energieanalysen auf kläranlagen
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energieanalysen auf kläranlagen
Betreiberworkshop Energieoptimierung und BHKWs am 19. Juni 2008 in Neuhausen ENERGIEANALYSEN AUF KLÄRANLAGEN – VORAUSSETZUNGEN UND ANSATZPUNKTE FÜR EINE ENERGETISCHE OPTIMIERUNG Dipl.-Ing. Johann Flohr, Pforzheim 1 EINLEITUNG Obwohl Kläranlagen zu nicht einmal 1 % am nationalen Energieverbrauch beteiligt sind und daher selbst bei Nutzung aller Einsparpotenziale und der vollständigen Verstromung des Faulgases kein bedeutender Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden kann, kommt den Kläranlagen durch die Tatsache, zumindest bei kleineren und mittleren Kommunen den Hauptverbraucher an elektrischer Energie darzustellen, eine besondere Bedeutung zu. Das Umweltbundesamt nennt in seiner Presseinformation 04/2008 einen Anteil von durchschnittlich 20 % des Stromverbrauchs aller kommunalen Einrichtungen. Durch eine Energieanalyse der Verbrauchsdaten und der Daten zur Eigenenergieerzeugung lässt sich ein Vergleich zu anderen Kläranlagen ziehen und kann das Einsparpotenzial ermittelt und bilanziert werden. Bei allen Ansätzen zur Energieeinsparung auf Kläranlagen spielt der Betrieb eine Schlüsselrolle. Nachhaltige Erfolge können nur erreicht werden, wenn es gelingt, das primäre Ziel der Abwasserreinigung in Einklang mit den energetischen Zielen zu bringen. Dem Betriebspersonal müssen die entsprechenden Daten verfügbar gemacht werden und es muss mit der energetischen Seite des Kläranlagenbetriebs vertraut gemacht, entsprechend qualifiziert und motiviert werden. Im vorliegenden Vortrag werden die aus der praktischen Erfahrung eines Ingenieurbüros heraus gewonnen Erfahrungen zu den Voraussetzungen zur Durchführung von Energieanalysen auf Kläranlagen dargelegt und erläutert. Ansatzpunkte für eine energetische Optimierung werden an Hand von Praxisbeispielen vorgestellt. Energieanalysen auf Kläranlagen Seite 1 von 13 Betreiberworkshop Energieoptimierung und BHKWs am 19. Juni 2008 in Neuhausen 2 VORGEHENSWEISE Es empfiehlt sich, eine Energieanalyse in zwei Stufen zu bearbeiten. Im Rahmen der Grobanalyse sollte neben der Aufnahme des Ist-Zustands die energetische Qualität beurteilt werden. Dies geschieht i.d.R. in einer Gesamtbetrachtung und bezogen auf die einzelnen Anlagen- bzw. Verbrauchergruppen wie z.B. Einlaufhebewerk, mechanische Reinigung, biologische Reinigung etc. Die Grobanalyse soll aufzeigen, in welchen Anlagenteilen das größte Einsparpotenzial erkennbar ist und welche Einzelmaßnahmen, z.B. hinsichtlich der Verfahrenstechnik der Kläranlage sich als Sofortmaßnahmen ergeben. Danach schließt sich die Feinanalyse an, welche vertieft Optimierungsmaßnahmen untersucht und mit einem Maßnahmenkatalog und Empfehlungen zur kurzfristigen oder auch langfristigen Realisierung abschließt. Grobanalyse Feinanalyse Realisierung Sofort Kurzfristig Langfristig Erfolgskontrolle Abbildung 1: Gesamtablauf Analyse mit anschließender Realisierung Energieanalysen auf Kläranlagen Seite 2 von 13 Betreiberworkshop Energieoptimierung und BHKWs am 19. Juni 2008 in Neuhausen Die einzelnen Bearbeitungsschritte der Energieanalyse sind in nachstehender Abbildung zusammengefasst. Ablauf Energieanalyse • Datenerhebung und -aufbereitung • Plausibilitätsprüfung • falls erforderlich Durchführen von ergänzenden Erhebungen und Messungen • Datenauswertung • Ermitteln von spezifischen Kennzahlen (Benchmarks) • Beurteilen und Werten der Daten • Ursachenanalyse durchführen, Optimierungspotenzial ausarbeiten • Darstellen möglicher Maßnahmen, Maßnahmenkatalog • Prüfen Einsatz alternativer, ggf. regenerativer Energiequellen • Wirtschaftlichkeitsbetrachtung • Empfehlungen für Realisierung • Zusammenfassen in Berichtsform Abbildung 2: Arbeitsschritte und Aktivitäten Energieanalysen auf Kläranlagen Seite 3 von 13 Betreiberworkshop Energieoptimierung und BHKWs am 19. Juni 2008 in Neuhausen 3 VORAUSSETZUNGEN FÜR EINE ENERGIEANALYSE Eine lückenlose, korrekte Daten- und Messwerterfassung vorausgesetzt – auf Schwachstellen in der Datendokumentation wird nachfolgend eingegangen -, sollten für eine Energieanalyse folgende Daten vorliegen: • • Betriebsdaten Betriebstagebücher der letzten 3 Jahre möglichst in digitaler Form mit einer Abschätzung der prognostizierten künftigen Veränderungen; bei Anlagen mit einer Schlammfaulung sind insbesondere korrekte Werte zur Entnahmeleistung der Vorklärung, sprich der Bilanzierung der CSB-Frachten im Zulauf zur Kläranlage und Zulauf der biologischen Reinigung von Bedeutung; die Einflüsse interner Rückbelastungen und sonstiger Stoffströme sollten bekannt sein Die Daten zu den Abwasservolumenströmen – Jahresschmutzwassermenge, Fremdwasseranteil, gesamte behandelte Abwassermenge müssen nachvollziehbar und den ggfs. vorhandenen Hebewerken klar zuordenbar sein Für die Plausibilitätsprüfung der einwohnerbezogenen Kennwerte und die Abschätzung des im Klärschlamm enthaltenen Energiepotenzials sind die Schlammanfallmengen in den einzelnen Behandlungsstufen und deren Zusammensetzung, insbesondere die Angaben zu deren Trockensubstanzgehalt und Glühverlust wichtig Bezüglich der Schlammfaulungsanlagen sollten insbesondere auch die Daten zum Glühverlust vor und nach der Faulung, den organischen Säuren und dem pH-Wert regelmäßig und in kurzen Abständen erfasst werden, da eine korrekte Bewertung der zugeführten organischen Trockensubstanz und des Abbaugrades für die Plausibilitätsprüfung der Gasanfallmessungen – die leider häufig nur „Hausnummern“ messen – notwendig ist Technische Daten auch aus anderen Gründen heraus empfiehlt es sich, auf eine aktuelle Verbraucher- bzw. Aggregatelisten zurückgreifen zu können sehr häufig sind auf den Kläranlagen auch Anlagen zur Regenwasserbehandlung vorhanden; da die landes- und bundesweiten Kennwerte für den Energieverbrauch jedoch nach der Abwasserreinigung und Schlammbehandlung ausgerichtet sind, sollte der Stromverbrauch dieser Anlagenteile bekannt sein, damit die Verbräuche entsprechend bereinigt werden können Technische Daten Hebewerke – Zulaufhebewerk, Zwischenhebewerke, Hochwasserpumpwerke; je nach Anlagenkonfiguration können die Hebewerke als Hauptenergieverbraucher ausgemacht werden, häufig werden diese aber nicht getrennt erfasst, sondern sind in den Verbräuchen der Verbrauchergruppen mechanische oder biologische Reinigung enthalten; eine Beurteilung des Energieeintrags für die Belüftung wird dadurch erschwert bzw. ungenau; eine Aufzeichnung der Betriebsstunden sollte selbstverständlich sein Energieanalysen