Fachtagung „Lead-Free“ - neue
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Fachtagung „Lead-Free“ - neue
Bleifrei Fachtagung „Lead-Free“ Die Hilpert Electronics AG, Partner von Phoenix-Xray in der Schweiz, führte im April 2004 ein Fachseminar im ABB Forschungszentrum in Baden-Dätwil zum Thema „Lead-Free“ durch. Knapp 300 Teilnehmer aus unterschiedlichen Bereichen der Elektronikfertigung und -entwicklung kamen. Begleitend zu den Vorträgen fand eine Ausstellung statt, bei der man eine umfassende Auswahl an für die Bleifrei-Umstellung geeigneten Produktions- und Prüfmaschinen präsentierte. Roadmap Bleifrei Die ganztägige Vortragsreihe wurde eröffnet von Dr. Thomas Ahrens (ahrens@ isit.fhg.de), Fraunhofer ISIT Itzehoe, welcher einen kurzen Rückblick auf die „Roadmap Bleifrei“ gab und die Hintergründe der verabschiedeten Richtlinien erläuterte. Ahrens betonte, um größere Probleme zu vermeiden, halte er es für wichtig, die Umstellung als integrativen Aspekt über alle Unternehmensbereiche wie F & E, Fertigung und Einkauf zu betrachten. Seine Empfehlung an die Anwesenden war, entsprechende Projektgruppen ins Leben zu rufen und interne Projektschritte zu definieren. Noch keine Langzeituntersuchungen Beim nachfolgenden Referat zeigte Dr. Günter Grossmann (guenter.grossmann@ empa.ch) von der Eidgenössischen Materialprüfungsanstalt Dübendorf, wovon die Zuverlässigkeit bleifreier Lötstellen aus metallurgischer Sicht beeinflusst wird. In einer anschaulichen Demonstration des Kriechverhaltens machte Grossmann deutlich, dass diese maßgeblich von Temperatur und Temperaturschwankungen abhängig sei. Zeitverkürzte Labortests könnten die reellen Bedingungen im industriellen Einsatz nur unzureichend simulieren, weshalb aufgrund fehlender Langzeituntersuchungen momentan noch keine endgültigen Aussagen zu dieser Thematik möglich seien. Aus demselben Grund seien zwischen den verschiedenen bleifreien Legierungen noch kaum vergleichende Beurteilungen möglich, er empfehle jedoch, auch ZinnZink-Legierungen als Alternative zu den häufig benutzten Zinn-Silber-Legierungen in Erwägung zu ziehen. Trotz der geringeren Lagerfähigkeit habe man in anderen Ländern, beispielsweise in Japan, gute Erfahrungen damit gemacht. Aus Sicht der Materialwissenschaftler sagte Grossmann, müssten nicht zuletzt auch die Flussmittel noch optimiert werden, da die Benetzungseigenschaften der bleifreien Lote nachweislich schlechter seien als die der bleihaltigen. Phosphate statt Halogene Bild 1: Besucher der Fachtagung bei der Ausstellung 2 Einen anderen Aspekt der RoHS-Verordnung legte Peter Weber (peter.weber@ppcelectronic.ch) vom Leiterplattenhersteller PPC Electronic dar. Neben der Verwendung von Blei werde es ab Juli 2006 auch verboten sein, Halogene in der Elektronikfertigung einzusetzen, was vor allem die Leiterplattenhersteller betreffe. Bei der Herstellung von High-Tech-Produkten, wie viellagige Backplanes, dehne sich durch die höheren Löttemperaturen das Material stärker aus als bisher, weshalb es erforderlich sei, thermal stabilere Materialien zu verwenden. An die Stelle halogenhaltiger Materialien träten in Zukunft phosphathaltige Stoffe. Diese hätten akzeptable thermische Eigenschaften, jedoch die Tendenz, mehr Wasser aufzunehmen, wodurch es zu Delaminationen und Popcorning beim Löten kommen könne. Die beste Zuverlässigkeit lieferten Leiterplatten aus multifunktionalem thermostabilem Epoxy, wodurch mit einer Verteuerung von 8 bis 10 % zu rechnen sei. Variable Temperaturzonen angesagt Jürgen Friedrich (juergen.friedrich@ersa. de), Ersa Wertheim, referierte über die Anforderungen an Lötsysteme bei der Verarbeitung bleifreier Lote. Moderne Lötanlagen könnten relativ problemlos auf die neuen Lote konfiguriert oder nachgerüstet werden. Wichtig sei aus Sicht des Lötanlagenherstellers vor allem, eine genaue Analyse der Wärmeverträglichkeit der Baugruppen vorzunehmen, gegebenenfalls das Layout darauf auszurichten und die Temperaturprofile unter genauer Berücksichtigung des Lotwärmebedarfs und der Lotwärmeverträglichkeit einzurichten, um einerseits Überhitzung, andererseits unvollständige Lötungen zu vermeiden. Die optimale Lösung seien hier modernste Reflow-Lötanlagen, mit ihren variablen Temperaturzonen, mit denen durch spezielle Erhitzungsverfahren auch vergleichsweise günstige, nicht-hochtemperaturbeständige Bauelemente zuverlässig aufgelötet werden könnten. Bauellementhersteller rüsten sich Als Vertreter der Halbleiterindustrie stellte Dr. Friedrich-Wilhelm