- LUTZ | ABEL Rechtsanwalts GmbH
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RECHT AKTUELL 03 / 2013 Recht Aktuell 03/2013 Sehr geehrte Leserinnen und Leser, wie in jedem Jahr möchten wir Sie an dieser Stelle auf die in vielen Fällen drohende Jahresendverjährung zum 31.12.2013 hinweisen. Bitte prüfen Sie Ihre Unterlagen auf Ansprüche, die möglicherweise von der Verjährung betroffen sein könnten. Dies sind vor allem solche Ansprüche, die im Jahr 2010 entstanden sind und der gesetzlichen, dreijährigen Regelverjährung unterliegen. Gerne unterstützen wir Sie dabei, mögliche Ansprüche zu prüfen und mit rechtzeitigen Maßnahmen einen drohenden Verjährungseintritt zu verhindern. Wir haben uns in diesem Jahr personell deutlich verstärkt und freuen uns, auch in der letzten Ausgabe von Recht Aktuell eine neue Kollegin vorstellen zu können. Seit dem 1. November 2013 haben wir mit Frau Rechtsanwältin Katrin Reißenweber eine erfahrene Kollegin für die Praxisgruppe Real Estate in München hinzugewonnen, deren Expertise insbesondere in den Bereichen Bau- und Immobilienrecht sowie in der Prozessführung liegt. Frau Reißenweber ist seit 2006 als Rechtsanwältin auf das Baurecht spezialisiert. Nun laden wir Sie ein, auf den nächsten Seiten tiefer in aktuelle Themen und Gerichtsentscheidungen in den von uns betreuten Rechtsgebieten einzusteigen. Für Fragen zu den Beiträgen stehen Ihnen die Autoren sowie das gesamte LUTZ | ABEL Team gerne zur Verfügung. Wir wünschen Ihnen allen eine besinnliche Adventszeit, gesegnete Weihnachten und alles Gute für das Jahr 2014. Herzliche Grüße Ihre LUTZ | ABEL Rechtsanwalts GmbH Lutz | Abel Recht Aktuell 03/2013 3 Veranstaltungen Real Estate 9. Kolloquium Bauen in Boden und Fels Vortrag „Die aktuelle obergerichtliche Rechtsprechung zu Boden und Fels“ im Rahmen des Kolloquiums RA Dr. Rainer Kohlhammer 14. und 15. Januar 2014 | Technische Akademie Esslingen e. V. An der Akademie 5 | 73760 Ostfildern/Stuttgart Weitere Informationen unter www.tae.de/baueninbodenundfels Vermeiden Sie Frust am Bau – die eigene Sparkassen-Baustelle professionell managen Spezialseminar der Sparkassenakademie Bayern RA Dr. Rainer Kohlhammer u.a. 27. und 28. März 2014 | Landshut | Sparkassenakademie Bayern Bürgermeister-Zeiler-Straße 1 | 84036 Landshut Weitere Informationen unter www.lutzabel.com/aktuelles/veranstaltungen Kontakt Für Fragen zu den Veranstaltungen und zur Anmeldung stehen Ihnen die Referenten sowie Mareike Müller (Telefon: +49 89 54 41 47-0, E-Mail: mueller@lutzabel.com) gerne zur Verfügung. 4 Recht Aktuell 03/2013 Lutz | Abel Inhaltsverzeichnis Arbeitsrecht 6 Neue Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (BAG) Privates Bau- und Architektenrecht 9 Widerklage des Architekten gegen den mitverklagten Bauunternehmer auf Gesamtschuldnerausgleich Kathrin Fetsch Nikolaus Thielen 11 Der Makler als Diener zweier Herren - Grenzen der Doppeltätigkeit des Maklers Dr. Verena Wachinger. 13 Risikozuweisungen – hier: des Baugrundrisikos – durch Allgemeine Geschäftsbedingungen im Rahmen eines PPP-Vertrages Dr. Christoph Lichtenberg Gewerblicher Rechtschutz 15 Stellen Datenschutzvorschriften Marktverhaltensregeln im Sinne des Wettbewerbsrechts dar? Handels- und Gesellschaftsrecht 19 Zur Haftung des Geschäftsführers einer Komplementär-GmbH Matthias Sauter Maximilian von Mettenheim 21 Zur Professionalisierung der Aufsichtsratsarbeit Teil 2: Hilfspersonen des Aufsichtsrats Dr. Lorenz Jellinghaus 23 Kein Ausschluss der Haftung des Vorstands einer Aktiengesellschaft aufgrund formloser Billigung des Vorstandshandelns durch die Aktionäre Kilian K. Eßwein 25 Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten als Haftungsmaßstab bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts – hier: Statiker-ARGE Dr. Christian Dittert Öffentliches Baurecht 27 Die Pflicht zur Sanierung schädlicher Bodenveränderungen und die Vorteile von Sanierungsverträgen Wiebke Hederich 29 Der Mindestabstand zwischen Gebäuden wird kleiner Dr. Christian Braun Vergaberecht 31 Ärztekammern sind keine öffentlichen Auftraggeber Dr. Christian Kokew Lutz | Abel Recht Aktuell 03/2013 5 Arbeitsrecht Arbeitsrecht Neue Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (BAG) RAin Kathrin Fetsch | fetsch@lutzabel.com 1.Bestimmtheit einer ordentlichen Kündigung (Urteil vom 20.06.2013 – 6 AZR 805/11) Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat sich in seiner Entscheidung vom 20.06.2013 erneut mit den formalen Anforderungen an eine wirksame Kündigungserklärung auseinandergesetzt. Es hat dabei klargestellt, dass es für die Bejahung einer hinreichend bestimmten Erklärung genügt, dass bei einer ordentlichen Kündigung in der Kündigungserklärung entweder der Kündigungstermin oder die Kündigungsfrist angegeben ist. Geklagt hatte eine Arbeitnehmerin, deren Arbeitsverhältnis vom Insolvenzverwalter insolvenzbedingt „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ gekündigt worden war. Zudem wurde im Kündigungsschreiben auf die anwendbaren gesetzlichen Grundlagen § 622 BGB und § 131 InsO hingewiesen. Die Vorinstanzen hatten der Klage stattgegeben. Das BAG hat jedoch auf die Revision der Beklagten hin das Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Hamm aufgehoben und die Klage abgewiesen. Das BAG hat ausgeführt, dass für die Auslegung einer Kündigungserklärung nicht allein auf den Wortlaut der Erklärung abzustellen ist. Vielmehr seien auch alle Begleitumstände, die dem Erklärungsempfänger bekannt waren und die für die Frage erheblich sein können, welchen Willen der Erklärende bei Abgabe der Erklärung hatte, zu würdigen. Nach dieser Würdigung der Gesamtumstände muss eine Kündigung bestimmt und unmissverständlich sein. Der Empfänger einer ordentlichen Kündigung muss demnach erkennen können, wann das Arbeitsverhältnis enden soll. Nach Ansicht des BAG genügt bei einer ordentlichen Kündigung dafür regelmäßig die Angabe des Kündigungstermins oder der Kündigungsfrist. Vor diesem Hintergrund sei auch eine Kündigung zum nächstzulässigen Termin möglich, wenn dem Erklä- 6 Recht Aktuell 03/2013 rungsempfänger die Dauer der Kündigungsfrist bekannt oder für ihn bestimmbar ist. Dies sei allerdings dann nicht mehr der Fall, wenn in der Erklärung mehrere Termine für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses genannt werden und für den Erklärungsempfänger nicht erkennbar ist, welcher Termin gelten soll. In diesem Fall muss die Kündigung als unbestimmt angesehen werden. Mit dieser Entscheidung setzt das BAG seinen bisherigen Kurs in Bezug auf die formalen Anforderungen an ein Kündigungsschreiben fort. Es ist richtig, die formalen Anforderungen an eine Kündigungserklärung nicht zu überspannen. Vor dem Hintergrund dieser Entscheidung ist Arbeitgebern zu raten, bei einer ordentlichen Kündigung im Kündigungsschreiben zumindest einen Endtermin zu nennen und auf die geltende Kündigungsfrist Bezug zu nehmen. Selbst wenn die angegebene Frist zu kurz bemessen sein sollte, ist die Kündigungserklärung nach der Rechtsprechung des BAG insoweit der Auslegung zugänglich, der Arbeitgeber habe die Kündigung in jedem Fall fristwahrend aussprechen wollen. 2.Kein Auskunftsanspruch bei abgelehnter Bewerbung (Urteil vom 25.04.2013 – 8 AZR 787/08) Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte in seinem Urteil vom 25.04.2013 über die Frage zu entscheiden, ob sich aus der verweigerten Auskunft über die Person des letztlich eingestellten Bewerbers die Vermutung einer Diskriminierung des abgelehnten Bewerbers herleiten lässt. In seinem Urteil hat das BAG klargestellt, dass ein abgelehnter Stellenbewerber gegen den Arbeitgeber keinen Anspruch auf Auskunft über den eingestellten Bewerber und die Gründe für die getroffene Personalauswahl hat. Zudem führe allein die Verweigerung einer Auskunft durch den Arbeitgeber über die Person, die anstelle des abgelehnten Bewerbers vom Arbeitgeber eingestellt worden ist, und die für diese Personalentscheidung entscheidenden Lutz | Abel Arbeitsrecht Kriterien für sich genommen nicht zu der Vermutung, es läge eine Benachteiligung gemäß §§ 1, 7 AGG vor. Die Klägerin hat in dieser Rechtsangelegenheit Entschädigungsansprüche wegen einer Benachteiligung bei