auf Kläranlagen Seite 4 von 13 Betreiberworkshop Energieoptimierung und BHKWs am 19. Juni 2008 in Neuhausen • Technische Daten Gebläse / Belüftung; neben den i. d. R. vorliegenden Daten zu den installierten Gebläsen und Belüftungszeiten kann zur Beurteilung der Energieeffizienz die Beobachtung und Dokumentation der Druckverhältnisse und die Veränderung der erforderlichen Gebläselaufzeiten wesentliche Erkenntnisse liefern; in Zweifelsfällen ist über eine Sauerstoffeintragsmessung nachzudenken Technische Daten sonstiger spezifischer Verbraucher; sind besondere Anlagenteile oder Behandlungsstufen auf der Kläranlage vorhanden, z.B. Filtrationsanlagen, Schlammtrocknungsanlagen etc., sollte eine getrennte Erfassung des Energieverbrauchs selbstverständlich sein Daten zur Energieversorgung der Kläranlage Gasmessungen; neben den Gasanfall und Gasverbrauchsmessungen sollte eine aktuelle Gasanalyse mit Brennwert, Heizwert, Methangehalt vorliegen Technische Daten Wärme-/Stromerzeugung; beim Betrieb von BHKWs sind neben den üblichen technischen Angaben (Wirkungsgrad/Leistung, insgesamt, elektrisch, thermisch), Angaben zum Gasverbrauch bei Volllast bzw. Teillast interessant, um auch hier eine weitere Plausibilitätskontrolle für den Gasanfall bzw. gemessenen Gasverbrauch durchführen zu können, technische Dokumentationsunterlagen, die Betriebsstunden bei Teillast / Volllast und Angaben zum Wartungsvertrag bzw. Wartungskosten sollten ebenfalls berücksichtigt werden, gleiches gilt für die Daten zur Heizung mit Brennerleistung, Kesselleistung und Angaben zum Gasverbrauch Stromenergie; neben den Daten zum Strombezug und zur Eigenstromerzeugung – Stromliefervertrag, HT- / NT-Zeiten, Stromverbrauch und Stromkosten insgesamt p.a. der letzten 3 Jahre (Monats- und Jahresabrechnungen) - sind die Einzelverbräuche der Verbrauchergruppen wichtig; bei den von Weber-Ingenieuren durchgeführten Energieanalysen musste leider sehr häufig festgestellt werden, dass diese Daten entweder nicht erfasst, elektrotechnisch nicht richtig erfasst, schlichtweg nicht aufgeschrieben und nicht im PLS dokumentiert werden; sieht der Liefervertrag einen hohen Kostenanteil an Leistungsbereitstellung vor, kann im Rahmen der Feinanalyse die Möglichkeit zur Einführung eines Stromlastmanagements geprüft werden Sonstige Energieträger; die Bezugsmengen für die sonstigen Energieträger, z.B. Heizöl und Diesel werden zwar dokumentiert, meist handelt es sich aber um die Liefermengen und nicht um die Monats- und Jahresverbrauchsmengen Sonstige Angaben Neben einer allgemeinen Beschreibung der Kläranlage, hier am Besten in Form einer ausführlichen Betriebsanweisung sind Lagepläne und Verfahrensfließbilder für die Bearbeitung der Energieanalyse hilfreich; für die Wertung des Datenmaterials sind besondere Betriebszustände - z.B. eine Außerbetriebnahme der Vorklärung - und Maßnahmen - z.B. die Zugabe von Co-Fermenten - zu dokumentieren sinnvoll ist es, sich bereits im Vorfeld einer Energieanalyse über vorhandene bzw. technisch mögliche Anschlüsse z.B. an umliegende Erdgas- und Nahwärmenetze Gedanken zu machen Energieanalysen auf Kläranlagen Seite 5 von 13 Betreiberworkshop Energieoptimierung und BHKWs am 19. Juni 2008 in Neuhausen Falls die Nutzung regenerativer Energiequellen in Erwägung