zkm_gameplay

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zkm_gameplay
zkm_gameplay
start new game !
Bernhard Serexhe
ZKM_Gameplay
Die Game-Plattform im ZKM
Eröffnung des ZKM im Jahr 1997
Der Bereich Welt der Spiele gehört seit
jeher zum ZKM
© ZKM | Zentrum für Kunst und Medientechnologie
Foto: ONUK
Zu allen Zeiten haben Menschen
gespielt, ja, man könnte sagen, dass die
gesamte Entwicklung des Menschen,
als Individuum­­­­­ wie als Gattung, sein
Mensch-Werden, ganz wesentlich auf dem
Spielen beruht, auf dem zweckfreien oder
zielgerichteten, lustvollen und ungezwungenen Ausprobieren seiner Fähig­keiten,
seiner sozialen Kompetenz und dem
Austesten­­­­ und beständigen Erweitern
seiner Grenzen. Spielend erkunden Kinder ihre Umgebung, und ebenso spielend
erlernen Jugendliche wie Erwachsene die
materiellen und sozialen Bedingungen
unserer komplexen Welt. Das Spiel als Medium stand daher schon
in den frühesten Konzepten im Blickpunkt
des ZKM. Seit Mitte der 1990er Jahre hat
das ZKM | Medienmuseum gezielt Videound Computerspiele in seine Sammlung
aufgenommen. Und bereits seit seiner
Eröffnung 1997 widmete das Medienmuseum eine ganze Museumsabteilung
der Welt der Spiele, in der Besucher aller
Altersstufen in unzähligen Computerspielen die Mythen und Aktionsformen der
aufkommenden digitalen Kultur erkunden
konnten. Bereits 1999 verlinkten sich im
Foyer des ZKM hunderte von Gamern zu
nächtelangen LAN-Parties. Und immer
wieder zeugten Computerspiele in Ausstellungen des ZKM vom zunehmenden
Interesse der Kunstwelt an diesem Genre.
Welt der Spiele – reloaded hieß dann auch
die im Rahmen der wegweisenden Ausstellung Die algorithmische Revolution
(2004) eingerichtete zweite Edition der
Spieleabteilung des Medienmuseums.
Waren schon vor der Jahrtausendwende
Computer- und Videospiele längst zu
einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor
3
geworden, so lässt sich heute an deren
enormer Verbreitung nicht nur der rasante
technische Fortschritt ablesen, sondern
auch die gestiegene Bedeutung des Computerspiels als allgemeine Kulturtechnik.
In der Jugendkultur sind Computerspiele eines der Leitmedien der digitalen
Gesellschaft geworden. Deshalb haben
weltweit Design- und Kunsthochschulen
Studiengänge eingeführt, in denen die
Produktion und Gestaltung von Computerspielen erlernt werden können. Durch
ihre massive Verwendung in allen öffentlichen Medien sowie in der Werbung und
der Filmindustrie im Besonderen, prägen
Computerspiele zunehmend unsere Bilder
von realen und virtuellen Welten.
Der Einsatz digitaler Techniken in der
Kunst lässt sich nicht von jenem im Computerspiel unterscheiden. Schon immer
haben sich KünstlerInnen kreativ und lustvoll mit den Möglichkeiten des Spiels auseinandergesetzt und damit wesentlich zur
Weiterentwicklung von Computerspielen
beigetragen. Gleichzeitig haben sie sich
in subversiv umgenutzten Game Engines
und selbst programmierten Art Games
die neuesten Techniken des Gameplay
angeeignet, um einer differenzierten und
kritischen Sicht Ausdruck zu verleihen.
Hieraus haben sich in den letzten beiden
Jahrzehnten mit den Art Games und den
Serious Games neue Spiele-Genres entwickelt, die eher in Ausstellungen und auf
Festivals zu entdecken als in den Game
Conventions der Spieleindustrie zu finden
sind.
Wenn das ZKM im Juni 2013 mit
ZKM_Gameplay seine dritte große
Game-Plattform eröffnet, so möchte es
hiermit seinem Publikum und vor allem
der Fangemeinde seiner Gamer aller
Altersstufen die Vielfalt neuer Strömungen­­­ und Genres im Computerspiel öffnen­­­­.
Die neue Game-Plattform des ZKM eröffnet vielfältige Möglichkeiten, sowohl
gängige, wie auch historische kommerzielle Computerspiele zu entdecken, als
auch – unabhängig von deren Markterfolg – Spiele kennenzulernen, bei denen
die kreativ­­-künstlerische Auseinander­
setzung im Mittelpunkt steht.
4
ZKM_Gameplay ist daher auch keineswegs die Kinderabteilung des Medien­
museums. Diese Plattform ist für alle
unsere BesucherInnen konzipiert; sie
bietet allen BesucherInnen spielerisch
Zugang zu faszinierenden Welten des
Spiels. Und sie ist eine Plattform im Fluss,
die sich durch beständigen Wandel an
aktuelle Spiele und Themen anpasst.
Start New Game!
Welt der Spiele 1997
Die obere Etage des ZKM | Medienmuseums
bekommt 2013 ein neues Gesicht:
ZKM_Gameplay – eine neue Plattform zu digitalen
Spielen und experimentellen Spielformen
© ZKM | Zentrum für Kunst und Medientechnologie
Stephan Schwingeler
Start New Game!
Kuratorische Bemerkungen
zur Game-Plattform ZKM_Gameplay
Feng Mengbo: Long March: Restart
in der Installationsansicht des MoMA PS 1
im Jahr 2010
ZKM_Gameplay zeigt das Kunstwerk
in einer 16 Meter langen Version
Foto: courtesy of Feng Mengbo
Das ZKM | Medienmuseum als Vorreiter
Seit der Eröffnung des ZKM im Jahr 1997
sind Computer- und Videospiele im
ZKM | Medienmuseum ausgestellt, da sie
einen wesentlichen Teil einer durch Digitalisierung geprägten Lebenswelt repräsentieren. Damit nimmt das ZKM | Medien­
museum eine deutliche Vorreiterrolle z.B.
gegenüber dem New Yorker Museum of
Modern Art ein, das erst seit November
2012 Computer- und Videospiele unter
dem Aspekt des Interaktionsdesigns in
seine Sammlung aufgenommen hat./1
Das ZKM hat die Relevanz des Computerspiels früh entdeckt und die Wirkmacht
des Mediums verstanden. Der Lehrer und
Sozialpädagoge Friedemann Schindler
und der Designer Frank den Oudsten
beginnen schon 1995 mit der Konzeption einer Dauerausstellung, die die als
vielschichtig identifizierten Ebenen des
Mediums Computerspiel abbilden soll.
Die bisherige Welt der Spiele ist durch
Friedemann Schindler besonders aus der
(medien)pädagogischen Warte geprägt.
Schindler und den Oudsten haben verschiedene Problematiken in Form von
Installationen adressiert (z.B. reflektiert
die Arbeit Licence to Kill Gewaltdarstellungen in den Medien). Die Ausstellung
Welt der Spiele bietet den Ausgangspunkt
für die neue Plattform ZKM_Gameplay.
Das digitale Spiel hat sich weiterentwickelt und stark verändert. Zwischen
Klassikern wie Pong (1972), Pac-Man
(1980) und aktuellen Titeln wie Heavy Rain
(2012) liegen technische, ästhetische und
nicht zuletzt wirtschaftliche Welten. Das
Computerspiel hat sich in mannigfaltige
Variationen, Genres, Facetten – und auch
Kunstszenen – aufgefächert und ist damit
7
zu einer komplexen Mediengattung avanciert. Das Computerspiel hat im Laufe
seiner Geschichte ein spezifisches Repertoire an Ausdrucksformen entwickelt.
ZKM_Gameplay im ZKM | Medien­
museum zeigt diese Entwicklungen
und präsentiert das Computerspiel als
Medium, das ein eigenständiges Selbstbewusstsein ausprägen konnte und in
eine Phase der Reflexion eintritt./2
Zwei Pole des Spiels: Game und Play
Im Deutschen bezeichnet das Wort Spiel
mindestens zwei Dinge, die im Englischen
mit den Worten game und play bezeich­
net­­­­­­ werden./3 Mit game ist meistens ein
bestimmtes Spiel gemeint, während­­
play auch das Spielen als Aktivität bezeich­­­­­
net. Das game folgt bestimmten Regeln,
während das play eine freie Betäti­gung ist.
Gameplay wiederum bezeichnet­­­­­ die Art
und Weise, wie der Spieler mit einem Spiel
interagiert. Es handelt sich also um eine
rezeptionsästhetische Kategorie: Die Entfaltung der Spielerfahrung in der subjektiven Wahrnehmung des Spielenden. Ein
gutes Gameplay ist das wichtigste Qualitätsmerkmal eines Spiels – egal ob analog
oder digital. Dieser­­­ viel­­schichtige Begriff
des Gameplay bezeichnet den neu gestalteten Bereich im ZKM | Medienmuseum,
der das digitale Spiel und das Spielerische
zum Thema hat.
Medienreflexion als zentrale Aufgabe
Das Medium des Computerspiels
wird in ZKM_Gameplay hinterfragt.
Dies geschieht, indem die Potenziale
des Computerspiels in den Mittelpunkt
rücken, anstatt seine Konventionen zu
zementieren. Die Auswahl der Exponate
hat einen starken Fokus auf experimentelle, unkonventionelle und künstlerische
Formen des Computerspiels. Mit der
Konzentration auf diese Potenziale des
Mediums zeigt sich die Vielschichtigkeit
des Gegenstands in aller Deutlichkeit
und lässt seine Wesensmerkmale zu Tage
treten.
Der Begriff der Medienreflexion nimmt
in der Neukonzeption der Plattform einen
zentralen Stellenwert ein. Die Games werden mit einem kritischen Blick betrachtet.
Die Präsentation von Computerspielen
soll dazu beitragen, das Medium zu erforschen und seine Implikationen, Bedingtheiten und Wesensmerkmale zugänglich
und verständlich zu machen. Damit trägt
ZKM_Gameplay zu einem gesellschaftlichen Bewusstseinsbildungsprozess bei
und vermittelt mannigfaltige Kompetenzen im Umgang mit dem Medium. Auf
diese Weise nimmt das ZKM | Medien­
museum an öffentlichen Diskursen teil
und kann diese mitprägen und gestalten.
ZKM_Gameplay präsentiert die ausgestellten Computerspiele und Kunstwerke – wenn möglich – in interaktiver,
spielbarer Form. Die BesucherInnen des
ZKM sind dazu eingeladen, die Games miteinander zu spielen und sich auf die Werke
der Game Art einzulassen. Ein Spiel, das
nicht gespielt wird, befindet sich in einem
seltsamen Zustand der Schwebe. Das
ungespielte Computerspiel existitiert nur
als statischer Code. Erst in der Verwendung des Spiels entfaltet das Medium sein
Potenzial. Alexander Galloway hat dies auf
dem Punkt gebracht – seine Einsicht zur
Theorie des Computerspiels lautet: »video
games are actions.«/4 Und genau dafür
steht auch ZKM_Gameplay.
Neue Entwicklungen seit der
Konzeption der Welt der Spiele
Seit der ursprünglichen Konzeption der
Ausstellung Welt der Spiele (und einer
Aktualisierung als reload im Jahr 2004)
haben Entwicklungen in Wissenschaft,
Kunst und Wirtschaft eingesetzt, die
wesentliche Einflüsse auf die Konzeption
von ZKM_Gameplay haben.