einer Stellenbewerbung geltend gemacht und verlangte zudem Auskunft über die von der Beklagten eingestellte Person und die dafür ausschlaggebenden Kriterien. Die in Russland geborene Klägerin hatte dort ein Studium absolviert und schloss dieses mit der Qualifikation einer Systemtechnik-Ingenieurin ab. Sie bewarb sich auf eine Stellenanzeige der Beklagten für „eine/n erfahrene/n Softwareentwickler/in“ und erhielt kurz darauf eine Absage. Das Schreiben enthielt keine Gründe für die Absage. Die Klägerin war der Auffassung, dass sie sämtliche Kriterien der ausgeschriebenen Stelle erfülle und daher die Ablehnung durch ihre Herkunft oder ihr Geschlecht oder ihr Alter motiviert sein müsse. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Auch die Revision der Klägerin vor dem 8. Senat blieb erfolglos. Das BAG hat klargestellt, dass der Klägerin kein Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG zustehe. Sie habe keine ausreichenden Indizien dargelegt, die die Vermutung nahelegen, die unterbliebene Einladung zu einem Bewerbungsgespräch sei auf einen der in § 1 AGG genannten Gründe zurückzuführen. Dafür hätte die Klägerin Tatsachen vortragen müssen, aus denen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf geschlossen werden kann, dass die weniger günstige Behandlung aufgrund eines unzulässigen Diskriminierungsmerkmals erfolgt ist. Das BAG hat ausgeführt, dass allein der Umstand, dass die Klägerin nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden ist, nicht zu der Vermutung einer unzulässigen Diskriminierung führe. Der Arbeitnehmer habe keinen allgemeinen Anspruch auf Einladung zu einem Vorstellungsgespräch. Das BAG führt weiter aus, dass allein die Verweigerung einer Auskunft durch den Arbeitgeber, welchen Bewerber er eingestellt habe bzw. welche Gründe für die getroffene Personalauswahl entscheidend waren, kein Indiz für die Vermutung einer Diskriminierung sei. Ein abgelehnter Bewerber habe weder nach deutschem noch nach europäischem Recht einen Auskunftsanspruch, so dass eine Verweigerung einer solchen Auskunft grundsätzlich keine nachteiligen Rechtsfolgen für den Arbeitgeber haben könne. Lutz | Abel Die Verweigerung jeglicher Information durch den Arbeitgeber könne allenfalls in speziellen Ausnahmefällen ein Indiz für eine Diskriminierung darstellen und somit zu einer Beweislastumkehr nach § 22 AGG zu Lasten des Arbeitgebers führen. Dies sei dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer schlüssige Anhaltspunkte darlegen kann, aus denen er folgert, erst die geforderte, aber verweigerte Auskunft werde es ihm ermöglichen, eine gegen § 7 AGG verstoßende Benachteiligung entsprechend der Beweislastregel des § 22 AGG nachzuweisen. Dabei dürfe er sich allerdings nicht auf Behauptungen „ins Blaue hinein“ beschränken. Anderenfalls müsste er schlüssig darlegen, aus welchen Gründen gerade die Verweigerung der Auskunft für sich allein betrachtet oder in der Gesamtschau aller Umstände die Vermutung einer Benachteiligung begründet. Das BAG hat damit Bewerbern ganz klar die Möglichkeit versagt, allein mit der Behauptung, sie seien optimal qualifiziert und am besten für die Stelle geeignet, eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch oder eine Auskunft darüber zu erzwingen, welcher Bewerber unter welchen Umständen die Stelle am Ende erhalten hat. Das AGG soll nach seinem Normzweck nicht dazu dienen, Arbeitnehmer oder Bewerber generell vor unsachlichen Entscheidungen des Arbeitgebers zu schützen. 3. A bgrenzung zwischen Arbeitsvertrag und Werkvertrag (Urteil vom 25.09.2013 – 10 AZR 282/12) Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte kürzlich erneut über die Frage der Abgrenzung eines Arbeitsvertrags zum Werkvertrag zu entscheiden. Dabei hat es umfassend zu den einzelnen Abgrenzungskriterien Stellung genommen. Das BAG stellte dabei erneut klar, dass die Frage, welches Rechtverhältnis vorliege, anhand einer Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalls zu ermitteln sei. Bei einem Widerspruch von vertraglicher Vereinbarung und tatsächlicher Durchführung sei stets letztere maßgebend. Die