gezogen wird, sind die Daten zum Jahresverlauf der Abwassertemperatur, den Grundflächen und der Ausrichtung vorhandener Dachflächen oder den im Normalbetrieb verfügbaren Absturzhöhen des Abwassers zu erheben. Energieanalysen auf Kläranlagen Seite 6 von 13 Betreiberworkshop Energieoptimierung und BHKWs am 19. Juni 2008 in Neuhausen 4 KENNWERTE FÜR DIE BEURTEILUNG DER ENERGIEEFFIZIENZ Zur Ermittlung der Ansatzpunkte für eine Energieoptimierung sind im Rahmen der Energieanalyse zunächst die kläranlagenspezifischen Kennwerte für den Energieverbrauch zu ermitteln. Als Kennwerte, die mit Ergebnissen aus landesweiten und bundesweiten Analysen und Erhebungen verglichen werden können, bieten sich neben der einwohnerwertbezogenen Betrachtung (Ist- und Ausbau-EW) zur Plausibilitätsprüfung auch der Bezug auf die behandelten Wassermengen oder die abgebauten Frachten an. In den nachfolgenden Tabellen sind die wesentlichen Orientierungswerte für den EW-spezifischen Stromverbrauch in Form von Toleranz- und Zielwerten zusammengestellt. Dabei wird nach der Ausbaugröße und dem biologischen Reinigungsverfahren unterschieden. Die Einteilung der Größenklassen (GK) entspricht hierbei der Festlegung im Anhang zur Abwasserverordnung (EW = Ausbau-EW). Tabelle 1: Einteilung in Größenklassen GK 1 < 1.000 EW < 60 kg BSB5/d GK 2 1.000 – 5.000 EW 60 – 300 kg BSB5/d GK 3 5.001 – 10.000 EW > 300 – 600 kg BSB5/d GK 4 10.001 – 100.000 EW > 600 – 6.000 kg BSB5/d GK 5 > 100.000 EW > 6.000 kg BSB5/d Die biologischen Grundverfahren sind wie folgt abgekürzt: Ab belüftete Abwasserteiche RTK Rotationstauchkörper T Tropfkörper Bs Belebungsanlagen mit gleichzeitiger aerober Schlammstabilisierung B Belebungsanlagen mit getrennter Schlammstabilisierung. B+T zweistufige biologische Anlagen in der Kombination „Belebungsteil – Tropfkörper“ oder umgekehrt SBR-Anlagen sind dabei je nach Anlagentyp (mit oder ohne getrennte Schlammstabilisierung) dem Grundverfahren Bs oder B zuzuordnen. Aus Tabelle 2 und Tabelle 3 ist abzulesen, dass der spezifische Stromverbrauch vor allem in den unteren Größenklassen stark durch das biologische Grundverfahren beeinflusst wird. Die Tabellenwerte basieren auf einer Studie der Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg zum Stromverbrauch auf kommunalen Kläranlagen [1]. Energieanalysen auf Kläranlagen Seite 7 von 13 Betreiberworkshop Energieoptimierung und BHKWs am 19. Juni 2008 in Neuhausen 372 400 1083 Anlagen 350 Anzahl Kläranlagen 300 243 250 205 200 150 112 100 49 50 38 19 19 10 5 2 1 2 3 3 >1 40 >7 080 >8 090 >9 010 0 >1 00 -1 10 >1 10 -1 20 >1 20 -1 30 >1 30 -1 40 >4 050 >5 060 >6 070 >2 030 >3 040 <1 0 >1 020 0 spezifischer Stromverbrauch in kWh/(Ausbau-EW*a) Abbildung 3: Spezifischer Stromverbrauch bezogen auf Ausbau-EW, Häufigkeitsdichte nach [1] In einer neueren Studie des Umweltbundesamtes [2] wurden entsprechende Orientierungswerte für die Größenklassen 3 bis 5 vorgeschlagen (grau hinterlegt = Reinigungsziel Nitrifikation, restliche Werte = Reinigungsziel Stickstoffelimination). Die hierin vorgeschlagenen niedrigeren Werte wurden in die Tabellen übernommen (kursiv gedruckt). Tabelle 2 Toleranzwerte für den spezifischen Stromverbrauch in kWh/(EW *a) in Abhängigkeit von Ausbaugröße und biologischem Grundverfahren [4] Grundverfahren GK 1 GK 2 GK 3 GK 4 GK 5 Ab 50 40 35 ß ß RTK 34 23 18 ß ß T 32 25 20 25 25 Bs 75 50 40 34 ß B 65 45 35 30 27 B+T ß ß ß 30 26 Energieanalysen auf Kläranlagen Seite 8 von 13 Betreiberworkshop Energieoptimierung und BHKWs am 19. Juni 2008 in Neuhausen Tabelle 3: Zielwerte für den spezifischen Stromverbrauch in kWh/(EW * a) in Abhängigkeit von Ausbaugröße und biologischem Grundverfahren [4] Grundverfahren GK 1 GK 2 GK 3 GK 4 GK 5 Ab 32 30 25 ß ß RTK 23 18 15 ß ß T 20 17 15 18 18 Bs 48 36 25 22 ß B 40 30 20 18 18 B+T ß ß ß 18 18 Die Toleranzwerte können als mittlere Verbrauchswerte aller Anlagen in den jeweiligen Gruppen betrachtet werden. Bei den Zielwerten handelt es sich nicht um theoretische Bestwerte, sondern um Verbrauchswerte, die schon heute auf mehr als 10 % der Anlagen unterschritten werden. Angesichts oft schwieriger Randbedingungen wird es allerdings nicht möglich sein, die Zielwerte auf allen Kläranlagen mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand zu erreichen. Über den Vergleich des ermittelten Ist-Wertes mit den entsprechenden Tabellenangaben kann zunächst die energetische Gesamtsituation einer Kläranlage bewertet werden. Liegt der spezifische Verbrauchswert einer Kläranlage über dem betreffenden Toleranzwert, kann von einem mittleren bis hohen Einsparpotenzial ausgegangen werden, das sich über den Vergleich mit dem zugehörigen Zielwert grob abschätzen lässt. In einem solchen Fall besteht dringender Handlungsbedarf. Bewegt sich dagegen der tatsächliche Verbrauchswert im Bereich des Zielwerts, ist das noch vorhandene Einsparpotenzial eher gering. Zu den Tabellenwerten ist einschränkend anzumerken, dass diese zwar auch den Stromverbrauch von Einlauf- und Zwischenhebewerken beinhalten, allerdings nur soweit deren Förderhöhen 3 m nicht überschreitet. Nicht berücksichtigt ist der Verbrauch zusätzlicher Verfahrensschritte, die weniger verbreitet sind, wie zum Beispiel die - Abwasserfiltration - Abwasserdesinfektion, - Schlammdesintegration und - Schlammtrocknung oder auch - Abluftbehandlung. Der spezifische Stromverbrauch von Pumpwerken und Sonderverfahren und damit deren mögliche Anteile am Gesamtstromverbrauch muss getrennt ermittelt werden und kann durch entsprechende Zuschläge bei den Zielwerten für den Gesamtstromverbrauch berücksichtigt werden [4]. Zur Ermittlung der wesentlichen Ansatzpunkte für eine energetische Optimierung dienen die über den Verbrauch einzelner Anlagengruppen gewonnen Kennwerte der Verbrauchergruppen. Hierüber lässt Energieanalysen auf Kläranlagen Seite 9 von 13 Betreiberworkshop Energieoptimierung und BHKWs am 19. Juni 2008 in Neuhausen sich meist sehr schnell eine Aussage darüber gewinnen, wo verfahrens-, anlagentechnisch oder auch bautechnisch bedingt energetische Schwachpunkte vorhanden sind. Über die im Rahmen der Grobanalyse gefundenen Lösungsansätze kann dann festgelegt werden, in welchen Bereichen eine Feinanalyse und damit ein verfeinerter Ansatz für die energetische Optimierung zu treffen ist. Energieanalysen auf Kläranlagen Seite 10 von 13 Betreiberworkshop Energieoptimierung und BHKWs am 19. Juni 2008 in Neuhausen 5 ANSATZPUNKTE FÜR EINE ENERGETISCHE OPTIMIERUNG In den von Weber-Ingenieuren durchgeführten Energieanalysen ergaben sich auf allen Kläranlagen