2013 / 3 - Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin eV
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2013 / 3 - Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin eV
SCHMERZMEDIZIN Deutsche Gesellschaft für Schmerztherapie e.V. und Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin e.V. 29. Jahrgang 2013 3 I 2013 Editorial Schmerzmedizin – Für wen? _ ____________2 Pharmakotherapie/ Europäische Arzneimittelbehörde Grundsätzlich gut gedacht – aber auch wirklich gut gemacht? __________________4 Kommentar/Berufspolitik Schmerztherapie ist attraktiv _ ___________7 Zertifizierte Fortbildung Fibromyalgie -Syndrom: Aktuelle Empfehlungen gegen den Schmerz _ __________________8 Ernährungsmedizin/ Ganzheitliche Schmerzmedizin Vitamin D: ein unterschätztes Hormon? ___12 Palliativmedizin Zum Verhältnis von Intensiv- und Palliativmedizin – eine kritische Fallbetrachtung _ _14 Medizin und Recht Richtgrößenprüfungen – was ist wirtschaftlich? _ ________________16 Internet Linktausch – mit wem, mit wem nicht? ____18 Impressum _________________________19 Die Deutsche Schmerzliga Status quo der DSL-Petition – a never-ending story __________________20 Kongresse Umstellung vom Opioidpflaster auf retardiertes Oxycodon/Naloxon lohnt sich ________21 Akutschmerzdienst optimiert stationäre Schmerztherapie _ ___________22 DGS-Veranstaltungen _ ______________23 Präventivmedizin Problempatienten konsequent impfen _ __24 Kasuistik Komplexe Schmerzen bei Borreliose ______26 Sonniger Süden – weniger Schmerzen? www.dgschmerztherapie.de ISSN 2194-2536 Editorial © Bert Bostelmann Schmerzmedizin – Für wen? Liebe Kolleginnen und Kollegen, Gerhard H.H. MüllerSchwefe, Göppingen Schmerzmedizin – so haben Sie wahrscheinlich bisher immer angenommen – ist vor allem für Menschen gedacht, die unter akuten und chronischen Schmerzen leiden, manchmal oder häufig unter weiteren zusätzlich behandlungsdürftigen Erkrankungen und bei denen Schmerzen das tägliche Leben häufig erheblich beeinträchtigen. Chronischer Schmerz kein Randproblem Mit über 15 Millionen betroffenen Patienten in Deutschland sind chronische Schmerzen kein Randproblem sondern stehen für viele Menschen im Zentrum ihrer Lebenserfahrung mit massivsten Einschränkungen in Familie, Beruf, sozialen Kontakten und der freien Entfaltung ihrer Möglichkeiten. Schmerzmedizin – wer gibt Orientierung? Folgerichtig ist Schmerzmedizin auch ein wichtiges Thema für alle in der praktischen Versorgung stehenden Ärzte wie auch für alle Patienten. Allein die Lebenszeitprävalenz von Rückenschmerzen, (die Wahrscheinlichkeit irgendwann im Leben an Rückenschmerzen zu erkranken) liegt bei über 90 %. Geeignete diagnostische und therapeutische Strategien – nicht medikamentös und medikamentös – gehören deshalb zwangsweise zum Repertoire jedes Arztes. Aber woran soll man sich denn halten? Ein „Rote-Hand-Brief“ jagt den anderen, allein in den letzten zwei Monaten waren es fünf. Leitlinien werden schier inflationär produziert, geben oft vor, Sie bei der Hand zu nehmen und zu führen. Bei genauer Betrachtungsweise entpuppen sie sich dann allerdings eher als Handschellen, an denen Sie bei Regressen vorgeführt werden. Worauf können Sie sich noch verlassen und welche Rolle spielen Sie als Ärztin/Arzt mit Ihrem Wissen und Ihrer Erfahrung? Komplexe Menschen – komplexe Probleme Wissenschaftliche Fragestellungen sind am besten zu beantworten, wenn in einem Experiment alle Störfaktoren ausgeschaltet sind und so eine Fragestellung eine klare Antwort erhält. Dies spiegelt sich oft in den Ein-/ Ausschlusskriterien klinischer Studien wieder, die oft so umfangreich sind, dass sich die notwendige Patientenzahl selbst über viele Monate – manchmal über Jahre – hinweg nicht rekrutieren lässt und Studien sogar abgebrochen werden, weil sich die entsprechend definierten Patienten kaum finden lassen, zumindest nicht unter 2 den „normalen“ Patienten, die wir jeden Tag betreuen. Entsprechend eindimensional fallen die Antworten und Aussagen entsprechender randomisierter kontrollierter klinischer Studien aus, die Lebensrealität multimorbider Patienten spiegeln sie kaum wider. Wenn aus solchen Studien Leitlinien für praktisch klinisches Handeln abgeleitet werden, müssen Sie zwangsweise ins Grübeln kommen. Die eine empfohlene Maßnahme verbietet sich aufgrund von Begleiterkrankungen ihrer Patienten – Leitlinien von Begleiterkrankungen schließen vorgeschlagene Maßnahmen von schmerzbezogenen Leitlinien aus. Das wirkliche Leben gestaltet sich leider, oder Gott sei Dank, wesentlich komplexer und vielfältiger als ein Experiment im Reagenzglas. ...ist Schmerzmedizin in der Tat eine Herausforderung und eine Aufgabe für uns alle, nicht nur für eine Handvoll hochspezialisierter Ärzte und ausgesuchter Zentren. Ohne Frage ist Wissen über Effektstärken, Risiken und Nebenwirkungen essenziell für Ihre Tätigkeit. Unersetzlich aber ist ihre eigene klinische Erfahrung, ihr Austausch mit anderen Kollegen über deren Erfahrung und am Ende aller Überlegungen steht das Abwägen und von Für und Wider, das Ausbalancieren von erwünschten Therapieeffekten bei bestmöglicher Risikominimierung. Was zählt Ihre Erfahrung? Vollends unverständlich ist, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss (g-ba) ausschließlich aus derartig gewonnen Daten eine (Zusatz)Nutzenbewertung bestehender und neuer Pharmaka vornimmt. Die hieraus resultierenden Bewertungen müssen Ihrer eignen Therapieerfahrung diametral entgegensetzt ausfallen. SCHMERZMEDIZIN 3/2013 (29. Jg.) Editorial In diesem Sinne ist Schmerzmedizin in der Tat eine Herausforderung und eine Aufgabe für uns alle, nicht nur für eine Handvoll hochspezialisierter Ärzte und ausgesuchter Zentren. Diesem Gedanken folgend entwickelt die Deutsche Gesellschaft für Schmerztherapie e. V. PraxisLeitlinien, in die (wie auch in AWMF Leitlinien) alle verfügbaren Daten aus randomisierten Studien eingehen, zusätzlich aber Ihr Wissen – das Wissen und die Erfahrung der praktisch tätigen versorgenden Ärzte – und darüber hinaus noch die Erfahrungen, Erwartungen und Vorlieben von den betroffenen Patienten – Evidence Based Medicine im besten Sinne, wie sie von Sackett definiert wurde. Dies schmälert in keiner Weise die Aussage von randomisierten kontrollierten klinischen Studien, es relativiert allerdings ihre Bedeutung wie Sie dies ja im Alltag in der täglichen Praxis jeden Tag selbst erleben können. In diesem Sinne unterstützt Sie Ihre Deutsche Gesellschaft für Schmerztherapie, um Sie in Ihrer umfassenden Versorgung von Patienten mit akuten und chronischen Schmerzen zu unterstützen und Ihr Wissen zu vernetzen. Praxisleitlinien, an denen Sie selbst sich beteiligen können, sind hierbei ein wichtiges Instrument, ebenso die bundesweit stattfinden interdisziplinären Schmerzkonferenzen, in denen wir unser Wissen und Erfahrungen am Patientenbeispiel konkret austauschen. Regulationswut ersetzt nicht Nachdenken Wie einäugig gerade auch europäische Regulationswut vorgehen kann und wie viel wichtiger Ihr eigenes Augenmaß ist und Ihre eigene Erfahrung zeigt Michael Überall in seinem lesenswerten Beitrag über die jüngsten Maßnahmen der europäischen Arzneimittelbehörde auf. Andreas Böger bin ich besonders dankbar, dass er in seinem Beitrag aufzeigt wie spannend und attraktiv Schmerzmedizin für junge Ärzte auch sein kann. Gerhard H.H. Müller-Schwefe im Gespräch mit Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr © G. Carlucci Schmerzmedizin für Alle Approbationsordnung nach 30 Jahren intensiver Lobbyarbeit unserer Gesellschaft. Verbesserungen lassen sich nur durch kontinuierliche Kontakte und politische Arbeit erzielen. Ich bin deshalb dem Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr sehr dankbar, dass er in einem intensiven Gedankenaustausch und Gespräch mit mir zugesichert hat, die bessere Versorgung chronisch Schmerzkranker in der neuen Legislaturperiode als wichtigen Punkt auf seine Agenda zu nehmen. Ihnen liebe Kolleginnen und Kollegen wünsche ich viel Freude bei Ihrer oft belastenden aber auch spannenden Arbeit mit Patienten mit chronischen Schmerzen und gleichzeitig wünsche ich Ihnen viele interessante Gesichtspunkte und Hilfestellungen aus diesem Heft Schmerzmedizin. Herzlichst Ihr Schmerzmedizin für Alle... ...ist eine politische Forderung der DGS. Seit vielen Jahren tritt die Deutsche Gesellschaft für Schmerztherapie dafür ein, dass Schmerzmedizin nicht nur Pflichtunterricht und Prüfungsfach in der universitären Ausbildung für Medizinstudenten wird, sondern auch in der Fläche in der Versorgung verfügbar wird, nicht nur an hochspezialisierten Zentren, sondern ebenso in der allgemeinen Primärversorgung mit entsprechender Vergütung für Ärzte, die sich qualifizieren. Dr. med. Gerhard H. H. Müller-Schwefe Präsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerztherapie e. V. ...dass Schmerzmedizin nicht nur Pflichtunterricht und Prüfungsfach in der universitären Ausbildung für Medizinstudenten wird, sondern auch in der Fläche in der Versorgung verfügbar wird... Ein wichtiger Ausfluss dieser Aktivitäten war die Aufnahme der Schmerzmedizin als Querschnittsfach in die SCHMERZMEDIZIN 3/2013 (29. Jg.) 3 Pharmakotherapie/Europäische Arzneimittelbehörde Grundsätzlich gut gedacht – aber auch wirklich gut gemacht? Die Europäische Arzneimittelbehörde (European Medicines Agency, EMA) hat die Sicherheit und Verträglichkeit von Flupirtin und Diclofenac neu bewertet. Die Beschränkungen sind für die Schmerzpraxis allerdings unausgewogen und wenig hilfreich, kritisiert Priv.-Doz. Dr. med. Michael A. Überall, Vizepräsident der DGS, Nürnberg, in seiner aktuellen Stellungnahme. © Bert Bostelmann schlossen und nach Anhörung von Schmerzexperten und Pharmakologen aus Sicherheitserwägungen heraus unter die bereits seit Längerem kontrovers geführten Debatte – zumindest vorübergehend – einen Schlussstrich gezogen. Michael A. Überall, Nürnberg A m 14. Juni 2013 hat das Pharmacovigilance Risk Assessment Committee (PRAC) der EMA beschlossen, die Anwendung Flupirtin-haltiger Fertigarzneimittel aufgrund möglicher Interaktionen mit dem Leberstoffwechsel auf zwei Wochen zu beschränken und während der Behandlung wöchentliche Kontrollen der Leberwerte empfohlen. Mit dieser Entscheidung sowie der Empfehlung, die Anwendung Flupirtin-haltiger Arzneimittel auf die Kurzzeitbehandlung akuter Schmerzen bei Erwachsenen zu beschränken und Patienten mit vorbestehenden Lebererkrankungen, Alkoholabusus und kritischer Komedikation von der Therapie auszuschließen, hat das PRAC ein seit Mitte März 2013 laufendes Verfahren zur Nutzen-Risiko-Abwägung von Flupirtin-haltigen Fertigarzneimitteln abge- Die Europäische Arzneimittelbehörde hat die Sicherheit und Verträglichkeit von Flupirtin und Diclofenac neu bewertet Hepatische Sicherheit von Flupirtin Ausgangspunkt des Verfahrens war ein Antrag des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), welches aufgrund von Spontanberichten über mögliche Lebernebenwirkungen unter Flupirtin (von subklinischen Leberwerterhöhungen bis hin zu kritischen und lebensbedrohlichen Leberfunktionsstörungen) die EMA gebeten hatte, eine Nutzen-Risiko-Überprüfung des Arzneistoffes vorzunehmen. Im Endergebnis kamen PRAC und EMA nach Sichtung umfangreicher Unterlagen und ausgiebiger Diskussion mit Vertretern der Deutschen Gesellschaft für Schmerztherapie, erfahrenen Experten auf den Gebieten der Toxikologie und Pharmakologie sowie Vertretern der zuständigen pharmazeutischen Unternehmen zu dem Schluss, dass trotz der in randomisierten kontrollierten klinischen Studien gegenüber Placebo deutlich überlegenen Wirksamkeit und insgesamt auch Placebo-vergleichbaren Verträglichkeit von Flupirtin über eine Behandlungsdauer von vier Wochen zunächst aus Sicherheitsgründen heraus eine Anwendungsbeschränkung auf zwei Wochen ausgesprochen und der Einsatz auf Schmerzen beschränkt werden soll, bei denen andere Analgetika (wie z. B. nichtsteroidale Antirheumatika [NSAR] und Opioide) nicht indiziert sind. Leberschäden unter Flupirtin? © h_lunke / fotolia.com Anlass für diese einschneidende Anwendungsbeschränkung waren seit der Einführung von Flupirtin im Jahre 1989 europaweit insgesamt 136 Berichte über Patienten mit Leberschäden, von denen 15 einen fatalen 4 Verlauf genommen hatten und entweder tödlich geendet waren oder eine Lebertransplantation erforderlich gemacht hatten. Die seitens des PRAC kalkulierten Ereignishäufigkeiten beliefen sich (unter Berücksichtigung der Gesamtverordnungszahlen von Flupirtin über den genannten Zeitraum) für jegliche Form einer Flupirtin-assoziierten Leberschädigung (und ohne Berücksichtigung eines kausalen Zusammenhangs) auf 15,2 und bezüglich der genannten fatalen Häufigkeiten auf 1,68 jeweils pro 100.000 Patientenjahre. Unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verordnungsquoten für Flupirtin (alleine im Jahr 2011 wurden europaweit 28,1 Millionen definierte Tagesdosen [defined daily doses, DDD] verordnet und alleine in Deutschland ca. 1.031.398 Patienten behandelt) errechnet sich eine Erwartungshäufigkeit für beide Ereignisse von 1/85.595 Patienten bezüglich einer möglichen Flupirtin-bedingten Leberschädigung (entsprechend 0,00117 %) bzw. von 1/776.060 bezüglich eines möglicherweise durch Flupirtin ausgelösten fatalen Leberversagens (entsprechend 0,00013 %). Im zeitlichen Verlauf manifestierten sich diese extrem seltenen fatalen Ereignisse im Mittel 70 Tage (Median: 63,5, Min-Max: 21– 140 Tage) nach Behandlungsbeginn und in 60 % der Fälle, wenn Flupirtin in Kombination mit anderen bekanntermaßen hepatotoxischen Arzneistoffen verabreicht wurde. Kardiovaskuläre Sicherheit von Diclofenac Nach umfangreichen Auswertungen von Daten des „safety of non-steroidal anti-inflammatory drug (SOS)“-Programms der Europäischen Kommission zur Sicherheit der in Europa verfügbaren NSAR kam das PRAC ebenfalls am 14. Juni 2013 zu dem Ergebnis, dass der Einsatz Diclofenac-haltiger Fertigarzneimittel (insbesondere in höheren Dosierungen und über einen längeren Zeitraum) mit einem deutlich erhöhten Risiko unerwünschter kardiovaskulärer Arzneimittelreaktionen einhergeht. Kontraindikationen beachten Aus Sicht des PRAC gilt der Einsatz von Diclofenac-haltigen Fertigarzneimitteln bei Patienten mit Herzfehlern, Herzinsuffizienz, koronarer Herzkrankheit, Myokardinfarkt und/oder SCHMERZMEDIZIN 3/2013 (29. Jg.) Pharmakotherapie/Europäische Arzneimittelbehörde Sicherheit und Verträglichkeit im direkten Vergleich Der direkte Vergleich der Sicherheits- und Verträglichkeitsbewertung von Flupirtin und Diclofenac sowie die daraus seitens der europäischen Arzneimittelwächter gezogenen Konsequenzen, die auch in den am 15. und 16. Juli 2013 durch die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft [AKDÄ] versandten Rote-Hand-Briefen nachzulesen sind, werfen mehr Fragen auf, als sie beantworten. Grundsätzlich sind alle Anstrengungen zu begrüßen, die die Sicherheit der Anwendung von Arzneistoffen bei Patienten erhöhen und darauf abzielen, das Nutzen-Risiko-Verhältnis faktisch zu verbessern. Vor diesem Hinter- SCHMERZMEDIZIN 3/2013 (29. Jg.) Tab. 1: Ereignishäufigkeit medizinisch relevanter Sicherheits-/Verträglichkeitsprobleme unter Flupirtin und Diclofenac (modifiziert nach http://www.ema.europa.eu/ema/index. jsp?curl=pages/medicines/human/referrals/Flupirtine-containing_medicines/human_referral_prac_000019.jsp&mid=WC0b01ac05805c516f [Abruf: 1.8.2013]; Moore RA et al., Arthritis Res Ther 2008,10:R20) Ereignishäufigkeit 1 pro x behandelte Patienten Prozent der behandelten Patienten jegliche Leberschädigung unter Flupirtin 85.595 0,00117 fatale Leberschädigung unter Flupirtin 776.060 0,00013 jegliche gastrointestinale Blutung unter Diclofenac 198 0,50505 fatale gastrointestinale Blutung unter Diclofenac 1.976 0,05061 jeglicher Myokardinfarkt unter Diclofenac 277 0,36101 fataler Myokardinfarkt unter Diclofenac 924 0,10823 grund und insbesondere angesichts der Tatsache, dass eine rationale Bewertung von Sicherheit und Verträglichkeit eines Arzneimittels unabhängig von nationalen Anwendungsbeschränkungen erfolgen sollte, steht es außer Frage, dass in einem zunehmend zentralistisch regierten europäischen Staatenverbund gerade Fragen der Arzneimittelsicherheit einheitlich und unter Bezugnahme auf höchste Bewertungsstandards analysiert und geklärt werden müssen. Dennoch stellt sich die Frage, warum bei den beiden genannten Risikobewertungen und Ereignishäufigkeiten (Tabelle 1) für den einen Arzneistoff (Flupirtin) derart starke Beschränkungen (inklusive Anwendungsgebiet, Anwendungsdauer und laborchemischen Kontrolluntersuchungen), für den anderen (Diclofenac) hingegen nur ein relativierender Warnhinweis ausgesprochen wurde, der faktisch an der tatsächlichen Verordnungsrealität kaum etwas ändern wird. Vergleicht man die publizierten Ereignishäufigkeiten fataler Komplikationen, so liegt das Risiko, unter Diclofenac einen tödlichen Myokardinfarkt oder eine tödliche gastrointestinale Blutung zu erleiden, rund 840- bzw. 393- mal höher als das für eine fatale Leberschädigung unter Flupirtin. Das Risiko jeglicher Organschädigung liegt für Diclofenac bezüglich gastrointestinaler Blutungen 432und bezüglich Myokardinfarkten 309-mal höher als das für eine Leberschädigung unter Flupirtin. Das bedeutet, dass rechnerisch auf einen Patienten mit einer Flupirtin-assoziierten Leberschädigung rund 432 Patienten mit einer Diclofenac-assoziierten gastrointestina- len Blutung bzw. 309 Patienten mit einem Diclofenac-assoziierten Myokardinfarkt kommen. Ein durchaus als praktisch bedeutsam anzusehender Sicherheitsunterschied – oder? Risiken von Arzneistoffen – Risiken des Alltags Darüber hinaus stellt sich – bei allem Respekt vor den umfänglichen Bemühungen der europäischen Arzneimittelwächter – doch auch die Frage, wie sicher ein Arzneistoff heute sein muss, damit er noch eine Zulassung für die Anwendung am Menschen erhalten kann. Vergleicht man vor dem Hintergrund der für Diclofenac und – insbesondere – für Flupirtin berechneten Todesfallhäufigkeiten die entsprechenden Ereignisraten alltäglich bedenkenlos von uns allen vollzogener Maßnah- Warum fallen die Sicherheits- und Verträg- lichkeitsbewertungen für Flupirtin und Diclofenac derart unterschiedlich aus? © Anastasiya M./panthermdia.net Schlaganfall als kontraindiziert. Bei Patienten mit bekannten kardiovaskulären Risikofaktoren – wie z. B. Bluthochdruck, Hypercholesterinämie, Diabetes und Nikotinabusus – sollten Diclofenac-haltige Fertigarzneimittel nur mehr nach strenger Nutzen-Risikoabwägung, vorübergehend und in der niedrigst-möglichen Dosis zum Einsatz gelangen. Darüber hinaus müssen Wirksamkeit, Sicherheit und Verträglichkeit im jeweiligen Anwendungsfall durch den behandelnden Arzt regelmäßig aktiv überprüft und dokumentiert werden. Ausgangspunkt des Verfahrens war ein im Oktober 2012 auf der Grundlage bereits zum damaligen Zeitpunkt verfügbarer Daten bezüglich eines zweifelhaften Nutzen-Risikoprofils traditioneller NSAR bei Patienten mit kardiovaskulären Risikofaktoren begonnenes Bewertungsverfahren, mit welchem nun endlich Klarheit geschaffen wurde. Entsprechend den bereits 2007 veröffentlichten Berechnungen einer internationalen Arbeitsgruppe um R. Andrew Moore liegt das durch Diclofenac bedingte Zusatzrisiko bzgl. kardiovaskulärer Komplikationen z. B. für Myokardinfarkte bei 1/277 Patienten (entsprechend 0,36101 %) bzw. das Myokardinfarkt-bedingte Sterblichkeitsrisiko bei 1/924 Patienten (entsprechend 0,10823 %). Insgesamt lagen die entsprechenden Ereignisraten für die Gruppe der traditionellen NSAR bei 1/1.351 bzw. 1/4.517 für alle bzw. für die tödlichen Myokardinfarkte (entsprechend 0,02214 % bzw. 0,07402 %). Dieses relativ hohe Zusatzrisiko, durch/ unter Diclofenac einen schwerwiegenden bzw. tödlichen Myokardinfarkt zu erleiden, relativiert sich angesichts des ebenfalls analysierten Risikos bezüglich schwerwiegender bzw. tödlicher gastrointestinaler Blutungen, welches für Diclofenac bei 1/198 bzw. 1/1.976 und für die Gesamtgruppe der traditionellen NSAR bei 1/142 bzw. 1/1.420 behandelten Patienten liegt. 