SFM 6S342 - The Official SAAC Forum

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SFM 6S342 - The Official SAAC Forum
Stilleben im Museum – Zeugnis einer traurigen Rennfahrergeschichte
In Memoriam Herbert Müller
SFM 6S342
Eine Geschichte ohne Happy End
Irgendwann vor 3 Jahren kam ich mal zufällig am Rosso Bianco Museum in Aschaffenburg vorbei, das ja zahlreiche bedeutende Rennsportwagen beherbergt. Ich erspähte dort einen leibhaftigen Shelby
mit Rennsporthistorie und der Name Herbert Müller dürfte einigen
sicher nicht ganz unbekannt sein. Der Museumsleiter Hr. Kaus
reagierte allerdings nicht auf Anfragen über Details, so musste ich
eben mal wieder selbst nachforschen. Leider hatte ich damals keine
Kamera mit, daher musste ich in diesem letzten Herbst auf einer
meiner Geschäftsreisen noch einmal vorbeifahren.
Es ist unzweifelhaft – wie man an der Seriennummer erkennen kann, ein
66er Shelby-Modell, hat aber einige rennmäßige Veränderungen aufzuweisen. 6 einzelne Vergaser mit separaten Ansaugstutzen deuten unter der
offenen Hutze auf Kenntnisse hin, wie man die Beatmung verbessern
kann. Letztendlich ist ein Motor ja mehr oder weniger eine Luftpumpe,
die Luft muß schnell hinein, aber auch schnell wieder heraus. Je schneller,
desto effizienter. Volumenstrom und optimale Verbrennung sind die
Hauptkomponenten eines erfolgreichen Motors. Offenbar hatte das Auto
in der gefahrenen „heißen“ Version aber starke Kühlproblem. Er hat eine
doppelte aufgeteilte Kühlwasserführung und einen zusätzlichen Lüfter vor
dem Kühler. Die Torque-Thrust Felgen sind mit Pirelli 205/ 60VR15 Reifen bestückt und das Ersatzrad noch mit einem Kelly Supercharger Reifen ausgestattet. Auf dem Armaturenbrett thront ein einziger großer Drehzahlmesser mit einen Schalt-Anzeigelicht. Der alte Rennsitz scheint noch
der originale zu sein.
Ein No-Spin-Differential (ohne Schlupf) verdeutlicht, dass Herbert Müller
damals Wert darauf legte, dass auch beide Reifen immer die volle Power
auf den Boden bringen konnten und er notfalls eher mit Seitwärtsschwung
fuhr.
Über 6S342 konnte uns Daniel Müller, der Sohn von Herbert Müller noch
etwas mehr berichten: Er erinnert sich genau, dass er damals als Junge auf
dem Rücksitz die Fahrten mit dem Shelby immer sehr genossen hat.
Herbert Müller war einer der erfolgreichsten Sportwagenpiloten der 60er
und 70er Jahre. Die Motorsportkarriere
des 1940 in Reinach/Schweiz geborenen Herbert Müller begann auf zwei
Rädern 1959. Ein Jahr später wechselte
er in die damalige 500 ccm Formel 3
und startete mit einem Cooper-Norton
hauptsächlich bei Bergrennen. Am
Steuer verschiedener Porsche GT und
Sportwagen sammelte Müller eine große Anzahl an Erfolgen während seiner
Jahre in der Europa-Bergmeisterschaft.
Im Jahr 1963 begann seine langjährige
Zusammenarbeit mit der Scuderia Filipinetti, für die er auch sein Formel 1
Debut beim Grand Prix de Pau 1963
gab. Filipinetti konzentrierte sich in der
Folge auf Sportwagenrennen, so daß es
nicht zu weiteren Formel 1 Einsätzen
für Müller kam. Zusammen mit seinem
damaligen Stamm-Copiloten Willy
Mairesse gewann der Schweizer die
Targa Florio am Steuer eines privaten
Porsche 906 und beim 500 KM Rennen
am Nürburgring. Siziliens Landstraßen
und der Nürburgring waren die Lieblingsstrecken des Reinachers, auch
wenn zählbare Resultate vorerst noch
ausblieben. 1971 wird zu einem
schwarzen Jahr für Müller, als Pedro
Rodriguez in einem von ihm eingesetzten Ferrari 512 M am Norisring tödlich
verunglückt. Auch Müller selbst entging
dem gleichen Schicksal nur knapp, als
er sich 1966 in der letzten Sekunde aus
seinem brennenden Ferrari retten kann Schauplatz des Dramas war der
Nürburgring...! Im Jahr 1973 gelingt
ihm der zweite Targa Florio Sieg.
1974 bestimmt die Kombination Müller/van Lennep die Gruppe 5 Klasse der
Markenweltmeisterschaft mit ihrem
Carrera RSR Turbo. Außerdem sichert
sich der Schweizer auf einem Porsche
917 den Gesamtsieg bei der Interserie,
zwei weitere Titel folgen, einmal auf
Porsche und 1976 im Sauber-BMW.
Ab 1977 begnügt sich Herbert Müller
mit vereinzelten Einsätzen in verschiedenen Sport- und GT Wagen, allerdings
hat er kein konkurrenzfähiges Material
mehr zur Verfügung. So auch beim
1000 KM Rennen am 24. Mai 1981 auf
dem Nürburgring, als er den Porsche
908 von Siegfried Brunn fuhr.
