Auslandstierschutz
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Auslandstierschutz
Auslandstierschutz Not und Notwendigkeit Auslandstierschutz – ein Thema mit ebenso vielen unterschiedlichen Facetten wie kontroversen Meinungen, aber auch ein Thema, das zu keinem Zeitpunkt etwas von seiner brennenden Aktualität verloren hat. Die nachfolgenden Ausführungen sollen die verschiedenen Aspekte der Thematik etwas genauer betrachten, mit der Zielstellung, möglicherweise vorhandene Unwissenheiten und die oftmals damit verbundenen Vorurteile in ein besseres und umfassenderes Verständnis verwandeln zu können. Die besondere Sensibilität des Themas braucht den Raum, in dem die Augen vor dem Leid und der Not der Tiere auf der Schattenseite des Lebens nicht verschlossen werden. Den menschlichen Blickwinkel einmal zu tauschen, um die Welt aus der Perspektive der Tiere zu sehen, soll so ein Stück weit besser möglich werden. Die von Kritikern häufig gestellte Frage danach, warum sich viele Tierschutzvereine im benachbarten süd-und osteuropäischen Ausland engagieren, wo doch – und das sogar ohne jeden Zweifel - auch vor der eigenen Haustür zahlreiche ungelöste Probleme auf dem Gebiet des Tierschutzes warten, ist schnell und schlicht zu beantworten. Denn dort, wo es unbestritten und zutiefst nötig ist vorhandene Not-zu-wenden, stellt sie sich gar nicht erst, sondern werden Mitgefühl und Solidarität fernab jeder Ländergrenze zur moralischen Notwendigkeit. Ein Tier hat keine Nationalität und kann es sich nicht aussuchen an welchem Ort auf dieser Welt es geboren wird, weshalb menschliche Verantwortung niemals 1 eine Frage von nationalen Zuständigkeiten sein kann und darf. Manchmal ist dabei die Hilfe für die notleidenden ausländischen Tiere auch eine Unterstützung der oft ebenfalls in großer Bedürftigkeit lebenden Menschen vor Ort, denn immer da wo es den Menschen bereits an den essentiellsten Dingen mangelt, bleibt für die Tiere meist rein gar nichts mehr übrig. Bisweilen ein nicht zu durchbrechender Teufelskreis, der sich gegenseitig bedingt. Am wesentlichsten liegt die Not und das Leid der Tiere jedoch nach wie vor noch immer ganz wesentlich in der ausgeprägt fragwürdigen Mentalität und Denkweise einiger Nationalitäten begründet, die oft anmuten als wäre deren Zeitrechnung irgendwo zwischen Antike und Mittelalter stehengeblieben. Nur so scheint letztlich erklärbar, das es den meisten Menschen im süd-und osteuropäischen Ausland nach wie vor unvorstellbar erscheint, noch viel mehr geradezu als vollkommen überzogene, ungerechtfertigte Anmaßung betrachtet wird, ein Tier – und zwar jedes! – als gleichwertiges, ebenso wie sie selbst fühlendes Wesen anzusehen. Ein Mit-Geschöpf eben, das mit den Menschen lebt, als dessen Freund und Partner. Eigentlich ganz selbstverständlich – und doch ist zu erwarten, das sich die Sensibilität und das Bewusstsein für die Tierschutzproblematik in Süd-und Osteuropa nur sehr langsam und generationenübergreifend verändern lassen werden. Menschen, die diese Entwicklung im Rahmen ihrer Möglichkeiten voranzubringen versuchen, gibt es jedoch dort ebenso wie in unseren Gefilden diejenigen, deren Ansichten zu diesem Thema auch eine dringende Überholung gut tun würde. Eigene Problemstellungen dürfen uns dennoch niemals davon abhalten, beständig auch weiterhin den Blick über den Tellerrand zu wagen und auf das zu schauen, was ein Leben auf der Schattenseite prägt. 2 Mögliches und Unmögliches Betrachtet man die Situation der Tiere in ihren Herkunftsländern, genügen letztendlich einige wenige Worte um diese zu beschreiben. Not, Mangel und Leid sind allgegenwärtig, wo immer man auch hinschaut. Nur sehr wenige Tiere dürfen in Süd – und Osteuropa ein Leben auf dem Niveau der westlichen Nachbarländer genießen. Zweifelsohne gibt es sie auch dort, diese wenigen privilegierten Glückspilze, doch sind sie keinesfalls stellvertretende Beispiele. Für die überwiegende Mehrzahl der Tiere gelten leider weit andere Bedingungen, die im Großen und Ganzen deckungsgleich, sowohl in Ost – als auch in Südeuropa anzutreffen sind. Anzumerken ist aber, dass sich die Lebenssituation für die Tiere insgesamt, analog derer der Menschen, umso verschärfter darstellt, je weiter es gen Osten geht. Nicht wirklich verwunderlich, denn schon alleine der klimatische Unterschied gegenüber den südlichen Ländern bedingt ein raueres Lebensklima, das sich in den Wintermonaten weiter zuspitzt. Dabei potenziert der schwächende Einfluss der anhaltenden Kälte die ohnehin schlechten Lebensbedingungen um ein Vielfaches. Hunger, Bedrohung, Vertreibung, Verwahrlosung, Schutzlosigkeit, unkontrollierte Vermehrung, Parasitenbefall und Krankheiten, um nur einige der Faktoren zu nennen, denen die Tiere tagtäglich hilflos ausgeliefert sind, können ohnehin schon kaum kompensiert werden, doch zehrt die strenge und permanente Kälte in Osteuropa die Tiere zusätzlich aus. Ein weiterer nicht unbedeutender Aspekt könnte zudem sein, dass der Tierschutzgedanke der Einheimischen in den südlichen Ländern sowohl durch die Touristen, als auch durch westeuropäische Auswanderer positiver beeinflusst wird, als dies in Osteuropa der Fall ist. Ohne Frage noch lange nicht auf halbwegs akzeptablem Niveau, aber immerhin zieht es den einen oder anderen Menschen mit als selbstverständlich empfundenen ethischen 3 Grundgedanken, schon alleine aufgrund der klimatischen Verhältnisse, wohl eher nach Spanien oder Griechenland als nach Polen oder Rumänien. Doch trotz möglicherweise kleinerer Unterschiede lässt sich das Leben eines ungewollten Tieres im süd –und osteuropäischen Ausland zusammenfassend etwa so skizzieren: Das Licht der Welt erblickt irgendwo im nirgendwo, vermutlich umgeben von Müll und Dreck, stellt sich direkt zu Beginn die Frage, ob es immer und in jedem Fall ein glücklicher Umstand ist, wenn ein solches Tierbaby die ersten Wochen seines Daseins überlebt. Denn zählt es nicht zu den wenigen Glücklichen, denen in irgendeiner Weise früher oder später Rettung zuteil wird, wartet meist keine erstrebenswerte Zukunft auf die Kleinen, geprägt von dem immerwährenden Kampf ums Überleben. Wer nicht an irgendeiner Kette landet und meist hungernd, ungeschützt vor Witterungseinflüssen und ohne jegliche Zuwendung vor sich hinvegetiert, wird vielleicht in anderer Art und Weise vom Menschen für dessen Bedürfnisse und Selbstzweck missbraucht. Sei es als Wächter, Gebärmaschine oder was auch immer in den Köpfen derer vor sich geht, denen die Tiere vollkommen schutzlos ausgeliefert sind. Vielleicht könnte es so gesehen ja möglicherweise sogar ein Vorteil sein, das Leben eines Streuners führen zu müssen, der sich zumindest frei bewegen und mit viel Glück als Selbstversorger den ein oder anderen Happen Futter ergattern kann. Doch auch diese Tiere haben keinen festen, geschützten Schlafplatz und müssen an jedem neuen Tag, gejagt, bedroht und vertrieben, den allumfassenden Entbehrungen ihres Daseins irgendwie trotzen. Krankheiten und Verletzungen sind sie ebenso hilflos