8
Wissenschaft: Entwicklung
der Game Studies
Ausgehend von der großen kulturellen und
wirtschaftlichen Wirkmacht der Games
hat sich eine kulturwissenschaftliche
Auseinandersetzung mit dem Gegenstand des Computerspiels entwickelt,
der über eine pädagogische Perspektive
hinausgeht und nach ›Bedeutungen‹ der
Games fragt. Die sich ab ca. 1999 formierenden Game Studies nehmen Computer­
spiele als vielschichtige Gegenstände
und ausdrucksstarke Artefakte wahr./5
Die aus den Game Studies stammenden
theoretischen Einflüsse stellen ein wichtiges wissenschaftliches Fundament für
ZKM_Gameplay dar. Im Zuge der Theore­
tisierung des Spiels ist – wenn auch in
Ausnahmen – die Kunstgeschichte /
Kunstwissenschaft auf den Gegenstand
aufmerksam geworden und hat begonnen,
diesen kritisch zu bearbeiten./6 Wichtiges
Ergebnis: Die enge Verwandtschaft von
interaktiver Medienkunst und Computerspielen ist heute anerkannt. /7
Heinrich Klotz, Gründungsdirektor des
ZKM, bescheinigt schon 1997 der gesamten Gattung der interaktiven Medienkunst
spielerischen Charakter. Klotz betrachtet
das spielerische Moment der interaktiven
Medienkunstwerke als Besonderheit und
verweist indirekt auf die strukturellen
Gemeinsamkeiten von Kunst und Spiel,
die sich durch Freiheit bei gleichzeitiger
Regelgerichtetheit auszeichnen. So
schreibt er Bezug nehmend auf Johan
Huizingas­­­­ Publikation Homo ludens /8
über Jeffrey Shaws Kunstwerk The Legible­
City (1988—1991): »Und das Ganze hat
etwas Spielerisches. Das Kunstwerk ist
wieder Spiel geworden, der Mensch ein
Homo ludens.«/9 Klotz unterscheidet
deutlich zwei Modi des Kunstwerks, die
eine jeweils spezifische Form der Rezeption erfordern: Sehen statischer Bilder und
Handeln mit bewegten Bildern:
»Das bewundernde Verstummen angesichts reinen Sehens tritt zurück gegenüber der Entdecker- und Handlungsfreude
interaktiver Aufforderung: Die Grenze
zum Spiel wird überschritten. Die Freiheit
des intellektuell sinnlichen Spiels kann
genossen werden. Interaktion ist niemals
Ruhe der Anschauung, sondern immer
bewegtes Bild, Handeln, spielendes Verändern der Vorgaben innerhalb begrenzter
Möglichkeiten.«/10
Kunst: Computerspiele als
künstlerisches Material
Ab ca. 1995 beginnen KünstlerInnen mit
dem Medium Computerspiel als Material­­­­­
umzugehen und/oder die von Games
ausgehenden kulturellen Einflüsse aufzugreifen und mittels anderer Medien zu
verarbeiten./11 Als erstes Beispiel einer
künstlerischen Auseinandersetzung mit
Computerspielen kann Orhan Kipcaks
und Reinhard Urbans Computerspiel­
modifikation Arsdoom (1995) gelten. Unter
dem Etikett der Game Art ist seitdem ein
reicher Fundus an künstlerischen Arbeiten
entstanden. Zahlreiche Ausstellungen,
die sich seit 1999 Computerspielen und
künstlerischen Auseinandersetzungen
mit Computerspielen gewidmet haben,
können dies untermauern./12 Es lassen
sich Kunstwerke international bedeutsamer KünstlerInnen mit Bezug zu Computerspielen anführen – darunter z.B. Feng
Mengbos Long March: Restart (2008) oder
auch Bill Violas The Night Journey (2010).
Diese künstlerischen Positionen abzubilden, zu dokumentieren und zu begleiten
ist eine zentrale Aufgabe von ZKM_Gameplay.
Wirtschaft: Indie Games als Alternative
zum Mainstream-Computerspiel
Natürlich haben auch kommerzielle
Computerspiele in ZKM_Gameplay ihren
prominenten Platz, da das Computerspiel
seine größte Ausprägung im unterhaltungsindustriellen Bereich hat. Digitale
Spiele sind – eingespannt in eine global
agierende Unterhaltungsindustrie – wirtschaftlich bedeutsame Produkte, die in
ihrer Beliebtheit mit dem Hollywood-Kino
konkurrieren und dessen Bild- und
Klangwelten gleichzeitig ästhetisch
beeinflussen­­­­ – sowie von diesen beinflusst
werden. Computerspiele sind darüber
hinaus eine Triebfeder innovativer technischer Entwicklungen und sind ein Grund
9
für die stetige Leistungssteigerung von
Hardware, die selbstverständlich ebenfalls im Rahmen von Marktinteressen zu
verstehen ist.
Parallel zur künstlerischen Entwicklung
und Kunstgeschichte des Mediums zeigt
sich, dass auch kommerzielle Spiele die
Charakteristika und die Konventionen des
Mediums auszuloten und zu hinter­fragen
beginnen. Computerspiele befinden
sich zurzeit in einer Phase der Selbstbeobachtung und Selbstreflexivität, in der
sie sich für allerlei Experimente zu öffnen
beginnen­­­­. Diese Tendenzen lassen sich vor
allem in einer ›unabhängigen‹ aber dennoch­­­ auf Marktinteressen ausgerichteten
Independent Games-Szene ausmachen.
Diese sogenannten Indie Games
halten Alternativen zu Mainstream­
Computerspielen bereit. Ein Fokus von
ZKM_Gameplay liegt auf diesen Spielen,
die teilweise von einzelnen oder wenigen
Autoren stammen und individuelle Positionen darstellen. Dazu gehören Games wie
Jason Rohrers Passage (2007), Krystian
Majewskis Trauma (2010) oder Ed Keys
und David Kanagas Proteus (2009—12). Als
Beispiele – auch für finanziell erfolgreiche
Alternativtitel sei auf Markus »Notch«
Perssons Minecraft (ab 2009) sowie
Journey­­­­­ (Jenova Chen, thatgamecompany,
2012) verwiesen. Die Indie Games verfügen heute über eigene Festivals, Infrastrukturen, finanzielle Mittel usw. Indie
Games loten das Medium oft in einer stärkeren Qualität aus als es die sogenannten­­­­
AAA-Titel der großen Publisher tun. Hier
zeichnet sich eine ähnliche Struktur ab,
die auch im Verhältnis des Studiosystems in Hollywood zu seinem kleineren
Pendant des scheinbar unabhängigen
Independent Films zu beobachten ist. In
ZKM_Gameplay werden kommerzielle
Spiele ausgestellt, die sich z.B. auszeichnen durch eine besonders kreative Spiel­
idee, einen interessanten experimentellen
Anspruch, große kulturelle Wirkmacht
oder ein besonderes Bewusstsein der
eigenen Mittel und Ausdrucksformen.
Ernste Spiele – Serious Games
Daneben zeigen so genannte Serious
Games wie z.B. Jens M. Stobers 1378(km),
das die Situation von Flüchtlingen an der
deutsch-deutschen Grenze thematisiert,
sowohl die politischen Implikationen als
auch didaktischen Potenziale des Computerspiels. Computerspiele transportieren
Inhalte, Bedeutungen und Ideologien und
können demnach ein politisches Medium
sein, im positiven, aufklärerischen wie
im verführenden, propagandistischen
Sinne./13 Sie fungieren zudem als Sozialisationsagenten und bieten SpielerInnen
Angebote zur Identifikation an. Computer­
spiele stellen eine populäre Form dar,
durch die sich gesellschaftlich relevante
Prozesse von Medienumbrüchen und
Digitalisierung anschaulich präsentieren
lassen. All dies wird In ZKM_Gameplay
aufgezeigt.
selbstreflexive Phase einsetzen oder sich
vorbereiten kann.« (Hensel 2011a, S. 56.
Lorenz Engell zitiert nach: Engell 2001,
S. 52 und 54). Lorenz Engell unterscheidet
vier Phasen medialer Entwicklung:
1. Spektakuläre Phase. 2.Phase des Selbstentzugs und Fremdorientierung: Fotografie orientiert sich an
Malerei, Film orientiert sich am Theater,
das Computerspiel orientiert sich am
Film.
3.Phase der Selbstverständlichkeit: Das
Medium verschwindet aus dem Medium
und verzichtet darauf, sich selbst zur
Sprache zu bringen, indem es in »Transparenz« aufzugehen gedenkt. 4.Phase der verstärkten Selbstbeobachtung und Selbstreflexivität, Selbstthematisierung, Selbstkritik, Avantgardebildung und Öffnung des Mediums für
die Kunst.
Vgl. Engell 2001.
—
Anmerkungen
/1
Vgl. http://www.moma.org/explore/
inside_out/2012/11/29/video-games14-in-the-collection-for-starters/
[04.05.2013].
/2
»Tatsächlich befindet sich das Computerspiel gemäß der Diktion von Lorenz Engell,
der Medien in vier Phasen sich entwickeln
sieht, in seiner vierten Phase, derjenigen
der ›verstärkten Selbstbeobachtung und
Selbstreflexivität‹. Das Medium entwickelt­­›Zugriff auf sich selbst, auf seine vergangenen Entwicklungsphasen, auf das
in ihrem Verlauf entwickelte Regelwerk
etwa, und setzt sich selbst damit auseinander. In vielen Fällen kommt es dabei
z. B. zu einer Zeit der experimentellen
Erprobung und Erweiterung der eigenen
technischen, ästhetischen und pragmatischen Möglichkeiten. [ … ] ein Ästhetisierungsvorgang, der häufig als Avantgardebildung formalisiert wird. Die Öffnung
des Mediums für die Kunst [ … ] ist etwa
eine typische Verlaufsform, mit der die
10
/3
In Les Jeux et les Hommes (1958) prägt
der französische Soziologe und Philosoph Roger Caillois die Begriffe ludus und
paidia­­­­ für die beiden Pole des regelgerichteten und freien Spiels, die wiederum mit
game und play korrespondieren. Vgl. die
deutsche Ausgabe Caillois 1982, S. 20.
/4
Galloway, Alexander R.: Gaming. Essays on
algorithmic culture, Minneapolis, 2006, S. 2.
/5
Zur interdisziplinären Entwicklung der
Game Studies vgl. Kücklich, Julian: Invaded Spaces. Anmerkungen zur interdisziplinären Entwicklung der Game Studies,
in: Siegener Periodicum zur internationalen empirischen Literaturwissenschaft
- SPIEL, Bd. 23: Nr. 22004, S. 285—304. Vgl.
zudem Aarseth 2001, Perron/Wolf 2003,
Raessens/Goldstein 2005, Mäyrä 2008,
Perron/Wolf 2009.
/6
Hier sind insbesondere bildwissenschaftliche Arbeiten hervorzuheben: Vgl. Schwingeler 2008, Hensel 2008, Schwingeler/
Gehring 2009, Lohoff/Schwingeler 2009,
Hensel 2011, Hensel 2011a, Beil 2012.
/7
Der Australier Jason Wilson verfolgt eine
gemeinsame medienarchäologische
Linie von Nam June Paiks (1932—2006)
TV-Arbeiten­­­­ und frühen Computerspielen
wie Pong, die sich nicht nur eine gemeinsame Entstehungszeit teilen, sondern
die auch vor einem Zeitgeist und den
Verheißungen des »technological uto­
pianism« im Kontext der 1960er und 70er
Jahre gelesen werden können. Damit ist
eine Gemeinsamkeit zwischen digitalen
Spielen und interaktiver Medienkunst
auch historisch belegt. Vgl. Wilson 2007,
S. 123—185; Wilson 2006. In einem Aufsatz
von 2009 bringt Söke Dinkla Computer­
spiele und interaktive Medienkunst
deutlich in Verbindung, ordnet sie unterschiedlichen Kontexten (Unterhaltungsindustrie vs. Kunstwelt) zu und bezeichnet
sie als »(un)gleiches Geschwisterpaar«.
Interaktive Medienkunst ist deutlich
dem Kunstkontext zuzuordnen, während
Computerspiele im Kontext der Unterhaltungsindustrie stattfinden (Dinkla
2009). KünstlerInnen überführen aber
Computer­spiele in den Kontext des Kunstsystems und machen sich dazu verschiedene Strategien zu Nutze. Heute gibt es
künstlerische Computerspiele, die sowohl
dem Kontext der interaktiven Medienkunst als auch dem Kontext des Computerspiels zuzuordnen sind. Damit ist eine
konstruierte Trennung zwischen interaktiver Medienkunst und Computerspielen
prinzipiell obsolet. Inge Hinterwaldner
bemerkt in Das systemische Bild: »Diese
Trennung in Computerspiele einerseits
und interaktive Kunst andererseits lässt
sich heute nicht mehr aufrechterhalten,
da es künstlerische Computerspiele gibt«
(Hinterwaldner­­­­ 2010, S. 80).
/8
Die Erstausgabe von Homo ludens
stammt aus dem Jahr 1938. Vgl. Huizinga,
Johan: Homo ludens: vom Ursprung der
Kultur im Spiel, Reinbek bei Hamburg,
1987.
11
/9
Klotz, Heinrich [Hrsg.]: Kunst der Gegenwart, München, New York, 1997, S. 27.
/10
Klotz, Heinrich [Hrsg.]: Kunst der Gegenwart­­­, ebd., S. 23.
/11
Zu künstlerischen Strategien vgl.