5 Pharmakotherapie/Europäische Arzneimittelbehörde INFO-Telegramm Regionalanästhesie verhindert chronische postoperative Schmerzen Persistierende Schmerzen postoperativ nach Thorakotomien oder Mastektomien treten nach Epiduralanästhesien und paravertebralen Blockaden seltener auf als unter Vollnarkosen. Dies zeigte eine Metaanalyse von Andreae MH et al., in der 23 randomisierte kontrollierte Studien ausgewertet wurden. Die Fallzahlen und die Resultate sind allerdings besonders nach einem Jahr nicht ausreichend für generelle Empfehlungen, schränken die Experten ein (Br J Anaesth 2013 Jun 28. [Epub ahead of print]). Magnesium gegen postoperativen Schmerz Mit systemischer Gabe von Magnesium lässt sich der postoperative Schmerz und der Opioidbedarf senken. Dies ergab eine Metaanalyse von 20 randomisierten klinischen Studien, in die insgesamt 1.257 Patienten eingeschlossen wurden. Magnesium linderte sowohl den Ruheschmerz als auch den Bewegungsschmerz und reduzierte den mittleren Morphinbedarf um 10,5 mg Morphinäquivalent. Die Studien waren sehr heterogen, in einigen wurde Magnesium nur intraoperativ, in anderen sowohl intra- als auch postoperativ appliziert. Die perioperative systemische Magnesiumtherapie scheint aber eine sehr verträgliche und wirksame Maßnahme gegen den postoperativen Schmerz zu sein ( De Oliveira GS Jr et al., Anesthesiology 2013 May 10. [Epub ahead of print]). Elektrodenwanderung bei okzipitaler Nervenstimulation Die okzipitale Nervenstimulation bietet eine Alternative zur Pharmakotherapie bei hartnäckigen okzipitalen Kopfschmerz. Sprechen Patienten auf diese Therapieform nicht lange an, sollte die Elektrodenlage geprüft werden. Dies zeigt die Kasuistik von McGreevy et al. an einem 35-jährigen Mann, der nach elf Monaten aufgrund einer Elektrodendislokation bereits nicht mehr ansprach (Clin J Pain 2012 Nov-Dec;28(9):814–8). Wiederholte Kernspintomographie bei Ischiasschmerzen sinnlos Wird bei Patienten mit Bandscheibenvorfall und Ischiasbeschwerden eine Kernspintomographie nach einem Jahr wiederholt, hilft die bildgebende Diagnostik nicht dabei, Patienten mit ungünstigem Verlauf von prognostisch günstigem Patienten zu unterscheiden. Zu diesem ernüchternden Resultat kam eine niederländische Arbeitsgruppe aus Leiden, Niederland, die an 283 Patienten die Kernspintomographie nach einem Jahr wiederholten (N Engl J Med 2013 Mar 14;368(11): 999–1007. doi: 10.1056/NEJMoa1209250). 6 men, dann ist zu befürchten, dass hier das entsprechende Augenmaß verloren gegangen bzw. zumindest aus dem Blick verloren wurde. So liegt das Todesfallrisiko pro Jahr z. B. für landwirtschaftlich tätige Menschen in den USA bei 1/3.425 und damit ca. zehnmal höher als das von Werktätigen im Dienstleistungssektor mit 1/34.483. Jedes Jahr stirbt eine von 7.875 Hausfrauen infolge eines Haushaltsunfalls und einer von 47.273 Fußgängern im Straßenverkehr. Risiken die – obwohl um ein Vielfaches höher als die genannten Arzneimittelrisiken – alltäglich von allen in den Industrienationen der westlichen Welt lebenden Menschen bedenkenlos eingegangen und unbewusst in Kauf genommen werden. Ist es vor dem Hintergrund dieser Daten sinnvoll zu fordern, dass die Risiken von Arzneistoffen so viel geringer sein müssen? Und wenn ja, wie viele Arzneistoffe gibt es, die den – aus Sicht vieler Experten – unrealistischen Anforderungen noch genügen? Und warum führen die berichteten Risikoraten bei unterschiedlichen Arzneistoffen zu unterschiedlichen Bewertungen? Warum führt ein rechnerisch 400- bis 800-fach erhöhtes Todesfallrisiko bei dem einen Arzneistoff nur zu einer unbedeutenden Anwendungsbeschränkung und das um das gleiche Maß verringerte Todesfallrisiko bei einem anderen Arzneistoff zu einer deutlichen Anwendungsbeschränkung? Fragen über Fragen, bei deren Beschäftigung dem kritischen Betrachter nur noch mehr Fragen in den Sinn kommen. Nichts tun bzw. nichts verordnen hilft leider auch nicht Offensichtlich stehen Wirksamkeit und Verträglichkeit von Arzneistoffen in einem wohl abzuwägenden Verhältnis zueinander, und natürlich sind medizinisch alle Maßnahmen, die mit einem bezüglich einer Nichtbehandlung nennenswert erhöhten Risiko einhergehen, kritisch zu bewerten bzw. dann zu unterlassen, wenn es bei vergleichbarer Wirksamkeit besser verträgliche Alternativbehandlungen gibt oder der Spontanverlauf in absehbarer Zeit zu ähnlichen Beschwerdelinderungen führt. Diesbezüglich ist kritisch anzumerken, dass die Hypothese, man könne die Sicherheit von Menschen mit chronischen nicht-tumorbedingten Schmerzen dadurch erhöhen, dass man ihnen keine „potenziell nebenwirkungsträchtigen“ Arzneistoffe verordnet, sich angesichts einer jüngst erschienen Übersichtsarbeit genau als das entpuppt, was sie schon immer war: sehr wirklichkeitsfremd. Wie sonst soll man die in der Übersichtsarbeit deutlich erhöhten Suizidraten von Menschen mit chro- nischen nicht-tumorbedingten Schmerzen sonst bezeichnen? Nichts tun hilft eben dann auch nicht, wenn die Krankheit an sich auch schon mit einem erhöhten Sterblichkeitsrisiko einhergeht. Das Feigenblatt der Behauptung offizieller Stellen, dass man dann zumindest nicht aktiv zu einem vorzeitigen Ableben beigetragen habe und das ganze Dilemma letztlich nur Ausdruck der Tatsache sei, dass eben unverändert nicht in ausreichendem Maße wirksame und verträgliche Arzneistoffe verfügbar seien, hilft Betroffenen wie Therapeuten nicht wirklich weiter. Chronische Schmerzen sind eben auch (gerade?) dann alles andere als harmlos, wenn sie nicht durch einen Tumor ausgelöst werden. Genau aus diesem Grund müssen die mit der Verordnung eines Arzneistoffes verbundenen Risiken – sowohl für Leib und Leben als auch bezüglich nichtlebensbedrohlicher Beeinträchtigungen –nicht nur in Relation zu den Risiken gesetzt werden, mit denen chronisch (Schmerz-)Kranke tagtäglich konfrontiert werden, sondern auch in Relation zu den Risiken, die mit Leben an sich und einer aktiven Teilhabe daran verbunden sind. Unausgewogen und wenig hilfreich Vor diesem Hintergrund erscheinen die aktuell seitens des PRAC ausgesprochenen Anwendungsbeschränkungen für Flupirtin bzw. Diclofenac nicht nur unausgewogen und wenig hilfreich, sondern erinnern in ihrer Regulationswut und Praxisferne auch ein wenig an die Maßnahmen entsprechender EU-Gremien anderer Bereiche (wie z. B. der Definition des Krümmungsgrades von Gurken oder der Mindestgröße von Zwiebeln). Ob diese Entwicklung Patienten und Therapeuten wirklich helfen kann, des zunehmenden Problems chronischer nicht-tumorbedingter Schmerzen Herr zu werden, darf getrost bezweifelt werden. ■ Michael A. Überall, Nürnberg Literatur beim Verfasser SCHMERZMEDIZIN 3/2013 (29. Jg.) Kommentar/Berufspolitik Schmerztherapie ist attraktiv In der jetzigen, für ambulant tätige Schmerztherapeuten schwierigen wirtschaftlichen Situation und angesichts der bekannten Nachbesetzungsprobleme sollten wir unser Fachgebiet durch fortwährende Klagen nicht schlechtreden und damit potenziellen Nachwuchs abschrecken. Vielmehr sollten wir häufiger auf die attraktiven Facetten unserer Tätigkeit hinweisen. Diese Facetten– wie etwa die Chance auf eine ausgeprägte interdisziplinäre Zusammenarbeit – skizziert Dr. med. Andreas Böger, Leiter des Regionalen Schmerzzentrums DGS, Kassel. V or den Ergebnissen unserer Therapie müssen wir uns – z. B. verglichen mit den Internisten – gewiss nicht verstecken. Darüber hinaus sind Teilzeitanstellungen häufig unproblematisch möglich – gerade für Ärztinnen mit Kindern ein wichtiges Argument. Flexible Arbeitszeiten kommen dem Wunsch vieler jüngerer Kollegen nach einer zufriedenstellenden Work-Life-Balance entgegen. Die großen Schmerzgesellschaften DGS (Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin) und DSG (Deutsche Schmerzgesellschaft, vormals DGSS) bieten spezielle Fortbildungen für den medizinischen Nachwuchs an. Flexible Teilzeit möglich Grundlage für die Weiterbildung in der Schmerzmedizin ist ein Facharzt auf einem klinischen Gebiet. Traditionell sind insbesondere Fachärzte für Anästhesie, Fachärzte für Neurologie und Fachärzte für Allgemeinmedizin an dieser Weiterbildung interessiert. Ein gutes Diversitäts-Management in Bezug auf Fachdisziplin und Alter der Mitarbeiter sorgt für eine gesunde Mischung innerhalb des Teams. Schon während der gewöhnlich einjährigen Weiterbildung ist in der Regel eine Teilzeittätigkeit oder eine flexible Tätigkeit möglich. In der Klinik für Schmerzmedizin des Roten Kreuz Krankenhauses Kassel – mit 35 stationären Behandlungsplätzen einem der größeren Schmerzzentren bundesweit – arbeiten mehrere Ärztinnen in Teilzeit; auch eine flexible Anstellung im stationären Bereich und im angegliederten medizinischen Versorgungszentrum (MVZ), Schmerzzentrum Kassel ist möglich. Hier besteht eine große Offenheit für innovative Anstellungs- und Zeitkonzepte, damit sich Weiterbildung, Job und Privatleben gut miteinander vereinbaren lassen. Inhalte der Weiterbildung zum speziellen Schmerztherapeuten sind sowohl diagnostische als auch therapeutische Techniken aus der Neurologie, Anästhesie, Orthopädie und Psychologe. Die Schmerzmedizin versteht sich als Querschnittsfach und hat Anteile aus den verschiedensten Fachgebieten. So entstammen Diagnostik und Therapie der Kopfschmer- © blickwinkel / imago Eine ausgeprägte interdisziplinäre Zusammenarbeit prägt den Alltag des Schmerztherapeuten Andreas Böger, Kassel zen hauptsächlich der Neurologie; die Untersuchung und Behandlung der Rückenschmerzen umfasst Inhalte der Orthopädie, Neurologie, Anästhesie und der manuellen Medizin. So können neben den invasiven Techniken sowohl Elektromyographie, Biofeedback und psychotherapeutische Techniken als auch Osteopathie, manuelle Medizin und Akupunktur erlernt werden. Die Therapie basiert auf einem biopsychosozialen Konzept, das bezüglich der effizienten Vermittlung an den Patienten großen Gestaltungsspielraum zulässt. Teamwork prägt den Alltag Während dem ambulant tätigen Arzt oft die Zeit fehlt, um Patienten mit chronischen Schmerzen adäquat zu behandeln, hat man in einem Schmerzzentrum meist ausreichend Zeit für den Patienten. Auch verteilt sich die Last immer auf mehreren Schultern, so in Kassel zum Beispiel auf ein „Quartett“ aus Arzt, Psychologen, Physiotherapeuten und Bezugspflegekraft. Viel Wert wird in der schmerzmedizinischen Weiterbildung in der Regel auf eine gute Ausbildung hinsichtlich der Arzt-Patienten-Kommunikation, auf Zeitmanagement, auf Achtsamkeit (auch gegenüber sich selbst) ebenso wie auf Grundlagen der Abrechnung schmerztherapeutischer Leistungen und auf Praxismanagement gelegt – denn statistisch arbeiten die meisten speziellen Schmerztherapeuten nach der Ausbildung in eigener Praxis oder in einer Schmerzambulanz. In Gesprächen mit Studenten – gerade auch solchen im praktischen Jahr (PJ) – und nachrückenden Kollegen sollten wir diese Vorteile einer fundierten schmerzmedizinischen Ausbildung in den Vordergrund rücken. ■ Andreas Böger, Kassel boeger@rkh-kassel.de SCHMERZMEDIZIN 3/2013 (29. Jg.) 7 Zertifizierte Fortbildung Fibromyalgie-Syndrom: Aktuelle Empfehlungen gegen den Schmerz „Fibromyalgie“ (richtig: Fibromyalgiesyndrom) ist bislang eine Ausschlussdiagnose, die auf klinischen Kriterien beruht. In jüngster Zeit haben sich aber neue Erkenntnisse über neuromorphologische Veränderungen und biopsychosoziale Determinanten dieser Erkrankung ergeben. Einen Überblick über den derzeitigen Wissensstand der Entstehung, Klinik und (medikamentösen) Therapie des Fibromyalgiesyndroms versucht SanRat Dr. med. Oliver M. D. Emrich, Leiter des DGS-Schmerzzentrums Ludwigshafen und Vizepräsident der DGS. D as Fibromyalgiesyndrom ist bis heute eine für Patienten, wie für Ärzte, mysteriöse diagnostische Entität, weil zunächst kaum ein morphologisch fassbares Substrat für die komplexen Beschwerden und Schmerzen augenscheinlich ist. Es ist dabei ein im Behandlungsalltag immer häufiger imponierendes (Schmerz-)Syndrom, das auch sozialrechtlich stetig größere Bedeutung dadurch gewinnt, dass Betroffene oft an schweren allgemein behindernden Symptomen leiden, aber häufig keine Anerkennung erfahren. Bei spärlichen objektiven Befunden fällt es noch vielen medizinischen Kollegen schwer zu akzeptieren, dass dennoch eine schwere subjektive Beeinträchtigung durch weit ausgebreitete Schmerzen, Steifheit, Müdigkeit, nicht erfrischenden Schlaf, Wahrnehmungsstörungen, Angst und Depression als komplexes Syndrom bestehen kann. Pathophysiologische Erklärungsversuche und Befunde Pathogenetisch werden heute einerseits Veränderungen der zentralen Schmerzverarbeitung als Ursache, d. h. eine (chronische) Hyperirritabilität des zentralen, aber auch des peripheren Nervensystems verantwortlich gemacht. Danach liegt eine Erklärung dort, wo Schmerz weitergeleitet und verarbeitet wird: im zentralen Nervensystem. Aber es mehren sich genauso Befunde über Alterationen im peripheren Nervensystem. Demnach spielen mehrere Bedingungen zusammen: Eine Schmerzafferenz- Fehlverarbeitungsstörung im Sinne eines zentralen Sensibilisierungssyndroms (CSS), und/oder peripheren neuronalen Veränderungen. Eine ganz neu aufgelegte Studie der Universität Würzburg propagierte auch objektivierbare (mess- und mikroskopisch sichtbare) neuropathische Alterationen in Funktion und Dichte der sog. „small fibers“ im peripheren 8 Nervensystem bei Fibromyalgiepatienten, wie sie auch bei metabolischen (z. B. diabetogen) toxischen (z. B. Chemotherapie-bedingt) und entzündlichen (z. B. perizosterisch) Neuropathien ganz ähnlich auftreten können. Biologische neuroendokrine, neuroimmunologische und psychosoziale Veränderungen und Stressoren können damit das typische klinische Bild des Fibromyalgiesyndroms, – gerade auch in seiner phänomenologischen Vielfalt zunehmend besser erklärbar machen. Sie werden damit zu charakteristischen Variablen bei der Diagnosefindung. Aber keine dieser Variablen, ob biologisch oder psychosozial, kann bislang als einzige Bedingung für den Ausbruch oder den Unterhalt eines Fibromyalgiesyndroms verantwortlich gemacht werden. In der Gesamtschau werden die Zusammenhänge allerdings deutlich klarer. Grundlagenforschung und klinische Studien zeigen: Bei Patienten mit Fibromyalgiesyndrom gibt es offenbar überdurchschnittlich häufig (aber nicht konsistent immer) ●● eine Sensibilisierung und Plastizität zentraler NMDA-Rezeptoren (eine wichtige Rolle bei der Opioid-assoziierten Hyperalgesie), ●● eine Erhöhung der Endorphinspiegel bei gleichzeitg verminderter zentralnervöser Opiatrezeptorendichte, ●● eine Dysregulation kortikaler dopaminerger Neurotransmission, ●● eine Erniedrigung des zentralnervösen Serotoninspiegels und Erhöhung der Substanz-P-Konzentration, ●● eine Störung der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse, kenntlich an veränderten Spiegeln von Kortison, ACTH, Wachstumshormon, insbesondere erniedrigtem IGF-1b, eine Erhöhung proinflammatorischer Cytokine, ●● eine massive Störung von Tiefschlafphasen (Phase 4, Deltaschlaf), assoziiert mit den vorgenannten humoralen Alterationen, Oliver Emrich, Ludwigshafen eine genetische Disposition, z. B. in Fibromyalgie-Untergruppen bewiesen für das Serotonin-Transporter-Gen, das Katecholamin-Methyltransferase-Gen, die Exprimierung von Beta-2-Adrenorezeptoren, ●● einen bisher allerdings kaum spezifizierten Einfluss von Sexualhormonen, was das Überwiegen des weiblichen Geschlechts erklären würde, ●● nachweisbare Schädigung peripherer kleiner Nervenfasern (small fibers) als pathoanatomisches Korrelat einer veränderten Reagibiltät und Dichte von an der peripheren Nozizeption beteiligten Nerven. Damit rücken die