ausgesetzt, wie sie keine Fürsorge und Pflege kennen und auch keinerlei Vorstellung davon haben, wie sich Liebe und Geborgenheit anfühlen. Die Gesetze der Straße fragen auch nicht danach, wer sich diesem Leben wohl gewachsen fühlen könnte und so bleibt auch dort früher oder später wohl fast jeder auf der Strecke, im wahrsten Sinne des Wortes. Unabhängig davon wie ihr Leben begann oder aussah, führt für viele Tiere der Weg früher oder später in eines der vielen für diese Länder typischen Massenauffanglager, meist mit angegliederter Tötungsstation. War ihr Leben zuvor schon ohnehin nur von Negativität geprägt, verliert es dort endgültig jeglichen Wert. Als Streuner eingefangen oder von den ehemaligen Haltern entsorgt, eint so fast alle Tiere aus dem Auslandstierschutz die Erfahrung der oft katastrophalen 4 Lebensbedingungen in ausländischen „Tierheimen“. Der allgegenwärtige Mangel setzt sich dort nahtlos fort und betrifft selbst die lebensnotwendigsten, existenziellsten Dinge. Dabei kann sich aber jedes Tier nur unendlich glücklich schätzen, wenn es nicht in einer der staatlichen Einrichtungen gelandet ist. Dort ist sein Schicksal besiegelt, das oft innerhalb weniger Tage auf grausamste Art und Weise vollstreckt wird, geschieht nicht im letzten Moment noch ein Wunder. Ungezählte Tiere hoffen darauf vergebens und so bieten nur die Tierheime, die sich in privater Hand befinden und/oder die, die auf Unterstützung aus Westeuropa hoffen dürfen, die einzige Überlebenschance. Dort engagierte Tierschützer konnten durch ihren unermüdlichen Einsatz die Lebensbedingungen der Tiere vor Ort in einigen Tierheimen bereits maßgeblich verbessern. Für ihre Arbeit gebührt ihnen allerhöchster Respekt. DER entscheidende Grund, warum die Tierschutzproblematik, insbesondere in Süd – und Osteuropa, einen kaum zu durchbrechenden Teufelskreis darstellt, ist der „Nachschub“ der Tiere, der durch unkontrollierte Vermehrung als nie versiegender Strom permanent weiter vorhanden ist. Not und Mangel, und mit ihnen das unvermeidliche Leid, potenzieren sich zu kaum vorstellbarer Grausamkeit, je größer und dichter die vorhandenen Tierpopulationen sind. Heißt, je mehr Tiere da sind, umso mehr Konflikte entstehen um die ohnehin kaum vorhandenen Ressourcen und bietet sich eine umso größere Angriffsfläche für Feinde jeder Art. Wenn vorgegebene Lebensbedingungen sich kurzfristig aber nun ebenso wenig verändern lassen wie althergebrachte, tief verwurzelte Weltanschauungen, ist damit dem Fortbestand und der weiteren Vergrößerung der Not, in der die Tiere leben, Tür und Tor geöffnet und verkommt jeder Hilfsversuch damit unweigerlich zur „Neverending Story“ . Zu kappen ist diese nur an ihrer Wurzel und so ist und bleibt die flächendeckende Kastration, ohne Wenn und Aber, das zentrale Thema des Tierschutzgedanken. Mag man sich in westeuropäischen Gefilden möglicherweise den Luxus erlauben können dieses Thema aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten, so steht dies im Auslandstierschutz in keiner Weise zur Diskussion, denn dessen einzig wesentliche Frage ist doch die danach, wo in all der Not eigentlich ein Anfang sein könnte. Oder mit anderen Worten gesagt, was ist überhaupt möglich in all dem oft unüberschaubaren Unmöglichen? Nur wenn die Quelle nachhaltig stillgelegt werden kann, wird irgendwann der Strom versiegen, mit dem ungewolltes Leben immer wieder neu flutwellenartig ins Elend schwappt. So folgerichtig und ethisch dieser Gedanke auch ist, so schwer bleibt unter den in Süd – und Osteuropa anzutreffenden widrigen Rahmenbedingungen dagegen seine lückenlose Umsetzung. Doch wer zur 5 Quelle will, muss gegen den Strom schwimmen, sagt ein altes chinesisches Sprichwort, dem gerade in Bezug auf die Problematik des Auslandstierschutzes viel Wahres abzugewinnen ist. Wirklich effektiver und nachhaltiger Tierschutz muss daher insbesondere auf die Hilfe zur Selbsthilfe abzielen sowie außerdem konsequent das Ziel verfolgen, Tiere grenzübergreifend und nachhaltig als gleichwertige Mitgeschöpfe anzuerkennen. Doch wird sich das nur sehr langsam wirklich umsetzen lassen und so sind es zunächst vor allem die Lebensbedingungen der Tiere vor Ort, die verbessert werden müssen, denn das Ticket in ein neues Leben bekommen verhältnismäßig nur sehr wenige Glückliche. Mögen Kritiker auch anders urteilen oder mag auch so manches Mal ein anderer Anschein geweckt werden, wenn scheinbar überall nach einem Zuhause für ausländische Tiere gesucht wird, so sind es gemessen an der Gesamttierzahl in der Tat nur sehr Wenige, die die Reise ins westeuropäische Ausland antreten dürfen. Hilfe, die vor Ort gebraucht wird, sind beispielsweise auch Spendengüter jeder Art, sowohl in Form von Geld –als auch von Sachzuwendungen sowie ehrenamtliche Mitarbeit, insbesondere z. B. auch bei baulichen Vorhaben in den von echten Tierschützern unterstützten oder betriebenen ausländischen Tierheimen. Darüber hinaus haben umfassende Kastrationsaktionen DIE zentrale Bedeutung, denn es kann keinen Sinn machen ein Loch in dem Wissen stopfen zu wollen, das gleichzeitig ungezählt viele neue aufreißen. An diejenigen unter den Lesern, die dem Thema Kastration kritisch gegenüberstehen, sei die Bitte erlaubt, einmal die eigene Vorstellungskraft zu bemühen und sich sowohl in die Lage einer notleidenden ausgezehrten Mutterhündin in permanenter Sorge um ihre Babys, als auch in die Kleinen selbst zu versetzen, die hungrig zwischen Müll und Dreck umherirren, von Ratten angefressen oder von Artgenossen vor lauter Futterknappheit gleich ganz verschlungen werden und der quälenden Sommerhitze genauso schutzlos ausgesetzt sind wie der klirrenden Winterkälte. Die Liste der Gefahren und Qualen ließe sich sowohl für die Mütter als auch für die Babys immer weiter fortsetzen, doch soll an dieser Stelle eine Zusammenfassung genügen. 6 Unbestritten ist und bleibt daher vor dem Hintergrund des Tierschutzgedankens die Tatsache, dass es ethisch nicht vertretbar ist immer neues Leben in der größten Not entstehen zu lassen und damit sehenden Auges dem Leiden auszusetzen. So kann und muss Tierschutz, dort wo ein geborenes Leben noch immer schutzlos ist, auch und vor allem bedeuten, zu verhindern dass es entstehen kann. Da insbesondere die nachhaltige Veränderung des Tierschutzgedanken der Menschen in Süd – und Osteuropa noch immer den schwersten Teil der Aufgabe darstellt, bleibt die konsequente und intensive Aufklärungsarbeit sicher eine ganz besondere Herausforderung. Doch nur durch sie werden letztlich nachhaltige Veränderungen möglich werden. Bis dahin bleibt die unermüdliche Hilfestellung und Unterstützung im Rahmen ausländischer Tierschutzarbeit eine moralische Pflicht. Vor Ort ebenso wie mit der regelmäßigen Übernahme von Tieren, denn nur die Ausreise garantiert ihnen letztlich die Chance auf eine bessere Zukunft. Dabei nehmen die ausländischen Tiere keinem deutschen Tierheiminsassen einen Platz weg, wenn der feste Wille vorhanden ist, diese Form von Tierschutz selbstverständlich in