Psychosomatische Medizin – aktueller den je!
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Psychosomatische Medizin – aktueller den je!
GESUNDHEITSPOLITIK Psychosomatische Medizin – aktueller den je! NACH DER WINTERPAUSE fand am 27. Jänner 2015 das 65. Gesundheitspolitische Forum in Wien statt. Eine der Hauptfragen: Werden Patienten mit psychosomatischen Störungen in Österreich ausreichend versorgt? © www.sebastianfreiler.com LAUT EINER PROGNOSE BEDARFSERHEBUNG ZUR der WeltgesundheitsorganisatiPSYCHOSOMATISCHEN „Etwa 20% der Hausarztpatienten on ist die Tendenz in Richtung VERSORGUNG fallen in die Gruppe der körperlichen psychischer Erkrankungen steiBeschwerden ohne klinischen Befund.“ Fazekas berichtete über die Stugend. Demnach werden psychische Erkrankungen schon 2020 die „Qualitätssicherung in der nach Herz-Kreislauf-Erkran- Priv.-Doz. Dr. Christian Fazekas Psychosomatischen Medizin“ kungen zu den zweithäufigsten von Leitner et al.1, die der Frage Krankheiten zählen. Seit mehr nachging, ob Patienten mit psyals 25 Jahren bemühen sich chosomatischen Störungen in Verantwortliche im GesundÖsterreich ausreichend versorgt „Die Medizin sollte sich ebenso heitswesen in Österreich, dem kompetent mit der psychischen wie mit sind. Durchgeführt wurden eine Fachbereich Psychosomatische Arbeitsmarkt-, Bedarfs-, Akder körperlichen Ebene befassen.“ Medizin einen gebührenden zeptanz- und Kohärenz- sowie Stellenwert in der Medizin zu Kosten-Nutzen-Analyse für die geben. Die demografische Ent- Dr. Joachim Strauss psychosomatische Versorgung wicklung einerseits und der im stationären und niedergelasKostendruck auf das Gesundheits- und heiten mit klinisch relevanten psychoso- senen Bereich. Sozialwesen andererseits erfordern eine zialen Faktoren, beim Thema Krankheits- Festgestellt werden konnten folgende aksorgfältige und umfassende Beurteilung bewältigung und bei Patienten mit hoher tuelle Entwicklungen und Defizite: von gesundheitsbezogenen Leistungen, biopsychosozialer Komplexität. Etwa • unzureichende Abklärung und fehlende vor allem im Hinblick auf die Ergebnis- 20% der Hausarztpatienten fallen in die umfassende Behandlung qualität, um die effizientesten, effektivs- Gruppe der körperlichen Beschwerden • zunehmend weniger Zeit für Arzt-Patienten und sichersten Maßnahmen zu iden- ohne klinischen Befund!“ ten-Gespräch tifizieren. Die ÖÄK-Psy-Diplome bilden Jede dieser vier Bereiche benötige punkt- • fehlende(s) flächendeckende(s) Kompeseit 25 Jahren die Grundlage für eine qua- genaue psychosomatische Versorgung; tenz bzw. Behandlungsangebot litative Ausbildung auf dem Gebiet der sowohl fachspezifisch als auch fächerüber- • fehlende ärztliche Psychotherapie im niedergelassenen Bereich psychosomatischen Medizin. Im Zuge der greifend. • verzögerte Versorgung und Ärzteausbildung neu soll es nun Abb.: DAS BIO-PSYCHOSOZIALE MODELL damit verbundene erhöhte zu weiteren positiven EntwickKosten lungen kommen. • eingeschränkte Honorierung Priv.