Teamsupervision ein notwendiger Bestandteil
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Teamsupervision ein notwendiger Bestandteil
Vortrag auf der Fachtagung für Sozialarbeiter „Soziale Arbeit / Sozialarbeit im Umbruch?“ 27./28. Februar 1997 Veranstalter: Med. Einrichtungen der Westf. Wilhelms-Universität Münster, Sozialdienst Teamsupervision ein notwendiger Bestandteil von Qualitätssicherung in der Sozialarbeit - oder überholter Luxus? Sehr geehrte Damen und Herren, als Trainer für Gruppendynamik und Supervisor auf der einen und als Sozialarbeiter und langjähriger Leiter einer Drogenberatungsstelle auf der anderen Seite habe ich mit dem Instrument Teamsupervision in den unterschiedlichen Rollen und Funktionen Erfahrungen gesammelt. An Teamsupervisionsprozessen habe ich als Supervisand in der Rolle des Teammitgliedes oder des Leiters der Institution teilgenommen und als Supervisor in der Beratung von Teams. Darüber hinaus bin ich Teilnehmer im Rahmen von Kontrollsupervisionen und Balintgruppenarbeit, in der ich meine eigene supervisorische Tätigkeit reflektiere. Sie sehen, dass ich Erfahrungen mit Supervisionen als Supervisand und als Supervisor mitbringe. Ich möchte versuchen, ihnen aufbauend auf der Plattform dieser Erfahrungen meine Positionen zum Thema „Teamsupervision ein notwendiger Bestandteil von Qualitätssicherung in der Sozialarbeit - oder überholter Luxus?“ näher zu bringen. Der Duden notiert unter dem Begriff Team: „aus dem englischen - Gruppe von Personen, die mit der Bewältigung einer gemeinsamen Aufgabe beschäftigt ist“ Unter dem Begriff Supervision: „aus dem lateinischen/englischen - Leistungskontrolle / Inspektion“ Fügt man die Übersetzungen des Dudens zu den Begriffen Team und Supervision zusammen, so entsteht die Wortschöpfung, „Leistungskontrolle einer Gruppe von Personen, die mit der Bewältigung einer gemeinsamen Aufgabe beschäftigt ist“. Ich weiß nicht, wie es ihnen mit dieser Übersetzung der Funktionen von Teamsupervision geht. Meinem professionellen Verständnis von Supervision entspricht diese Funktionsbeschreibung nicht. Beschäftigen wir uns jedoch weiter mit der Frage nach dem Sinn oder Unsinn von Teamsupervision, so bedarf es einer genaueren Begriffsklärung dessen, was Teamsupervision ist und was sie leisten kann, um zu überprüfen, wo sie sinnvollerweise eingesetzt werden sollte, aber auch um festzustellen, in welchen Fällen der Einsatz von Teamsupervision kontraindiziert ist. Teamsupervision ist eine Beratungsform für eine „Gruppe von Personen, die kooperierend im Auftrag einer Institution Hilfestellung bei der Problemlösung ihres Klientels anbietet.“ Der Supervisor hat dabei nach meinem Verständnis die Rolle eines Beraters, Katalysators und vor allem die Funktion eines Übersetzers bei Blockierungen, Missverständnissen, unterschiedlichen Positionen, Machtverhältnissen und Verständigungsschwierigkeiten im Team. Dabei hat er sowohl die Teamdynamik als auch die Rolle und Funktion der einzelnen Teammitglieder im Blick. Hinzu kommt die Einbeziehung der Organisationsebene und nicht zuletzt die der Aufgabenstellung und die des Arbeitsauftrages des Teams, also die Klientenebene! Supervision als spezifische Beratungsform beschäftigt sich mit den Ebenen von Beruf und Person. Sie beschäftigt sich mit der Ebene der Klienten und mit der Ebene der Institution/Organisation. Sie beschäftigt sich mit den Verbindungen und Abgrenzungen, Wechselspielen und Widersprüchen zwischen diesen Ebenen. Das entscheidende Merkmal von Teamsupervision in Abgrenzung zu anderen Supervisionsformen wie Gruppen- und Einzelsupervisionen ist der Einbezug der Organisation in den Supervisionskontrakt und den Fokus des Supervisionsprozesses. Ein Kollege hat den Prozess der Teamsupervision einmal treffend als den Gang des Supervisors in die Organisation bezeichnet. Wir sprechen beim Supervisionskontrakt im Rahmen von Teamsupervision daher auch von einem Dreieckskontrakt zwischen Institution, Team und Supervisor. Kontrakte, die einer Teamsupervision Struktur verleihen, müssen den Organisationsaspekt mit einbeziehen, indem der institutionelle Auftraggeber und Geldgeber in Anerkennung dieser Realität ein Teil des Dreiecks ist. Im Dreieckskontrakt sind in der Regel die strukturellen Rahmenbedingungen von Supervision beschrieben, als da wären: Ort und Anzahl der Sitzungen, Sitzungsdauer und Terminierung Bezahlung Kündigungsklauseln Absagemodalitäten für einzelne Sitzungen Teilnehmer Auswertung Oft finden sich auch Formulierungen wie Inhalt der Supervision ist die Besprechung von Fallbeispielen und die Bearbeitung der Teamdynamik. Schon seltener finden sich in Supervisionskontrakten Festlegungen zur Frage der Anonymität und Weitergabe von Informationen aus dem Supervisionsprozess. Eine konkrete Zielbestimmung und lndikationsstellung für den Einsatz von Supervision findet man nach meiner