Schwingeler­­­­, Stephan: Kunst mit
Computer­spielen­­­: Künstlerische Strate­
gien und kunsthistorische Bezüge, in:
Wimmer, Jeffrey, Mitgutsch, Konstantin
und Rosenstingl, Herbert [Hrsg.]: Applied
Playfulness­. Procee­dings of the Vienna
Games Conference 2011: Future and
Reality­­­­­ of Gaming, Wien, 2012, S. 219—235.
/12
Eine exemplarische Auswahl von Ausstellungen, die künstlerische Computerspiele
und Computerspielmodifikationen
gezeigt haben sind z.B. Synreal in Wien
(1999), Cracking the Maze (online, 1999),
The Game Show (Mass MoCA, North
Adams, 2001-2002), Games – Computer­
spiele von KünstlerInnen (Phoenix Halle,
Dortmund, 2003), GameArt (Völklinger
Hütte, Völklingen, 2003) oder Artgames
(Ludwigforum, Aachen, 2005). Folgende
miteinander verwandte Ausstellungen­
fanden als Ausstellungstrilogie im
LABoral­­­­ Centro im spanischen Gijón statt:
Gameworld (2007), Playware (2007—2008)
und Homo Ludens Ludens (2008). Schon
1989 werden Computerspiele ausgestellt.
Die von Rochelle Slovin kuratierte
nicht-künstlerische, technik-historische
Ausstellung Hot Circuits: A Video Arcade
(06. Juni 1989 bis 20. Mai 1990) zeigte frühe
münzbetriebene Spielautomaten im
Museum of the Moving Image in New York.
/13
Vgl. Schrape, Niklas: Die Rhetorik von
Computerspielen: Wie politische Spiele
überzeugen, Frankfurt am Main, 2012.
Adam Rafinski
Are you ready for Gameplay?
Eine Ausstellungsplattform für die Kultur
des zeitgenössischen Spiels
Amanita Design: Botanicula
Charakterstudien, 2012, courtesy of Amanita Design
Und doch beginnt sich herumzusprechen,
daß Kunst eine Art von Spiel ist, daß man an
die Malerei oder das Fotografieren mit den
gleichen Kategorien herangehen kann wie
ans Kegeln oder an Poker, und daß diese Kategorien in Form von Algorithmen ausgedrückt
werden können. Das beginnt sich herumzusprechen, weil Computerspiele immer deutlicher ins allgemeine Bewusstsein drängen. /1
vilém flusser
Spielraum ebenso für ein breites wie für
ein fachspezifisches Publikum und geht
der Frage nach der historischen, kulturellen und künstlerischen Bedeutung des
algorithmischen Massenmediums und der
Spielkultur nach. Die Plattform bietet ein
bislang einzigartiges Forum, um die kultu­
relle Bedeutung dieses Mediums in all
seinen Facetten gemeinsam im Dialog mit
dem Besucher zu beleuchten.
Während im 20. Jahrhundert Film und
Kino das bewegte Bild zur dominierenden
Medienform avancieren ließen, machen
heute Computerspiele als ein Leitmedium
des 21. Jahrhunderts zentrale Errungenschaften der Medienkünste einem breiten
Publikum zugänglich. Unsere Erfahrung
des Spiels ist nicht nur durch technologische Entwicklungen in der Computer-,
Informations- und Kommunikationstechnologie gezeichnet, sondern auch in der
Entwicklung künstlerischer Fragestellungen seit den 1960 er Jahren begründet.
Performance, Konzept- und Kontextkunst,
sowie die Frage nach dem erweiterten
Kunst- und Medienbegriff sind eng verbunden mit der Entwicklung des Mediums
Computerspiel. So lässt sich eine zunehmende gesellschaftliche Aufwertung von
spielerischen Aktivitäten in der Unterhaltungs- und Kulturindustrie beobachten.
Der Freiraum für Spielentwicklung wächst
mit der kulturellen Popularität und den
ökonomischen Erfolgen der Games. Entsprechend verändert sich auch unser
generelles Verständnis vom Spiel.
Das ZKM | Medienmuseum in Karlsruhe widmet seit 1997 dieser Entwicklung
als erste Kulturinstitution weltweit eine
eigene Plattform. ZKM_Gameplay ist ein
Das Spiel als Kunstform
Games repräsentieren eine neue lebendige
Kunstform, welche genauso angemessen
für das Digitale Zeitalter ist wie es frühere
Medien­formen für das Industriezeitalter
waren. Sie eröffnen neue ästhetische Erfahrungen und verwandeln den Computerbildschirm in ein Reich des Experimentierens
und der Innovation, das einer breiten Masse
zugänglich ist. Und Games wurden von einer
Öffentlichkeit angenommen, die sich von
Vielem u
­ nbeeindruckt zeigte, was als Digitale
Kunst gilt./2
henry jenkins
Übersetzung des Verfassers 13
Ein zentraler Fokus von ZKM_Gameplay
ist die künstlerische Verwendung der
Compu­terspiele als Material und dessen
inhaltliche Behandlung in zeitgenössi­
schen Kunstpraktiken. In letzter Zeit lässt
sich eine stärkere Überlagerung von
unabhängigen aber kommerziellen Indie
Games und künstlerischen Art Games
beobachten. Die Popularität von Indie
Games hat die kommerzielle Verfügbarkeit von Art Games bestärkt. Seit dem
enormen Einfluss von Marcel Duchamps
Kunstverständnis und spätestens seit
dem Aufkommen avantgardistischer
Bewegungen wie dem Futurismus,
Dadaismus und Fluxus wurde der Produktionshergang von Kunst unter strikten
Regelsetzungen prominent eingeführt.
Der Frage, ob Computerspiele mit großen
Werken des Thea­ters, des Films, usw. vergleichbar sind, kann nur nachgegangen
werden, wenn ihnen ein Platz in Museen
eingeräumt wird. Erst eine solche Verortung macht diesen Vergleich überhaupt
erst möglich. Die große Herausforderung
zeigt sich im Moment der genuinen Sinnlosigkeit des Spielens, welche durch die
gesteigerte Erfahrung elektronischer, virtueller Welten im 21. Jahrhundert radikal
erweitert wird. ZKM_Gameplay offenbart
jedoch, dass Spiele einerseits den freien
Fluss der Fantasie und der Improvisation
beflügeln (play) und andererseits systemund kulturgebende Mechanismen hervorbringen, die es uns erlauben, gemeinsam
unser Realitätsbild zu formen (game). Die
große Stärke der Plattform ist es, den
Besucher für beide Extreme zu sensibilisieren und mit dem Vorurteil aufzuräumen, dass Spiele nicht Spaß machen und
zugleich ein kritisches Potenzial haben
können.
Spieldesign ist Erfahrungdesign. Entsprechend muss ein Ausstellungsdesign,
das Spiele zum Gegenstand hat, selbst zu
einem Ort werden, in dem Spiele gespielt
und zugleich reflektiert werden können.
Wird der Raum zu sehr determiniert, so
läuft man Gefahr den Reflexionsraum
des Museums zu hintergehen. Bleibt er
zu vage, dann geht man das Risiko ein,
dem ästhetischen Potenzial der Werke
nicht gerecht zu werden. ZKM_Gameplay
hält jedoch die notwendige Balance und
erlaubt es, uns eine Brücke zwischen der
Geschichte, der Kultur und dem künstlerischen Potenzial des Spiels mit dem
Medium zu schlagen. Johan Huizinga
hat in seinen Werk Homo Ludens: Vom
Ursprung der Kultur im Spiel aufgezeigt,
inwiefern der Reiz, ein Experiment einzugehen, dessen Ausgang ungewiss ist, mit
der Generierung von Kulturgütern zusammenhängt. Konsequenterweise muss das
Museum zu einem hochkonzentrierten
Spielfeld und Experimentierlabor werden,
14
für welches das ZKM in Karlsruhe seiner
Ausrichtung und Beschaffenheit nach
prädestiniert ist.
Spiele müssen gespielt werden, um die
Möglichkeit zu haben, ihre Argumentation
zu entfalten. Zu Spielen bedeutet, sich zu
öffnen für den ungewissen Ausgang des
Spiels oder, wie man so schön sagt: etwas
auf’s Spiel zu setzen. In ihnen finden wir
jene Magie, welche wir in dem Staunen
des ›Ersten-Mals‹ ausdrücken. Um mit
Huizinga zu sprechen: »Um wirklich zu
spielen, muß der Mensch, solange er spielt,
wieder Kind sein.«/3 Spiele leben von der
prozedualen Rhetorik,/4 die sich erst in
der Ausführung ihres Regelwerks ausdrückt, und implizieren damit als Medium
eine Unabgeschlossenheit. Dies kann
nur unter der Prämisse eines Wir-tun-soals-ob sinnstiftend sein./5 Daher stellt die
Präsentation von Spielen das Museum vor
ähnliche Herausforderungen, wie man
sie z.B. bei Ausstellungen von Fluxus-Objekten oder der Land Art vorfindet: Sobald
sie in den abgesicherten und abgeklärten
Raum des Museums überführt werden,
verlieren diese nur zu oft die Möglichkeit,
sich überhaupt noch zu entfalten. Künstlerische Spielformen sind unausstellbar,
wenn sie nicht die Möglichkeit haben,
ausgeführt zu werden und damit ganz
den Raum und ihre Zeit für sich zu beanspruchen. Aus diesem Grund passt sich
ZKM_Gameplay auch dem offenen, unabgeschlossenen, unsicheren Charakter
seiner Exponate an. Mit anderen Worten:
Der Museumsbesucher und die Institution
müssen gemeinsam zu Spielern werden,
um Zugang zum Werk zu erlangen.
Das Museum als Spielwiese
Wenn Fotografien Bilder sind und Filme
bewegte Bilder, dann sind Videospiele Handlungen. Soviel zur Videospieltheorie. Ohne
Handlungen bleiben Spiele in den Seiten eines
abstrakten Regelbuchs verhaftet. Ohne die
aktive Teilnahme der Spieler und der Apparate existieren Videospiele nur als statischer
Computer­code. Videospiele entstehen erst,
wenn der Apparat eingeschaltet und Software
ausgeführt wird; sie existieren, wenn sie ausgeführt werden./6
alexander galloway
Übersetzung des Verfassers
Im 19. Jahrhundert wurde noch ange­
nommen, dass Menschen durch die bloße
Ausstellung von Objekten Zugang zu
Wissen­­­­ gewinnen könnten. Heute wissen
wir jedoch, dass Lernen ein aktiver Prozess
ist. Viele Museen neigen dennoch auch
heute noch dazu, dieser Vorstellung der
didaktischen Informationsvermittlung
nachzugehen. Das ZKM jedoch lädt seine
BesucherInnen dazu ein, am Prozess der
Sinngenerierung im gemeinsamen Spiel
teilzunehmen. »Der Mensch spielt nur, wo
er in voller Bedeutung des Worts Mensch
ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er
spielt.«/7 Das museale Schauspiel kann
der Kultur des Spiels nur gerecht werden,
wenn sie dieser Einsicht Friedrich Schillers
Raum gibt. Hier wird die Ausstellung zu
einer lebendigen Bühne und der Besucher
zum Interpreten und Performer.
Kuratoren, Künstler und Besucher dieser Kunst- und Diskursform geben sich
nicht einfach damit zufrieden, mit einer
Konstellation von Werken konfrontiert zu
werden, die prinzipiell vorhersehbar sind.
Das Anliegen von ZKM_Gameplay ist es
daher, eine Balance zwischen dem spiel­
immanenten Staunen des Ersten-Mals
(play) und dem diskursgebenden, kulturellen Wert der Spiele mit dem Medium
zu finden (game). In diesem Sinne sind
Besucher dazu eingeladen, nicht nur passiv zu sein, sondern verschiedene Rollen
in dem Museumsritual, z.B. des Gelehrten,
des Touristen, des Experten, der kulturinteressierten Person, des Romantikers, des
Führers einer Gruppe, etc. auszuführen.
15
Dadurch erlaubt es die Ausstellungsplattform, den Museumsbesuch mit anderen
Augen wahrzunehmen und durch die
Konfrontation mit der Kultur des Spiel zu
erweitern. Die BesucherInnen sind daher
aufgefordert, sich gemeinsam mit dem
ZKM | Medienmuseum in ihren mannig­
faltigen Rollen als Koproduzenten von
ZKM_Gameplay zu verstehen und gemeinsam mit uns zu spielen.
—
Anmerkungen
/1
Flusser, Vilém: Gesellschaftsspiele, in:
Hartwagner et al. [Hrsg.]: Künstliche
Spiele, München, 1993, S. 114.