Ansatzpunkte für eine Optimierung. Auch wenn teilweise nur kleinere Verbesserungen mit den einzelnen Maßnahmen verbunden sind, kann aus den bisher gewonnnen Erfahrungen heraus bestätigt werden, dass die im Bericht „Steigerung der Energieeffizienz auf kommunalen Kläranlage“ [2] genannte mittlere Einsparung von 10 bis 20 % an Stromenergie auch auf den von Weber-Ingenieuren untersuchten Kläranlagen möglich ist. Beispiele für erkannte Ansatzpunkte zur Energieminimierung sind nachfolgend wiedergegeben. Vorgeschaltete DN - Intermittierende DN Bei einer Kläranlage mit einer Ausbaugröße von knapp 30.000 EW wurde festgestellt, dass durch die erforderliche Rezirkulation für die vorgeschaltete Denitrifikation auf Grund der vorhandenen verfahrenstechnischen Bedingungen - eine gemeinsame Druckleitung für Zwischenhebewerk, Rücklaufschlamm- und Kreislaufwasserpumpwerk - regelmäßig Betriebsbedingungen auftreten, in denen die Pumpen nicht mehr im optimalen Betriebsbereich arbeiten. Als Lösung bietet sich an, zumindest an den Tagen, an denen Mischwasser behandelt werden muss, die Denitrifikation durch eine intermittierende Belüftung sicherzustellen. Denkbar ist eine zulaufabhängige Steuerung der Betriebsweise, ab der bei einer bestimmten Zulaufwassermenge von vorgeschalteter auf intermittierende Denitrifikation gewechselt wird. Da eine Erneuerung der Belüftung ansteht, kann dies entsprechend umgesetzt werden. Umwälzung in der Nitrifikationszone Durch das Abschalten der Rührwerke in der Nitritifikationszone konnten bei einer Kläranlage mit einer Ausbaugröße von ca. 45.000 EW jährlich rund 200.000 kWh eingespart werden. Das Verfahrenskonzept sah einen Parallelbetrieb von Belüftung und getrennter Umwälzung vor. Eine Überprüfung zeigte, dass die Umwälzung durch die eingetragene Luft ausreichend war. Belüfterverschleiß und erhöhte Druckverluste Häufig kann festgestellt werden, dass die Gebläse für die Druckluftbelüftung in einem Druckbereich arbeiten, der höher liegt als bei den Reinwasserversuchen und kurz nach Inbetriebnahme. Verantwortlich sind hier z.B. Ablagerungen auf den Belüfterelementen oder Materialveränderungen während der Betriebszeit [3]. Durch permanente Überwachung der Druck- und Energieverbrauchswerte sowie der Gebläselaufzeiten in der Belüftungsphasen lassen sich Betriebsstörungen und Verschleiß schnell erkennen. Vorteilhaft erweist es sich dann, abhängig vom zeitlich festgestellten Anstieg des Energieverbrauchs für den Belüftertausch turnusmäßige Reinigungs- bzw. Wechselintervalle zu planen. Trockensubstanzgehalt in der biologischen Stufe Ein Ansatzpunkt für eine energetische Optimierung liegt häufig auch in der Einstellung des Trockensubstanzgehaltes in der biologischen Reinigung. Gerade bei kleineren Kläranlagen unter 10.000 EW wird nicht selten Klärschlamm vor den Entwässerungsintervallen im Belebungsbecken dadurch gespeichert, dass der Überschussschlammabzug reduziert und der Trockensubstanzgehalt erhöht wird. Dadurch steigt die Sauerstoffzufuhr für die Grundatmung des belebten Schlamms, u. U. erhöht sich auch der erforderliche Energieeintrag für die Umwälzung. Die getrennte Speicherung oder eine entsprechende Entwässerungslogistik können hier Abhilfe schaffen. Denkbar ist darüber hinaus, den Vorteil des schnelleren Stoffumsatzes