Erfahrung in Supervisionskontrakten kaum. Unter Qualitätssicherungsaspekten bleibt daher ungeregelt, das Ende und die Auswertung des Supervisionsprozesses, die Sicherung der im Rahmen der Supervision erreichten Ziele und Ergebnisse und die Frage, wie die Sicherung von Ergebnissen innerhalb der Organisation mit dem Auftraggeber geregelt werden soll. Wenn die lndikationsstellung und die Zielvorgaben für den Einsatz von Supervision nicht im Kontrakt fixiert sind, sei die Frage erlaubt, wo zwischen den genannten drei Vertragsparteien Organisation, Team und Supervisor die Auseinandersetzung und Interessenabgleichung beim Einsatz von Teamsupervision stattgefunden hat. Konkret gefragt ist dies überhaupt geschehen? Ich gehe davon aus, dass es Teamsupervisionsprozesse gibt, in denen der Supervisor einen persönlichen Kontakt zur finanzierenden bzw. auftraggebenden Institution überhaupt nicht gehabt hat und nur eine schriftliche Finanzierungszusage im Rahmen des Kontrakts vorgelegen hat. Warum und mit welcher Absicht jedoch die Institution zahlt, bleibt offen für die unterschiedlichsten Interpretationen. Wenn Absichten und Ziele unklar bleiben, ist die Qualität des Supervisionsprozesses nicht zu kontrol- lieren und kaum eine Aussage darüber zu machen, ob er und wann Qualität zu sichern hilft. Es soll auch Teamsupervisionsprozesse geben, die nach dem Motto „Wir wollen mal wieder Teamsupervision, haben sie Zeit? und hat der Supervisor Zeit dann geht’s los!“ zustande kommen. Im Gegensatz dazu halte ich für notwendig, dass unter den Aspekten Diagnose, Indikationsstellung und Zieldefinition von allen Beteiligten geprüft wird, ob für das entsprechende Team, das ja als Teil einer Gesamtorganisation zu betrachten ist und für die vorhandene Problemstellung Teamsupervision das geeignete Instrument der Beratung darstellt. Wenn Teamsupervision ein notwendiger Bestandteil von Qualitätssicherung in der Sozialarbeit sein soll, so muss Qualitätssicherung bereits bei der Überprüfung der Notwendigkeit des Einsatzes der spezifischen Beratungsform Teamsupervision beginnen. Teamsupervision ist eine Beratungsform, die den Teammitgliedern erlaubt, durch Selbstreflexion unter Begleitung eines Supervisors ihre berufliche Praxis und Kooperation zu reflektieren. Sind die Voraussetzungen für den Einsatz des Beratungsinstruments Teamsupervision gegeben, so bietet es ihren Nutzern die Möglichkeit durch die fachlich begleitete Selbstreflexion der beruflichen Alltagspraxis von Teams in Organisationen/Institutionen die Qualität der Arbeit, die vorhandenen Ressourcen und Kooperationen für alle Beteiligten transparent und vermittelbar zu machen. Daraus resultiert eine Weiterentwicklung der professionellen Handlungskompetenz des Einzelnen und des Teams. In den Fällen, und ich bin sicher es gibt sie, wo die hier formulierten Voraussetzungen für einen sinnvollen Teamsupervisionsprozess nicht gegeben sind, ist die Frage nach dem Luxus von Teamsupervision, besser gesagt, der Verschwendung mehr als erlaubt. Um es plastisch zu formulieren, wo Teamsupervision zu Leitungsersatz verkommt, wo z.B. Organisationsberatung oder Leitungssupervision statt Teamsupervision angezeigt ist, wo die Motivationslage der Beteiligten nur in Alibifunktionen stecken bleibt, wo aus Supervisionsprozessen Hochzeiten zwischen Supervisanden und Supervisoren auf Lebenszeit werden, wo die Überprüfung der Erreichung oder Nichterreichung eines formulierten Zieles keine Konsequenzen hat, oder überhaupt nicht stattfindet. In all diesen Fällen werden Mittel für Supervision, die wie wir alle wissen Geld und Zeit kostet, durch den falschen Einsatz des Instruments Teamsupervision verschwendet. Zusammenfassend bin ich der Überzeugung, dass Teamsupervision ein notwendiger Bestandteil von Qualitätssicherung in der Sozialarbeit ist. Sie kann diesen Zweck jedoch nur erfüllen, wenn bereits im Vorfeld des Teamsupervisionsprozesses Klarheit darüber hergestellt wird, mit welchem Auftrag Teamsupervision eingesetzt werden soll. An dieser Klärung sollten Vertreter der Institution, des Teams und der Supervisor beteiligt sein. Das Ergebnis ist im Supervisionskontrakt fixiert und von allen Beteiligten zu Beginn der Teamsupervision zur Kenntnis genommen und akzeptiert. Ich weiß um die Schwierigkeiten, die viele Teams bei dem Versuch haben, Vertreter ihrer Institution in diesem Sinne mit an den Verhandlungstisch zu bekommen. Ich weiß aber auch, wie viele Vorbehalte es vonseiten einzelner Teammitglieder und Teams gibt, die Vertreter ihrer Institution mit an diesen Tisch zu holen. Ich fordere sie auf, die Qualität des von ihnen gewählten Supervisors auch daran zu messen, ob er dem Prozess dieser Auseinandersetzung und Verhandlung fordert, begleitet und im Sinne des Dreiecks Team, Institution und Supervisor im Blick hat. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit! Edwin Scholz