Hauptsymptome des Fibromyalgiesyndroms in ein neues (erklärbares) Licht: Neuroendokrine und neuroimmunologische Funktionsstörungen geraten als Treiber und Marker der zentralen Sensibilisierung proalgetischer Schmerzperzeption immer stärker in den Vordergrund. Sie können offenbar aber auch periphere Nervenschädigungen hervorrufen, bzw. gehen auch mit solchen Veränderungen der „small fibers“ im peripheren Nervensystem einher. ●● Die Klinik des Fibromyalgiesyndroms Die Schmerzen beim Fibromyalgiesyndrom werden von den Betroffenen typischerweise in viele (auch wechselnde) Körperstellen verortet, vorzugsweise Muskulatur und SehnenKnochenübergänge. Sie werden von mehr oder minder ausgeprägten sozialen und psychischen Behinderungen begleitet, vor allem charakteristischerweise auch von psychophysischen Symptomen wie Müdigkeit, Depressionen und Schlafstörungen. Diagnosekriterien: Was hat sich geändert? Der Bedeutung der „Begleitphänomene“ neben dem Schmerz tragen die aktualisierten ACR-Kriterien von 2010 (American College of SCHMERZMEDIZIN 3/2013 (29. Jg.) Zertifizierte Fortbildung Neue Diagnosekriterien Nach den neuen diagnostischen Kriterien von 2010 ist demnach das Fibromyalgiesyndrom durch großflächige Schmerzen in nur noch mindestens einem (typischerweise aber mehreren) Körperquadranten/einer Körperseite und zusätzlich in einem/mehreren Bereichen des Achsenskeletts (WS, Brustkorb) definiert, plus einer charakteristischen Ausprägung typischer Zusatzsymptome. Die wichtigste Neuerung ist die stärkere Gewichtung einer charakteristischen Symptomkonstellation bei Fibromyalgiesyndrom von Sehnen-Muskelschmerz mit nicht erholsamem Schlaf, Müdigkeit und Beeinträchtigung kognitiver Funktionen in Kombination mit einer ganzen Reihe von zusätzlichen Körpersymptomen. Tenderpoints überholt Die Anzahl definierter „Tenderpoints“ ist demnach nicht mehr zentrales Kriterium, denn deren Qualifizier- und Quantifizierbarkeit waren offenbar zu stark Untersucher-abhängig. Wichtigstes Kriterium ist aber weiterhin, dass für die beklagten Schmerzen keine spezifische somatische Ursache gefunden werden kann. Ein WPI >7 (0–19 Körperareale) und SSS >5 (0–12 Symptomschwerepunkte) oder ein WPI 3–6 und SSS >9 gelten danach als hochsignifikant verdächtig auf Fibromyalgie und sollen eine schnelle und unkomplizierte Diagnose erleichtern bzw. den dringenden Verdacht auf Fibromyalgie lenken (http://www.rheumatology.org/practice/clinical/classification/fibromyalgia/fibro_2010.asp). Differenzialdiagnosen und weitere medizinische Abklärung Patienten mit Fibromyalgiesyndrom sollten zunächst auf entzündliche Erkrankungen untersucht werden, insbesondere aus dem rheumatischen Formenkreis, denn solche Erkrankungen können ähnliche Beschwerden verursachen, bzw. auch mit einem Fibromyalgiesyndrom einhergehen (RA, Polymyalgia rheumatica, systemischer Lupus erythematodes). Auch auf endokrine Erkrankungen, die Muskel- und Gelenkschmerzen verursachen können, wie Hypothyreose, Hyperparathyreoidismus und Morbus Addison, sollten untersucht werden. In diesem Zusammenhang ist neben Anamnese und klinischem Befund ein Routinelabor zu empfehlen, das neben Blutsenkungsreaktion, Rheumafaktor, Kreatinkinase und CRP/CCP/ ANA ein Differenzialblutbild, Schilddrüsenwerte und Serum-Transferrin umfassen sollte. Kasten 1 zeigt die AWMF-Empfehlungen für die Labordiagnostik. Spezifische Bluttests auf Fibromyalgiesyndrom gibt es bislang aber nicht, obwohl einige Untersucher eine positive Korrelation mit der IL-8 Spiegeluntersuchung oder einen Suchtest auf Antipolymer-Antikörper (APA) beschrieben haben. Die klinische Untersuchung sollte künftig mindestens in Zweifelsfällen eine quantitative sensorische Testung umfassen. Ggf. werden künftig auch Hautstanzbiopsien diagnostische Hinweise auf den Zustand der „small fibers“ erbringen. Kasten 1: Basislabor nach den Empfehlungen der AWMF zz zz zz zz Blutsenkungsgeschwindigkeit, C-reaktives Protein, kleines Blutbild (z. B. Polymyalgiarheumatica, rheumatoide Arthritis) Kreatininkinase (z. B. Muskelerkrankungen ) Kalzium (z. B. Hyperkalziämie) Thyreoidea-stimulierendes Hormon basal (z. B. Hypothyreose) SCHMERZMEDIZIN 3/2013 (29. Jg.) Patienten mit Fibromyalgiesyndrom sollten zunächst auf entzündliche Erkrankungen untersucht werden © BVMed-Bilderpool Rheumatology) nun in weit stärkerem Maße Rechnung. Sie fokussieren auf das führende Symptom des Fibromyalgiesyndroms, nämlich die (un)typische Schmerzausprägung als großflächiger Schmerz (gemessen als „Widespread pain index“, WPI, i.e. Anzahl der Schmerzareale im Körperschema von maximal 19) und damit eng verbundenen weiteren charakteristischen Symptomen, gemessen in einer Symptomschwere-Skala (SSS). Diese umfasst vier Kriterien: 1. Müdigkeit, 2. unerfrischtes Aufwachen, 3. kognitive Störungen, und 4. somatische allgemeine Symptome aus einem vorgegebenen Katalog (wie u. a. Kopfschmerzen, Schwächegefühl, Stuhlunregelmäßigkeiten, Schwindel, Übelkeit, Kribbeln, etc., jeweils maximal 3 Punkte ergeben insgesamt maximal 12 Punkte). (Man findet das Formsheet dieser Kriterien im Internet unter http://www.fibroknowledge.com/site/downloads/2010_ACR_CRITERIA.pdf). Die „alten“ Diagnosekriterien des ACR von 1990 werden dadurch relativiert und ergänzt, weil nicht mehr obligat ein weit ausgedehnter Schmerz in mindestens drei von vier Körperquadranten über drei Monate plus Schmerzen im Achsenskelett (zervikal, lumbal, thorakal) plus 11 von 18 definierten Tenderpoints schmerzhaft auf Druck von 4 kg/cm2 gefordert wird. Medikamentöse Optionen Die medikamentöse Therapie ist bei Fibromyalgie allenfalls ein Teil der therapeutischen Optionen, die in der Regel als Kombinationsstrategie angeboten werden sollten: Stressmanagement, Sporttherapie, Psychotherapie bei entsprechender Indikation sind dagegen vordringliche Empfehlungen. Die AWMF (Arbeitsgemeinschaft der medizinisch wissenschaftlichen Fachgesellschaften)-Leitlinie Fibromyalgiesyndrom hat zu den medikamentösen Optionen bislang vorliegende wissenschaftliche Studien bewertet und daraus Verordnungsund Handlungsempfehlungen formuliert. So kann man davon ausgehen, dass die hier positiv bewerteten Medikationen bis dato einen klaren Therapienachweis erbracht haben. Diese sind: Duloxetin, trizyklische Antidepressiva (z. B. Amitriptylin), Pregabalin und selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer (z. B. Citalopram). Medikamente bei Fibromyalgiesyndrom sollen genauso Schmerz dämpfen, wie gestörten Schlaf oder wichtige Begleitsymptome bzw. Komorbiditäten, wie eine Depression bessern können. Prinzipiell kommen aber noch weitere für dezidierte DepressionsAngst-Entitäten Medikamente aus dem jeweiligen Indikationsspektrum infrage, deren Einsatz in jedem Einzelfall kritisch zu prüfen ist. Antikonvulsiva hilfreich Antikonvulsiva, speziell Gabapentin und Pregabalin haben ihre antineuropathische/ schmerzlindernde Wirkung in vielen Untersuchungen nachgewiesen und wirken schmerzdämpfend und zusätzlich antidepressiv, schlafanstoßend und angstlösend. Ein wichtiger praktischer Hinweis ist, dass es durchaus sinnvoll ist, Antidepressiva und die genannten Antikonvulsiva zusammen anzuwenden. Die 9 Zertifizierte Fortbildung Kasten 2: Patientenaufklärung (nach AWMF-S3-Leitlinie) Der Patient soll darauf hingewiesen werden, dass seinen Beschwerden keine organische Krankheit ( „Fibromyalgie“ im Sinne einer distinkten rheumatischen Krankheit) sondern eine funktionelle Störung zu Grunde liegt. Die Legitimität der Beschwerden soll versichert werden. Die Beschwerden des Patienten sollen mit Hilfe eines biopsychosozialen Krankheitsmodells, das an die subjektive Krankheitstheorie des Patienten anknüpft, in anschaulicher Weise erklärt werden, z. B. durch das Vermitteln psychophysiologischer Zusammenhänge (Stress, Teufelskreismodelle). Eine Information über die Ungefährlichkeit der Beschwerden soll erfolgen. Die Möglichkeiten des Patienten, durch eigene Aktivitäten die Beschwerden zu lindern, soll betont werden. Kasten 3: Therapieempfehlungen AWMF Bei schweren Verläufen sollen mit dem Patienten körperbezogene Therapien1, eine zeitlich befristete medikamentöse Therapie sowie multimodale Therapien2 besprochen werden. Entspannungsverfahren in Kombination mit aerobem Training (multimodale Therapie) sollen eingesetzt werden. Meditative Bewegungstherapien (Tai-Chi, Qi-Gong, Yoga) sollen eingesetzt werden. Für die Langzeittherapie sollten die Betroffenen Verfahren einsetzen, welche sie eigenständig im Sinne eines Selbstmanagements durchführen können: z. B. an das individuelle Leistungsvermögen angepasstes Ausdauer- und/oder Krafttraining, Stretching, Wärmetherapie. Ausdauertraining: Ausdauertraining von geringer bis mittlerer Intensität (z. B. schnelles Spazierengehen, Walking, Fahrradfahren bzw. Ergometertraining, Tanzen, Aquajogging) soll dauerhaft 2–3-mal/Woche über mindestens 30 Minuten durchgeführt werden. Funktionstraining (Trocken- und Wassergymnastik) soll 2-mal/Woche (mindestens 30 Minuten) eingesetzt werden. 1 2 Aerobes Ausdauertraining; meditative Bewegungstherapien (Tai-Ci, Qi-Gong, Yoga) multimodal = mindestens ein körperlich aktivierendes Verfahren mit mindestens einem psychologischen /psychotherapeutischen Verfahren Effekte werden dadurch in vielen Fällen besser, nachgewiesen z. B. für Depressionen. Schlafhygiene und Naturheilmittel Bleiben trotzdem hartnäckige Schlafstörungen bestehen, die auch durch konsequentes Befolgen von Ratschlägen zur Lebensführung (Alkohol, Rauchen, Ernährung) nicht gebessert werden können, kommen als Ultima Ratio schlafanstoßende bzw. schlafharmonisierende Medikationen in Frage. Den vielfältigen naturheilkundlichen Ansätzen ist wegen der schnellen Gewöhnungseffekte von GABA-ergen Medikationen stets der Vorzug zu geben. Hier sind unter vielen anderen zunächst Baldrian, Hopfen, Melisse und Lavendel zu nennen. L-Tryptophan und Melatonin sind ebenfalls gebräuchlich. Schlagen aber alle diese Therapieversuche fehl, sollte an die gelegentliche Gabe von originären „antianxiety and sleep inducing drugs“ gedacht werden. Hier bieten sich Clonazepam und „Nicht-Benzodiazepin“-Hypnotika (z. B. Zolpidem) als „Alternative“ an. Deren z. T. höheres Gewöhnungspotenzial gilt es aber besonders zu beachten. Eine amerikanische Leitlinie empfiehlt in schweren Fällen von Insomnie sogar die Kombination von Zolpidem oder Zopiclon mit Zaleplon für die kürzeste erforderliche Zeit. 10 Cave NSAR Entzündungshemmer wie NSAR sind dagegen und allenfalls von beschränktem Nutzen in der Kurzzeitanwendung , aber nur wenn eine signifikante Inflammation vorliegt oder Arthritiden bzw. aktivierte Arthrosen im Gesamtbild eines Fibromyalgiesyndroms gleichzeitig ausgeprägt sind. Die neuropathischen und vegetativen Symptome des Fibromyalgiesyndroms sprechen schon theoretisch kaum auf eine Entzündungshemmung an und die potenziellen Risiken (gastroenterologisch, kardiologisch, thromboembolisch und nephrologisch) einer Cyclooxygenasehemmertherapie übersteigen bekanntermaßen in der Langzeitanwendung häufig den erwartbaren Nutzen. Muskelrelaxanzien nutzlos? Muskelrelaxanzien sind nur selten oder gar nicht indiziert, allenfalls dann, wenn der führende Befund eine erhöhte somatisch feststellbare Tender- und Triggeraktivität wäre. Das noch einsetzbare Spektrum an so bezeichneten Muskelrelaxanzien ist jüngst von der EMA (Europäischen Arzneimittelbehörde) deutlich begrenzt worden: Tetrazepam ist seit 1. August 2013 nicht mehr verordnungsfähig, Tolperison steht nur noch bei Spastizität nach Schlaganfällen zur Verfügung und das muskelrelaxierende Analgetikum Flupirtin wurde mit schar- fen Auflagen belegt (jede Woche Leberwerte, 14 Tage maximale Anwendungsdauer). Alle anderen Muskelrelaxanzien haben bis auf Methcarbamol ohnehin keine Zulassung für „einfache“ Muskelverkrampfungen (Baclofen, Botulinumtoxin o. ä.). Opioidanalgetika überbewertet Der Einsatz von Opioiden entbehrt ebenfalls bis auf wenige Ausnahmen einer belastbaren Studienlage und die praktischen Erfahrungen sprechen in der Regel gegen deren Einsatz, obwohl erfahrungsgemäß viele Fibromyalgiepatienten auf Opioide in Langzeittherapie eingestellt sind. Bei Fibromyalgiepatienten sind die endogenen Opioidspiegel (Endorphine u. a) meist erhöht, aber gleichzeitg ist die Opiatrezeptorendichte vermindert. Dies reduziert die Wirkchance oral oder anders verabreichter Opioide erheblich. Einzig Tramadol, ein relativ schwacher m-Agonist mit zusätzlichen Wirkungen auf Serotonin- und Noradrenalinrezeptoren, ist bezüglich Schmerz bei Fibromyalgie positiv beschrieben. Die komplexen Neurotransmittereffekte des Tramadol dürften die neurophysiologische Begründung der Wirkung von Tramadol bei Fibromyalgiesyndrom eher erklären als die Opioidwirkung. Tapentadol, das eine dem Tramadol ähnliche Struktur besitzt, könnte theoretisch ebenfalls positive Wirkungen haben, weil auch hier Neurotransmittereffekte (Noradrenalin Reuptakehemmung) und Opioidwirkung kooperieren. Studien und Erfahrungen gibt es dazu bislang aber nicht. Fazit Wichtig bei dem Fibromyalgiesyndrom ist eine ausführliche Aufklärung der Patienten sowie eine Konzentration auf die nichtmedikamentöse Therapie und die Fokussierung auf das aktive Selbstmanagement (Kasten 2 und 3 ). Im Einzelfall sollten alle möglichen Interventionen geprüft werden. Die Kombination einer Vielzahl von Therapieansätzen aus den Bereichen Physiotherapie, Sporttherapie, Psychotherapie und physikalischer Therapie (multimodale Therapie) mit ggf. medikamentöser Facilitierung hat dabei nicht nur theoretisch die besten Erfolgsaussichten. ■ Oliver Emrich, Ludwigshafen Literatur beim Verfasser Erklärung zu Interessenkonflikten: Der Autor erklärt, dass er sich bei der Erstellung des Beitrags von keinen wirtschaftlichen Interessen leiten ließ und dass keine potenziellen Interessenkonflikte vorliegen. Der Verlag erklärt, dass die inhaltliche Qualität des Beitrags von zwei unabhängigen Gutachtern geprüft wurde. Werbung in dieser Zeitschrift hat keinen Bezug zur CMEFortbildung. Der Verlag garantiert, dass die CME-Fortbildung sowie die CME-Fragen frei sind von werblichen Aussagen und keinerlei Produktempfehlungen enthalten. Dies gilt insbesondere für Präparate, die zur Therapie des dargestellten Krankheitsbildes geeignet sind. SCHMERZMEDIZIN 3/2013 (29. Jg.) Zertifizierte Fortbildung Fibromyalgiesyndrom: Aktuelle Empfehlungen gegen den Schmerz © Erik Liebermann Hier können Sie CME-Punkte sammeln. Die Multiple-Choice-Fragen beziehen sich auf den vorangegangenen Fortbildungsbeitrag (S. 8–10). Die Antworten ergeben sich aus dem Text. Wenn Sie mindestens 70 % der Fragen richtig beantworten, erhalten Sie 2 CME-Punkte, bei 100 % 3 CME-Punkte. Teilnehmen können Sie nur in der Springer Medizin e.Akademie unter www.springermedizin.de/kurse-schmerzmedizin (Einzelheiten siehe unten). Teilnahmeschluss ist der 10. September 2014. CME-Herausgeber- und Review-Board: Oliver Emrich, Ludwigshafen; Johannes Horlemann, Kevelaer; Klaus Längler, Erkelenz; Silvia Maurer, Bad-Bergzabern; Dr. Gerhard Müller-Schwefe, Göppingen; Michael A. Überall, Nürnberg, in Zusammenarbeit mit der Bayerischen Landesärztekammer und der Deutschen Gesellschaft für Schmerztherapie e.V. – DGS ?Welches Symptom ist NICHT charakteristisch für das Fibromyalgiesyndrom? oweit ausgebreitete Schmerzen oMuskelschmerzen oMüdigkeit und nicht erfrischender Schlaf oWahrnehmungsstörungen, Angst u. Depression oMigräneattacke ?Welche pathophysiologischen Veränderungen finden sich NICHT beim Fibromyalgiesyndrom in Untersuchungen und als Interpretation von Befunden? oVeränderungen der zentralen Schmerzverarbeitung operiphere neuronale Veränderungen im Sinne eines „Small Fiber Disease“ eine Störung der Hypothalamus-Hypophysen-Neo bennierenrinden-Achse ozuweilen auch eine Erhöhung proinflammatorischer Cytokine (IL-8) oerhöhter Blutdruck ? Welche Aussage(n) trifft/treffen zu? Schmerzen beim Fibromyalgiesyndrom 1. treten meist präfrontal am Kopf auf. 2. treten ausschließlich an den sog. Triggerpunkten auf. 3. betreffen viele (auch wechselnde) Körperstellen, vorzugsweise Muskulatur und Sehnen-Knochenübergänge. 4. treten zusammen mit Müdigkeit, Depressionen und Schlafstörungen auf. oNur Aussagen 3 und 4 sind richtig. oNur Aussage 1 ist richtig. oNur Aussage 2 ist richtig. oNur Aussagen 1 und 4 sind richtig. oAlle Aussagen sind richtig. ? Welches sind Forderungen der aktualisierten ACR-Kriterien von 2010? 1. großflächige Schmerzen nach dem sog. „Widespread pain index“ (WPI, i.e. Anzahl der Schmerzareale im Körperschema mind 3–6 von maximal 19) plus eine definierte Anzahl (mindestens 5) einer Symptomschwere-Skala (SS Scale) mit den Kriterien: Müdigkeit, unerfrischtes Erwachen, kognitive Störungen und somatische allgemeine Symptome 2. Die Symptome müssen auf einem ähnlichen Niveau schon mindestens 3 Monate bestehen 3. Es besteht keine andere Krankheit, die die Symptome erklärt 4. 11 von 18 definierten Tenderpoints oNur Aussagen 3 und 4 sind richtig. oNur Aussage 1 ist richtig. oNur Aussage 2 ist richtig. oNur Aussagen 1 und 4 sind richtig. oNur Aussagen 1, 2 und 3 sind richtig. ? Welche Erkrankung unter anderen ist differenzialdiagnostisch von einem Fibromyalgiesyndrom abzugrenzen? orheumatoide Arthritis oHerzinsuffizienz operiphere arterielle Verschlusskrankheit oDiabetes mellitus oTumorschmerzen ? Bei der medikamentösen Therapie des Fibromyalgiesyndroms werden NICHT empfohlen oDuloxetin otrizyklische Antidepressiva (z. B. Amitriptylin) oAntikonvulsiva wie Pregabalin und Gabapentin onichtsteroidale Antirheumatika oselektive Serotoninwiederaufnahmehemmer ? Welche Behandlungen eignen sich NICHT zur nichtmedikamentösen Behandlung des Fibromyalgiesyndroms? oAusdauertraining oEntspannungstechniken wie Yoga, Tai-Chi oPsychotherapie oMassagen oSporttherapie ? Welche Substanzen sollte eine medikamentöse Therapie des Fibromyalgiesyndroms – falls erforderlich – beinhalten? oRetardopioide oTransdermales Fentanyl oAntikonvulsiva in Kombination mit Antidepressiva oMyotonolytika oKalziumantagonisten ? Welche naturheilkundliche Substanz sollte NICHT gegen Schlafstörungen eingesetzt werden? oBaldrian oHopfen oMelisse oLavendel oPfefferminze ?Welches Therapiekonzept eignet sich zur Be- handlung des schweren Fibromyalgiesyndroms? onur Ausdauer- und Funktionstraining omindestens ein psychologisches/psychotherapeutisches Verfahren in Kombination mit einem körperlich aktivierenden Verfahren onur eine Kombination verschiedener Medikamente onur Gesprächstherapie onur Entspannungstechniken So kommen Sie zu Ihren Punkten: 1. Auswählen: Gehen Sie auf www.springermedizin.de/eakademie und geben Sie die FIN SM1302Dc in die Suchmaske ein, Sie gelangen direkt zur gesuchten Fortbildung. Alternativ können Sie auch den Internet-Link www.springermedizin.de/kurse-schmerzmedizin verwenden. 