Einklang mit den eigenen Problemstellungen zu bringen. Das ist nötig, zweifelsohne, aber es ist auch möglich und kann, wird es beherzigt, Kritikern jede Argumentationsgrundlage entziehen. Denn das die ausländischen Tiere dabei oft die Nische füllen, die Abgabehunde in deutschen Tierheimen hinterlassen, kann ihnen wahrlich nicht zum Vorwurf gemacht werden, sind es doch einzig die Tierheimbesucher selbst, die die Maßstäbe festlegen können, die die „Nachfrage“ bestimmen. So scheint dem einen oder anderen Kritiker gar nicht immer unbedingt bewusst zu sein, dass viele deutsche Abgabehunde häufig nicht den Wünschen und Vorstellungen der adoptionswilligen Tierheimbesucher entsprechen. Insbesondere die größeren, älteren und schwierigen Hunde, deren Weg sie als Opfer der Umstände und Menschen, in dessen Hände sie gerieten, in ein Tierheim führt, haben – leider! meist allergrößte Schwierigkeiten noch einmal ein neues Zuhause zu finden. Doch wer ist dafür verantwortlich? Gewiss nicht die ausländischen Hunde, die meist einfach nur die ohnehin vorhandenen Lücken füllen, auch wenn so mancher nur zu gerne in ihnen die Schuldigen sehen möchte. Zweifelsohne sind auch die Auslandshunde unterschiedlich stark von ihrem Vorleben geprägt, der größte Teil von ihnen verkörpert jedoch genau die Vorstellung, die der allgemeine Interessent von seinem neuen vierbeinigen Gefährten hat. So ist die Vermittlungschance eines 7 jeden Tieres alleine und vollständig von der Bereitschaft der adoptionswilligen Menschen abhängig, auf der Suche nach einem vierbeinigen Begleiter auch den Versehrten und Unvollkommenen eine Chance zu geben. Bleibt zusammenfassend festzuhalten, dass viel möglich ist, im scheinbar Unmöglichen. Die vielen engagierten Tierschützer, die den Tieren in Süd- und Osteuropa soviel unermüdliche Hilfe zukommen lassen, beweisen das immer wieder neu. Sie sind mutig genug ihre Augen vor dem Leid nicht zu verschließen und konnten damit schon so viel Gutes tun und unzählige Leben retten. Der Weg in ein neues Leben – in kleinen Schritten ans große Ziel Der wichtigste Gedanke zuerst: Alles ist möglich und kein Hindernis zu groß. Wer das als Leitidee verinnerlicht, wird den Weg in ein neues Leben mit seinem vierbeinigen Gefährten als ein spannendes und bewegendes Abenteuer erleben, in dem der Mensch die Rolle der Reisebegleitung einnehmen und gestalten darf. Bei genauer Betrachtung ein ziemlich großes Geschenk. Dennoch, wir können und wollen an dieser Stelle auch nichts schön reden, viel zu sehr sind wir täglich mit der Not der Tiere konfrontiert, in einer Dimension, die auch für uns immer wieder ein erhebliches Maß an emotionalem Leid bedeutet. Da fällt es bisweilen zugegebenermaßen durchaus sehr schwer sich allgemeine Verurteilungen zu verkneifen und den Blick weit mehr auf das Positive zu richten. Doch genau das ist das Anliegen dieser Ausführungen, die nicht entmutigen, sondern vielmehr Ängste abbauen und Wege aufzeigen sollen. Dabei wäre es ohne Frage falsch, nicht auf mögliche Schwierigkeiten in aller Deutlichkeit hinzuweisen oder nicht auch zu erwähnen, das Schicksal und Leid viele Gesichter hat und die Facetten immer wieder neu scheinbar endlos kombinierbar sind. In manchen Fällen führt das zu einer erheblichen Aufsummierung und damit unweigerlich verbundenen 8 besonderen Tragik. Die Tiere mit einer solchen Vorgeschichte, deren Folge schwerwiegende körperliche und seelische Verletzungen sind, bedürfen meist intensiverer und längerfristiger Hilfestellung um den Weg zurück ins Leben finden zu können. Eine echte Aufgabe und gewiss nur etwas für Menschen, die sich dieser Verantwortung in vollem Umfang bewusst sind und neben Erfahrung, Wissen und Sachverstand zudem noch über ein Höchstmaß an Liebe, Geduld und echtem Verständnis verfügen, um sich wirklich in die Welt des traumatisierten Tieres einfühlen zu können. Doch der weitaus größte Teil der ausländischen Hunde in deutschen Tierheimen gehört keineswegs in diese Kategorie, sondern benötigt einfach nur etwas Unterstützung und zuverlässige Starthilfe um gut in dem neuen Leben anzukommen. Wir konnten im Laufe der Jahre ungezählt viele tolle Tiere aus dem Auslandstierschutz kennenlernen, die nur darauf gewartet hatten, endlich sich selbst und das Leben entdecken zu dürfen. Wer mag ist herzlich dazu eingeladen, sich unter der Rubrik „Vermittelt“ auf dieser Seite ein wenig mehr von diesem besonderen Lebensgefühl zu holen, das eben genau jene Tiere uns vermitteln können, die ihr Schattendasein gegen ein erfülltes Leben eintauschen durften. Alles was es dafür braucht ist die Zeit, sich Unbekanntes vertraut zu machen. Wie jeder Mensch auch, so hat auch jedes Tier dabei ein Anrecht auf sein eigenes Tempo. Dies vorbehaltlos zu akzeptieren ist bereits einer, vielleicht sogar der wichtigste, Schlüssel zu nachhaltigem Erfolg. In Abhängigkeit der verschiedenen Lebensweisen, Prägungen und Erfahrungen lässt sich ganz grob eine Unterscheidung zwischen Erfahrungsmangel, also wenig bis gar kein Kennenlernen von Umweltreizen und/oder sozialen Kontakten, oder Negativerlebnissen treffen. Auch hier sind jedoch wieder vielfältige Kombinationsvarianten möglich, so dass zum Beispiel ein Hund, der sehr isoliert gelebt hat (Kette/Zwinger etc.) und zudem kaum Menschenkontakt hatte, einen deutlichen Mangel an Erfahrungen mit sich trägt, dieser aber auch zusätzlich noch mit Negativerlebnissen kombiniert sein kann. Beispielsweise dann, wenn der ab und zu vorbeigekommene Mensch sich nicht besonders freundlich (und das trifft leider recht häufig zu) verhalten und zudem möglicherweise auch noch von irgendwelchen absonderlichen Gegenständen Gebrauch gemacht hat, um seinem Missmut oder seinen Wünschen Ausdruck zu verleihen. Dagegen könnte 9 beispielsweise ein Straßenhund zwar sehr viele Erfahrungen mir seiner Umwelt gemacht haben, die aber auch keineswegs positiv gewesen sein müssen. Denn gerade auch diese Hunde können Menschen als sehr bedrohlich kennengelernt haben und wissen, warum es manchmal durchaus besser sein kann ihnen aus dem Weg zu gehen. Andererseits waren da aber vielleicht auch liebevolle Touristen, von denen es den ein oder anderen Happen Futter gab und deren streichelnde Hände gut taten, dagegen gab es aber möglicherweise Konflikte mit Artgenossen oder schlechte Erfahrungen mit Autos etc. Nicht selten bleibt einem ehemaligen Streuner zudem auch die Erfahrung des, meist nicht sonderlich rücksichtsvollen einfangens und dem anschließenden eingesperrt seins nicht erspart, wenn er als ungewollter Straßenhund die unerfreuliche Bekanntschaft mit einem Tierfänger machen musste. So unterscheidet ihn in der anschließenden Verwahrung in einer der unzähligen Massenauffangstationen nur die Erinnerung an die ehemals kennengelernte Freiheit, von einem Hund der isoliert und mit knappen Platzangebot lebte, bis er das eine Gefängnis gegen ein anderes eintauschen musste. Egal ob angekettet, als Streuner in einem selbstgebuddelten Erdloch oder eingesperrt in den engen Käfigen der Tötungsanlagen, eint