40 | Fallbeispiel in der Pferdepraxis

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40 | Fallbeispiel in der Pferdepraxis
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40 | Fallbeispiel in der Pferdepraxis
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In der Praxis angekommen
In der Pferdeklinik Tillysburg hat man Erfahrungen mit Platelet-rich plasma (PRP) bei der Therapie von
Sehnenverletzungen des Pferdes gemacht. Was dabei zu beachten ist, lesen Sie hier.
VON Dr. Med. Vet. Christian Franz
Einleitung Sehnenverletzungen zählen neben Gelenkserkran-
Abb. 1b
kung zu den häufigsten Lahmheitsursachen des Pferdes. Sie sind
nicht selten der Grund für ein vorzeitiges Karriereende manches
erfolgreichen Spitzensportlers. Aufgrund der langwierigen Ausheilung und der hohen Rezidivraten stellen Sehnenverletzungen
Besitzer und Tierärzte immer wieder vor große Herausforderungen. Die Ursachen sind vielgestaltig: Sie reichen von der unglücklichen Koppelverletzung über einen Fehltritt beim Ausreiten bis hin zu „hausgemachten“ Problemen.
Diese sind mangelhafte Böden, zu lange Beschlagsintervalle
und ermüdungsbedingte Verletzungen bei Überschreitung der
Leistungsgrenze. In unserem Patientengut begegnen uns vor
allem Läsionen der oberflächlichen Beugesehne, des Fesselträgers und der Fesselträgerschenkel.
Um den gestiegenen Ansprüchen und der hohen Erwartungshaltung der Besitzer und Reiter noch besser gerecht zu werden,
Abb. 1a
© Dr. Christian Franz, Pferdeklinik Tillysburg (2)
Abb. 1b: Typische Verletzung der oberflächlichen Beugesehne.
bedarf es einer exakten Diagnose. Diese ist Grundvoraussetzung
für eine zielgerichtete und effektive Therapie. Neben der gründlichen klinischen Untersuchung ist die Ultraschalluntersuchung
das Mittel der Wahl.
Hier hat in den letzten Jahren ein enormer Qualitätssprung zu hochwertigen, bezahlbaren
Geräten stattgefunden, sodass die genaue
Lokalisation, das Ausmaß des Sehnenschadens und der Heilungsverlauf dargestellt
werden können. Auch eine Röntgenuntersuchung kann vor allem im Bereich der Fesselbeugesehnenscheide unterstützend sinnvoll sein, um mögliche
Verkalkungen bei chronischen ProzesNEU
sen darstellen zu können.
von
Aus der Gesamtheit der Befunde ergekabelloses Röntgen
ben sich wertvolle Informationen im HinTR 90/20 „battery“
blick auf die Prognose. Weiterführende Untersuchungstechniken (CT, MRI) können in
schwer zugänglichen Bereichen der Hornkapsel
für die Befunderhebung indiziert sein.
Ing. Manfred Götzinger :
0676 / 405 97 07
Ing. Harald Marchhart :
0676 / 428 53 33
Abb. 1a: Typische Verletzung der oberflächlichen Beugesehne.
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Abb. 2a
Abb. 2b
Abb. 2a: Verletzung der Oberflächlichen Beugesehne (Querschnitt); Abb. 2b: Verletzung der Oberflächlichen Beugesehne (Längsschnitt).
Herausforderung Die Problematik der Sehnenregeneration
liegt in der Dauer und Qualität der Heilung.
Blicken wir in die unmittelbare Vergangenheit und Gegenwart, begegnen uns die unterschiedlichsten Therapieformen bei
Sehnenverletzungen:
-B
listern und Cautern: Vor allem im Rennsport nach wie vor aktuell, hin und wieder (leider) erfolgreich, aus unserer Sicht abzulehnen, nicht mehr zeitgemäß und mit teilweise erheblichen
Schmerzen für die Pferde verbunden.
- Sehnensplitting: Durchaus respektable Erfolge, allerdings als
chirurgischer Eingriff in der Regel an Vollnarkose, zumindest
an lokale Anästhesie, gebunden; im Verhältnis zum Resultat
aufwendig und risikoreich.
- Die chirurgische Durchtrennung des Unterstützungsbandes der
oberflächlichen Beugesehne: Operation v.a. im Galopprennsport
populär; hat beim Warmblut nicht zum gewünschten Erfolg
geführt.
Abb. 4
© Dr. Christian Franz, Pferdeklinik Tillysburg (4)
Abb. 3
- S toßwellentherapie: Guter bis sehr guter Behandlungserfolg bei
Insertionsdesmopathien (Hauptindikation), unbefriedigend
bei anderen Formen der Sehnenverletzung.
- Sehnencocktail nach Müller Wohlfarth (Zusammensetzung stark
variierend): Sehr populär und weit verbreitet; erreicht nicht die
Heilungsqualität der neueren biologischen Therapien.
- Bapten: Sehr teures, ausländisches Produkt zur lokalen Injektion – keine eigenen Erfahrungen; Produktion eingestellt.
- Hyaluronsäure in die verletzte Sehne war über Jahre unsere
bevorzugte Therapieform – durch PRP aufgrund der deutlich
besseren Heilungsqualität abgelöst.
- „Neue“ Hyaluronsäure an bzw. um die verletzte Sehne: Einige
eigene Erfahrungen zeigen keinen nennenswerten Vorteil gegenüber PRP bei deutlich höheren Kosten.
- Einsatz von Stammzellen: Sehr gute Ergebnisse, teuer, erheblicher logistischer Aufwand.
- Platelet-rich plasma (PRP): Ähnlich gute Ergebnisse wie Stamm-
Abb. 3: Sterile Blutentnahme aus der Vena jugularis; Abb. 4: Nach der Zentrifugation wird das Plasma in die innere Spritze aspiriert.