Parteien dieser Rechtsangelegenheit stritten über die Frage, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis besteht. Der Kläger ist für den Beklagten seit 2005 auf der Grundlage von zehn als Werkvertrag bezeichneten Verträgen tätig geworden. Nach dem letzten Vertrag vom 23.03./01.04.2009 war es Aufgabe des Klägers, für das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege (BLfD) Bodendenkmäler in einem EDV-gestützten System zu erfassen und nachzuqua- Recht Aktuell 03/2013 7 Arbeitsrecht lifizieren. Der Kläger musste seine Tätigkeit wegen der notwendigen Dateneingabe in die behördeneigene Datenbank in der Dienststelle des BLfD erbringen. Einen Schlüssel zu den Dienststellen besaß der Kläger nicht. Er hatte zu den üblichen Arbeitszeiten der Dienststelle gearbeitet, ohne dabei am Zeiterfassungssystem teilzunehmen. Über einen zur Verfügung gestellten PC-Arbeitsplatz mit persönlicher Benutzerkennung wurde ihm der Zugang zu den Eingabemasken ermöglicht. Zeitweise verfügte er über eine dienstliche E-Mail-Adresse und war im Outlook-Adressverzeichnis aufgeführt. Der Termin zur Fertigstellung der vereinbarten Leistungen wurde anhand der Zahl der im Arbeitsgebiet bekannten archäologischen Fundstellen kalkuliert. Die Vorinstanzen hatten der Klage stattgegeben. Die Revision des Beklagten vor dem 10. Senat blieb ohne Erfolg. Das BAG hat ausgeführt, dass zwischen den Parteien kein Werkvertrag, sondern ein Arbeitsverhältnis begründet worden ist. Nach § 631 BGB wird der Unternehmer durch einen Werkvertrag zur Herstellung des versprochenen Werks verpflichtet. Gegenstand des Werkvertrags ist die Herstellung oder Veränderung einer Sache oder ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg. Gegenstand eines Dienstvertrags nach § 611 Abs. 1 BGB ist dagegen die Tätigkeit als solche. Für die Abgrenzung des Werkvertrags zum Dienstvertrag sei daher maßgebend, ob ein bestimmtes Arbeitsergebnis bzw. ein bestimmter Arbeitserfolg oder eine bestimmte Dienstleistung als solche geschuldet wird. Das Arbeitsverhältnis in Form eines Dienstverhältnisses unterscheide sich von dem Rechtsverhältnis eines Werkunternehmers zudem maßgeblich durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit. Arbeitnehmer sei, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Der Werkunternehmer ist dagegen selbständig. Er organisiert die für die Erreichung eines wirtschaftlichen Erfolgs notwendigen Handlungen nach seinen eigenen betrieblichen Voraussetzungen und ist für die Herstellung des geschuldeten Werks gegenüber dem Besteller verantwortlich. samtwürdigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalls zu ermitteln sei. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist stets letztere maßgebend. Fehle es an einem abgrenzbaren, dem Auftragnehmer als eigene Leistung zurechenbaren und abnahmefähigen Werk, komme ein Werkvertrag nach Ansicht des BAG kaum in Betracht, weil der Auftraggeber durch weitere Weisungen den Gegenstand der vom Auftragnehmer zu erbringenden Leistung erst bestimmen und damit Arbeit und Einsatz erst bindend organisieren muss. Wesentlich sei immer, inwiefern Weisungsrechte ausgeübt werden und in welchem Maß der Auftragnehmer in einen bestellerseitig organisierten Produktionsprozess eingegliedert ist. Wird die Tätigkeit über den Besteller geplant und organisiert und wird der Werkunternehmer in einem arbeitsteiligen Prozess in einer Weise eingegliedert, die eine eigenverantwortliche Organisation der Erstellung des vereinbarten Werks faktisch ausschließt, liege ein Arbeitsverhältnis nahe. Zudem wies das BAG darauf hin, dass allein eine vertragliche Regelung zur Gewährleistung und werkvertraglichen Nachbesserung den Vertrag im Hinblick auf die geschuldete Tätigkeit und die gelebte Vertragspraxis nicht zu einem Werkvertrag mache. Dies sei vor allem dann nicht der Fall, wenn nicht ersichtlich ist, dass die Nachbesserungsklausel einen realen Hintergrund hatte und je zur Anwendung gekommen ist. Die Entscheidung des BAG zeigt, dass der Werkvertrag in den meisten Fällen nicht geeignet ist, ein nicht gewolltes Arbeitsverhältnis