Hinterlandanalyse bremische Häfen
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Hinterlandanalyse bremische Häfen
Analyse der Seehafenhinterlandverkehre der bremischen Häfen bis zum Jahr 2030 - Endbericht - Bremen, Juni 2015 Auftraggeber: Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen und bremenports GmbH & Co. KG Erstellt von: Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik Institute of Shipping Economics and Logistics und: Prof. Dr. Klaus Holocher Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik Institute of Shipping Economics and Logistics Universitätsallee 11/13 28359 Bremen Deutschland Tel.: +49-421-22096-0 Fax: +49-421-22096-77 http://www.isl.org Ansprechpartner: Dr. Sönke Maatsch e-Mail: maatsch@isl.org Tel: +49-421-22096-32 Michael Tasto e-Mail: tasto@isl.org Tel: +49-421-22096-73 INHALT Inhalt INHALT III TABELLENVERZEICHNIS IV ABBILDUNGSVERZEICHNIS GLOSSAR V VI EINLEITUNG 1 1 PROBLEMSTELLUNG 2 2 METHODIK 4 2.1 REGIONALSTRUKTUR 2.2 STRUKTUR- UND WETTBEWERBSANALYSE 2.2.1 Containerverkehrsmodell Stufe 1: Marktsegmente und regionales Detail Feederverkehre 2.2.2 Containerverkehrsmodell Stufe 2: Feingliederung Hinterlandverkehre 2.2.3 Umschlag von Massengütern und konventionellen Stückgütern 2.2.4 Automobilumschlag 4 5 5 6 12 12 3 ENTWICKLUNG DES UMSCHLAGVOLUMENS DER BREMISCHEN HÄFEN 16 4 REGIONALE STRUKTUREN IM SEEVERKEHR DER BREMISCHEN HÄFEN 18 4.1 CONTAINERVERKEHRE 19 4.2 MASSENGUTVERKEHRE 24 4.3 NICHT-CONTAINERISIERTE STÜCKGUTVERKEHRE 4.3.1 Automobilumschlag 4.3.2 Sonstiger nicht containerisierter Umschlag 26 27 30 5 WETTBEWERBSANALYSE 5.1 MARKTANTEILE DER NORDRANGEHÄFEN IM CONTAINER-VERKEHR 33 5.2 MARKTANTEILE DER WETTBEWERBSHÄFEN IM MASSENGUTVERKEHR 37 5.3 MARKTANTEILE DER WETTBEWERBSHÄFEN IM NICHT-CONTAINERISIERTEN STÜCKGUTVERKEHR 5.3.1 Marktanteile der Wettbewerbshäfen im Automobilverkehr 5.3.2 Marktanteile der Wettbewerbshäfen im übrigen nicht-containerisierten Stückgutverkehr 40 40 53 6 PROGNOSE DER UMSCHLAGPOTENZIALE DER BREMISCHEN HÄFEN 55 6.1 PROGNOSE DER UMSCHLAGPOTENZIALE IM CONTAINERVERKEHR DER BREMISCHEN HÄFEN 55 6.2 PROGNOSE DER UMSCHLAGPOTENZIALE IM MASSENGUTVERKEHR DER BREMISCHEN HÄFEN 59 6.3 PROGNOSE DER UMSCHLAGPOTENZIALE IM NICHT-CONTAINERISIERTEN STÜCKGUTVERKEHR DER BREMISCHEN HÄFEN 6.3.1 Prognose der Umschlagpotenziale im Automobilverkehr der bremischen Häfen 6.3.2 Prognose der Umschlagpotenziale im sonstigen nicht-containerisierten Stückgutverehr der bremischen Häfen 61 61 62 6.4 ZUSAMMENFASSUNG DER PROGNOSEERGEBNISSE (ALLE LADUNGSSEGMENTE) 63 ZUSAMMENFASSUNG ISL 33 67 III TABELLENVERZEICHNIS Tabellenverzeichnis Tab. 1 Wettbewerbshäfen Container 12 Tab. 2 Umschlag Bremerhavens und Bremens nach Ladungsarten 2013 19 Tab. 3 Nordrangehäfen und bremische Häfen: Containerhinterlandverkehr nach Hinterlandregionen und Modal Split 2013 (in 1000 TEU) 22 Tab. 4 See-Eingang bedeutender Massengüter in die bremischen Häfen 2011-2013, Modal Split 2013 25 Tab. 5 See-Ausgang bedeutender Massengüter aus den bremischen Häfen 2011-2013, Modal Split 2013 26 Tab. 6 Fahrzeugumschlag in Bremerhaven 2012 und 2013 (in 1.000 Stück u 1.000 t) 27 Tab. 7 Regionale Struktur des Automobilverkehrs über Bremerhaven 2013 (in 1.000 Stück) 28 Tab. 8 See-Eingang übriger konventioneller Stückgüter in die bremischen Häfen 2011-2013, Modal Split 2013 31 Tab. 9 See-Ausgang übriger konventioneller Stückgüter aus den bremischen Häfen 2011-2013, Modal Split 2013 32 Tab. 10 Fahrzeugumschlag ausgewählter Nordrangehäfen 2008-2013 in 1.000 Stück 41 Tab. 11 Fahrzeugumschlag in Emden 2012 und 2013 (in 1.000 Stück und 1.000 t) 43 Tab. 12 Fahrzeugumschlag in Cuxhaven 2012 und 2013 (in 1.000 Stück und 1.000 t) 45 Tab. 13 Fahrzeugumschlag in Hamburg 2012 und 2013 (in 1.000 Stück und 1.000 t) 46 Tab. 14 Fahrzeugumschlag in Amsterdam 2012 und 2013 (in 1.000 Stück und 1.000 t) 48 Tab. 15 Fahrzeugumschlag in Rotterdam 2012 und 2013 (in 1.000 Stück und 1.000 t) 48 Tab. 16 Fahrzeugumschlag in Antwerpen 2012 und 2013 (in 1.000 Stück und 1.000 t) 49 Tab. 17 Fahrzeugumschlag in Zeebrügge 2012 und 2013 (in 1.000 Stück und 1.000 t) 51 Tab. 18 Umschlagpotenzial bedeutender Massengüter im See-Eingang der bremischen Häfen im Jahr 2030 60 Tab. 19 Umschlagpotenzial bedeutender Massengüter im See-Ausgang der bremischen Häfen im Jahr 2030 61 Tab. 20 Umschlagpotenzial Fahrzeuge der bremischen Häfen im Jahr 2030 62 Tab. 21 Umschlagpotenzial der sonstigen nicht-containerisierten Stückgüter im See-Eingang der bremischen Häfen im Jahr 2030 63 Tab. 22 Umschlagpotenzial der sonstigen nicht-containerisierten Stückgüter im See-Ausgang der bremischen Häfen im Jahr 2030 63 Tab. 23 Zusammenfassung: Gesamtumschlag der bremischen Häfen bis 2030 64 Tab. 24 Bremische Häfen: Containerhinterlandverkehr nach Hinterlandregionen und Modal Split 2013 (in 1000 TEU) 69 Tab. 25 Bremische Häfen: Automobil-Hinterlandverkehre nach Hinterlandregionen und Modal Split 2013 71 Tab. 26 Bremische Häfen: Gesamtumschlag und Hinterlandverkehr 2013-2030 72 ISL IV ABBILDUNGSVERZEICHNIS Abbildungsverzeichnis Abb. 1 Abgrenzung der Hinterlandregion und regionale Gliederung 4 Abb. 2 Containerverkehrsmodell Stufe 1: Shortsea Shipping Survey 6 Abb. 3 Containerverkehrsmodell Stufe 2: Hinterland Survey 7 Abb. 4 Hinterlandverteilung im Containerverkehr: erste vs. zweite Verteilung 8 Abb. 5 Datenhierarchie Intermodalverkehr 10 Abb. 6 Datenhierarchie Lkw-Direktverkehr 11 Abb. 7 Produktionsstätten für Neufahrzeuge im Bremer Hinterland 14 Abb. 8 Entwicklung des Seegüterumschlags in den bremischen Häfen im Zeitraum 1980 - 2013 16 Abb. 9 Entwicklung des Containerumschlags in den bremischen Häfen im Zeitraum 1980 - 2013 17 Abb. 10 Automobilumschlag Bremerhavens 1980-2013 (in 1.000 Stück) 17 Abb. 11 Prozentuale Aufteilung des Seegüterumschlags der bremischen Häfen nach Ladungsarten 2013 18 Abb. 12 Containerumschlag in den bremischen Häfen nach Segmenten 2013 20 Abb. 13 Bremen/Bremerhaven: Container-Hinterlandaufkommen nach Regionen 2013 (TEU) 21 Abb. 14 Bremische Häfen: Lkw-Anteil und Modal Split nach Hinterlandregionen 2013 23 Abb. 15 Bremische Häfen: Intermodalverkehre nach Hauptrouten und wichtigste Terminals im Hinterland 2013 24 Abb. 16 Automobil-Hinterlandverkehre Bremerhavens in 2013 - Importnachlauf 29 Abb. 17 Automobil-Hinterlandverkehre Bremerhavens in 2013 - Exportvorlauf 30 Abb. 18 Nordrangehäfen: Containerumschlag nach Marktsegmenten 2013 33 Abb. 19 Marktanteile der Nordrangehäfen 1980-2013 34 Abb. 20 Bremen/Bremerhaven: Marktanteil im Hinterland und Marktgröße 2013 35 Abb. 21 Massengut See-Eingang von Erzen in DE/NL/BE-Häfen 2007-2013 37 Abb. 22 Massengut See-Eingang von flüssigen Ölprodukten in DE/NL/BE-Häfen 2007-2013 38 Abb. 23 Massengut See-Eingang von Kohle in DE/NL/BE-Häfen 2007-2013 39 Abb. 24 Massengut See-Eingang „sonstiger trockener Güter“ in DE/NL/BE-Häfen 2007-2013 40 Abb. 25 Automobilumschlag ausgewählter deutscher Nordrangehäfen 2008-2013 in 1.000 Stück 41 Abb. 26 Marktanteile der Automobilumschlaghäfen in der Nordrange2013 42 Abb. 27 Automobilumschlag Emdens 2008-2013 (in 1.000 Stück) 42 Abb. 28 Automobilumschlag Cuxhavens 2008-2013 (in 1.000 Stück) 44 Abb. 29 Automobilumschlag Hamburgs 2008-2013 (in 1.000 Stück) 46 Abb. 30 Automobilumschlag Antwerpens 2008-2013 (in 1.000 Stück) 49 Abb. 31 Automobilumschlag Zeebrügges 2008-2013 (in 1.000 Stück) 51 Abb. 32 Konventioneller See-Ausgang von Eisen und Stahl in DE/NL/BE-Häfen 2007-2013 54 Abb. 33 Erwartetes Marktwachstum Containerverkehr nach Regionen 2013-2030 56 Abb. 34 Containerumschlagpotenziale der Nordrangehäfen bis 2030, neutrale Wirtschaftsprognose, ohne Berücksichtigung Direktanläufe Ostseeraum / Adriahäfen 57 Abb. 35 Aufteilung des Seegüterumschlags der bremischen Häfen nach Ladungsarten 2013 68 Abb. 36 Hauptgütergruppen im Massengutverkehr der bremischen Häfen im Jahr 2013 70 ISL V GLOSSAR Glossar Deepsea-Verkehre Sämtliche Seeverkehre mit seeseitigem Ursprung bzw. Ziel außerhalb Europas (Überseeverkehre) Deepsea-Land Hinterlandverkehre, deren seeseitige Herkunfts- bzw. Bestimmungsregion außerhalb Europas (Überseeverkehre) liegt. Erste Verteilung Im Containerverkehr gibt die erste Verteilung das Fahrtziel bzw. den Ursprungsort im Hinterland desjenigen Verkehrsmittels an, das den Container durch das Containerterminal-Gate transportiert. Dies sind bei Bahn und Binnenschiff die Intermodalterminals oder – in Einzelfällen – die werkseigenen Containerumschlagsanlagen der Verlader. 1 Für den Lkw ist Quelle bzw. Ziel unmittelbar der Verlader (s.a. „Zweite Verteilung“). Feeder-Verkehre: Feederverkehre entsprechen im Containerverkehrsmodell Nordrangehäfen (NECTM) dem Transport von Containern im →Transhipment auf der kürzeren Seestrecke. Dieser „Short Haul“ entspricht im Falle der Nordrangehäfen in der Regel dem innereuropäischen Zulauf- bzw. Verteilerverkehr. Bei innereuropäischem Transhipment (z.B. Ostsee-Nordrangehafen-Mittelmeer) wird die kürzere Seestrecke (hier Ostsee) als Feederstrecke definiert. Hinterlandverkehre Container, die den Hafen über See erreichen und mit Landverkehrsträgern verlassen (See-Ein, Land-Aus) sowie Container, die den Hafen per Landverkehrsträger erreichen und über See verlassen (Land-Ein, See-Aus); beinhaltet direkte Erzeugung und direkten Verbrauch. Intermodalverkehre Unter Intermodalverkehren werden in der vorliegenden Analyse diejenigen →Hinterlandverkehre zusammengefasst, bei denen im Hinterland ein Verkehrsträgerwechsel stattfindet (z.B. Bahn-Lkw oder Binnenschiff-Lkw). LCL-Verkehre LCL-Verkehre („Less than Container Load“) bezeichnet im Zusammenhang mit Container-Hinterlandverkehren die nicht containerisierte Verteilung von Waren aus Distributionszentren im Hinterland bzw. den nicht-containerisierten Zulauf zu den Containerpackstationen. Marktsegment Sofern nicht anders angegeben bezeichnet der Begriff „Marktsegment“ die drei Hauptsegmente im Containerumschlag der Nordrangehäfen: Deepsea-Land, Shortsea-Land und Transhipment. Modal Split Prozentuale Verteilung eines bestimmten Verkehrsstroms auf einzelne →Verkehrsträger 1 ISL Bei werkseigenen Umschlagsanlagen entspricht die Quelle bzw. das Ziel im Hinterland der Quelle bzw. dem Ziel in der Zweiten Verteilung. VI GLOSSAR NST-2007 Einheitliches Güterverzeichnis für die Verkehrsstatistik (aus dem Französischen „Nomenclature uniforme des marchandises pour les statistiques de transport“) in seiner 2007 durch die EU beschlossenen Fassung. Siehe auch: https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/Wirtschaftsbereiche/Tr ansportVerkehr/Gueterverkehr/Tabellen/NST2007.pdf?__blob=pu blicationFile 2 NUTS Einheitliche europäische Klassifikation der Gebietseinheiten für die Statistik (aus dem Französischen „Nomenclature des Unités territoriales statistiques“) mit vier Ebenen: • Ebene 0: entspricht den Staaten, z.B. DE=Deutschland • Ebene 1: entspricht in Deutschland den Bundesländern, z.B. DE5=Bremen • Ebene 2: entspricht in Deutschland den Regierungsbezirken wo vorhanden (z.B. DE93=Lüneburg), sonst wie Ebene 1 (DE60=Bremen) • Ebene 3: entspricht in Deutschland den Stadt- bzw. Landkreisen wo vorhanden (z.B. DE936=Osterholz), sonst wie Ebene 2 bzw. 1 (z.B. DE300=Berlin) Shortsea-Verkehre Sämtliche Seeverkehre mit seeseitigem Ursprung bzw. Ziel innerhalb Europas Shortsea-Land Seehafen-Hinterlandverkehr des betreffenden Hafens mit europäischen See-Korrespondenzregionen Transhipment (auch: Umladung) Transhipment beinhaltet Verkehre, die den Hafen auf dem Seeweg sowohl erreichen als auch wieder verlassen, d.h. der betrachtete Hafen ist weder erster Herkunfts- noch letzter Bestimmungshafen, sondern dient nur der Umladung. Verkehrsträger In der vorliegenden Analyse wird im Zusammenhang mit →Hinterlandverkehren zwischen den Verkehrsträgern Schiene, Straße und Wasserstraße unterschieden. Synonym werden in diesem Zusammenhang die Verkehrsmittel Bahn, Lkw und Binnenschiff verwendet. Zweite Verteilung Die zweite Verteilung nimmt den Ort im Hinterland zur Grundlage, an dem der Container be- bzw. entpackt wird. Dies können also Industrieunternehmen sein, oder Sammel- und Verteillager. Bei →LCLVerkehren wird der letzte Packort (Export) bzw. der erste Entpackort angesetzt (Import). Im Gegensatz zur „Ersten Verteilung“ sind somit Intermodalterminals keine Quell- bzw. Zielorte. 2 aufgerufen am 01.04.2015 ISL VII EINLEITUNG Einleitung Das Bundesland Bremen bildet mit seinen Häfen einen der wichtigsten Logistikstandorte Deutschlands. Für die bremische Wirtschaft stellt der Hafen und Logistiksektor einen traditionellen Kernbereich dar, der in immer stärkerem Maße von der Integration in nationale und internationale Verkehrsströme abhängig ist. Die Funktionsfähigkeit der Häfen und deren Hinterlandanbindung sind zentral für die Region und für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Die infrastrukturelle Anbindung der relevanten Hinterlandregionen an den Hafen ist von zentraler Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Häfen. Die bremischen Häfen sind heute grundsätzlich hervorragend über Straße, Schiene und Binnenwasserstraße an das nationale und europäische Hinterland angebunden, wobei vor allem der Schienenanbindung eine besondere Bedeutung zukommt: Annähernd die Hälfte aller nach Bremerhaven bzw. von dort ins Hinterland transportierten Container und sogar mehr als zwei Drittel der Automobile nehmen den Weg über die Schiene. Die Entwicklung der Seehäfen ist abhängig von der Entwicklung der für den Hafen wichtigsten Fahrtgebiete sowie der Entwicklung der relevanten Hinterlandregionen, die durch Feederdienste und Hinterlandverkehre bedient werden. Aussagen zur zukünftigen Entwicklung des Gesamtumschlagvolumens setzen daher eine solide Kenntnis dieser Verkehrsströme voraus. In den vergangenen Jahren hat sich die Datenlage insbesondere im Bereich der landseitigen Verkehre drastisch verschlechtert. Mittlerweile stehen kaum noch tragbare statistische Grundlagen für hafenpolitische oder unternehmerische Entscheidungen zur Verfügung. Da das Hinterlandverkehrsaufkommen direkt als Begründung für notwendige nationale und internationale Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen herangezogen wird, ist eine umfassende Erhebung bzw. Darstellung der Hinterlandverkehrsdaten für Bremen von strategischem Interesse. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie sich das gesamte Hinterlandverkehrsaufkommen auf die verschiedenen Länder und Regionen im Landesinneren verteilt und wie sich diese Struktur bis 2030 verändern könnte. Auf Basis solcher Analysen lässt sich schließlich ableiten was es in den kommenden Jahren zu tun gilt um Bremen optimal an dieses Hinterland anzubinden. Mit vorliegender Analyse wird eine belastbare Grundlage für strategische Entscheidungen in Bezug auf die künftige Hafenentwicklung, nationale und internationale Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen sowie Marketingaktivitäten im Seehafenhinterland geschaffen. Neben dem direkten Nutzen einer solchen statistischen Grundlage für die Weiterentwicklung der bremischen Häfen ergeben sich Synergien für die gesamte bremische Wirtschaft. Durch die Erstellung umfassender, nach Branchen, Aufkommen und Verkehrsträgern differenzierter Seehafenhinterland-Verflechtungsmatrizen werden der Status quo und Zukunftspotenziale transparent aufgezeigt. ISL 1 PROBLEMSTELLUNG 1 Problemstellung Die Verfügbarkeit von statistischen Informationen zum Seeverkehr und zum Seehafenhinterlandverkehr der deutschen Häfen sowie deren europäischen Wettbewerbern hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten deutlich verschlechtert. Mit der Umsetzung des europäischen Binnenmarkts und dem Wegfall der Zollmeldungen entfielen oder verschlechterten sich Anfang der 1990er Jahre verschiedene Informationsquellen, die zuvor für die Schätzung von Detailstrukturen genutzt werden konnten. Hierzu zählen insbesondere: • Verschlechterung oder vollständiger Entfall der Informationen zu Gütern in Containern 3 • Entfall oder Verschlechterung der Transit-Statistiken der deutschen Hafenstandorte • Entfall der Information „Grenzabschnitt“ im deutschen Außenhandel, die vor allem für die Einschätzung der Verkehre über die Westhäfen genutzt wurde Trotz der reduzierten Datenlage hielten zunächst viele öffentliche Auftraggeber an den gewohnten Strukturen für Strukturanalysen und Prognosen fest, um die Vergleichbarkeit mit früheren Untersuchungen sicherzustellen. Dies gilt insbesondere für die Bundesverkehrswegeplanung, die nach wie vor z.B. detaillierte Informationen zu Gütern in Containern und deren regionaler Verteilung fordert, so dass die Auftragnehmer entweder auf Strukturen aus den frühen 1990ern zurückgreifen oder selbst aufwändig Schätzungen vornehmen müssen . Gleichzeitig gab es jedoch auch positive Entwicklungen. Durch die EU-weite Vereinheitlichung der Verkehrsstatistiken und die konsequente Organisation der Datenflüsse hat sich die Informationsgrundlage der nationalen statistischen Ämter zum Teil deutlich verbessert. Die Daten des Statistischen Bundesamtes zu den Verkehrsträgern Bahn und Binnenschiff enthalten nun auch Angaben zu ausländischen Transportunternehmen, die in ihren jeweiligen Heimatländern meldepflichtig sind. Hierbei haben die zuletzt 2011 vom ISL durchgeführten stichprobenhaften Abgleiche von Verkehrsträgerdaten des Statistischen Bundesamtes mit den von den Intermodalterminalbetreibern veröffentlichten Umschlagdaten eine hohe Kongruenz ergeben. Einzelne, nicht meldende Unternehmen können auf Basis verschiedener externer Informationsquellen durch das ISL geschätzt werden. Das ISL hat vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen um die Jahrtausendwende die Konsequenzen gezogen und sich für einen pragmatischeren Ansatz an Ladungsstromanalysen und Hafenprognosen stark gemacht. An die Stelle statistischer (Schein-)Genauigkeit tritt eine Herangehensweise, die ausgehend von den Strukturen eines Hafens oder einer Hafenrange die wichtigsten Güter- und Ladungsarten identifiziert und sich auf deren Prognose konzentriert. Der Ansatz baut auf den verfügbaren amtlichen Statistiken und Ansätzen („German Approach“) auf und ergänzt diese durch eine direkte Befragung der Marktteilnehmer, die als einzige über die Quelle-Ziel-Bezüge für die gesamte Transportkette verfügen. Mit Hilfe des gewählten Ansatzes, der in Kapitel 2 näher dargelegt wird, kann eine höhere Analyse- und damit auch 3 ISL Die bremischen Häfen melden 2013 für 23,7 Mio. Tonnen (knapp 40% des Containerumschlags) NST 191 „Nicht identifizierbare Güter in Containern und Wechselbehältern“. In den Westhäfen werden zum Teil gar keine Gütergruppen mehr gemeldet, in Hamburg sind sie geschätzt. 2 PROBLEMSTELLUNG Prognosegenauigkeit erreicht werden als mit makroökonomischen Schätzansätzen. Solche modelltheoretischen Ansätze werden lediglich noch für die nicht im Detail identifizierten „Restmengen“ herangezogen. Um die Vergleichbarkeit mit anderen Analysen sicherzustellen, wird dabei auf die inzwischen europaweit vereinheitlichten Güter- bzw. Regionalschlüssel NST2007 und NUTS zurückgegriffen. 4 Die so ermittelte detaillierte Struktur der Ladungsströme der bremischen Häfen bieten eine herausragende Grundlage für die sich anschließende Prognose der einzelnen Teilsegmente, die schließlich zu einer Gesamtprognose aggregiert wird. 4 ISL zu NST-2007 und NUTS siehe Glossar 3 METHODIK 2 Methodik Im Folgenden wird die Methodik dargestellt, auf deren Basis die vorliegende Struktur- und Wettbewerbsanalyse und darauf aufbauend die Prognose erstellt wurde. Die Methodik wird nach Umschlagsegmenten getrennt dargestellt, da für den Container- und Automobilumschlag eine andere Herangehensweise genutzt wurde als für Massengüter und konventionelle Stückgüter, deren Ladungsströme und Entwicklungsverlauf durch wenige Verlader geprägt ist. 2.1 Regionalstruktur In der vorliegenden Untersuchung wird für Deutschland eine regionale Gliederung nach NUTS2-Regionen (Regierungsbezirke) gewählt, so dass ein Vergleichbarkeit mit der Bundesstatistik sowie mit europäischen Statistiken und Prognosen gewährleistet ist. Abweichend von der NUTS2-Gliederung werden Bremen und Bremerhaven getrennt dargestellt (NUTS-3-Level). Für die übrigen relevanten europäischen Länder werden ausschließlich die gesamten Transportvolumina ausgewiesen (NUTS-0). 5 Abb. 1 Abgrenzung der Hinterlandregion und regionale Gliederung Quelle: ISL 5 ISL Der dargestellte Einzugsbereich umfasst nach den Analysen der Vorjahre nahezu 100% der Hinterlandverkehre der bremischen Häfen. Für die ausländischen Wettbewerbshäfen werden bei Automobilen und den „übrigen Verkehren“ nur die für den Wettbewerb relevanten Regionen dargestellt. Verkehre zwischen Antwerpen und Belgien/Frankreich beispielsweise werden nicht separat ausgewiesen. 4 METHODIK Für die Massengüter werden die Hauptverkehrsvolumina punktgenau identifiziert (Verlader), sofern diese aus öffentlich verfügbaren Statistiken ableitbar sind oder im Rahmen der Befragung sichergestellt werden konnte, dass die Unternehmen mit einer solchen Identifikation einverstanden sind. In diesem Falle werden neben der NUTS-2-Region auch die NUTS-3-Region (Stadt- bzw. Landkreis) und die Geokoordinaten aufgeführt bzw. grafisch dargestellt. 2.2 Struktur- und Wettbewerbsanalyse Für den Containerverkehr greift das ISL auf Daten und Methodik seines Containerverkehrsmodells Nordrangehäfen (NECTM) zurück. Dieses Datenmodell existiert in seiner derzeitigen Form seit 2005 (Basisjahr 2003) und wurde seither kontinuierlich weiterentwickelt. Da das Modell von vornherein auf die Häfen ausgerichtet ist, bilden die von den Häfen gemeldeten Statistiken zum Seeverkehr die Basis des Modells, da diese zumindest mit Blick auf die Gesamtzahl der umgeschlagenen Container und deren Beladungszustand als höchst zuverlässig eingestuft werden können. Für die Strukturanalyse werden die Seeverkehrsdaten durch Statistiken zu Hinterlandverkehren sowie gezielte Befragungen ergänzt. Hierzu zählt eine regelmäßige web-gestützte Befragung mit einer eigenen, viersprachigen Website. 6 Für die Ostsee- und Mittelmeer-Wettbewerbshäfen, die nicht im Containerverkehrsmodell enthalten sind, wurde die gleiche Methodik verwendet, um Aussagen zu den regionalen Marktanteilen treffen zu können. 2.2.1 Containerverkehrsmodell Stufe 1: Marktsegmente und regionales Detail Feederverkehre Die Grenzen der öffentlichen Statistiken werden bereits deutlich, wenn die Gesamtsumme der Hinterlandverkehre identifiziert werden soll. Hier unterscheidet sich die Erhebungsmethodik zwischen den einzelnen Nordrangehäfen. Die zur Identifikation der Hinterlandverkehre und des Modal Splits zunächst naheliegenden Gate-Statistiken der Containerterminals geben das Hinterlandvolumen im Containerverkehr nicht exakt wieder, da in den Terminals auch LandLand-Verkehre abgefertigt werden, die keinen seeseitigen Bezug haben (z.B. Depotfunktion für Leercontainer oder LKW-Bahn-Umschlag auf dem Terminal). Dennoch stellen sie eine wichtige Information für die Kalibrierung der Hinterlandvolumina dar. Im Containerverkehrsmodell erfolgt die Identifikation der Shortsea-Land-Verkehre mittels einer Befragung der Containerliniendienste, die regelmäßig im Kurzstreckenseeverkehr die relevanten Häfen anlaufen („Shortsea Shipping Survey“). Hierzu zählen neben klassischen ShortseaOperatoren wie Unifeeder oder Teamlines auch Shortsea-Dienste der großen Linienreedereien wie Maersk, CMA-CGM, MSC. Für das Basisjahr 2013 wurden in der laufenden Befragung insgesamt 28 Reedereien mit einer wöchentlichen Kapazität von rund 140 Tsd. TEU befragt (ca. 95% der gesamten Kapazität). Für 23 dieser Unternehmen (mit einer wöchentlichen Kapazität von rund 130 Tsd. TEU) liegt entweder aus dem Befragungsjahr 2013 ein konkreter Befragungsrücklauf oder mindestens eine Einschätzung über die Transhipment-/Shortseaanteile aus einer Vorjahresuntersuchung vor, so dass insgesamt für ca. 88 % der eingesetzten Kapazität Rückläufe zur Verfügung stehen. 