bei höheren Abwassertemperaturen zu nutzen und durch Absenkung des TS-Gehalts in der biologischen Stufe nach dem Jahrestemperaturverlauf den Energieeintrag für die Belüftung und Umwälzung zu senken, ohne dass dies ein negativen Einfluss auf das Reinigungsergebnis hat. Energieeffiziente Antriebe Sehr viele elektrische Antriebe auf Kläranlagen sind zur Sicherstellung einer geringen Ausfallhäufigkeit robust und langlebig ausgeführt. Dadurch sind z.B. bei Gebläsen oder Schneckenhebewerken noch Antriebe mit einer geringen Energieeffizienz vorhanden. Hier gilt es im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung die Amortisation von Elektroantrieben mit Elektromotoren der höchsten Effizienzklasse darzulegen und spätestens beim Ersatz oder bei der Modernisierung auf entsprechend effizientere Antriebe zu wechseln. Energieanalysen auf Kläranlagen Seite 11 von 13 Betreiberworkshop Energieoptimierung und BHKWs am 19. Juni 2008 in Neuhausen Bewirtschaftung der Vorklärung in Abhängigkeit von der Stickstoffelimination Nicht selten wird auf Kläranlagen mit einer Vorklärung ein Teilstrom oder sogar die gesamte Abwassermenge über Teile des Jahres an der Vorklärung vorbei geführt, um ungünstige Nährstoffverhältnisse für die Stickstoffelimination ausgleichen zu können. Bei Anlagen mit einer Schlammfaulung geht dies zu Lasten der Gasproduktion, da der energiereichere Primärschlamm fehlt. Werden einzelne Becken stillgelegt, ist der Aufwand für eine kurzfristig wechselnde Außerbetriebnahme und Wiederinbetriebnahme meist wegen der damit verbundenen Reinigungsarbeiten zu hoch und die (Teil)Umgehung wird auch dann praktiziert, wenn dies aus Sicht der Stickstoffelimination eigentlich nicht erforderlich wäre. Hier kann durch eine Bewirtschaftung der Vorklärung nach der Stickstoffelimination oder dem CSBGehalt im Zulauf der biologischen Reinigung ein Energiegewinn realisiert werden. Elektrisch betätigte Abwasserweichen, angesteuert über entsprechende Online-Messgeräte können hier eine technisch nicht allzu aufwändige Lösung darstellen. Nutzung freier Reserven in der Faulung für die Co-Vergärung Bei der Bilanzierung vorhandener Schlammfaulungsanlagen lassen sich häufig Reserven in der Faulbehälterbeschickung (Schlammvolumenstrom und Belastung mit organischer Trockenmasse) ausmachen. Nicht selten sind in den jeweiligen Kommunen Quellen für Co-Substrate vorhanden, die sich für eine Co-Vergärung gemäß dem DWA-Merkblatt-M 380 Co-Vergärung in kommunalen Klärschlammfaulbehältern, Abfallvergärungsanlagen und landwirtschaftlichen Biogasanlagen nutzen ließen. Zur Erkennung der Reserven ist es jedoch erforderlich, dass die Stoffströme möglichst exakt bilanziert werden können. Siehe hierzu die Anmerkungen in Kapitel 3. Nur über die exakte Bilanzierung lässt sich feststellen, ob sich die Faulgasausbeute noch durch technische Veränderungen in der Durchmischung, durch Vorentwässerung des Schlamms und / oder des Faulschlamms oder durch eine Klärschlammdesintegration wirtschaftlich steigern lässt. Überprüfung des Regelkonzeptes für Schlammaufheizung, Gebäudeheizung und Notkühlkreislauf BHKW Bei Anlagen mit einer Schlammfaulung und Nutzung des Faulgases in einem Blockheizkraftwerk konnte festgestellt werden, dass es sich im laufenden Betrieb nicht immer