2. Anmelden/Registrieren: Falls Sie noch keinen Springer-Medizin-Zugang haben, bitten wir Sie, sich einmalig zu registrieren. Nur so können wir sicherstellen, dass Sie als Mitglied einer medizinischen Fachgruppe berechtigt sind, die Kursinhalte zu sehen. Ihre persönlichen Zugangsdaten erhalten Sie dann per E-Mail. Sie sind bereits bei Springer Medizin registriert? Dann geben Sie einfach Ihre persönlichen Zugangsdaten ein, diese gelten auch für die e.Akademie. 3. Teilnehmen: Wenn Sie sich erfolgreich angemeldet haben, können Sie eine PDF-Version des Fortbildungsbeitrags herunterladen und den Fragebogen bearbeiten. Bitte beachten Sie, dass die Anordnung der Frage-Antwort-Kombinationen zufällig erfolgt, also nicht der Reihenfolge im Heft entspricht. Es ist immer nur eine Antwort pro Frage möglich. 4. CME-Punkte sammeln: Direkt nach der Teilnahme erfahren Sie, ob Sie bestanden haben. 7–9 richtige Antworten: 2 CME-Punkte, 10 richtige Antworten: 3 CME-Punkte. Falls es im ersten Anlauf nicht klappt, können Sie den Kurs einmal wiederholen. Ihre Punkte werden automatisch an die für Sie zuständige Landesärztekammer übertragen. Bei Bedarf können Sie sich auch selbst eine Bestätigung ausdrucken und aufbewahren bzw. bei Ihrer Landesärztekammer einreichen SCHMERZMEDIZIN 3/2013 (29. Jg.) 11 Ernährungsmedizin/Ganzheitliche Schmerzmedizin Vitamin D: ein unterschätztes Hormon? Vitamin D ist für seine wichtige Funktion bei der Knochenmineralisation hinreichend bekannt. Aber es hat vermutlich auch antiproliferative, immunmodulatorische und antitumorale Effekte und wirkt auf Parathormon-, Insulin- und Thyroxinsekretion. Den hohen Stellenwert von Vitamin D für die Sturz- und Frakturprophylaxe im Alter erläutert Dr. med. Silvia Maurer, Bad Bergzabern. Silvia Maurer, Bad Bergzabern V itamin D ist ein fettlösliches Vitamin, das im Körper gespeichert wird. Seine Synthese erfolgt in der Haut. Außerdem wird es in sehr geringem Maße über die Nahrung aufgenommen. In der Haut kann Vitamin D durch Lichteinfluss synthetisiert werden. Hierzu ist bei jüngeren Menschen mit heller Haut eine Sonnenexposition von ca. 10 bis 20 Minuten um 12 Uhr mittags mit einer Bestrahlung von ca. 5 % der Hautoberfläche (Gesicht, Arme oder Hände) ausreichend (Tabelle 1). Mangel droht nicht nur im Alter Bei älteren Menschen sinkt die Zahl der Vitamin-D-Rezeptoren in der Haut, und auch die Syntheseleistung nimmt ab. Eine weitere Risikogruppe sind Menschen dunkler Hautfarbe, deren Melaningehalt in der Haut die VitaminD-Produktion deutlich vermindert. Sie benöti- gen die sechsfache Sonnenbestrahlung, um eine ausreichende Menge an Vitamin D zu produzieren. Auch Patienten, die mit Antikonvulsiva therapiert werden, haben häufig einen Vitamin-D-Mangel, da es durch Antikonvulsiva zu einem akzelerierten Vitamin-D-Abbau kommen kann. Empfehlungen der DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V.) für die Vitamin-DAufnahme durch die Ernährung liegen bei 5µg/Tag (1 µg=40 Internationale Einheiten [IE]). Die Ergebnisse der Nationalen Verzehrstudie zeigen, dass 82 % der Männer und 91 % der Frauen die empfohlene Vitamin-DZufuhr über die Nahrung nicht erreichen. So liegt der Median der Vitamin-D-Aufnahme bei Männern bei 2,8 µg/Tag, bei Frauen nur bei 2,3 µg/Tag. Auch Säuglinge – sowohl gestillte als auch nicht gestillte – können ihren Vitamin-D-Bedarf nicht durch die Nahrung decken. Durch verminderte Sonnenexposition, wie z. B. im Winter, wird bei ihnen in unseren Breitengraden praktisch kein Vitamin D synthetisiert. Optimierung der Zufuhr Den höchsten Anteil an Vitamin D enthalten Fettfische, hier insbesondere geräucherter Aal mit 90 µg/100 g und Heringe mit 31 µg/100 g. Vitamin D ist zudem in geringen Mengen in Pilzen (Champignons, Pfifferlingen und Stein- pilzen), in mit Vitamin D angereicherter Margarine und Butter enthalten. Dennoch erreichen fast 60 % der Bundesbürger nicht die wünschenswerte Blutkonzentration von 25-Hydroxy (OH)-Vitamin D3 (Calcidiol), des besten Markers zur Bestimmung der mittelbis längerfristigen Vitamin-D-Versorgung eines Organismus. Im mittleren Osten und in Asien ist die Sonneneinstrahlung zwar ausreichend hoch, aber durch die Verschleierung der Haut kann ebenfalls kein Vitamin D gebildet werden. Synthese und Speicherung Vitamin D ist das einzige Vitamin, das der Körper selbst synthetisieren kann und das im Körper die Eigenschaft eines Hormons annimmt. Unter dem Einfluss von Ultraviolett (UV)-BStrahlung von mindestens 18 mJ/cm² mit Wellenlängen im Bereich von 290 bis 315 nm wird aus 7-Dehydrocholecalciferil (Provitamin D3) Vitamin D3 (Cholecalciferol) synthetisiert. Aus diesem entsteht in der Leber Calcidiol. Dieses hat im Blut eine Halbwertszeit von ca. 19 Tagen. Danach wird – primär in der Niere – durch Hydroxylierung der aktiven Metaboliten 1, 25-(OH)2-Vitamin D3 (Calcitriol) gebildet. Dieses ähnelt in seiner Molekülstruktur einem Steroidhormon. Calcitriol wird durch 24-Hydroxylase zur wasserlöslichen Calcitroinsäure abgebaut und über die Galle ausgeschieden. Vitamin D wird in erster Linie im Fett- und Muskelgewebe des menschlichen Körpers gespeichert, in geringeren Mengen auch in der Leber. Die Speicherkapazität trägt zur VitaminD-Versorgung im Winter bei. Funktion und Wirkung Hauttyp I/II (helle bis sehr helle Hautfarbe, hellrotes oder blondes Haar, blaue oder grüne Augen) Hauttyp III (mittlere Hautfarbe, dunkle Haare, braune Augen) Hinreichend bekannt ist die Funktion von Vitamin D im Kalzium- und Phosphatstoffwechsel: Das Vitamin steigert die intestinale Kalziumabsorption aus der Nahrung und fördert gleichzeitig die tubuläre Rückresorption in den Nieren. Abhängig von der Kalzium-Blutplasmakonzentration fördert Vitamin D im Knochen entweder die Mineralisation oder die Mobilisierung von Kalzium. März bis Mai 10 bis 20 Minuten 15 bis 25 Minuten Weniger Stürze und Frakturen Juni bis August 5 bis 10 Minuten 10 bis 15 Minuten September bis Oktober 10 bis 20 Minuten 15 bis 25 Minuten In einer Metaanalyse von hauptsächlich mit älteren Patienten durchgeführten klinischen Studien konnte eine dosisabhängige Sen- Tab. 1: Dauer der zur körpereigenen Vitamin-D-Bildung empfohlenen Sonnenlichtbestrahlung bei verschiedenen Hauttypen in Abhängigkeit von der Jahreszeit (modifiziert nach Daten der Deutschen Gesellschaft für Ernährung [DGE]) Monate 12 Dauer der Sonnenlichtbestrahlung SCHMERZMEDIZIN 3/2013 (29. Jg.) Ernährungsmedizin/Ganzheitliche Schmerzmedizin In neueren Studien untersucht wurde die Wirkung von Vitamin D auf Herz-Kreislauferkrankungen und Krebserkrankungen, insbesondere Mamma-, Prostata- und Kolon-Karzinome. Erste Daten zeigen, dass niedrige VitaminD-Spiegel mit einem erhöhten Risiko für HerzKreislauferkrankungen einhergehen. Ebenso wurde nachgewiesen, dass das Erkrankungsrisiko unter Substitution von Vitamin D sinkt. So war in der Studie HPFS (Health Professionals Follow-up Study) das Risiko für einen Myokardinfarkt bei Männern mit Vitamin-DMangel (Plasma-Calcidiol ≤15 ng/ml) um den Faktor 2,4 höher als bei Gleichaltrigen mit einem Vitamin-D-Spiegel von ≥30 ng/ml Plasma-Calcidiol. In die Studie eingeschlossen wurden 18.225 Männern im Alter zwischen 40 und 75 Jahren. Dies gilt auch, wenn zusätzliche Risikofaktoren für eine koronare Herzkrankheit (KHK), wie z. B Adipositas, Hypertonie etc., vorliegen. In einer weiteren, mit rund 19.000 Patienten durchgeführten Studie wurde gezeigt, dass Menschen mit stark erniedrigtem Vitamin-D-Spiegel ein um etwa ein Drittel erhöhtes Risiko für Atemwegsinfekte besitzen. Bei Asthma steigt das Risiko sogar auf das Fünffache an. Bei Kolon-Karzinomen gibt es Evidenz für die protektive Wirkung eines ausreichenden Vitamin-D-Spiegels. Hingegen sind beim Mamma-Karzinom die Daten uneindeutig. Beim Prostata-Karzinom spielt der Vitamin-DSpiegel keine Rolle. Analgesie durch Vitamin D? In einer Pilotstudie wurde Kindern und Jugendlichen mit Sichelzellanämie und Schmerzen über sechs Wochen Vitamin D p.o. in Dosierungen von 4.000 bis 100.000 IE pro Woche oder Placebo verabreicht. Zu Beginn der Studie konnte bei 82,5 % eine Vitamin-DInsuffizienz und bei 52,5 % ein Vitamin-DMangel nachgewiesen werden. Der prospektive Beobachtungszeitraum betrug sechs Monate. Durch Gabe einer Hochdosis an Vitamin D stieg zum einen der Calcidiol-Spiegel im Serum an, zum anderen hatten die Kinder und Jugendlichen deutlich weniger Schmerzen und waren körperlich aktiver als diejenigen in der Placebogruppe SCHMERZMEDIZIN 3/2013 (29. Jg.) modifiziert nach Lips P et al., J Intern Med 2006, 260:245–254 Schutz vor Krebs und Infarkten? Abb. 1: Prävalenz einer Vitamin-D-Unterversorgung – definiert als Calcidiol-Serum-Konzentration <30 ng/ml nach den Ergebnissen einer cross-sektionalen, internationalen Studie (n=2.589) 100 Prävalenz für eine Vitamin-D-Unterversorgung (%) kung des Sturz- und Frakturrisikos durch Vitamin D gezeigt werden. Auch Muskelschmerzen, -schwäche und -funktionsverlust werden bei Vitamin-D-Mangel häufiger registriert. 81,8 80 71,4 63,9 60 53,4 60,3 57,7 40 20 0 Gesamt Lateinamerika Europa Abklärung eines Vitamin-D-Mangels Wie bereits ausgeführt, wird Calcidiol zur Bestimmung des Vitamin-D-Status herangezogen. Die minimale wünschenswerte CalcidiolKonzentration beträgt zwischen 70 und 80 nmol/l (entsprechend 28–32 ng/ml). Der durchschnittliche ältere Mensch benötigt 800 bis 1.000 IE Vitamin D/Tag, um einen CalcidiolSerum-Spiegel von 28–32 ng/ml zu erreichen. Die folgenden Werte für Calcidiol-SerumSpiegel dienen der Orientierung: ●● normal: 30–50 ng/ml, ●● leichter Vitamin-D-Mangel: 20–29 ng/ml, ●● moderater Vitamin-D-Mangel: 11–19 ng/ ml, ●● schwerer Vitamin-D-Mangel: <10 ng/ml. Folgende Laborparameter sind bei einem ausgeprägten Vitamin-D-Mangel verändert: ●● Kalzium im Serum: erniedrigt, ●● alkalische Phosphatase: erhöht, ●● Serumphosphat: erniedrigt, ●● Parathormon: erhöht. Therapie des Vitamin-D-Mangels In der Osteoporose-Therapie ist Vitamin D als ein wichtiger Baustein etabliert. Man konnte nachweisen, dass aus Dosierungen >700 IE eine Zunahme der Knochendichte resultiert und eine Senkung der Frakturrate erzielt wird. Jedoch liegt bei Osteoporosepatienten trotz einer Vitamin-D-Supplementierung häufig weiterhin ein Vitamin-D-Mangel vor, so dass nach den aktuellen Leitlinien des Dachverbandes der osteologischen Gesellschaften (DVO) eine Supplementierung von 800–2.000 IE/Tag anzustreben ist. Besteht bereits ein Vitamin-DMangel, kann diese Dosis individuell auch deutlich überschritten werden. Die Gefahr einer Überdosierung besteht hier nicht. Säuglinge und Kleinkinder sollten zur Rachitisprophylaxe in den Monaten September bis Mai 500 IE Vitamin D/Tag p. o. verabreicht bekommen. International wird eine Calcidiol- Mittlerer Osten Regionen Asien Australien Serum-Konzentration von 75 nmol/l als optimal angesehen. Unerwünschte Wirkungen und Kontraindikationen Vitamin D hat eine große therapeutische Breite. Die EU hat einen Blutspiegelwert von 80 ng/ml als Grenze festgelegt, unterhalb derer keine gesundheitsschädigende Wirkung zu erwarten sind. Dies entspricht einer täglichen Aufnahme von 4.000 IE. Vermutlich wirkt erst ein Vitamin-D-Serum-Spiegel von mehr als 200 ng/ml toxisch. Eine chronische Überdosierung bei Erwachsenen ist erst bei einer täglichen Zufuhr von 40.000 IE über viele Monate zu erwarten. Bei einer Hypervitaminose ist Calcidiol verglichen mit dem Normalzustand um das zweibis fünfzehnfache erhöht. Eine Vitamin-D-Überdosierung führt zu einer vermehrten Kalziumresorption aus Darm sowie Knochen und daher zu einer Hyperkalziämie und Hyperkalziurie. Dies führt eventuell zur Bildung von Nierensteinen und – sofern die Überdosierung mit ihren Folgen länger besteht – zu einer Niereninsuffizienz. Weitere Symptome bei chronischer Überdosierung sind: Anorexie und Gewichtsverlust, Erbrechen, Verstopfung, Bauchkrämpfe, Bluthochdruck, Psychosen sowie Muskel-, Sehnen- und Kopfschmerzen. Fazit Vitamin D scheint nicht nur im Bereich des Knochenstoffwechsels, sondern auch bei vielen anderen Vorgängen eine wichtige Funktion zu übernehmen. Um dies zu untermauern, sind allerdings noch weiterführende größere prospektive Studien notwendig. ■ Silvia Maurer, Bad Bergzabern Literatur bei der Verfasserin 13 Palliativmedizin Zum Verhältnis von Intensiv- und Palliativmedizin – eine kritische Fallbetrachtung Akute Erkrankungen bei Hochbetagten, die eine intensivmedizinische Therapie erfordern, stellen Angehörige und auch Klinikärzte/Intensivmediziner plötzlich vor schwierige Entscheidungen. Ein vorschneller Therapieabbruch ist bei den oft atypischen Verläufen mit Durchgangsdelirien selten angezeigt, warnt Dr. med. Johannes Horlemann, DGS-Vizepräsident, Kevelaer, anhand einer Kasuistik aus seiner Schmerzpraxis. Beizeiten erstellte Patientenverfügungen können Ältere und ihre Angehörigen vor dramatischen Entscheidungskrisen auf der Intensivstation bewahren, wenn sie Teil eines fortlaufenden Dialogs sind. Johannes Horlemann, Kevelaer Ananmese und Vorgeschichte Stationärer Aufnahmebefund Therapieabbruch? Der 86-jährige Patient wird seit vielen Jahren hausärztlich wegen einer arteriellen Verschlusskrankheit, begleitet von Diabetes mellitus Typ 2b, einem Bluthochdruck mit Herzinsuffizienz, sowie einer chronisch-obstruktiven Bronchitis behandelt. Trotz zunehmender Einschränkungen der Belastbarkeit, insbesondere durch Dyspnoe, ist der Patient in der Lage, gemeinsam mit seiner zwei Jahre jüngeren Ehefrau eine unabhängige Lebensführung auszugestalten. Manifeste Einschränkungen durch hirnorganische Funktionsstörungen oder altersbedingte Veränderungen in der Auffassungsgabe, Konzentration, oder im Gestaltungswillen sind nicht auffällig. Der Patient ist in der Lage, mit einem Elektrofahrrad in dem Dorf umherzufahren, das er bewohnt. Mit seinen fünf Kindern und den Enkelkindern pflegt er intensiven familiären Kontakt. Der Patient wacht eines Morgens mit akuter Luftnot und Stenokardie aus dem Schlaf auf, der herbeieilende Notarzt weist den Patienten mit der Diagnose einer akuten kardialen Dekompensation auf die Intensivstation des nahe gelegenen Krankenhauses ein. Die Durchuntersuchung des Patienten ergibt, neben dem Ausschluss eines Herzinfarktes, eine kardiopulmonale Dekompensation mit einer Herzinsuffizienz im Endstadium, mit ventrikulären Herzrhythmusstörungen. Als Nebenbefund wird eine Fraktur des LWK 4 gesichert, die vermutlich durch ein Sturzereignis im Rahmen des Notfalleinsatzes aufgetreten ist. Es fällt gleichzeitig eine fortgeschrittene Osteopenie auf, die wahrscheinlich im Rahmen einer intermittierenden, langjährigen Verwendung von Kortikoiden in unterschiedlichen Dosen zu erklären ist. Am Tag nach der Aufnahme des Patienten auf der Intensivstation schlägt der behandelnde Arzt den Angehörigen vor, die Behandlung des Patienten aufgrund der multiplen fortgeschrittenen Erkrankungen einzustellen. Der Patient wird durchgehend beatmet bei nicht zufriedenstellender Sauerstoffsättigung. Der Patient ist delirant und erkennt seine eigenen Angehörigen nicht mehr. Die Besuchssituation ist für die Angehörigen sehr belastend, weil der Patient aggressiv reagiert und offenbar unter optischen Halluzinationen leidet. Er ist sehr unruhig und muss zeitweilig fixiert werden. Der frühe Vorschlag eines Behandlungsabbruchs kann Patienten das Leben nehmen Fehlende Patientenverfügung Der Vorschlag des Therapieabbruchs löst in der Familie des Patienten zwiespältige Reaktionen aus. Einige Angehörige möchten den Patienten nicht länger in „unwürdigem Zustand“ leiden lassen, darunter auch seine Ehefrau. Zwei der Kinder verstehen ihren Vater als eine Person, die in ihrem Leben immer„gekämpft“ hat. Eine Patientenverfügung liegt nicht vor. Das Dilemma dieser innerfamiliären Kontroverse spitzt sich weiter zu, als am nächsten Tag, im übrigen ohne dass der Patient Fieber bekam, eine Röntgenaufnahme des Thorax eine zentrale Pneumonie aufdeckt. Die Fragestellungen zwischen passiver Sterbehilfe, dem Recht des Patienten auf einen würdigen Tod, auf der anderen Seite eines Abschieds, auf den verschiedene Angehörige nicht vorbereitet sind, erscheint nicht auflösbar. Antibiose eingeleitet © imago Wegen der ungeklärten Situation wird der Patient, auf Betreiben eines Teils der Familie, mit einem Breitbandantibiotikum behandelt. 