-Doz. Dr. Christian Fazepsychosomatischer Leistungen kas, Leiter der Gemeinsamen • keine verpflichtende WeiterEinrichtung für Klinische PsyPsychologische bildung und Qualitätssichechosomatik an der MediziniWirkfaktoren rung schen Universität Graz/LKH• Flucht in esoterische Angebote Universitätsklinikum Graz und • Bewusstsein der PatientInnen Präsident der Österreichischen • Prognosen der WHO Gesellschaft für Psychosoma• Versorgungssituation begrüntik und Psychotherapeutische det Dringlichkeit einer StrukMedizin (ÖGPPM): „PsychoBiologische Soziale turierung somatischer BehandlungsbeWirkfaktoren Wirkfaktoren • der ärztlichen Ausbildung darf besteht bei körperlichen • der psychosomatischen VerBeschwerden ohne klinischen sorgungsangebote Befund, bei körperlichen Krank10 ÄRZTE KRONE 5/15 hat vor Kurzem einstimmig beschlossen, die psychosomatische Grundkompetenz in der Ausbildung der AllgemeinmediziAktuell beruht die Qualitätssicherung in ner fest zu verankern. Das war ein langer Psychosomatischer Medizin in Österreich Weg, der nun endlich erfolgreich ist. Die auf einer freiwilligen berufsbegleitenden Absolvierung eines WeiterbildungsangePsychosomatik ist nach der derzeitigen botes der Österreichischen Ärztekammer Planung der Ausbildung kein eigenes mit Diplomen für Psychosoziale, PsySonderfach und wird voraussichtlich in chosomatische und Psychotherapeutische Österreich auch keines werden. DrinMedizin (PSY I–III). Fazekas: „Wir haben gend wünschenswert wäre jedoch eine uns gefragt, ob dadurch die psychosomaSpezialisierung in jenen Sonderfächern, tische Versorgung ausreichend gesichert in denen psychosomatische Erkrankunist. Ebenso gilt es einzuschätzen, inwiegen eine entsprechende Rolle spielen. weit der auf breiter Basis entwickelte VorDie fächerübergreifende Zusatzausbilschlag eines Additivfaches für dung für Ärztinnen hat eine Psychosomatische Medizin als hohe Wahrscheinlichkeit umqualitätssichernde Strukturmaß„Die Ärztekammer hat vor kurzem einstim- gesetzt zu werden.“ nahme etabliert werden sollte.“ Das Problem liege jetzt bei den mig beschlossen, die psychosomatische Das Resultat: „Es zeigt sich einLändern, die die Ausbildung Grundkompetenz in der Ausbildung der hellig die Auffassung, dass Befinanzieren müssten, sich aber Allgemeinmediziner fest zu verankern.“ darf an einer weiterführenden dagegen wehren. Und generell Strukturierung der psychosoma- Dr. Karl Forstner gelte es, die Honorierungsfratischen Versorgung in Österreich ge psychosomatischer Leistunbesteht. Die Versorgung über die gen zu klären. Psy-Diplome für Mediziner ist „Eine weitere Herausforderung „Viele Kinder, die mit vordergründig nicht in einem ausreichenden wird in Zukunft sein, die Quasomatischen Beschwerden kommen, Maß gegeben.“ Die Studienaulität der Lehrenden zu sichern“, haben in Wirklichkeit eine psychotoren liefern auch Lösungsvorso Forstner, „dafür wird man schläge: „Beispiele für eine efnotwendigerweise auch quasomatische Ursache dafür.“ fiziente Kosten-Nutzenrelation litätssichernde Maßnahmen liegen im Bereich einzelner Prim. Univ.-Prof. Dr. Reinhold Kerbl noch definieren müssen.“ Krankheitsbilder und ambulanter sowie stationärer Versorgungskonzepte perlichen Ebene befassen.“ Strauss bietet Die Moderation der Diskussion übervor. Die Einführung eines Additivfacharz- in seiner Ordination auch Zeitfenster für nahm diesmal Prim. Univ.-Prof. Dr. tes für Psychosomatische Medizin erscheint ein ausführliches, ärztlich-psychosomati- Reinhold Kerbl, Vorstand der Abteilung umsetzbar und würde zur erforderlichen sches Diagnose- oder Therapiegespräch für Kinder und Jugendliche mit angeQualitätssicherung und flächendeckenden außerhalb der Ordinationszeiten. Er be- schlossenem Psychosomatik-SchwerVersorgung beitragen.