Warum Herbert Müller die Kontrolle
über den 908 verlor und auf den neben
der Piste abgestellten Porsche 935 von
Bobby Rahal prallte, ist bis heute nicht
endgültig geklärt. An diesem Tag verlor
der Motorsport jedenfalls einen seiner
sympathischsten und vielseitigsten
Rennfahrer.
(Quelle: www.motorsportphotos.de)
Stilleben im Museum – Zeugnis einer traurigen Rennfahrergeschichte
6S342 bei seinem Erscheinen auf dem Nürburgring 1984
Foto: Robert de la Rive Box
Deutlich sieht man den zusätzlichen Lüfter und die 6 einzelnen Vergaser
hatte noch die Wahl gehabt, ob er
die Ruine oder einen bereits restaurierten Shelby vom Rennfahrer Koni
Lutzinger kaufen sollte. Er entschied sich für das Müller-Auto.
Danach wurde die Ruine komplett
restauriert und erschien erstmalig
wieder auf dem Nürburgring 1984
anläßlich
eines
AVDOldtimerrennens. Ob der Wagen
dann tatsächlich nach Kalifornien
ging und später zurück oder direkt
in Deutschland blieb, konnte ich
nicht mehr klären, jedenfalls steht er
nun schon sehr lange im Rosso Bianco Museum in Aschaffenburg.
375 PS werden dem Shelby G.T.350
übrigens dort angerechnet auf der
Schautafel, allerdings verbindet die
Beschreibung auf der völlig nichtssagenden Schautafel dort den Shelby sogar in einem Satz mit Steve
McQueen. Beschreibung: 6 minus.
Wie wir heute von unserem Schweizer
Mustang-Enthusiasten
Iso
Schwager wissen, hatte Herbert
Müller neben 6S342 auch noch
6S343 und noch einen 67er, den wir
schon vorgestellt hatten. 6S343
gehört heute dem Schweizer Mathias Hartman aus Bonaduz, der auch
noch mehr über die Renngemeinschaft Ecurie Filipinetti weiß, für
die Herbert Müller Ferrari, Porsche
und diesen Shelby fuhr. Sein Kollege dort war übrigens Peter Schetty,
den wir ja auch schon vor einigen
Jahren interviewt hatten.
Die sogenannte T-Ölwanne erhöht die verfügbare Ölmenge, wichtig bei hohem Tempo nicht nur
für Rennwagen, sondern auch schnellgefahrene Straßenautos. Abschleppöse vorne vorgeschrieben, um den Wagen notfalls schnell von der Piste ziehen zu können.
Herbert Müller 1971 in Monza
66er mit seitlichem Rückfenster. Die Detailaufnahme des Motors von der Laserdisk zeigt die
komplizierte Kühlwasserführung vorne im Bild und noch mal die 6 Webervergaser.
Sein Vater fuhr auch privat immer gerne Hochgeschwindigkeit. So um die
240 hätte der Wagen damals schon gebracht, meint Daniel. Nach dem Tod
seines Vaters 1981 hat er den Wagen dann in ziemlich verwahrlostem
Zustand aus seiner Garagen-Ecke geholt und an den damaligen EdelAuto-Händler Robert de la Rive Box verkauft. Dieser verkaufte ihn dann
an einen Mr. Randolph, der bei der US-Armee stationiert war. Randolph
Stilleben im Museum – Zeugnis einer traurigen Rennfahrergeschichte
Der seitliche Auspuff- Markenzeichen des
Straßen-Shelbys, im Rennen in den 60ern hat
man hier sicher noch was dran gemacht.
Spartanisches Interieur mit großem Drehzahlmesser. Übrigens eine exclusive Aufnahme für den
Club: Für diese Aufnahme musste ich 2 Museums-Aufpasserinnen von meiner Unschuld überzeugen und der Museumsleiter musste sein o.k. telefonisch geben. Dauer ½ Stunde. Versucht
mal selbst, in einem Museum, über die Absperrung zu gelangen, die Tür aufzumachen und
Fotos zu schießen. Die Damen inspizierten
anschließend erst mal, ob mein Blitz irgendwelche Schäden auf den Sitzen hinterlassen
hatte. Bei der Frage nach einer Haubenöffnung
sahen sie sich erst die Verschlüsse an, ihre
Fingernägel und meinten dann, nein, das ginge
doch zu weit. Jetzt wäre es genug.
Rechts: Überrollbügel und Kelley Supercharger Ersatz-Rennreifen – auch zur Gewichtsverbesserung.
Bereits 1963 bei der Tour de France mit der
Ecurie Filipinetti
Rechts: Die Gummitülle für den früher vorhandenen Not-Aus-Zuggriff.
1965 in Monza
Oben: Herbert Müller stirbt 1981 in den Flammen am Nürburgring, nachdem sein Porsche 908
in den 935 von Rahal eingeschlagen ist. Die Tanks waren noch voll gewesen. Sein RennfahrerKollege Mairesse wählte 1969 nach einem schweren Unfall 1968 in einem GT40 in Le Mans den
Freitod.
Abb. www.izdebski.de.
1965 in St.Ursanne
Quellen:
3 Fotos oben: W.Schauberger &
Filipinetti-Historie von Ed Heuvink
Daniel Müller/CH
www.motorsportphotos.de/Udo Klinkel –
Portrait Herbert Müller
izdebski.de