6 ISL http://nectm-survey.isl.org, aufgerufen am 01.04.2015 5 METHODIK Die Reedereien werden zu den Anteilen von Shortsea- und Feederverkehren an ihren transportierten Volumen befragt, wobei zwischen einzelnen Nordrangehäfen und europäischen Korrespondenzländer unterschieden wird. Für jede Relation (z.B. Bremerhaven-Russland) werden die Befragungsergebnisse aggregiert, wobei zwischen Deepsea- und Shortsea-Reedereien unterschieden wird. 7 Für fehlende Reedereien wird das arithmetische Mittel des Shortsea-Land-Anteils aus der jeweiligen Kategorie angesetzt. Auf diese Weise kann auf Nordrangehafen-Land-Ebene (Gesamtvolumen in TEU ist in Hafenstatistiken erhältlich und wird weitgehend als zuverlässig erachtet) der Anteil der Feederverkehre geschätzt werden. 8 Abb. 2 Containerverkehrsmodell Stufe 1: Shortsea Shipping Survey 9 Shortsea Shipping Survey Shortsea Übersee 18,4 7,9 7,9 See ShortseaLand Feeder 5,7 Transhipment Gesamter Hinterlandverkehr (24,1) 5,0 4,9 Hinterland Shortsea-Land Deepsea-Land 14,2 Mio. TEU Anmerkung: Zahlen für Nordrange gesamt 2013 Quelle: ISL Containerverkehrsmodell Nordrangehäfen, 2014 Mit Hilfe dieser Schätzmethodik, werden die Transhipmentverkehre (Feederumschlag + Hauptschiffumschlag) quantifiziert. Das Hinterlandverkehrsaufkommen wird aus der Differenz zwischen dem Transhipmentvolumen und dem Gesamtumschlag ermittelt. 2.2.2 Containerverkehrsmodell Stufe 2: Feingliederung Hinterlandverkehre Die Analyse der Ladungsströme im Hinterland beruht im Containerverkehrsmodell auf der systematischen Kombination sämtlicher relevanter Statistiken zum See- und Hinterlandverkehr mit Daten, die durch an der Transportkette beteiligte Unternehmen zur Verfügung gestellt werden. Während Verkehrsstatistiken nach Verkehrsträgern veröffentlicht werden und somit (im Idealfall) 7 In Bremen Stadt finden keine Transhipmentverkehre (See-See) statt, das gesamte Seeschiffs-Containerverkehrsaufkommen wird daher dem Hinterlandverkehr zugerechnet. 8 In Rotterdam und Le Havre sind seit einigen Jahren Datenlücken in den Statistiken nach Korrespondenzländern vorhanden (hoher Anteil unbekannt, auch bei Eurostat). Die Angaben für diese Häfen wurden ergänzt mit Hilfe eines Schätzansatzes des ISL, der auf der Entwicklung der Liniendienstkapazitäten sowie Daten der Korrespondenzhäfen basiert. 9 Vereinfachte Darstellung. Das Containerverkehrsmodell berücksichtigt auch Shortsea-Shortsea-Transhipment (z.B. Portugal-RotterdamPolen) und Deepsea-Deepsea-Transhipment (z.B. Asien-Antwerpen-Amerika). ISL 6 METHODIK nur den Be- und Entladeort eines Containers identifizieren, verfügen nur Speditionen (Merchant Haulage) und Reedereien (Carrier Haulage) über die Angaben zu intermodalen Transportketten (z.B. aus Umland Stuttgart per Lkw nach Stuttgart, von dort per Bahn zum Umschlagbahnhof Bremen-Roland, von dort per Bahn nach Bremerhaven, dort per Seeschiff nach New York und anschließend per Lkw ins Umland). Der Ansatz baut auf dem vom Statistischen Bundesamt entwickelten Ansatz („German Approach“) auf, der durch die Einbeziehung von nicht-amtlichen Daten und Informationen ergänzt wird. Eine zentrale Rolle spielen dabei die „Hinterland Surveys“. 10 Abb. 3 Containerverkehrsmodell Stufe 2: Hinterland Survey Shortsea Übersee 18,4 7,9 7,9 See ShortseaLand Feeder 5,7 Transhipment Gesamter Hinterlandverkehr (24,1) 5,0 4,9 14,2 Hinterland Shortsea-Land Deepsea-Land Hinterland Survey Mio. TEU Anmerkung: Zahlen für Nordrange gesamt 2013 Quelle: ISL Containerverkehrsmodell Nordrangehäfen, 2014 Durch die Einbeziehung möglichst vieler Statistiken und einer umfangreichen Unternehmensstichprobe versucht das ISL, möglichst detaillierte Informationen über die Ladungsströme der Nordrangehäfen zu generieren. Dadurch wird es möglich, dass die Bahn- und Binnenschiffsverkehre nicht einfach den Regionen der genutzten Hinterlandterminals zugeschlagen werden, sondern der Lkw-Vor- und Nachlauf für jedes einzelne Terminal einschließlich grenzüberschreitender Verkehre (z.B. Anteil Österreichs am Aufkommen im Terminal München-Riem) geschätzt werden kann. Auf diese Weise kann ein genaueres Abbild gezeichnet werden, als dies mit amtlichen Daten generiert werden kann. Durch die Einbeziehung der Daten von Marktteilnehmern kann außerdem verhindert werden, dass z.B. Rangierbahnhöfe als Quelle bzw. Senke von Containern ausgewiesen werden. Außerdem können mehrfach gebrochene Verkehre (z.B. von Hamburg über Bremen-Roland nach Schweinfurt) eindeutig identifiziert werden, so dass das Volumen der genutzten Hubs (neben Bremen-Roland v.a. Prag) nicht überschätzt wird. 10 ISL Zu den teilnehmenden Unternehmen gehörten 2013 z.B. Maersk, MSC, CMA-CGM (Greenmodal), die ACOS-Gruppe und EKB (s. http://nectm-survey.isl.org/de/partnerunternehmen, aufgerufen am 3.10.2014). 7 METHODIK Im Rahmen seiner langjährigen Erfahrung und eigener Plausibilitätschecks hat das ISL für die verschiedenen Arten von Hinterlandverkehren (Lkw direkt vs. Intermodalverkehre mit Verkehrsträgerwechsel im Hinterland, deutsche Häfen bzw. deutsches Hinterland vs. Nachbarländer) Datenhierarchien und Kalibrierungsmechanismen entwickelt, die sämtliche verfügbaren Informationen einbeziehen, um so verlässliche Aussagen zu den Hinterlandverkehrsstrukturen auf einem möglichst hohen Detailniveau treffen zu können. Abb. 4 Hinterlandverteilung im Containerverkehr: erste vs. zweite Verteilung 1. Verteilung Intermodalterminal 2. Verteilung Be‐/Entladung Intermodalverkehre Seehafen, z.B. Bremerhaven z.B. München‐Riem Industrie oder Distribution, z.B. Verlader Südbayern Be‐/Entladung Be‐/Entladung Industrie oder Distribution, z.B. Verlader Lohne (wie erste) LKW‐Direktverkehre Seehafen, z.B. Bremerhaven Quelle: ISL Zur Vergleichbarkeit mit offiziellen Verkehrsstatistiken werden die erste Verteilung (Intermodalterminals) und die zweite Verteilung (Ort der Be-/Entladung des Containers) unterschieden (s. Abb. 4). Die erste Verteilung gibt dabei beim Import das Ziel des Containers auf demjenigen Verkehrsträger an, mit dem er den Seehafen verlässt (Ursprung des Containers beim Export). Die zweite Verteilung bezeichnet den tatsächlichen Ursprung bzw. die tatsächliche Bestimmung, also den Ort wo der Container entladen (Import) bzw. beladen (Export) wird. Während im LkwVerkehr Ziel- und Entladeort bzw. Quell- und Beladeort fast immer identisch sind, erfolgt im Bahn- und Binnenschiffsverkehr in der Regel noch ein Lkw-Vor- bzw. Nachlauf, so dass sich die regionale Verteilung – je nach regionaler Detail-Stufe – zum Teil erheblich unterscheidet. Der Fokus in der Darstellung der regionalen Strukturen liegt dabei auf der zweiten Verteilung. Nur durch die Identifikation von Quelle bzw. Ziel des Containers (nicht des Binnenschiffs oder des Zugs) können in der Marktanteilsanalyse mögliche alternative Transportwege und somit Chancen und Risiken im Wettbewerb identifiziert werden. Wo zuverlässige Verkehrsträgerstatistiken vorhanden sind – dies sind insbesondere die Statistiken des Statistischen Bundesamtes – werden diese als Basis für die erste Verteilung genutzt. Hierbei erfolgen jedoch diverse Korrekturen: Nacherhebung von nicht gemeldeten Mengen 11 ), systemati- 11 ISL Im laufenden Projekt wurde eine Unterdeckung der Bahnverkehre zwischen Bremerhaven und dem Hinterland identifiziert 8 METHODIK sche Korrekturen 12 und Korrekturen methodischer Ungenauigkeiten. Basis für die Korrekturen ist ein Abgleich der durch die Intermodalterminals gemeldeten Umschlagdaten mit den für die entsprechenden Regionen gemeldeten 13 sowie ein Abgleich der gemeldeten Daten zwischen den Häfen und Regionen im Hinterland mit den recherchierten Intermodalverbindungen (einschließlich Frequenz) im Berichtszeitraum. Bei Bahn-Bahn-Umschlag, wie er vor allem in BremenRoland stattfindet, werden die Container, die für andere Hinterlandterminals bestimmt bzw. aus anderen Hinterlandterminals per Bahn antransportiert wurden, schon in der ersten Verteilung den eigentlichen Quell- bzw. Zielregionen zugeschlagen. Schätzalgorithmus Intermodalverkehr Im Intermodalverkehr liegt mit den Daten des Statistischen Bundesamtes für das deutsche Hinterland eine Vollerhebung vor, die inzwischen auch sämtliche ausländische Transportunternehmen einschließt. Im Laufe der Untersuchungen des ISL wurden jedoch immer wieder Unterdeckungen festgestellt, die mit Hilfe von Unternehmensdaten/-befragungen korrigiert wurden. Für das Binnenschiff deckt sich das vom Statistischen Bundesamt ausgewiesene BinnenschiffsContainervolumen weitgehend mit den Meldungen der Containerterminals. Für Bahnverkehre werden laut einer Sonderauswertung 14 von und nach Bremerhaven (NUTS DE502) jedoch lediglich 916 Tsd. TEU gemeldet, während die Terminals mehr als eine Million TEU an den Gates registrierten. Da Doppelzählungen oder hafeninterne Verkehre als Ursache für die höhere Menge an den Gates ausgeschlossen werden, 15 ist davon auszugehen, dass dem Statistischen Bundesamt trotz Meldepflicht ca. 100.000 TEU nicht gemeldet wurden und somit in der Statistik fehlen. Diese nicht gemeldeten Container wurden im Rahmen von Befragungen für die vorliegende Studie identifiziert und mit Hilfe von Marktteilnehmern regional zugeordnet. Die amtlichen Daten enthalten sämtliche Containerverkehre einer Hafenregion (NUTS-3-Level, also Stadt- bzw. Landkreis) – und damit auch nicht-seehafenbezogene Verkehre. Die Auswirkungen auf die Aussagekraft der Statistik sind unterschiedlich: während praktisch alle Container, die zwischen Bremerhaven (NUTS DE502) und dem Hinterland transportiert werden, einen Seehafenbezug haben, werden die Containerverkehre von/nach Bremen (NUTS DE501) nur zu einem geringen Teil durch Seeschiffsumschlag in Bremen generiert. Hierbei handelt es sich nicht um Hafenhinterlandverkehre der stadtbremischen Häfen. Aus diesem Grunde werden – wo vorhanden – Daten aus den Häfen bevorzugt, aus denen Be- bzw. Entladeterminals im Hafen und im Hinterland hervorgehen (als Indiz für Hinterlandverkehre im Gegensatz zu Kontinentalverkehren). Diese in der Regel vertraulichen Daten werden dem ISL teilweise als Input für die Kalibrierung des Containerverkehrsmodells zur Verfügung gestellt. Wo solche Daten nicht vorhanden sind, werden vor allem Daten der Marktteilnehmer (Bahntransportunternehmen und Speditionen) herangezogen, aus denen Quelle und Ziel der Container hervorgehen. Neben der Bedeutung für intermodale Kontinentalverkehre stellt die Interpretation der BahnContainerverkehre von/nach Bremen aus einem weiteren Grund eine Herausforderung dar: Im Umschlagbahnhof Bremen-Roland werden Containerhinterlandverkehre aus Bremerhaven und 12 Verkehre von Bremerhaven nach Bremen werden dem Import und nicht – wie in den Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes, in denen Bremen auch für Container als der Seehafenstandort definiert ist – dem Export zugeschlagen. 13 Die schließt den Abgleich mit den Modal-Split-Statistiken der Seehäfen ein. 14 Sonderauswertung zum Empfang/Versand deutscher NUTS-3-Regionen (nur Gesamtsummen ohne Verflechtung), erhalten am 24.9.2014. 15 Hafeninterne Verkehre, d.h. Verkehre, die innerhalb Bremerhavens verbleiben, sind in der Statistik des Statistischen Bundesamtes nicht erfasst. ISL 9 METHODIK Hamburg gebündelt, wobei hier Bahn-Bahn-Umschlag stattfindet. In den offiziellen Statistiken werden diese Verkehre definitionsgemäß als Verkehre zwischen Bremerhaven bzw. Hamburg und Bremen angesehen sowie als Verkehre zwischen Bremen und z.B. Stuttgart oder Erfurt. Nur mit Hilfe von Unternehmensdaten der ACOS-Gruppe, die diese Verkehre disponieren, ist es möglich, die in diesen Statistiken enthaltenen tatsächlichen Transportketten zu identifizieren. 16 Abb. 5 Datenhierarchie Intermodalverkehr Intermodalketten 1. Speditionen und Reedereien (vollständige Transportketten) Bahn‐/Binnenschifftransport 1. Daten Häfen 2. Verkehrsstatistiken (Sonderauswertungen) 3. Erhebungen Häfen 4. Transportunternehmen, Speditionen, Reedereien (Korrektur statistische Effekte, Detailstrukturen) 5. Intermodalverbindungen (Anzahl, Frequenz, Kapazität) Verteilung Hubs 1. Speditionen und Reedereien 2. Intermodal‐ terminals 3. Verkehrsstatistiken Quelle: ISL, 2014 Daten zu Zugbewegungen (DB Netz) sind zentral für kapazitive Betrachtungen, für die regionale Gliederung von Containerströmen hingegen jedoch ungeeignet, da nicht die Containernummern, sondern die Zugnummern die Datensätze definieren. In diesen Datenbanken sind somit Rangierbahnhöfe wie Hamburg-Maschen Quelle bzw. Ziel, auch wenn der Container – ggf. mit anderer Zugnummer – weiter ins Hinterland transportiert wird. Zugbewegungen sind somit eine abgeleitete Größe aus den Quelle-Ziel-Beziehungen und operativ-logistischen Abläufen. Die Ableitung von Zugzahlen ist jedoch mit Hilfe der hier prognostizierten TEU-Wachstumsraten möglich. Schätzalgorithmus Lkw-Direktverkehre Für den Lkw-Direktverkehr sind die offiziellen Statistiken lediglich eine schwache Basis. Sie sind stichprobenbasiert und enthalten, wie bei den anderen Verkehrsträgern auch, nicht seehafenbezogene Verkehre. Während das Gesamtvolumen der Lkw-Verkehre über den Schätzansatz des Containerverkehrsmodells, Gate-Statistiken und die Daten zu den übrigen Verkehrsträgern recht zuverlässig geschätzt werden kann, ist die Verteilung der Lkw-Verkehre auf die verschiedenen Hinterlandregionen nur schwer zu ermitteln. Hierbei machen Fahrten innerhalb der NUTS-3Regionen der Häfen z.B. in Hamburg einen erheblichen Teil der Lkw-Direktverkehre aus und sind i.d.R. in den Verkehrsträgerstatistiken nicht enthalten. Bei Statistiken, die auf NUTS-2Regionen aggregiert sind, verschärft sich dieses Problem vor allem im Falle der bremischen Häfen: Verkehre zwischen Bremerhaven und Bremen werden – da sie innerhalb der NUTS-2Region „DE50“ stattfinden – nicht ausgewiesen. 16 ISL Die Daten der ACOS-Gruppe wurden dem ISL für das Containerverkehrsmodell zur Verfügung gestellt. 10 METHODIK Abb. 6 Datenhierarchie Lkw-Direktverkehr Quelle/Ziel Hafen‐Hinterlandverkehre 1. Gate‐Befragungen (z.B. Antwerpen, Hamburg) 2. Verkehrsstatistiken (KBA, Eurostat) 3. Unternehmensdaten (ergänzend, Feinverteilung) Quelle: ISL, 2014 Die beste Quelle für die regionale Verteilung der Lkw-Containerverkehre sind nach Ansicht des ISL repräsentative Gate-Befragungen an den Containerterminals. Zwar können auch in geringem Maße Land-Land-Verkehre enthalten sein, aber sie spiegeln im Gegensatz zu den Verkehrsträgerdaten nur die Verkehre der Seehafenterminals wider. Da solche Befragungen teuer sind und daher nicht in allen Häfen regelmäßig durchgeführt werden können, müssen zumeist andere Quellen mit einbezogen werden. Die Daten einzelner Unternehmen, die im Rahmen des Hinterland Survey zum Containerverkehrsmodell erhoben werden, sind in der Regel nicht repräsentativ, d.h. es kann nicht sichergestellt werden, dass die Verkehre sich so verteilen wie die Lkw-Direktverkehre des Hafens insgesamt. Dies liegt daran, dass eine Vielzahl von Speditionen teils mit regionalen Spezialisierungen von und zu den Häfen fahren, darunter viele kleinere Firmen vor allem im Nahverkehr. Aus diesem Grunde erfolgt eine Gewichtung der erhobenen Daten sowie ein manueller Abgleich der Anteile der verschiedenen Regionen am gesamten Verkehr des Hafens, um Sonderfälle identifizieren zu können. Durch die parallele Auswertung der Angaben verschiedener Unternehmen lassen sich jedoch zuverlässige Angaben zur regionalen Feinverteilung (bis hin zu NUTS 3) innerhalb der aggregierten Regionen (z.B. Bundesländer) schätzen. Durch die oben beschriebene konsequente Kombination der verschiedenen verfügbaren Datenquellen ist es dem ISL gelungen, eine zuverlässige Datenbasis zum Container-Hinterlandverkehr aufzubauen, die nicht nur in den Nordrangehäfen, sondern auch bei anderen Marktteilnehmern gefragt ist. Nicht zuletzt durch individualisierte Auswertungen, die das ISL den teilnehmenden Unternehmen zur Verfügung stellt, konnte ein Kreis von regelmäßigen Teilnehmern erschlossen werden, der Jahr für Jahr erweitert wurde. Folgende Häfen, die nach Schätzung des ISL knapp 99% der Container-Hinterlandverkehre auf sich vereinen und auch in Zukunft vereinen werden, wurden in die Analyse der Containerhinterlandverkehre der bremischen Häfen einbezogen. ISL 11 METHODIK Tab. 1 Wettbewerbshäfen Container Deutsche Wettbewerber Wettbewerber Nordrange Wettbewerber Ostsee/Südrange Hamburg Wilhelmshaven Rotterdam Antwerpen Zeebrügge Le Havre Szczecin‐Swinoujscie Gdynia Gdansk Koper Die Wettbewerbsanalyse fußt dabei auf einem im ISL vorhandenen Modell, mit Hilfe dessen die Auswirkungen bestimmter Einflussfaktoren (z.B. Erweiterung von Umschlagkapazitäten, kurzfristige Schwankungen zwischen Häfen bei Überkapazitäten, etc.) prognostiziert werden können. Basis hierfür ist eine Zeitreihenanalyse von vierteljährlichen Umschlagdaten, die das ISL im Rahmen früherer Projekte entwickelt hat und die für diese Untersuchung aktualisiert wird. Die Schätzungen zum Containerhinterlandverkehr erfolgen auf TEU-Basis, getrennt nach Richtungen und nach beladenen bzw. leeren Containern für jede Hinterlandregion sowie unterschieden nach Verkehrsträgern. Für die Schätzungen der Ladungsgewichte in Containern (zur aggregierten Darstellung mit anderen Ladungsarten) werden die Tonnen/TEU-Faktoren aus dem See-Eingang bzw. See-Ausgang beladener Container der bremischen Häfen und der Wettbewerbshäfen angesetzt. Die Containereigengewichte (beladene und leere Container) werden einzeln ausgewiesen. 2.2.3 Umschlag von Massengütern und konventionellen Stückgütern Basis für die Massengutverkehre sind Statistiken des Statistischen Landesamtes Bremen, der Hafenbehörden benachbarter Häfen und von Eurostat. Neben dem Basisjahr 2013 wurden auch die Jahre 2011 und 2012 betrachtet. Durch die Umstellung der Statistiken von NST/R- auf NST2007-Güterarten (s. Glossar) im Jahre 2011 konnten frühere Jahre bei den detaillierten Güterstrukturanalysen mangels Vergleichbarkeit nicht mit einbezogen werden. Die Hinterlandverteilung vieler Massengüter und konventioneller Stückgüter ist im Gegensatz zum Containerverkehr von einem oder einigen wenigen Kunden im Hinterland geprägt. Die bremischen Häfen mit dem vor Ort ansässigen Kraft- und Stahlwerk, denen bereits rund zwei Drittel des See-Eingangs der Massengüter zugeordnet werden können, sind hierfür ein gutes Beispiel. Um das Gesamtbild zu vervollständigen wurden die relevanten Terminalbetreiber für den See-Ein- und Ausgang konventioneller Massengüter befragt. Im Ergebnis liegt eine Unternehmensbefragung vor, mit deren Hilfe rund 83 % des gesamten seewärtigen Massengutumschlags und 61 % des gesamten seewärtigen konventionellen Umschlag nicht-containerisierter Stückgüter in den bremischen Häfen nachgezeichnet werden können. 2.2.4 Automobilumschlag Die Erfassung von Automobilen im Seehafenumschlag und Hinterlandverkehr stellt eine Herausforderung dar. Spätestens seit der Umsetzung der EU-Statistikverordnung (EG) Nr. 223/2009 werden Fahrzeuge als Handelsgüter nur nach umgeschlagenen Tonnen, nicht aber nach ihrer Anzahl erfasst. Immer mehr Hafenbehörden und Statistikämter stellen aus Kostengründen die Erfassung der Fahrzeug-Anzahl ein; beispielsweise werden vom niederländischen Statistischen Amt CBS keine Stückzahlen mehr gemeldet. Durch den Rückgriff auf Stückzahlangaben der loISL 12 METHODIK kalen Hafenverwaltungen bzw. auf Befragungsergebnisse der Fachzeitschrift Finished Vehicle Logistics ergibt sich hier ein statistischer Bruch und Qualitätsverlust. Die entsprechende Gütergruppe NST/R Gütergruppe 910 umfasste seinerzeit Fahrzeuge. Nach dem neuen Güterverzeichnis NST 2007 gehört die relevanten Gütergruppe 12.1. Erzeugnisse der Automobilindustrie gemeinsam mit 12.2. Sonstige Fahrzeuge zur NST2007 Abteilung 12 Fahrzeuge. Die Gütergruppe 12.1 umfasst – ebenso wie die vorherige Gütergruppe 910 - neben fertigen Fahrzeugen auch Fahrzeugteile. Neben PKW fallen in diese Gütergruppe damit zweifelsfrei auch Nutzfahrzeuge, möglicherweise werden hier in der Praxis sogar Gebrauchtfahrzeuge miterfasst. Neben der Erfassung der Gewichte der Automobile bzw. Fahrzeuge und Fahrzeugteile für die amtliche Statistik sammeln und veröffentlichen wichtige Autoumschlaghäfen auch Daten über Automobile auf Basis von Stückzahlen. Die Angaben der Hafenverwaltungen bzw. Umschlagunternehmen beinhalten teilweise auch Gebrauchtfahrzeuge sowie Nutzfahrzeuge und darüber hinaus ggf. auch andere, rollbar gemachte, besonders große oder schwere Ladung (High&Heavy). Hierbei gibt es einen gewissen Unschärfebereich, da die Angaben, welche Arten von Fahrzeugen mitgezählt werden, teilweise bewusst nicht weiter konkretisiert werden. Auf Basis von Stück- und Tonnenangaben zum Fahrzeugumschlag und -hinterlandverkehr der relevanten Häfen können Durchschnittsgewichte der umgeschlagenen Automobile ermittelt und somit eine Schnittstelle zu den amtlichen Verkehrsstatistiken geschaffen werden. Fahrzeuge, die als Transhipmentladung (Seedurchfuhrgut) umgeschlagen werden, erscheinen in der Statistik doppelt, und zwar sowohl als Empfang wie auch als Versand. Diese Doppelzählungen müssen zur Ermittlung des Hinterlandverkehrsaufkommens aus den Umschlagangaben herausgerechnet werden. Exportfahrzeuge erreichen die Versandhäfen in großvolumigen, gebündelten Strömen direkt aus den Automobilwerken in Deutschland und in den Nachbarstaaten. Hierfür sind Schienentransporte mit Ganzzügen besonders geeignet, die in der Statistik als Bahntransporte von unverpackten Fahrzeugen ausgewiesen werden. Selbst auf Kurzstrecken wie zwischen dem Bremer Mercedes-Werk und dem Autoterminal in Bremerhaven können Automobile per Bahn transportiert werden. Binnenschiffstransporte von Neufahrzeugen finden nur auf dem Rhein und der Donau, nicht aber im Einzugsbereich der deutschen Seehäfen statt. Volkswagen plant allerdings, Neufahrzeuge von Wolfsburg nach Emden per Binnenschiff zu befördern. Die Montagewerke der Automobilhersteller sind die weitaus bedeutendsten Quellen für den Fahrzeugversand über Bremerhaven. Die folgende Abbildung gibt daher einen Überblick über die Automobilwerke im Hinterlandeinzugsbereich der bremischen Häfen: ISL 13 METHODIK Abb. 7 Produktionsstätten für Neufahrzeuge im Bremer Hinterland Quelle: Eigene Recherchen Bei Importfahrzeugen erfolgt der landseitige Nachlauf meistens in Streuverkehren, da die PKW an zahlreiche Autohändler verteilt werden. Hierfür eignet sich der Straßentransport, nur in wenigen Fällen werden die leer ins Binnenland zurückfahrenden Autozüge genutzt, um PKW zu den Inlandsterminals der Automobillogistiker zu transportieren. Diese Güterströme per Bahn über die Knoten (Hubs) der Automobillogistiker müssen als Intermodalverkehre eingestuft werden. Bei der Strukturanalyse der Automobil-Hinterlandverkehre der bremischen Häfen konnte auf die Auswertung betriebsinterner Daten und deren Ergänzung durch Expertengespräche sowie schätzungen zurückgegriffen werden. Die erzielten Ergebnisse sind umfangreicher als die amtlichen Statistiken, die beispielsweise keine Daten zu Lkw-Transporten liefern, gleichzeitig sind sie auch belastbarer, da Ungenauigkeiten der Statistik (Fahrzeugteile, nicht-Seehafentransporte im Hinterland usw.) vermieden werden konnten. Die Wettbewerbsanalyse im Bereich Automobil basiert auf den Angaben über die Stückzahl der umschlagenen Fahrzeuge, denn mit diesen Daten wird im Hafen(Standort-)Wettbewerb argumentiert. Die umgeschlagenen Stückzahlen können nach Empfang (Import) und Versand (Export) differenziert werden. Die Marktanteile der Wettbewerbshäfen im Automobilumschlag werden auf Basis der Angaben der Hafenverwaltungen und Umschlagunternehmen berechnet. Diese