alle vergessenen Tiere ganz gewiss der große Traum von einem Leben in Sicherheit und Liebe, wenn die Erschöpfung sie mutig genug sein lässt, sich für ein paar ungestörte Momente zusammenzurollen und die müden Äuglein zu schließen. Ein neues Leben - Die (Aus)Reise Doch wenn dieser Traum eines Tages wahr werden kann, taucht damit unweigerlich auch die Frage auf, wie genau sich der Weg in ein neues, unbekanntes Leben für ein Tier anfühlt, das bisher nur die Schattenseite kennenlernen konnte. Der weitaus größte Teil dieser Tiere werden von den deutschen Tierheimen und Tierschutzvereinen aus ausländischen Partnertierheimen oder staatlichen Auffanglagern übernommen, eher wenige kommen wirklich direkt von der Straße. Meist ist es nur diese Reise in ein neues Leben, die das Schicksal der Tiere wirklich nachhaltig zum Besseren wenden und ihnen eine echte Zukunft schenken kann. Manchmal ein Weg der vielen kleinen Schritte bis zum Ziel, aber ein stets gangbarer, dessen Erfüllung und Freude am Ende jeden Einsatz und jede Mühe nicht nur lohnt, nein, sie geben ihm vielmehr Recht. 10 Doch wie sieht dieser Weg nun genau aus und wo liegen mögliche Stolpersteine und sind im Gegenzug dazu die wichtigen richtungsweisenden Hinweisschilder zu finden? Hilfreich zum verstehen kann dabei ein Perspektivwechsel sein, der den Blick durch die Augen des Tieres möglich macht. Begleiten wir dazu beispielhaft die Hündin Amy, für die im August 2013 das Abenteuer Leben mit der Ausreise aus einem osteuropäischen Tierheim begann. Wie fühlt sich das wohl an, von fremden Menschen aus der Masse der Anderen herausgegriffen und in ein enges Behältnis verladen zu werden, ohne den Grund dafür zu kennen und zu wissen wie und wo das Ganze endet? Amys Welt bestand bis dahin vermutlich zeitlebens nur aus wenigen eingegitterten Quadratmetern und wurde bestimmt von Hunger, permanentem Konkurrenzkampf, Dauerstress und allgegenwärtiger Angst. Dennoch war ihr diese Welt vertraut und konnte ihr alleine diese Vertrautheit ein winziges Gefühl der Sicherheit vermitteln. Möglicherweise hatte sie aber auch in dieser kargen Welt freundschaftliche Bande geknüpft und musste nun einen Freund dort zurücklassen. Und was kam jetzt? Amy konnte in ihrer Transportbox nicht wissen, dass das Ziel dieser erneuten Strapaze nicht die nächste Tötungsstation oder sonst ein unwürdiger und grauenvoller Ort sein würde, sondern dass sie auf dieser Fahrt die Seiten wechseln wird. Es waren die ersten Schritte auf dem Weg aus der Dunkelheit ins Licht, doch für Amy bedeuteten sie in dieser Situation zunächst wieder nichts anderes als ein erneut extrem hohes Maß an Angst und Stress, umso mehr, sollte sie in der Vergangenheit bereits schon einmal in die Hände eines Tierfängers geraten sein. Über Amys Vorgeschichte war nichts Genaueres bekannt, sie war irgendwann einfach da und niemand konnte ganz genau sagen wann das gewesen war, nur, das sie zu diesem Zeitpunkt noch sehr jung gewesen sein muss. Trotz größtmöglicher Bemühungen wird der Transport immer ein anstrengendes Unterfangen sein, sowohl für die Tiere als auch für die Menschen, die die Situation jedoch aber zumindest verstehen können. In Enge und manchmal auch Dunkelheit geht es für die Tiere viele endlos lange Stunden schaukelnd und rappelnd weiter und ist auch das irgendwann überstanden, wartet im Anschluss direkt das nächste Großereignis, das jedes nur denkbare weitere Schockpotential in sich tragen kann. Je nachdem wo der Bestimmungsort der Tiere sich befindet, stürzen dort so viele neue, meist auch sehr beängstigende Eindrücke, auf sie ein dass ihnen manchmal nur zwei Reaktionsmöglichkeiten bleiben. Der Verfall in augenblickliche Schockstarre oder die 11 vermeintliche Rettung durch einen panischen Fluchtversuch, kann das daraus resultierende Verhalten sein, muss es aber nicht. Die Menschen, die mit dem Tier umgehen, sollten aber dennoch immer gut und auf alles vorbereitet sein. Die Vermittlung Bindeglied Tierheim Viele Auslandshunde sind den Anforderungen, die unweigerlich auf sie warten, sollten sie direkt vom Transport in ihr neues Zuhause einziehen, weitgehend problemlos gewachsen, aber es gibt auch diejenigen, für die es eine große Erleichterung sein kann, wenn der Weg über eine Zwischenstation, wie beispielsweise ein Tierheim, führt. Ein solcher Ort kann ein sicherer Hafen sein, in dem die Tiere zunächst ausruhen und sich die neue Welt ohne zu große Überforderung nach und nach erobern können. In diesem Zusammenhang ist es von Bedeutung ein Tierheim nicht als etwas Negatives anzusehen. Im Vergleich zu einem deutschen Artgenossen, der als Abgabehund, aus welchem Grund auch immer, sein möglicherweise sehr schönes Zuhause verlor, ist ein deutsches Tierheim für viele ausländische Tiere schon ein nahezu paradiesischer Ort. Meist zum ersten Mal in ihrem Leben sind sie dort endlich tatsächlich in Sicherheit und können Kälte, Hunger, Misshandlung und Vertreibung endgültig hinter sich lassen. Mehr noch, lernen sie dort, oft zum ersten Mal, auch Liebe und Fürsorge kennen und erleben menschliche Nähe als ein gutes und warmes Gefühl. Ein Tierheim ist mehr als eine Verwahranstalt für heimatlose Tiere und kann vor allem zu einer festen und sicheren Burg werden, die einen Rahmen vorgibt, der den Tieren gerade in der schwierigen Anfangszeit eine wertvolle Orientierungshilfe und ein großer Halt ist. In kleinen Schritten und gemäßigtem Tempo haben sie hier die Möglichkeit neue Erfahrungen zu sammeln und sich an die fremde Welt zu gewöhnen, die ihnen auf diesem Weg wohldosiert nahe gebracht werden kann, so das nicht direkt das „volle Leben“ auf die meist unerfahrenen Tiere einstürzt. Darüber hinaus gilt es auch zu bedenken, das manche der Tiere, um die sich bislang niemand bemühte, anfangs etwas Zeit benötigen um sich an das neue unbekannte Interesse an ihnen zu gewöhnen. Verständlich, das es so manchen durchaus befremden kann, bisher in der Masse völlig untergegangen und nun plötzlich der Mittelpunkt jeder Aufmerksamkeit zu sein. Es ist unendlich viel, was unseren menschlichen Alltag ausmacht und zu unserem Leben ganz selbstverständlich dazugehört, doch für ein Tier keineswegs von Anfang an so normal ist wie für uns. Die Tiere sind bereit sich all das anzuschauen, sich 12 darauf einzulassen, weil sie mit uns leben wollen. Dafür haben sie unsere Hilfe und Unterstützung uneingeschränkt verdient, die bei dem Bemühen um ehrliches Verständnis ihren unersetzlichen Anfang hat. Amy fand dieses Verständnis und mit dem Eifelhof einen Ort, der ihr einen überschaubaren Rahmen bot. Sie gehörte zweifelsohne zu den Hunden, für die es eine gute Lösung war nach und nach in dem neuen Leben anzukommen. Geschlossene Räume waren ihr ebenso fremd, wie Umweltreize jeder Art und überhaupt alles, was das alltägliche Leben ausmacht. Einiges davon konnte Amy in der Zeit bei uns auf dem Eifelhof bereits kennenlernen, auch wenn die natürlichen Grenzen eines Tierheimes, und sei es auch noch so gut, unbestritten sind. Das wirkliche Leben