zu umgehen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass eine Vielzahl von abgeschlossenen Werkverträgen tatsächlich als Dienstvertrag und folglich als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren sind und damit eine Scheinselbstständigkeit vorliegt. Das BAG weist in seinem Urteil ausdrücklich darauf hin, dass zwingende gesetzliche Regelungen für Arbeitsverhältnisse nicht dadurch abbedungen werden können, dass die Parteien ihrem Arbeitsverhältnis eine andere Bezeichnung geben. Um die Gefahr einer Scheinselbstständigkeit zu vermeiden, sollten Arbeitgeber vor Abschluss eines Werkvertrags genau prüfen, ob unter Zugrundelegung der aufgestellten Kriterien tatsächlich ein Werkvertrag gegeben ist oder das Vertragsverhältnis nicht doch als Arbeitsverhältnis anzusehen ist. Das BAG hat klargestellt, dass die Beurteilung, welches Rechtsverhältnis vorliegt, anhand einer Ge- 8 Recht Aktuell 03/2013 Lutz | Abel Privates Bau- und Architektenrecht Privates Bau- und Architektenrecht Widerklage des Architekten gegen den mitverklagten Bauunternehmer auf Gesamtschuldnerausgleich RA Nikolaus Thielen | thielen@lutzabel.com Das OLG Köln hat mit Urteil vom 13.03.2013 (Az.: 16 U 123/12, vorgehend: LG Bonn, Urteil vom 28.06.2012, Az.: 12 O 121/08) entschieden, dass die Widerklage eines Architekten, der von seinem Auftraggeber wegen unzureichender Objektüberwachung auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird, gegen den ebenfalls wegen des Baumangels verklagten Unternehmer auf Gesamtschuldnerausgleich, unzulässig ist. 1.Rechtlicher Hintergrund Schwierigkeiten in formeller wie in materieller Hinsicht stehen in Bauprozessen häufig in engem Zusammenhang mit dem Dreiecksverhältnis zwischen den Prozessbeteiligten. Bei Baumängeln kann der Auftraggeber sowohl den Unternehmer als auch den bauüberwachenden Architekten in Anspruch nehmen. Der Unternehmer haftet wegen der mangelhaften Bauleistung, der Architekt wegen unzureichender Objektüberwachung. Dem Auftraggeber steht es dabei grundsätzlich frei, ob er den Architekten, den Bauunternehmer oder beide als Gesamtschuldner in Anspruch nimmt. Der Ausgleich zwischen den Gesamtschuldnern im Innenverhältnis richtet sich wiederum nach der Haftungsquote. Das OLG Köln hat sich in seiner Entscheidung vom 13.03.2013 mit der Frage befasst, ob im Rahmen des primären Rechtsstreits des Auftraggebers gegen den Architekten und den Bauunternehmer auch über den Innenausgleich der Gesamtschuldner zu entscheiden ist. 2.Sachverhalt Die Klägerin wurde als Generalunternehmerin mit der schlüsselfertigen Errichtung von Reihen- und Doppelhäusern beauftragt. Die Häuser sollten nach Lutz | Abel der Planung des Auftraggebers mit sogenannten „Wärmedächern“ ausgestattet werden, bei denen die Isolierung ohne Hinterlüftung unmittelbar unter die dicht geschlossene Dachfläche gesetzt und nach unten durch eine Dampfsperre luftdicht abgeschlossen wird. Mit der Durchführung der Trockenarbeiten, zu denen auch der Einbau der Dampfsperre unterhalb der Dachisolierung und das anschließende Aufbringen der Rigips-Deckenverkleidung gehörten, beauftragte die Klägerin einen Bauunternehmer. Der beauftragte Architekt war unter anderem mit der Bauüberwachung betraut. Nach Fertigstellung traten Feuchtigkeitsschäden in der Dachkonstruktion auf. Die Klägerin nahm den Bauunternehmer und den Architekten als Gesamtschuldner wegen des entstandenen Schadens in Anspruch. Daraufhin erhob der beklagte Architekt eine Widerklage sowohl gegen die Klägerin als auch gegen den mitverklagten Bauunternehmer. Mit der Widerklage gegen den Bauunternehmer begehrte er gesamtschuldnerischen Ausgleich im Innenverhältnis. Anmerkung: Die Widerklage kann der Beklagte im Rahmen einer rechtshängigen Streitsache gegen den Kläger erheben, wenn sie mit dem Klageanspruch in Zusammenhang steht. Das ist der Fall, wenn die geltend gemachten Forderungen auf ein gemeinsames Rechtsverhältnis zurückzuführen sind. Darüber hinaus kann die Widerklage auch als sogenannte Drittwiderklage gegen den Kläger und zugleich gegen einen bisher am Rechtsstreit nicht beteiligten Dritten als Streitgenossen i.S.d. §§ 59, 60 ZPO erhoben werden. Streitgenossenschaft liegt vor, wenn gleichartige und auf einem im Wesentlichen gleichar- Recht Aktuell 03/2013 9 Privates Bau- und Architektenrecht tigen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhende Ansprüche oder Verpflichtungen den Gegenstand des Rechtsstreits bilden. Die isolierte Drittwiderklage steht mit der Klage in Zusammenhang und kann vom Beklagten gegen einen bisher nicht am Rechtsstreit Beteiligten Dritten erhoben werden. 