/2
Jenkins, Henry: Games, The New Lively Art,
in: Hartley, John [Hrsg.]: Creative industries, Malden, Mass., 2005, S. 313.
URL: http://web.mit.edu/cms/People/
henry3/GamesNewLively.html [11.06.2013].
/3
Johan Huizinga: Homo Ludens. Vom
Ursprung der Kultur im Spiel, 1987, S. 215.
/4
Vgl. Bogost, Ian: Persuasive games:
the expressive power of videogames,
Cambridge, Mass., 2007.
/5
Vgl. Bateson, Gregory: Eine Theorie des
Spiels und der Phantasie, in: Pias, Claus
und Holtorf, Christian [Hrsg.]: Escape!
Computerspiele als Kulturtechnik, Köln,
2007, S. 193—208.
/6
Galloway, Alexander R.: Gaming. Essays on
algorithmic culture, Minneapolis, 2006, S. 2.
/7
Schiller, Friedrich: Über die ästhetische
Erziehung des Menschen, Stuttgart, 1986
(1795/96), S. 63.
/1
/2
Jodi
(Joan Heemskerk, *1968
und Dirk Paesmans, *1965)
SOD
1999
—
Computerspielmodifikation
basierend auf Wolfenstein 3D
(id Software, 1992),
PC
—
Die Computerspielmodifikation SOD des
niederländisch-belgischen Künstler­
paares Jodi basiert auf dem berüchtigten
und in Deutschland indizierten EgoShooter­­­­­ Wolfenstein 3D. In Wolfenstein
3D müssen die SpielerInnen aus einer
Burg fliehen und sich gegen Nazis zur
Wehr setzen. Der Endgegner ist Adolf
Hitler persön­lich, der als Abziehbild
eines »Superschurken« im martialischen
Kampfanzug auftritt.
Ego-Shooter wie Wolfenstein 3D sind
darauf angelegt, den Eindruck zu er­­
wecken, dass sich die SpielerInnen in die
perspektivisch dargebotene Räumlichkeit
des Bildes hineinbewegen.
Bei SOD handelt es sich um eine Dekonstruktion dieses Illusionsraums, der durch
die Bildlichkeit von Wolfenstein 3D aufgeworfen wird. Die visuelle Oberfläche
des Spiels ist in Ungegenständlichkeit
überführt. Jodi haben jedes Bildelement
des Originalspiels durch einfache geometrische Formen oder Buchstaben ersetzt.
Das Szenario des Actionspiels, das die
Handlung dramatisch auskleidet und
narrativ unterfüttert, wird auf diese Weise
vollständig negiert und das Spielgefüge
empfindlich gestört.
—
Foto: courtesy of Jodi
Jodi
(Joan Heemskerk, *1968
und Dirk Paesmans, *1965)
Max Payne Cheats Only
2005
—
Machinima basierend auf Max Payne
(Remedy, 2001),
digitales Video
—
Max Payne Cheats Only zeigt als Video
wie die KünstlerInnen das Actionspiel
Max Payne steuern. Anstatt das Game
in der intendierten Weise zu spielen, d.h.
der Geschichte zu folgen, die Gegner
abzuschießen und sich von Abschnitt
zu Abschnitt durch die Räume des
Spiels zu bewegen, verwenden Jodi die
Software in einer der Spielidee entgegen
gesetzten Weise. Jodi versetzen durch ihre
Hand­lungen das Spiel in funktionslose
Schwebezustände und Endlosschleifen.
Es entstehen durch ihre Performance
absurde Perspektiven, Bildfehler und
Wieder­holungen, die den Eindruck
erwecken­­­­ können, das Programm habe
einen Absturz erfahren und verharre in
einem Zustand des Error.
Das Spiel Max Payne befindet sich
zudem in einer Art offenem Modus,
der ursprünglich nur für die Entwickler
gedacht war. In diesem Modus lässt sich in
die Programmstruktur eingreifen und das
Spiel auf bestimmte Weise verändern und
beugen: So wird beispielsweise möglich,
die Spielfigur durch scheinbar massive
Wände zu steuern. Die SpielerInnen von
Computerspielen machen sich solche
Eingriffe in die Games zu Nutze, um sich
Vorteile im Spiel zu verschaffen (z.B.
Unverwundbarkeit, unendliche Leben
etc.). Dieses Mogeln hat als sogenanntes
›Cheating‹ eine eigene Tradition und
reichhaltige Kultur in der Computerspielgeschichte.
—
Foto: courtesy of Jodi
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Jodi
(Joan Heemskerk, *1968
und Dirk Paesmans, *1965)
Untitled Game: CTRL-Space und
Untitled Game: Arena
1998—2001
—
Computerspielmodifikationen
basierend auf Quake (id Software, 1996),
PC
—
Jodis Serie Untitled Game besteht
aus verschiedenen Levels für den EgoShooter­­­­ Quake. Bei den in ZKM_Gameplay
präsentierten Levels handelt es sich um
Ctrl-Space und Arena.
Ctrl-Space ist der erste Versuch der
KünstlerInnen KünstlerInnen Heemskerk
und Paesmans, Computerspiele als Material zu verwenden. Ein Prototyp entsteht
schon 1998 für das Budapester Medienkunstzentrum C3. Die Arbeit überführt
den Spielraum des Ego-Shooters Quake in
ungegenständliche Formen, die von den
SpielerInnen verändert werden können.
Der Level Arena stellt die weitreichendste Behandlung des Originalspiels
Quake dar: Den SpielerInnen wird nur eine
weiße Fläche dargeboten, die von den
Bildelementen gerahmt ist.
Arena repräsentiert die Veränderung
eines Spiels hin zu einem gänzlich
unspielbaren Spiel und steht für den
radikalsten Eingriff in die Strukturen des
Gameplay, der überhaupt möglich ist.
Der Grad der Abstraktion geht hier bis zur
vollständigen Auslöschung gegenständlicher Bilder, die durch die Löschung von
Codezeilen bewerkstelligt worden ist.
Die angewandte künstlerische Strategie
der Löschung weckt Assoziationen an
monochrome Bilder der Kunstgeschichte
wie z.B. Robert Rauschenbergs White
/4
19
Paintings (1951) sowie seine ausradierte
Zeichnung: Das Erased De Kooning
Drawing­­­­ (1953). Nam June Paik lässt 1963
mit Zen for Film einen unbelichteten,
›leeren‹ Filmstreifen durch einen Projektor
laufen.
Bei Arena handelt es sich um ein
widersprüchliches Gebilde, das Hand­
lungsangebote an den Nutzer bereit
hält, sich einer sinnvollen Verwendung
aber vollständig entzieht. Damit wird die
Handlung mit einem Computerspiel ins
Absurde übersteigert und auf diese Weise
ausgestellt. Die radikale Widersprüch­
lich­keit von Arena bringt die Bedingtheiten des Mediums Computerspiel zur
An­schau­ung, obwohl und gerade weil die
Steuerung ins Leere läuft und es nichts
mehr zu sehen gibt.
—
Fotos: courtesy of Jodi
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Mary Flanagan (*1969)
Pile of Secrets
2011
—
digitales Video
—
Die amerikanische Künstlerin Mary
Flanagan hat für ihre Videoarbeit Pile
of Secrets mehrere Terabyte an Video­
material aus populären Computerspielen
gesammelt, das sie zu thematischen
Videos montiert. In ZKM_Gameplay
sind Videos mit den Titeln Jump,
Ascend, Corridor­­­­ und Treasure zu sehen.
Computer­spielfiguren aus etlichen
Computerspielen führen immer wieder
dieselbe Handlung aus, die von Spiel zu
Spiel auffällig ähnlich ist: Die Figuren
springen, bewegen sich Steigungen
hinauf, gehen Korridore entlang und
sammeln Dinge ein.
Das Found-Footage-Material der
Computerspiele wird von der Künstlerin
einer Analyse unterzogen, indem sie es
zu Kategorien zusammenfügt. Auf diese
Weise werden grundsätzliche strukturelle
Elemente von Computerspielen in aller
Deutlichkeit aufgezeigt. Die Präsentation
als Endlosschleife verstärkt diesen
Eindruck zusätzlich. Flanagans Videos
zeigen in der Wieder­holung formbildende
Handlungen in Computerspielen.
—
Foto: courtesy of Mary Flanagan
Bill Viola (*1951)
The Night Journey
work in progress
—
Computerspiel,
PC
—
Seit 2005 arbeitet der Videokünstler Bill
Viola mit einem Team des Game Innovation Lab der University of Southern
California­­­­ an einem Computerspiel mit
dem Titel The Night Journey. Die Spieler­
Innen bewegen sich in einer dreidimensionalen Umgebung, die sie aus der
Ersten-Person-Perspektive wie in einem
Ego-Shooter erleben. Die Umgebung
passt sich ständig auf subtile Weise
daran an, wie die Spieler­Innen mit der
Umgebung­­­­­ umgehen, wie sie sie erkunden
und kennenlernen. Der X-Knopf des Controllers löst nicht wie üblich einen Schuß
aus, sondern bringt ›Gedanken‹ in Gang.
Reflexion löst ›Traumsequenzen‹ aus, die
in Abhängigkeit zur Handlung der SpielerInnen berechnet werden.
The Night Journey ist audiovisuell
mit Violas Videoarbeiten vergleichbar.
Die an dem Projekt beteiligten Grafiker
haben die Bildzeilen des Videobildes
computer­­grafisch nachempfunden und
das körnige­­­­, beinahe unscharfe Aussehen
der Viola’schen­­­­ Videobilder übersetzt. Das
Spiel bedient sich der gesamten Bandbreite der Videoästhetik und überträgt
diese in computergrafische, interaktive
Form.
—
Foto: courtesy of USC Game Innovation
Lab
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Feng Mengbo (*1966)
Long March: Restart
2008
—
Computerspiel,
PC
—
Seit den 1990er Jahren ist zu beobachten,
dass sich KünstlerInnen Computerspielen
zuwenden. Der chinesische Künstler
Feng Mengbo ist einer der Pioniere dieser
neuen, künstlerischen Zuwendung zu
digitalen Spielen. Im Jahr 2002 kommt
durch Feng Mengbo erstmals ein internationales Publikum mit künstlerischen
Computerspielmodifikationen in Berührung. Der Künstler stellt seine Arbeit Q4U
(2000/02) auf der Documenta11 in Kassel
aus.
Die in ZKM_Gameplay präsentierte
spektakuläre Arbeit Long March: Restart
ist ästhetisch angelehnt an zweidimensionale Computerspiele der 16-Bit-Ära. In
Feng Mengbos Computerspiel vermischt
sich die Symbolwelt kommunistischer
Propaganda mit Versatzstücken der
westlichen Konsumwelt sowie AsienStereo­typen in Computerspielen wie
bspw. Street Fighter II (der aus diesem
Spiel bekannte Sumoringer E. Honda und
die chinesische Kämpferin Chun Li haben
ihre Auftritte).
Die über kabellose Controller spielbare
Installation verfügt über eine 16 Meter
lange Projektion, die das Spielgeschehen
in extrem querrechteckigem Format zur
Anschauung bringt. So persifliert die
dezidiert politische Arbeit in Form und
Inhalt den Heldenmythos des Langen
Marschs der kommunistischen Partei in
den Jahren­­­­ 1934 und 35.
—
Foto: courtesy of Feng Mengbo
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Alan Kwan (*1990)
Bad Trip
2012
—
Computerspiel,
PC
—
Seit November 2011 nimmt der Künstler
Alan Kwan aus Hong Kong jeden seiner
Schritte mit einer an einer Brille befestigten Videokamera auf. Allabendlich lädt
der Künstler das Videomaterial in das
von ihm programmierte und gestaltete
Computerspiel Bad Trip. Die SpielerInnen
können auf diese Weise die Bilder als Erinnerungsfetzen in der dreidimensionalen
Umgebung des Spiels erfahren und metaphorisch das Gedächtnis des Künstlers
begehen.
In der Arbeit Bad Trip treffen sich aktuelle Themen, die unter dem Schlagwort
der Selbstvermessung (Lifelogging / Quantified Self) nicht zuletzt durch die
bevorstehende Markteinführung des tragbaren Computers in Brillenform – Google
Glass – höchste Relevanz und Aktualität
besitzen.