Angaben über die Stückzahlen der umgeschlagenen Fahrzeuge differieren bezüglich des Inhaltes, ohne dass dies eindeutig erkennbar ist. Sie können sich ausschließlich auf Neu-PKW beziehen, aber auch neue Nutzfahrzeuge sowie gebrauchte Automobile oder andere neue oder gebrauchte rollende Ladung beinhalten. Die Hinterlandtransporte der Nicht-Neufahrzeuge finden meist auf der Straße statt, ihre Quellen und Senken lassen sich nur schwer nachvollziehen. Umschlagstatistiken auf Gewichtsbasis können auch unverpackte Fahrzeugteile, wie Karosserieteile oder Motoren, die auf Lkw bzw. Trailern transportiert werden, enthalten. ISL 14 METHODIK Auch für die Hinterlandverkehre finden sich Einzelangaben über Fahrzeugtransporte, PKWZulassungen und PKW-Produktionszahlen der Automobilwerke auf Basis der Fahrzeuganzahl. Statistische Angaben über die Hinterlandverkehre der Gütergruppe 12.1 Erzeugnisse der Automobilindustrie des europäischen Statistikamtes Eurostat liegen dagegen als Gewichtsangaben in Tonnen vor. Die Angaben von Eurostat beziehen sich auf unverpackte Erzeugnisse der Automobilindustrie, die von bzw. nach dem jeweiligen Verkehrsbezirk (NUTS2) transportiert werden. Im Kern handelt es sich hierbei um Neufahrzeuge für den Seehafenumschlag. Darüber hinaus beinhalten die Zahlenangaben aber auch Fahrzeugtransporte, die nicht seehafenrelevant sind. Dies sind zum einen Fahrzeuge für den lokalen und regionalen Bedarf (Autohändler), die in Metropolregionen wie Hamburg auch per Bahn eintreffen. Zum anderen kann es sich um Fahrzeuge aus lokaler Produktion handeln. Dies betrifft Seehafenstandorte wie Emden, an denen sich ein Automobilwerk befindet. Darüber können die Zahlenangaben auch unverpackte Fahrzeugteile beinhalten, typischerweise mit Bezug zu lokaler Produktion (Automobilwerke, Komponentenwerke oder Autoteileherstellung). So werden beispielsweise für das Emder VW-Werk mit hoher Wahrscheinlichkeit Fahrzeugteile per Bahn angeliefert, die nicht in Containern oder Wechselbehältern verpackt sind und die in den Hinterlandverkehrsstatistiken daher nicht von Exportfahrzeugen unterschieden werden können. Die genannten Unschärfefaktoren sollten wann immer sie quantifizierbar sind berücksichtigt werden, wenn die in Tonnen angegebenen Bahntransporte auf Basis der durchschnittlichen Fahrzeuggewichte in Fahrzeugstückzahlen umgerechnet werden et vice versa. Die durchschnittlichen Fahrzeuggewichte werden aus den jeweiligen Gewichtsangaben für die Gütergruppe Fahrzeuge und den Stückzahlen der umgeschlagenen Fahrzeuge berechnet. Die jeweilige Grundgesamtheit stimmt nicht immer überein, da in den Gewichtsangaben auch die Gewichte der umgeschlagenen Fahrzeugteile enthalten sind, ohne dass die Fahrzeugteile in die Stückzahlen mit eingehen. Dies trifft insbesondere für Containerhäfen zu. ISL 15 ENTWICKLUNG DES UMSCHLAGVOLUMENS DER BREMISCHEN HÄFEN 3 Entwicklung des Umschlagvolumens der bremischen Häfen Zwischen 1980 bis 2013, dem Basisjahr der vorliegenden Untersuchung, 17 hat sich der Seegüterumschlag in den bremischen Häfen von rd. 27 Mio. Tonnen auf rd. 79 Mio. Tonnen nahezu verdreifacht. Dabei änderte sich auch die Ladungsstruktur. Entfielen 1980 mit rd. 12 Mio. Tonnen noch etwa 43% des Seegüterumschlags auf den Standort Bremerhaven, waren es 2013, vor allem bedingt durch die zunehmende Containerisierung und damit einhergehende Umschlagsverlagerung an die Wesermündung, mit rd. 66 Mio. Tonnen bereits 84%. Abb. 8 Entwicklung des Seegüterumschlags in den bremischen Häfen im Zeitraum 1980 - 2013 90 BHV Stückgut Gesamtumschlag in Mio. t 80 HB‐Stadt Stückgut 70 BHV Massengut 60 HB‐Stadt Massengut 50 40 30 20 10 2012 2010 2008 2006 2004 2002 2000 1998 1996 1994 1992 1990 1988 1986 1984 1982 1980 0 Quelle: bremenports auf Basis Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen Die wichtigsten Wachstumstreiber waren dabei der Container- und der Automobilumschlag. Für den Containerumschlag wurde der Containerterminal an der Stromkaje in Bremerhaven mehrfach ausgebaut und erreicht heute eine Länge von fast fünf Kilometern mit etwa 50 Containerbrücken. Im Jahr 2013 wurden mit 5,8 Mio. TEU fast zehnmal so viele Container umgeschlagen wie im Jahr 1980. Im Container-Hinterlandverkehr fällt in den vergangenen Jahren der stark zunehmende Anteil der Bahn am Modal Split auf. Er stieg in Bremerhaven von 35,9 % im Jahr 2004 über 45 % im Jahr 2010 auf 46,6 % im Jahr 2013. 18 17 Als Basisjahr wurde 2013 gewählt, da bis zum Abschluss der Arbeiten an der vorliegenden Analyse noch nicht alle notwendigen Eingangsdaten für das Jahr 2014 vorlagen. 18 Senator für Wirtschaft und Arbeit (2014): Hafenspiegel für die Bremischen Häfen 2013, S. 25 ISL 16 ENTWICKLUNG DES UMSCHLAGVOLUMENS DER BREMISCHEN HÄFEN Abb. 9 Entwicklung des Containerumschlags in den bremischen Häfen im Zeitraum 1980 - 2013 7 Empfang Gesamtumschlag in Mio. TEU 6 Versand 5 4 3 2 1 2012 2010 2008 2006 2004 2002 2000 1998 1996 1994 1992 1990 1988 1986 1984 1982 1980 0 Quelle: bremenports auf Basis Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen Im gleichen Zeitraum erhöhte sich der Automobilumschlag in den bremischen Häfen von rd. 0,3 Mio. Fahrzeugeinheiten auf rd. 2,2 Mio. Fahrzeugeinheiten. Entfielen 1980 mit rd. 0,16 Mio. Einheiten noch etwa 53% des Fahrzeugumschlags auf den Versand waren es 2013, vor allem bedingt durch die zunehmende Produktionsverlagerung asiatischer Hersteller nach Europa, mit rd. 1,75 Mio. Einheiten bereits 80%. Abb. 10 Automobilumschlag Bremerhavens 1980-2013 (in 1.000 Stück) Automobilumschlag in 1.000 Stück 2.500 Versand Empfang 2.000 1.500 1.000 500 2012 2010 2008 2006 2004 2002 2000 1998 1996 1994 1992 1990 1988 1986 1984 1982 1980 0 Quelle: ISL 2014, auf Basis Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen ISL 17 REGIONALE STRUKTUREN IM SEEVERKEHR DER BREMISCHEN HÄFEN 4 Regionale Strukturen im Seeverkehr der bremischen Häfen Im Jahr 2013 erzielten Bremen und Bremerhaven einen Gesamtumschlag von 78,7 Mio. t. Der Containerverkehr (einschließlich Eigengewichte der Container) erreichte dabei einen Anteil von 78%, weitere 10% entfielen auf trockene Massengüter. Der RoRo-Umschlag (vor allem Fahrzeuge) hat, genau wie konventionelle Stückgüter, im Verhältnis zu seiner wirtschaftlichen Bedeutung mit ca. 5% am gesamten Ladungsgewicht einen vergleichsweise geringen Gewichtsanteil. Abb. 11 Prozentuale Aufteilung des Seegüterumschlags der bremischen Häfen nach Ladungsarten 2013 Empfang Gesamt Versand 0,5% 2% 2% 7% 19% 8% 10% 5% 4% 5% 3% 2% 72% 83% Containerumschlag RoRo Konventionelles Stückgut Flüssiges Massengut 78% Trockenes Massengut Quelle: Datenbank des Statistischen Landesamtes Von den 78,7 Mio. Tonnen Gesamtumschlag wurden 84 % in Bremerhaven umgeschlagen und 16 % in Bremen. Betrachtet man die einzelnen Umschlagsegmente, so ist eine klare Konzentration der Container- und RoRo-Verkehre auf Bremerhaven zu erkennen (99,9 % bzw. 99,4 %), während Bremen den Großteil der Massengutverkehre sowie des konventionellen Stückgutverkehrs abfertigte (96,7 % bzw. 74,9 %). ISL 18 REGIONALE STRUKTUREN IM SEEVERKEHR DER BREMISCHEN HÄFEN Tab. 2 Umschlag Bremerhavens und Bremens nach Ladungsarten 2013 Bremerhaven Stückgüter Container Automobil/RoRo Konventionelles Stückgut Gesamt Antei l 1.000 t Anteil 1.000 t Anteil 1.000 t 65.831 60.835 3.964 1.033 95,4% 99,9% 99,4% 25,1% 3.186 83 26 3.078 4,6% 0,1% 0,6% 74,9% 69.018 100,0% 60.918 100,0% 3.989 100,0% 4.111 100,0% 319 111 208 3,3% 1,4% 13,4% 9.397 8.053 1.344 96,7% 98,6% 86,6% 9.717 100,0% 8.164 100,0% 1.552 100,0% 66.151 84,0% 12.584 16,0% Massengüter Trockenes Massengut Flüssiges Massengut Gesamtumschlag Bremen 78.734 100,0% Anmerkung: Aufgrund einer zwischenzeitlichen Neuzuordnung von Ladungskategorien in bestimmten Güterbereichen weichen die Angaben in der obigen Tabelle und im übrigen Teil der vorliegenden Studie, die auf einer Sonderauswertung des Statistischen Landesamtes Bremen beruhen, von den in den Statistischen Berichten des Statistischen Landesamtes Bremen veröffentlichten Angaben zum Teil ab (Quelle: Telefonat mit dem Statistischen Landesamt am 4.6.2015). Quelle: ISL auf Basis Statistisches Landesamt Im Folgenden werden die Umschlag- und Hinterlandstrukturen getrennt nach den Bereichen Container-, Massengut- und nicht-containerisierte Stückgutverkehre (darunter Fahrzeuge) für das Basisjahr 2013 untersucht. 4.1 Containerverkehre Im Containerumschlag der bremischen Häfen – dessen Struktur und Verteilung hier in TEU anstelle von Gewichtstonnen untersucht wird – hat der Transhipmentumschlag in 2013 mit 3,6 Mio. TEU bzw. 61% einen im Vergleich zu den Wettbewerbshäfen hohen Anteil, während Shortsea-Land-Verkehre mit 0,4 Mio. TEU lediglich einen Anteil von 6 % aufweisen. Zusammen mit den Deepsea-Land-Verkehren ergibt sich für 2013 ein Hinterlandvolumen von 2,3 Mio. TEU, das sich etwa hälftig auf Intermodalverkehre und Lkw-Direktverkehre verteilt. 19 Der Containerumschlag findet wie beschrieben fast ausschließlich (99,9 %) in Bremerhaven statt. 19 ISL Im Gegensatz zu der vom Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen veröffentlichten Hinterlandstatistik sind die Mengen von Bremen-Stadt (ca. 15.000 TEU) enthalten. 19 REGIONALE STRUKTUREN IM SEEVERKEHR DER BREMISCHEN HÄFEN Abb. 12 Containerumschlag in den bremischen Häfen nach Segmenten 2013 Shortsea Übersee 1,9 1,8 1,8 See ShortseaLand Feeder 0,4 Transhipment Gesamter Hinterlandverkehr (2,3) 0,1 1,0 Hinterland Shortsea-Land Deepsea-Land 1,1 Mio. TEU Quelle: ISL Containerverkehrsmodell Nordrangehäfen, 2014 Das Land Bremen (und hier vor allem die Verkehre zwischen den Containerterminals in Bremerhaven und dem Stadtgebiet Bremen) ist die mit Abstand bedeutendste Quell- bzw. Zielregion der Containerverkehre der bremischen Häfen. 20 Mit 650 Tsd. TEU entfielen 29 % der gesamten Container-Hinterlandverkehre (2,3 Mio. TEU) auf das Land Bremen. Ein besonders hohes Aufkommen generierten dabei die Pack- und Distributionszentren im GVZ Bremen und der Neustädter Hafen. In den Distributionszentren werden Waren aus dem Seetransport zwischengelagert und vor allem mit konventionellen Lkw („LCL-Ladung“) in die deutschen Bundesländer und ins europäische Ausland weiterverteilt. In den Packzentren werden Warenströme aus dem deutschen und dem europäischen Hinterland in Seecontainern konsolidiert und via Bremerhaven, aber auch via Hamburg verschifft. Nur ein kleiner Teil der Waren ist tatsächlich für Bremen bestimmt bzw. wurde in Bremen produziert. Weitere Aufkommensschwerpunkte des ContainerHinterlandverkehrs der bremischen Häfen sind Tschechien, die Oberpfalz (Raum Regensburg) und Hamburg (s. Abb. 13). Trotz dieser eindeutigen Aufkommensschwerpunkte ist erkennbar, dass die bremischen Häfen praktisch für das gesamte Bundesgebiet von hoher Bedeutung sind. Von den 39 deutschen NUTS-2-Regionen generierten 30 in 2013 ein Volumen von mehr als 10.000 TEU mit den bremischen Häfen. Lediglich einige Regionen entlang des Rheins, die vornehmlich durch die Westhäfen versorgt werden (s. Kapitel 5.1) sowie einige wenige aufkommensschwache Regionen im Osten des Landes, in denen Hamburg einen höheren Markanteil hält, blieben unter der Marke von 10.000 TEU. Unter 1.000 TEU blieb in Deutschland ausschließlich die Region Trier. Hier lag der Anteil der Westhäfen (kürzere Distanz Lkw, bessere Intermodalanbindung über Athus (Bahn) bzw. Rheinhäfen) bei 98 % (vgl. Abb. 13 und Abb. 20). 20 ISL Allein die fünf Speditionen/Carrier, von denen detaillierte Daten ausgewertet werden konnten, transportierten fast 100.000 TEU zwischen den Containerterminals und Quellen/Senken im Land Bremen. 20 REGIONALE STRUKTUREN IM SEEVERKEHR DER BREMISCHEN HÄFEN Abb. 13 Bremen/Bremerhaven: Container-Hinterlandaufkommen nach Regionen 2013 (TEU) Quelle: ISL Containerverkehrsmodell Nordrangehäfen 2014, zweite Verteilung; gesonderte Analysen In der aggregierten Betrachtung nach Bundesländern zeigt sich, dass neben Bremen, Hamburg und Bayern auch Niedersachsen, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen mit jeweils über 150 Tsd. TEU von vergleichsweise hoher Bedeutung für die bremischen Häfen sind. Im europäischen Ausland weist Tschechien mit 163 Tsd. TEU eine vergleichbar hohe Bedeutung auf, auf die Länder Österreich und Slowakei entfallen 83 bzw. 44 Tsd. TEU (vgl. Tab. 3). Es bestehen zwar zwischen dem GVZ Bremen und Italien regelmäßige Bahnverbindungen, die jedoch fast ausschließlich für reine Landverkehre genutzt werden (Transporte zwischen Verladern in Nordwestdeutschland und Verladern in Norditalien). Für den Container-Hinterlandverkehr der bremischen Häfen, also den Vor- bzw. Nachlauf von Containern aus dem Seeverkehr, spielen diese Verbindungen keine Rolle: im Seeverkehr werden die Regionen südlich der Alpen fast ausschließlich über die Mittelmeerhäfen versorgt. Lediglich in den Westhäfen – allen voran Zeebrügge – bestehen Verbindungen im kombinierten Shortsea-Verkehr zwischen Großbritannien und Italien. ISL 21 REGIONALE STRUKTUREN IM SEEVERKEHR DER BREMISCHEN HÄFEN Tab. 3 Nordrangehäfen und bremische Häfen: Containerhinterlandverkehr nach Hinterlandregionen und Modal Split 2013 (in 1000 TEU) Bremen/Bremerhaven übrige Nordrangehäfen Moda l Spl i t 1000 Ma rkt‐ Hinterlandregionen TEU antei l * Ha mburg 123 10% Schl es wi g‐Hol s tei n 11 4% Ni eders a chs en 167 21% Bremen 650 60% Nordrhei n‐Wes tfa l en 155 7% Hes s en 66 14% Rhei nl a nd‐Pfa l z 36 5% Ba den‐Württemberg 164 18% Ba yern 410 36% Sa a rl a nd 1 3% Berl i n 10 17% Meckl enburg‐Vorpomm. 2 3% Bra ndenburg 22 13% Sachs en‐Anha l t 38 15% Thüri ngen 35 26% Sachs en 39 24% Deutschland gesamt 1927 20% Pol en 12 8% Ts chechi en 163 28% Sl owa kei 44 53% Unga rn 21 45% Mittel‐ und Osteuropa 240 28% Ös terrei ch 83 25% Schwei z 12 4% Alpenländer 96 14% Ita l i en ‐ ‐ Fra nkrei ch 0 0% Bel gi en/Luxemburg 0 0% Ni ederl a nde 0 0% Dä nema rk 0 1% s ons ti ge Lä nder 3 12% übriges Europa 4 0% Insgesamt 2268 9% LKW 60% 99% 91% 89% 71% 34% 8% 8% 9% 51% 46% 98% 45% 43% 30% 30% 55% 34% 43% 5% 7% 33% 16% 2% 14% ‐ 0% 100% 100% 100% 37% 46% 51% Ba hn 40% 1% 5% 3% 24% 66% 91% 92% 91% 49% 54% 2% 55% 57% 70% 70% 42% 66% 57% 95% 93% 67% 84% 98% 86% ‐ 100% 0% 0% 0% 63% 54% 46% Binnen‐ s chi ff 0% 0% 4% 8% 5% 0% 0% 0% 0% 0% 0% 0% 0% 0% 0% 0% 4% 0% 0% 0% 0% 0% 0% 0% 0% ‐ 0% 0% 0% 0% 0% 0% 3% Gesamt Moda l Spl i t 1000 TEU 1141 278 624 430 2141 402 680 754 736 50 46 47 142 217 98 126 7913 138 412 39 26 616 247 333 580 161 2752 4103 5622 18 24 12679 21788 LKW 100% 100% 81% 84% 36% 29% 18% 15% 20% 42% 47% 86% 36% 52% 38% 23% 49% 8% 18% 20% 3% 16% 2% 1% 2% 1% 76% 78% 67% 2% 2% 72% 60% Ba hn 0% 0% 9% 16% 22% 35% 26% 46% 77% 26% 53% 14% 63% 35% 62% 72% 28% 92% 82% 80% 97% 84% 98% 34% 61% 99% 11% 3% 3% 98% 98% 6% 18% Binnen‐ s chi ff 0% 0% 10% 0% 42% 36% 56% 39% 3% 33% 0% 0% 0% 14% 0% 6% 23% 0% 0% 0% 0% 0% 0% 65% 37% 0% 13% 20% 30% 0% 0% 22% 22% 1000 TEU 1264 288 791 1080 2296 468 716 918 1146 51 56 49 163 254 133 166 9840 150 575 83 48 856 330 345 675 161 2752 4103 5622 18 28 12684 24056 * Anteil der bremischen Häfen innerhalb der Nordrange am Aufkommen der betreffenden Hinterlandregion Quelle: ISL Containerverkehrsmodell Nordrangehäfen2014, zweite Verteilung; einschließlich Bremen-Stadt Mit 51% hat der Lkw in den bremischen Häfen den niedrigsten Anteil innerhalb der Nordrange. Zwar liegt er in den küstennahen Gebieten annähernd bei 100%, in Bayern und BadenWürttemberg jedoch durchschnittlich nur bei 9 bzw. 8%. Auffällig ist, dass zwischen den nur 70 km entfernten Containerterminals in Bremerhaven und Bremen regelmäßige Binnenschiffsund Bahntransporte erfolgen, die sich 2013 zu einem Intermodalvolumen von 73 Tsd. TEU addierten. Im benachbarten Hamburger Hafen sind laut detaillierten Daten aus dem Containerverkehrsmodell Nordrangehäfen Intermodalverkehre in vergleichbarer Menge hingegen nur auf längeren Strecken zu finden: Hamburg - Bremen (120 km, 64 Tsd. TEU) und Hamburg - Kassel (300 km, 67 Tsd. TEU) sind dort die einzigen Hinterlandregionen unterhalb der 300-km-Marke mit vergleichbaren Volumina. ISL 22 REGIONALE STRUKTUREN IM SEEVERKEHR DER BREMISCHEN HÄFEN Abb. 14 Bremische Häfen: Lkw-Anteil und Modal Split nach Hinterlandregionen 2013 Quelle: ISL Containerverkehrsmodell Nordrangehäfen 2014, zweite Verteilung Lediglich für die Verkehre von/nach Tschechien fällt auf, dass trotz der großen Distanz und der regelmäßigen Zugverbindungen ein vergleichsweise hoher Anteil der Container mit dem Lkw transportiert wird. Mit Blick auf die transportierten Container im Lkw-Verkehr hat jedoch das Bundesland Bremen eine herausragende Bedeutung: jeder zweite Container hat Quelle oder Ziel im Zwei-Städte-Staat (580 Tsd. der insgesamt 1,1 Mio. Lkw-TEU), wovon ca. 80 % zwischen Bremen und Bremerhaven transportiert werden (vgl. Abb. 14). Die Intermodalverbindungen und hier insbesondere die Bahnverkehre Bremerhavens sind die Grundlage dafür, dass die bremischen Häfen über den nordwestdeutschen Raum hinaus marktfähig sind und große Volumina bewältigen können. Mehr als 95% der Seehafenhinterlandverkehre (1,0 Mio. TEU) werden auf dem Streckenabschnitt Bremerhaven-Bremen transportiert – lediglich ein kleiner Teil der Verkehre zwischen Bremerhaven und Hamburg läuft abweichend auf der EVB-Strecke Bremerhaven-Bremervörde-Buxtehude. Auf dem weiterführenden Abschnitt Bremen-Hannover werden durch den Hafen Bremerhaven ca. 950 Tsd. TEU bewegt. Über die Achse Würzburg-Fürth werden von nach Bremerhaven - mehr als 400 Tsd. TEU Richtung Bayern und Österreich generiert. Dies zeigt die Bedeutung der Leistungsfähigkeit der auch weiter im Hinterland gelegenen Bahnstrecken für die Seehäfen und speziell für Bremerhaven. Die Binnenschiffsvolumina konzentrieren sich weitgehend auf Bremen und – mit einigem Abstand – auch auf Minden (vgl. Abb. 15). ISL 23 REGIONALE STRUKTUREN IM SEEVERKEHR DER BREMISCHEN HÄFEN Abb. 15 Bremische Häfen: Intermodalverkehre nach Hauptrouten und wichtigste Terminals im Hinterland 2013 Anmerkung: Laut Trassenpreiskalkulator der DB Netz empfohlene „Standardtrasse Güterverkehr“, tatsächliche Routen können abweichen; Anteil via Hamburg-Maschen geschätzt; Intermodalterminals mit mehr als 10.000 TEU von/nach Bremerhaven Quelle: ISL Containerverkehrsmodell Nordrangehäfen 2014, erste Verteilung; zusätzliche Analysen Die bedeutendsten Terminals im Hinterland aus Sicht Bremerhavens sind Regensburg und Prag (160 bzw. 140 Tsd. TEU) gefolgt von München und Stuttgart/Kornwestheim (jeweils 90 Tsd. TEU). 21 Sieben der 23 Terminals mit mehr als 10.000 TEU liegen in Bayern oder BadenWürttemberg. Zusammen genommen generierten diese Terminals mit 550 Tsd. TEU mehr als die Hälfte des gesamten Bremerhavener Bahn-Hinterlandvolumens (Abb. 15). 4.2 Massengutverkehre Im Rahmen der Analyse des seewärtigen Umschlags wurde anhand der Unternehmensbefragungen der Fluss der seewärtig umgeschlagenen Massengüter durch die bremischen Häfen nachverfolgt. Dabei wurde betrachtet, ob die Waren direkt in den Hafenzentren genutzt, oder weiterverteilt wurden sowie mit welchen Verkehrsträgern die Weiterverteilung erfolgte und – sofern ermittelbar – in welche Regionen. 21 ISL Aufgrund der räumlichen Nähe der Terminals DUSS Kornwestheim und Stuttgart Hafen und der weitgehenden Überschneidung der angebundenen Regionen wurden diese in Summe betrachtet. 24 REGIONALE STRUKTUREN IM SEEVERKEHR DER BREMISCHEN HÄFEN See-Eingang (2013: 8,8 Mio. t) Im See-Eingang der bremischen Häfen wurden im Jahr 2013 rund 8,8 Mio. t Massengüter gelöscht. Etwa die Hälfte davon entfiel auf Eisenerz, welches in der lokalen Industrie verarbeitet wird. Mit jeweils rund 1,3 Mio. t. folgen die ebenfalls lokal verbrauchte Kohle 22 sowie die im Wesentlichen im Nahbereich um das Hafenzentrum Bremen abgesetzten Mineralölprodukte. Bei den Mineralölprodukten hat der Lkw mit 84 % einen dominanten Anteil an der Verteilung in einem Umkreis von bis zu 150 km. Geringe Mengen der im See-Eingang gelöschten Mineralölprodukte (zum überwiegenden Teil handelt es sich um Mitteldestillate) werden per Binnenschiff zu Tanklagern in Niedersachen und in Sachsen-Anhalt transportiert (vgl. Tab. 4). Tab. 4 See-Eingang bedeutender Massengüter in die bremischen Häfen 2011-2013, Modal Split 2013 3.957 4.346 4.603 0 0 2 100% 1.326 1.286 1.308 199 199 201 1.380 1.768 1.264 0 0 0 914 1.288 999 81 106 79 452 351 212 3 0 0 207 322 156 36 31 25 07.2 Ölprodukte (flüssige) 02.1 Kohle (trocken) 03.5 Baustoffe (trocken) 01.1 Getreide (trocken) 04.6 Futtermittel (trocken) 03.3, 08.3 Düngemittel (trocken) Übrige Masseng. 95 13 32 14 3 6 344 151 273 8 2 1 Summe 313 03.1 Eisenerze (trocken) 8.848 sonst./unbekannt 341 LKW 9.525 341 SEE‐Eingang (NST‐2007‐Code, Tonnen) Bahn 8.674 (davon Bremerhaven) Nutzung im Hafengebiet 2013 Binnensschiff 1.000 t 2012 2011 See‐Schiff 2013 ‐ Ausgang per: 100% 12% 4% 84% 100% 100% 100% 12% 57% 14% 71% 1% 86% 100% 29% 100% 29% 100% 100% 100% 100% 100% Quelle: ISL 2014, IST-Werte auf Basis Destatis, Modal Split auf Basis Unternehmensbefragung/Schätzungen Die rund 1 Mio. t Baustoffe werden zum überwiegenden Teil (etwa drei Viertel) per Lkw in einem Umkreis von bis zu maximal 100 km um das Hafenzentrum Bremens (der größte Teil davon auf deutlich kürzeren Strecken) verteilt. Getreide im See-Eingang der bremischen Häfen (0,2 Mio. t) geht teilweise in die lokale Industrieproduktion ein und wird ansonsten vorwiegend per Lkw im Nahbereich des Hafenzentrums abgesetzt. Die gelöschten Futtermittel werden (teilweise nach Verarbeitung im Hafen) zu rund 70 % wieder per Seeschiff exportiert während rund 30 % das Hafengebiet per Lkw verlassen. Bei den besagten rund 70 % der Futtermittel, die den Hafen per Seeschiff wieder verlassen, wäre ebenso argumentierbar, dass diese direkt genutzt werden und im Anschluss daran veredelt (konkret: pasteurisiert) als „direkt im Hafen erzeugte“ Futtermittel in der korrespondierenden Tabelle im unmittelbar folgenden Abschnitt wieder in Er- 22 ISL Zusätzlich zu den obigen See-Einfuhren erfolgen jährlich rund 300 Tsd. t Importe von Kohle per Binnenschiff. Dabei handelt es sich um Kohle, die sich eingangs auf den gleichen Seeschiffen befand, die jedoch vor Erreichen Bremens geleichtert werden musste, damit diese Einheiten mit ihren typischen Kapazitäten von 65 Tsd. dwt die Schleuse Oslebshausen passieren können. 25 REGIONALE STRUKTUREN IM SEEVERKEHR DER BREMISCHEN HÄFEN scheinung treten. Der Anteil der Ware, der eine solche Pasteurisierung erfordert, kann jedoch schwanken, so dass hier der Futtermittelverkehr als Transitladung betrachtet wird. See-Ausgang (2013: 0,9 Mio. t) Im-See-Ausgang der bremischen Häfen entfällt der größte Anteil der Güter auf die NST-2007Gruppe 14.2 Sonstige Abfälle/Sekundärrohstoffe. Etwas mehr als die Hälfte davon konnte im Rahmen der Unternehmensbefragungen auf die lokale Wirtschaft zurückgeführt werden. Im Folgenden wird es bereits erheblich schwieriger, die kleiner werdenden Mengen eindeutigen Verkehrsströmen zuzuordnen, insbesondere im See-Ausgang von Ölprodukten (der gemäß der Umschlagstatistik auf niedrigem Niveau hohe Schwankungen aufweist) ließ sich kein klares Bild ermitteln. Bei den Futtermitteln wiederum treten die Transitladungen aus dem See-Eingang wieder in Erscheinung sowie die in der Unternehmensbefragung ermittelten Lkw-Anlieferungen. Bei dem Getreide im See-Ausgang dürfte es sich teilweise um lokal erzeugtes Malz sowie um Anlieferungen per Lkw auf kurzen Strecken handeln (vgl. Tab. 5). Erschwert wird die detaillierte Analyse des Umschlags der Massengüter (gilt gleichermaßen für die konventionellen Stückgüter) auch dadurch, dass seit dem Wechsel der Statistik von NSTR-3 (einer höher detaillierten Gütersystematik) auf NST 2007 (einer höher aggregierten Statistik) beginnend mit dem Jahr 2011 einerseits die Betrachtung konsistenter langlaufender Zeitreihen auf detaillierter Güterebene beeinträchtigt wird und andererseits das Verständnis der Güterströme unter der hohen Aggregation leidet. So wäre es bspw. bis einschließlich 2010 möglich gewesen, den See-Ausgang der Mineralölprodukte relativ eindeutig den Leicht- oder Mitteldestillaten zuzuordnen. Tab. 5 See-Ausgang bedeutender Massengüter aus den bremischen Häfen 2011-2013, Modal Split 2013 04.6 Futtermittel (trocken) 01.1 Getreide (trocken) 03.5 Baustoffe (trocken) Übrige Masseng. 