- LUTZ | ABEL Rechtsanwalts GmbH
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Vereinbarung einer Baukostenobergrenze und deren Folgen für den Planer RA Dr. Christoph Lichtenberg | lichtenberg@lutzabel.com Bei der Realisierung von Bauvorhaben spielen die voraussichtlichen Kosten fast immer eine wichtige Rolle. Gleich, ob es darum geht, dass einem öffentlichen Auftraggeber nur bestimmte Mittel zur Verfügung stehen, dass ein Investor eine bestimmte Rendite erreichen muss oder dass der „Häuslebauer“ nur eine bestimmte Summe aufbringen kann – letzten Endes gehört die Überlegung, was das Bauvorhaben kosten darf, stets zu den wichtigen Eckpunkten, die auch vertraglich zu berücksichtigen sind. 1. Vereinbarung einer Baukostenobergrenze Konsequenter erster Schritt ist daher, mit dem Planer (Architekten und/oder Ingenieur) über den Kostenrahmen und eine Kostenobergrenze zu sprechen. Die Leistung des Planers bedeutet den Anfang des Bauprojektes; hier wird der sprichwörtliche Grundstein für das Bauvorhaben gelegt. Der Planer muss daher schon in der Leistungsphase 1 – Grundlagenermittlung – den Kostenrahmen seines Auftraggebers abfragen („Klären der Aufgabenstellung auf Grundlage der Vorgaben oder der Bedarfsplanung des Auftraggebers“, „Beraten zum gesamten Leistungs- und Untersuchungsbedarf“). Tut er dies nicht, verletzt er regelmäßig schon damit seine Vertragspflichten (BGH, Urteil vom 21.03.2013, Az.: VII ZR 230/11). Für einen Architekten, der erst mit einer späteren Leistungsphase beauftragt wird – z.B. nur noch für die Ausschreibung und Bauüberwachung, Leistungsphasen 6 – 8, gilt aber dasselbe; auch dieser muss sich aktiv nach dem Kostenrahmen erkundigen (OLG München, Urteil vom 16.12.2014, Az.: 9 U 491/14 Bau). Naheliegend ist also, schon im Rahmen des Architektenvertrags oder zumindest direkt zu Beginn der Leistungen des Architekten mit diesem eine Baukostenobergrenze zu vereinbaren. Dabei stellt die Rechtsprechung an diese Vereinbarung keine sehr hohen Anforderungen. Die Vereinbarung muss keineswegs schriftlich oder im Architektenvertrag getroffen werden, sondern kann sich auch aus den Umständen ergeben. Insbesondere geht die Rechtsprechung von einer konkludent vereinbarten Kostenobergrenze be- reits dann aus, wenn der Bauherr nur begrenzte Finanzierungsmöglichkeiten hat, dem Architekten dies bekannt ist (OLG Schleswig, Urteil vom 22.11.2012, Az.: 1 U 18/12; BGH, Beschluss vom 12.03.2015, Az.: VII ZR 333/12, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen) und er dem nicht ausdrücklich widerspricht. Trotz oder gerade wegen dieser geringen Anforderungen und der damit im Streitfall verbundenen Beweisproblematik, ist beiden Parteien dringend zu empfehlen, die Einigung auf eine Baukostenobergrenze in irgendeiner Form schriftlich festzuhalten, sei es im Vertrag oder sei es durch einen Brief oder eine E-Mail, die ein Gespräch bestätigt o.ä. 2. Baukostenobergrenze ist Beschaffenheitsvereinbarung, aber nicht Garantie Die Vereinbarung der Baukostenobergrenze wird regelmäßig als Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne des werkvertraglichen Mängelrechts zu verstehen sein (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.11.2014, Az.: 22 U 94/14). Das heißt, dass eine Überschreitung der vereinbarten Baukosten grundsätzlich einen Mangel der Leistung des Planers darstellt (BGH, Urteil vom 23.01.2003, Az.: VII ZR 362/01). Das heißt aber im Regelfall nicht, dass sich der Planer persönlich verpflichten wollte, verschuldensunabhängig für jegliche Überschreitung der Baukosten einzustehen. Das wäre eine Baukostengarantie, an deren Vereinbarung sehr strenge Anforderungen zu stellen sind, wie auch das OLG Düsseldorf in der gerade erwähnten Entscheidung klargestellt hat. Eine „echte“ Baukosten- oder Bausummengarantie in diesem Sinne kommt in der Praxis nur sehr selten vor. 3. Kein Toleranzrahmen Ein weitverbreiteter Irrtum ist, dass dem Architekten hinsichtlich einer vereinbarten Baukostenobergrenze ein Toleranzrahmen zugutekäme. Sollten also die anfangs vereinbarten Baukosten am Ende nur um z.B. LUTZ | ABEL PRIVATES BAU- UND ARCHITEKTENRECHT 25 % überschritten sein, dann läge kein Mangel in den Architektenleistungen vor. Diese Annahme ist jedoch falsch; es gibt keinen solchen Toleranzrahmen. Jegliche Überschreitung der Kostenobergrenze stellt im Regelfall einen Mangel der Architektenleistungen dar (BGH, Urteil vom 23.01.1997, Az.: VII ZR 171/95). Das hat auch das OLG Schleswig in der oben erwähnten Entscheidung noch einmal betont. 