—
Foto: courtesy of Alan Kwan
Mary Flanagan (*1969)
[giantJoystick]
2006
—
skulpturales Interface,
Computerspiel (emuliertes Atari 2600)
—
Mary Flanagans skulpturale Arbeit [giantJoystick] besteht aus einem funktionsfähigen Joystick, mit dem die BesucherInnen von ZKM_Gameplay klassische Spiele
für die historische Konsole Atari 2600
steuern können. Der Joystick ist knapp
drei Meter hoch und erfordert, – bedingt
durch seine schiere Größe – dass ihn die
SpielerInnen zusammen bewegen und
das Spiel gemeinsam spielen.
Die auf Monumentalität angelegte
Skulptur lenkt den Blick auf die räum­
lichen, performativen und sozialen
Aspekte des Computerspiels. Die Arbeit
zeigt, dass Computerspiele nicht nur aus
Bildern, Tönen und Geschichten bestehen,
sondern sich im Wesentlichen dadurch
entfalten, dass die SpielerInnen in ihnen
und mit ihnen aktiv handeln. Die riesenhafte Übersteigerung des Interface lässt
seine Funktionsweise, die wir im Kleinen
eventuell übersehen könnten, deutlich zu
Tage treten.
[giantJoystick] wurde von Furtherfield
(ehemals HTTP Gallery) 2006 in London in
Auftrag gegeben
—
Foto: Installation während einer
Ausstellung­­­­ im LABoral,
courtesy of Mary Flanagan
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Orhan Kipcak (*1957)
Reinhard Urban (*1963)
Arsdoom
1995
—
Computerspielmodifikation
basierend auf Doom II (id Software, 1994),
PC
—
1995 wurde der Architekt Orhan Kipcak
von Peter Weibel, dem damaligen künstlerischem Leiter der Ars Electronica und
heutigem Leiter des ZKM, dazu aufgefordert, ein Kunstwerk für das Medienkunstfestival Ars Electronica zu produzieren.
Orhan Kipcak konzipierte gemeinsam
mit dem Architekten und Mathematiker
Reinhard Urban eine interaktive Arbeit.
Das Ergebnis war eine Computerspielmodifikation auf Basis der Engine, auf der
die Spiele Doom und Doom II laufen – id
Tech 1 (id Software, 1993). Die Modifikation
Arsdoom ist mittels verschiedener LevelEditoren und der Software AutoCAD
hergestellt worden. Arsdoom markiert
den Einzug des Compu­terspiels als künstlerisches Material in die Kunstgeschichte.
In Arsdoom ist die audiovisuelle Oberfläche des brutalen Ego-Shooters Doom
vollständig verändert. Diese Neudekoration stellt die navigablen Räume des
Originalspiels als eine Kunstausstellung
dar: Als Texturen an den Wänden befinden
sich digitalisierte Abbildungen von
Kunstwerken. Die räumlichen Strukturen
der Computerspielmodifikation bilden
ein Modell des Brucknerhauses in Linz,
dem damaligen Veranstaltungsort der Ars
Electronica. Arsdoom ist im Brucknerhaus
ausgestellt worden und verdoppelt auf
diese Weise die räumliche Ausstellungssituation.
—
Foto: courtesy of Orhan Kipcak
Orhan Kipcak (*1957)
Arsdoom II
2004
—
Computerspiel,
PC
—
Bei Arsdoom II handelt es sich um den
Nachfolger der Computerspielmodifi­
kation Arsdoom, die 1995 im Rahmen des
Medienkunstfestivals Ars Electronica
entstanden ist. Arsdoom bildete den
Ausstellungsort der Ars Electronica –
das Bruckner­haus in Linz – als Modell
innerhalb des Spiels ab. An den ersten
Teil knüpft sich der Einzug des Computerspiels als Material in die Kunst. Es hat das
Genre der künstlerischen Computerspielmodifikationen mitbegründet.
Arsdoom II ist eine Fortsetzung mit
aktuelleren technischen Mitteln, die das
ursprüngliche Konzept nach zehn Jahren
auffrischt. Schauplatz des Shooters
ist das ZKM. Die BesucherInnen von
ZKM _ Gameplay können durch Arsdoom II
den Hallenbau des ZKM im Computerspiel
begehen. Auf diese Weise verdoppelt sich
die räumliche Situation: Die SpielerInnen
befinden sich tatsächlich in dem Raum,
den sie im Computerspiel durchqueren.
—
Foto: courtesy of Orhan Kipcak
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Thatgamecompany
Journey
2012
—
Computerspiel,
PlayStation 3
—
Journey ist ein preisgekröntes Independent Game für die Spielkonsole
Play­Station 3. Die SpielerInnen steuern
eine namenlose Figur durch eine nicht
näher bestimmte Wüstenlandschaft. Das
Ziel wird offensichtlich von einem Berg
gebildet­­­­, der sich geheimnisvoll am Horizont abzeichnet. Während der Reise durch
die Wüste treffen die SpielerInnen auf eine
zweite Figur in der Spielumgebung. Es
handelt sich dabei um die Repräsentation
einer anderen, realen aber anonymen
Person­­­­, die über das Internet ins gemeinsame Spiel gebracht wird.
Die Figuren können nicht miteinander
reden, sondern sich nur durch wortlose
Rufe miteinander verständigen. Durch
Teamwork gelangen schließlich beide
Figuren ans Ziel.
Eine musikalische Randnotiz: Der Komponist Austin Wintory wurde für seinen
Soundtrack zu Journey für einen Grammy
in der Kategorie »Visuelle Medien«
nominiert. Eine solche Nominierung
wurde zuvor nur Filmen zuteil. Mit Journey
kam zum ersten Mal ein Computerspiel in
die engere Auswahl für den wichtigsten
Musikpreis der Welt.
—
Foto: courtesy of thatgamecompany,
© Sony Computer Entertainment
Thatgamecompany
Flower
2009
—
Computerspiel,
PlayStation 3
—
In Flower schlüpfen die SpielerInnen in
eine besondere Rolle: Sie steuern den
Wind, der Blüten­blätter über üppige
Wiesen­­­­ trägt. Blumen geben weitere
Blätter­­­­ preis. So interagieren die Spieler­
Innen mit der Umwelt und lassen graue
Gebiete in Farbigkeit aufblühen.
In Erster-Person-Perspektive entsteht
ein rasanter Flug durch die Landschaften
des Spiels. In Flower rückt auf diese Weise
die Spielwelt in den Vordergrund. Das
Spiel zeigt auf eindrucksvolle Weise, dass
die Ego-Perspektive in Computerspielen
als Form nicht nur für Shooter oder Rennspiele reserviert ist, sondern auch das
Gefühl des Fliegens über eine Blumen­
wiese evozieren kann.
—
Foto: © Sony Computer Entertainment
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Niklas Roy (*1974)
PING! Augmented Pixel
2011
—
Interaktive Videoinstallation,
Videokamera, ATmega 8 Microcontroller
—
PING! ist eine interaktive Videoinstallation, in der die BetrachterInnen durch
Techniken der erweiterten Realität (Augmented Reality) selbst Teil des Bildes
werden­­­­und mit dem Bild in Interaktion
treten können. Das Werk des Berliner
Künstlers Niklas Roy ist eine Hommage
an den Computerspielklassiker Pong aus
dem Jahr 1972 und übersetzt dessen Funktionsweise in den Kontext der Medien­
kunst.
Zu sehen ist ein quadratisches Pixel, das
sich über den Bildschirm bewegt. Aufgenommen von einer Videokamera können
sich die Betrachter­Innen ins Bild setzen
und den Bildpunkt scheinbar berühren.
Eine ›Berührung‹ beeinflusst die Richtung
des Pixels. Auf diese Weise entfaltet sich
ein Spiel mit dem Bildpunkt, der dadurch
zu einem Spielball und Spielzeug wird.
—
Foto: © Niklas Roy
Institut für Angewandte und
Numerische Mathematik (IANM),
KIT und Liegenschafts­amt­­­, Stadt
­Karlsruhe
Virtueller Flug durch Karlsruhe
2011
—
Interaktive Installation,
PC, Kinect
—
Der virtuelle Flug durch Karlsruhe lässt die
BetrachterInnen die Fächerstadt aus der
Vogelperspektive erkunden. Um virtuell­­­­­
durch Karlsruhe zu fliegen, stellt man sich
vor den Bildschirm. Eine Kinect Kamera
der Spielkonsole Xbox 360 erfasst die Person und ihre räumliche Verortung vor dem
Bildschirm. Mit ausgestreckten Armen
navigiert der User den Flug durch die dreidimensionale Stadtumgebung. Die Bewegung der rechten Hand verändert die Perspektive, die Bewegung der linken Hand
ändert die Richtung.
Das Projekt ist in Zusammenarbeit mit
dem Liegenschaftsamt der Stadt Karlsruhe, dem Institut für Angewandte und
Numerische Mathematik (IANM) des
Karls­ruher Institut für Technologie (KIT)
und dem ZKM entstanden.
—
Foto: © Liegenschaftsamt Karlsruhe
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Quantic Dream
Heavy Rain
2010
—
Computerspiel,
PlayStation 3
—
Heavy Rain ist ein Adventure, in dem
sich die SpielerInnen auf die Jagd
nach einem Serienkiller machen. Das
Spiel beeindruckt durch seine nahezu
fotorealistische grafische Gestaltung und
eine dichte, düstere Atmosphäre, die Erinnerungen an Detektivfilme des Film Noir
wachruft. Ein besonderer Fokus liegt bei
diesem Thriller in der Form eines Games
auf der Geschichte, die durch etliche
Zwischen­sequenzen erzählt wird.
Anhand des Spiels, das dem Genre des
interaktiven Films zuordnen lässt, werden
die Unterschiede der beiden Medien­
formen­Computerspiel und Film besonders deutlich: Heavy Rain ist ein Hybrid
zwischen Film und Spiel, das stets zwischen Narration und Interaktion, passiver
Betrachtung und aktiver Handlung hinund herwechselt. Das Spiel zeigt zudem
zweierlei: Zum einen verdeutlicht es den
aktuellen Stand in Echtzeit berechneter,
interaktiver 3D-Grafik. Zum anderen wird
deutlich wie manche Computerspiele
dem ›alten‹ Medium Film nacheifern.
Empfohlen ab 16 Jahren.
—
Foto: © Sony Computer Entertainment
Team ICO
Shadow of the Colossus
2005
—
Computerspiel,
PlayStation 2, PlayStation 3
—
In Shadow of the Colossus ziehen die
SpielerInnen in den Kampf gegen riesenhafte Kreaturen. Die von den SpielerInnen
gesteuerte Figur sieht sich haushohen
Riesen gegenüber, die sich groß wie ein
mehrstöckiges Gebäude dem Protagonisten entgegenstellen. Man muss an den
titelgebenden Kolossen hinauf klettern,
um sie zu bezwingen. Es scheint als sei
Architektur auf spektakuläre Weise zum
Leben erweckt: Die Beine der Kolosse sind
mit Basis und Gesimsen ausgestattet. Auf
ihren Rücken sind Galerien und Balkone
auszumachen. Ihre steinernen Glied­
maßen sind reich durchschmückt. Die
Riesen­wüten und toben und versuchen,
die Spieler­Innen abzuschütteln.
Das Spielgeschehen ist in eine geheimnisvolle Geschichte eingebettet, die oft im
Vagen bleibt. Der Protagonist kämpft
gegen die Kolosse, um das Leben eines
Mädchens zu retten. Woher die myste­
riösen, gewaltigen Wesen stammen, oder
ob sie in der konventionellen Logik eines
Computerspiels gut oder böse sind, bleibt
unklar.
—
Foto: © Sony Computer Entertainment
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Lieven van Velthoven (*1984)
Room Racers
2010
—
interaktive Installation
—
Das Rennspiel Room Racers verbindet die
virtuelle Welt mittels einer interaktiven
Spieloberfläche mit der realen Welt.
Die Spielerinnen und Spieler können
die Rennstrecke anhand von willkürlich
ausgewählten Gegenständen individuell
gestalten. Mithilfe einer Infrarotkamera
an der Decke, die die Umrisse der auf
der Spielfläche liegenden Gegenstände
erkennt, wird die Rennstrecke definiert.
Die Software des Spiels ist in der Lage,
jederzeit Änderungen an der Streckenbegrenzung zu erkennen und in den
Strecken­verlauf zu integrieren, ohne das
Spiel zu unterbrechen. Ein Projektor projiziert virtuelle Rennwagen auf die Strecke,
die nun von den Spielerinnen und Spielern
gesteuert werden können. Verschiedene
Spielmodi lassen beispielsweise auch
Rennen mit mehreren Fahrern zu. Der
niederländische Spieleentwickler Lieven
van Velthoven hat das Videospiel während
seines Studiums der Medientechnik an der
Hochschule in Leiden entwickelt. (Moritz
Pflüger) .