14 SCHMERZMEDIZIN 3/2013 (29. Jg.) Palliativmedizin Alle Teile der Familie fühlen sich unwohl, sowohl die Befürworter als auch die Skeptiker. Nach weiteren drei Tagen, die der Stationsarzt der intensivmedizinischen Einrichtung als palliative Situation in den letzten Tagen des Lebens versteht und kommuniziert, kommt es überraschender Weise zu einem Aufklaren des Patienten, der nach fünf Tagen schließlich seine Besucher wieder erkennt. Zwar ist sein Allgemeinzustand weiterhin dramatisch schlecht, jedoch bestehen keine manifesten hirnorganischen Defizite. Daraufhin festigt sich auch bei den behandelnden Ärzten die Ansicht, dass eine maximale Weiterbehandlung nach intensivmedizinischen Kriterien sinnvoll ist. Geriatrische Rehabilitation gelingt Der Patient konnte nach weiteren zehn Tagen die Intensivstation verlassen, nach weiteren zwei Wochen konnte er in eine geriatrische Rehabilitationsklinik entlassen werden. Dort wurde er weiter mobilisiert und konnte nach drei Wochen, versehen mit einem Rollator, schließlich die Klinik nach Hause verlassen. Plädoyer für Patientenverfügung Welche Lehren können aus einem solchen Verlauf gezogen werden? Hier mein Vorschlag: 1. Wer keine Patientenverfügung besitzt, lässt Angehörige im Unklaren über seinen mutmaßlichen Willen. Er läuft Gefahr, dass vorzeitig Behandlungen beendet werden, obwohl eine medizinische Chance auf eine Rehabilitationsphase besteht. 2. Bedenklicher ist die Interpretation von Palliativmedizin auf Intensivstationen: Der frühe Vorschlag eines Behandlungsabbruchs kann Patienten das Leben nehmen. Im Extremfall bedeutet eine solche Interpretation der Palliativmedizin, dass Patien- ten Notwendiges vorenthalten werden könnte. 3. Altersverläufe klassischer geriatrischer Erkrankungen können sich atypisch darstellen, sodass es vorschnell zu palliativmedizinischen Überlegungen bei Behandlern einlädt. Es ist den Patienten zu wünschen, dass dann Angehörige auftreten, die ihre Behandlungsansprüche durchsetzen. Der Betroffene Patient lebt wieder zu Hause, das Wohnhaus ist inzwischen behindertengerecht umgebaut worden. Nicht nur bei ihm selbst, sondern auch in seiner Familie ist das Bewusstsein gegenüber lebensbegrenzenden Bedrohungen geschärft worden. Ob alle Beteiligen nun auf neue Rückschläge besser vorbereitet sind? ■ Johannes Horlemann, Kevelaer Deutscher Schmerzpreis 2014 ausgeschrieben Die Deutsche Gesellschaft für Schmerztherapie e.V., Trägerin des Deutschen Schmerzpreises, verleiht seit 1986 in regelmäßiger Folge zusammen mit der Deutschen Schmerzliga e. V. jährlich den DEUTSCHEN SCHMERZPREIS – Deutscher Förderpreis für Schmerzforschung und Schmerztherapie. Mit ihm werden Persönlichkeiten ausgezeichnet, die sich durch wissenschaftliche Arbeiten über Diagnostik und Therapie akuter und chronischer Schmerzzustände verdient gemacht oder die durch ihre Arbeit oder ihr öffentliches Wirken entscheidend zum Verständnis des Problemkreises Schmerz und den davon betroffenen Patienten beigetragen haben. Verliehen wird der Deutsche Schmerzpreis im Rahmen des Deutschen Schmerz- und Palliativtages 2014 in Frankfurt/Main. Er wird von der Firma Mundipharma Vertriebsgesellschaft mbH u. Co. KG, Limburg, gestiftet und ist mit 10.000 EURO dotiert. Nominierungen und Bewerbungen müssen bis spätestens 31. Oktober 2013 SCHMERZMEDIZIN 3/2013 (29. Jg.) bei der Geschäftsstelle eingereicht werden. Die Wahl erfolgt durch eine unabhängige Jury und den wissenschaftlichen Beirat. Deutsche Gesellschaft für Schmerztherapie e. V., Adenauerallee 18, 61440 Oberursel Die Deutsche Gesellschaft für Schmerztherapie e. V. ist die größte europäische Schmerzfachgesellschaft. Ihr Ziel ist die Förderung der Algesiologie als der Wissenschaft vom Schmerz, die Verbesserung der schmerztherapeutischen Versorgung, die Fort- und Weiterbildung sowie die Gründung interdisziplinärer schmerztherapeutischer Kolloquien. Die Deutsche Schmerzliga e. V. ist die Interessenvertretung der Schmerzpatienten. Ihr Ziel ist eine bessere Lebensqualität für Menschen mit chronischem Schmerz durch eine qualifizierte schmerztherapeutische Versorgung. Die Deutsche Schmerzliga vermittelt Informationen über den chronischen Schmerz sowie über dessen Diagnostik und Therapie und unterstützt die Bildung von Selbsthilfegruppen. In der Öffentlichkeit setzt sich die Deutsche Schmerzliga für die Anliegen der Schmerzpatienten ein. 15 Medizin und Recht Richtgrößenprüfungen – was ist wirtschaftlich? Dem Wirtschaftlichkeitsgebot nach § 12 SGB V kommt in der vertragsärztlichen Versorgung eine hohe, wenn nicht überragende, und in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eine immer noch zunehmende Bedeutung zu. Seiner Einhaltung dienen die vom Gesetzgeber vorgesehenen Wirtschaftlichkeitsprüfungen. Ihnen liegt die Annahme zugrunde, dass nicht alle indizierten und korrekt erbrachten bzw. verordneten Leistungen wirtschaftlich und damit gerechtfertigt sind. Das Instrument der Richtgrößenprüfung zur Prüfung ärztlich verordneter Leistungen, d. h. von Arznei- und Verband- sowie von Heilmitteln, ist nicht neu. Erst 2005 kam es jedoch zu einer flächendeckenden Einführung von Richtgrößen und ab 2007 in entsprechendem Umfang zu Richtgrößenprüfungen. Was Richtgrößenprüfungen für die Arztpraxis bedeuten, erläutert Rechtsanwalt Dr. Ralf Clement, Sindelfingen. Ralf Clement, Sindelfingen 2008 oder 2009 umgestellt. Ein weiteres Problem waren die – wie sich im Nachhinein herausstellte – ungenauen Arzneimittelinformationen der kassenärztlichen Vereinigungen. Es gab Fälle, in denen diese ein Verordnungsverhalten innerhalb der Richtgrößen auswiesen, obwohl die tatsächlichen Verordnungskosten um bis zu 100 % höher lagen. Exorbitante Regressforderungen B ei der Richtgrößenprüfung handelt es sich um eine formalisierte und im Ergebnis verschärfte Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Durchschnittswerten. Maßstab der Wirtschaftlichkeit sind bei der statistischen Durchschnittsprüfung die durchschnittlichen Verordnungskosten innerhalb einer Prüfgruppe, in der Regel einer Arztgruppe. Während bei der herkömmlichen Prüfung nach Durchschnittswerten ein Verordnungszeitraum – zumeist mehrere Quartale – retrospektiv betrachtet wird und Maßstab die tatsächlichen durchschnittlichen Verordnungskosten der Arztgruppe sind, werden bei der Richtgrößenprüfung die maßgeblichen durchschnittlichen Verordnungskosten prospektiv ermittelt – ausgehend vom vereinbarten Arzneimittelbudget und gekürzt um einen Abschlag für zu berücksichtigende Praxisbesonderheiten. Dies hat zur Folge, dass die Richtgrößen in der Regel deutlich unter dem Durchschnitt der tatsächlichen Verordnungskosten im maßgeblichen Zeitraum liegen. In den Prüfungen für die Jahre 2005 bis 2007 kam es zu mitunter massiven Überschreitungen der Richtgrößen mit der Folge drohender Regressforderungen in zum Teil existenzbedrohender Höhe. Da die Richtgrößenprüfungen für 2005 größtenteils erst Ende 2007 eingeleitet wurden, haben die Betroffenen ihr Verordnungsverhalten auch erst in den Jahren 16 Die zum Teil exorbitanten Regressforderungen führten dazu, dass seitens der Gesetzgebung zunächst die Höhe eines möglichen Regresses für die ersten zwei Jahre der Richtgrößenüberschreitung auf insgesamt 25.000 € begrenzt sowie zuletzt in einem weiteren Schritt eine Beratungspflicht eingeführt wurde. Ein Erstattungsbetrag kann nicht eher als für den Prüfzeitraum nach der erstmals erfolgten Beratung festgesetzt werden. Der Grundsatz „Beratung vor Regress“ gilt für alle am Jahresende 2011 noch „offenen“ Verfahren: Gemeint sind damit die Verwaltungsverfahren vor den Prüfgremien einschließlich den Beschwerdeausschüssen, nicht jedoch die sich anschließenden Gerichtsverfahren (vgl. LSG Stuttgart, Urteil vom 19.02.2013 – L 5 KA 222/13 ER-B, zitiert nach Juris). Die gesetzliche Änderung hat das Risiko für die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte erheblich entschärft; wer jedoch in der Vergangenheit seine Richtgrößen bereits um 25 % überschritten hatte und nun schriftlich beraten wurde bzw. wird, muss künftig bei erneuter Überschreitung mit entsprechenden Regressen rechnen. Richtgrößen spezifisch nach Arztgruppen Ihre rechtliche Grundlage finden die Richtgrößenprüfungen in § 106 i. V. m. § 84 SGB V sowie in den nach § 106 Abs. 3 SGB V zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen sowie den kassenärztlichen Vereinigungen geschlossenen Prüfvereinbarungen. Ausgangspunkt für die Richtgrößenprüfungen ist das nach § 84 Abs. 6 SGB V ebenfalls zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen, den Ersatzkassen und kassenärztlichen Vereinigungen bis zum 15.11. für das jeweils folgende Kalenderjahr zu vereinbarende Richtgrößenvolumen, das sich für die jeweilige Praxis aus arztgruppenspezifischen fallbezogenen Richtgrößen ergibt. Bei der Richtgrößenfestlegung sind nach dem Willen des Gesetzgebers zum einen die altersgemäß gegliederten Patientengruppen zu berücksichtigten, zum anderen die Krankheitsarten. Letzteres ist in der Regel bislang jedoch nicht der Fall. Die meisten Richtgrößenvereinbarungen weisen zwischenzeitlich aber zumindest für an der Schmerztherapievereinbarung teilnehmende Anästhesisten spezielle Richtgrößen aus. So beträgt die Richtgröße in Baden-Württemberg im Jahr 2013 für Mitglieder und Familienangehörige 103,56 € sowie für Rentner 204,27 €. Allerdings wird bei den spezifisch schmerztherapeutischen Richtgrößen in der Regel nicht berücksichtigt, wenn es sich um eine schmerztherapeutische Einrichtung im Sinne des § 4 Abs. 3 Nr. 1 der Qualitätssicherungsvereinbarung Schmerztherapie handelt, d. h. ausschließlich bzw. weit überwiegend chronisch schmerzkranke Patienten versorgt werden. Für diese reichen auch die speziellen Richtgrößen in der Regel nicht aus. Eine rückwirkende Anwendung von Richtgrößen ist ausgeschlossen, es sei denn, sie stellen gegenüber den bisher geltenden Richtgrößen keine Verschlechterung dar. Allerdings kann eine Richtgrößenprüfung zwischenzeitlich auch auf Grundlage des Fachgruppendurchschnitts mit ansonsten gleichen gesetzlichen Vorgaben durchgeführt werden. SCHMERZMEDIZIN 3/2013 (29. Jg.) Medizin und Recht Dem Richtgrößenvolumen werden die tatsächlichen Verordnungskosten eines Arztes bzw. der Praxis gegenübergestellt. Trotz zwischenzeitlich stark verbesserter Datenlage kann es hier immer noch zu Fehlern bei der Ermittlung des Verordnungsvolumens kommen. Insbesondere nicht zurechenbare Arzneimittelkosten sind vom Gesamtverordnungsvolumen abzuziehen. Bestehen substanziierte Zweifel an der Richtigkeit der Ermittlung des Verordnungsvolumens bzw. kann der Arzt fehlerhaft ermittelte Verordnungskosten darlegen, so müssen diese anhand der Originalverordnungsblätter überprüft werden. Sind Verordnungen in Höhe von über 5 % des Verordnungsvolumens betroffen, haben die Prüfgremien das gesamte Verordnungsvolumen anhand der Originalverordnungsblätter zu prüfen bzw. einen ausreichenden Sicherheitsabschlag vom Verordnungsvolumen vorzunehmen. Da es sich bei der Richtgrößenprüfung um eine statistische Vergleichsprüfung handelt, kommt es auf die Richtigkeit und Wirtschaftlichkeit der Verordnung bei einzelnen Patienten nicht an. Erforderlich ist immer ein statistischer Vergleich der behandelten Patienten und der Kosten für die verordneten Arzneimittel mit den durchschnittlichen Fallzahlen und Verordnungskosten der Prüfgruppe unter besonderer Berücksichtigung einzelner Indikationen. Praxisbesonderheiten belegen Bei der Ermittlung des zu berücksichtigenden Verordnungsvolumens haben die Prüfgremien sogenannte Praxisbesonderheiten und kompensatorische Einsparungen in Abzug zu bringen. Praxisbesonderheiten sind aus der Zusammensetzung des jeweiligen Patientenkollektivs resultierende Umstände, die sich auf das Behandlungs- bzw. Verordnungsverhalten des Arztes auswirken und in den Praxen der Vergleichsgruppe nicht in entsprechender Weise anzutreffen sind. Die betroffene Praxis muss sich nach der Zusammensetzung der Patienten hinsichtlich der schwerpunktmäßig zu behandelnden Gesundheitsstörungen vom typischen Zuschnitt einer Praxis in der Vergleichsgruppe unterscheiden. Dabei besteht eine Amtsermittlungspflicht hinsichtlich von Praxisbesonderheiten, die auf der Basis der im Prüfverfahren vorliegenden Unterlagen offenkundig bzw. anhand der bei der kassenärztlichen Vereinigung vorhandenen Unterlagen oder den Angaben des Arztes zumindest erkennbar sein müssen. Im Übrigen trägt der Arzt die Darle- SCHMERZMEDIZIN 3/2013 (29. Jg.) Praxisbesonderheiten werden anhand der verordneten Medikamente bzw. rezeptbezogen ermittelt © johannesspreter / Fotolia.com Verordnungskosten versus Richtgrößenvolumen gungs- und Beweislast für Praxisbesonderheiten. Es reicht regelmäßig nicht aus, wenn er eine Patientenliste mit der Angabe von Diagnosen und Behandlungen vorlegt. Vielmehr muss er spezielle Strukturen aufzeigen, wie z. B. – bei einer schmerztherapeutischen Einrichtung – einen erhöhten Anteil an chronischen Schmerzpatienten. Wurde seitens der Prüfgremien das Vorliegen einer Praxisbesonderheit festgestellt, so ist der daraus resultierende Mehraufwand zu ermitteln. Wird hier etwa eine deutlich höhere Anzahl an Patienten mit einer bestimmten Erkrankung behandelt, bei der die durchschnittlichen Verordnungskosten in der Prüfgruppe höher als die veranschlagten Richtgrößen sind, so käme es z. B. in Betracht, den sich aus der Differenz der durchschnittlichen Verordnungskosten gegenüber den Richtgrößenwerten ergebenden Betrag als Praxisbesonderheit festzusetzen. Mittlerweile ist es üblich, bereits im Rahmen der Prüfvereinbarungen auf Landesebene einzelne Krankheitsbilder bzw. Wirkstoffgruppen als Praxisbesonderheiten auszuweisen und das Verfahren für die Ermittlung des berücksichtigungsfähigen Mehraufwandes festzulegen. Leider greifen die Prüfungsgremien dabei in vielen Fällen nicht auf die Diagnoseverschlüsselung zurück; vielmehr werden die Fälle anhand der verordneten Medikamente bzw. rezeptbezogen ermittelt. Dies führt mitunter zu deutlichen Unschärfen, z. B. werden einem bestimmten Krankheitsbild zuzuordnende Patienten wegen fehlender Rezeptierung bestimmter Wirkstoffe bzw. fehlender Rezeptierung in einzelnen Quartalen nicht berücksichtigt. Beratung vor Regress Überschreitet das Verordnungsvolumen eines Arztes auch nach Berücksichtigung der Praxisbesonderheiten und kompensatorischen Einsparungen das Richtgrößenvolumen um mehr als 15 %, muss eine individuelle Beratung des Vertragsarztes zu Fragen der Wirtschaftlichkeit und Qualität seiner Versorgung erfolgen. Beträgt die Überschreitung mehr als 25 %, so hat der Arzt den Krankenkassen den sich daraus ergebenden Mehraufwand zu erstatten. Die Prüfungsstelle ist angehalten, vor ihrer Entscheidung auf eine vergleichsweise Vereinbarung mit dem Vertragsarzt hinzuwirken; sie hat dabei die Möglichkeit, den Erstattungsbetrag um bis zu einem Fünftel zu reduzieren. Sie kann von einer Festsetzung des zu erstattenden Mehraufwandes vollständig absehen, wenn sie mit dem Arzt individuelle Richtgrößen vereinbart, die eine wirtschaftliche Verordnungsweise des Arztes unter Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten gewährleisten. Mit dieser Vereinbarung muss sich der Arzt verpflichten, den Krankenkassen ab dem Quartal, das auf die Vereinbarung folgt, jeweils den sich aus einer Überschreitung dieser individuellen Richtgröße ergebenden Mehraufwand zu erstatten. Die Vereinbarung einer individuellen Richtgröße kann jedoch nur vor der Festsetzung eines Regresses geschlossen werden; während des Verfahrens vor dem Beschwerdeausschuss bzw. dem Sozialgericht ist dies nicht mehr möglich (vgl. LSG Sachsen, Urteil vom 30.05.2012 – L 1 KA 13/11, zitiert nach Juris). Widerspruch beim Beschwerdeausschuss Es besteht die Möglichkeit, Widerspruch gegen die Entscheidung der Prüfungsstelle beim Beschwerdeausschuss einzulegen. Der Widerspruch hat – anders als das sich gegebenenfalls anschließende Klageverfahren vor dem Sozialgericht – aufschiebende Wirkung. Grundsätzlich ist zu beachten, dass bereits im Verwaltungsverfahren eine sehr weitreichende Obliegenheit der Vertragsärzte zum Tatsachenvortrag besteht; nach dessen Abschluss werden die Vertragsärzte mit einem weiteren Sachvortrag regelmäßig nicht mehr gehört (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.11.2012 – L 7 KA 120/08, zitiert nach Juris). Ärzte, die beabsichtigen sich neu niederzulassen, sollten beachten, dass der in eine Berufsausübungsgemeinschaft eintretende Vertragsarzt ungeachtet etwaiger zivilrechtlicher Regelungen für Regressansprüche der kassenärztlichen Vereinigung aus Wirtschaftlichkeitsprüfungen vergangener Quartale haftet (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26.07.2012 – L 7 KA 19/12 BER, zitiert nach Juris). ■ Ralf Clement, Sindelfingen Literatur beim Verfasser 17 Internet Linktausch – mit wem, mit wem nicht? Unter Linktausch versteht man das gegenseitige Verlinken auf die jeweils andere Webseite vom eigenen Internetangebot aus. Doch Linktausch ist für unsere Zwecke eigentlich das falsche Wort – im Grunde müssen wir versuchen, im Internet so viele Links wie möglich von anderen Webseiten aus auf unsere Homepage zu schalten. Wobei auch das Wort „viele“ nicht falsch zu verstehen ist. Viel hilft nicht viel. Die Qualität der Links muss stimmen. Tipps im Hinblick darauf, was beim Linktausch zu beachten ist, gibt Hans-Jörg Andonovic-Wagner, der Webmaster DGS, AOS-Design, Eislingen. J e näher eine Page am Thema der eigenen Seite ist, um so größer ist die Wirkung auf die Suchergebnisse in Google. Ein Link des hiesigen Fußballvereins zählt also im Fall der Homepage eines Schmerzmediziners nicht so viel wie z. B. ein Link von einer Homepage, die über Schmerzen berichtet. Prüfen Sie zum Beispiel auch, ob ein Link von der Seite der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) oder der Gemeinde auf Ihre Homepage geschaltet ist oder geschaltet werden kann. Diese Links werben gratis und nachhaltig für Sie. Während Maßnahmen wie Facebook und Co. ständig „gefüttert“ werden müssen, bleibt ein Link meistens über Jahre hinweg stabil bestehen. Themenrelevanz? Die Gemeindehomepage scheint auf den ersten Blick nicht sonderlich themenrelevant zu sein. Oft aber finden sich dort Unterseiten wie z. B. Notdienst- und Ärzteverzeichnisse. Hier lohnt es sich allemal nachzuschauen. Bei Schmerzmedizinern zählen im Grunde Links von allen Webseiten, die mit Schmerz zu tun haben – aber auch Links von den Homepages anderer Mediziner (Orthopäden, Allgemeinmedizinern etc.) füllen das Punktekonto bei