4. Folgen für das Architektenhonorar Eine Überschreitung der vereinbarten Kostenobergrenze kann für den Architekten zunächst einmal empfindliche Folgen hinsichtlich seines Honorars haben. Das kann im Extremfall so weit gehen, dass der Honoraranspruch des Architekten entfällt. Wenn nämlich der Bauherr von der Durchführung des Bauvorhabens absieht, nachdem er festgestellt hat, dass sich mit der Planung des Architekten der Kostenrahmen nicht einhalten lässt, ist die Architektenleistung für ihn wertlos (vgl. BGH, Urteil vom 21.03.2013, Az.: VII ZR 230/11). Auf jeden Fall aber bildet die vereinbarte Kostenobergrenze die Obergrenze für die anrechenbaren Kosten als Grundlage des Honorars (BGH, Urteil vom 23.01.2003, Az.: VII ZR 362/01). Der Architekt kann also auch dann, wenn der Bauherr das teurere Projekt verwirklicht, an der Kostenerhöhung nicht mehr „mitverdienen“. 5. Schadensersatzansprüche Daneben sind aber auch Schadensersatzansprüche denkbar. Denn Folge des Mangels der Architektenleistung ist, dass das Bauwerk teurer geworden ist als es nach den vertraglichen Vereinbarungen werden sollte. Grundsätzlich besteht also ein Schaden des Bauherrn in Form der Kosten, welche die vereinbarte Grenze überschreiten. Die Geltendmachung dieses Schadens ist für den Bauherrn allerdings mit einigen Hürden verbunden, von denen die beiden erheblichsten sind: -Der Fehler des Architekten muss für die erhöhten Baukosten kausal geworden sein. Daran fehlt es schon, wenn der Bauherr in Kenntnis der voraussichtlichen Kostenüberschreitung unverändert hat weiterbauen lassen (BGH, Beschluss vom 07.02.2013, Az.: VII ZR 3/12). Der Bauherr muss für die Geltendmachung des Schadens dem Grunde nach nachweisen, dass er sich bei rechtzeitiger Aufklärung über die Baukostenerhöhung anders verhalten hätte, also entweder kostenverringernde Maßnahmen ergriffen oder von dem Vorhaben LUTZ | ABEL Abstand genommen hätte. Diese Darlegungs- und Beweislast wird nach der Rechtsprechung auch nicht durch eine Vermutung aufklärungsgerechten Verhaltens erleichtert (OLG Hamm, Urteil vom 15.03.2013, Az.: 12 U 152/12; OLG Koblenz, Urteil vom 14.06.2006, Az.: 6 U 994/05). -Darüber hinaus muss sich der Bauherr Wertvorteile anrechnen lassen, zu denen in erster Linie die Wertsteigerung des Objektes infolge der Baukostenerhöhung zählt (OLG Hamm, Urteil vom 15.03.2013, Az.: 12 U 152/12; OLG Saarbrücken, Urteil vom 10.01.2006, Az.: 4 U 768/01-152). Oftmals wird in diesem Zusammenhang angenommen, dass die Wertsteigerung des Objektes der Steigerung der Baukosten entspricht, was dann dazu führt, dass ein dem Grunde nach bestehender Schadensersatzanspruch in der Höhe auf null zurückgeführt wird. Dass diese Annahme nicht richtig ist, wird sich im Regelfall nur über ein Wertgutachten nachweisen lassen. Obwohl der Mangel in der Architektenleistung – Überschreitung der vereinbarten Baukostenobergrenze – also grundsätzlich zu einem Schadensersatzanspruch führen kann, wird es dem Bauherrn in den meisten Fällen schwer fallen, diesen Schadensersatzanspruch erfolgreich darzulegen und durchzusetzen. Gelingt dem Bauherrn das im Einzelfall, muss sich der Architekt u.U. noch mit seiner Haftpflichtversicherung darüber auseinandersetzen, ob der Schadensersatzanspruch unter den Ausschluss aus Ziff. 4.2 der BBR-Architekten fällt, was allerdings bei der gebotenen engen Auslegung des Ausschlusstatbestandes nicht der Fall sein sollte. Dr. Christoph Lichtenberg _ Rechtsanwalt, Partner _F achanwalt für Bau- und Architektenrecht lichtenberg@lutzabel.com