—
Foto: courtesy of Lieven van Velthoven
Giant Sparrow
The Unfinished Swan
2012
—
Computerspiel, PlayStation 3
—
In The Unfinished Swan verfolgen die
SpielerInnen einen Schwan, der aus einem
Gemälde entsprungen ist. Die Spielwelt
besteht zunächst aus einem vollständig
weißen, unbestimmten Raum, der keinerlei Orientierung ermöglicht. Auf Knopfdruck lässt sich schwarze Farbe verschießen, die auf den Wänden und Objekten
großflächig Farbkleckse hinterlässt und
die Umgebung durch die Einfärbung sichtbar macht. Auf diese Weise lassen sich
der Raum definieren und mögliche Wege
durch die Räume des Spiels erkennen. Die
strenge schwarz-weiße Ästhetik wird hin
und wieder durch die gelben Fußspuren
des entlaufenen Schwans durchbrochen.
The Unfinished Swan ist ein Ego-Shooter,
der vollständig gewaltfrei funktioniert und
sein Spielgeschehen ausschließlich aus
der Erkundung der räumlichen Strukturen
der Spielwelt speist.
—
Foto: © Sony Computer Entertainment
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Krystian Majewski (*1981)
Trauma
2011
—
Computerspiel,
Version für iPad
—
Trauma erzählt die Geschichte einer
jungen­­­­ Frau, die einen schweren Auto­
unfall überlebt. Während sie im Krankenhaus wieder zu Kräften kommt, setzt sie in
ihren Träumen die Bruchstücke ihrer Erinnerungen zusammen. Wer ist sie? Was hat
sie vor dem Unfall getan? Was ist mit ihren
Eltern passiert?
Trauma lässt die SpielerInnen diese
Träume als Adventure nachvollziehen. Die
Reise durch das Unbewusste der Erzählerin führt zu einsamen Orten, die eine
gespenstische Atmosphäre verströmen.
Das klassische Point-and-Click-Prinzip
wird durch ein gestengesteuertes Interface und eine surreal anmutende foto­
grafische Ästhetik neu interpretiert.
—
Foto: courtesy of Krystian Majewski
Adam Saltsman (*1982)
Canabalt
2009
—
Computerspiel,
Version für iPad
—
Adam Saltsman hat Canabalt im Rahmen
eines Game Design-Wettbewerbs in nur
fünf Tagen entwickelt. In der Architektur
würde man in diesem Zusammenhang von
einem Stegreif sprechen. Die Spielidee ist
einfach aber elegant: die Spielfigur rennt
automatisch von links nach rechts und
wird dabei immer schneller; den Spieler­
Innen steht nur eine Handlung zur Verfügung nämlich, die Figur auf Knopfdruck
in die Höhe springen zu lassen. So springt
man von Dach zu Dach, weicht Hindernissen aus und flieht vor einer unsichtbaren
Gefahr.
Die Einfachheit und Überzeugungskraft der Spielmechanik hat dazu geführt,
dass Canabalt ein neues Subgenre des
Jump’n’Run begründen konnte. Heute gibt
es unzählige dieser ›Endless Running‹Games, die auf Smartphones und Tablets
besonders beliebt sind. Die Tatsache,
dass Saltsman innerhalb von kürzester
Zeit ein neues Genre erfunden hat, diente
auch als Argument, Canabalt jüngst in die
Computerspielsammlung des New Yorker
Museum of Modern Art aufzunehmen.
—
Foto: courtesy of Adam Saltsman
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Mary Flanagan (*1969)
[domestic]
2003
—
Computerspielmodifikation
basierend auf Unreal Tournament (2003),
PC
—
Die Computerspielmodifikation
[domestic]­­­­­ der amerikanischen Künstlerin
Mary Flanagan ist ein Beispiel dafür wie
Computerspiele als künstlerische, persönliche Ausdrucksform verwendet werden.
[domestic] basiert auf dem Ego-Shooter
Unreal Tournament, der von der Künstlerin neu eingerichtet und zu einem
Environment­­­­ umgestaltet worden ist.
In [domestic] verarbeitet die Künstlerin eine traumatische Kindheitserinnerung: Als Flanagan sieben Jahre alt war,
bemerkte sie auf dem Heimweg von der
Kirche, dass ihr Elternhaus brannte. Da
sich ihr Vater darin befand, rannte sie,
ohne über die Konsequenzen nachzudenken, auf das brennende Haus zu. Die
SpielerInnen betreten stellvertretend
das Haus innerhalb der Game Engine,
dessen Architektur einen Erinnerungsraum darstellt. An den Wänden sind Bilder
zu sehen und Texte zu lesen, die sich als
Bruch­stücke zu der autobiografischen
Geschichte zusammenfügen. Das Ziel des
Spiels ist es, das Feuer zu löschen und das
Haus zu retten.
—
Foto: courtesy of Mary Flanagan
Mario von Rickenbach (*1987),
Michael Burgdorfer (*1987)
Krautscape
2013
—
Computerspiel,
Version für Mac
—
Krautscape ist ein Rennspiel für zwei SpielerInnen, die über das Internet verbunden
gegeneinander antreten. Die Rennstrecke,
auf der die fahrenden und fliegenden Fahrzeuge umherrasen, ist nicht festgelegt.
Das führende Fahrzeug ›baut‹ die Strecke,
während des Spiels, was dem Geschehen
eine zusätzliche taktische Note verleiht.
Game Design, Visual Design, Entwicklung: Mario von Rickenbach, Game Design,
Entwicklung: Michael Burgdorfer, Sound
Design, Musik: Phil McCammon.
—
Foto: courtesy of Mario von Rickenbach,
Michael Burgdorfer
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Ed Key, David Kanaga
Proteus
2009—2012
—
Computerspiel,
Version für Mac
—
In Proteus betreten die SpielerInnen eine
Insel mit magischen Eigenschaften. Es
geht in dem Spiel darum, die Insel frei zu
erkunden und ihr Verhalten in Form einer
ästhetischen Erfahrung zu genießen. Die
Landschaften in Proteus werden zufällig
generiert; auch die Musik und die Soundkulisse passen sich an die Handlungen der
SpielerInnen in der Spielwelt an. Die Insel
in Proteus ist ein geheimnisvoller Ort. Die
symbolische Geschichte vollzieht metaphorisch den Kreislauf des Lebens nach.
Das Spiel wurde 2012 mit dem Most
Amazing Game Award des Berliner Indie
Games-Festival A MAZE. Indie Connect
ausgezeichnet.
—
Foto: courtesy of Ed Key and David Kanaga
Playdead Studios
Limbo
2010
—
Computerspiel,
PlayStation 3
—
Im preisgekrönten Independent Game
Limbo steuern die SpielerInnen einen
namenlosen Jungen, der auf der Suche
nach seiner Schwester ist. Das Jump’n’Run
ist in einem düsteren, gespenstischen
Szenario angesiedelt. Es wirkt, als blicke
man durch Nebel in eine fremdartige, alptraumhafte Zwischenwelt. Der Titel spielt
auf den Limbus an. Dabei handelt sich
innerhalb der mittelalterlichen Theologie
um die Vorhölle, in der sich Seelen befinden, die ohne eigenes Verschulden vom
Himmel ausgeschlossen sind.
Der Junge sieht sich mit zahlreichen
Gefahren und Hindernissen konfrontiert.
Tappt er beispielsweise in eine Falle, stirbt
er auf grausame, spektakuläre Weise.
Empfohlen ab 16 Jahren.
—
Foto: courtesy of Playdead Studios
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Thechineseroom
Dear Esther
2012
—
Computerspiel,
PC
—
Dear Esther ist ein Computerspiel, das in
der Bildanlage eines Ego-Shooters auf
experimentelle Weise eine atmosphä­
rische Geschichte erzählt.
Die SpielerInnen finden sich in der
Ersten-Person-Perspektive auf einer verlassenen Insel wieder. Das Spiel besticht
durch intelligentes Leveldesign und
anspruchsvolle Landschafts- und Naturdarstellungen. Während die SpielerInnen
den einsamen Ort erkunden, hören sie
einem Off-Erzähler zu, der Fragmente aus
Briefen vorliest. Die Briefe sind an eine
Frau namens Esther adressiert. Es werden
Andeutungen gemacht, dass Esther nicht
mehr lebt und sich der namenlose Protagonist auf eine Reise durch seine Erinnerungen begibt.
—
Foto: courtesy of thechineseroom
Jonathan Blow (*1971)
Braid
2008
—
Computerspiel,
PC, Xbox
—
Jonathan Blows Independent Game Braid
ist auf den ersten Blick ein an klassische
Spiele wie Super Mario Bros. angelehntes­­­­
Jump’n’Run. Es spielt mit dem Motiv der
entführten Prinzessin, das in etlichen
Computerspielen den Dreh- und Angelpunkt der rudimentären Handlung ausmacht. In der Narration des Spiels werden
auf einer Metaebene aber auch ernste
Themen wie Bedauern, Vergebung und der
Wunsch, Fehler zu korrigieren, angesprochen. Der Protagonist Tim kann auf seiner
Heldenreise die Zeit beeinflussen: Auf
Knopfdruck spult das Spielgeschehen­­
­­­ zurück. Mit dieser Spielmechanik
er­geben­­­­ sich spannende Rätsel, die in das
Geschicklichkeitsspiel eingebaut sind.
—
Foto: courtesy of Jonathan Blow
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Jason Rohrer (*1977)
Passage
2005
—
PC
—
Passage ist ein kleines Spiel mit einem
großen Thema. Es kann als digitales,
interaktives Memento Mori beschrieben
werden­­­­, das dem Spieler existenzielle
Fragen­­­­ vor Augen führen kann. Passage
ist genau fünf Minuten lang. Der Spieler
steuert­­­­­ sein pixeliges Alter Ego von links
nach rechts durch die Spielwelt. Bald
trifft er eine Frau und steht vor der ersten
großen Entscheidung: Soll er sich verlieben oder lieber alleine weiterziehen?
Gemeinsam mit einer Partnerin kann der
Spieler mehr Punkte erzielen, er ist aber
auch nicht mehr so beweglich – muss also
Rücksicht nehmen. Auf dem Weg nach
rechts und im Laufe der Zeit beginnen die
Figuren sichtlich zu altern – sie werden
grau und krumm. Nach exakt fünf Minuten
endet das Vanitas-Spiel.
Rohrer experimentiert mit dem Kern­
element des Computerspiels, nämlich
Interaktion, um damit Aussagen zu treffen, die abseits davon stehen, was die
Computer­spielindustrie heute ausmacht:
Gefühle und Gedanken vs. Spektakel und
Illusion.
—
Foto: courtesy of Jason Rohrer
Studierende der Staatlichen Hochschule
für Gestaltung Karlsruhe
Produced@GameLab
—
verschiedene Computerspiele
—
ZKM_Gameplay zeigt Projekte, Arbeiten
und Kunstwerke, die am GameLab der
Staatlichen Hochschule für Gestaltung
Karlsruhe entstanden sind.
Das GameLab des Instituts für Post­
digitale Narrativität der HfG Karlsruhe
ist ein Label und ein Produktionsort für
Medien­kunst. Die Studierenden setzen
sich mit Spielen, dem Medium Computerspiel und der zeitgenössischen Spielkultur
auseinander.
Das Profil des GameLab zeichnet sich
aus durch künstlerische Produktion und
Forschung u.a. an Game Art, Retro Games,
Serious Games, Indie Games, Machinima­­­­­
u.v.m. Das GameLab präsentiert spiele­
rische Kunstwerke und interaktive
Experimente. Im Mittelpunkt steht ein
erweiterter­­­­ Spielbegriff, der die Grenzen
dessen auslotet, was als »Zauberkreis«
den Raum eines Spiels konstituiert.
—
Foto: © W. Fox
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Gold Extra
Frontiers
2006—2012
—
Computerspielmodifikation
basierend auf Half-Life 2 (2004),
PC
—
Frontiers hat einen ernsten politischen
Hintergrund: Das Thema des Ego-Shooters ist die Flüchtlingssituation an den
Grenzen Europas.
Das Spiel zeigt die Brennpunkte einer
Flüchtlingsroute, die von Subsahara-­
Afrika nach Europa führt: Die SpielerInnen
erleben vier verschiedene Grenzsitua­
tionen und einen (alp)traumhaften Raum
mit dokumentarischen Materialien, die
die KünstlerInnen während ihrer Recherchen vor Ort zusammengetragen haben.
