Hammer erschlagen – da
kam der Verdacht auf, der Mörder sei im Strichermilieu zu
finden. Denn was die Bevölkerung bis dahin nicht gewusst
hatte: Walter Sedlmayr war schwul gewesen.
Für die Traditionsbrauerei Paulaner war dies ein Schock
in mehrfacher Hinsicht. Ihr Testimonial und Sympathieträger war ermordet worden und das Identifikationsbild des
typischen Bayern zerbröselt. Paulaner hatte gerade einen
TV-Spot abgedreht. Der musste nun eingestampft werden.
Doch Paulaner war versichert. Die Kosten hatte eine
Assekuranz im Rahmen einer sogenannten „death and
disgrace“-Police übernommen. Eine solche Versicherung
zahlt, wenn ein Werbeträger ausfällt oder sich danebenbenimmt und so dem Image seines Geschäftspartners schadet.
Dieser Fall ist extrem. Doch es gibt unzählige weitere
Fälle, in denen unvorhergesehene Ereignisse das Image
oder den Ruf eines Unternehmens bedrohen. Was passiert,
wenn nicht eine Person (wie im Fall Sedlmayr), sondern ein
solches Ereignis oder die Folgen einer unausgereiften Kommunikationspolitik die Reputation einer Marke schädigen?
Dieses Risiko steigt, nicht zuletzt deshalb, weil sich negative Einflüsse über Medien – insbesondere Social Media
– in der öffentlichen Meinung potenzieren.
Die Allianz reagiert auf dieses wachsende diffuse Bedrohungsszenario mit einem neuartigen Produkt: „Allianz
Reputation Protect“. Diese Police übernimmt die Kosten für
Krisenkommunikation, wenn Unternehmen in Schwierigkeiten geraten. Damit hat die Allianz offenbar eine Marktlücke erschlossen. Zwar gibt es bereits zahlreiche Dienstleister und Agenturen, die helfen, wenn Privatpersonen mit dem
Thema Rufschädigung und Mobbing im Netz kämpfen. Und
die Konzerne Axa und Swiss Life bieten in Frankreich auch
bereits Versicherungspolicen für Privatpersonen dazu an.
Doch eine solche Versicherung für Unternehmen ist neu.
Der Sprecher einer großen Versicherungsgruppe bestätigt,
dass es eine vergleichbare Police bisher am Markt nicht gibt.
Verantwortlich für den Allianz-Reputationsschild ist Joachim Albers, Leiter der Produktentwicklung Financial Lines
bei dem Firmenzweig Allianz Global Corporate & Specialty
Foto: iStockphoto
in Krisensituationen an. Das ist neu – und eine vielversprechende Marktlücke.
24.09.2012 13:57:08
in München. „Wir wollen Unternehmen unterstützen, im Krisenfall schnell und professionell zu handeln“, sagt Albers. Die
Police übernimmt in kritischen Situationen die Kosten für
strategische Beratung und Kommunikationsmaßnahmen.
Der betroffene Kunde kann im Schadensfall unter drei
Kommunikationsberatungen auswählen: Brunswick , CNC
und Hill + Knowlton Strategies. Jede dieser drei Agenturen
verfügt über ein weltweites Netzwerk und bietet einen
24-Stunden-Service. Die Agenturen waren von der Allianz
in einem Pitch vorab ausgewählt worden. Auch die Kosten
für taktische Maßnahmen wie Medienbeobachtung, Pressearbeit und Anzeigenschaltung sind gedeckt – bis zu einer
Summe von höchstens zehn Millionen Euro.
Doch wann tritt der Versicherungsfall ein – und was ist
überhaupt solch ein Fall? Zahlt die Versicherung zum Beispiel auch nach einem Shitstorm? „Den Begriff des Shitstorms haben wir nicht als einen solchen Auslöser definiert“,
sagt Joachim Albers. „Es stellt sich vielmehr jeweils die Frage nach der Ursache für den Krisenfall.“ Die Allianz bietet
eine individuelle Festlegung von Auslösern an, die auf die
Situation des jeweiligen Unternehmens zugeschnitten sind.
Manchmal geht es einfach um die Erweiterung eines
bestehenden Versicherungsschutzes. Das kann die Folgen
eines Unglücks betreffen. Bei einer Explosion in einer Fabrik zum Beispiel würde also nicht nur der entstandene
Sachschaden ersetzt, sondern auch die im Notfall notwendigen Kommunikationsmaßnahmen.
Manchmal aber bringen sich Unternehmen selbst
durch ihre eigene Geschäftspolitik und eine mangelhafte
Kommunikation darüber in die Bredouille. „Zum Beispiel“,
so Albers, „wenn ein Unternehmen eine Zulieferkette aus
Dritte-Welt-Ländern hat und sich dafür wappnen möchte,
dass dort Kinderarbeit auftritt.“ Denn ein solcher Fall wird
nicht über klassische Versicherungen abgedeckt. Im Gespräch mit dem jeweiligen Kunden ermittelt die Allianz
vorab den individuellen Versicherungsbedarf.
Die Police richtet sich vor allem an kleinere und mittelständische Unternehmen, die keine eigene große Kommunikationsabteilung haben oder im Krisenfall nicht auf ein
weltweites PR-Netzwerk zurückgreifen können. Gerade für
solche Firmen kann die Analyse der eigenen Image-Situation hilfreich sein, die das Allianz-Angebot bei Vertragsabschluss umfasst. Sprich: Die Versicherung wird schon
tätig, bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist.
Dazu findet ein Workshop mit dem Schweizer Medienforschungsinstitut Media Tenor International statt. „So
wird das Unternehmen frühzeitig auf mögliche Schwachstellen aufmerksam und kann präventive Maßnahmen einleiten“, erklärt Albers.
Rainer Möller hält diese Vorab-Image-Analyse für sinnvoll. Der frühere Kommunikationschef der Ergo Versicherungsgruppe hat sich mit seiner Hamburger Agentur Alster-
concept auf Reputationsmanagement spezialisiert. Mit einer Image-Analyse, wie sie die Allianz vorsieht, lasse sich
eine Risikoeinschätzung vornehmen, so Möller. Der PR- und
Versicherungsspezialist plädiert ohnehin für Prävention.
Zum Beispiel für ein stärkeres Online-Reputations-Management in Form von Monitoring, um, wie bei einem
Seismographen, Erschütterungen frühzeitig aufspüren zu
können. Quasi bevor der Medien-Tsunami hereinbricht.
Schließlich, so Möller, habe Social Media eine höhere Glaubwürdigkeit als Werbeaussagen. Deshalb sei ein „aktives
Themen-Management“ wichtig. Außerdem müssten Unternehmen Grundsätze für ihr Verhalten aufstellen.
Wie groß der Markt für Reputationsversicherungen ist,
lässt sich nicht beziffern. Das neue Produkt der Allianz entstand auch nicht aufgrund von Marktforschungsergebnissen, sondern auf der Basis von Testgesprächen mit Unternehmen. Also quasi aus dem Bauch heraus.
Tatsache ist, dass prinzipiell kein Unternehmen vor
dem Reputationsrisiko gefeit ist. Erst recht nicht die Allianz
selbst. Die Hilfsorganisation Oxfam wirft dem Versicherungsriesen derzeit vor, mit Nahrungsmittelpreisen zu spekulieren. Bei der Präsentation der Halbjahreszahlen sagte
der Chef des Versicherungsriesen, Michael Diekmann, „die
Reputation der Allianz“ sei „mehr wert als die letzten zehn
Basispunkte“. Das klingt nach Handlungsbedarf.
Rolf Schröter 3 rolf.schroeter@wuv.de
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