“ tont auch, dass es „wichtig ist, dass ge- punkt am LKH Leoben. Er meint: „Die Fazekas: „Zum einen ist für die Aus- zielte Gesprächsführung aus dem über- psychosomatische Medizin in der Kinbildung zum Allgemeinmediziner ge- legten und reflektierten Gespräch besteht der- und Jugendheilkunde ist leider nicht plant so etwas wie psychosomatische und deren Technik als Qualifikation ge- in allen österreichischen Kinder- und Grundkompetenz zu vermitteln. Das ist nauso erlernt werden muss wie andere Jugendabteilungen etabliert. Meines Erinsofern besonders wichtig, weil den ärztliche Fertigkeiten. Und oftmals ist es achtens müsste das aber sein, weil sehr Allgemeinmedizinern diese wichtige dif- wichtig mit Gesprächspausen dem Pati- viele Kinder, die mit vordergründig soferenzialdiagnostische Funktion schon enten Raum zum Nachdenken zu geben“. matischen Beschwerden kommen, in Wirklichkeit eine psychosomatische Urzukommt. Als zweiter Bestandteil wird sache dafür haben.“ innerhalb der Facharztausbildung bei PSYCHOSOMATISCHE GRUNDKOMPEeinzelnen Fächern ein so genanntes MoDr. Hannelore Nöbauer TENZ IN AUSBILDUNG VERANKERN dul für psychosomatische Medizin etab1 Werden in Österreich Patienten mit psychosomatischen Störunliert sein, und darüber hinaus ist geplant, Dr. Karl Forstner, Vizepräsident der gen ausreichend versorgt? Eine Bedarfserhebung mit Lösungsvorschlag zur Qualitätssicherung für die Psychosomatische es einzelnen Fächern – nach Abschluss ÖÄK und Referatsleiter der psychosoMedizin in Österreich der Facharztausbildung – zu ermögli- matischen Medizin in der Ärztekammer: Leitner , Christoph Pieh , Franziska Matzer , Christian chen, sich in Richtung psychosomati- „Ein großer und wohl berechtigter Ein- Anton Fazekas wand vieler ist es, dass sich Ärzte nicht a Donau Universität Krems, Department für Psychotherapie und scher Medizin auch zu spezialisieren.“ Gesundheit Dr. Joachim Strauss, PPP (Referat für genug Zeit für das Gespräch mit dem b Biopsychosoziale Medizinische Universität Graz, Universitätsklinik für Medizinische Psychologie und Psychotherapie Psychosoziale-, Psychosomatische- und Patienten nehmen. Ein Grund liegt in Z Psychosom Med Psychother 59, 408–421 Psychotherapeutische Medizin) Refe- der zunehmenden Spezialisierung in der rent der Österreichischen Ärztekammer, Medizin, die den Blick auf die Gesamt- Quelle: http://www.donau-uni.ac.at/de/department/psymed/forberichtet im Anschluss aus der Praxis heit des Menschen unter Umständen ver- schung/evaluationpsychosozialereinrichtungen/projekt/id/19589/ index.php der psychosomatischen Medizin. „Der sperrt. Die Österreichische Ärztekammer http://www.donau-uni.ac.at/psymed ADDITIVFACHARZT GEFORDERT Konsultationsgrund des Patienten ist meistens ein körperliches Problem, hinter dem eine psychische Ebene, eine soziale Ebene und eine spirituelle Ebene stehen. Der Arzt erfasst dank seiner sehr guten körperorientierten Ausbildung die Krankheitsdaten auf körperlicher Ebene, für alle weiteren Ebenen bedarf es jedoch einer ausführlichen Ausbildung in Gesprächsführung und psychosomatischer Medizin. Die Ärzteausbildungsordnung neu soll diese Felder besser abdecken. Die Medizin sollte sich ebenso kompetent mit der psychischen wie mit der kör- a a b b ÄRZTE KRONE 5/15 11