Google immens. Wie wirken Links auf die Googleposition? Google erkennt, wie viele Links auf eine bestimmte Homepage geschaltet sind und welche Themen diese Seiten behandeln. Linken viele themenrelevante Webseiten auf diese Homepage, so geht Google bei der Bewertung der Seite zunächst einmal davon aus, dass die Page interessante Inhalte und deshalb einen Mehrwert für den Google-Nutzer hat. Google reagiert darauf, indem diese Homepage dann mit einer besseren Positionierung in den Suchergebnissen „belohnt“ wird: Der Google-Nutzer kann die Seite in der Folge nun besser finden. Berechnet wird die Position einer Homepage in Google unter anderem anhand des PageRank-Verfahrens. Dessen genaue Formel ist geheim und einer der elementaren Vorteile von Google gegenüber anderen Suchdiensten. Gut sind eingehende Links; ausgehende hingegen sind zwar eher auf der negativen Seite der Glei- Unter Linkaustausch versteht man das gegenseitige Verlinken auf die jeweils andere Webseite vom eigenen Internetangebot aus Hans-Jörg Andonovic-Wagner, Eislingen chung zu finden, nutzen aber den Seitenbesuchern und werten dadurch die Homepage wiederum inhaltlich auf. Dies hilft dabei, Besucher zum Bleiben und Wiederkehren zu bewegen. Seit wann werden Links getauscht? Bevor Suchmaschinen wie beispielweise Google oder Yahoo im Internet populär wurden, navigierte man weitestgehend über die Linksammlungen von Homepages. Das nannte man „Surfen“ – man klickte sich von Homepage zu Homepage weiter, bis die gewünschte Information gefunden wurde. Die zeitaufwändige Technik des Surfens wurde weitestgehend vom „Googeln“ abgelöst. Warum surft man dann noch? Manchmal werden Homepages nicht ordentlich von Suchmaschinen gelesen (Google sieht eben doch nicht alles) oder haben aufgrund ihrer Eigenschaften trotz guter Inhalte (noch) ein schlechtes Ranking: Sie werden bei den Suchergebnissen auf schlechten Positionen angezeigt und sind dadurch schwerer zu finden. In diesem Fall helfen Verlinkungen weiter, um auf die Homepage aufmerksam zu machen. Auch in Foren ist das Verlinken eine beliebte Technik, um Nutzern mit ähnlichen Anfragen eine Hilfestellung zu geben. Welchen Nutzen außer Suchmaschinenrückenwind haben Links noch? © thingamajiggs / Fotolia Trotz aller Vorteile von Suchmaschinen kommt immer noch ein sehr guter Traffic (Anzahl der Homepagebesucher) über verlinkende Seiten zustande. Nicht übersehen werden sollte hierbei die Tatsache, dass Links vom Seitenbesucher oft auch als Empfehlungen zum Weiterlesen empfunden werden. Daher schadet es beispielsweise nicht, auf der Homepage der KV oder Ihrer Gemeinde 18 SCHMERZMEDIZIN 3/2013 (29. Jg.) Internet / Impressum einen Link zu schalten. Auch Register wie Arztbewertungsportale etc. bieten oft die Möglichkeit eines Links auf Ihre Homepage. Aber Vorsicht: Seit Anfang 2013 zählen eingekaufte Links so gut wie nichts mehr. Google hat sich auf die Ergonomie zurückbesonnen und „freiwillige“ Verlinkungen den monetären vorgezogen. Gibt es schwarze Schafe? Ja, wie in jeder Herde tummeln sich auch hier genügend Anbieter mit dubiosen Angeboten wie: „Biete Ihnen 1.000 Links für 1.000,- Euro.“ Solche Dienste sollten gemieden werden. Dahinter verbergen sich in der Regel Positionierungen in sogenannten Linkfarmen, in denen der Link nicht nur untergeht. Vielmehr resultiert hieraus oftmals auch eine negative Bewertung Ihrer Homepage durch Google. Der einzige Nutzen solcher Angebote ist es, das Konto des Anbieters zu füllen. Was kann passieren, wenn ich mich nicht an die Regeln halte? Wir müssen nicht einmal selbst gegen die Regeln verstoßen – es reicht schon der Verstoß eines Nachbarn: Google verfährt nach dem „Bad Neighbourhood“-Prinzip. Wird eine Seite als illegal oder „nicht gut“ empfunden, erhalten auch alle Seiten, auf die von hier aus verlinkt wird, eine gelbe Karte. Findet Google einen Link auf mehreren solcher Seiten, dann kann sogar die rote oder schwarze Karte erteilt werden. Ist eine Domain einmal auf Googles schwarzer Liste gelandet, so ist diese mehr oder weniger nachhaltig zerstört. Eine „gute Nachbarschaft“ bekommen wir nur durch eine sorgfältige händische Selektion. Wie finde ich heraus, wer alles auf mich verlinkt? Geben Sie in Google Folgendes ein: „link: www.ihrehomepage.de“. Dann erhalten Sie von Google eine Liste aller Homepages, von denen aus ein Link auf Ihre Seite geschaltet ist. Wie veranlasse ich Homepagebetreiber dazu, auf mich zu verlinken? Fragen kostet nichts: Bieten Sie in einer Email Betreibern interessanter Homepages einen Linktausch mit Ihrer Homepage an. Machen Sie es dem Gegenüber einfach und schicken Sie gleich ein Logo zu Ihrem Angebot mit. In vielen Fällen werden Sie damit Erfolg haben und nach und nach die Positionierung Ihrer Webseite in den Google-Suchergebnissen stärken. ■ Hans-Jörg Andonovic-Wagner, Eislingen www.aos-design.de SCHMERZMEDIZIN 3/2013 (29. Jg.) INFO-Telegramm Intrathekales Gabapentin nutzlos Bei chronischen nicht-malignen therapierefraktären Schmerzen nützt die intrathekale Gabe von Gabapentin für 22 Tage nichts. Dies zeigte eine randomisierte placebokontrollierte Studie von Rauck R et al., der diese Therapiemodalität in verschiedenen Dosierungen (von 1,6 mg oder 30 mg/Tag) gegen Placebo getestet hatte (Rauck R, Coffey RJ, Schultz DM, Wallace MS, Webster LR, McCarville SE, Grigsby EJ, Page LM.: Intrathecal Gabapentin to Treat Chronic Intractable Noncancer Pain. Anesthesiology. 2013 Jul 3. [Epub ahead of print]). Triathleten leiden weniger Triathleten besitzen eine höhere Schmerztoleranz und eine effektivere Schmerzverarbeitung als Untrainierte. Diese Besonderheiten entstehen vermutlich durch die extremen Belastungen in ihrem Training und werden durch psychologische Besonderheiten verstärkt, die ihnen eine bessere Schmerzverarbeitung und eine höhere Belastbarkeit für psychischen Stress ermöglichen. Zu diesem Fazit kommen Geva N et al. von der Tel Aviver Universität, die 19 Triathleten mit 17 Kontrollen verglichen (Pain. 2013 Jun 24. pii: S03043959(13)00339-4. doi: 10.1016/j. pain.2013.06.031. [Epub ahead of print]). Kostenlose Apps für Schmerzkranke Das interaktive Schmerztagebuch „PainDiary“ für das iPhone ermöglicht Schmerzpatienten ein interaktives Schmerzmanagement. Das iPad-App „xPlainPain“ liefert Betroffenen und deren Angehörigen produktneutrale und umfangreiche Informationen zu einer wirksamen, verträglichen Schmerztherapie. Detaillierte Informationen zu beiden Apps und den Downloadmöglichkeiten unter www.mundipharma.de (Rubrik „Schmerztherapie/Service/Mobile Apps“) oder direkt im iTunes Store. Dort können die Apps „PainDiary“ und „xPlainPain“ kostenfrei heruntergeladen werden. Impressum Organ der Deutschen Gesellschaft für Schmerztherapie und der Deutschten Gesellschaft für Schmerzmedizin Herausgeber Gerhard H. H. Müller-Schwefe, Schillerplatz 8/1, D-73033 Göppingen; Tel. 07161/976476, Fax 07161/976477 E-Mail: gp@dgschmerztherapie.de Schriftleitung Oliver Emrich, Ludwigshafen; Johannes Horlemann, Kevelaer; Klaus Längler, Erkelenz; Silvia Maurer, Bad-Bergzabern; Michael A. Überall, Nürnberg; Stephanie Kraus (verantw.), Stephanskirchen, Tel.: 08036/1031 Beirat Christoph Baerwald, Leipzig; Wolfgang Bartel, Halberstadt; HeinzDieter Basler, Marburg; Günter Baust, Halle/Saale; Klaus Borchert, Greifswald; Burkhard Bromm, Hamburg; Ingunde Fischer, Halle/ Saale; Gideon Franck, Fulda; Gerd Geisslinger, Frankfurt; Hartmut Göbel, Kiel; Olaf Günther, Magdeburg; Winfried Hoerster, Gießen; Stein Husebø, Bergen; Uwe Junker, Remscheid; Uwe Kern, Wiesbaden; Edwin Klaus, Würzburg; Eberhard Klaschik, Bonn; Lothar Klimpel, Speyer; Bruno Kniesel, Hamburg; Marianne Koch, Tutzing; Bernd Koßmann, Wangen; Michael Küster, Bonn-Bad Godesberg; Klaus Längler, Erkelenz; Peter Lotz, Bad Lippspringe; Eberhard A. Lux, Lünen; Christoph Müller-Busch, Berlin; Joachim Nadstawek, Bonn; Thomas Nolte, Wiesbaden; Robert Reining, Passau; Robert F. Schmidt, Würzburg; Günter Schütze, Iserlohn; Harald Schweim, Bonn; Hanne Seemann, Heidelberg; Ralph Spintge, Lüdenscheid; Birgit Steinhauer, Limburg; Roland Wörz, Bad Schönborn; Walter Zieglgänsberger, München; Manfred Zimmermann, Heidelberg In Zusammenarbeit mit: Deutsche Gesellschaft für Algesiologie – Deutsche Gesellschaft für Schmerzforschung und Schmerztherapie; Deutsche Akademie für Algesiologie – Institut für schmerztherapeutische Fort- und Weiterbildung; Deutsche Gesellschaft für interdisziplinäre Palliativversorgung e. V.; Deutsche Schmerzliga e.V. (DSL); Gesellschaft für algesiologische Fortbildung mbH (gaf mbH); Gesamtdeutsche Gesellschaft für Manuelle Medizin e.V. (GGMM); Institut für Qualitätssicherung in Schmerztherapie und Palliativmedizin (IQUISP); Berufsverband der Schmerztherapeuten in Deutschland e.V. (BVSD) Mit der Annahme eines Beitrags zur Veröffentlichung erwirbt der Verlag vom Autor alle Rechte, insbesondere das Recht der weiteren Vervielfältigung zu gewerblichen Zwecken mithilfe fotomechanischer oder anderer Verfahren. Die Zeitschrift sowie alle in ihr enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Hinweis: Die in dieser Zeitschrift angegebenen Dosierungen – vor allem von Neuzulassungen – sollten in jedem Fall mit dem Beipackzettel der verwendeten Medikamente verglichen werden. Bezugspreis: Einzelheft 12,– Euro; Abonnement für 4 Ausgaben pro Jahr 40,– Euro (zzgl. Versand, inkl. MwSt.). Der Mitgliedsbeitrag der DGS schließt den Bezugspreis der Zeitschrift mit ein. Die Zeitschrift erscheint im 29. Jahrgang. Verlag: Springer Medizin © Urban & Vogel GmbH, München, September 2013 Leitung Corporate Publishing: Ulrike Hafner (verantw.) Redaktion: Teresa Windelen Druck: Stürtz GmbH, Würzburg Titelbild: © Anna Subbotina / fotolia.com Inhaber- und Beteiligungsverhältnisse Die Urban & Vogel GmbH ist 100%ige Tochtergesellschaft der Springer Medizin Verlag GmbH, Heidelberg. Die alleinige Gesellschafterin der Springer Medizin Verlag GmbH ist die Springer-Verlag GmbH mit einer Beteiligung von 100%. Die Springer-Verlag GmbH ist eine 100%ige Tochtergesellschaft der Springer Science + Business Media Deutschland GmbH. Die alleinige Gesellschafterin der Springer Science + Business Media Deutschland GmbH ist die Springer Science + Business Media Netherlands B.V., die 100% der Anteile hält. Die Springer Science + Business Media Netherlands B.V. ist eine 100%ige Tochtergesellschaft der Springer Science + Business Media Finance S.àR.L. Die Springer Science+Business Media Finance S.àR.L. ist eine 100%ige Tochter der Springer Science+Business Media S.A. 19 Die Deutsche Schmerzliga Status quo der DSL-Petition – a never-ending story © Bert Bostelmann Die Petition der Deutschen Schmerzliga (DSL) zur Freistellung der Opioide von der Austauschpflicht ist auch im Sommer 2013 immer noch weit entfernt von einer unbürokratischen Umsetzung. Den aktuellen Werdegang dieser Petition skizziert Priv.-Doz. Dr. Michael A. Überall, Präsident der Deutschen Schmerzliga und Vizepräsident DGS. meinen Substitutionspflicht unter Berücksichtigung insbesondere ●● des Substitutionsverhaltens der Ärzte und Apotheker (Aut-idem-Regelung und pharmazeutische Bedenken), ●● der therapeutischen Anwendungsbereiche und ●● der Konsequenzen für den Versicherten zu definieren, ist seit Herbst 2012 nichts geschehen. Der DAV hat dem GKV-Spitzenverband bereits im April 2013 eine Liste der aus seiner Sicht sinnvollen Ausnahmen zum Rahmenvertrag nach § 129 SGB V mit 20 Arzneistoffen vorgelegt, die von der Substitutionspflicht auszunehmen seien. Hierin genannt sind mit Morphin, Hydromorphon und Oxycodon auch drei stark-wirksame Opioid-Analgetika der WHO (World Health Organization) Stufe III, deren Verkehr in Deutschland einer besondere gesetzlichen Regelung durch die Betäubungsmittelverschreibungsverordnung (BtMVV) unterliegt. Michael A. Überall, Nürnberg N ach § 129 Absatz 2 Satz 8 SGB V sind die Vertragspartner, d. h. im vorliegenden Fall der Deutsche Apothekerverband (DAV) und der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV), ermächtigt, Arzneistoffe von der Substitutionspflicht nach § 129 Absatz 1 Nr. 1 SGB V auszunehmen. Anlass für diese Regelung, die im Sommer 2012 vom Bundestag und im Herbst 2012 vom Bundesrat beschlossen wurde und unter der Bezeichnung „Zweites Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften“ schließlich am 26. Oktober 2012 in Kraft trat, war eine von der DSL bereits im Frühjahr 2011 eingebrachte Petition, die im Frühjahr 2012 vom Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages einstimmig befürwortet wurde und deren Umsetzung seitdem Kernelement eines typisch deutschen Kammerstücks ist, dessen volksferne Absurdität sich kaum mehr steigern lässt und mittlerweile selbst hartgesottene Politiker konsterniert. Die Forderung der Politik Aufgrund der Verzögerungstaktik der Kassenvertreter haben alle Mitglieder des Ausschusses für Gesundheit im Deutschen Bundestag parteiübergreifend und einvernehmlich am 12. Juni 2013 eine Entschließung zur Umsetzung von § 129 Absatz 1 Satz 8 SGB V verfasst Die Folgen trägt der chronisch Kranke, der auf eine adäquate medizinische Versorgung angewiesen ist Die Protagonisten Das Problem Obwohl gesetzgeberisch alle Voraussetzungen erfüllt sind, die medizinisch sinnvollen bzw. notwendigen Ausnahmen von der allge- 20 © BK / fotolia.com Zum einen die Apotheker, vertreten durch den DAV, den Zusammenschluss der Landesapothekerverbände auf Bundesebene. Zum anderen die GKV, vertreten durch den GKV-Spitzenverband als der zentralen Interessenvertretung der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen in Deutschland gemäß § 217 a SGB V. Irgendwo dazwischen: Politiker, Bürger, Betroffene. und darin den DAV, insbesondere jedoch den GKV-Spitzenverband aufgefordert, bis zum 1. August 2013 eine Entscheidung zur Nichtaustauschbarkeit vorzulegen. Eine Forderung, die einerseits das außerordentliche Interesse der Parlamentarier an diesem Vorgehen widerspiegelt, die jedoch andererseits – angesichts der faktisch bereits erfolgten Auflösung des Deutschen Bundestages vor den anstehenden Neuwahlen im September 2013 – wie ein Papiertiger anmutet und, entsprechend zahn- und kraftlos, eine unrealistische politische Drohgebärde ist, die auf Seiten der GKV nicht weiter zu beeindrucken vermag. So wurde die seit April vorliegende Ausschlussliste des DAV seitens des GKV-Spitzenverbandes auch am 18. Juli 2013 im Rahmen eines geheimen Treffens in Berlin erwartungsgemäß abgelehnt. Der Patient – Zuschauer und Leidtragender Leidtragender dieses politischen Possenspiels ist einmal mehr der chronisch kranke Patient, der sich fragt, wohin diese Machenschaften noch führen sollen und werden. Und auch die indirekt Beteiligten, d. h. die in der Versorgungsverantwortung stehenden Ärzte und Apotheker, beginnen sich zu fragen, wohin diese Reise führen soll, deren gesundheitspolitischer Kurs zumindest in Deutschland ganz offensichtlich von den GKV festgelegt wird – und nicht mehr vom Gesetzgeber. Letzterer allerdings zeichnet sich hierfür selbst verantwortlich, wenn er den Kassen derart viel Spielraum zugesteht, dass diese sich mittlerweile dazu berufen fühlen, das Gesundheitssystem vor der Politik beschützen zu müssen, und von Gesetzgeber und Politik im Interesse von Patienten und Bürgern getroffene politische Entscheidungen sogar offen boykottieren, wenn ihnen diese nicht zusagen. Somit muss man sich die Frage stellen, wer tatsächlich im deutschen Gesundheitssystem regiert und wer hierin entscheidet, was geschieht? Politik oder Krankenkassen? Die Folgen jedenfalls trägt der chronisch Kranke, der auf eine adäquate medizinische Versorgung angewiesen ist. ■ Michael A. Überall, Nürnberg Literatur beim Verfasser SCHMERZMEDIZIN 3/2013 (29. Jg.) Kongresse Geriatrie: Umstellung vom Opioidpflaster auf retardiertes Oxycodon/Naloxon lohnt sich Bei den 368 in die Studie eingeschlossenen Patienten sank die Schmerzintensität nach dem Wechsel von Buprenorphinbzw. Fentanylpflastern im Mittel um über 40 %. Zusätzlich traten unter der neuen Therapie deutlich weniger Übelkeit und Schwindel und zudem eine geringere Appetitminderung auf. Auch die Lebensqualität nahm zu. Der Einsatz von Opioidpflastern ist bei Älteren sehr verbreitet. Die Erfahrung und diese Analyse zeigten aber, dass eine orale Medikation überlegen sein kann, erläuterte Posterautor Ulf Schutter, Marl. Die präsentierte Subgruppe entstammt dem Datensatz einer vierwöchigen prospektiven, nicht-interventionellen Studie, die an 530 Zentren den Einsatz der Fixkombination aus retardiertem Oxycodon/retardiertem Naloxon (Targin®) untersuchte. Eingeschlossen waren zuvor mit Schmerzpflastern (TTS) behandelte Patienten über 70 Jahren mit opioidbedürftigen Schmerzen. 