findet außerhalb von Gittern und Zäunen statt, doch können diese zunächst einen wertvollen Hilfsdienst leisten. So fand Amy bei uns Rückzug und Kontakt in dem Maß und der Kombination, in der sie es brauchte und gut verkraften konnte. Auf vielen kleinen Spaziergängen lernte sie Brustgeschirr und Leine kennen, ebenso wie Mülltonnen, Autos, Begegnungen mit anderen Hunden und vieles mehr. Anfangs reagierte sie auf alles Unbekannte mit ausgeprägten Panikattacken, die im Umfeld des Eifelhofes zunächst etwas besser abzupuffern waren als in der „realen“ Welt, weil wir hier die Möglichkeit hatten Amy gezielt und wohldosiert mit stressauslösenden Situationen zu konfrontieren. Wir konnten diese bewusst herbeiführen, um Amy somit auf die spätere Aneinanderreihung nicht steuerbarer Begegnungen einigermaßen vorzubereiten. Ein weiterer wichtiger Aspekt, und der vielleicht größte Vorteil, bestand darin, dass Amy in dem Sicherheit gebenden Rahmen des Eifelhofes ihr neues Rudel nach und nach besser kennenlernen konnte, bevor der endgültige Umzug anstand. Zu den Zweibeinern waren recht schnell erste Bande geknüpft, doch bedurfte es auch der sensiblen Integration in die bereits vorhandene dreiköpfige Hundegruppe. Amy für ihren Teil hatte in ihrem Vorleben wenig soziale Kompetenz erwerben können, was weder verwundern durfte, noch in irgendeiner Weise unverständlich war. Sie hatte gelernt für ihr Überleben zu kämpfen und so galt für sie anfangs ausschließlich das Recht des Stärkeren. Konnte ihr das auch kaum zum Vorwurf gemacht werden, hieß es nun trotzdem ihr die Grundregeln eines harmonischen Zusammenlebens zu vermitteln. Auch wenn ein Rudel gewiss erst über einen längeren Zeitraum und unter häuslichen Bedingungen richtig zusammenwächst, kann dennoch auch hierbei, in Abhängigkeit der Charaktere, eine gewisse Vorarbeit hilfreiche Dienste leisten. 13 Ein bisher wenig bis gar nicht umsorgtes Tier bringt bisweilen aus einer überfüllten ausländischen Massenauffangstation, verständlicherweise, auch so manches Mal einen recht desolaten Pflegezustand mit. So auch Amy, deren diesbezüglicher Nachholbedarf aber auch in kleinen Schritten gedeckt werden konnte, weil wir im Eifelhof, im Gegensatz zu einem häuslichen Umfeld, die Möglichkeit hatten, ihr ein gründliches Vollbad unmittelbar nach der Ankunft zunächst ersparen zu können. Nun ist es zwar gewiss nicht so, das ein Tier aus dem Auslandstierschutz nach einer übergangsweisen Zeit in einem deutschen Tierheim als fertig geschnürtes, wohlduftendes Geschenkpaket in sein neues Zuhause umzieht, doch kann eine gewisse Basis, in Abhängigkeit der Vorgeschichte und des Charakters des Tieres, in vielerlei Hinsicht aber durchaus gelegt werden, ebenso wie der Nachholbedarf in Sachen Ernährung, Pflege und Gesundheit zu einem großen Teil schon gedeckt sein kann. Die Vermittlung Direktadoption Führt der Weg aus dem Herkunftsland über den Transport direkt zu den neuen adoptionswilligen Menschen, kann das einige Schwierigkeiten beinhalten. Gewiss nicht unlösbar, müssen sie aber bedacht werden, um auf beiden Seiten eine spätere Enttäuschung zu vermeiden. Insgesamt setzt eine „Direktadoption“ ein höheres Maß an Erfahrung, Verständnis und Vorbereitung bei den betreffenden Menschen voraus, zumindest aber die Bereitschaft anzuerkennen, das mit dem neuen Hausgenossen ein Lebewesen Einzug in die Familie hält, das trotz größtmöglichem Bemühungen nicht von Anfang an alles richtig machen kann, einfach weil es noch gar nicht weiß, was denn das Richtige sein könnte. Dennoch fügen sich die meisten Hunde insgesamt schnell und recht problemlos ein und zeigen ein großes Anpassungsvermögen. Wenn sie dabei durch ihre neuen Menschen optimal unterstützt werden, steht einer lebenslangen Freundschaft nichts im Weg. Doch es braucht den Raum, in dem diese wachsen kann, denn ganz zu Beginn kann sich die neue Verbindung noch fremd und ungewohnt anfühlen, für beide Seiten. Gegenseitiges Kennenlernen braucht Verständnis und Zeit, zudem ist es hilfreich einige wesentliche Dinge zu beachten. Oberstes Gebot muss es sein, das Tier in Ruhe ankommen zu lassen und ihm einen geschützten Rückzugsort zur Verfügung zu stellen. Unschwer vorstellbar, wie sehr es ein Tier, das bis dahin wenige oder nur sehr negative Erfahrungen in seinem Leben machen konnte und zudem kaum Beachtung fand, nach einem stundenlangen Transport ins Ungewisse ängstigen muss, wenn am Ende der Reise seiner Ankunft übermäßig sehnsüchtig herbeigefiebert wird. Empfehlenswert ist es daher, wenn zunächst nur die direkten Rudelmitglieder Kontakt zu dem Neuankömmling aufnehmen und ihre Aufmerksamkeit gut dosieren, um eine Überforderung zu vermeiden. Das Tier muss seine zu diesem Zeitpunkt bestehenden Grenzen selber 14 festlegen dürfen, und auch wenn es verständlicherweise schwer fällt, ist anfangs weniger mehr. Deshalb sollte auch zu viel Besuch in der ersten Zeit vermieden werden. Bedacht werden muss auch, das das neue Familienmitglied möglicherweise noch nie zuvor ein menschliches Haus betreten hat und somit mit geschlossenen Räumen ebenso wenig vertraut ist wie mit Treppen, oder das es gar wüsste was Fernseher, Radio und Telefon sind. Mancher Hund kennt möglicherweise auch kein Halsband und Brustgeschirr oder musste damit schlechte Erfahrungen machen. Die Begrenzung durch eine Leine kann ebenso befremden, wie selbst ein kleiner Radius für das Tier unendlich viele Eindrücke beinhalten und auch der kleinste Umweltreiz in weiter Entfernung die Welt des Tieres völlig durcheinander wirbeln kann. Intensive Pflegeeinheiten sowie Tierarztbesuche sollten in den ersten Tagen nach der Ankunft nur dann auf dem Programm stehen, wenn sie wirklich dringend erforderlich sind. Leben bereits andere Tiere mit im Haushalt, kann nicht grundsätzlich von einem unmittelbar harmonischen Zusammenleben aller Hausgenossen ausgegangen werden. Auch hier heißt es Geduld haben und den Tieren die Zeit zu geben, die sie benötigen um sich gut aneinander zu gewöhnen. Dieser Prozess wird maßgeblich von der Unterstützung der Menschen bestimmt, deren Kompetenz und Einfühlungsvermögen in diesem Fall besonders gefragt sind, damit alle Tiere, die bereits vorhandenen sowie der Neuankömmling, schnell eine große Bereicherung füreinander werden, vorausgesetzt sie sind grundsätzlich sozialverträglich. Im Zweifelsfall sollte man sich von Anfang an kompetente Hilfe holen und sich im Vorfeld auch bei der Auswahl des passenden Tieres gut beraten lassen. Jeder Tierschutzverein, der sich ausschließlich dem Wohl der ihm anvertrauten Tiere verschrieben hat, wird im Rahmen der Vermittlung, sowohl vor als auch nach dem Umzug des Tieres, den neuen Haltern dabei jederzeit gerne mit Rat und Tat zur Seite stehen. Wichtig ist es daher auch, sich vorab ein Bild über die Seriösität der vermittelnden Organisation zu machen und dazu entsprechende Informationen einzuholen. 