869 6 124 223 404 0 0 0 48 32 133 14 1 6 163 196 129 3 0 0 86 56 57 0 0 0 55 4 10 0 0 0 60 71 129 0 0 0 LKW 2 55% 25% 85% 26% Summe 07.2 Ölprodukte (flüssige) 584 17 sonst./unbekannt 14.2 Sonstige Abfälle/Sek.Roh. (tr.) 552 Bahn (davon Bremerhaven) Binnensschiff SEE‐Ausgang (NST‐2007‐Code, Tonnen) 2013 See‐Schiff 1.000 t 2012 2011 Erzeugung im Hafengebiet 2013 ‐ Eingang per: 45% 100% 75% 100% 15% 100% 100% 74% 100% 100% 100% 100% Quelle: ISL 2014, IST-Werte auf Basis Destatis, Modal Split auf Basis Unternehmensbefragung/Schätzungen 4.3 Nicht-containerisierte Stückgutverkehre Der konventionelle Stückgutumschlag der bremischen Häfen – im Folgenden weit gefasst als alle nicht containerisierten Stückgutverkehre – hatte im Jahr 2013 ein Volumen von 8,1 Mio. t und ISL 26 REGIONALE STRUKTUREN IM SEEVERKEHR DER BREMISCHEN HÄFEN damit einen Anteil von rund 10 % Prozent am Gesamtumschlag der bremischen Häfen. Rund 46 % dieses Volumens entfielen auf den Automobilumschlag. 4.3.1 Automobilumschlag Im Zeitraum 1980 – 2013 erhöhte sich der Automobilumschlag in den bremischen Häfen von rd. 0,3 Mio. Fahrzeugeinheiten auf rd. 2,2 Mio. Fahrzeugeinheiten, d. h. um den Faktor 7,3. Entfielen 1980 mit rd. 0,16 Mio. Einheiten noch etwa 53% des Fahrzeugumschlags auf den Versand waren es 2013, vor allem bedingt durch die zunehmende Produktionsverlagerung asiatischer Hersteller nach Europa, mit rd. 1,75 Mio. Einheiten bereits 80%. Für den aktuellen Automobilumschlag und -hinterlandverkehr der bremischen Häfen konnte durch Untersuchungen und Befragungen von zahlreichen Experten sehr detaillierte Strukturen auf Basis von Fahrzeugeinheiten (Stückzahlen) ermittelt werden. In den bremischen Häfen betreiben nur zwei Unternehmen Automobilumschlag an den Autoterminals in Bremerhaven bzw. dem Egerland Car Terminal in Vegesack. Nutzfahrzeuge und andere rollende Ladung werden nur von einem Unternehmen umgeschlagen. Transhipment findet ebenfalls bei nur einem Unternehmen statt. Um die zugesicherte Vertraulichkeit zu wahren, werden die entsprechenden Angaben nach Rücksprache mit den Statistikverantwortlichen in einer Position „nicht hinterlandrelevante Verkehre“ zusammengefasst. Da sich der Neufahrzeugumschlag in den bremischen Häfen weitestgehend nach Bremerhaven verlagert hat, wird beim Automobilumschlag im Folgenden nur von Bremerhaven gesprochen. Tab. 6 Fahrzeugumschlag in Bremerhaven 2012 und 2013 (in 1.000 Stück u 1.000 t) Empfang 2012 2013 Automobile in 1.000 Stück Fahrzeuge in 1.000 t Gewicht pro Fahrzeug in t Versand 2012 2013 Gesamt 2012 2013 492 891 427 751 1.690 2.909 1.752 2.973 2.182 3.800 2.179 3.724 1,812 1,760 1,721 1,697 1,742 1,709 Quelle: Hafenspiegel für die Bremischen Häfen, Berechnungen ISL Der Fahrzeugumschlag in Bremerhaven erreichte im Jahr 2008 einen langjährigen vorläufigen Höchstwert, bevor er aufgrund der globalen Wirtschaftskrise in 2009 kurzfristig massiv einbrach. Nach extrem hohen Zuwachsraten in 2010 und 2011 konnte das Vorkrisenniveau bereits Ende 2011 überschritten werden. Während der Fahrzeugversand seitdem weiter anstieg, sank der Fahrzeugempfang: Der Anteil der Importe reduzierte sich kontinuierlich von 39 % in 2008 auf nur noch 20 % im Jahr 2013 (vgl. Abb. 10). Für das Jahr 2014 konnte mit rd. 2,3 Mio. Fahrzeugen ein neuer Umschlagrekord registriert werden. Gleichzeitig zeigt sich, dass das durchschnittliche Gewicht der importierten über demjenigen der exportierten Automobile liegt. Hieran lassen sich strukturelle Veränderungen im Seetransport und Hafenumschlag von Neufahrzeugen erkennen, die auf verschiedenen Trends der Autoproduktion und der Autoverkäufe beruhen. Die Fahrzeugproduktion wird in die Nähe der Absatzmärkte verlagert. PKW japanischer und koreanischer Marken laufen in Europa und USA vom Band, während deutsche Autohersteller auch in Amerika oder China sowie an kostengünstigeren europäischen Standorten wie Spanien oder Mittel- und Osteuropa produzieren. Aufgrund der Produktionsverlagerung fallen einige Neufahrzeugtransporte im Überseeverkehr weg bzw. werden durch Kurzstreckenseetransporte oder landgebundene Transporte ersetzt. Deutschland importierte die – leichteren – Automobile koreanischer oder japanischer Marken inzwischen weitgehend auf dem Landweg aus den europäischen Nachbarstaaten und nicht mehr auf dem Seeweg. Gleichzeitig forcierten die deutschen Hersteller die Produktion von größeren ISL 27 REGIONALE STRUKTUREN IM SEEVERKEHR DER BREMISCHEN HÄFEN Automobilen Fahrzeugen (SUV) auf dem amerikanischen Kontinent. Diese schwereren Fahrzeuge werden über Bremerhaven importiert und sind für das höhere Durchschnittsgewicht der Importfahrzeuge mit verantwortlich. In den folgenden Darstellungen erfolgen die Zahlenangaben auf Basis der Stückzahlen, da die zugrundeliegenden Erhebungen auf dieser Maßeinheit beruhen und so einfacher nachvollzogen werden können. Eine Umrechnung in Tonnen ist mittels der Angaben in Tab. 7 jederzeit möglich. Die Bildung von arithmetischen Mittelwerten – die Exportfahrzeuge von Mercedes und Porsche aus Stuttgart sind deutlich schwerer als die Fahrzeuge des VW-Konzerns aus Bratislava würde zu einer Verschlechterung der Datenqualität führen und die „Sichtbarkeit“ der Fahrzeugströme reduzieren. Tab. 7 Regionale Struktur des Automobilverkehrs über Bremerhaven 2013 (in 1.000 Stück) Empfang seewärtig Importnachlauf LKW Bahn Versand seewärtig Exportvorlauf LKW Gesamt Bahn 1.752 128 Hinterlandverkehr LKW Bahn Umschlag gesamt davon nicht hinterlandrelevant 427 132 2.179 260 hinterlandrelevante Verkehre 295 274 21 1.624 325 1.299 1.919 599 1.320 davon nach Regionen Deutschland Ausland 251 44 240 34 11 10 1.328 296 236 89 1.092 207 1.579 340 476 123 1.103 217 Quelle: ISL auf Basis von Unternehmensbefragungen/Schätzungen Von den insgesamt im Jahr 2013 in den bremischen Häfen umgeschlagenen 2,18 Mio. Automobilen werden 1,92 Mio. als hinterlandrelevant eingestuft, d.h. sie bilden den Hinterlandverkehr mit Automobilen ab. Der Modal Split im Hinterlandverkehr mit Automobilen hat mit 69 % den eindeutigen Schwerpunkt im Bahnverkehr, während 31 % den Lkw nutzen. Während der Vorlauf zu den Exportverkehren zu 80 % auf der Schiene erfolgt, macht der Schienenanteil beim Importnachlauf nur 7 % aus. Bezogen auf die Transporte ins Ausland beträgt er hingegen 23 %. 82 % des Hinterlandverkehrs finden innerhalb Deutschlands statt, während 18 % mit dem Ausland abgewickelt werden, insbesondere mit Ungarn, Österreich, Tschechien und Frankreich. Die nachfolgenden Abbildungen stellen die ein- und ausgehenden Hinterlandtransporte im Einzugsbereich Bremerhavens differenziert nach den Verkehrsträgern Lkw und Bahn sowie nach Bundesländern und nach Auslands-Staaten dar. ISL 28 REGIONALE STRUKTUREN IM SEEVERKEHR DER BREMISCHEN HÄFEN Abb. 16 Automobil-Hinterlandverkehre Bremerhavens in 2013 - Importnachlauf Quelle: ISL auf Basis von Unternehmensbefragungen/Schätzungen Auffallend ist, dass Importfahrzeuge per Bahn ausschließlich nach Baden-Württemberg und nach Italien (jeweils rd. 20.000 Einheiten) ausgeliefert werden, während in allen anderen Destinationen die Fahrzeughändler per Lkw bedient werden. In gewissem Umfang verbergen sich hinter den Verkehren nach Süddeutschland auch gebrochene Neufahrzeugtransporte zu den Knotenpunkten (Hubs) der Automobillogistiker, die von dort die Nachbarstaaten Schweiz, Österreich, Ungarn, Tschechien und Slowakei beliefern. Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass die Importfahrzeuge im Hinterland in etwa entsprechend der Bevölkerungsdichte (und Kaufkraft) verteilt werden und die großen Mengen daher in bevölkerungsreiche Bundesländer wie Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen (jeweils rd. 80.000 Einheiten) transportiert werden. ISL 29 REGIONALE STRUKTUREN IM SEEVERKEHR DER BREMISCHEN HÄFEN Abb. 17 Automobil-Hinterlandverkehre Bremerhavens in 2013 - Exportvorlauf Quelle: ISL auf Basis von Unternehmensbefragungen/Schätzungen Der Fahrzeugversand erreichte im Jahre 2013 das vierfache Volumen des Fahrzeugempfangs und ist daher für die Hinterlandverkehre Bremerhavens von wesentlich größerer Bedeutung als der seewärtige Fahrzeugempfang. Exportfahrzeuge werden aus den Automobilfabriken typischerweise per Bahn nach Bremerhaven transportiert. Lkw-Vorläufe finden sich im näheren Einzugsbereich (Niedersachsen, Bremen, mit jeweils rd. 60.000 Einheiten). Bedeutsame Lkw-Volumen kommen auch aus Baden-Württemberg (rd. 30.000 Einheiten) und Frankreich (Kleinfahrzeuge aus Nordostfrankreich, rd. 20.000 Einheiten) sowie aus den südosteuropäischen Nachbarstaaten, wo mit ausländischen Fahrern kostengünstige Transporte durchgeführt werden können. Die Quellgebiete der über Bremerhaven versandten Fahrzeuge werden durch die Werke der deutschen Automobilhersteller-Gruppen BMW, Mercedes und VW und sowie der in den südöstlichen Nachbarstaaten produzierenden koreanischen Hersteller determiniert. Die Aufkommensschwerpunkte liegen daher in Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen sowie Niedersachsen und Bremen. 4.3.2 Sonstiger nicht containerisierter Umschlag Der sonstige nicht containerisierte Stückgutumschlag (einschließlich RoRo) der bremischen Häfen ist vor allem geprägt durch die lokale Stahlindustrie, die regelmäßig zahlreiche Produkte über die Seeschiffkante absetzt bzw. teilweise Produkte zur Beimischung oder Verarbeitung importiert. Neben den im Fokus der Untersuchung stehenden Metallprodukten und -erzeugnissen wird hier zudem auf den See-Eingang der Gütergruppe 06.1 Holz eingegangen. ISL 30 REGIONALE STRUKTUREN IM SEEVERKEHR DER BREMISCHEN HÄFEN See-Eingang (2013: 1,4 Mio. t) Im See-Eingang der bremischen Häfen wurden im Jahr 2013 rund 1,4 Mio. t der verschiedensten Güter gelöscht. Die Metallerzeugnisse werden üblicherweise per Bahn abtransportiert, während das Holz zu rund zwei Dritteln in die Produktion im Hafengebiet eingeht. Der effektive Holzeinsatz der lokalen Wirtschaft ist dabei letztlich höher – die Mengen erreichen die lokale Wirtschaft teilweise per Container. Unter den übrigen Gütern befindet sich regelmäßig ein nicht unerheblicher Anteil von Zellulose, der vorrangig per Lkw und in zweiter Linie per Bahn abtransportiert wird. Tab. 8 See-Eingang übriger konventioneller Stückgüter in die bremischen Häfen 2011-2013, Modal Split 2013 362 242 178 16 67 18 14% 153 167 134 26 26 18 06.1 Holz (...) ohne Möbel Übriger konvent. Umschlag Übriger RoRo‐Umschlag 1.467 957 984 451 370 433 71 72 79 71 72 79 63% 1% 85% Summe 548 10.1‐5 Metalle, Metallerz. sonst./unbekannt 1.374 535 LKW 1.439 565 Bahn 2.053 Nutzung im Hafengebiet 2013 (davon Bremerhaven) SEE‐Eingang (NST‐2007‐Code, Tonnen) Binnensschiff 1.000 t 2012 2011 See‐Schiff 2013 ‐ Ausgang per: 100% 13% 24% 15% 25% 100% 100% 59% 100% 100% Quelle: ISL 2014, IST-Werte auf Basis Destatis, Modal Split auf Basis Unternehmensbefragung/Schätzungen See-Ausgang (2013: 3,0 Mio. t) Der See-Ausgang konventioneller Stückgüter ist vor allem durch den stark schwankenden Umschlag von Metallerzeugnissen geprägt. In den letzten drei Jahren lag dieser in einer Bandbreite von 1,8-2,3 Mio. t. Je nach Exportgeschäft und Absatzkanälen der Wirtschaft im Hinterland der Häfen waren hier in der Vergangenheit regelmäßig erhebliche Schwankungen zu beobachten, die in der Folge das Volumen der Bahnanlieferungen determinieren. Neben dem lokal erzeugten Stahl stammen die übrigen Metallprodukte / Erzeugnisse zum allergrößten Teil aus dem nördlichen und westlichen Teil Deutschlands. Im Holzumschlag handelt es sich gemäß den Einschätzungen der Befragungsteilnehmer tendenziell um Lkw-Anlieferungen aus dem süddeutschen Raum. ISL 31 REGIONALE STRUKTUREN IM SEEVERKEHR DER BREMISCHEN HÄFEN Tab. 9 See-Ausgang übriger konventioneller Stückgüter aus den bremischen Häfen 2011-2013, Modal Split 2013 10.1‐5 Metalle, Metallerz. 759 1.846 2.289 1.782 50 49 48 62% 06.1 Holz (...) ohne Möbel 22 7 36 5 4 5 Übriger konvent. Umschlag 1.016 1.032 998 381 480 511 Übriger RoRo‐Umschlag 3.010 184 212 195 184 212 195 3% 34% 0% 10% Summe 745 sonst./unbekannt 3.539 620 LKW (davon Bremerhaven) 2013 Bahn SEE‐Ausgang (NST‐2007‐Code, Tonnen) Binnensschiff 3.068 Erzeugung im Hafengebiet 1.000 t 2012 2011 See‐Schiff 2013 ‐ Eingang per: 100% 100% 100% 65% 100% 25% 100% 100% Quelle: ISL 2014, IST-Werte auf Basis Destatis, Modal Split auf Basis Unternehmensbefragung/Schätzungen Gemäß der Unternehmensbefragung enthalten die übrigen Güter ein hohes Volumen an Projektladung, die wiederum vorranging per Lkw angeliefert wird, teilweise bei sperrigen oder Schwergutladungen per Binnenschiff. Während der Süddeutsche Raum vorrangig über die Westhäfen bedient wird, stammt die über Bremerhaven verschiffte Projektladung überwiegen aus Ostdeutschland, Tschechien und der Slowakei. ISL 32 WETTBEWERBSANALYSE 5 Wettbewerbsanalyse Im Folgenden werden die Wettbewerber der bremischen Häfen betrachtet. Der Fokus dieser Untersuchung liegt auf dem vergleichsweise wettbewerbsintensiven Containerverkehr, während im Massengutumschlag aufgrund der üblichen Relationen von Warenwert und Transportkosten in erster Linie die räumliche Nähe des Hafens die Hafenwahl determiniert. In letzterem Fall geht es folglich vor allem darum, das Umschlagvolumen der bremischen Häfen in Relation zum Aufkommen der Wettbewerbsrange zu betrachten. 5.1 Marktanteile der Nordrangehäfen im Container-Verkehr Im Containerverkehr steht Bremerhaven in direkter Konkurrenz zu Hamburg (und Wilhelmshaven) einerseits sowie zu den Westhäfen Rotterdam, Antwerpen, Zeebrügge und Le Havre andererseits. Abb. 18 Nordrangehäfen: Containerumschlag nach Marktsegmenten 2013 Shortsea Übersee 18,4 ShortseaLand 7,9 7,9 See Feeder 5,7 Transhipment Gesamter Hinterlandverkehr (24,1) 5,0 4,9 Hinterland Shortsea-Land Deepsea-Land 14,2 Mio. TEU Quelle: ISL Containerverkehrsmodell Nordrangehäfen Insgesamt wurden in den genannten Häfen im Jahr 2013 39,8 Mio. TEU umgeschlagen, darunter 24,1 Mio. TEU Hinterlandverkehre und 15,7 Mio. TEU Transhipment. Der Wettbewerb zwischen den Hafenstandorten betrifft dabei sowohl die Transhipmentverkehre mit Quelle bzw. Ziel im Ostseeraum/Skandinavien als auch die Hinterlandverkehre. In der langfristigen Perspektive ist das Marktanteilspotenzial eines Hafens in erster Linie begrenzt durch seine wirtschaftsgeographische Lage im Vergleich zu seinen Wettbewerbern. Da die deutschen Containerhubs Bremerhaven und Hamburg (sowie Wilhelmshaven) zu einem großen Teil die gleichen Märkte bedienen, gibt es zwischen ihnen immer wieder Verlagerungen, während ihr gemeinsamer Anteil am Gesamtmarkt vergleichsweise stabil bleibt. Im langfristigen Mittel 19802013 lag er bei ca. 35%, wobei vor allem in den Jahren 1999-2008 ein deutlicher Anstieg zu beobachten war. Die Fahrrinnenanpassungen von Weser und Elbe zur Jahrtausendwende erhöhten die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Häfen, während gleichzeitig das Transhipmentgeschäft ISL 33 WETTBEWERBSANALYSE mit dem Ostseeraum boomte, für das die deutschen Häfen besonders günstig gelegen sind. 23 Hier konnten sich die deutschen Häfen gegenüber Rotterdam – dem Hauptmitbewerber in diesem Segment –behaupten. Mit Kapazitätserweiterungen in Bremerhaven und Hamburg wurden dabei die Bedingungen geschaffen, die zur Aufnahme der stark steigenden Nachfrage notwendig waren. In den 1990er Jahren hatte bereits Antwerpen Marktanteile gegenüber Rotterdam gewonnen, so dass der niederländische Marktführer, der 1986 mit 39,9 % Marktanteil noch eine herausragende Stellung einnahm, seither spürbar Marktanteile abgeben musste. Abb. 19 Marktanteile der Nordrangehäfen 1980-2013 100% 12,1% 90% 4,3% 80% 17,2% 70% 7,6% 4,1% 7,4% 4,9% 6,8% 4,5% 16,3% 18,1% 20,6% 20,9% 30,9% 37,9% 35,8% 31,6% 29,7% 16,5% 12,6% 11,8% 13,9% 19,2% 20,7% 22,5% 21,6% 20,5% 6,2% 5,1% 6,3% 9,0% 3,5% 9,4% 3,6% 6,7% 22,7% 21,6% 60% 50%31,2% 29,9% 29,2% 40% 30% 16,6% 12,0% 13,1% 14,7% 20% 10%18,6% 26,0% 21,2% 23,3% Hamburg Bremen/Bremerhaven Rotterdam Antwerpen Zeebrügge 2013 2012 2011 2010 2009 2008 2007 2006 2005 2004 2003 2002 2001 2000 1999 1998 1997 1996 1995 1994 1993 1992 1991 1990 1989 1988 1987 1986 1985 1984 1983 1982 1981 1980 0% Le Havre Quelle: ISL Hafendatenbank auf Basis Hafenverwaltungen, 2014 Auch zwischen den deutschen Häfen gab es in den vergangenen Jahrzehnten deutliche Verschiebungen. Die bremischen Häfen lagen in den frühen 1980er Jahren noch ungefähr auf Augenhöhe mit Hamburg, verloren dann Mitte der 80er Jahre jedoch deutliche Marktanteile vor allem an Rotterdam. Um die Jahrtausendwende wuchsen die beiden deutschen Häfen parallel, danach gewann Hamburg Markanteile und schlug schließlich 2008 mehr als doppelt so viel Container um wie die bremischen Häfen. Aufgrund des hohen Marktwachstums war trotz der teilweise erheblichen Marktanteilsverlagerungen in allen Häfen ein starkes und fast ununterbrochenes Wachstum des Containerverkehrs zu beobachten. In Bremerhaven wuchs das Volumen von 700.000 TEU in 1980 auf 5,4 Mio. TEU in 2008 (Faktor: 7,9). Im Jahr 2008 lag der Marktanteil der beiden deutschen Häfen zusammen bei 38,7%. In 2009 wurden die bis dahin entscheidungserheblichen „normalen“ Schiffskosten durch die internationale Finanzkrise und die hohe Überkapazität vollständig ausgehebelt, so dass die Umschlagkosten im Vergleich zu den Skaleneffekten deutlich an Bedeutung gewannen. In diesem Umfeld war eine Konzentration von Umschlag an den „Home Terminals“ der Reeder zu beobachten, da hier in der Regel die geringsten Umschlagkosten erzielt werden können und außerdem zum Teil bei 23 ISL Bei „normalen“ Schiffskosten lohnt es sich für die Reeder tendenziell, die Skaleneffekte (= das Phänomen, das Reise-, Betriebs,- und Kapitalkosten nicht proportional zur Tragfähigkeit der Schiffe ansteigen) der größeren Schiffe so weit wie möglich auszunutzen und nah an die Ostsee heranzufahren. 34 WETTBEWERBSANALYSE Konsortien mit Terminalbetreibern Mengenzusagen vertraglich vereinbart worden waren. Vor allem der Hafen Hamburg mit seinen ausschließlich „öffentlichen“ Terminals hatte hier das Nachsehen, während Bremerhaven mit seinem Mix an öffentlichen und dedicated Terminals 2013 mit einen Marktanteil von 14,7% den höchsten Wert seit Mitte der 1980er Jahre erreichte und bereits 2011 die Vorkrisenwerte übertraf. Im Jahr 2013 lag der Containerumschlag rund 7,5% über dem Vorkrisenniveau. Die Marktanteile aus dem Basisjahr 2013 stellen somit auch in einer langfristigen Perspektive eine adäquate Basis für die Modellierung der Marktanteilsprognose (s. Kapitel 6.1) dar. Während die Marktanteile im Transhipmentverkehr stark schwanken und von operativen Entscheidungen einzelner Reeder abhängig sind, sind die Marktanteile im Hinterland weniger starken Schwankungen ausgesetzt – insbesondere, wenn man die „Hafengruppen“ Rotterdam/Antwerpen und Bremen/Bremerhaven/Hamburg in ihrer jeweiligen Summe betrachtet. Abb. 20 Bremen/Bremerhaven: Marktanteil im Hinterland und Marktgröße 2013 Quelle: ISL Containerverkehrsmodell Nordrangehäfen; zusätzliche Analysen Die bremischen Häfen bedienen dabei einen Korridor, der im Westen durch das „KernHinterland“ der Westhäfen begrenzt ist, dass sich von den Niederlanden entlang des Rheins bis in die Schweiz erstreckt, und der im Nordosten durch die Kernregionen des Hafens Hamburg (von Dänemark über Mecklenburg-Vorpommern nach Polen) begrenzt wird (s. Abb. 20, vgl. auch Tab. 3 in Kapitel 4.1). Innerhalb dieses Korridors sind der Hafen Hamburg und der Wilhelmshavener JadeWeserPort die Hauptwettbewerber. Der Marktanteil der bremischen Häfen variiert hier deutlich von einer Region zur anderen – im Norden vor allem bedingt durch die Distanzvor- bzw. -nachteile, im Süden durch die Frequenz der Intermodalverbindungen im Vergleich zum Hauptwettbewerber Hamburg. ISL 35 WETTBEWERBSANALYSE Neben dem JadeWeserPort, der in den kommenden Jahren in den Markt wachsen und somit Marktanteile aus den anderen Häfen – allen voran Hamburg und Bremerhaven, aber auch Rotterdam – abziehen wird, ist noch in weiteren Regionen mit Marktanteilsverlagerungen zu rechnen: der Hafen Koper etabliert sich zunehmend als Gateway für Verkehre zwischen Asien auf der einen Seite und Ungarn, der Slowakei und Teilen Österreichs auf der anderen Seite. Weitere Adriahäfen planen zusätzliche Containerumschlagkapazitäten zu schaffen und Marktanteile von den Nordrangehäfen abzuziehen. Auch wenn das Verlagerungspotenzial durch das Volumen auf dieser Route und durch die Kapazität der Adriahäfen begrenzt ist, so wird doch in den kommenden Jahren mit weiteren Verlagerungen gerechnet. Das Volumen dieser Verlagerungen ist jedoch begrenzt: bis 2030 könnten ca. 400.000 TEU von Nord nach Süd verlagert werden, ca. 100.000 TEU aus dem Markt der bremischen Häfen. Darüber hinaus wird mit weiteren Marktanteilsverlagerungen durch Direktanläufe im Ostseeraum gerechnet. Es wird prognostiziert, dass ein bis zwei weitere Reedereien/Allianzen Direktanläufe in Polen oder Klaipeda anbieten werden, bevor die Marktanteilsverlagerungen abgeschlossen sind und die Volumina fortan mit dem Markt wachsen. Das Thema Arktispassage wird im Prognosezeitraum bis 2030 kaum Relevanz bzw. Auswirkungen auf die bremischen Häfen haben. Keines der modernen Großcontainerschiffe, die bis dato bestellt wurden, verfügt über eine Eisklasse. Die wenigen kleinen Frachter, die die Passage bereits heute nutzen könnten und über eine Eisklasse verfügen, können trotz der kürzeren Route nicht mit den Skaleneffekten der modernen Großcontainerfrachter auf der Route durch den SuezKanal konkurrieren. Ungeachtet der Schwierigkeiten, das Klima korrekt zu prognostizieren und der daraus resultierenden Herausforderung, den Zeitpunkt abzuschätzen, ab dem sich beispielsweise ein Hub in Island oder Norwegen etablieren könnte, bestünde bei einem solchem Hub die Herausforderung, dass dort ein teurer Transhipmentumschlag erfolgen müsste. Dieser würde die Sparpotenziale der kürzeren Seestrecke erheblich beinträchtigen soweit der Hinterlandmarkt der Nordrangehäfen betroffen ist. Alternativ wäre denkbar, dass lediglich Transhipmentverkehre für den Ostseeraum wettbewerbsfähig über ein neues Hub geroutet werden könnten. Allerdings muss auch da die Frage nach der Sinnhaftigkeit gestellt werden: Die Schiffe auf der Strecke von Nordostasien bis Island ausschließlich mit Ladung für den Ostseeraum zu füllen ist möglich, aber sehr aufwändig. Ladung für das Hinterland der Nordrangehäfen an Bord zu haben würde wiederum Anläufe in der Nordsee erzwingen, bei denen dann ebenso das Transhipment stattfinden könnte. Durch eine Analyse der aktuellen Hinterlandstruktur der betreffenden Häfen sowie Plausibilitätsbetrachtungen zur Wettbewerbsfähigkeit derselben in den verschiedenen Hinterlandregionen hat das ISL einen Index zur regionalen Wettbewerbsintensität entwickelt. Dieser berücksichtigt neben der Wettbewerbsfähigkeit der Häfen auch die Volumina, die 2013 in diesen Häfen über Nordrangehäfen geroutet wurden. Nur in Regionen mit nennenswertem Hinterlandvolumen kann der „neue“ Wettbewerb bedeutende Marktanteilsverluste nach sich ziehen. Die höchste Wettbewerbsintensität ergibt sich dabei für die Nordrangehäfen in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Bremen (JadeWeserPort), Polen (Direktanläufe) sowie Österreich, der Slowakei und Ungarn (Adriahäfen). In Bayern (JadeWeserPort und Adriahäfen) und in BadenWürttemberg (nur JadeWeserPort) sind kleinere Marktanteilsverschiebungen zu erwarten, d.h. es könnten ca. 10% des Marktvolumens an neue Wettbewerber abgegeben werden. Die Wirkung der Marktanteilsverschiebungen ist dabei nicht in allen Regionen und allen Häfen gleich. Vielmehr wird angenommen, dass sich die Verluste in jeder Region proportional zu den aktuellen Marktanteilen der einzelnen Nordrangehäfen verteilen, so dass die Westhäfen beiISL 36 WETTBEWERBSANALYSE spielsweise von Veränderungen in Nordrhein-Westfalen stärker betroffen sind, während Hamburg vor allem den Wettbewerb durch die polnischen Häfen spürt. Diese unterschiedlichen regionalen Gewichte definieren die Wirkung der Verlagerungen auf die Potenzialprognose der bremischen Häfen. 