60 der Patienten hatten Buprenorphin-TTS, 308 FentanylTTS erhalten. Nach Einstellung auf retardiertes Oxycodon/retardiertes Naloxon sank die Schmerzintensität der Patienten auf der numerischen Ratingskala (NRS) innerhalb von vier Wochen um 46,9 % auf durchschnittlich 3,3 nach Umstellung von Buprenorphin-TTS und um 45 % auf im Mittel 3,2 nach Umstellung von Fentanyl-TTS. Die Wirksamkeit von retardiertem Oxycodon/retardiertem Naloxon nach vier Wochen wurde von den Ärzten zu 86,2 % (für die zuvor mit Buprenorphin-TTS behandelten Patienten) bzw. 85,3 % (für die mit Fentanyl-TTS behandelten Patienten) mit „sehr gut“ oder „gut“ eingeschätzt. Die jeweilige Vortherapie hingegen wur- SCHMERZMEDIZIN 3/2013 (29. Jg.) de nur zu 29,3 % (Buprenorphin-TTS) bzw. lediglich zu 22,2 % (Fentanyl-TTS) mit „sehr gut“ oder „gut“ bewertet. Mehr Lebensqualität mit oraler Fixkombination Nicht nur die Schmerzintensität, sondern auch die Verträglichkeit der Opioid-Therapie zeigte vier Wochen nach Umstellung eine positive Entwicklung: Die Zahl der Patienten, die unter Übelkeit litten, konnte unter retardiertem Oxycodon/ retardiertem Naloxon für die zuvor mit Buprenorphin-TTS behandelten Patienten um 70,4 % für die zuvor mit Buprenorphin-TTS behandelten Patienten bzw. für die zuvor mit Fentanyl-TTS behandelten Patienten um 53,9 % reduziert werden, Schwindel (gemessen auf einer FünfPunkte-Skala zur Beurteilung der Symptome innerhalb der letzten 24 Stunden) ging um 64,3 % bzw. 41,4 % zurück. Die Anzahl der Patienten, bei denen eine Appetitminderung aufgetreten war, konnte mit der Fixkombination um 68,8 % bzw. 45,2 % reduziert werden. Parallel dazu nahm die Gehfähigkeit der älteren Patienten nach vier Wochen deutlich – um 28,0 % bzw. 38,4 % – zu. Überdies müsse ein unkritischer Einsatz von Opioidpflastern, wie ihn die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft schon letztes Jahr angemahnt hat, kritisch hinterfragt werden. Auch weitere Parameter der Lebensqualität veränderten sich innerhalb von vier Wochen unter retardiertem Oxycodon/retardiertem Naloxon positiv: Allen voran konnte der Schlaf um 37,1 % bzw. 51,5 % gesteigert werden, gefolgt von einer um 39,6 % bzw. 47,8 % erhöhten Lebensfreude. Soziale Kontakte nahmen um 37,8 % bzw. 42,6 % zu. Ältere Patienten könnten von der oralen Therapie mit retardiertem Oxycodon/retardiertem Naloxon profitieren. Überdies müsse ein unkritischer Einsatz von Opioidpflastern, wie ihn die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzte- © Foto: Mundipharma GmbH, Limburg/Lahn Ältere Schmerzpatienten, die Opioidpflaster erhalten, können deutlich von einer Einstellung auf die orale Gabe von retardiertem Oxycodon/retardiertem Naloxon profitieren. Dies zeigen Studiendaten, die auf dem Kongress der DGIM (Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin) 2013 vorgestellt wurden (Schutter U, DGIM-Kongress 2013, Poster P134). Posterautor Ulf Schutter, Marl schaft schon letztes Jahr angemahnt hat, kritisch hinterfragt werden, resümierte Schutter. Orale versus transdermale Opioidgabe Die Subgruppenanalyse untermauert die aktuellen Empfehlungen der World Health Organization (WHO) hinsichtlich der Gabe starker Opioide: Diese sollte vorzugsweise oral und nach festem Schema erfolgen. Zum Aufbau gleichmäßiger Blutspiegel eignen sich am besten Retardpräparate. Opioidpflaster sollten erst verordnet werden, wenn eine orale Gabe nicht mehr möglich ist. Im Deutschen Ärzteblatt hat die Deutsche Arzneimittelkommission 2012 unter den „Mitteilungen der Bundesärztekammer“ darauf hingewiesen, dass Fentanylpflaster sich vor allem für Patienten mit chronischen Schmerzen und stabilem Opioidbedarf eignen, die ein orales Opioid nicht einnehmen können. Sie betonte, dass durch Verordnung zu hoher Dosierungen bei Therapiebeginn vor allem ältere und multimorbide Patienten gefährdet werden könnten. Dk/StK ■ 21 Kongresse Schmerz im Krankenhaus Akutschmerzdienst optimiert stationäre Schmerztherapie Ein Akutschmerzdienst gilt als Erfolgsfaktor für die Behandlungsqualität, Rentabilität und Außenwirkung eines Krankenhauses. Daher sprachen sich Experten auf dem Symposium „Akutschmerzdienst – ein Erfolgsmodell?!“ anlässlich des Deutschen Anästhesiecongress 2013 in Nürnberg für die Implementierung von Akutschmerzdiensten aus. Zudem gewährleistet ein standardisiertes Vorgehen eine direkte Reaktion auf das Schmerzempfinden der Patienten. D afür sind eine orale Basismedikation wie die Fixkombination aus retardiertem Oxycodon und retardiertem Naloxon (Targin®) sowie ein wirkstoffgleiches, schnell freisetzendes Präparat im Bedarfsfall gut geeignet. Eine strukturierte Schmerztherapie ist für ein Krankenhaus ein wichtiges Qualitätskriterium. Dennoch besteht in diesem Bereich in Deutschland Verbesserungsbedarf. Über 80 % der stationären Patienten erleiden unnötig Schmerzen. Dies ergab eine Befragung von Prof. Dr. Christoph Maier, Bochum, von über 3.000 Patienten an 25 Kliniken aus dem Jahr 2010. 56 % – davon 55 % aller operativ sowie 58 % der konservativ versorgten Patienten – bewerteten ihre Schmerzen als nicht akzeptabel. Der Einsatz eines Akutschmerzdienstes und ein standardisiertes Vorgehen können jedoch die schmerztherapeutische Versorgung optimieren. Entscheidend sei es, die Schmerzmessung nach festen Regeln einzuführen und alle Berufsgruppen und Disziplinen auf vorhandene Standards einzuschwören, betonte Prof. Dr. Christian Schmidt, Köln. Gut geschulte Pflegekräfte könnten nach solchen Schmerzstandards mit konkreten Interventionsgrenzen die Applikation durchführen. Eine Unterversorgung lasse sich vermeiden, wenn Wissen und Motivation aller an der Schmerztherapie beteiligten Berufsgruppen erhöht werden. cherheit im Arbeitsalltag auf der Station erhöhen. „Die regelmäßige Überprüfung der eigenen Standards beziehungsweise der Ergebnisqualität in einem Qualitätsmanagementsystem ist unerlässlich“, so die Erfahrung von Prof. Dr. José-Maria Hinz, Göttingen. Schmerzstandards gäben Pflegenden Vorgaben für die Schmerztherapie in unterschiedlichen Situationen, aufgrund derer sie innerhalb des rechtlich Möglichen selbstständig handeln können. Diese Kompetenzsteigerung entlaste den ärztlichen Dienst und verkürze die therapielose Zeit. Die Pharmakotherapie könne somit dem individuellen Schmerzempfinden des Patienten angepasst werden. Voraussetzung dafür sei es, dass die Schmerzintensität des Patienten mindestens dreimal täglich mit einer Schmerzskala erfasst werde. „An jeder Klinik sollten analgetische Schmerzschemata vorhanden sein, mit deren Hilfe ein schnelles, effektives und gleichzeitig sicheres therapeutisches Vorgehen möglich ist“, Implementierte Schmerzstandards regeln die komplexe, interdisziplinäre und interprofessionelle schmerztherapeutische Versorgung durch Ärzte und Pflegende Implementierte Schmerzstandards regeln die komplexe, interdisziplinäre und interprofessionelle schmerztherapeutische Versorgung durch Ärzte und Pflegende. Somit ermöglichen sie eine effiziente medizinische Strukturund Prozessqualität. Die Standards verbessern die Transparenz und können hierdurch die Si- 22 © Robert Kneschke / fotolia.com Schmerzstandards verbessern Qualität der Versorgung sagte Hinz. Der Schmerzstandard bilde die Basis der Behandlung und könne individuell auf die Situation des Patienten abgestimmt werden. Sinnvoll sei eine Standardtherapie basierend auf einer Basisanalgesie in retardierter Form und einer Bedarfsmedikation in unretardierter Form. Dabei sollte Substanz-Konstanz gewährleistet sein, um umstellungsbedingte Nebenwirkungen zu vermeiden. Bei ihm im Zentrum für Anästhesiologie, Rettungs- und Intensivmedizin der Universität Georg August-Universität habe sich der Einsatz von retardiertem Oxycodon und retardiertem Naloxon als Basismedikation sowie derjenige eines schnell freisetzenden Oxycodons als Bedarfsmedikation bewährt, erklärte Hinz. Mit der Fixkombination aus retardiertem Oxycodon und retardiertem Naloxon sei eine starke Wirksamkeit bei gleichzeitiger guter Verträglichkeit gewährleistet. Erhöhte Kosteneffizienz durch strukturierte Schmerztherapie „Eine suffiziente Schmerztherapie in der perioperativen Phase steigert nicht nur den Komfort des Patienten, sondern trägt auch dazu bei, die Inzidenz perioperativer Komplikationen zu senken. Sie beschleunigt die Rekonvaleszenz der Patienten, steigert damit ihre Zufriedenheit und minimiert indirekt Kosten“, erläuterte Prof. Dr. Dr. Martin Bauer, Göttingen. Eine prospektive Studie zeigte hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit, dass sich durch den Einsatz eines Akutschmerzdienstes trotz zusätzlicher Kosten für das Schmerzmanagement über 90.000 Euro pro Jahr einsparen ließen. Ermöglicht wurde dies durch eine um insgesamt 433 Tage/Jahr reduzierte Aufenthaltsdauer der Patienten auf der Intensivstation. „Die Etablierung eines Akutschmerzdienstes durch budgetäre Abbildung der Kosten einerseits und die Sicherstellung der medizinischen Effizienz durch Schmerzstandards und kontinuierliche Qualifizierung des Personals andererseits stellt einen relevanten Erfolgsfaktor für die Behandlungsqualität, Rentabilität und Außenwirkung eines Krankenhauses dar“, konstatierte Bauer. Die Notwendigkeit des Akutschmerzdienstes im Spannungsfeld zwischen Patientenkomfort, Anforderungen an das Personal und Wirtschaftlichkeit wird von den am Symposium beteiligten Experten in der Broschüre „Akutschmerzdienst – ein Erfolgsmodell?“ beleuchtet. Dabei wird die Situation aus Sicht der unterschiedlichen Fachgruppen analysiert, und die Empfehlungen werden praxisnah zusammengefasst. Die Broschüre kann kostenlos über die Faxnummer 06431/701433 oder über die E-Mail-Adresse medinfo@mundipharma. de angefordert werden. dk/StK ■ SCHMERZMEDIZIN 3/2013 (29. Jg.) DGS-Veranstaltungen DGS-Veranstaltungen Weitere Informationen zu den Seminaren erhalten Sie über die Geschäftsstelle der DGS Oberursel, Tel.: 06171/286060, Fax: 06171/286069, E-Mail: info@dgschmerztherapie.de. Die aktuellsten Informationen zu den Veranstaltungen und den Details finden Sie im Internet unter www.dgschmerztherapie.de mit der Möglichkeit zur Online-Anmeldung. Funktionelle Medizin III 19.09.2013 in Bad Säckingen; Regionales Schmerzzentrum DGS – Bad Säckingen Ausgewählte myofasziale Schmerzsyndrome und deren Behandlung 19.09.2013 in Köln; Regionales Schmerzzentrum DGS – Köln Schmerzmedizin im Dialog (Nds. - HB) 20.09.–21.09.2013 in Bad Zwischenahn; Regionales Schmerzzentrum DGS – Emden Differenzialdiagnose – Chronischer Kreuzschmerz 25.09.2013 in Unterhaching; Regionales Schmerzzentrum DGS – Taufkirchen September 2013 CRPS - Themenabend 04.09.2013 in Kassel; Regionales Schmerzzentrum DGS – Kassel Psychoedukation alleine genügt nicht! Schmerztherapie als Prozess der Resomatisierung 04.09.2013 in Herne; Regionales Schmerzzentrum DGS – Herne Pfälzer Schmerztag 2013 - Neuraltherapie / Diagnostisch therapeutische Lokalanästhesie, Bewährt und Aktuell? Update der Experten 07.09.2013 in Speyer; Regionales Schmerzzentrum DGS – Ludwigshafen Herpes Zoster und Postzosterneuralgie 11.09.2013 in Bad Salzungen; Regionales Schmerzzentrum DGS – Bad Salzungen Akupunktur in der Schmerztherapie 11.09.2013 in Haldensleben; Regionales Schmerzzentrum DGS – Haldensleben Kontroversen und Perspektiven leitliniengerechter Kreuzschmerztherapie – Mechanismen – basierte Pharmakotherapie von Rückenschmerzen 11.09.2013 in Kleinbartloff-Reifenstein; Regionales Schmerzzentrum DGS – Worbis Einführung in die „Neue Schädelakupunktur nach Yamamoto“ 12.09.2013 in Miltenberg; Regionales Schmerzzentrum DGS – Miltenberg Interdisziplinäre Behandlung chronischer Rückenschmerzen – Welche Effekte der Bio-psycho-sozialen Therapie sind durch Diagnostik und Evaluation zu erfassen? 18.09.2013 in Berlin; Regionales Schmerzzentrum DGS – Berlin Mitte Schmerz und Psyche – Psychologische Schmerztherapie 18.09.2013 in Stade; Regionales Schmerzzentrum DGS – Stade SCHMERZMEDIZIN 3/2013 (29. Jg.) Neuromodulation bei chronischer Migräne und Cluster 25.09.2013 in Gießen; Regionales Schmerzzentrum DGS – Gießen Botox in der Kopf- und Schmerztherapie mit Fallbeispielen 25.09.2013 in Halle/Saale; Regionales Schmerzzentrum DGS – Halle/Saale Schmerztherapie-Praxisseminar: Muskulatur und Gelenke – Myofasciale Verkettungen und Triggersyndrome 27.09.–29.09.2013 in Göppingen; Regionales Schmerzzentrum DGS – Göppingen Muskulatur in der MT – Theorie und Praxis 27.09.-29.09.2013 in Halberstadt; Regionales Schmerzzentrum DGS – Quedlinburg Oktober 2013 Der psychiatrische Patient in der Praxis – Rasches Erkennen, gutes Begegnen 02.10.2013 in Celle; Regionales Schmerzzentrum DGS – Celle 19. Ahrenshooper Schmerzsymposium – Der therapieresistente Patient 05.10.2013 in Ahrenshoop/Ostsee; Regionales Schmerzzentrum DGS – Bielefeld CME-Update Schmerz: Allgemeine und spezielle palliativmedizinische Versorgung 07.10.2013 in Ludwigshafen; Regionales Schmerzzentrum DGS – Ludwigshafen 1. Bergischer Palliativtag Solingen 09.10.2013 in Solingen; Regionales Schmerzzentrum DGS – Solingen Craniomandibuläre Dysfunktion 16.10.2013 in Dinslaken; Regionales Schmerzzentrum DGS – Dinslaken Psychosomatik I 17.10.2013 in Bad Säckingen; Regionales Schmerzzentrum DGS – Bad Säckingen 16. Südwestdeutsche Schmerztage Im Fokus: Der schwierige Rückenschmerz 18.10.–19.10.2013 in Göppingen; Regionales Schmerzzentrum DGS – Göppingen Synopsis der TLA 19.10.–20.10.2013 in Würzburg; Regionales Schmerzzentrum DGS – Würzburg Chronische Schmerzen im Alter 30.10.2013 in Halle/Saale; Regionales Schmerzzentrum DGS – Halle/Saale Chronische Migräne 30.10.2013 in Augsburg; Regionales Schmerzzentrum DGS – Augsburg November 2013 CME-Update Schmerz: Berufspolitik in der Metropolregion 04.11.2013 in Ludwigshafen; Regionales Schmerzzentrum DGS – Ludwigshafen QZ Palliativmedizin: Der Palliativpatient als Notfallpatient – GAU für den Notarzt? 05.11.2013 in Solingen; Regionales Schmerzzentrum DGS – Solingen Rationale Untersuchung bei Schmerzen der HWS/BWS und der oberen Extremität – Hands-on-Workshop 06.11.2013 in Osnabrück; Regionales Schmerzzentrum DGS – Osnabrück Der ältere Schmerzpatient 06.11.2013 in Kassel; Regionales Schmerzzentrum DGS – Kassel 17. Duisburger/9. Krefelder Schmerztag 09.11.2013 in Krefeld; Regionales Schmerzzentrum DGS – Krefeld Innovationsforum 15.11.–16.11.2013 in Darmstadt; DGS-Geschäftsstelle – Oberursel Update: Neuropathischer Schmerz 18.11.2013 in Wegberg; Regionales Schmerzzentrum DGS – Wegberg Psychosomatik II 21.11.2013 in Bad Säckingen; Regionales Schmerzzentrum DGS – Bad Säckingen Neurologische Aspekte in der Palliativmedizin – 2. Sektorenübergreifende ambulante Palliativversorgung in Westfalen-Lippe 21.11.2013 in Olpe ; Regionales Schmerzzentrum DGS – Olpe Behandlung myofascialer und Kopf- und Schmerzen mit Botulinumtoxin 23.11.2013 in München; Regionales Schmerzzentrum DGS – München Opium – Arzneimittel und Droge: Eine Übersicht aus historischer, kultureller und medizinischer Sicht 27.11.2013 in Halle/Saale; Regionales Schmerzzentrum DGS – Halle/Saale Sonographie Workshop 29.11.2013 in Wuppertal; Regionales Schmerzzentrum DGS – Wuppertal Sankt Josef 23 DGS-Veranstaltungen · Präventivmedizin Neue DGS-Leiter Wir begrüßen Frau Dr. med. Franziska Gladisch, Fachärztin für Anästhesiologie, Zusatzbezeichnungen für Spezielle Schmerztherapie, Homöopathie, Palliativmedizin und Notfallmedizin, Algesiologin DGS als neue Leiterin des DGSZentrums Königstein/ Schmerzzentrum TauFranziska Gladisch, nus. Königstein Arbeitsschwerpunkte und Verfahren: Medikamentöse Schmerzbehandlung, invasive Schmerzbehandlung (Regionalanästhesien, therapeutische Lokalanästhesien), autoge- nes Training, Natur- und andere Begleitverfahren (Akupunktur, Homöopathie, Blutegeltherapie), TENS. Behandlungsgebiete: Alle Formen von Kopfschmerzen, chronische Schmerzen des Bewegungsapparates, Fibromyalgiesyndrom, Rheuma, Tumorschmerzen, Neuralgien, sympathisch unterhaltene Schmerzen, Entzugsbeschwerden bei Medikamentenmissbrauch, Schmerzen bei Durchblutungsstörungen. DGS-Zentrum, Fürth Wir begrüßen Dr. med. Michael Hanßmann als neuen Leiter des DGS-Zentrum Fürth. Hanßmann ist Facharzt Anästhesiologie-DESA und Arzt für Spezielle Schmerztherapie. Arbeitsschwerpunkte und Verfahren: Akupunktur, Biofeedback, Einzeltherapie, Entspan- nung/Imagination, Hypnose, kognitive Verhaltenstherapie, körperorientierte Psychotherapie, Laser, manuelle Therapie, multimodales Schmerzprogramm, Naturheilverfahren, Pharmakotherapie, progressive Muskelrelaxation, psychosomatische Grundversorgung, therapeutische Lokalanästhesie, TENS. Behandlungsge- Michael Hanßmann, biete: Kopfschmer- Fürth zen, Kreuz-/Rückenschmerzen, Schmerzen des Bewegungsapparates, somatoforme Schmerzsymptome, sympathische Reflexdystrophien. © Michael Hamßmann © Franziska Gladisch DGS-Zentrum Königstein Problempatienten konsequent impfen Die Empfehlungen der ständigen Impfkommission (STIKO) werden hierzulande nur mangelhaft umgesetzt. Obwohl Vorbeugen unbestritten die beste Medizin ist, werden wichtige Impfungen insbesondere chronisch Kranken vorenthalten. Betrachtet man diese Fakten vor dem Hintergrund einer zunehmend mobileren Seniorengeneration, sollten alle Ärzte ihre Patienten mehr ermutigen, Impfungen konsequent aufzufrischen. D ie Schutzimpfungs-Richtlinie ist eine verbindliche Norm, die es zu beachten gilt. Der gemeinsame Bundesausschuss hat im Oktober 2012 die neue STIKO-Empfehlung in einer angepassten Schutzimpfungs-Richtlinie konkretisiert und für einige Impfungen die Empfehlungen sogar erweitert. Das Ziel der Schutzimpfungs-Richtlinie ist ein vollständiger, altersgerechter Impfstatus in der Gesamtbevölkerung in Deutschland. Dies wurde bislang bei weitem nicht erreicht: Impflücken in allen Bereichen •nur 54 % aller notwendigen Inlandsimpfungen werden durchgeführt •nur 63 % der Erwachsenen haben eine Tetanus-Auffrischimpfung in den letzten zehn Jahren erhalten •unter 50 % der über 60-Jährigen sind während einer Saison gegen Influenza geimpft; •nur jeder Fünfte des medizinischen Personals hat eine Impfung gegen Influenza (WHO-Ziel: 95 %). 