15 Auf dem Weg Trotz guter Vorbereitung bleibt der Einzug des neuen Vierbeiners für alle Rudelmitglieder ein Umbruch und beginnt damit für beide Seiten eine neue Lebensphase. Auch wenn sich Mensch und Tier im Vorfeld bereits etwas besser kennenlernen konnten, erste Bande geknüpft und ein gewisses Maß an Vertrauen aufgebaut sind, heißt es nun dennoch einen gemeinsamen Alltag leben, in einer für das Tier fremden und anfangs oft auch befremdlichen Welt. Etwas, das Zeit braucht, bis es so aufeinander ein- und abgestimmt ist, das es wie von selbst funktioniert. Jedes Tier ist dabei bereit sich seinem Menschen anzupassen und möchte alles richtig machen, doch es muss erst einmal wissen was das Richtige ist. Selbst ein anfänglich extrem zurück-gezogenes, sehr ängstliches oder anderweitig traumatisiertes Tier trägt diese echte Bereitschaft in sich und ist an dieser Stelle alleine der Mensch gefragt angemessen darauf zu reagieren. Das bedeutet sich dem Tier anzupassen und ihm damit die Möglichkeit zu geben, sein eigenes Entwicklungstempo ganz individuell zu definieren. Es braucht einen sicheren Rahmen, in dem Freundschaft und Vertrauen langsam wachsen dürfen und Menschen, die für die individuellen Bedürfnisse eines jeden Tieres die am besten passenden Lebensumstände aussuchen. Die richtige Auswahl des Tieres, in Bezug auf die eigene Lebenssituation, hat maßgebliche Bedeutung für ein dauerhaftes und harmonisches Zusammenleben. Hier ist jeder Mensch ganz persönlich dazu aufgerufen, seine eigene Lebenssituation ehrlich zu analysieren und anhand derer seinen vierbeinigen Gefährten auszuwählen. Eigene Wunschvorstellungen sollten dabei eine eher untergeordnete Rolle spielen, denn letztlich müssen langfristig vor allem die Charaktere von Mensch und Tier gut zusammenpassen. Im neuen Zuhause angekommen, heißt es nun Alltägliches kennenlernen. Dazu gehören diverse Haushaltsgegenstände, ebenso wie die zuvor bereits schon erwähnten geschlossenen Räume und deren manchmal für ein Tier recht eigenartige Geräuschkulisse. Auch Licht und reflektierende Schatten können anfangs ein ebensolches Problem bereiten, wie die Dunkelheit oder überhaupt der gesamte Tages – und Nachtrhythmus. Auf der Schattenseite des Lebens ist es sinnbildlich immer dunkel und herrscht in jedem Moment Eintönigkeit und Langeweile. Schwierig da irgendwelche Unterscheidungen zu treffen, die im neuen Dasein noch dazu vom Lebensrhythmus der Menschen bestimmt werden und daher äußerst variabel sein können. Doch ebenso wie die, für uns selbst oftmals kleinen, häuslichen Dinge des Alltags anfangs ausführlich betrachtet und kennengelernt werden 16 wollen, gilt dies gleichermaßen, meist sogar noch sehr viel mehr, für die wesentlich größere Welt vor der eigenen Haustür. Tiere, deren Welt nur aus wenigen immer gleichaussehenden, eingegitterten Quadratmetern bestand, kann deren schier unendliche Größe und Weite zunächst ganz einfach nur erschlagen. Verständlich also, das es fast nichts gibt, das sie anfangs nicht mehr oder minder ängstigt und das ein permanentes Einwirken vielfältiger Umweltreize sie regelrecht überflutet. Auch hier ist das tierische Reaktionsspektrum wieder sehr variabel und ausgeprägt individuell. Es reicht vom Meideverhalten bis hin zum Fluchtversuch, mit allerlei Kombinationsmöglichkeiten und verschiedenen Intensitätsabstufungen. Viele Hunde haben aber keine wirklich nachhaltigen Probleme mit der neuen Umgebung sowie den vielen unbekannten Dingen, sondern benötigen „nur“ eine gewisse Eingewöhnungszeit und verständnisvolle Menschen. Grundsätzlich betreten sie das Neuland aber dennoch neugierig bis schon zu Beginn verhalten freudig. Anders sieht das jedoch bei den Hunden aus, denen alles Unbekannte große Angst macht. Manchmal kann das dazu führen das sie sich schlicht und ergreifend weigern auch nur einen Schritt vor die Tür zu setzen. Doch woher sollen diese Tiere auch wissen, dass die Welt genau dort erst beginnt, wo sie bisher für sie endete? Diese Verweigerungshaltung muss nicht immer von Anfang an bestehen, sondern kann auch erst nach einigen Tagen auftreten oder nach Begegnungen entstehen, die das Tier negativ abgespeichert, der Mensch aber möglicherweise gar nicht so dramatisch empfunden hat. Zeigt der Hund dabei innerhalb des Hauses ein offenes und vertrauensvolles Verhalten und wirkt er nicht gestresst, so könnte in diesen Fällen das, was den neuen Hundehalter manchmal schlichtweg zur Verzweiflung treibt, bei genauerer Betrachtung auch eine Art Kompliment sein. Versteht der Mensch diese Form von anfänglicher Verweigerung als Ausdruck dafür, dass der Hund das häusliche Umfeld als seine schutzgebende Sicherheit ansieht, sollte es ihm in der Folge leichter fallen damit umzugehen. Kritiker mögen nun sagen, das ein Hund der einen guten Kontakt zu seinem Menschen hat und ihm vertraut diesem auch überall hin folgt, doch übersehen sie dabei, das dies nicht jedem Tier in jeder Situation von Anfang an möglich ist, weil gewisse Reaktionsmuster (z.B. Panik) den Hund seinen Menschen in einer akuten Stresssituation zunächst gar nicht wirklich „erkennen“ lassen. Bis das neue Mensch-Hund–Team so zusammengewachsen ist, dass der Mensch den Hund in jede Situation rein und auch durch sie hindurchführen kann, bedarf es eines längeren Zeitraumes und vieler kleiner Schritte. Keinesfalls sollte der Mensch sich daher von Außenstehenden beirren lassen oder deswegen gar einer tiefen Verzweiflung anheimfallen, sondern stattdessen vielmehr das nötige Verständnis und Einfühlungsvermögen aufbringen und das Band des Vertrauens beständig und unermüdlich weiter knüpfen - und sei es zunächst vordergründig nur innerhalb des eigenen Hauses. 17 Ist ein Garten vorhanden, kann dieser anfangs durchaus ausreichend sein, andernfalls sollten sich Spaziergänge in der ersten Zeit auf kurze Strecken und die immer gleichen Wege beschränken. Nach und nach wird der Hund von ganz alleine anzeigen, das er bereit ist den Radius weiter auszudehnen und sich sicher genug fühlt, um sich auch etwas weiter von seinem Zuhause zu entfernen. Wie in allen anderen Situationen und Lebenslagen auch, sollte unbedingt jede Form von Zwang und Druck vermieden werden. Es macht keinen Sinn und wird niemals zum gewünschten (Lern)Erfolg führen, etwas von einem Tier zu verlangen, das es in der jeweiligen Situation einfach (noch) nicht leisten kann. Wobei es das immer neu auszuloten gilt, denn mit der richtigen Hilfestellung werden sich die gewünschten Veränderungen einstellen. Reagiert ein Hund aufgrund traumatischer Erfahrungen oder zuvor reizarmer Lebensverhältnisse auf alles Unbekannte mit Panikattacken und Fluchtversuchen, ist eine gute und richtige Sicherung von entscheidender Bedeutung. Amy beispielsweise war eine ausgeprägte Vertreterin dieser Kategorie und stellte damit die Kraft, aber auch die Nerven ihrer neuen Menschen anfänglich immer wieder gehörig auf die Probe. Beginnend bereits auf dem Transport empfiehlt sich ein gut sitzendes Geschirr, aus dem der Hund sich auch in Panik nicht herausziehen kann. Wenn nötig kann dies auch innerhalb des Hauses in der ersten Zeit eine gute Option sein, um auch in stressbehafteten