5.2 Marktanteile der Wettbewerbshäfen im Massengutverkehr Bei den Massengutverkehren werden für die einzelnen Gütergruppen in dieser Analyse die jeweiligen nationalen (Hamburg, Nordenham u.a.) und europäischen Wettbewerbshäfen (Rotterdam, Antwerpen u.a.) berücksichtigt. Bremen hatte im Jahr 2013 8,8 Mio. t Massengutimporte über See und 0,9 Mio. t Massengutexporte über See. Letztgenannte verteilten sich dabei auf mehrere Einzelgruppen, so dass der Massengut-See-Ausgang der bremischen Häfen im Vergleich zum Verkehrsaufkommen der Nachbarländer und -häfen, die gemeinsam einen Massengut-See-Ausgang von 152,5 Mio. t aufweisen, praktisch keine Rolle spielt und entsprechend auch nicht weiter betrachtet wird. Der Umschlag von Erzen in deutschen, niederländischen und belgischen Häfen im See-Eingang schwankte in den Jahren von 2007-2013 um einen Mittelwert von rund 71 Mio. t dabei wurden vor und während der Finanzkrise Extremwerte von 90 Mio. t (2008) und 50 Mio. t beobachtet (2009). Ein Wachstumstrend ist dabei nicht erkennbar und wäre – zunächst angesichts des Reifegrades und der Kostenniveaus der betrachteten Volkswirtschaften ohne begründete Einschätzungen wie z.B. die Erweiterung existierender Anlagen – wenig plausibel. Mit einem Volumen von jährlich rund 4 Mio. t Eisenerzimport liegen die bremischen Häfen gemeinsam mit Gent und Antwerpen im unteren Mittelfeld eines insgesamt überschaubaren Rankings der dargestellten Wettbewerbshäfen. Die bei weitem größten Mengen wurden mit 20 - 42 Mio. t in Rotterdam registriert. Abb. 21 Massengut See-Eingang von Erzen in DE/NL/BE-Häfen 2007-2013 45 40 35 Mio. t 30 25 20 15 10 5 0 Quelle: ISL 2014, auf Basis von Eurostat ISL 37 WETTBEWERBSANALYSE In den letzten Jahren ist im Segment flüssiger Ölprodukte ein genereller Wachstumstrend erkennbar. Die hier betrachteten Häfen haben im Jahr 2013 gemeinsam zum ersten Mal mehr als 100 Mio. t Ölprodukte importiert. Die anhaltend hohe Nachfrage nach Mitteldestillaten aus dem Hinterland bei einem anhaltenden Raffineriesterben im Hinterland unterstützte diesen Trend noch. Mit einem Volumen von jährlich rund 1 Mio. t ist der See-Import flüssiger Ölprodukte aus Sicht der stadtbremischen Häfen ein relativ bedeutsames Segment. Der Absatz dieser Ölprodukte erfolgt in erster Linie in der Region Bremen/Niedersachsen. Eine Verteilfunktion per See oder in Richtung weiter entfernterer Hinterlandmärkte findet nicht statt, mit dem Ergebnis, dass die stadtbremischen Häfen aus Sicht des großen Produkteverteilzentrums Rotterdam zu den übrigen d. h. kleineren Häfen zu zählen wären. Abb. 22 Massengut See-Eingang von flüssigen Ölprodukten in DE/NL/BE-Häfen 2007-2013 50 45 40 35 Mio. t 30 25 20 15 10 5 0 Quelle: ISL 2014, auf Basis von Eurostat In den Jahren von 2007-2013 wurden in den hier betrachteten Häfen insgesamt jährlich rund 77 Mio. t Kohle importiert. Nach einem generellen Wachstumstrend zum Anfang des Jahrtausends brach die Nachfrage nach über See importierter Kohle im Jahr 2009 spürbar ein. In den Jahren 2010-2013 importierten die hier betrachteten Häfen insgesamt im Durchschnitt 76 Mio. t. Kohle. Traditionell wird dieses Geschäft von den ARA-Häfen angeführt, wobei allein über Rotterdam zwischen 23 und 31 Mio. t jährlich importiert werden. Mit einem Umschlag zwischen 1 u. 2 Mio. t jährlich zählen die bremischen Häfen eher zu den „kleineren“ Importeuren – dabei darf jedoch nicht vergessen werden, dass ein Teil der in Nordenham umgeschlagenen Mengen letztlich für die bremischen Häfen vorgesehen ist und diese schließlich als gebrochene Verkehre per Binnenschiff erreicht. Die tatsächliche Bedeutung der Kaimauern der (stadt-)bremischen Häfen für den Umschlag von Kohle, die im lokalen Kraftwerk verbraucht wird, bleibt somit, da sie der ISL 38 WETTBEWERBSANALYSE Binnenschiffsstatistik zuzuordnen ist, in der Seeverkehrsstatistik „verborgen“. Im Jahr 2013 waren dies immerhin rund 440 Tsd. t (Basis: Statistisches Bundesamt). Abb. 23 Massengut See-Eingang von Kohle in DE/NL/BE-Häfen 2007-2013 35 30 Mio. t 25 20 15 10 5 0 Quelle: ISL 2014, auf Basis von Eurostat Statistisch etwas unsauber ist der Vergleich der „sonstigen“ trockenen Massengüter: Im Fall der bremischen Häfen dürfte es sich bei den im Diagramm enthaltenen Mengen vorrangig um Baustoffe handeln. Auch in den Nachbarhäfen dürfte der Eurostat-Umschlag Baustoffmengen beinhalten. Allerdings könnten in den anderen Häfen auch größere Mengen Düngemittel oder Abfälle und Sekundärrohstoffe enthalten sein. ISL 39 WETTBEWERBSANALYSE Abb. 24 Massengut See-Eingang „sonstiger trockener Güter“ in DE/NL/BE-Häfen 2007-2013 9 8 7 Mio. t 6 5 4 3 2 1 0 Quelle: ISL 2014, auf Basis von Eurostat 5.3 Marktanteile der Wettbewerbshäfen im nichtcontainerisierten Stückgutverkehr Insgesamt nahm der nicht-containerisierte Stückgutumschlag in allen Wettbewerbshäfen in den vergangenen Jahren nur moderat zu, wobei jedoch deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Gütergruppen bestehen. 5.3.1 Marktanteile der Wettbewerbshäfen im Automobilverkehr Verschiedene Häfen der Nordrange stehen miteinander im Wettbewerb um den Empfang, den Versand und das Transhipment von Automobilen. Basierend auf der Überschneidung von Einzugsgebieten und im Wettbewerb stehenden Kontrakten werden neben Bremerhaven die deutschen Häfen Cuxhaven, Emden und Hamburg sowie die niederländischen Amsterdam und Rotterdam und die belgischen Häfen Antwerpen und Zeebrügge hinsichtlich der Automobilverkehre analysiert. Basis für die Ermittlung der Marktanteile ist die Anzahl der in den einzelnen Hafenstandorten umgeschlagenen Automobile. Bremerhaven hielt auch 2013 mit 2,18 Mio. umgeschlagenen Fahrzeugen und einem Marktanteil von 28 % seine Führungsposition im Automobilumschlag vor Zeebrügge mit 25 %. Während vor der Wirtschaftskrise der Fahrzeugumschlag in Zeebrügge höher lag als in Bremerhaven, konnte der belgische Hafen die Vorkrisenwerte immer noch nicht erreichen, während Bremerhaven den Umschlageinbruch schon im Jahre 2011 überwunden hatte. ISL 40 WETTBEWERBSANALYSE Tab. 10 Fahrzeugumschlag ausgewählter Nordrangehäfen 2008-2013 in 1.000 Stück 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Ø‐Wachstum Marktanteil 2013/2008 2013 Bremerhaven Emden Cuxhaven Hamburg Zeebrügge Antwerpen Rotterdam Amsterdam 2.079 1.015 215 181 2.126 962 250 214 1.231 821 178 183 1.286 770 335 187 1.631 1.086 266 203 1.602 920 250 318 2.128 1.250 350 229 1.736 1.081 315 198 2.182 1.253 348 256 1.747 1.240 335 187 2.179 1.231 367 266 1.943 1.300 340 188 0,9% 3,9% 11,3% 8,0% ‐1,8% 6,2% 6,3% ‐2,5% 27,9% 15,8% 4,7% 3,4% 24,9% 16,6% 4,4% 2,4% Gesamt 7.041 4.991 6.277 7.287 7.549 7.814 2,1% 100,0% Quelle: ISL 2014, auf Basis von Angaben verschiedener Hafenverwaltungen und Unternehmen, Expertenschätzungen Im Vergleich zu Bremerhaven weist Zeebrügge einen deutlich höheren Transhipmentanteil auf, der aus dem Verkehr mit Großbritannien resultiert und sich in der Krise negativ auswirkte. An dritter Stelle steht der Hafen Antwerpen, der allerdings nur wegen des hohen und steigenden Gebrauchtfahrzeugumschlages vor Emden liegt. Die folgende Grafik stellt die Entwicklung des Fahrzeugumschlags der deutschen Nordseehäfen seit 2008 dar und lässt den krisenbedingten Einbruch von 2008 auf 2009 gut erkennen. Abb. 25 Automobilumschlag ausgewählter deutscher Nordrangehäfen 2008-2013 in 1.000 Stück Automobilumschlag in 1.000 Stück 2.500 Bremerhaven Emden Cuxhaven Hamburg 2.000 1.500 1.000 500 0 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Quelle: ISL 2014, auf Basis von Angaben verschiedener Hafenverwaltungen und Unternehmen Die folgende Abbildung verdeutlicht die Marktanteile der Nordrangehäfen differenziert nach Automobilempfang und -versand. Im Jahr 2013 wurden in den betrachteten Nordrangehäfen insgesamt 5.382.760 Fahrzeuge versandt (68,9 %) und 2.431.384 Fahrzeuge empfangen (31,1 %), so dass der Umschlag sehr stark exportlastig war. Beim Fahrzeugversand erreichte Bremerhaven einen Marktanteil von fast einem Drittel (32,5 %) und lag damit deutlich vor Zeebrügge. Beim Fahrzeugempfang hingegen lag der Marktanteil von Zeebrügge mit 34,7 % bei über einem Drittel, während Bremerhaven mit 17,6 % den zweiten Platz belegte. ISL 41 WETTBEWERBSANALYSE Abb. 26 Marktanteile der Automobilumschlaghäfen in der Nordrange2013 Empfang Gesamt Versand 2,4% 0,6% 1,5% 4,4% 4,4% 17,6% 12,7% 17,4% 32,5% 16,6% 27,9% 24,9% 15,8% 11,7% 15,0% 20,4% 2,5% 1,4% 4,3% 34,7% 17,6% 4,7% 5,7% 3,4% Bremerhaven Emden Cuxhaven Hamburg Zeebrügge Antwerpen Rotterdam Amsterdam Quelle: ISL 2014, auf Basis von Angaben verschiedener Hafenverwaltungen und Unternehmen Beginnend mit den deutschen Häfen werden die Wettbewerber Bremerhavens nachfolgend detaillierter analysiert. Emden Unter den betrachteten Autohäfen der Nordrange erreichte Emden im Jahr 2013 mit 15,8 % den vierten Platz. Fahrzeugumschlag wird im tidefreien Binnenhafen am Terminal I der EVAG durchgeführt, hier werden die Verkehre mit Großbritannien und Irland abgefertigt. Für den Fahrzeugumschlag im Außenhafen ist Autoport zuständig, ein Gemeinschaftsunternehmen von VW Logistik, EVAG und Anker-Schiffahrt, wobei der Umschlag operativ von den beiden letztgenannten Unternehmen durchgeführt wird. EVAG ist ein Unternehmen der DB Schenker und Anker gehört zur Bremer Lexzau-Scharbau-Gruppe. Automobilumschlag in 1.000 Stück Abb. 27 Automobilumschlag Emdens 2008-2013 (in 1.000 Stück) 2.000 Versand 1.800 Empfang 1.600 1.400 1.200 1.000 800 600 400 200 0 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Quelle: ISL 2014, auf Basis von Seaports of Niedersachsen ISL 42 WETTBEWERBSANALYSE Emden ist der Haupthafen des VW-Konzerns und wird von dessen Produktions- und Logistikstrategien unmittelbar beeinflusst. So ging der Import im betrachteten Zeitraum zurück, weil die Produktion des Golf Kombi von Übersee nach Deutschland verlagert wurde. Mit 428.000 Automobilen ist das Vereinigte Königreich die bedeutendste Destination des Emder Fahrzeugversandes. Darüber hinaus nutzt der VW-Konzern den Hafen für den Verkehr nach USA und Japan, während die Exporte nach China und Korea über Bremerhaven und der Versand nach Schweden über Cuxhaven laufen. In Emden werden nur kleine Mengen von Mercedes und BMW nach Irland versandt. Alle anderen Fahrzeugverkehre betreffen den VW-Konzern und können, da die zugehörigen konkreten Informationen als Betriebsgeheimnis behandelt werden, hier nicht weiter analysiert werden. Tab. 11 Fahrzeugumschlag in Emden 2012 und 2013 (in 1.000 Stück und 1.000 t) Automobile in 1.000 Stück Fahrzeuge in 1.000 t Empfang 2012 2013 371 284 498 375 Gewicht pro Fahrzeug in t 1,340 1,321 Quelle: ISL 2014, auf Basis von Seaports of Niedersachsen Versand 2012 2013 882 947 1.388 1.492 1,573 1,576 Gesamt 2012 2013 1.253 1.231 1.886 1.867 1,504 1,517 Auch in Emden überwiegt der Fahrzeugversand bei weitem, er machte 2013 77 % des gesamten Fahrzeugumschlages aus. Gegenüber dem Vorjahr sank der Fahrzeugumschlag 2013 leicht auf 1,23 Mio. Automobile. In gewissem Umfang finden in Emden Transhipmentverkehre statt, da Fahrzeuge aus südafrikanischer und mittel- bzw. südamerikanischer Produktion auf dem Seeweg in Europa weiter verteilt werden. Wird die Anzahl dieser Fahrzeuge auf 34.000 geschätzt, verbleibt ein hinterlandrelevantes Volumen von 250.000 landseitig eingehenden und 914.000 landseitig ausgehenden Fahrzeugen. Bezüglich des Modal Splits wurden von Autoport für 2012 eine Abfertigung von 80.000 Eisenbahnwaggons und 40.000 LKW genannt. Unter der Annahme, dass ein Waggon doppelt so viele Autos laden kann wie ein LKW, kann ein Bahnanteil von 80 % des gesamten Hinterlandtransports angenommen werden. Am Beispiel des Emder Hafens wurde versucht, die regionale Verteilung der AutomobilHinterlandverkehre auf Basis der entsprechenden Tonnage-Statistik von Eurostat abzubilden. Auf die grundlegenden Probleme einer solchen Vorgehensweise wurde bereits im Methodenteil (Kap. 3.1.4) hingewiesen. Im konkreten Fall Emden stellte sich heraus, dass eine Kombination der Umschlagstatistik des Hafens mit der Bahntransportstatistik für den Verkehrsbezirk zu unplausiblen Ergebnissen führte. So wurden 2013 allein für den Bahnversand Emdens 576.716 t (die dem bahnseitigen Importnachlauf entsprechen sollten) ausgewiesen, obwohl das Gewicht der empfangenen Fahrzeuge nur 375.000 t ausmachte. Auch beim Bahneingang wurde mit 1,6 Mio. t ein höheres Gewicht als das der insgesamt versandten Fahrzeuge ausgewiesen. Eine auf dieser Grundlage erstellte Hinterlandverteilung der Emder Autoverkehre würde zahlreiche Annahmen und Schätzungen erfordern, sie ist daher nicht in allen Details fundiert und könnte zu fehlerhaften Schlussfolgerungen führen. Auf die Veröffentlichung einer entsprechenden Modellierung der Hinterlandverkehre wird daher verzichtet. Dies gilt ebenfalls für die weiteren Wettbewerbshäfen, da für diese die verfügbare Datenbasis noch ungünstiger ist. Unter den betrachteten Autohäfen der Nordrange erreichte Emden im Jahr 2013 den vierten Platz – wenn man den hohen Gebrauchtfahrzeuganteil in Antwerpen in Betracht zieht, erzielte Emden sogar den dritten Platz beim Neufahrzeugumschlag. Auch wenn die Häfen Emden und Bremerhaven ein ähnliches Hinterland bedienen, wird die Wettbewerbsintensität vonseiten BreISL 43 WETTBEWERBSANALYSE mer Umschlagunternehmen als nicht sehr hoch eingeschätzt. Die Emder Automobilverkehre werden weitestgehend durch die VW-Konzernlogistik gesteuert, die die Verkehre nach den oben genannten Fahrtgebieten verteilt. Das starke Engagement Volkswagens in China wird daher eher Bremerhaven als Emden zugutekommen. Kleinere Fahrzeugvolumina können zwischen den Häfen im Wettbewerb stehen, so werden Importe von Fahrzeugen aus Mittel- und Südamerika teils in Emden und teils in Hamburg gelöscht. Cuxhaven Beim Automobilumschlag der Nordrangehäfen erreichte Cuxhaven 2013 mit 367.090 Fahrzeugen und mit einem Marktanteil von 4,7 % den fünften Platz. Der Fahrzeugumschlag wird von der Cuxport GmbH und von der BLG betrieben. Die BLG fertigte 2013 landseitig ca. 200.000 Fahrzeuge ab. Da das Unternehmen in Cuxhaven bislang nur über einen kleinen Liegeplatz verfügt, wurden allerdings mehr als 50.000 Opel und Kia für Großbritannien nicht am BLG-Terminal, sondern am Cuxport-Terminal auf DFDS-Schiffe verladen. Wie die nachfolgende Übersicht zeigt, sind die Autoverkehre in Cuxhaven stark exportlastig. Importe aus dem und Transhipmentverkehre mit dem Ostseeraum finden kaum statt. Automobilumschlag in 1.000 Stück Abb. 28 Automobilumschlag Cuxhavens 2008-2013 (in 1.000 Stück) 2.000 Versand 1.800 Empfang 1.600 1.400 1.200 1.000 800 600 400 200 0 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Quelle: ISL 2014, auf Basis von Seaports of Niedersachsen Der überwiegende Teil der Autotransporte wird mit Großbritannien abgewickelt, und zwar mit den RoRo-Reedereien DFDS Seaways, Mann-Lines sowie Car Carriern von UECC und Flota Suardiaz. Nach Großbritannien exportiert werden v.a. Fahrzeuge von BMW, aber auch Opel und Kia, einkommend werden Opel, Jaguar und Land Rover abgefertigt. Die Tabelle zeigt für die Jahre 2012 und 2013 auch die Durchschnittsgewichte der umgeschlagenen Fahrzeuge. ISL 44 WETTBEWERBSANALYSE Tab. 12 Fahrzeugumschlag in Cuxhaven 2012 und 2013 (in 1.000 Stück und 1.000 t) Automobile in 1.000 Stück Fahrzeuge in 1.000 t Gewicht pro Fahrzeug in t Empfang 2012 2013 65 61 114 99 1,740 1,632 Versand 2012 2013 283 306 408 452 1,442 1,476 Gesamt 2012 2013 348 367 522 551 1,498 1,502 Quelle: ISL 2014, auf Basis von Seaports of Niedersachsen Das zweitwichtigste Fahrtgebiet ist die Ostsee mit insbesondere Schweden sowie den übrigen skandinavischen Staaten und Estland, die von den genannten Reedereien bedient werden. In diese Relationen werden insbesondere PKW des Volkswagen-Konzerns, aber auch BMW-, Mercedes- und Kia-Fahrzeuge exportiert. Nach Eurostat wurden 2013 Fahrzeuge mit einem Gewicht von 282.116 t per Bahn nach Cuxhaven transportiert. Dies entspricht umgerechnet einem Anteil von 62 % der exportierten Fahrzeuge und liegt somit niedriger als in Bremerhaven; größere Mengen von Fahrzeugteilen, die auf Trailern verschifft werden könnten, dürften darin nicht enthalten sein. Die Züge kommen insbesondere aus den Automobilwerken in der Slowakei, in Tschechien sowie aus Bayern, BadenWürttemberg und Sachsen. Aussagen von lokalen Experten deuten auf einen tendenziell höheren Bahnanteil im Hinterlandverkehr Cuxhavens hin. Dies trifft auf jeden Fall für den Importnachlauf zu: 1 % Bahnanteil und damit etwa 300 PKW machen kaum mehr als einen Autozug pro Jahr aus. Nach Expertenaussagen fährt Ars Altmann deutlich mehr Züge mit Importfahrzeugen zu seinen süddeutschen Hubs. Wegen des bereits teilweise erfolgten Ausbaus der Bahnlinie Bremerhaven-Cuxhaven kann mittelfristig mit allerdings begrenzt weiter zunehmenden Bahnanteilen im Hinterlandverkehr Cuxhavens gerechnet werden. Am Hafenstandort Cuxhaven ist das Bremer Unternehmen BLG an knapp etwa einem Drittel des wasserseitigen Umschlags beteiligt, aber für fast die Hälfte des Hinterlandverkehrs verantwortlich. Cuxhaven hat seinen Schwerpunkt in Dreiecksverkehren zwischen Großbritannien und den Ostseehäfen und profitiert hier von seiner günstigen Lage in Bezug auf die Nord-OstseeKanal-Verkehre – als Wayport (= Zwischenhafen) kann der Hafen auf der Route OstseeGroßbritannien ohne großen Umweg schnell angelaufen werden. Aufgrund dieses wasserseitigen Lagevorteils – der aufgrund der landseitigen „Halbinsellage“ für Hinterlandverkehre ein Nachteil ist – besteht nur eine eingeschränkte Wettbewerbssituation mit Bremerhaven. Hamburg Hamburg ist der größte deutsche Hafen und weist mit 98 % einen im Vergleich zu den bremischen Häfen (87 %) hohen Containerisierungsgrad auf. Dies bedeutet, dass andere StückgutUmschlagarten eher von nachrangiger Bedeutung sind. Bezüglich der betrachteten Wettbewerbshäfen im Automobilumschlag liegt Hamburg mit einem Anteil von 3,4 % auf dem vorletzten Platz. ISL 45 WETTBEWERBSANALYSE Automobilumschlag in 1.000 Stück Abb. 29 Automobilumschlag Hamburgs 2008-2013 (in 1.000 Stück) 2.000 Versand 1.800 Empfang 1.600 1.400 1.200 1.000 800 600 400 200 0 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Quelle: ISL 2014, auf Basis Hafen Hamburg Marketing Rollender Umschlag wird bei den Hamburger Umschlagunternehmen Unikai am O’Swaldkai, auf dem Buss Hansa Terminal und auf dem BLG Auto Terminal Hamburg auf der KattwykHalbinsel durchgeführt. Die Zahlenangaben zu umgeschlagenen Fahrzeugen werden durch eine separate Abfrage von Hafen Hamburg Marketing bei den Umschlagunternehmen erhoben und beinhalten ausschließlich Stückzahlen. Nach Aussage des Hafenkapitäns haben in 2013 131 spezielle Autoschiffe (PCTC) sowie weitere 500 RoRo-Schiffe den Hamburger Hafen angelaufen. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über den Fahrzeugumschlag. Im Gegensatz zu Bremen und den niedersächsischen Häfen werden keine Gewichtsangaben für umgeschlagene Fahrzeuge veröffentlicht, daher wird ein Durchschnittsgewichts von 1,5 t pro Fahrzeug angenommen. Tab. 13 Fahrzeugumschlag in Hamburg 2012 und 2013 (in 1.000 Stück und 1.000 t) Empfang 2012 2013 Versand 2012 2013 Automobile in 1.000 Stück 40 35 angenom. Stückgewicht 1,5 1,5 1,5 1,5 1,5 1,5 60 53 324 347 384 400 Fahrzeuge in 1.000 t 216 231 Gesamt 2012 2013 256 266 Quelle: ISL 2014, auf Basis Hafen Hamburg Marketing, Expertenschätzung Unikai betreibt den größten Hamburger Autoterminal, das Unternehmen gehört zu 51 % zur HHLA und zu 49 % zu Grimaldi-Lines. Nach HHLA-Angaben wurden 2013 211.000 Fahrzeuge umgeschlagen, was einen Hamburger Marktanteil von fast 80 % ausmacht. Zu den umgeschlagenen Fahrzeugen zählen Neu- und Gebrauchtfahrzeuge aller Arten und Marken (PKW, LKW, Bau-, Land- und Spezialfahrzeuge wie z.B. Mobilkrane). Auch die schweren Nicht-Neufahrzeuge finden Eingang in die Umschlagstatistik. Folgende Fahrtgebiete werden mit RoRo-Ladung bedient: • • • • ISL Grimaldi: ACL: Hoegh Autoliners: NYK: Mittelmeer, Südamerika, Westafrika Nordamerika mit ConRo-Schiffen Mittelost Arab. Golf, mittlerer und ferner Osten 46 WETTBEWERBSANALYSE Neben Gebraucht-PKW für Westafrika und den Nahen Osten werden in diese Relationen auch viele Nutzfahrzeuge (neu und gebraucht) exportiert. Bei Neufahrzeugen handelt es sich u.a. um Kontingente von Mercedes und Volkswagen, darüber hinaus gibt es Spotgeschäfte (= Einzelaufträge). Import-PKW kommen insbesondere mit Grimaldi aus Südamerika. Der Neufahrzeuganteil am Umschlag liegt nach Expertenschätzungen deutlich niedriger als in Bremerhaven. Nach Eurostat empfängt der Verkehrsbezirk Hamburg aus dem Hinterland gut 230.000 t unverpackte Fahrzeug/Fahrzeugteile. Fast die Hälfte der per Bahn eingehenden Tonnage stammt aus Bratislava, wo sich ein Werk des VW-Konzerns befindet. Sofern es sich dabei um Neufahrzeuge handelt, sind diese nicht nur für den Export bestimmt und werden bei Unikai verladen. Auch Fahrzeuge für regionale Händler gehen per Bahn ein, z.B. am Kattwyk-Terminal. Der Kattwyk-Terminal von BLG dient vornehmlich dem Binnenverkehr, Neufahrzeuge werden von hier aus in der Metropolregion verteilt. Sie kommen allerdings selten per Seeschiff, sondern meistens aus dem Binnenland, z.B. von Daimler oder VW. Seewärtig importiert werden Opel aus spanischer Produktion. Aufbereitung, Handel und gelegentlich wasserseitiger Umschlag mit Gebrauchtfahrzeugen findet hier ebenfalls statt. Am Buss Hansa Terminal hat der Fahrzeugumschlag an Bedeutung verloren. Zurzeit werden kaum Neufahrzeuge, sondern vor allem Gebrauchte und Nutzfahrzeuge umgeschlagen. Nach Expertenschätzung handelt es sich bei den angegebenen Umschlagmengen maximal zur Hälfte um Neufahrzeuge. Hier wird der Hamburger Hafen insbesondere für Fahrtgebiete genutzt, die aus Bremerhaven nicht regelmäßig bedient werden. Der Bahnanteil im Hinterlandverkehr wird auf gut 50 % der Fahrzeuge geschätzt. Generell hat der Automobilumschlag für den Hamburger Hafen keine strategische Bedeutung und es besteht kein ernsthafter Wettbewerb zu Bremerhaven. Die Verlagerung der ConRoVerkehre von ACL(Grimaldi-Gruppe) in der ersten Dekade der 2000er Jahre von Bremerhaven nach Hamburg war vermutlich durch fehlende Liegeplätze mit ausreichenden Container- und RoRo-Umschlagkapazitäten begründet. Amsterdam Die Fahrzeugumschlagangaben für die niederländischen Häfen Amsterdam und Rotterdam sind nicht sehr belastbar seit das niederländische statistische Amt (CBS) die Berichterstattung über Stückzahlen eingestellt hat. Alternativ werden ab 2010 die jährlichen Stückzahlangaben der Fachzeitschrift Finished Vehicle Logistics (FVL) verwendet. Diese sind jedoch nur bedingt belastbar. Sie liegen für Rotterdam signifikant über den Angaben von CBS während sie für Amsterdam deutlich darunter liegen. Die Abweichungen für 2008 und 2009 liegen z.T. deutlich über 100.000 Stück. Auch passen die für aufeinanderfolgende Jahre von FVL publizierten Zahlenangaben nicht immer zu den ebenfalls angegebenen Wachstumsraten. Amsterdam hat den geringsten Automobilumschlag unter den Nordrangehäfen, der Hafen verlor 2013 gegenüber 2012 gut ein Fünftel seines Umschlagvolumens. ISL 47 WETTBEWERBSANALYSE Tab. 14 Fahrzeugumschlag in Amsterdam 2012 und 2013 (in 1.000 Stück und 1.000 t) Empfang 2012 2013 Versand 2012 2013 Gesamt 2012 2013 Automobile in 1.000 Stück 159 108 83 80 242 188 angenom. Stückgewicht 1,5 1,5 1,5 1,5 1,5 1,5 239 161 124 121 363 282 Fahrzeuge in 1.000 t Quelle: ISL 2014, auf Basis von Angaben verschiedener Hafenverwaltungen und Unternehmen; Expertenschätzungen Fahrzeugumschlag findet vor allem am Koopman Car Terminal statt, der über Bahn- und Binnenschiffsanbindung verfügt. Koopman ist der größte niederländische Automobiltransporteur und hat jüngst den deutschen Autologistiker Möhlmann übernommen. Auch am Amsterdam Marine Terminal ist RoRo-Umschlag möglich. Die Renault-Nissan Allianz ist ein wichtiger Kunde für Amsterdam, ein bedeutender Teil der Importe kommt aus der Fabrik in Sunderland. Vor einigen Jahren war es kurzfristig gelungen, diese Importverkehre über Emden zu ziehen, um die dortige Exportlastigkeit im Englandverkehr zu reduzieren. Amsterdam konnte diesen Kontrakt aber nach einem Jahr wiedergewinnen. Trotz der Wasserstraßenanbindung ist es Amsterdam bislang nicht gelungen, dauerhaft größere Exportvolumina zu akquirieren. Informationen über Fahrzeugtransporte per Binnenschiff konnten nicht gewonnen werden. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass der Automobilumschlag in Amsterdam an Bedeutung verloren hat. Insbesondere die Importe des bedeutendsten Kunden Nissan scheinen infolge der Allianz mit Renault zu schwinden. Rotterdam Rotterdam ist zwar der größte Hafen Europas, erreicht beim Automobilumschlag mit einem Marktanteil von 4,4 % aber nur einen der hinteren Plätze in der Nordrange. Die für den Standort vorhandenen Umschlagangaben aus der Fachzeitschrift Finished Vehicle Logistics sind – wie oben erläutert – nur bedingt belastbar. Tab. 15 Fahrzeugumschlag in Rotterdam 2012 und 2013 (in 1.000 Stück und 1.000 t) Automobile in 1.000 Stück angenom. Stückgewicht Fahrzeuge in 1.000 t Empfang 2012 2013 300 310 Versand 2012 2013 35 30 Gesamt 2012 2013 335 340 1,5 1,5 1,5 1,5 1,5 1,5 450 465 53 45 503 510 Quelle: ISL 2014, auf Basis von Angaben verschiedener Hafenverwaltungen und Unternehmen; Expertenschätzungen Der einzige nennenswerte Autoterminal in Rotterdam ist der Rotterdam Car Terminal von Broekman. Er verfügt aufgrund seiner beengten Lage über 22.000 Stellplätze in mehreren Autoregalen, nennt aber eine maximale Kapazität von 450.000 Fahrzeugen pro Jahr. Fahrzeuge können auch an den Fähr- und RoRo-Terminals umgeschlagen werden, allerdings sind hier, abgesehen von dem nebenliegenden Cobelfret-Terminal für Englandverkehre, keine nennenswerten Aktivitäten bekannt. Die Autoverkehre in Rotterdam sind stark importlastig mit einem hohen Anteil an Überseeverkehren, z.B. aus Korea, aber auch an Short-Sea-Importen z.B. aus Spanien. ISL 48 WETTBEWERBSANALYSE Nach Angaben der Hafenverwaltung verlassen 50 % der Importfahrzeuge den Hafen auf der Straße. Eine Aufteilung der übrigen Hinterlandtransporte auf Schiene und Binnenschiff liegt nicht vor. Die Angaben von Eurostat scheinen nicht belastbar, sie geben den Importnachlauf auf der Schiene mit 142 t an. Der Exportvorlauf auf der Schiene wird mit gut 23.000 t angegeben, wovon ein gutes Viertel nach Angabe von Experten aus der Schweiz kommen soll. Zwischen Neuss/Düsseldorf und Rotterdam werden Transporter von Daimler per Binnenschiff in beide Richtungen transportiert, auch von anderen Daimler-Standorten fahren RoRo-Binnenschiffe nach Rotterdam. Angaben über das Transportvolumen per Binnenschiff liegen nicht vor. Der Hafen Rotterdam legt kein großes Gewicht auf den Fahrzeugumschlag. Dieses Thema findet auch in der aktuellen Hafenentwicklungsplanung - Port Vision 2030 – keine Erwähnung. Der Wettbewerb mit Bremerhaven dürfte daher von untergeordneter Bedeutung sein. Antwerpen Antwerpen erreichte 2013 mit 1,3 Mio. Fahrzeugen den dritten Platz in der Nordrange. Der Export machte 72 % des gesamten Fahrzeugumschlags aus. Das direkt im Hafen von Antwerpen gelegene Montagewerk von Opel wurde vor wenigen Jahren geschlossen. Automobilumschlag in 1.000 Stück Abb. 30 Automobilumschlag Antwerpens 2008-2013 (in 1.000 Stück) 2.000 Versand 1.800 Empfang 1.600 1.400 1.200 1.000 800 600 400 200 0 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Tab. 16 Fahrzeugumschlag in Antwerpen 2012 und 2013 (in 1.000 Stück und 1.000 t) Automobile in 1.000 Stück Fahrzeuge in 1.000 t Empfang 2012 2013 295 364 548 Gewicht pro Fahrzeug in t Quelle: ISL 2014, auf Basis von Port of Antwerp 1,507 Versand 2012 2013 945 936 1.288 Gesamt 2012 2013 1.240 1.300 1.836 1,375 1,412 Der Umschlag von Gebrauchtfahrzeugen nimmt in Antwerpen eine sehr große Rolle ein. Entsprechende Angaben werden zwar nicht im statistischen System der Hafenverwaltung erfasst, nach deren Auskunft wurden 2013 jedoch nur 825.148 Neufahrzeuge umgeschlagen, während der Rest Gebrauchtfahrzeuge sind. In dieser Zahl sind möglicherweise auch neue Nutzfahrzeuge enthalten, denn vom Business Development des Hafens wurden der Fachzeitschrift Finished ISL 49 WETTBEWERBSANALYSE Vehicle Logistics als umgeschlagene Neufahrzeuge nur 760.633 Einheiten genannt, wovon etwa 375.000 Fahrzeuge (49 %) importiert wurden. Diese Angabe kann anhand der für die Vorjahre vorhandenen Angaben verifiziert werden. Ausgehend von der Tatsache, dass Gebrauchtfahrzeuge i.d.R. aus Westeuropa exportiert, aber kaum solche importiert werden, erscheint es plausibel, dass die Umschlagangabe von 1,3 Mio. Fahrzeugen annähernd 540.000 exportierte Gebrauchtfahrzeuge enthielt. Gebrauchtfahrzeuge werden üblicherweise per LKW und nicht in großen, gebündelten Transportströmen per Bahn transportiert. Über signifikante Transhipmentverkehre liegen keine Informationen vor, so dass davon ausgegangen werden kann, dass die 760.633 Einheiten das hinterlandrelevante Fahrzeugvolumen darstellen. Die Eurostat-Angaben zum Bahn-Hinterlandverkehr belaufen sich auf 13.637 t im Importnachlauf und auf 42.134 t im Exportvorlauf, beide Transporte beziehen sich zum größten Teil auf Brandenburg-Südwest. Es ist davon auszugehen, dass diese statistischen Informationen nicht belastbar sind, gleichwohl dürften die Autotransporte per Bahn zwischen Antwerpen und Deutschland nicht bedeutsam sein. Zwischen Neuss/Düsseldorf und Antwerpen werden Transporter von Daimler per Binnenschiff in beide Richtungen transportiert, auch von anderen Daimler-Standorten fahren RoRo-Binnenschiffe nach Antwerpen. Volumenangaben liegen nicht vor. Der Umschlag in Antwerpen findet größtenteils am Grimaldi Antwerp Euro Terminal sowie am ICO (International Car Operators)-Terminal statt. Als Neufahrzeuge werden in Antwerpen vor allem Fiat, Ford und Mazda umgeschlagen, Fahrzeugmarken, die in den bremischen Häfen kaum zu finden sind. Die Wettbewerbsintensität zu Bremerhaven ist daher nicht sehr hoch. Zeebrügge Im Autoumschlag der Nordrange liegen abwechselnd Bremerhaven und Zeebrügge vorn. 2013 lag Zeebrügge mit einem Gesamtumschlag von 1,94 Mio. Fahrzeugen etwas hinter Bremerhaven, kann jedoch deutlich höhere Empfangsmengen vorweisen und ist der mit Abstand größte Autoimporthafen Europas. Importe und Exporte liegen in Zeebrügge auf ähnlichem Niveau. Hierin kann auch ein Indiz für umfangreiche Transhipmentverkehre gesehen werden. Für Seedurchfuhrgut liegt Zeebrügge als Wayport am Ärmelkanal ideal, da es einerseits oft der erste Anlaufhafen in der Nordrange ist und über häufige und kurze Fähr- und RoRo-Verbindungen nach Großbritannien verfügt. Als Drehscheibe zwischen nordeuropäischen und iberischen Autoverkehren verfügt der Hafen darüber hinaus über eine günstige Lage in Bezug auf Transhipment und Shortsea-Verkehre. ISL 50 WETTBEWERBSANALYSE Automobilumschlag in 1.000 Stück Abb. 31 Automobilumschlag Zeebrügges 2008-2013 (in 1.000 Stück) 2.200 Versand 2.000 Empfang 1.800 1.600 1.400 1.200 1.000 800 600 400 200 0 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Quelle: ISL 2014, auf Basis von MBZ Die Stückzahlen der umgeschlagenen Fahrzeuge werden in der Tabelle mit einem von der Hafenverwaltung verwendeten Durchschnittsgewicht in Tonnage umgerechnet. Da in Zeebrügge die Nutzfahrzeuge separat ausgewiesen werden und nicht im veröffentlichten Neufahrzeugumschlag enthalten sind, fallen die Stückgewichte dementsprechend niedrig aus. Tab. 17 Fahrzeugumschlag in Zeebrügge 2012 und 2013 (in 1.000 Stück und 1.000 t) Empfang 2012 2013 Automobile in 1.000 Stück angenom. Stückgewicht Fahrzeuge in 1.000 t Hinterland‐Bahnverkehre in 1.000 t Bahnanteil Quelle: ISL 2014, auf Basis von MBZ 776 844 Versand 2012 2013 972 1.099 Gesamt 2012 2013 1.747 1.943 1,3 1,3 1,3 1,3 1,3 1,3 1.009 1.097 1.263 1.429 2.272 2.526 38 3% 277 19% 314 12% Die auf Basis der Eurostat-Angaben errechneten Bahnanteile im Hinterlandverkehr erscheinen plausibel. Zeebrügge ist auf der Schiene nicht direkt zu erreichen, gleichwohl werden z.B. Mercedes-Fahrzeuge aus Sindelfingen per Bahn nach Zeebrügge versandt. Der Hinterlandverkehr teilt sich auf Bahn und LKW auf. Zeebrügge ist für größere Binnenschiffe über Binnenwasserstraßen nicht erreichbar und die Fahrt über die Schelde als kurzen Seeweg ist nautisch zu gefährlich. Über den Transhipmentanteil am Umschlag liegen keine belastbaren Informationen vor. Eine plausible Schätzung geht davon aus, dass knapp die Hälfte (400.000 Stück) der Importmenge Transhipmentladung ist, entsprechend würde sich der reine Export auf 700.000 Fahrzeuge reduzieren und die gesamte hinterlandrelevante Ladung etwa 1,1 Mio. Automobile ausmachen. Wie erwähnt, handelt es sich ausschließlich um Neufahrzeuge. Der Hafen Zeebrügge verweist auf acht Autoterminals der Betreiber u.a. ICO, Cobelfret, WalleniusWilhelmsen, Toyota, C.Ro Ports, P&OFerries, DFDS. Für den Wettbewerb von Bedeutung ist, dass nicht nur verschiedene Reedereien (insbesondere WWL) sondern mit Toyota auch ein Fahrzeughersteller über Terminals verfügen. Diese infrastrukturellen Möglichkeiten, die Zeebrügge dem japanischen Hersteller bieten konnte sowie die Nähe zum nordfranzösischen ISL 51 WETTBEWERBSANALYSE Toyota-Werk in Valenciennes, hatten ihn veranlasst, den Hafen Bremerhaven zu verlassen. Zeebrügge wird von den Deep-Sea-Autoreedern K-Line, NYK, WWL, MOL und CSAV sowie von zahlreichen Short-Sea-Reedereien angelaufen. Nach Angaben der Zeitschrift Finished Vehicle Logistics sind die wichtigsten Autohersteller für Zeebrügge Mitsubishi, Opel/Vauxhall, Toyota und Renault Nissan, die auch im engeren Hinterland (incl. UK) produziert werden. Über diesen nahe gelegenen Einzugsbereich hinaus gibt es für die Häfen Zeebrügge und Bremerhaven in Süddeutschland und den Nachbarstaaten überschneidende Hinterlandregionen. Auch aufgrund der Erweiterungsmöglichkeiten und der Flexibilität des Hafens Zeebrügge ist dieser ein ernstzunehmender Wettbewerber Bremerhavens. Wettbewerbsfaktoren und abschließende Einordnung Betrachtet man abschließend die Hinterlandverbindungen der Automobilumschlagshäfen, so weisen die deutschen Häfen Vorteile bei der Bahnanbindung und dem vergleichsweise reibungslos funktionierendem Zugverkehr auf. Die Schienenanbindung der Westhäfen ist nicht so gut ausgebaut, auch ist die Zusammenarbeit mit der belgischen Eisenbahn nach Aussage von DB Schenker Rail verbesserungsbedürftig. Eine gute Bahnanbindung begünstigt insbesondere die Exportverkehre, die ab den Montagewerken zu den Seehäfen eine hohe Bahnaffinität haben. Begünstigt werden die deutschen Häfen in diesem Zusammenhang auch durch die tendenzielle Verlagerung der Fahrzeugproduktion nach Mittel-Ost-Europa. Vor diesem Hintergrund ist die starke Wettbewerbsposition der deutschen Seehäfen im Automobilexport plausibel. Die Westhäfen sind dagegen stärker importorientiert. Der landseitige Nachlauf von importierten Fahrzeugen ist als Streuverkehr zu den Händlern eher auf den LKW-Transport orientiert. Ein weiterer wichtiger Wettbewerbsfaktor im Fahrzeugumschlag ist die Verfügbarkeit großer Aufstellflächen in Kajenähe. Hier weisen die Häfen Bremerhaven, Emden, Antwerpen und Zeebrügge Vorteile auf, während die Flächen in Rotterdam und Hamburg eher knapp und für andere Hafenaktivitäten vorgesehen sind. Bedeutsam ist ebenfalls – wie bei anderen Spezialverkehren - die Paarigkeit der Verkehrsströme, die zur Reduktion der Land- und Seetransportkosten beiträgt. In dieser Hinsicht ist Zeebrügge mit seinen vergleichsweise ausgeglichenen Fahrzeugströmen ein großer Konkurrent zu Bremerhaven, während Emden und Bremerhaven/Bremen als Produktionsstandorte mit einer höheren Loco-Quote punkten können. Bezüglich der seeseitig angebotenen Verkehre finden sich in Bremerhaven zwar viele Destinationen, jedoch sind die Englandverkehre im Vergleich zu vielen Wettbewerbsstandorten hier eher bedeutungslos. Zusammenfassend ist Zeebrügge eindeutig als größter Herausforderer Bremerhavens im Automobilumschlag zu sehen, da dieser Hafen im Gegensatz zu anderen Wettbewerbern eine deutliche Fokussierung auf den Fahrzeugverkehr auf weisen kann, über zahlreiche angebotene Destinationen verfügt, seewärtig günstiger bezüglich England, Spanien und Übersee liegt und Flächenpotenziale hat. In kleineren Marktsegmenten steht Bremerhaven zudem mit Cuxhaven und Emden im Wettbewerb, da beide Häfen Hersteller bedienen, die auch in Bremerhaven aktiv sind und da dort – wie in Bremerhaven - Aufstellflächen, Anlieger und Gleise erweitert und verbessert werden. Ein Wettbewerb Bremerhavens mit Hamburg und den niederländischen Häfen ist im Automobilumschlag eher begrenzt. ISL 52 WETTBEWERBSANALYSE In Bremerhaven wurden zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um die führende Wettbewerbsposition im Automobilumschlag zu halten bzw. zu verbessern. Von großer Bedeutung für die Zukunft ist die weiterhin enge Zusammenarbeit mit den deutschen Premiumherstellern, die künftig steigende Importmengen aus überseeischer Produktion bringen können. Weitere Chancen ergeben sich aus Importen neuer ausländischer Hersteller aus China und anderen Schwellenländern. 5.3.2 Marktanteile der Wettbewerbshäfen im übrigen nichtcontainerisierten Stückgutverkehr Der Umschlag von Eisen und Stahl ist das mit Abstand größte Segment im konventionellen Stückgutumschlag der bremischen Häfen. Die dominante Richtung ist dabei eindeutig der SeeAusgang. Die Auswertung von Eurostat-Daten ermöglicht eine Darstellung der Wettbewerbslandschaft im Export von Eisen- und Stahlerzeugnissen. Der belgische Hafen Antwerpen – sicher nicht zuletzt aufgrund seines Hinterlandes – hat seit Jahren eine führende Rolle im See-Ausgang von Eisen und Stahl inne. Gemäß Eurostat wäre der Ausgang in den Jahren 2012 und 2013 mit rund 6 Mio. t. p.a. sogar noch erheblich höher, als im Folgenden dargestellt, es liegt jedoch eine abweichende und belastbarere Einschätzung der Hafenbehörde Antwerpen über die Mengenentwicklung vor. Insgesamt haben die deutschen, niederländischen und belgischen Häfen in den Jahren von 2007-2013 jährlich rund 12,8 Mio. t Stahlerzeugnisse exportiert – ohne einen übergreifenden, klar erkennbaren Wachstumstrend. Mit einem Umschlag von rund 2,2 Mio. t. p.a. lagen sowohl die bremischen Häfen, als auch Gent und Amsterdam dabei in den vergangenen Jahren im oberen Mittelfeld während Antwerpen mit 3,7 – 5,7 Mio. t den größten Exporthafen darstellte. Bemerkenswert erscheint die Entwicklung in Rotterdam: Während im Zeitraum 2007 – 2011 der Export um rd. 0,8 Mio. t schwankte, nahm er 2012/13 auf über 3 Mio. t zu. In den „übrigen“ Häfen findet sich teilweise auch Umschlag deutscher Ostseehäfen, der jedoch sowohl mengenmäßig, als auch vom Einzugsgebiet her keinen wirklichen Wettbewerb zu den großen Umschlagplätzen Antwerpen/Rotterdam/Bremen/Gent/Amsterdam darstellt. ISL 53 WETTBEWERBSANALYSE Abb. 32 Konventioneller See-Ausgang von Eisen und Stahl in DE/NL/BE-Häfen 2007-2013 6000 5000 1.000 t 4000 3000 2000 1000 0 Quelle: ISL 2014, auf Basis von Eurostat / Hafenbehörde Antwerpen ISL 54 PROGNOSE DER UMSCHLAGPOTENZIALE DER BREMISCHEN HÄFEN 6 Prognose der Umschlagpotenziale der bremischen Häfen Das zu erwartende Wachstum des Gesamtumschlags der bremischen Häfen ergibt sich aus dem Wachstum der einzelnen Umschlagbereiche. Für die in den bremischen Häfen besonders bedeutsamen Bereiche Containerumschlag und Autoexport wird dabei ein hohes Wachstum erwartet. Die für die bremischen Häfen wichtigsten Entwicklungstendenzen werden im Folgenden getrennt nach einzelnen Umschlagsegmenten untersucht. 6.1 Prognose der Umschlagpotenziale im Containerverkehr der bremischen Häfen Die Prognose des Containerumschlags der bremischen Häfen wird in einem zweistufigen Prognoseansatz abgeleitet. Für die zukünftige Entwicklung des Gesamtmarkts wird der Containerverkehr aller Häfen in die zugrunde liegenden Außenhandelsbeziehungen gegliedert und auf Basis von Außenhandelsprognosen prognostiziert. Die auf diese Weise abgeleiteten marktbasierten Prognosen für die einzelnen Häfen werden durch die Abschätzung künftiger absehbarer Marktanteilsverlagerungen gewichtet, um möglichst präzise die tatsächlich zu erwartenden Umschlagpotenziale der bremische Häfen zu identifizieren. Das Wachstum des Containerverkehrs (genau genommen des Umschlags beladener Behälter) korreliert stark mit dem Handel der in Containern verschifften Halb- und Fertigwaren. Hier bestehen hinsichtlich des erwarteten Wachstums deutliche regionale Unterschiede in dem durch die Nordrangehäfen versorgten Markt. Das höchste Wachstum wird für das mittel- und osteuropäische Hinterland erwartet, wo das Volumen beladener Container in der Basisprognose um durchschnittlich 4,6 % pro Jahr wächst (s. Abb. 33). Im Transhipmentverkehr mit Mittel- und Osteuropa wird ausgerechnet für Russland, das in den vergangenen Jahren der wichtigste Wachstumstreiber im Ostseeraum war und 2013 einen Anteil von 48 % innerhalb Mittel- und Osteuropas hatte, ein vergleichsweise verhaltenes Wachstum erwartet. Hierdurch wird das durchschnittliche Wachstum im südlichen Ostseeraum gedämpft. Insgesamt ist dennoch mit einer Verlagerung des Schwerpunkts des Containeraufkommens gen Osten zu rechnen, von dem – wie in den Jahren bis 2007 – vor allem die deutschen Häfen profitieren werden. ISL 55 PROGNOSE DER UMSCHLAGPOTENZIALE DER BREMISCHEN HÄFEN Abb. 33 Erwartetes Marktwachstum Containerverkehr nach Regionen 2013-2030 Nordeuropa +3,8% +4,0% Mittel- u. Deutschland/ Osteuropa Österreich/ (Hinterlandmarkt) Schweiz Frankreich/Benelux +4,1% +3,4% +4,6% Quelle: ISL auf Basis IHS Global Insight, 2014; Basis beladene Container Aus den Außenhandelsentwicklungen und den durch das ISL prognostizierten Leercontainerströmen ergibt sich ein Wachstum des Gesamtmarktvolumens 24 von 39,8 Mio. TEU im Jahr 2013 auf 75,1 Mio. TEU in 2030. Dies entspricht einer Zunahme von insgesamt 89 % bei einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 3,8 % (2013-2030). Im Gesamtmarkt entwickeln sich die Hinterlandverkehre dabei mit 3,6 % etwas langsamer als die Transhipmentverkehre (4,1 %). Auch für die Hinterlandverkehre bedeutet das Wachstum jedoch eine Steigerung von über 80 % gegenüber dem Basisjahr 2013. 24 ISL Unter „Gesamtmarkt“ wird hier und im Folgenden der gesamte Containerumschlag der Nordrangehäfen Le Havre, Zeebrügge, Antwerpen, Rotterdam, Bremen/Bremerhaven und Hamburg verstanden. 56 PROGNOSE DER UMSCHLAGPOTENZIALE DER BREMISCHEN HÄFEN Abb. 34 Containerumschlagpotenziale der Nordrangehäfen bis 2030, neutrale Wirtschaftsprognose, ohne Berücksichtigung Direktanläufe Ostseeraum / Adriahäfen 80 75,1 Transhipment 70 Hinterland Mio. TEU 60 31,3 50 40 30 43,8 20 10 2030 2029 2028 2027 2026 2025 2024 2023 2022 2021 2020 2019 2018 2017 2016 2015 2014 2013 0 Anmerkung: Ohne Berücksichtigung möglicher künftiger Marktanteilsverluste Ostsee-Direktanläufe / Adriahäfen. Quelle: ISL/IHS, 2015 Gegenüber den Jahren vor 2008 sind die regionalen Unterschiede bei den Wachstumsraten deutlich gesunken. Die Importentwicklung in Mittelosteuropa hat gegenüber dem Boom der frühen 2000er Jahre an Schwung verloren, während dem Export wieder mehr Bedeutung als Wachstumsträger zukommt – und somit die Dynamik des Verkehrsaufkommens im deutschen Hinterland stärkt. Die regionale Struktur der Verkehre wird sich somit langfristig nur leicht verändern. Der überwiegende Anteil des Gesamtvolumens von 75,1 Mio. TEU wird bis 2030 weiter über die Nordrangehäfen abgewickelt. Gleichwohl wird die Entwicklung von Direktanläufen in den Ostseeraum als Alternative zu Transhipmentverkehren sowie steigende Marktanteile der Südrangehäfen (v.a. Koper und Triest) dazu führen, dass das Wachstum des Containerverkehrs in den Nordrangehäfen etwas geringer ausfällt als es auf Basis der reinen Marktentwicklung wäre. Für die bremischen Häfen sind darüber hinaus zwei weitere Entwicklungen von Bedeutung: die zu erwartende Entwicklung im JadeWeserPort und die Außenweservertiefung. Es wird unterstellt, dass der JadeWeserPort nach einer Konsolidierungsphase bis 2030 mit dem Markt wachsen kann und ggf. entsprechend erweitert wird. Während zunächst der Hinterlandanteil nur begrenzt sein wird, wird dieser langfristig mit der Einrichtung von Bahnverbindungen ins Hinterland auf gut ein Drittel steigen. Durch diese positive Entwicklung reduziert sich das Wachstumspotenzial der Wettbewerbshäfen künftig auch im Hinterland spürbar. Insgesamt betrifft knapp ein Viertel des Hinterland- und Transhipmentvolumens des JadeWeserPorts das Umschlagpotenzial der bremischen Häfen. Mit zunehmenden Volumina wird der Anteil der Ostsee-Direktanläufe noch bis 2020 überproportional zunehmen und dann mit dem Markt wachsen. Hierdurch reduziert sich sowohl das potenzielle Transhipmentvolumen der Nordrangehäfen als auch das potenzielle Hinterlandvolumen der Hinterlandmärkte in Polen und in geringerem Maße im nördlichen Tschechien. Während sich das potenzielle Transhipmentvolumen Bremerhavens um ca. 290.000 TEU reduziert, wird im Hinterland fast ausschließlich der Hamburger Hafen von den Verlagerungen betroffen sein. Die Adriahäfen werden einen kleinen Teil des künftigen Marktpotenzials ISL 57 PROGNOSE DER UMSCHLAGPOTENZIALE DER BREMISCHEN HÄFEN der Nordrangehäfen für sich gewinnen können. Auch wenn in den Adriahäfen signifikante Wachstumsraten erwartete werden, bleibt das absolute Verlagerungspotenzial aufgrund wirtschaftsgeographischer Aspekte (teure Alpenquerung beschränkt Einzugsgebiet) gering. Für die bremischen Häfen wird erwartet, dass sich das potenzielle Hinterlandverkehrsaufkommen der Hinterlandregionen Österreich, Ungarn, Slowakei um ca. 100.000 TEU reduziert. Diesen Verlagerungen von künftigem Umschlagpotenzial in andere Häfen steht eine verbesserte seewärtige Erreichbarkeit Bremerhavens durch die Außenweseranpassung gegenüber. Hierdurch kann Bremerhaven seine Wettbewerbsposition als zentraler Hub für Ostsee-Transhipment und Verkehre ins deutsche und mittelosteuropäische Hinterland stärken. In der Konsequenz steigt das künftige Umschlagpotenzial deutlich (+900.000 TEU) insbesondere im Wettbewerb mit den Westhäfen und Hamburg. An dieser Stelle zeigt sich eine deutliche Abweichung zur Seeverkehrsprognose, die die Auswirkungen der Außenweservertiefung trotz ähnlicher Wettbewerbsannahmen lediglich als „tendenziell positiv“ und nur als Wettbewerbsvorteil gegenüber Hamburg bewertet. Die vorliegende Prognose erwartet, dass mit Blick auf den gesamten Containerumschlag die zuvor genannten Marktanteilsverluste durch die Außenweseranpassung ungefähr ausgeglichen werden. In der Zusammenfassung aller Einflussfaktoren und unter der Annahme konstanter Marktanteile in den übrigen Teilmärkten ergibt sich für Bremerhaven ein Umschlagpotenzial von 10,0 Mio. TEU in 2030 (+ 3,2% pro Jahr gegenüber 2013). Diese Prognose des künftigen Umschlagpotenzials für Bremerhaven liegt sehr nah an der Seeverkehrsprognose des Bundes (9,9 Mio. TEU). Eine weitergehende Analyse zeigt jedoch, dass die absoluten Werte für Hinterland- und Transhipmentverkehre deutlich voneinander abweichen. 