24 Die von der STIKO empfohlenen Impfungen (siehe unter www.stiko.de) werden niedergelassenen Ärzten einzeln extrabudgetär honoriert, sodass es dafür weder Abstaffelungen noch Deckelung gibt, wenn beim Bezug der Impfstoffe das Wirtschaftlichkeitsgebot beachtet wird. Doch obgleich die Vorteile auf der Hand liegen, hapert es an vielen Stellen und vor allem bei chronisch Kranken. Impfen trotz Rheuma Bei entzündlichen rheumatologischen Erkrankungen spielt die körpereigene Abwehr eine entscheidende Rolle. Da das Immunsystem im Zentrum der rheumatologischen Krankheit steht, haben die Patienten eine erhöhte Neigung, Infekte zu bekommen. Infektionen zählen bei Rheuma-Patienten neben Herz- Kreislauferkrankungen zu den häufigsten Todesursachen. Deshalb sind allgemeine Schutzimpfungen bei diesen Patienten besonders wichtig. Doch eine Studie von Prof. Christoph Baerwald, Leip- zig, zeigte, dass nur ein Drittel der Patienten den empfohlenen Impfschutz hat. Welche Impfungen sind wichtig! Generell ist bei rheumatologischen Grunderkrankungen zu empfehlen, dass gegen Influenza geimpft wird, rechtzeitig im Herbst mit dem aktuellen Impfstoff. Es sollte auch einmalig gegen Pneumokokken und Meningokokken geimpft werden. Auch der Vierfachimpfstoff Diphtherie, Tetanus, Polio und Pertussis ist uneingeschränkt bei rheumatologischen Grunderkrankungen sinnvoll und sollte entsprechend den STIKO-Impfleitlinien alle zehn Jahre verabreicht werden. All diese Impfstoffe sind sogenannte Totimpfstoffe, der Impfstoff enthält nur inaktivierte Bestandteile von Krankheitserregern. Es besteht also keine Gefahr, durch die Impfung selbst die Krankheit zu bekommen. Man sollte möglichst impfen, bevor eine immunsuppressive Therapie einsetzt wird oder/und wenn die Erkrankung in einem ruhigen Stadium ist. Das heißt, es erfordert SCHMERZMEDIZIN 3/2013 (29. Jg.) Präventivmedizin Wer benötigt zusätzlich Impfung gegen Pneumokokken? eine gewisse Planung, die Impfungen rechtzeitig durchzuführen. Jedes Jahr sterben ungefähr 12.000 Patienten hierzulande an Pneumokokken-Erkrankungen. Gefährdet sind vor allem Patienten ab einem Alter von 60 Jahren. Obwohl sich in dieser Altersgruppe zwischen 80 % und 90 % der Todesfälle durch Pneumokokken-Erkrankungen wie z. B. Lungenentzündungen ereignen, sind laut aktuellen Datenerhebungen nur etwa 23 % der über 60-Jährigen bzw. 31 % der 65- bis 79-Jährigen in Deutschland gegen PneumokokkenErkrankungen geimpft. Von der STIKO wird ab einem Alter von 60 Jahren die einmalige Impfung mit einem Pneumokokken-PolysaccharidImpfstoff empfohlen. Sie ist eine Standardimpfung für alle Erwachsenen ab 60 Jahren und Pflichtleistung der Krankenkassen. Wiederholungsimpfungen im Abstand von fünf Jahren sind nur bei Immundefizienz mit T- u./o. B-zellulärer Restfunktion oder chronischer Nierenerkrankung bzw. nephrotischem Syndrom erforderlich. Bei einer Simultanimpfung sind Pneumokokken- / Influenzaimpfstoffe an verschiedenen Stellen zu injizieren. Impflücken bei Grunderkrankungen Personen mit vielen Grundkrankheiten haben ein erhöhtes Risiko, schwere oder tödliche Krankheitsverläufe einer Influenzainfektion zu entwickeln. Besonders gefährdet sind dabei Patienten, die eine Überempfindlichkeit der Atemwege oder eine eingeschränkte Lungenfunktion haben (z. B. Personen mit Asthma, chronischer Bronchitis, chronisch obstruktiver Lungenerkrankung), Personen mit einer chronischen Herz-Kreislauf-, Leber- oder Nierenkrankheit, Personen mit Diabetes oder einer anderen Stoffwechselkrankheit, Personen mit einer neurologischen oder neuromuskulären Grundkrankheit oder einem eingeschränkten Immunsystem durch eine zugrunde liegende Erkrankung oder Medikamenteneinnahme (beispielsweise hoch dosiertes Kortison, Chemotherapie bei Krebserkrankungen). Patienten mit diesen chronischen Grundkrankheiten sollten jedes Jahr gegen Influenza geimpft werden. Impfschutz gegen Influenza ist rückläufig Wann und wie oft impfen? Die jährliche Influenzawelle hat in Deutschland in den vergangenen Jahren meist nach der Jahreswende begonnen. Nach der Impfung dauert es 10 bis 14 Tage, bis der Impfschutz vollständig aufgebaut ist. Um rechtzeitig geschützt zu sein, wird deshalb empfohlen, sich bereits in den Monaten Oktober oder November impfen zu lassen. Selbst zu Beginn und im Verlauf der Grippewelle kann es noch sinnvoll sein, eine versäumte Impfung nachzuholen. Schließlich ist nie genau vorhersagbar, wie lange eine Influenzawelle andauern wird. Wer zu einer der Zielgruppen gehört, für die die STIKO die Influenzaimpfung empfiehlt, sollte sich jedes Jahr impfen lassen. Zum einen wird die Impfstoffzusammensetzung an die jeweils erwarteten Influenzavirustypen angepasst, zum anderen Nach den Daten der telefonischen Befragung des Robert Koch Institutes (RKI) haben sich 2009/2010 insgesamt 26,6 % der erwachsenen Bevölkerung gegen die saisonale Influenza impfen lassen. Die höchste Impfquote (47,5 %) war bei Personen ab 60 Jahren zu beobachten. Personen mit chronischen Grunderkrankungen hatten eine Impfquote von 39,8 % und das medizinische Personal eine Impfquote von 27,3 %. Zur Abschätzung der Impfquoten in der Saison 2010/11 wurde eine kleinere Gruppe der GEDA10-Teilnehmer im Frühjahr 2011 durch das RKI erneut befragt und diese Umfrage deutet auf einen weiteren Rückgang der Impfquoten hin (siehe auch Boehmer M et al., BMC Public Health 2012; 12:938). Insgesamt sind die Impfquoten in allen Zielgruppen in Deutschland somit weiterhin als viel zu niedrig einzustufen. Zielvorgaben der Europäischen Union, die eine Impfquote von 75 % bei älteren Personen und Personen mit chronischen Grundkrankheiten bis 2014/15 vorsehen, werden von Deutschland bisher nicht annähernd erreicht. Die Ärzte sollten ihre Patienten ermutigen, Impfungen konsequent aufzufrischen Influenza ist zudem die häufigste impfpräventable Infektionskrankheit auf Fernreisen. Dies gilt insbesondere auf Kreuzfahrtschiffen, Bus-, Bahn- oder Flugreisen, in organisierten Touristengruppen und auf Großveranstaltungen. SCHMERZMEDIZIN 3/2013 (29. Jg.) © emil umdorf / imago Reiseschutz für Senioren hält die Schutzwirkung der Impfung vermutlich nur eine Saison an. Immungeschwächte nur mit Totimpfstoffen Generell gilt bei allen Patienten, die eine sogenannte Immunsuppression haben, dass ihnen keine Lebendimpfstoffe verabreicht werden sollten wie zum Beispiel Masern-, Röteln- oder Mumps-Impfstoffen. Immunsuppressive Medikamente schwächen das Abwehrsystem zusätzlich. Autoimmunerkrankungen keine Kontraindikation Autoimmunerkrankungen stellen per se keine Kontraindikation für Schutzimpfungen dar. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Impfung gegen Influenza auch Personen mit Autoimmunerkrankungen (wie z. B. mit Multipler Sklerose, systemischem Lupus erythematodes oder rheumatoider Arthritis). Da jedoch Infektionen die Erkrankungen theoretisch auch negativ beeinflussen könnten, wird empfohlen, Impfungen für Patienten mit Autoimmunerkrankungen nach einer sorgfältiger Nutzen-Risikoabwägung zu verabreichen. In der Regel wird diese Risiko – Nutzenabwägung zugunsten einer Impfung ausfallen. Ausführliche Hinweise für die Impfung von Immunsupprimierten finden sich im Epidemiologischen Bulletin Nr. 39/2005. Onkologische Erkrankungen Generell sind die zugelassenen Impfstoffe bei onkologischen Patienten mit nicht eingeschränkter Immunfunktion sicher und zeigen den gleichen Nutzen wie bei Gesunden. Die Applikation von Totimpfstoffen ist unbedenklich, die spezifische Immunantwort aber unsicher und abhängig von der individuellen Immunsuppression. Wenn möglich sollte man drei Monate nach Chemotherapie abwarten, bevor eine Impfung erfolgt. Ggfs. ist eine serologische Kontrolle der Impfantikörper zu empfehlen, um die immunologische Auseinandersetzung mit dem Impfstoff zu dokumentieren. Die Influenzaimpfung ist auch bei Krebskranken einmal jährlich empfohlen, jedoch ist der Erfolg abhängig von der Grunderkrankung. Vor allem Patienten mit akuter Leukämie zeigen unter Chemotherapie eine schlechte Immunantwort. Titer, die bei Gesunden protektiv sind, sind bei onkologischen Patienten möglicherweise nicht ausreichend. Alternativ kann hier der Einsatz von Neuraminidasehemmern in Betracht gezogen werden. Zusätzlich ist die Impfung von Haushaltskontaktpersonen sinnvoll. Stephanie Kraus, Stephanskirchen 25 Kasuistik Komplexe Schmerzen bei Borreliose Chronische Schmerzen bei Borreliose stellen oft eine diagnostische und therapeutische Herausforderung dar. Die Interpretation der Laborbefunde gestaltet sich oft schwierig, die Vielfalt der resultierenden schmerzhaften Symptomatik erschwert oft eine zielgerichtete Therapie. D er 52-jährige Landschaftsgärtner stellt sich im Schmerzzentrum vor. Er klagt über Rückenschmerzen lumbal mit gürtelförmiger Ausstrahlung, teilweise auch Ausstrahlung in die linke Leiste und das linke Bein, darüber hinaus brennende Schmerzen im Lumbalbereich, im linken Knie- und Unterschenkel wie auch im rechten Unterarm und Ellenbogen, teilweise auch im Schulter-Nacken-Bereich. Anamnese Anamnestisch lässt sich eine Borrelieninfektion im Jahr 2010 eruieren. Ein Zeckenstich in der Achsel fiel zwar bei einer vorhandenen Zecke auf, allerdings zeigte erst eine zufällige optische Kontrolle nach 5 Wochen ein ausgeprägtes, doppelt handflächengroßes Erythem in der Axilla. Die daraufhin eingeleitete antibiotische Therapie mit Doxycyclin für 10 Tage brachte das Erythem schnell zum Abklingen. Nach drei Monaten kam es allerdings zu einer Exacerbation der zuvor schon bestehenden Kreuzschmerzen, darüber hinaus jetzt Kniegelenksschmerzen wechselnd auf beiden Seiten, Schulterschmerzen und Ellenbogenschmerzen, zunehmend auch Schmerzen im Bereich der Achillessehne des Mittelfußes und der Ellenbogen, insbesondere im Bereich der Sehnenansätze. Bei vorbestehenden Kreuzschmerzen und körperlich belastendem Arbeitsleben wurden die Beschwerden als Folge der schon zuvor bestehenden Rückenschmerzen interpretiert als Erythema migrans – Wanderröte nach einem Zeckenbiss degenerative Veränderungen sowohl der Kniegelenke als auch der Lendenwirbelsäule. Therapie Die Therapie zunächst mit frei verkäuflichen NSAR, dann hochdosiert mit Ibuprofen 2.400 mg am Tag plus Diclofenac 150 mg täglich brachte keinerlei Besserung. Umfangreiche Diagnostik zeigte eine abgelaufene Zytomegalieviursinfektion, Epstein-Barr-Virus-Infektion, eine abgelaufene Yersinien-Infektion und Campylobacter. Die ebenfalls durchgeführte Borrelienserologie ergab schwer zu interpretierende Werte, da bekanntermaßen sowohl IgG- als auch IgM-Antikörper über lange Zeit persistieren können. Bei anhaltenden wechselnden Gelenkbeschwerden erfolgte schließlich ein erneuter antibiotischer Therapieversuch im Jahr 2012, diesmal mit Ceftriaxon plus Ciprofloxacin. Hierunter kam es rasch zu einem vollständigen Verschwinden der wechselnden Gelenkbeschwerden, die brennenden Schmerzen im Lendenbereich, Kniegelenk, Unterschenkel und Unterarm sowie im Schulter-Nacken-Bereich blieben unverändert fortbestehen. Zunehmend kam es zu einer schmerzbedingten Störung des Nachtschlafes, so dass schließlich vom Hausarzt Amitryptilin in einer Dosierung von 75 mg abends gegeben wurde. Die Schlafqualität verbesserte sich darunter zwar, allerdings entstand nun eine massive Tagesmüdigkeit, zudem Gewichtszunahme. Ein Therapieversuch mit Gabapentin war wirkungslos, Pregabalin verbesserte die Schlafqualität, führte allerdings zu massivster Gewichtszunahme, Ödemen in Unter- und Oberschenkeln und einer ausgeprägten Obstipation sowie Tagesmüdigkeit. Befund © Niehoff / Imago Bei der Vorstellung im Schmerzzentrum findet sich eine ausgeprägte Dysbalance des körperaufrichtenden Systems bei Beckenverwringung mit Beckentiefstand links, Blockierung der Ileosacralgelenke, aktivierten Triggerpunkten im Bereich des gesamten körperaufrichtenden Systems, schwerpunktmäßig links im M. piriformis und Tensor fasciae latae sowie Tractus iliotibialis, im Bereich der langen Rücken- 26 strecker wie auch im Schulter-Nacken-Bereich. Reflexmuster unauffällig, die Oberflächensensibilität zeigt eine ausgeprägte Hyperalgesie im Bereich des gesamten linken Unterschenkels, der Lumbalregion von L1 bis S2, im Bereich des Schulter-Nacken-Gürtels rechtsbetont sowie im linken Unterarm. Intentionstendopathien in beiden Ellbogen sowie an der linken Achillessehne. Im linken Unterschenkel, rechtem Oberschenkel und rechtem Unterarm ausgeprägte dynamische Allodynie. Therapie und Verlauf Die sorgfältige Untersuchung ergab Hinweise darauf, dass sowohl die Störung des körperaufrichtenden Systems mit degenerativen Veränderungen, Funktionsstörungen der KreuzDarmbein-Gelenke und der Lendenwirbelsäule eine wesentliche Rolle spielten, darüber hinaus aber bei den bestehenden neurologischen plus-Phänomenen deutliche Hinweise auf eine Neuroborreliose bestanden. Bei Unverträglichkeit der primär eingesetzten antidepressiven und antikonvulsiven Therapie (Amitriptylin und Pregabalin) erfolgte nun ein Therapieversuch mit Oxycodon/Naloxon (Targin®) zunächst mit 10/5 mg, dann schließlich mit zweimal 15 mg Targin. Unter dieser Therapie kam es zu einem raschen Verschwinden der brennenden Schmerzsymptomatik sowie der ausgeprägten Allodynie. Im Gegensatz zur Therapie mit Antikonvulsiva entstanden so keine Ödeme und insbesondere die ausgeprägt einschränkende Obstipation konnte unter diesem Therapieregime vollständig vermieden werden. Zusammenfassung Bei dem komplexen Schmerzsyndrom spielen sowohl degenerative Veränderungen und Funktionsstörungen des körperaufrichtenden Systems wie auch neuropathische Schmerzen im Rahmen einer Neuroborreliose eine Rolle. Oxycodon/Naloxon bietet sich als Therapieoption an, da Oxycodon in Studien seine gute Wirksamkeit bei neuropathischen Schmerzen nachgewiesen hat, darüber hinaus können auch die Veränderungen aus dem nozizeptiven System effektiv behandelt werden und damit die Bewegungsfähigkeit wieder hergestellt werden. Das Nebenwirkungsprofil der Kombination Oxycodon/Naloxon (Targin®) ist für diesen Patienten deutlich günstiger als die Therapie mit Antikonvulsiva. Entzündungshemmer waren bei diesen Beschwerden vollständig unwirksam. Damit stellt Oxycodon/Naloxon (Targin®) eine wertvolle Therapieoption bei neuropathischen Schmerzen wie Neuroborreliosen dar. ■ Gerhard H.H. Müller-Schwefe, Göppingen SCHMERZMEDIZIN 3/2013 (29. Jg.) Bücherecke Pädiatrische Palliativmedizin — Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit lebenslimitierenden Erkrankungen benötigen eine umfassende Betreuung. Wie professionelle Helfer aus dem Palliativteam dem Kind im Angesicht des Todes begegnen können, vermittelt dieses Buch praxisnah, angelehnt an das Curriculum für Palliativmedizin. Die Autoren spannen den Bogen von den strukturellen, organisatorischen und ethischen Grundlagen, den Bedürfnissen von sterbenden Kindern über die praktische Schmerztherapie bis hin zur Situation von Betreuern und Geschwistern sowie Recht und Weiterbildung. Der praxisorientierte Schwerpunkt liegt bei der Symptomerfassung und Symptomtherapie mit neuen Kapiteln zu Notfällen und zur palliativen Sedierung. In eigenen Kapiteln werden besondere Aspekte der Versorgung schwerst-mehrfach behinderter Kinder oder krebskranker Kinder dargestellt. Hilfreich sind das neue Medikamentenverzeichnis und der kompakte Leitfaden zur Optimierung der stationären Palliativversorgung auf Normalstationen. StK Zernikow, Boris (Hrsg.): Palliativversorgung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen. 2., überarb. Aufl. 2013, XVII, 565 S., Softcover. 79,95 €. ISBN 978-3-642-29609-3. Springer Verlag, Heidelberg. Ältere sicher behandeln — Menschen im Alter über 65 Jahren bilden die am stärksten wachsende Bevölkerungsgruppe. Unerwünschte Arzneimittelwirkungen sind überdurchschnittlich häufig u.a. wegen: geänderter biologischer Eckdaten (Leberdurchblutung und Nierenfunktion vermindert, mehr Fett- weniger Muskelmasse), mangelnder Compliance und /oder Vielfachmedikation mit kaum vorhersagbaren Wechselwirkungen. Dieses Lehrbuch gibt medizinische Sicherheit, da kompetent geklärt wird, welche Medikamente Priorität haben. Auch die juristische und ökonomische Sicherheit werden dargestellt. Für alle Ärzte, die Ältere in der Praxis regelmäßig mit Medikamenten einstellen müssen, dürfte dieser Klassiker eine wertvolle Hilfe bei der Entscheidung sein, worauf verzichtet werden kann und welche Arzneimittel für ältere Patienten ungeeignet sind bzw. besondere Vorsicht erfordern. StK Wehling, Martin; Burkhardt, Heinrich (Hrsg.): Arzneitherapie für Ältere. 3., vollst. überarb. u. ak. Aufl. 2013, XV, 298 S. 52 Abb. Formate: eBook 39,99 €, ISBN 978-3-642-34873-0. Hardcover 49,99 €. Springer Verlag, Heidelberg. Integrative Krebstherapie — Für Betroffene ist die Diagnose Krebs immer noch ein Schock. Doch ein Tumor bedeutet in der Regel kein Todesur- teil mehr. Dr. Andrea Flemmer, Diplom-Biologin und Ernährungswissenschaftlerin, zeigt die natürlichen Therapien, die Krebspatienten ergänzend verwenden können, um ihre Selbstheilungskräfte zu mobilisieren. Außer einer natürlichen Ernährung gibt es die Misteltherapie, Heilkräuter aus dem Regenwald, die Hyperthermie, Tumorimpfung und viele mehr. Die Autorin weist zudem auf falsche Produktversprechen und Scharlatanerie hin. StK Dr. Andrea Flemmer: Krebs natürlich behandeln. Alle wichtigen ergänzenden Behandlungen Vorbeugen mit natürlichen Mitteln. 2013, 160 S., ca. 60 Farbfotos, Klappenbroschur, ISBN 978-3-89993-632-2.€ 19,95. Dieses Buch ist auch als E-Book erhältlich. Schlütersche Verlagsgesellschaft, Hannover. Ganzheitliche Schmerztherapie für Betroffene — Mehr als elf Millionen Patienten in Deutschland sind chronisch schmerzkrank. Viele von ihnen leiden erheblich und nehmen täglich Medikamente ein, die Nerven und Organe belasten. In diesem Ratgeber erläutern die Autorinnen Dr. med. Heike Bueß-Kovács, Ärztin und Medizinjournalistin und Birgit Kaltenthaler die wichtigsten Ursachen für chronische Schmerzen. Die beiden Expertinnen stellen die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten aus ganzheitlicher Sicht vor. Die beste Hilfe aus der Schmerzspirale bietet eine ganzheitliche Schmerztherapie, die neueste wissenschaftliche Konzepte mit sanften Maßnahmen kombiniert. Abgerundet wird dieses wertvolle Buch von einem Interview mit Dr. med. Hans-Joachim Balzat, Facharzt für Anästhesiologie und ärztlicher Leiter der Schmerzambulanz des Krankenhauses Herdecke. Dieser Ratgeber eignet sich gut für das Wartezimmer als Lektüre. StK Dr. med. Heike Bueß-Kovács, Birgit Kaltenthaler: Chronische Schmerzen natürlich behandeln. Heilmethoden, die für Linderung sorgen. Das können Sie selbst tun. 2013. 136 Seiten, ca. 60 Farbfotos, Klappenbroschur, ISBN 978-3-89993-635-3. € 19,95. Dieses Buch ist auch als E-Book erhältlich. Schlütersche Verlagsgesellschaft, Hannover. SCHMERZMEDIZIN 3/2013 (29. Jg.) 27