Situationen eine bessere Einwirkung zu haben und zudem Berührungen in der manchmal durch negative Erfahrungen (Fangschlinge etc.) empfindlichen Halsregion zu vermeiden. Ein kleines Stück einer kurzen dünnen Hausleine kann hier zusätzlich gute Dienste leisten, denn es ermöglicht ein Handling ohne unmittelbare Berührung. Für alle Ausflüge außerhalb der eigenen vier Wände sollte der Hund doppelt gesichert werden, heißt, eine Leine mit doppelten Haken wird sowohl am Brustband als auch am Halsband befestigt. Bei sehr ängstlichen und/oder unerfahrenen Hunden und/oder auch einem Lebensumfeld mit vielen 18 Umweltreizen, empfiehlt sich auch die Verwendung eines Koppelstückes zwischen Halsband und Brustgeschirr. Idealerweise sollten zudem Halsbänder gebraucht werden, die so konstruiert sind, das sie sich im Falle eines Ausweichen des Hundes so zuziehen das keine Fluchtgefahr besteht, sie dem Hund aber auch keinen Schaden zufügen. Bei Bedarf beraten wir sie hierzu selbstverständlich gerne. Eine große Auswahl empfehlenswerter Brustgeschirre und anderer Zubehör, die sich in der Praxis, auch bei sehr ängstlichen und panischen Hunden, bewährt haben finden Sie unter: http://www.ruff-wear.de/ http:/www.camiro-heimtierzubehoer.de/ Ein weiteres Problem für einige Hunde aus dem Auslandstierschutz kann anfangs der Kontakt mit Männern darstellen. Keineswegs verwunderlich vor dem Hintergrund der Tatsache, dass vor allem sie es sind, die in Süd – und Osteuropa den Job des Tierfängers innehaben und/oder in den staatlichen Massenauffanglagern und Tötungsstationen arbeiten. Es bedarf wohl nur sehr wenig menschlichem Vorstellungsvermögen um zu erahnen, das dabei nicht gerade von einem respektvollen Umgang mit den Tieren oder gar einem zugewandten Gefühl ihnen gegenüber ausgegangen werden kann. Insofern ist die anfängliche Zurückhaltung männlichen Personen gegenüber gut zu verstehen und hat durchaus ihre Berechtigung. Auch hier spielen wieder die Faktoren Zeit und Verständnis die zentrale Rolle. Je weniger von den Tieren auch in diesem Punkt erwartet wird, umso schneller können sie sich öffnen und somit auch zu neuen Erfahrungen gelangen. Manchmal sind es auch Kinder, die für die Tiere mit einem gewissen Unsicherheits- 19 und Angstpotential verknüpft sind. Auch das verwundert keineswegs, denn nicht selten sind auch und gerade Kinder es, die den Tieren erhebliches Leid zufügen. Möglicherweise empfinden sie es als „normale“ Nachahmung, doch nur ein einziger mal eben gedankenlos geworfener Stein kann ausreichend sein, damit ein Tier es künftig für die bessere Idee hält sich von Kindern zu distanzieren. Ganz allgemein gilt für alle negativen Erfahrungen, dass nicht ihre Dauer und die Anzahl möglicher Wiederholungen den alleinigen Ausschlag dafür geben, wie tiefgreifend traumatisierend diese empfunden werden und welche Verhaltensmuster in der Folge daraus resultieren, sondern das vielmehr der Intensität der Erfahrung in Kombination mit der jeweils ganz individuellen psychischen Grundkonstitution des Tieres die diesbezüglich weitaus bedeutenderen Rollen zukommen. Kaum eine Vorgeschichte lässt sich zudem bis ins letzte Detail rekonstruieren, mit bestmöglicher Betreuung und optimaler Hilfestellung aber immer zum Positiven wenden. So manche Situation, die sowohl Hund als auch Mensch in der ersten Zeit noch überfordert, kann umgangen oder entschärft werden, wenn dafür mögliche Kompromisslösungen in Betracht gezogen werden. Sie können im alltäglichen Umgang Erleichterung verschaffen, sich aber auch auf ganz praktische Dinge beziehen. Beispielsweise kann es für einen Hund, der sehr reizarm und unter extremen Platzmangel gelebt hat, hilfreich sein, das Raumangebot erst nach und nach zu vergrößern. So gaben Amy zum Beispiel übergangsweise eingerichtete Begrenzungen den nötigen Halt und Struktur, weil sie ihr einen Rahmen der Orientierung verschafften. Ihre Welt war nur ein winzig kleiner Mikrokosmos gewesen, hatte sich nun aber gerade zu explosionsartig vergrößert. Verständlich, das sie darauf zunächst nur mit Überforderung reagieren konnte und so wurden eine frei zugängliche Transportbox, sowie diverse räumliche Nischen als Rückzugsmöglichkeiten, in der Anfangszeit für sie zu einer guten Lösung. Kompromisse beziehen sich auch auf die Gewöhnung an Umweltreize. Hier hilft vor allem eine schrittweise Dosierung um Überforderungssituationen zu vermeiden. Positive Verstärkung, konstante Ermutigung und das Denken in vielen kleinen, manchmal auch winzigsten, Schritten sind weitere wichtige Hilfen auf dem gemeinsamen Weg. Sinnvoll kann auch der Erfahrungsaustausch mit anderen Menschen sein, die ebenfalls Tiere aus dem Auslandstierschutz bei sich aufgenommen haben und diesen bereits erfolgreich den Weg in ein neues Leben ebnen konnten. Solche Kontakte stellen eine große Bereicherung dar, weil sie praxistaugliche Hinweise geben können und darüber hinaus auch der denkbar beste Anschauungsunterricht sind. Sie vermitteln bildlich anschaulich das Endergebnis des Weges und machen so auch in schwierigen Phasen Mut, an die Erreichbarkeit des Zieles zu glauben. Rat und Hilfe bei einem guten professionellen Trainer zu suchen, kann ebenfalls sehr hilfreich sein, doch sollte dieser in jedem Fall mit der Thematik vertraut und im 20 besten Fall auf ängstliche/traumatisierte Tiere spezialisiert sein. Wichtig ist darauf zu achten, dass das Training absolut gewaltfrei stattfindet und auf positiver Bestärkung basiert. Darüber hinaus sollte der Fachmann individuelle Trainingspläne anbieten, die auf das jeweilige Tier und dessen momentanen Entwicklungsstand abgestimmt sind. Entscheidend ist, das Tier und Mensch sich wohlfühlen und keinerlei Erwartungsdruck und Leistungszwang zu spüren sind. Empfehlenswert und sehr wertvoll als unterstützende Maßnahme ist auch der begleitende Einsatz alternativer Heilmethoden. Neben Bachblüten stehen noch diverse andere sehr gute pflanzliche Mittel zur Verfügung, jedoch empfiehlt es sich auch auf diesem Gebiet in jedem Fall umfangreichen fachlichen Rat einzuholen und keine Eigentherapie vorzunehmen, zumindest sofern keine fundierten Erfahrungen vorhanden sind. „Reisekrankheiten“ Ein vieldiskutiertes Thema und von unbestritten großer Bedeutung, haftet den „Reisekrankheiten“ jedoch bisweilen ein Schreckgespenst an, das durch fehlerhafte Informationen und Wissenslücken von Kritikern des Auslandstierschutzes gerne und ausdauernd (wieder)belebt wird. Die daraus oft resultierende Hysterie verhindert(e) für so manches Tier unnötigerweise die Reise in ein besseres Leben. An dieser Stelle geht es aber keineswegs um die Verharmlosung der Thematik, wohl aber um eine fundierte und fachlich richtige Aufklärungsarbeit. Da diese den Rahmen dieser Ausführungen jedoch ganz eindeutig sprengen würde, sei hier nur auf die nachfolgenden Informationsquellen verwiesen, deren fachliche Kompetenz alle nötigen und noch dazu richtigen Informationen liefert: http://www.leishmaniose-forum-verein.com/ Zusammenfassend sei nur darauf hingewiesen, dass – theoretisch – die Möglichkeit einer Infektion mit einer „Reisekrankheit“ besteht, die über Zwischenwirte, wie in unseren Gefilden beispielsweise die Zecke (Borreliose), übertragen wird. Da die eventuell bereits in den Herkunftsländern vor der Ausreise gemachten Bluttests aufgrund einiger Faktoren, wie z.B. langer Inkubationszeiten oder anderer Testverfahren, keine abschließende Gewissheit bringen, sollte jedes Tier aus dem Auslandstierschutz nach einer entsprechenden Eingewöhnungszeit (etwa ein halbes Jahr) noch einmal nachgetestet werden. Empfehlungen dazu finden Sie hier: http://www.parasitosen.de/ 21 Zusammenfassung Wichtigster Grundsatz ist der Gedanke des „Nichts erwarten, aber alles für möglich halten“. Er darf keine Zeitspanne kennen und muss es dem Neuankömmling ermöglichen in Ruhe anzukommen. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in einer wirklich erwartungsfreien und entspannten Grundhaltung der Menschen, die Raum schafft und es dem Tier so ermöglicht sich von ganz alleine zu öffnen. Bringen die Adoptanten ein echtes Grundverständnis für das Tier und dessen Vorgeschichte mit, haben sie sich darüber hinaus im Vorfeld eingehend über alle wesentlichen Dinge informiert und zudem ihre eigene Lebenssituation und Bedürfnislage ganz ehrlich auf den Prüfstand gestellt, sind das die besten Voraussetzungen um dem neuen Familienmitglied mit einem hohen Maß an Ruhe und Souveränität zu begegnen. Der Weg ins Vertrauen öffnet sich dort fast von selbst, wo ein Tier die Aufrichtigkeit in dem Bemühen der Menschen spürt, es vorbehaltlos so anzunehmen wie es ist, beziehungsweise das Leben es gemacht hat. Das bedeutet, das keine einzige Verhaltensweise oder Reaktion des Tieres von den Menschen als „falsch“ angesehen wird, was auch immer es ist. Das reicht von noch nicht vorhandener Stubenreinheit über jedwedes Meideverhalten unbekannten Dingen gegenüber, bis hin zu möglichen Abwehrreaktionen, wenn der Druck und die Einwirkung auf das Tier in einem Maß erhöht wird, das es nicht mehr anders ausweichen kann, weil es der Situation einfach nicht gewachsen ist. Der Mensch sollte weder in Panik verfallen noch zu fatalen Fehleinschätzungen neigen, wenn ein Tier sich in seiner anfänglichen Überforderung auch einmal nicht mehr anders zu helfen weiß, als mit Abwehrverhalten zu reagieren. Abgesehen davon das auch jedes Tier ein Recht darauf hat sich im Zweifelsfall auch mal verteidigen zu dürfen, wird das fatalerweise in manchen Fällen vollkommen fehlinterpretiert und mit überzogenen Kurzschlusshandlungen quittiert. Manchmal bleibt dann einem unverstandenen Tier der Weg (zurück) ins Tierheim nicht erspart, weil es für seine letztendlich richtigen Reaktionen bestraft wird. Ein Tier verhält sich immer der Situation angemessen und es ist die Aufgabe des Menschen diese so zu gestalten, dass sie für das Tier gut zu ertragen ist. Übersehen werden sollte dabei auch nicht das ein Knurren, oder selbst ein Schnappen, kein echtes Aggressionsverhalten darstellen und Tiere zudem über eine sehr feine Kommunikation verfügen. Im Zweifelsfall helfen wir auch hier gerne, das Verhalten des Hundes zu übersetzen, sollte es zu Missverständnissen kommen. Mittel und Möglichkeiten gibt es viele, um einem bisher vergessenen Tier den Weg in ein neues Leben zu zeigen, doch es braucht auch die Offenheit und den festen Willen diese zu suchen. Auch oder gerade immer dann, wenn der Weg nicht auf ebener Strecke ins Ziel führt, sondern sich Umwege abzeichnen. 22 Die Tiere ihrerseits WOLLEN dieses Leben und wollen sich auf das große Neue einlassen. Es ist einzig dessen Unbekanntheit, die sie anfangs manchmal ausbremst. Und obwohl die Tiere dabei nur höchstselten danach gefragt werden, wo und mit wem sie am liebsten leben möchten, nehmen sie den Menschen, der sie ausgesucht hat und in dessen Leben sie dann Einzug halten, genau so wie er ist. Mehr noch, sie lieben ihn abgöttisch dafür, mit all seinen kleinen und großen Schwächen. Sie lieben ihn einfach nur dafür, dass er da ist. Ist genau das nicht auch für uns Aufforderung und Verpflichtung es ihnen gleich zu tun? Erkennen und lieben also auch wir in jedem Tier dessen vollkommene Unvollkommenheit. Denn dort, wo keine von Perfektionismus geprägten Wunschvorstellungen Platz finden, entsteht der Raum in dem Freundschaften wachsen können, für die kein Hindernis zu groß sein wird. So wie die zwischen Amy und ihrem Rudel. Sie ist ganz und gar angekommen in einem neuen Leben, weil sie immer auf die Hilfe ihrer Menschen vertrauen konnte, die auf diesem Weg fest an ihrer Seite waren, auch und gerade dann als er zeitweise uneben wurde. Amy Angekommen 23 Kaum ein Thema im Tierschutz ist so vielschichtig und komplex wie der Auslandstierschutz und gibt damit immer wieder Stoff zu kontroversen Diskussionen. Eigentlich unverständlich, denn Leben zu schützen sollte die denkbar größte menschliche Selbstverständlichkeit sein und sich auf JEDES Leben beziehen. Dieser Leitgedanke kennt keine Ländergrenzen und schließt Selektionen aus. Allen Kritikern des Auslandstierschutzes bleibt zu wünschen, dass auch sie irgendwann einmal in die Verlegenheit kommen, die Bekanntschaft mit einem solchen Tier zu machen. Vielleicht wird dann ja sogar eine Freundschaft daraus, denn es ist unmöglich, sich dem Zauber dieser besonderen Seelen zu verschließen, hat man sie einmal kennengelernt. Sie berühren das Herz auf ihre ganz eigene Weise, mit der Demut, der Liebe und der Dankbarkeit, mit der sie sich so sehr darum bemühen in dem endlosen Dschungel neuer Eindrücke Orientierung zu finden. Hinter der Tragik ihrer Geschichten haben sie ihre Herzen nicht verschlossen und sich Vertrauen, Liebe und Freude bewahren können. Diese große Leistung verdient unseren uneingeschränkten Respekt und die aufrichtige Bereitschaft den Tieren Hilfe und damit eine Chance zu bieten. Alles was wir ihnen geben, wird um ein Vielfaches zu uns zurückfließen. Wer einmal miterleben konnte, wie unbeschreiblich erfüllend diese Art von (Lebens)Hilfe sein kann, wird keine damit verbundene Mühe je in Frage stellen. Daher geht an alle diejenigen, die möglicherweise darüber nachdenken ein solches Tier zu adoptieren, vielleicht aber noch von leisen oder gar auch lauten Zweifeln geplagt werden, die aufrichtige Bitte ihr Herz ohne Angst zu öffnen und sich von ihrem (Mit)Gefühl führen zu lassen. Wer nicht vorschnell aufgibt, auch Rückschritte einkalkuliert und diese nicht persönlich nimmt, sondern dem Tier zugesteht das so mancher Schatten seiner Vergangenheit auch etwas länger sein kann, wird auf diese Weise Teil von etwas ganz Besonderem werden. Denn dort, wo aus Angst Vertrauen und aus Zurückhaltung Liebe wird, fängt das Leben an. Das Leben, in dem man in Sicherheit träumen und vor lauter Glück schweben kann. 24 Wir alle haben es geschafft! Allen Menschen, die einem Tier aus dem Auslandstierschutz ein Zuhause gaben und es auf dem Weg in ein neues Leben liebevoll und geduldig begleiteten, gilt unser aufrichtiger Dank. Jana Schaube, Juli 2014 25