25 Während die Gutachter der Seeverkehrsprognose einen Anstieg von 360% des Containerhinterlandvolumens zwischen 2010 und 2030 erwarten (von 1,9 Mio. TEU in 2010 auf 6,9 Mio. TEU in 2030), geht die vorliegende Prognose ebenso wie die von HTC/RMCon erstellte Prognose von einer knappen Verdopplung der Hinterlandverkehre gegenüber 2010 aus. 26 Der Modal Split der Hinterlandverkehre in Bremerhaven – der hier nachfrageseitig ohne Berücksichtigung möglicher Kapazitätsengpässe prognostiziert wurde und daher als Potenzial für die verschiedenen Verkehrsträger zu interpretieren ist – verschiebt sich langfristig aufgrund folgender Effekte: 1. Die unterschiedliche regionale Dynamik führt im Zusammenhang mit Unterschieden im regionalen Modal Split dazu, das auch bei gleichbleibenden Modal Splits je Region in Summe über alle Regionen Verlagerungen entstehen. 2. Aufgrund auch inflationsbereinigt weiter steigender Treibstoffpreise werden energieeffizientere Verkehrsträger (Binnenschiff, Bahn) relativ betrachtet kostengünstiger. 3. Durch steigende Mengen muss bei gleichbleibender Auslastung die Frequenz der Abfahrten erhöht werden, um das Marktwachstum aufzunehmen. Durch die höhere Abfahrts- 25 Vergleiche hierzu MWP et al. 2014: Seeverkehrsprognose 2030, S. 97f. mit Senator für Wirtschaft und Arbeit (2014): Hafenspiegel für die Bremischen Häfen 2013, S. 25 26 Eine mögliche Erklärung für die Abweichung wäre, dass die umgeschlagenen Container, anders als auf S. 96f der Seeverkehrsprognose 2030 dargestellt, im Transhipment für Bremerhaven versehentlich nur einfach, für den JWP und für Hamburg aber doppelt gezählt wurden. Sollte diese Vermutung zutreffen, ergäbe sich in der Seeverkehrsprognose für 2030 ein erwartetes Hinterlandvolumen von knapp 3,9 Mio. TEU. ISL 58 PROGNOSE DER UMSCHLAGPOTENZIALE DER BREMISCHEN HÄFEN frequenz (z.B. von dreimal pro Woche auf werktäglich) gewinnen die Intermodalverbindungen im Vergleich zum Lkw an Attraktivität, so dass ein gewisser Gravitationseffekt einsetzt. Aufgrund der sich verdoppelnden Volumina wird für alle Verkehrsträger ein absolutes Wachstum erwartet. Hinsichtlich der Verteilung auf die verschiedenen Verkehrsträger wird der Anteil der Bahn zu Lasten der Straßentransporte – entsprechend der Entwicklung der vergangenen Jahre – bis 2030 deutlich steigen. Das Binnenschiff kann seinen Anteil von rund 3% behaupten und auf diesem Niveau mit dem Markt wachsen. Die größten sowohl absoluten als auch relativen Zugewinne werden hierbei für Containerhinterlandverkehr ins deutsche Hinterland erwartet. In Bezug auf die internationalen Hinterlandcontainerverkehre stechen Polen und Tschechien durch zweistellige Zuwächse im Bahnanteil hervor. Im Falle Polens greift der Effekt der regionalen Unterschiede sehr stark: im nördlichen Polen, wo derzeit der Lkw einen hohen Anteil hat, werden besonders hohe Verlagerungen durch Ostsee-Direktanläufe erwartet, so dass das Gesamtaufkommen 2030 unter dem Level von 2013 liegt. Im Süden, der vor allem per Bahn versorgt wird, wächst das Aufkommen dagegen weiterhin. Darüber hinaus greifen auch hier die Preis- und Gravitationseffekte. In Tschechien wird mit einem weiter steigenden Anteil der Bahn am Modal Split gerechnet. In Summe über alle Hinterlandregionen wächst der Bahnanteil bis 2030 kontinuierlich weiter, während der Anteil des Binnenschiffs relativ konstant bei 3 % bleibt. Der Lkw-Anteil sinkt bis 2030 unter 50 %. In der Konsequenz wird Bremerhaven damit zum ersten Hafen in der Nordrange, in dem mehr als die Hälfte der Container gebündelt per Binnenschiff oder Bahn transportiert werden. Damit diese Verkehrspotenziale realisiert werden können, muss die Schieneninfrastruktur im Seehafenhinterland an die Herausforderungen, die sich aus dem sich verdoppelnden Umschlagund Hinterlandpotenzial in Kombination mit einem Modal Shift zu Gunsten der Bahn ergeben, angepasst werden. 6.2 Prognose der Umschlagpotenziale im Massengutverkehr der bremischen Häfen Im See-Eingang der bremischen Häfen überlagern sich verschiedene Entwicklungen und Einflussfaktoren, mit dem Ergebnis, dass der Massengutgesamtumschlag des Jahres 2030 nur unwesentlich über dem des Jahres 2013 liegen wird. Für den Eisenerzimport wird von einem Mittelwert von 4,3 Mio. t ausgegangen, das ausgewiesene leicht negative Wachstum ist somit auf die Schwankung des Basisjahres zurückzuführen. Auch zukünftig ist hier durch regelmäßige Wartungen der Anlagen mit einer Schwankung um den Wert von 4,3 Mio. t zu rechnen (+/-0,0% p. a.). Ebenso wird für den seewärtigen Eingang von Kohle mit einer stabilen Entwicklung auf dem Niveau der Vorjahre gerechnet. Knapp 6 Mio. t dieses Umschlags (insbesondere Eisenerz und Kohle) werden direkt im Hafen verbraucht bzw. weiterverarbeitet. Darüber hinaus ist ein Großteil der übrigen Massengüter für den lokalen Markt bestimmt. Insgesamt ist davon auszugehen, dass 2030 nur rund 0,5 Mio. t Hinterlandrelevanz haben. Nach der Vertiefung der Unterweser und von Teilbereichen des Industriehafens wird die Oslebshauser Schleuse als begrenzender Faktor für die maximale Menge Kohle, die mit einem einzigen Seeschiffsanlauf die Industriehäfen erreichen kann, verbleiben. Folglich wird Kohle auch zukünftig von (zuvor geleichterten aber höher ausgelasteten) Seeschiffen und Binnenschiffen gelöscht werden. ISL 59 PROGNOSE DER UMSCHLAGPOTENZIALE DER BREMISCHEN HÄFEN Einige der Waren, die in den bremischen Häfen umgeschlagen werden, werden direkt im Hafengebiet lokal erzeugt, verarbeitet oder verbraucht. Dies sind vor allem Eisenerz und Kohle für die lokale Stahlproduktion, Getreide bzw. Getreideerzeugnisse und Stahl. Hier findet kein Hinterlandtransport im klassischen Sinne statt, der die öffentliche Infrastruktur berühren würde. Tab. 18 Umschlagpotenzial bedeutender Massengüter im See-Eingang der bremischen Häfen im Jahr 2030 IST PROGNOSE VERTEILUNG 2030 (Differenzmenge = Transhipment) Modal Split SEE‐Eingang (NST‐2007‐Code, Tonnen) 1.000 t 2011 2012 2013 8.674 9.525 8.848 1.000 t 2030 8.860 Ø‐WR '13‐'30 0,0% 03.1 Eisenerze (trocken) 3.957 4.346 4.603 4.300 ‐0,4% 4.300 4.300 07.2 Ölprodukte (flüssige) 1.326 1.286 1.308 1.110 ‐1,0% 1.110 02.1 Kohle (trocken) 1.380 1.768 1.264 1.470 Gesamt lokal Binn.‐ unbe‐ Hafen* Bahn schiff Lkw kannt 326 61 2.126 260 8.747 5.974 ‐ ‐ ‐ ‐ ‐ 133 44 932 ‐ 0,9% 1.470 1.470 ‐ ‐ ‐ ‐ 03.5 Baustoffe (trocken) 914 1.288 999 1.150 0,8% 1.150 ‐ 142 17 992 ‐ 01.1 Getreide (trocken) 452 351 212 360 3,2% 360 204 51 ‐ 105 ‐ 04.6 Futtermittel (trocken) 207 322 156 160 0,2% 47 ‐ ‐ ‐ 47 ‐ 95 13 32 50 2,7% 50 ‐ ‐ ‐ 50 ‐ 344 151 274 260 ‐0,3% 260 ‐ ‐ ‐ ‐ 260 03.3, 08.3 Düngemittel (trocken) Übrige Masseng. Quelle: ISL 2014, IST-Werte auf Basis Destatis *= Verbrauch/Verarbeitung in der lokalen Industrie Der See-Eingang von Ölprodukten dürfte in der langfristigen Perspektive leicht sinken. Zwar werden vor allem Mitteldestillate importiert und die Prognose des Mineralölwirtschaftsverbandes geht hier von einer etwas stabileren Verbrauchsnachfrage aus, aber die Einschätzungen der Befragungsteilnehmer deuten darauf hin, dass auch hier ein Strukturwandel hin zu weniger Mitteldestillat-Nachfrage zu beobachten ist (-1,0% p. a.). Die Importeure von Baustoffen erwarten zum Teil ein leichtes Wachstum, begründet unter anderem mit der Einschätzung, dass einige deutsche Produktions- bzw. Lagerstätten langfristig erschöpft sein werden. Als Ergebnis dürften im Jahr 2030 rund 1,1-1,2 Mio. t an Seeimporten in dieser Gütergruppe zu beobachten sein (+0,8% p. a.). Im See-Eingang von Getreiden überlagern sich die natürliche Volatilität der Branche (mit dem Ergebnis eines schwachen Basisjahrs 2013) und die Erwartung einer tendenziell stabilen bis leicht positiven langfristigen Entwicklung. Das ausgewiesene hohe Wachstum von 3,2 % p.a. bedarf somit der Interpretation. Mit rund 360 Tsd. t liegt der Erwartungswert für das Jahr 2030 trotzdem leicht unter dem IST-Wert des starken Jahres 2011. Bei den importierten Futtermitteln wirkt sich der erwartete Trend zur anhaltenden Containerisierung der Waren entsprechend reduzierend auf das Volumen des Jahres 2030 aus (+0,2% p. a.). Bei den Düngemitteln (+2,7% p. a.) wird gleichfalls im Jahr 2030 ein Ergebnis noch deutlich unterhalb des starken Jahreswertes 2011 erreicht. Der See-Ausgang von Massengütern dürfte zum Jahr 2030 ein Volumen von rund 0,7 Mio. t. aufweisen (-1,2% p. a.). Leichte Wachstumspotenziale werden im Export von Futtermitteln gesehen (+2,0% p. a.) und – wenn auch auf deutlich geringer Ausgangsbasis – im Export von Baustoffen (+4,0% p. a.). Aber auch der regelmäßig sehr volatile Export von Ölprodukten dürfte angesichts der langfristig rückläufigen Nachfrage eine stetigere Größe im Umschlag der bremischen Häfen werden. ISL 60 PROGNOSE DER UMSCHLAGPOTENZIALE DER BREMISCHEN HÄFEN Tab. 19 Umschlagpotenzial bedeutender Massengüter im See-Ausgang der bremischen Häfen im Jahr 2030 IST PROGNOSE VERTEILUNG 2030 (Differenzmenge = Transhipment) Modal Split SEE‐Ausgang (NST‐2007‐Code, Tonnen) 14.2 Sonstige Abfälle/Sek.Roh. (tr.) 1.000 t 2011 2012 552 584 2013 869 1.000 t 2030 710 Ø‐WR '13‐'30 ‐1,2% Gesamt lokal Binn.‐ unbe‐ Hafen* Bahn schiff Lkw kannt 557 156 25 ‐ 98 278 124 223 404 250 ‐2,8% 250 137 ‐ ‐ ‐ 113 07.2 Ölprodukte (flüssige) 48 32 133 100 ‐1,7% 100 ‐ 25 ‐ ‐ 75 04.6 Futtermittel (trocken) 163 196 129 180 2,0% 27 ‐ ‐ ‐ 27 ‐ 01.1 Getreide (trocken) 86 56 57 70 1,2% 70 19 ‐ ‐ 51 ‐ 03.5 Baustoffe (trocken) 55 4 10 20 4,0% 20 ‐ ‐ ‐ 20 ‐ Übrige Masseng. 76 72 135 90 ‐2,4% 90 ‐ ‐ ‐ ‐ 90 Quelle: ISL 2014, IST-Werte auf Basis Destatis *=Erzeugung/Produktion direkt im Hafengebiet In der Betrachtung 2013-2030 werden diese leichten Wachstumspotenziale durch die Erwartung von Schrott/Abfallausfuhren auf dem Niveau der Vorjahre von durchschnittlich rund 250 Tsd. t pro Jahr in Verbindung mit dem starken Basisjahr 2013 (404 Tsd. t) allerdings überkompensiert (2,8% p. a.). Insgesamt dürften die bremischen Häfen im Jahr 2030 einen seewärtigen Massengutumschlag von 9,6 Mio. t aufweisen – ein leichter Rückgang gegenüber 2013 (9,7 Mio. t, -0,1 % p. a.). Angesichts der außerordentlich hohen Fokussierung auf den lokalen Markt, werden nur geringe Mengen im Hinterlandverkehr erwartet. 6.3 Prognose der Umschlagpotenziale im nichtcontainerisierten Stückgutverkehr der bremischen Häfen Der nicht-containerisierte Stückgutumschlag gliedert sich zu etwa jeweils der Hälfte in Automobilverkehre und sonstige Stückgüter. Während für die Automobilverkehre allgemeine Außenhandelstendenzen als Basis für die Prognose angesetzt wurden, ergibt sich das Wachstum der übrigen Stückgüter aus speziellen Branchenerwartungen. Ähnlich zu den Massengütern sind es bei Stückgütern (in den bremischen Häfen im Wesentlichen: Stahl und Projektladung) vor allem die Einzelentscheidungen einer kleinen Zahl von Verladern, die die Entwicklung des oftmals stark schwankenden Umschlags bestimmen. 6.3.1 Prognose der Umschlagpotenziale im Automobilverkehr der bremischen Häfen Für den Automobilumschlag wurden Außenhandelsprognosen zum Im- und Export der einzelnen europäischen Länder zugrunde gelegt. 27 Es wurde davon ausgegangen, dass der Marktanteil Bremerhavens in den einzelnen Länderbezügen langfristig konstant bleibt, so dass der Hafen voll am Wachstum des deutschen Hinterlandes und der Transitländer partizipieren kann. 27 ISL Quelle: IHS World Trade Service 61 PROGNOSE DER UMSCHLAGPOTENZIALE DER BREMISCHEN HÄFEN Die langfristigen Prognosen deuten auf einen sinkenden seeseitigen Autoimport in Deutschland hin, so dass sich die in den vergangenen Jahren zu beobachtende vergleichsweise schwache Tendenz beim Automobilimport Bremerhavens in der Prognose fortsetzt. Die Gründe hierfür liegen zum einen in der negativen Bevölkerungsentwicklung in Deutschland, zum anderen an einer weiter zunehmenden Produktion in Mittel- und Osteuropa, die zum Teil die seeseitigen Importe ersetzt (Produktionswerke außereuropäischer Marken). In der Konsequenz bedeutet dies, dass der Importanteil von rund 25% in 2013 auf knapp 18% im Jahr 2030 sinken wird. Tab. 20 Umschlagpotenzial Fahrzeuge der bremischen Häfen im Jahr 2030 NST 12.1 Erzeugnisse der Automobilindustrie Empfang (Import) Versand (Export) PROGNOSE davon 1.000 t 1.000 t Ø‐WR 2011 2012 2013 2030 '13‐'30 Hinterland 3.500 3.780 3.701 4.593 1,3% 4.098 845 881 MODAL SPLIT 2030 Bahn Lkw 2013 2030 2013 2030 69% 71% 31% 29% 743 676 ‐0,6% 466 7% 7% 93% 93% 2.656 2.899 2.958 3.918 1,7% 3.632 80% 82% 20% 18% Der Export dagegen bleibt ein Wachstumsmotor: bis 2030 steigt das Potenzial von 3,0 Mio. Tonnen (ca. 1,62 Mio. Fahrzeuge) auf 3,9 Mio. Tonnen (ca. 2,15 Mio. Fahrzeuge), wobei sowohl die Exporte aus dem deutschen Hinterland als auch die Exporte aus den mittelosteuropäischen Transitländern zunehmen. Insgesamt ergibt sich ein Umschlagpotenzial von 4,6 Mio. Tonnen Fahrzeugen (entsprechend rd. 2,7 Mio. Fahrzeugeinheiten), gegenüber 3,7 Mio. t in 2013 ein Plus von 1,3% p.a. Während die Importe der Automobilverkehre zu einem Großteil mit dem LKW an die Händler verteilt werden, werden die Exporte schon heute zu 80% auf der Bahn transportiert. Angesichts der weiter steigenden Exportlastigkeit der Automobilverkehre wird erwartet, dass der Bahnanteil für die Automobilverkehre insgesamt von 69 % in 2013 auf 71 % in 2030 ansteigt. 6.3.2 Prognose der Umschlagpotenziale im sonstigen nichtcontainerisierten Stückgutverehr der bremischen Häfen Im sonstigen nicht-containerisierten Umschlag der bremischen Häfen zählen Metalle und Metallerzeugnisse zu den prominentesten Gütergruppen. Während für die stark schwankenden Einfuhren der Gütergruppen 10.1-10.5 mit einer leicht steigenden Entwicklung auf dem Niveau der Jahre 2011-2013 gerechnet wird (+1,0% p. a.), zeichnet sich im Holzimport langfristig eine rückläufige Entwicklung ab (-2,3% p. a.) und die Mengen werden die lokale Industrie zukünftig per Hinterlandverkehrsträger Straße erreichen. Für die übrigen Güter wird vorsichtigerweise von einem Umschlagniveau ausgegangen, das dem der Jahre 2012-2013 entspricht. ISL 62 PROGNOSE DER UMSCHLAGPOTENZIALE DER BREMISCHEN HÄFEN Tab. 21 Umschlagpotenzial der sonstigen nicht-containerisierten Stückgüter im See-Eingang der bremischen Häfen im Jahr 2030 IST PROGNOSE VERTEILUNG 2030 Modal Split SEE‐Eingang (NST‐2007‐Code, Tonnen) 1.000 t 2011 2012 2013 2.053 1.439 1.374 1.000 t 2030 1.400 Ø‐WR '13‐'30 0,1% Gesamt lokal Binn.‐ unbe‐ Hafen* Bahn schiff Lkw kannt 1.400 86 2 346 361 606 10.1‐5 Metalle, Metallerz. 362 242 178 210 1,0% 210 29 2 179 ‐ ‐ 06.1 Holz (...) ohne Möbel 153 167 134 90 ‐2,3% 90 57 ‐ 12 22 ‐ 1.467 957 984 1.020 0,2% 1.020 ‐ ‐ 155 259 606 71 72 79 80 0,1% 80 ‐ ‐ ‐ 80 ‐ Übriger konvent. Umschlag Übriger RoRo‐Umschlag Quelle: ISL 2014, IST-Werte auf Basis Destatis *=direkt im Hafengebiet verbraucht/verarbeitet Der See-Ausgang der sonstigen nicht-containerisierten Stückgüter wird auch zukünftig in erster Linie durch die in der lokalen Industrie erzeugten Metallprodukte geprägt sein (+0,6 % p. a.). Gleichsam werden die bremischen Häfen auch weiterhin eine bedeutende Schnittstelle für die südlich gelegene Stahlindustrie sein. Dabei ist auch zukünftig mit hohen Schwankungen im Bereich von +/-200-300 Tsd. t um den erwarteten Wert des Jahres 2030 zu rechnen. Der konventionelle Umschlag von Holz dürfte ein schwer planbares Spotgeschäft bleiben. Der größte Einzelanteil der übrigen Güter entfällt auf die Projektladung. Soweit die stadtbremischen Häfen betroffen sind wurde im Rahmen der Unternehmensbefragung eine konstante Entwicklung erwartet. Der Umschlag von Projektladung aus dem Bereich Offshore-Windenergie in Bremerhaven dürfte in den nächsten Jahren rund 130 Tsd. t p.a. höher liegen als in den Jahren 2012 u. 2013. Tab. 22 Umschlagpotenzial der sonstigen nicht-containerisierten Stückgüter im See-Ausgang der bremischen Häfen im Jahr 2030 IST PROGNOSE VERTEILUNG 2030 Modal Split SEE‐Ausgang (NST‐2007‐Code, Tonnen) 1.000 t 2011 2012 2013 3.068 3.539 3.010 1.000 t 2030 3.337 10.1‐5 Metalle, Metallerz. 1.846 2.289 1.782 1.970 0,6% 06.1 Holz (...) ohne Möbel Übriger konvent. Umschlag Übriger RoRo‐Umschlag 22 Ø‐WR '13‐'30 0,6% Gesamt lokal Binn.‐ unbe‐ Hafen* Bahn schiff Lkw kannt 3.337 1.229 180 675 971 282 1.970 1.229 66 675 ‐ ‐ 7 36 20 ‐3,3% 20 ‐ ‐ ‐ 20 ‐ 1.016 1.032 998 1.137 0,8% 1.137 ‐ 114 ‐ 741 282 195 210 0,4% 210 ‐ ‐ ‐ 210 ‐ 184 212 Quelle: ISL 2014, IST-Werte auf Basis Destatis *=Erzeugung/Produktion direkt im Hafengebiet Insgesamt dürfte sich der Umschlag der sonstigen, nicht containerisierten Güter in den bremischen Häfen im Jahr 2030 somit auf rund 4,7 Mio. t belaufen gegenüber 4,4 Mio. t in 2013 – ein Plus von 0,5 % p.a. 6.4 Zusammenfassung der Prognoseergebnisse (alle Ladungssegmente) Über alle Gütersegmente wird für die bremischen Häfen im Ergebnis der vorangegangenen Betrachtungen ein Anstieg des Gesamtumschlags von 78,7 Mio. Tonnen um 57 % auf 123,5 Mio. Tonnen erwartet. Der Containerverkehr weist mit einer durchschnittlichen Wachstumsrate von 3,2 % den sowohl absolut als auch relativ stärksten Zuwachs aus. Der Fahrzeugumschlag wird ISL 63 PROGNOSE DER UMSCHLAGPOTENZIALE DER BREMISCHEN HÄFEN ebenfalls exportbedingt weiter deutlich zunehmen. In den übrigen Gütersegmenten (einschließlich Fahrzeugimport) ist kein klarer Wachstumstrend erkennbar; die durchschnittlichen jährlichen Wachstumsraten liegen zwischen -1,2% und +0,6%. Tab. 23 Zusammenfassung: Gesamtumschlag der bremischen Häfen bis 2030 IST Richtung Ladungsart 2011 PROGNOSE 1.000 t 2012 2013 1.000 t Ø‐WR 2030 '13‐'30 Empfang (Import) Gesamt 41.197 42.164 39.050 Hinterland* 13.127 59.411 17.294 2,5% 1,6% Container Gesamt 29.617 30.314 28.076 Hinterland* 9.450 48.476 13.606 3,3% 2,2% Massengüter Gesamt 8.674 Hinterland* 8.860 2.513 0,0% 0,1% Fahrzeuge Gesamt Hinterland* 9.525 8.848 2.477 845 881 751 518 Übrige Stückgüter (inkl. RoRo) Gesamt 2.061 Hinterland* 1.444 1.374 681 1.400 709 0,1% 0,2% Versand (Export) Gesamt 39.429 41.864 39.693 Hinterland* 18.727 64.075 26.822 2,9% 2,1% Container Gesamt 33.145 34.836 32.841 Hinterland* 14.215 56.111 21.241 3,2% 2,4% Massengüter Gesamt Hinterland* 552 584 869 105 Fahrzeuge Gesamt 2.656 Hinterland* 2.899 2.973 2.756 3.918 3.632 1,6% 1,6% Übrige Stückgüter (inkl. RoRo) Gesamt 3.077 Hinterland* 3.546 3.010 1.652 3.337 1.825 0,6% 0,6% Gesamt 80.626 84.028 78.743 123.487 Hinterland* 31.854 44.116 2,7% 1,9% Insgesamt 676 ‐0,6% 466 ‐0,6% 710 ‐1,2% 123 1,0% * ohne Lokal Hafen, d.h. nur die öffentliche Infrastruktur betreffende Hinterlandverkehre Quelle: ISL, Lokal Hafen = direkt im Hafengebiet erzeugte oder verbrauchte Mengen. In Tonnen gemessen wächst das die öffentliche Infrastruktur betreffende Hinterlandverkehrsaufkommen zwischen 2013 und 2030 um ca. 40 %. Das tatsächliche Verkehrsaufkommen (Anzahl Züge, Binnenschiffe, Lkw) wird jedoch deutlich stärker zunehmen, da sich das Wachstum auf die Bereiche mit leichter Ladung (Container, Automobile) und somit geringen Tonnenvolumen je Transportfahrzeug konzentriert. Es wird erwartet, dass bis 2030 in allen Hauptsegmenten mehr als die Hälfte der Volumina mit Bahn oder Binnenschiff transportiert werden. Selbst im Containerverkehr, bei dem der LkwAnteil 2013 noch bei 51 % lag, wird sich dieser unter die 50 %-Marke bewegen. Der Lkw bleibt unverzichtbar für die lokale und regionale Distribution, bestimmte Projekt- und Spezialtransporte sowie allgemein für kleinere Chargen. Die Binnenschifftransporte konzentrieren sich auch zukünftig weiterhin auf die Weser und den Mittellandkanal. Ein Großteil der Bahnverkehre konzentriert sich auf den süddeutschen Raum (Baden-Württemberg/Bayern). Im Containerverkehr wird die Bahn darüber hinaus auch auf kürzeren Strecken (Hamburg, NRW, Hessen, Sachsen) und im Transit (v.a. Tschechien und ÖsterISL 64 PROGNOSE DER UMSCHLAGPOTENZIALE DER BREMISCHEN HÄFEN reich) regelmäßig genutzt. Im Automobilumschlag wird sich der Transitverkehr der Produktionsstandorte in Mittel- und Osteuropa weiter erhöhen. Zusätzlich wird hier mit einer gleichzeitigen Erhöhung des Bahnanteils gerechnet. Während sich in Bremerhaven praktisch sämtliche Bahn-Güterverkehre auf den Hafen konzentrieren, gibt es in Bremen neben den Hinterlandverkehren der Terminals noch „indirekte“ Verkehre der Packzentren (konventionell aus dem Hinterland, See-Ausgang per Container) sowie größere Mengen nicht-seehafenbezogener Bahnverkehre, v.a. im GVZ Bremen. Vergleich mit bestehenden aktuellen Prognosen Im Rahmen einer im Jahr 2013 durchgeführten Analyse von HTC und RMCON wurden auf Basis der realen langfristigen Entwicklung und umfassender Umfragen unter den Hafenakteuren Prognosen zum Umschlagvolumen und Seehafenhafenhinterlandvolumen 2030 erstellt. Die Analyse der historischen Daten zeigte, dass der Transhipmentanteil Bremerhavens im Zeitraum zwischen 2004 und 2012 relativ konstant bei rund 60% lag. Bis 2030 erwarten die Gutachter keine wesentliche Veränderung dieses Anteils, während in der vorliegenden Untersuchung auf Basis von Wettbewerbseffekten eine leichte Zunahme des Anteils erwartet wird. Auf Basis dieser ex-post Analyse wurde durch Expertenbefragungen aus allen Bereichen der Hafenwirtschaft die künftige Entwicklung eingeschätzt. Bis 2030 werden hiernach deutliche Zuwächse im Bereich des Containerumschlags (+4% p.a.) und des Automobilumschlags (+1,3% p.a.) erwartet, während der Massengutverkehr nur noch mit 0,5% p.a. zulegen wird. Diese Wachstumsraten sind mit denen der vorliegenden Analyse vergleichbar – im Containerverkehr haben sich durch die anhaltende wirtschaftliche Schwächephase in Europa sowie den wirtschaftlichen Abschwung in Russland die Aussichten leicht eingetrübt. In Bezug auf das Seehafenhinterlandvolumen zeigen HTC und RMCON, dass der Modal Split der Hinterlandverkehre sich deutlich zugunsten der Bahn entwickelt hat. Im Containerhinterlandverkehr ist der Bahnanteil von 35,9% in 2004 auf 47,3% in 2012 gestiegen. Im Automobilverkehr lag er 2012 bei über 75%. Bis 2030 wird aufgrund eines weiter kontinuierlich steigenden Modal-Split-Anteils der Bahn insbesondere im Bereich der Containerhinterlandtransporte (55 % in 2030) ein überproportionaler Anstieg des Bahnanteils von und nach Bremerhaven erwartet, was sich ebenfalls weitgehend mit der vorliegenden Untersuchung deckt. Allerdings zeigt diese auf Basis der detaillierten Analyse der Hinterlandregionen und angesichts eines bereits heute in vielen Regionen nahe 100 % liegenden Bahnanteils sowie der durch die veränderten Erwartungen hinsichtlich der Ölpreisentwicklung höheren Wettbewerbsfähigkeit des Lkw im Containerverkehr, dass ohne weitere Maßnahmen eine Verlangsamung der Verlagerung von der Straße auf die Schiene erwartet wird. Für das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung wurden im Rahmen des Loses 2 „Seeverkehrsprognose 2030“ auf Grundlage der im Los 1 ermittelten Strukturdaten 36 deutsche und europäische Seehäfen analysiert. Hiernach wird das deutschlandrelevante Umschlagsvolumen der betrachteten Seehäfen ausgehend vom Basisjahr 2010 bis 2030 von 438 Mio. Tonnen auf 712 Mio. Tonnen (+ 63 % bzw. 2,5 % p.a.) wachsen. Für die deutschen Nordseehäfen wird ein überproportionales Wachstum prognostiziert. Als größter Wachstumstreiber wird der Containerverkehr (+4,3% p.a.) identifiziert. ISL 65 PROGNOSE DER UMSCHLAGPOTENZIALE DER BREMISCHEN HÄFEN Für Bremerhaven wird ein überdurchschnittliches Wachstum von 3,3% p.a. erwartet, so dass der Gesamtumschlag bis 2030 auf 88 Mio. Tonnen anwächst 28 . Für Bremen wird ein Anstieg auf 16 Mio. Tonnen (1,0 % p.a.) für das Jahr 2030 prognostiziert (jeweils ohne Eigengewichte der Container). Addiert man zu diesen Prognosewerten die Eigengewichte der Container, die in der vorangegangenen Betrachtung im Gesamtumschlag enthalten sind, erhält man ca. 124 Mio. t und somit ein ähnliches Volumen wie in der vorliegenden Analyse (123 Mio. t). Trotz wachsender Konkurrenz durch den 2012 in Betrieb gegangenen Tiefseehafen Jade-WeserPort und die Ausbaumaßnahmen in Rotterdam und Antwerpen erwartet die Seeverkehrsprognose, dass Bremerhaven und Hamburg die Wachstumstreiber im gesamtdeutschen Containerumschlag bleiben. Für Bremerhaven wird der Containerumschlag von 4,9 Mio. TEU auf 9,9 Mio. TEU ansteigen, fast genau der in der vorliegenden Analyse prognostizierte Wert (10,0 Mio. TEU). Im Vergleich zum Basisjahr 2010 entspricht dies einer Verdopplung des Containerumschlages. Für den Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven wird für 2030 eine Umschlagsmenge von 3,4 Mio. TEU prognostiziert 29 . Hamburgs Containerumschlag wird von 7,9 Mio. TEU auf 16,4 Mio. TEU anwachsen. 