3.Entscheidung Das OLG Köln hält die Widerklage gegen den mitverklagten Bauunternehmer bereits für unzulässig. Damit schließt sich das Gericht der herrschenden Meinung an, die eine Widerklage zwischen Streitgenossen auf der gleichen Seite grundsätzlich als unzulässig ansieht. Das Gericht führt weiter aus, dass es nach einer in der Literatur vertretenen Ansicht zwar möglich sei, unter den Voraussetzungen der Drittwiderklage gegen den Mitbeklagten vorzugehen, dies setze aber voraus, dass es sich bei den Widerbeklagten um Streitgenossen im Sinne der §§ 59 ff. ZPO handle. Dies sei vorliegend aber nicht der Fall. Der beklagte Architekt nehme die Klägerin im Rahmen der Widerklage mit der Begründung in Anspruch, eine Haftung bestehe nicht bzw. nicht in vollem Umfang. Mit der (Dritt-)Widerklage gegen den mitverklagten Bauunternehmer verlange er hingegen einen (vorweggenommenen) Gesamtschuldnerausgleich. An dem Gesamtschuldverhältnis sei die Klägerin jedoch nicht beteiligt. Vor diesem Hintergrund werden also zwei unterschiedliche Ansprüche aus unterschiedlichem und nicht gleichartigem Rechtsgrund geltend gemacht. Auch als isolierte Drittwiderklage sei die Widerklage gegen den mitverklagten Bauunternehmer unzulässig. Zur Begründung führt das Gericht aus, es fehle zunächst am erforderlichen Zusammenhang der Widerklage mit dem Klageanspruch. Eine isolierte Drittwiderklage setzte nämlich voraus, dass die Klageforderungen tatsächlich und rechtlich eng miteinander verknüpft sind und keine schutzwürdigen Interessen des Widerbeklagten verletzt werden. Ein derart enger Zusammenhang bestehe vorliegend nicht. Der Schadensersatzklage des Bauherrn stehe der Innenausgleich zwischen bauaufsichtsführendem Architekt und Werkunternehmer gegenüber. Der Gesamtschuldnerausgleich beruhe auf einem eigenständigen Rechtsverhältnis der Gesamtschuldner. Zudem sei eine Zulassung auf Durchführung des Gesamtschuldnerausgleichs im Wege der Widerklage nicht grundsätzlich prozessökonomisch und sinnvoll, sondern widerspreche regelmäßig schutzwürdigen 10 Recht Aktuell 03/2013 Interessen des klagenden Bauherrn. Schließlich sei der Bauherr an der Auseinandersetzung der verklagten Gesamtschuldner im Innenverhältnis nicht beteiligt. Zudem könne er ein berechtigtes Interesse daran haben, zur beschleunigten Durchsetzung seiner Ansprüche zunächst nur einen Gesamtschuldner zu verklagen. Durch die Einbeziehung bis dahin nicht am Rechtsstreit beteiligter Parteien drohe der Prozess jedoch unübersichtlicher zu werden. Letztendlich sei eine Verzögerung des Verfahrens zu befürchten, wenn zusätzlich über die Haftungsquoten im Innenverhältnis gestritten werde. 4.Fazit Nach der Entscheidung des OLG Köln muss der Architekt gesamtschuldnerische Regressansprüche gegen den Bauunternehmer in einem gesonderten Prozess geltend machen. Dies dürfte unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des klagenden Bauherrn auch sinnvoll sein. Das Urteil des OLG Köln stößt allerdings auch auf Kritik. Im Rahmen der 42. Baurechtstagung in Hamburg nahm Herr Prof. Dr. Burkhard Messerschmidt (Bonn) in einem Vortrag zum Thema „Freistellung, Feststellung und Streitverkündung im Dreiecksverhältnis“ zu den Argumenten des Gerichts Stellung: -Dass die Klageforderungen tatsächlich und rechtlich eng miteinander verknüpft seien, liege in Form des unter den drei Beteiligten zu klärenden und zu regelnden Mangelaufwandes einschließlich seiner Verteilung auf der Hand. -Eine Zäsur zwischen Schadensersatzklage und Innenausgleich zu setzen, sei nicht angebracht, da es dem überwachenden Architekten jederzeit