Wulfert (friedrich. productronic 7/8 ‘04 Bleifrei w.wulfert@freescale.com), Freescale (ehemals Motorola Semiconductors), den Stand der IC-Entwicklung für die bleifreie Verarbeitung dar. Im Rahmen des EPP (Environmentally Preferred Products) Programm beschäftige man sich schon seit Jahren mit den Vorgaben und Folgen der RoHS-Verordnung. Vor allem im Bereich der Vergussmassen bestehe hier noch Entwicklungsbedarf, wobei es den Halbleiterherstellern schwer falle, die tatsächlichen Bedürfnisse zu ermitteln, weil selbst ein Jahr vor Ablauf der Umstellungsfrist noch Zurückhaltung bei den Bestückern herrsche. Nach Vorstellung verschiedener Untersuchungsergebnisse zu den Eigenschaften bleiloser Packages forderte Wulfert auf, dass insbesondere Kunden aus dem Bestückbereich auf die Halbleiterhersteller zutreten sollten, um den aktuellen und zukünftigen Bedarf abzuklären. Nach genauer Definition der Anforderung könne man dann aus der Vielzahl der am Markt verfügbaren Bauelemente die in Punkto Temperaturverträglichkeit und mechanisches Verhalten am besten aufeinander abgestimmten auswählen. Generell die größten Probleme seien zu erwarten durch unterschiedliche Ausdehnungskoeffizienten der eingesetzten Materialien, durch Popcorning (Abhebung aufgrund von Dampf) und Whiskerbildung im bleifreien Lot. Rework ohne Probleme Dr. Thomas Ahrens empfahl, als zusätzliches Mittel zur Sicherung der Prozessführung Rework-Stations einzusetzen. Wie in großen Lötanlagen sei es zunächst wichtig, genaue Lötprofile zu erstellen, um Schäden an der Baugruppe oder der Lötverbindung zu vermeiden. Der Vorteil bei Rework-Einrichtungen sei die Möglichkeit, selektiv mit auf die einzelnen Baugruppen abgestimmten Temperaturprofilen, zu löten. Durch gezielte Nacharbeit könne man Ausschuss verhindern und gleichzeitig viele neue Erkenntnisse über das Prozessverhalten der verschiedenen Baugruppen erhalten. Somit seien laut Ahrens, Rework-Einheiten gut für den Einsatz in Design und Fertigung geeignet, um im die optimalen Temperaturprofile zu ermitteln. Röntgeninspektion unterstützt Umstellungsprozess Die „Röntgeninspektion bleifreier Lötstellen“ war Thema des Vortrages von Dr. Holger Roth (hroth@phoenix-xray.com), Phoenix-Xray Systems + Services GmbH. Untersuchungen hätten gezeigt, dass – obwohl man dies aus physikalischer Sicht hätte erwarten können – es hier keine productronic 7/8 ‘04 größeren Probleme im Vergleich zu bleihaltigen Loten gäbe. Mit Kenntnis der Prozesse und Fehlerbilder sei durch Anpassung einiger Parameter im Röntgenbild eine gute Darstellung der meisten Fehler wie Poren, schlechte Benetzung, Brücken und ähnliches zu finden. Durch gezielten Einsatz von Bildverarbeitungsmitteln könne man die Fehlerdarstellung zusätzlich noch verdeutlichen. In Versuchen habe sich gezeigt, dass beispielsweise bleifreie BGAs eine andere Porenbildung aufwiesen als bleihaltige. Daher sei die Röntgenuntersuchung als Methode der zerstörungsfreien Prüfung im gesamten Umstellungsprozess sehr zu empfehlen. Die E3-Initiative Im letzten Beitrag des Tages von Dr. Hamit Duran, Philips Semiconductors AG, erfuhren die Teilnehmer zum Thema „Change Management“ von den Möglichkeiten der Standardisierung im Halbleiterbereich gemäß den RoHS-Richtlinien. In der „E3“-Initiative, einem Zusammenschluss von STMicroelctronics, Philips Semiconductors und Infineon habe man Standards festgelegt, welche den Umstieg auf Bleifrei erleichtern sollen. So sei beispielsweise nach diesen Regelungen eine Kennzeichnung nach Gehäusetypen und RoHS-Konformität vorgesehen, welche anhand des Typenschilds mit Barcode nachvollziehbar sei. Diese Kennzeichnung werde einheitlich bei allen Produkten der beteiligten Hersteller umgesetzt und erleichtere sowohl den Kunden als auch dem Hersteller selbst die Abwicklung der Umstellung. Aus dem Aspekt „Traceability“ bringe die Kennzeichnung den Vorteil mit sich, dass eine Rückverfolgung zu jedem Zeitpunkt möglich sei. Die gesamte Umstellung unterläge einem übergeordneten Fahrplan, dennoch sei es möglich, individuelle Kundenwünsche zu berücksichtigen. Schlussbemerkung Die lebhafte Diskussion im Anschluss an die Vorträge zeigte, wie groß der Bedarf an einem Erfahrungsaustausch ist, und dass noch Unsicherheit seitens der betroffenen Unternehmen besteht. Die von Hilpert hervorragend organisierte Veranstaltung trug ihren Teil dazu bei, Ängste zu nehmen und die Hersteller realistisch an das Thema heranzuführen. (hb) Fax +49/56/4 83 25 20 www.hilpert.ch productronic 410 3