30 Für das deutschlandrelevante Seehafenhinterlandaufkommen der betrachteten Häfen wird zwischen 2010 und 2030 ein Anstieg von 303,6 Mio. t auf 461,9 Mio. t für das Jahr 2030 (+52%), erwartet. In den bremischen Häfen wird sich das deutschlandrelevante Hinterlandvolumen von 29,2 Mio. t auf 52,4 Mio. t erhöhen, so dass der Marktanteil (Hinterlandaufkommen aller für den deutschen Markt relevanten Seehäfen) von 9,6% auf 11,3% ansteigen wird. Der Hauptgrund hierfür liegt im hohen Containerisierungsgrad Bremerhavens. Dieses Segment wird laut Verflechtungsprognose mit 80 % stärker wachsen als der Verkehr mit den sonstigen Gütern (43 %). Für Bremerhaven wird im Containerbereich mit einem Wachstum von 3,6% p.a. gerechnet. Da die Seeverkehrsprognose nur die für Deutschland relevanten Verkehre analysiert, können aus den Aussagen zum erwarteten Gesamtumschlag und den Aussagen zum erwarteten Hinterlandaufkommen nur bedingt Rückschlüsse auf die Entwicklung des Transhipmentanteils gezogen werden, da der für das Ausland relevante Hinterlandverkehr nicht in die Betrachtung einbezogen wurde. Angesichts eines deutschen Hinterlandvolumens von 52,4 Mio. t in 2030 und eines erwarteten Gesamtumschlags der bremischen Häfen von insgesamt 103,9 Mio. t (ohne Eigengewichte) lässt sich ableiten, dass rund die Hälfte des Umschlags in das deutsche Hinterland transportiert wird. In der Konsequenz impliziert dies die Annahme einer gegenüber 2010 deutlich sinkenden Transhipmentrate und somit eine deutliche Abweichung sowohl zu der vorliegenden Analyse als auch zu der Studie von HTC und RMCON. Als Ergebnis dieses Vergleichs lässt sich schließen, dass eine besonders hohe Varianz aus der unterschiedlichen Betrachtung der Wettbewerbsfaktoren resultiert. Auf Basis der vorliegenden Informationen zu den genannten Prognosen lassen sich die Ursachen für diese Abweichung jedoch nicht eindeutig identifizieren. 28 Anders als in der HTC/RMCon Untersuchen ist hier zu berücksichtigen, dass Containereigengewichte nicht einbezogen wurden. Bei einem Eigengewicht von 2 t/Container und einer erwarteten Umschlagvolumen von 9,9 Mio. TEU ergäbe sich für Bremerhaven ein Gesamtumschlagvolumen von knapp 108 Mio. t in 2030. 29 Hier liegt die Annahme zugrunde, dass die Kapazität durch Fertigstellung der zweiten Ausbaustufe auf rund 4,5 Mio. TEU ansteigt und zu 70% ausgelastet sein wird. 30 Dieser Aussage liegt die Annahme zugrunde, dass neben den kapazitiven Erweiterungen an den 4 bestehenden Terminals und der Vertiefung der Elbe auch das fünfte Containerterminal (CT Steinwerder) bis 2030 realisiert ist. Nach Entscheidungen des Hamburger Senats (2013) für ein neues Kreuzfahrtterminal und die Verlängerung der aktuellen Pachtverträge ist nicht mit einem Beginn der Umsetzung vor 2025 zu rechnen. Die Fertigstellung im Zeitraum bis 2030 ist nach heutigem Stand unwahrscheinlich. ISL 66 ZUSAMMENFASSUNG Zusammenfassung Das Bundesland Bremen bildet mit seinen Häfen einen der wichtigsten Logistikstandorte Deutschlands. Für die bremische Wirtschaft stellt der Hafen und Logistiksektor einen traditionellen Kernbereich dar, der in immer stärkerem Maße von der Integration in nationale und internationale Verkehrsströme abhängig ist. Die Funktionsfähigkeit der Häfen und deren Hinterlandanbindung sind zentral für die Region und für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Die infrastrukturelle Anbindung der relevanten Hinterlandregionen an den Hafen ist von zentraler Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Häfen. Die bremischen Häfen sind heute grundsätzlich hervorragend über Straße, Schiene und Binnenwasserstraße an das nationale und europäische Hinterland angebunden, wobei vor allem der Schienenanbindung eine besondere Bedeutung zukommt: Annähernd die Hälfte aller nach Bremerhaven bzw. von dort ins Hinterland transportierten Container und sogar mehr als zwei Drittel der Automobile nehmen den Weg über die Schiene. Aussagen zur zukünftigen Entwicklung des Gesamtumschlagvolumens sowie der Hinterlandverkehre der bremischen Häfen setzen eine solide Kenntnis der seeseitigen Fahrtgebiete sowie der Hinterlandmärkte voraus. In den vergangenen Jahren hat sich die Datenlage insbesondere hinsichtlich der landseitigen Verkehre drastisch verschlechtert. Mittlerweile stehen kaum noch tragbare statistische Grundlagen für hafenpolitische oder unternehmerische Entscheidungen zur Verfügung. Mit der vorliegenden Analyse der Seehafenhinterlandverkehre der bremischen Häfen wurde nun eine belastbare Grundlage für strategische Entscheidungen der künftigen Hafenentwicklung, für nationale und internationale Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen sowie für gezielte Marketingaktivitäten im Seehafenhinterland erstellt. Neben dem direkten Nutzen dieser statistischen Grundlage für die Weiterentwicklung der bremischen Häfen ergeben sich zudem Synergien für die gesamte bremische Wirtschaft. Durch die Erstellung umfassender, nach Branchen, Aufkommen und Verkehrsträgern differenzierter SeehafenhinterlandVerflechtungsmatrizen wurden der Status quo und vorhandene Zukunftspotenziale transparent abgebildet. Für den Containerverkehr wurde dabei auf das Datenmodell „Containerverkehrsmodell Nordrangehäfen“ zurückgegriffen, das basierend auf Hafenstatistiken, amtlichen Verkehrsstatistiken, Umschlagstatistiken von Hinterlandterminals und vor allem Daten von Reedereien, Speditionen und Transportunternehmen die regionale Struktur des Hinterlandverkehrs für die sechs Nordrangehäfen Bremen/Bremerhaven, Hamburg, Rotterdam, Antwerpen, Zeebrügge und Le Havre schätzt. Für die Massengüter wurde ein befragungsbasierter Ansatz mit Interviews von Terminalbetreibern und wichtigen Verladern gewählt. Auch für den Automobilumschlag wurden Terminals befragt und – wo verfügbar – unternehmenseigene Daten zur Hinterlandverteilung einbezogen. Von 1980 bis 2013, dem Basisjahr der vorliegenden Untersuchung, 31 erhöhte sich der Seegüterumschlag in den bremischen Häfen von rd. 27 Mio. Tonnen auf rd. 79 Mio. Tonnen, verdreifachte sich also fast. Dabei änderte sich auch die Ladungsstruktur. Entfielen 1980 mit rd. 12 Mio. 31 ISL Bis zum Abschluss der Arbeiten an der vorliegenden Analyse lagen noch nicht alle notwendigen Eingangsdaten für das Jahr 2014 vor. 67 ZUSAMMENFASSUNG Tonnen noch etwa 43% des Seegüterumschlags auf den Standort Bremerhaven, waren es 2013, vor allem bedingt durch die zunehmende Containerisierung und damit einhergehende Umschlagsverlagerung an die Wesermündung, mit rd. 66 Mio. Tonnen bereits 84%. Die bremischen Häfen schlugen 2013 78,7 Millionen Tonnen aller Ladungsarten um und bildeten damit den zweitgrößten deutschen Universalhafen. Der Containerverkehr hatte 2013 mit 78 % (rd. 60,9 Mio. t) einen Anteil von mehr als drei Vierteln, die trockenen Massengüter (vor allem Kohle- und Eisenerzimporte) erreichten 10 % (8,2 Mio. t), konventionelle Stückgut- und Auto/RoRo-Verkehre je 5 % (4,1 bzw. 4,0 Mio. t) und flüssige Massengutverkehre 2 % (1,5 Mio. t) des gesamten seeseitigen Umschlagvolumens. Abb. 35 Aufteilung des Seegüterumschlags der bremischen Häfen nach Ladungsarten 2013 1.552 2% 4.111 5% 3.989 5% 8.164 10% 60.918 78% Containerumschlag RoRo Flüssiges Massengut Trockenes Massengut Konventionelles Stückgut Anmerkung: Angaben in 1.000 t und Anteil an Gesamt in Prozent Quelle: ISL auf Basis Statistisches Landesamt Bremen Obwohl an beiden Standorten grundsätzlich alle Ladungsarten abgefertigt werden, ist zwischen den Hafenstandorten Bremen und Bremerhaven eine weitreichende Arbeitsteilung vorhanden. Während sich 2013 auf Bremerhaven 99,9 % der Containerverkehre und 99,4 % des Fahrzeugumschlags konzentrierten, wurden in Bremen 96,7 % der Massengutverkehre und 74,9 % der konventionellen Stückgutverkehre umgeschlagen. Containerverkehre Im Jahr 2013 wurden mit 5,8 Mio. TEU fast zehnmal so viele Container umgeschlagen wie im Jahr 1980 (0,6 Mio. TEU). Für den Hinterlandverkehr der bremischen Häfen ist nur ein Teil des seewärtigen Containerumschlagsvolumens relevant. Der Anteil des Transhipments, das nicht das Hinterland berührt, betrug im Jahr 2013 61 % (3,6 Mio. TEU). Im Container-Hinterlandverkehr hatten die bremischen Häfen 2013 einen Marktanteil von 9 % innerhalb der Nordrangehäfen. Knapp 30 % (650 Tsd. TEU) der Hinterland-Container hatten hierbei ihre Quelle oder ihr Ziel im Bundesland Bremen. Eine Besonderheit dabei ist der trotz der vergleichsweise kurzen Strecke zwischen Bremerhaven und Bremen nicht unbedeutende Anteil an Binnenschiffs- und Bahnverkehre von zusammen immerhin 11 % (72,6 Tsd. TEU). ISL 68 ZUSAMMENFASSUNG Tab. 24 Bremische Häfen: Containerhinterlandverkehr nach Hinterlandregionen und Modal Split 2013 (in 1000 TEU) Nordrange Bremen/Bremerhaven Hinterlandregionen Deutschland gesamt Bremen Ba yern Nieders a chs en Ba den‐Württemberg Nordrhei n‐Wes tfa l en Ha mburg Mittel‐ und Osteuropa Ts chechi en Sl owa kei Unga rn Pol en übriges Europa Ös terrei ch Schwei z 1000 Ma rkt‐ TEU a ntei l * 1927 20% 650 60% 410 36% 167 21% 164 18% 155 7% 123 10% 240 28% 163 28% 44 53% 21 45% 12 8% 100 1% 83 25% 12 4% Insgesamt 2268 9% Moda l Spl i t Bi nnen‐ LKW Ba hn s chi ff gesamt 1000 TEU 55% 89% 9% 91% 8% 71% 60% 33% 43% 5% 7% 34% 46% 16% 2% 42% 3% 91% 5% 92% 24% 40% 67% 57% 95% 93% 66% 54% 84% 98% 4% 8% 0% 4% 0% 5% 0% 0% 0% 0% 0% 0% 0% 0% 0% 9840 1080 1146 791 918 2296 1264 856 575 83 48 150 13359 330 345 51% 46% 3% 24056 * Anteil der bremischen Häfen innerhalb der Nordrange am Aufkommen der betreffenden Hinterlandregion Quelle: ISL Containerverkehrsmodell Nordrangehäfen, 2014 Mit 650 Tsd. TEU war das Bundesland Bremen 2013 somit die wichtigste Hinterlandregion im Containerverkehr. Innerhalb Bremens generieren vor allem die Pack- und Distributionszentren im GVZ Bremen und im Neustädter Hafen ein hohes Aufkommen. Auf Rang zwei folgte das Bundesland Bayern (410 Tsd. TEU), das zu über 91 % (373 Tsd. TEU) per Bahn versorgt wurde. Auf diese beiden Regionen entfiel mit ca. 1,1 Mio. TEU fast die Hälfte des Bremerhavener Container-Hinterlandverkehrs. Die regelmäßigen Bahndienste in viele Regionen Deutschlands sowie in wichtige Transitländer wie Tschechien (163 Tsd. TEU) und Österreich (83 Tsd. TEU) sind für die bremischen Häfen von herausragender Bedeutung für ihre Wettbewerbsfähigkeit: Der Anteil der Bahnverkehre am Container-Hinterlandverkehr ist mit insgesamt 46,3 % (1,0 Mio. TEU) höher als in jedem anderen Nordrangehafen. Für einen weiteren Anstieg des Bahnanteils ist neben der Schaffung leistungsfähiger Infrastruktur in den Häfen auch die Leistungsfähigkeit der im Hinterland gelegenen Bahnstrecken für die Seehäfen und speziell für Bremerhaven von großer Bedeutung. Der Hauptwettbewerber im Hinterland ist Hamburg, dessen Quell- und Zielregionen sich in weiten Teilen mit denen der bremischen Häfen überschneiden. In Nordrhein-Westfalen dagegen steht Bremerhaven vor allem im Wettbewerb zu den Westhäfen. Im Weser-Ems-Gebiet und im Raum Detmold profitiert Bremerhaven von einem Distanzvorteil gegenüber den Wettbewerbshäfen und hat hier einen höheren Anteil als in anderen Regionen Niedersachsens bzw. NordrheinWestfalens. In den kommenden Jahren zeichnen sich im Seehafenwettbewerb einige Veränderungen ab. Besonders hervorzuheben ist dabei der JadeWeserPort, der in den kommenden Jahren Marktanteile auch von den deutschen Nordseehäfen übernehmen und somit die Wachstumspotenziale Bremerhavens sowohl im Transhipment- als auch im Hinterlandverkehr leicht dämpfen wird. Des Weiteren wird davon ausgegangen, dass neben Maersk weitere Reedereien Direktanläufe mit Überseelinien im Ostseeraum anbieten könnten, was vor allem im Transhipmentverkehr das Wachstum in der Nordrange verlangsamen wird. Im südöstlichen Hinterland (v.a. Österreich, ISL 69 ZUSAMMENFASSUNG Slowakei und Ungarn) ist damit zu rechnen, dass die Adriahäfen – allen voran Koper – weitere Marktanteile auf sich ziehen können, was jedoch vor allem den dortigen Marktführer Hamburg berührt. Positive Effekte, die zumindest die Marktanteilsverluste im Transhipment wieder ausgleichen können, sind durch die Außenweservertiefung zu erwarten. Es wird erwartet, dass der Containerumschlag der bremischen Häfen von 5,8 Mio. TEU in 2013 auf 10,0 Mio. TEU in 2030 zunehmen wird, entsprechend einer Steigerung um 72 %. Dabei bleibt Deutschland der mit Abstand wichtigste Hinterlandmarkt. Tschechien gewinnt an Bedeutung durch ein überdurchschnittliches Marktwachstum, während die Verkehre mit Österreich, der Slowakei, Ungarn und Polen aufgrund weiter zunehmender Konkurrenz durch die Adriahäfen bzw. Direktanläufe in polnischen Häfen unterdurchschnittlich wachsen. Angesichts eines Anteils dieser Länder von nur 7% am gesamten Container-Hinterlandaufkommen der bremischen Häfen in 2013 sind die Auswirkungen dieser Verlagerungen jedoch relativ gering. Es wird erwartet, dass der Anteil der Bahnverkehre im Containerverkehr anwächst und bei ungefähr gleichbleibendem Binnenschiffsanteil der Lkw-Anteil unter die Marke von 50 % fallen wird. Damit wäre Bremerhaven der erste Nordrangehafen, in dem mehr als die Hälfte der Container per Bahn oder Binnenschiff an- bzw. abtransportiert werden. Massengutverkehre Bei den Massengutverkehren hat das Transhipment eine untergeordnete Bedeutung, so dass 9,5 Mio. Tonnen der insgesamt 9,7 Mio. Tonnen Quelle oder Ziel im Hinterland hatten. Im überwiegenden Fall ist jedoch kein Hinterlandtransport im eigentlichen Sinne notwendig: die Unternehmen schlagen die Güter selbst um bzw. sind direkt mit den Umschlagunternehmen verbunden. Fast zwei Drittel der Massengüter (6,2 Mio. Tonnen) – allen voran Eisenerz und Kohle – werden auf diese Weise direkt im Hafen verbraucht bzw. produziert. Von den verbleibenden 3,3 Mio. Tonnen wurden wiederum zwei Drittel per Lkw an- bzw. abtransportiert. Dabei handelt es sich vor allem um die Distribution von importierten Ölprodukten und Baustoffen in Bremen und Niedersachsen. Kleinere Mengen werden auch in weiter entfernte Hinterlandregionen bis ins europäische Ausland gefahren. Abb. 36 Hauptgütergruppen im Massengutverkehr der bremischen Häfen im Jahr 2013 1.542 16% 999 10% Eisenerzimport 4.603 47% Ölprodukteimport Kohleimport Baustoffimport 1.264 13% sonstige 1.308 14% Quelle: ISL auf Basis Statistisches Landesamt Bremen Der Hafenwettbewerb ist im Vergleich zum Containerverkehr begrenzt und betrifft nur einzelne Segmente/Regionen. Auch der Modal Split ist nur wenig veränderlich und wird überwiegend durch die Güterstruktur bestimmt. In der Prognose bis 2030 wird erwartet, dass der gesamte ISL 70 ZUSAMMENFASSUNG Massengutumschlag mit 9,5 Mio. Tonnen knapp unter dem Niveau von 2013 bleibt. Auch das Hinterlandvolumen liegt 2030 mit 9,3 Mio. Tonnen etwas unterhalb dessen des Basisjahres, während sich der Modal Split kaum verändert. Automobilumschlag Eine ähnlich eindrucksvolle Entwicklung wie der Container- nahm auch der seeseitige Automobilumschlag in den bremischen Häfen im Zeitraum 1980 – 2013. Wurden 1980 noch 0,3 Mio. Fahrzeugeinheiten verladen versiebenfachte sich das Volumen auf rd. 2,2 Mio. Fahrzeugeinheiten in 2013. Im Jahr 2013 wurden 1,8 Millionen Fahrzeuge über Bremerhaven exportiert und weitere 0,4 Millionen importiert. Etwa 12 % des seeseitigen Umschlags war Transhipment und somit nicht relevant für die Hinterlandverkehre. Im Hinterlandverkehr erfolgte die Verteilung der importierten Fahrzeuge fast ausschließlich per Lkw (93 %), beim Exportvorlauf ist die Bahn mit 80 % der Hauptverkehrsträger. Die wichtigsten Hinterlandregionen mit jeweils mehr als 100.000 Fahrzeugen in 2013 sind Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Sachsen und Bremen sowie Ungarn. Auf diese sechs Regionen konzentrieren sich 80 % der Hinterlandverkehre. Tab. 25 Bremische Häfen: Automobil-Hinterlandverkehre nach Hinterlandregionen und Modal Split 2013 Hinterlandregionen Deutschland gesamt Ba yern Ba den‐Württemberg Ni eders a chs en Sa chs en Bremen Mittel‐ und Osteuropa Unga rn übriges Europa Insgesamt Gesamtvolumen 1.000 Antei l a n Fa hrzeuge Ges a mt 1579 82% 496 26% 390 20% 218 11% 197 10% 128 7% 200 10% 105 5% 140 7% 1919 100% Modal Split LKW 30% 12% 24% 60% 10% 20% 29% 14% 46% 31% Ba hn 70% 88% 76% 40% 90% 80% 71% 86% 54% 69% Die wichtigsten Wettbewerbshäfen im Fahrzeugumschlag sind Zeebrügge, Emden und Antwerpen, aber auch in Hamburg und Cuxhaven werden kleinere Mengen an Neufahrzeugen umgeschlagen. Im Gegensatz zum Containerumschlag sind im Fahrzeugumschlag keine weitreichenden Verlagerungen zwischen den Häfen zu erwarten. Bis 2030 wird für die Autoterminals an der Weser im Import aufgrund stagnierender Neuzulassungszahlen und Produktionsverlagerungen aus Übersee nach Mittel- und Osteuropa ein leichter Rückgang erwartet, während die Fahrzeugexporte über die bremischen Häfen weiter anwachsen. Ein besonders hohes Wachstum wird im Transit mit Mittel- und Osteuropa erwartet, so dass insgesamt der seeseitige Versand von Fahrzeugen um 600.000 Einheiten auf ca. 2,2 Millionen Einheiten steigen wird. Der Anteil der Bahn am Hinterlandverkehr erhöht sich leicht von 69 % in 2013 auf 71 % in 2030. Dies liegt vor allem an strukturellen Effekten: der Anteil des Exports, der bereits zu 80 % per Bahn antransportiert wird, erhöht sich bis 2030 weiter, wodurch insgesamt der Anteil der Bahnverkehre wächst. ISL 71 ZUSAMMENFASSUNG Sonstige konventionelle Stückgüter Der sonstige konventionelle Stückgut- und RoRo-Umschlag der bremischen Häfen, der 2013 insgesamt 4,4 Mio. Tonnen erreichte, umfasst so unterschiedliche Güter wie Eisen/Stahl, Rohholz, Zellulose, aber auch Projektladung einschließlich Windenergieanlagen. Den mengenmäßig höchsten Anteil haben dabei Stahlerzeugnisse (ca. zwei Millionen Tonnen), wobei der Anteil der per Seeschiff verschifften Produktion stark schwankt. Im Jahr 2013 wurden 1,8 Mio. Tonnen Metalle und Metallerzeugnisse per Seeschiff exportiert, wovon etwa 60 % aus der lokalen Produktion stammte. Die aus dem Hinterland stammenden Volumina wurden größtenteils per Bahn aus Nord- und Westdeutschland antransportiert. Der Antransport von Projektladung erfolgt überwiegend per Lkw, bei außergewöhnlich großen Stücken auch per Binnenschiff. Neben der Produktion aus dem näheren Umland werden vor allem Projektladungen aus Ostdeutschland, Tschechien und der Slowakei über die bremischen Häfen verladen. Die Verteilung der Importe im Hinterland erfolgt mit Ausnahme der Metallerzeugnisse (bei denen die Bahn überwiegt) vor allem per Lkw. Die Entwicklung des konventionellen Stückgutverkehrs und des damit verbundenen Hinterlandverkehrs wird bis 2030 nur leicht auf 4,7 Millionen Tonnen wachsen, getragen vor allem durch Zuwächse in den Bereichen Metallerzeugnisse und Projektladung, die Rückgänge in anderen Bereichen (z.B. Holz) kompensieren können. Für den Modal Split im Hinterland werden keine Veränderungen erwartet. Gesamtumschlag und gesamter Hinterlandverkehr In Summe über alle Ladungskategorien wird prognostiziert, dass das Umschlagpotenzial der bremischen Häfen zwischen 2013 und 2030 von 78,7 Mio. Tonnen um knapp 45 Mio. Tonnen auf 123,5 Mio. Tonnen zunimmt, während das Hinterlandvolumen von 31,8 auf 44,1 Mio. Tonnen ansteigt. Sowohl absolut als auch relativ werden die stärksten Zuwächse im Containerumschlag erwartet, dessen Anteil am Gesamtumschlag sich dadurch von 77% auf 85 % des Gesamtumschlags erhöht. Im Hinterlandverkehr steigt der der Anteil der Containerverkehre von 74% auf 79%. Tab. 26 Bremische Häfen: Gesamtumschlag und Hinterlandverkehr 2013-2030 Richtung Ladungsart Empfang (Import) Container Massengüter Fahrzeuge Übrige Stückgüter Versand (Export) Container Massengüter Fahrzeuge Übrige Stückgüter GESAMTUMSCHLAG Gesamt 1.000t Ø WR 2013 2030 '13‐'30 39.050 59.411 2,5% 28.076 48.476 3,3% 8.848 8.860 0,0% 751 676 ‐0,6% 1.374 1.400 0,1% 39.693 64.075 2,9% 32.841 56.111 3,2% 869 710 ‐1,2% 2.973 3.918 1,6% 3.010 3.337 0,6% HINTERLAND* Gesamt 1.000t Ø WR 2013 2030 '13‐'30 13.127 17.294 1,6% 9.450 13.606 2,2% 2.477 2.513 0,1% 518 466 ‐0,6% 681 709 0,2% 18.727 26.822 2,1% 14.215 21.241 2,4% 105 123 1,0% 2.756 3.632 1,6% 1.652 1.825 0,6% Insgesamt 78.743 123.487 31.854 44.116 2,7% 1,9% * ohne Lokal Hafen, d.h. nur die öffentliche Infrastruktur betreffende Hinterlandverkehre Quelle: ISL auf Basis Statistisches Landesamt ISL 72 ZUSAMMENFASSUNG Ähnlich wie vergleichbare Studien kommt auch die vorliegende Untersuchung zu dem Ergebnis, dass die zukünftigen Wachstumsraten sowohl in Bezug auf den Gesamtumschlag als auch im Hinterlandverkehr geringer ausfallen werden als in der Vergangenheit. Die höchsten Wachstumserwartungen liegen im Bereich des Containerverkehrs und des Fahrzeugumschlags. Für die bremischen Häfen ergibt sich eine vergleichsweise hohe Wachstumsrate von 2,7%. Der Standort Bremerhaven wird angesichts seiner Konzentration auf die Segmente Container und Fahrzeuge stärker wachsen als Wettbewerbshäfen mit signifikantem Massengutumschlag. Durch die Mengenzuwächse und die dadurch steigende Attraktivität der Bahn auf bestimmten Relationen wird damit gerechnet, dass im Containerverkehr und im Autoexport der Anteil der Bahnverkehre am Hinterlandverkehr deutlich zunimmt, während bei den anderen Segmenten nur wenig Änderungen hinsichtlich des Modal Splits erwartet werden. Im Containerverkehr wird der Lkw-Anteil bis 2030 auf unter 50 % sinken. Diese Potenziale können nur realisiert werden, wenn die Hinterlandanbindungen über die entsprechenden Kapazitäten verfügen. Die prognostizierte Verlagerung von Lkw auf Bahn im Container-Hinterlandverkehr, die sich rein nachfrageseitig ergeben wird, ist aus ökologischer Sicht wünschenswert, stellt jedoch eine Herausforderung für die Schieneninfrastruktur dar. Trotz der prognostizierten Marktanteilsverlagerungen im Hinterland (JadeWeserPort, Südrangehäfen) ist zwischen 2013 und 2030 mit einer Steigerung des Gesamtumschlags um ca. 45 Mio. Tonnen (knapp 60 %) zu rechnen. Das Wachstum liegt dabei vor allem in den Bereichen Container und Automobil, in denen die Ladungsmengen je Fahrzeugeinheit (Güterzug, Binnenschiff, Lkw) vergleichsweise gering sind, so dass das in Fahrzeugen gemessene Verkehrsaufkommen besonders stark steigt. Insgesamt ergibt sich aus den Betrachtungen, dass sowohl kaiseitig als auch im Hinterland erhebliche zusätzliche Verkehrsvolumina zu erwarten sind, auf deren Abwicklung die Infra- und Suprastruktur vorbereitet werden muss. Im Hinterland wird dabei auch ohne spezielle Fördermaßnahmen das sowohl absolut als auch relativ höchste Wachstum bei der Bahn erwartet, so dass hier besondere Anstrengungen unternommen werden müssen. Für die Wettbewerbsposition der bremischen Häfen in dem für die regionale Wertschöpfung besonders relevanten Segment Hinterlandverkehre ist der bedarfsgemäße Ausbau der Verkehrsanbindungen von herausragender Bedeutung. ISL 73