freistehe, parallel eine gesonderte Freistellungsklage zu erheben. -Dem Rechtsverhältnis der Gesamtschuldner komme vorliegend auch kein eigenständiger Charakter zu, weil die Stellung als Gesamtschuldner durch das Begehren des Bauherrn ausgelöst worden sei. -Bei Zulassung der Drittwiderklage auf gesicherter Tatsachenbasis könne eine abschließende Klärung unter allen drei Parteien einheitlich und schneller erfolgen als in mehreren Rechtsstreitigkeiten. -Zwar sei der Bauherr tatsächlich nicht an der Auseinandersetzung der verklagten Gesamtschuldner beteiligt, es bestehe aber ein enger Zusammenhang der vom Bauherrn überhaupt erst ausgelösten Gesamtschuldnerschaft. -Das Argument, der Prozess werde unübersicht- Lutz | Abel Privates Bau- und Architektenrecht licher, sei zu vernachlässigen, da regelmäßig bei unterschiedlichen Verfahren zusätzlich streitiger Stoff anfalle, der erhöhte Risiken für alle Verfahrensbeteiligten nach sich ziehe. -Über den Umfang der Gesamtschuldnerhaftung und den jeweils zu übernehmenden Anteil könne ohne Weiteres uno actu (d.h. in einem Verfahren) entschieden werden, so dass sich das Verfahren nicht erheblich verzögern würde. unzulässig sei. Er hält jedoch eine streitgenössische Erweiterungsklage für ein geeignetes Prozessmittel, um einheitliche Lebensverhältnisse – etwa im Zusammenhang mit der Haftung für Mängel – auch einer einheitlichen gerichtlichen Entscheidung zuzuführen. In diesem Zusammenhang ist jedoch darauf hinzuweisen, dass auch die Zulässigkeit von Erweiterungsklagen gegen Streitgenossen noch nicht abschließend geklärt ist. Prof. Dr. Messerschmidt hält die Argumente des OLG Köln in Anbetracht dessen für nicht überzeugend. Nach seiner Auffassung handle es sich allerdings streng genommen nicht um eine Drittwiderklage, die damit also aus rein dogmatischen Gesichtspunkten Das OLG Köln hat die Revision in seinem Urteil nicht zugelassen. Mit einer Sachentscheidung des BGH zu dieser Frage ist daher also in absehbarer Zeit nicht zu rechnen. Der Makler als Diener zweier Herren - Grenzen der Doppeltätigkeit des Maklers RAin Dr. Verena Wachinger | wachinger@lutzabel.com 1.Fallkonstellation In dem zugrunde liegenden Fall war die Bauträger-KG personell und wirtschaftlich eng mit der Makler-GmbH (im Folgenden: Maklerin) verflochten, welche die von der Bauträgerin hergestellten Eigentumswohnungen an (potenzielle) Käufer vermittelte. Insbesondere waren die Gesellschafter und Geschäftsführer der Maklerin und die an der Bauträger-KG beteiligten Personen sowie deren Geschäftsführer personenidentisch. dem Erwerber und der Bauträger-KG über eine Eigentumswohnung forderte die Maklerin vom Erwerber eine Provision für Vermittlungsleistungen. Diese Provision bezahlte der Erwerber zunächst, forderte sie später jedoch von der Maklerin zurück. In dem Verkaufsprospekt, welcher von der BauträgerKG und der Maklerin verwendet wurde, wurden an verschiedenen Stellen Hinweise auf die enge personelle und wirtschaftliche Verflechtung gegeben, zugleich wurde jedoch hervorgehoben, dass die Maklerin neutral und unabhängig sei. Zurecht, wie zunächst das LG München I und im Anschluss daran das OLG München feststellte. Das LG München I und ebenso das OLG München sprachen dem Erwerber einen Anspruch nach § 812 Abs. 1 S. 1 BGB auf Rückzahlung der von ihm entrichteten Maklerprovision zu. In den Verkaufsgesprächen zwischen dem Erwerber und der Maklerin wurde deren Verflechtung mit der Bauträger-KG nicht näher thematisiert. Die Maklerin, so die Richter, habe ihr Honorar nach § 654 BGB verwirkt, da sie für den Verkäufer und für den Käufer provisionspflichtig vermittelnd tätig geworden sei, ohne den Erwerber hierauf hinzuweisen. § 654 BGB enthalte nämlich den allgemeinen Nach Zustandekommen des Kaufvertrages zwischen Lutz | Abel 2.Hinweisbeschluss des OLG München vom 05.08.2013 (Az.: 10 U 2156/13, im Anschluss an das Urteil des LG München I vom 26.04.2013, Az.: 23 O 24749/13) Recht Aktuell 03/2013 11 Privates Bau- und Architektenrecht Rechtsgedanken, dass der Makler, der unter vorsätzlicher oder fahrlässiger Verletzung wesentlicher