vermeiden ließ, dass die Notkühlung des BHKW in Betrieb ging, obwohl seitens des Faulbehälters noch Wärme angefordert wurde. Um Zusatzenergie zu vermeiden, wurde deshalb die Temperatur im Faulbehälter abgesenkt, was vermutlich zu Lasten der Gasproduktion ging. Ursache war hier, abhängig von den eingestellten Vor- und Rücklauftemperaturen im Heizkreis der Faulung, der Gebäudeheizung und dem Kühlkreislauf des BHKW der häufig sehr enge Temperaturbereich, der für die einzelnen Reglungs- und Steuerungsvorgänge zur Verfügung steht. Für die Blockheizkraftwerke ist in der Regel eine maximale Rücklauftemperatur von 70 °C vorgegeben. Der Notkühlkreislauf setzt dann meist im Temperaturbereich zwischen 65 °C und 70 °C ein. Sind im Heizkreislauf Mischer zur Anhebung der Rücklauftemperaturen vorhanden, kann je nach Auslegung der Wärmetauscher der Faulung die Rücklauftemperatur auf das oben benannte Niveau ansteigen, obwohl noch ein Wärmebedarf besteht und die Notkühlung setzt ein. Neben den Wärmeverlusten aus der Wärmeproduktion kann dann sogar der Betrieb einer Zusatzheizung mit Öl oder Erdgas oder das oben benannte in Kauf nehmen einer geringeren Faulraumtemperatur erforderlich sein. Auf die Auslegung der Vor- und Rücklauftemperaturen und der Grenztemperaturen für die einzelnen Steuerungs- und Regelungsvorgänge ist deshalb besonderes Augenmerk zu legen, ggfs. können hier Wärmespeicher zur Pufferung von Wärmespitzen sinnvoll sein. Leistungssteigerung der Eigenstromerzeugung durch andere Motorentechniken Eine Möglichkeit zur Steigerung der Eigenstromerzeugung besteht auch im Einsatz von Gasmotoren mit einem höheren elektrischen Wirkungsgrad, z.B. Motoren nach dem ORC-Prinzip. Auf Einzelheiten soll an dieser Stelle nicht eingegangen werden, da hierzu sicherlich in den Folgevorträgen Informationen enthalten sind. Zu beachten ist, das mit der Steigerung des elektrischen Wirkungsgrades eine Senkung des thermischen Wirkungsgrades bedingt sein kann. Eine parallele Betrachtung und Bilanzierung des Wärmebedarfs und der Wärmeproduktion, ggfs. unter Einsatz von Solarwärme oder Abwasserwärme, sollte deshalb einher gehen. Energieanalysen auf Kläranlagen Seite 12 von 13 Betreiberworkshop Energieoptimierung und BHKWs am 19. Juni 2008 in Neuhausen 6 LITERATUR [1] Stromverbrauch auf kommunalen Kläranlagen. Handbuch Wasser 4, Band 13 (1998), Hrsg. Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg [2] Haberkern, B., Maier, W., Schneider, U.: Steigerung der Energieeffizienz auf kommunalen Kläranlagen (2006), Forschungsprojekt im Auftrag des Umweltbundesamtes (Förderkennzeichen 20526307 UBA-FB 001075) [3] Krampe, J. Vergleich verschiedener Druckbelüftungssysteme im Bereich kommunaler Kläranlagen (2008), Vortrag im Rahmen der DWA-Jahresbesprechung der Lehrer und Obleute vom 02.04.2008, DWA-Landesverband Baden-Württemberg [4] M. Roth und P. Baumann: Senkung des Stromverbrauchs auf Kläranlagen - Leitfaden für das Betriebspersonal (2008). Hrsg: DWA-Landesverband Baden-Württemberg. Autor: Dipl.-Ing. Johann Flohr Abteilungsleiter Konzepte und Beratung Weber-Ingenieure GmbH Bauschlotter Straße 62 75177 Pforzheim Fon Fax +49 (0) 7231 583 254 +49 (0) 7231 583 367 johann.flohr@weber-ing.de http://www.weber-ing.de Energieanalysen auf Kläranlagen Seite 13 von 13