Die SpielerInnen können verschiedene
Perspektiven wählen: Sie können sich zwischen der Rolle des Flüchtlings oder jener
der Grenzwache entscheiden.
Für Frontiers modifiziert die österreichische Gruppe Gold Extra eine bestehende
Spielsoftware, nämlich Half-Life 2, und
deutet auf diese Weise herkömmliche
Spielstrategien von Ego-Shooter-Spielen
um. Frontiers ist ein sogenanntes Serious
Game – ein ernstes Spiel –, das eine deut­
liche aufklärerische Haltung transportiert.
Gold Extra: Tobias Hammerle, Georg
Hobmeier, Sonja Prlić und Karl Zechenter.
—
Foto: courtesy of Gold Extra
Jens M. Stober (*1986)
1378(km)
2010
—
Computerspielmodifikation
basierend auf Half-Life 2 (2004),
PC
—
Der Spieler wird in dem Serious Game
1378(km) an unterschiedliche innerdeutsche Grenzabschnitte in das Jahr 1976
versetzt. Dabei ist es dem Spieler möglich,
die Rolle eines Grenzsoldaten der DDR
oder die eines Republikflüchtlings einzunehmen. In detailliert nachgebauten
Szenarien an den jeweiligen Grenzabschnitten zwischen der Bundesrepublik
Deutschlands und der Deutschen Demokratischen Republik, kann die Situation
an der deutsch-deutschen Grenze in der
Form eines Ego-Shooters nachempfunden
werden.
Gewinnen kann man das Spiel nur, wenn
man nicht schießt. Erschießt man in der
Rolle eines Grenzsoldaten einen Flüchtling, finden sich die SpielerInnen in einem
Gerichtssaal wieder. In einem Mauer­
schützenprozess werden sie zur Verantwortung für ihre Handlungen gezogen.
1378(km) ist als studentisches Kunstprojekt mit aufklärerischem Charakter an der
Staatlichen Hochschule für Gestaltung in
Karlsruhe im GameLab entstanden.
1378(km) sollte zum Tag der Deutschen
Einheit 2010 veröffentlicht werden. Das
Kunstprojekt löste eines Skandal aus, der
insbesondere durch die negative Berichterstattung der BILD-Zeitung angestoßen
worden ist, die das Spiel als »widerwärtig«
bezeichnete. Die Angehörigen der Opfer
der Todesgrenze fühlten sich teilweise
verletzt, was zu einer Anzeige gegen den
Autor Jens M. Stober wegen Volksverhetzung führte. Die Anzeige gegen den
Studenten wurde fallen gelassen und die
Berichterstattung der BILD-Zeitung vom
deutschen Presserat in der Folge missbilligt.
—
Foto: courtesy of Jens M. Stober
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Amanita Design
Machinarium
2009
—
Computerspiel,
Version für iPad
—
Der Game Designer Jakub Dvorský (*1978)
erweckt mit Machinarium eine fantastische Welt zum Leben. Das Point-andClick-Adventure erzählt die Geschichte
des Roboters Josef, der sich in Einzelteilen auf einem Schrottplatz wiederfindet.
Machinarium zeichnet sich durch intui­
tives Gameplay, liebevolle Gestaltung und
eine eigenwillige Ästhetik aus. Der visuelle
Stil der Spiele von Amanita Design steht
deutlich in der Tradition des tschechischen Animationsfilms.
—
Foto: courtesy of Amanita Design
Amanita Design
Botanicula
2012
—
Computerspiel,
Mac
—
Amanita Design lenkt mit Botanicula den
Blick auf den Mikrokosmos eines Baumes.
In dem Point-and-Click-Adventure steuern
die SpielerInnen verschiedene Bewohner
dieses Biotops, beispielsweise einen Ast
oder einen weiblichen Pilz names Mrs.
Mushroom. Die SpielerInnen müssen sich
die verschiedenen Fähigkeiten der Baumbewohner zu Nutze machen, um ihren
Lebensraum vor Parasiten zu verteidigen.
Traditionen des tschechischen Trickfilms
standen Pate für den audiovisuellen Stil
von Botanicula.
—
Foto: courtesy of Amanita Design
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And-or
Laichenberg
2010
—
Computerspiel,
PC, Mac
—
Der Ego-Shooter Laichenberg ist als
kritischer Kommentar auf Gewalt im
Computer­spiel zu verstehen. Die Künstler­
gruppe and-or aus der Schweiz präsentiert einen Ego-Shooter mit unkonventioneller Spielmechanik. Das Schweizer
Kunstprojekt kritisiert die Brutalität vieler
Computerspiele, indem es die Brutalität
des Spielgeschehens ins Extreme überhöht: In vielen Ego-Shootern ist es üblich,
dass eine abgeschossene Figur nach dem
Abschuss wie von Geisterhand aus dem
Spiel verschwindet und daraufhin unversehrt an einer anderen Stelle des Spielfelds wieder erscheint. In Laichenberg
geschieht dies nicht.
Die abgeschossenen Figuren beginnen
daher nach und nach das Spielfeld zu verstopfen. Die Konsequenz dieses Designs
ist, dass die Korridore nicht mehr zugänglich sind und das Game schließlich einen
Infarkt erleidet. In einer Animation sieht
man schließlich die abgeschossenen
Figuren auf einem Berg wie auf einer Müllkippe aufgetürmt. Dieses Bild macht in
seiner drastischen Brutalität deutlich, wie
gewalttätig die ausgeführten Spielhandlungen sind, indem sie symbolisch die
Konsequenzen vor Augen führen. Auf diese
Weise reflektiert das Spiel auch das Verhältnis von medialer und realer Gewalt.
Empfohlen ab 16 Jahren.
—
Foto: courtesy of And-or
Paidia Institute
Paidia Laboratory : feedback #2 und #6
2011
—
modifizierte Software und Hardware
—
Das Kölner Künstlerkollektiv Paidia
Institute­­­­setzt sich mit der Frage auseinander wie Interaktivität und Steuerung in
Computerspielen funktionieren. Beim
Spielen eines Computerspiels sind die
User in Regelkreise eingebunden: beispielsweise agieren sie mittels Knopfdruck oder durch die Bewegung der Maus
und als Reaktion­­­darauf passiert etwas in
der Welt des Spiels. Dies wiederum hat
eine erneute Reaktion der SpielerInnen zur
Folge. Im Sinne der Kybernetik – der Lehre
der Steue­rung – kann man den Computer
als handelnde Instanz innerhalb eines
Regelkreises verstehen.
In der skulpturalen Serie Paidia Laboratory­­­: feedback kehren die KünstlerInnen
das scheinbare Eigenleben der Apparate­­­­­
hervor und schließen es kurz. Paidia Laboratory: feedback #2 ist ein sich selbst
spielendes Karaoke-Spiel. Die kinetische
Skulptur Paidia Laboratory: feedback #6
besteht aus zwei Play Station 2-Konsolen,
die im Wechsel ihre Schubladen öffnen
und wieder schließen. Damit rekurriert das
Werk auf die Ultimate Machine des Informationstheoretikers Claude Shannon:
eine sinnlose Maschine, deren einziger
Zweck darin besteht, sich selbst auszuschalten.
Paidia Institute: Jonas Hansen, Thomas
Hawranke, Karin Lingnau, Lasse Scherffig
—
Foto: courtesy of Paidia Institute
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Polytron
FEZ
2012
—
Xbox 360
—
FEZ ist ein Jump’n’Run mit PuzzleElementen­­­­. Der Held Gomez lebt in einer
flachen, zweidimensionalen Welt, bis
ihm eine magische Kopfbedeckung die
Fähigkeit verleiht, in die dritte Dimension
vorzustoßen. Die SpielerInnen können die
Perspektive der Spielwelt verändern und
auf diese Weise Rätsel lösen, indem beispielsweise Durchgänge sichtbar werden
oder sich neue Wege öffnen.
Das Spiel wurde auf dem Independent
Games Festival 2012 mit dem Seamus
McNally Grand Prize ausgezeichnet.
Die lange andauernde Entwicklungszeit
des Spiels seit 2007 ist in dem preis­
gekrönten Film Indie Game: The Movie
dokumentiert.
—
Foto: courtesy of Polytron
Margarete Jahrmann (*1967),
Max Moswitzer (*1968)
LinX3D
1999
—
Computerspiel,
Arcade-Kabinett, PC
—
LinX3D inszeniert ein Spielkabinett wie
man es aus Spielsalons (»Arcades«) kennt,
an dem die SpielerInnen von einer Überwachungskamera aufgenommen und
als ASCII Video (Zeichensatz-Video) in
die Spielumgebung integriert werden.
Der Besucher kann allein oder gemeinsam mit den Avataren anderer Mitspieler
unterschiedliche Ebenen der Zeichen-Umgebung erkunden. Datenprotokolle und
Überwachungsbilder aus der realen
Welt sind die Grundkomponenten dieses
scheinbar harmlosen Computerspiels.
LinX3D ist eines der ersten Kunstwerke
des in den 1990er Jahren aufgekommenen
Genres der Game Art und wurde schon
1999 zur Ausstellung net.condition im ZKM
präsentiert.
—
Foto: courtesy of Margarete Jahrmann,
Max Moswitzer
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Olaf Val (*1968)
Verstärker
2001
—
interaktive Skulptur,
PC
—
Das Zusammenspiel von Licht und der
gestalteten Interaktion tritt in der Arbeit
Verstärker in den Vordergrund. Es wird
der alltägliche Umgang mit dem elektrischen Licht thematisiert. Die Glühbirne
stand zur Jahrhundertwende 1900 für den
Glauben an den Fortschritt durch Technik. Die Glühbirne steht aber auch ganz
einfach für Licht, für Geist und Idee. In der
Arbeit Verstärker­­­­ wird die Glühbirne als
Feedbackmedium verwendet. Die Idee des
Displays wird reduziert auf eine einfache
Lampe. Der Controller der PlayStation wird
durch ihre haptischen Reize und skulpturalen Qualitäten zur eigentlichen Attraktion des Werks. Beim Spiel mit der Arbeit
Verstärker wird deutlich, dass es sich
beim Computerspielen um ein Spielen
mit leuchtenden Punkten handelt. Gleich­­
zeitig werden Computerspiele als inhaltslose Lichtspiele kritisiert.
—
Foto: courtesy of Olaf Val
Frank den Oudsten (*1949),
Friedemann Schindler (*1954)
Licence To Kill
1997
—
Videoskulptur
—
Die Videoskulptur Licence To Kill hat
mediale­­­­ Gewalt zum Thema. Der monumentale Scheinwerfer einer Flugabwehrkanone bildet den Rahmen für Videomonitore, auf denen sich den BetrachterInnen
gewalt­tätige Szenen darbieten. Der
Scheinwerfer spendet als Kriegsgerät
nicht nur Licht sondern erweckt durch
seine Form selbst den Eindruck einer
riesigen­­­­ Kanone. Die BetrachterInnen
müssen sich metaphorisch dem martialischen Gerät entgegenstellen und tief in
den Lauf der Kanone hineinsehen, um sich
die abschreckenden Bilder zu erschließen.
Frank den Oudsten und Friedemann
Schindler haben Licence To Kill schon
1997 für die ursprüngliche Computerspiel­
ausstellung Welt der Spiele im ZKM
konzipiert­­­­­.
—
Foto: © ZKM | Zentrum für Kunst und
Medientechnologie
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art entertainment interfaces
PainStation
2001
—
interaktive Skulptur
—
Die interaktive Skulptur PainStation der
Kölner Künstlergruppe //////////fur//// ist
auf den ersten Blick ein Pong-Spiel, das
seit 1972 zu den großen Klassikern des
Computerspiels gehört und als harmloses
Telespiel die Anfänge des Mediums repräsentiert. Die PainStation hat allerdings
eine besondere Funktion: Verlieren die
SpielerInnen in dem einfachen Tennisspiel
einen Ball, werden sie durch die PainStation ›bestraft‹: In die Hand fährt ein
Elektro­schock oder eine Peitsche schlägt
zu.
Die Arbeit ist eine der bekanntesten
Arbeiten des Genres der Game Art. Sie
thematisiert die manchmal fragilen
Grenzen­­­­ von Realität und Virtualität
sowie von Ernst und Spiel. Es wird deutlich, dass Spiele auf Ihre SpielerInnen
wirken – die PainStation überhöht diese
Wirkung­­­, indem sie den SpielerInnen echten Schmerz zufügt. Damit entlarvt sie die
Idee einer virtuellen Sphäre, die von der
Realität der Menschen abgekoppelt ist
und losgelöst im luftleeren Raum existiert,
als Mythos. Der martialische Unterton des
Kunstwerks wirft Fragen über die gewalttätige Natur mancher Computerspiele auf,
die das Medium des Computerspiels verallgemeinernd seit Langem begleiten.