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zellen, sehr viel preiswerter, vergleichsweise einfache Anwendung.
- Weitere begleitende Therapieformen:
Lichttherapie, Lasertherapie, Magnetfeldtherapie, Spezialbandagen, diverse Einreibungen mit aktiven Substanzen, Zusatzfuttermittel auf Hyaluronsäurebasis, Glykosaminoglykane, etc.,
physikalische Therapieformen und Aquatrainer, orthopädische
Hufbeschläge.
Geduld und Verständnis der Besitzer sind unabdingbare,
wichtige Bestandteile einer erfolgreichen Therapie.Für welche Therapie Sie sich auch immer entscheiden, den Fak-
Abb. 5
„Der Faktor ‚Zeit‘ ist – unabhängig von der
Therapie – als gegeben hinzunehmen, um eine
belastbare Heilung zu erzielen.“
Abb. 6
© Dr. Christian Franz, Pferdeklinik Tillysburg (2)
tor Zeit sollten Sie jedenfalls als gegeben hinnehmen, um
eine belastbare Heilung zu erzielen. Diese benötigt unserer
Erfahrung nach in Abhängigkeit der Größe und Lokalisation
sowie Alter des Pferdes 9 bis 12 Monate.
Nach der anfänglichen Euphorie um die Stammzelltherapie hat die Praxis jedoch gezeigt, dass diese teure und logistisch
aufwendige Therapie kein Zaubermittel darstellt, welches Sehnenverletzungen im Vorbeigehen kuriert. Mittlerweile stehen dem Tierarzt jedoch deutlich preiswertere, anwender-
Abb. 5: Injektionsfertiges Plasma.
Abb. 6: Das Plasma wird in die Läsion appliziert.
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herauskristallisiert. Überzeugt hat uns unter anderem die Qualität der Heilung – bereits nach 6 bis 8 Wochen erfolgte die
Auffüllung des Defekts mit körpereigenem Material, sowie die
Senkung der Rezidivrate – anstelle von Narbengewebe wird elastisches Sehnengewerbe gebildet.
Hervozuheben ist die Praxistauglichkeit und die Einfachheit
in der Anwendung. Bei weit über 100 Behandlungen gab es keinerlei Komplikationen.
Abb. 7
Aufbereitung (am Beispiel des Arthrex-Systems) Dem
Pferd werden steril 15 ml venöses Blut mittels Doppelspritzensystem aus der Vena jugularis entnommen. Dieses wird 5 Minuten bei 1.100 Umdrehungen mit der von der Firma bereitgestellten Zentrifuge aufbereitet. Anschließend wird mit der kleinen
inneren Spritze das mit Wachstumsfaktoren angereicherte, injektionsfertige Plasma abgesaugt und am sedierten, stehenden
Pferd steril in die Läsion (eventuell unter Ultraschallkontrolle)
appliziert.
Das Pferd erhält einen Schutzverband und ein individuell auf
den jeweiligen Fall abgestimmtes Bewegungsprogramm. In der
Regel reicht eine einmalige Behandlung aus. Als ideal hat sich
eine Behandlung innerhalb der ersten 10 Tage nach der Verletzung erwiesen.
Bei älteren Prozessen konnten wir durch mehrmalige Injektionen (bis zu 3 x in wöchentlichem Abstand) bessere Ergebnisse
erreichen. Auch bei Gelenkserkrankungen konnten wir in einigen Fällen äußerst vielversprechende Resultate erzielen; die Zukunft wird zeigen, ob hier ähnliches Potenzial vorhanden ist.
Abb. 7: Injektion des Plasmas.
freundliche und dabei ähnlich gut wirksame Alternativen zur
Verfügung. Platelet-rich plasma (PRP) ist ein Konzentrat natürlicher, körpereigener Wachstumsfaktoren im Blutplasma, die
„PRP ist ein Konzentrat natürlicher, körpereigener Wachstumsfaktoren im Blutplasma, die
aus Thrombozyten freigesetzt werden.“
© Dr. Christian Franz, Pferdeklinik Tillysburg (3)
Abb. 8a
Anm. d. Redaktion: Der hier abgedruckte Artikel gibt ausschließlich die subjektive Meinung und Erfahrung des Verfassers wieder.
Dr. med. vet. Christian Franz
© privat
aus Thrombozyten freigesetzt werden und deren Potenzial bei
der Geweberegeneration in zahlreichen Studien bei Mensch und
Tier bereits nachgewiesen wurde. Nachdem sich die Anwendung in der Humanmedizin vor allem bei Gelenks- und Wundbehandlungen etabliert hat, hält diese Therapieform jetzt in der
Veterinärmedizin Einzug.
Für uns hat sich in den letzten 2 Jahren nach der erfolgreichen Sehnenbehandlung von über 100 Pferden die Verwendung von PRP (z.B. ACP der Firma
Arthrex, E-PET der Firma Vet Cell, ...) als das Mittel der Wahl
ist Fachtierarzt für Pferde, VÖP-Vorst.-Mtgl., seit 2000
behandelnder Tierarzt beim CHIO in Aachen sowie seit
2006 bei den Weltreiterspielen; Spezialgebiete: Orthopädie,
Gynäkologie & Chirurgie beim Pferd, www.pferdeklinik.at
Abb. 8b
Abb. 8a+b: Aussagekräftig: Ein sehr gutes Ergebnis sowohl klinisch als auch im Ultraschall.
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Innovative Behandlung von Arthrose und
Verletzungen von Weichteilgewebe
Unterstützung der Heilung mit körpereigenen Faktoren
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Arthrex ABPS System
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