Das Kunstwerk wurde 2003 mit dem
Medien­kunstpreis des ZKM ausgezeichnet und wurde daraufhin international in
zahlreichen Ausstellungen unter anderem
im MoMA und im Computerspielemuseum
Berlin präsentiert.
Benutzung auf eigene Gefahr.
—
Foto: courtesy of fur
Frank den Oudsten (*1949),
Friedemann Schindler (*1954)
Ahnengalerie
1996
—
historische Computer- und
Konsolenspiele
—
Die Ahnengalerie wurde von Frank den
Oudsten und Friedemann Schindler für die
Eröffnung der Welt der Spiele im Jahr 1997
gestaltet. Präsentiert werden sechs historische Spielcomputer und Spielkonsolen:
eine Magnavox Odyssey (1972), ein Atari
VCS (1977/80), ein Commodore 64 (1982),
ein Amiga (ab 1987), ein Gameboy (1989)
und ein Super Nintendo Entertainment
System (1990).
—
Foto: courtesy of ZKM | Zentrum für Kunst
und Medientechnologie
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Game Oven
Fingle
2011
—
Computerspiel,
iPad
—
Fingle ist ein Spiel für zwei SpielerInnen,
die das iPad gemeinsam als Spielbrett
verwenden.
Auf dem iPad erscheinen Symbole, die
per Berührung auf ihre Zielpositionen
gezogen werden müssen. Körperkontakt
ist erwünscht und unvermeidlich, die
Hände verknoten und verschlingen sich.
Das Game ist ein Beispiel für die Tendenz
aktueller Computerspiele, ihr Geschehen
in den realen Raum der SpielerInnen zu
erweitern. Fingle geht über den Bildschirm
hinaus und regt insbesondere die soziale
Interaktion zwischen den SpielerInnen an.
—
Foto: courtesy of Game Oven
Susigames
EdgeBomber
2003—2012
—
Computerspiel,
PC
—
EdgeBomber ist eine interaktive Installation und ein Mixed-Media-Videospiel. Die
SpielerInnen sind in den Prozess der Spielweltgenerierung eingebunden, indem
sie mit Klebeband und Schere auf einer
Wand eine Spielfläche für ein klassisches
Jump’n’Run Videospiel erstellen. Über ein
Kamerasystem wird die Spielfläche aufgenommen und im Computer zu einem Level
verarbeitet. Die erweiterte Spielfläche
wird auf die Szenerie des Spiels projiziert,
so dass die reale Spielfläche mit der Abbildung zu einer Kombination verschmilzt.
Die SpielerInnen müssen nun mit dem
Helden Ozkar die Angriffe der teuflischen
Wurst und von Hubert dem Stuhl abwehren, um die schöne Eisprinzessin Susi
zu retten. Durch die Möglichkeiten, das
Spielfeld zu erstellen, kann der Spieler das
Spielgeschehen auf verschiedenste Weisen beeinflussen. EdgeBomber wurde im
Rahmen eines Gastkünstlerstipendiums
am ZKM entwickelt.
Konzept und Realisierung: susigames
(Ole Ciliox, Richard Gutleber, Thomas
Hawranke, Nikolaus Vahrenkamp, Kai
Welke); Code: Kai Welke, Niko Vahrenkamp, Ole Ciliox; Grafik: Richard Gutleber
Anima- tion: Richard Gutleber, Thomas
Hawranke; Produktion: susigames mit
Unterstützung des ZKM | Institut für
Bildmedien­­­­.
—
Foto: courtesy Susigames
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Die Gute Fabrik,
Copenhagen Game Collective
B.U.T.T.O.N.
2010
—
Computerspiel,
PC
—
B.U.T.T.O.N. steht als Abkürzung für
»Brutally­­­­­ Unfair Tactics Totally OK Now«.
Das Multiplayerspiel setzt nahezu vollständig auf das Geschehen, das sich nicht
auf sondern vor dem Bildschirm oder der
Projektionsfläche abspielt. Eine typische
Runde geht folgendermaßen vonstatten:
Vier SpielerInnen bauen sich in reichlich
Abstand zu den Controllern auf und
müssen­­­­ die Instruktionen befolgen, die
das Spiel vorgibt. Beispielsweise sollen die
SpielerInnen Liegestützen machen, sich in
Zeitlupe oder wie Ninjas bewegen. Die
Regeln ändern sich dabei ständig. Manchmal verliert derjenige, auf dessen­­­Con­
troller­­­­ ein Knopf gedrückt wird. Danach
heisst es wieder: Wer es schafft, den Knopf
am Controller für sieben Sekunden­­­­­
gedrückt zu halten, gewinnt eine Runde.
—
Foto: courtesy of Die Gute Fabrik
Fabian Schaub, Franziska Remmele &
Thomas Krüger GbR
Globosome FREE
2012
—
Computerspiel,
iPad
—
Bei Globosome FREE geht es um Balance,
Verantwortung und Geschicklichkeit. Mit
einer intuitiv bedienbaren Gyrosteuerung
können die SpielerInnen eine pflanzenfressende Kugel steuern, die von ihrem
Schwarm getrennt wurde und nun versucht, zu ihm zurück zu gelangen bzw.
einen eigenen Schwarm zu gründen.
Frisst die Kugel genug, erhält sie ausreichend Lebensenergie, um sich durch
Teilung zu vermehren. Doch verfällt die
Kugel der Völlerei­­­­­, werden die Ressourcen
knapp und das Leben des wachsenden
Schwarms gerät in Gefahr.
Das Spiel ist ein Projekt des Studien­­
schwerpunktes Animation und Inter­
aktive Medien am Animationsinstitut
der Film­akademie Baden Württemberg.
Globosome FREE hat im Jahr 2012 den mit
10 000 € dotierten AppArtAward des ZKM
in der Kategorie Game Art gewonnen.
Producer: Anna-Katharina Brinkschulte,
Franziska Remmele, Game Director:
Sascha Geddert, Game Design: Fabian
Schaub, Programming: Thomas Krüger,
Graphics: Tonio Freitag, GUI Design: Max
Jung, Sound Design: Namralata Strack,
Concept Design: Jin-Ho Jeon, Music:
Maryna Aksenov, Support Game Design:
Oliver Witzki.
—
Foto: © Fabian Schaub, Franziska­­­­­
Remmele­­­­­ & Thomas Krüger GbR
entstanden­­­­ am Animationsinstitut der
Film­­akademie BW
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Thatgamecompany
flOw
2007
—
Computerspiel,
PlayStation 3
—
Bei flOw handelt es sich ursprünglich um
die Abschlussarbeit des Game Designers
Jenova Chen an der University of Southern
California. Das als studentisches Projekt
begonnene Game wurde daraufhin für die
Spielkonsole PlayStation 3 neu aufgelegt
und technisch verbessert.
Die SpielerInnen bewegen einen
einfachen Organismus durch eine
Unterwasser­landschaft von bizarrer
Schönheit. Das Ziel besteht darin, sich
andere Organismen einzuverleiben, um
sich zu einer komplexeren Kreatur weiterzuentwickeln und dabei stets im Spielfluss
zu bleiben.
Das Spiel passt seinen Schwierigkeitsgrad automatisch an die Fähigkeiten der
Spieler­­Innen an, so dass eine im Flow fliessende Spielhandlung stets gewährleistet ist.
—
Foto: © Sony Computer Entertainment
Amanita Design
Samorost
2004
—
Computerspiel,
Mac
—
Mit Samorost hat der Game Designer
Jakub Dvorský (*1978) erstmals sein
Gespür für Interaktionsdesign unter
Beweis gestellt. Auf der visuellen Ebene
mischt Dvorský organische Strukturen
wie Holz und Moos mit seinen eigenen
comichaften Erfindungen. Einflüsse des
traditionsreichen tschechischen Animationsfilms treffen auf das Genre des Pointand-Click-Adventures.
—
Foto: courtesy of Amanita Design
/47
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Literatur in Auswahl
Aarseth, Espen: Computer Game Studies,
Year One, www.gamestudies.org, Vol. 1:
Nr. 1, 2001, http://gamestudies.org/0101/
editorial.html [06.06.2013].
Bateson, Gregory: Eine Theorie des
Spiels und der Phantasie, in: Pias, Claus
und Holtorf, Christian [Hrsg.]: Escape!
Computerspiele als Kulturtechnik, Köln,
2007, S. 193—208.
Baumgärtel, Tilman [Hrsg.]: Games –
Computerspiele von KünstlerInnen,
Frankfurt am Main, 2003.
Baumgärtel, Tilman et al.: games.
Computerspiele von KünstlerInnen
(games. computer games by artists), in:
Paul, Christiane [Hrsg.]: New media in
the white cube and beyond: curatorial
models for digital art, Berkeley, CA, 2008,
S. 233—251.
Beil, Benjamin: Avatarbilder: Zur
Bildlichkeit des zeitgenössischen
Computerspiels, Bielefeld, 2012.
Flanagan, Mary: Critical play: radical
game design, Cambridge, Mass. [u.a.],
2009.
Flusser, Vilém: Gesellschaftsspiele, in:
Hartwagner, Georg, Iglhaut, Stefan und
Rötzer, Florian [Hrsg.]: Künstliche Spiele,
München, 1993, S. 111—118.
Fuchs, Mathias: Mouseology – Ludic
Interfaces – Zero Interfaces, in: Russegger,
Georg et.al. [Hrsg.]: Coded Cultures.
Creative Practices out of Diversity, Wien,
2011, S. 242—262.
Galloway, Alexander R.: Gaming. Essays
on algorithmic culture, Minneapolis, 2006.
Hensel, Thomas: Für eine Ikonologie
des Computerspiels oder: Schießen
Sie auf das Bild. Vortrag am ZIMT
Siegen, 2008, http://www.uni-siegen.
de/zimt/dienste/mediathek/digital/
archiv.xml?streamit=92&lang=de.
[17.10.2012].
Berger, Erich et al. [Hrsg.]: Homo ludens
ludens: Third Part of the Gaming Trilogy,
Gijón, 2008.
Hensel, Thomas: Das Spielen des Bildes.
Für einen Iconic Turn der Game Studies,
Medienwissenschaft: Rezensionen: Nr. 3,
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Bogost, Ian: Persuasive game: the
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Interferenzen. Eine kunsthistorische
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Impressum
/ Ausstellung
/ Broschüre
Kuratoren
Stephan Schwingeler, Bernhard Serexhe
Redaktion / Lektorat
Bernhard Serexhe, Stephan Schwingeler
Projektleitung
Bernhard Serexhe, Stephan Schwingeler
Werktexte
Stephan Schwingeler
Registrarin
Regina Linder
Layout
nodesign.com
Technische Leitung
Stefan Wessels
Druck
E&B engelhardt und bauer
ZKM | Zentrum für Kunst und
Medientechnologie Karlsruhe
Lorenzstraße 19
76135 Karlsruhe
Aufbau
Volker Becker, Claudius Böhm, Mirco Frass, www.zkm.de
Rainer Gabler, Gregor Gaissmaier, Ronald
Vorstand
Haas, Werner Hutzenlaub, Christof HierPeter Weibel
holzer, Alexandra Kempf, Gisbert Laaber,
Marco Preitschopf
Geschäftsführerin
Christiane Riedel
Softwareaufbereitung / IT
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Verwaltungsleitung
Boris Kirchner
IT-Support
Uwe Faber, Elena Lorenz, Joachim Schütze
Aufbauleitung
Thomas Schwab, Werner Hutzenlaub
Presse und Marketing
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Verena Noack, Constanze Heidt
Museumskommunikation
Janine Burger, Banu Beyer, Eva Lusch,
Marianne Spencer, Stephanie Syring
Restauratorinnen
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Nahid Matin Pour,
beteiligte Firmen
Gerriets, DNH Art Solutions, Concern Art,
Hermann und Kutscher, Weide
Pulverbeschichtung, Glas Schmid,
Atelier Haustein, AVE Audio
Visual Equipment
Olaf Val: Digigripper
Rückansicht, 2007, courtesy of Olaf Val
Stifter des ZKM
Partner des ZKM
Feng Mengbo: «Long March: Restart», 2008, Computerspiel, Detail, Courtesy of Feng Mengbo
ZKM | Zentrum für Kunst
und Medientechnologie
Karlsruhe
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