Vertragspflichten die Interessen seines Auftraggebers beeinträchtige, seinen Provisionsanspruch verliere. Zwischen dem Makler und seinem Aufraggeber bestehe ein besonderes Treueverhältnis, wonach der Makler verpflichtet sei, im Rahmen des ihm Zumutbaren die Interessen seines Auftraggebers zu wahren. Er schulde deshalb Aufklärung und Beratung, insbesondere über alle ihm bekannten Umstände, welche für die Entschließung des Auftraggebers für Bedeutung sein können. Er hat alles zu unterlassen, was die Interessen seines Auftraggebers gefährden könnte. Diese Verpflichtung trifft gerade den Makler, welcher nicht nur einseitiger Interessenvertreter ist, sondern im zulässigen Rahmen eine Doppeltätigkeit ausübt, also sowohl für den Verkäufer als auch für den Käufer tätig wird. Entscheidende Bedeutung kommt dabei der Funktion des Maklers als Vermittlungsmakler zu, welcher im Interesse seines Auftraggebers auf den anderen (potenziellen) Vertragspartner einwirkt. Werde nämlich der Vermittlungsmakler, so die Richter, für den Bauträger tätig, ohne dies seinem weiteren Vertragspartner, dem Erwerber, gegenüber offen zu legen, verliere er seinen Provisionsanspruch. Eine derartige Doppeltätigkeit sei zwar nicht per se unzulässig; da ein Makler aber nicht „Diener zweier Herren“ sein könne und die Interessen des verkaufenden Bauträgers und des Erwerbers in der Regel entgegensetzt seien, sei eine Doppeltätigkeit allenfalls dann zulässig, wenn nach Aufdeckung der Interessenkollision durch den Makler oder bereits vorher angekündigt beide Parteien mit der Erbringung von Maklerleistungen einverstanden seien. Nur wenn sich der Makler dergestalt als „ehrlicher Makler“ verhalte, scheide eine Verwirkung des Provisionsanspruches nach § 654 BGB aus. In dem entschiedenen Fall war die Maklerin sowohl für die verkaufende Bauträger-KG als auch für den 12 Recht Aktuell 03/2013 Käufer vermittelnd tätig. Deshalb und wegen der engen personellen und wirtschaftlichen Verflechtung zwischen der Bauträger-KG und der Maklerin hätte die Maklerin den Erwerber auf ihre provisionspflichtige Vermittlungstätigkeit im Auftrag der BauträgerKG hinweisen müssen. Dies sogar umso mehr, da in dem Verkaufsprospekt der Hinweis enthalten war, dass die Maklerin neutral und unabhängig sei. Da ein Hinweis auf die Vermittlungstätigkeit für die Bauträger-KG gegenüber dem Erwerber unterblieb, verwirkte die Maklerin ihren Provisionsanspruch mit der Folge, dass der Erwerber die bereits bezahlte Provision nach § 812 Abs. 1 S. 1 BGB wegen ungerechtfertigter Bereicherung zurückfordern konnte. 3.Fazit Zwar ist eine vermittelnde Doppeltätigkeit, also sowohl im Auftrag des Verkäufers als auch im Auftrag des Erwerbers, nicht per se unzulässig. Ein Makler, welcher im Auftrag beider Hauptvertragsparteien vermittelnd tätig wird, begibt sich aber auf schwieriges Terrain. Als Vermittlungsmakler hat er im Auftrag seiner beiden Vertragspartner auf die jeweils andere Seite einzuwirken, dabei jedoch die Interessen beider Auftraggeber zu wahren. Angesichts der gegenläufigen Interessen der Hauptvertragsparteien ist ein vermittelndes Tätigwerden des Maklers für beide Hauptvertragsparteien, ohne dass dabei die Interessen einer Hauptvertragspartei verletzt werden, kaum vorstellbar. Bei einer vermittelnden Tätigkeit für den Käufer wie auch für den Verkäufer sollte der Makler, besonders wenn aufgrund einer personellen und wirtschaftlichen Verflechtung zwischen Bauträger und Makler ein Konflikt mit den Interessen des Erwerbers vorprogrammiert ist, nicht nur den Anschein einer neutralen Rolle vermeiden, sondern dem (potenziellen) Käufer gegenüber auch die Vermittlungstätigkeit für den verkaufenden Bauträger offenbaren. Lutz | Abel Privates Bau- und Architektenrecht Risikozuweisungen – hier: des Baugrundrisikos – durch Allgemeine Geschäftsbedingungen im Rahmen eines PPP-Vertrages RA Dr. Christoph Lichtenberg | lichtenberg@lutzabel.com 1.Einleitung 3.Entscheidung Häufig wollen Auftraggeber Risiken – z. B. das sogenannte Baugrundrisiko – vertraglich auf den oder die Auftragnehmer übertragen. Insbesondere liegt es bei einem PPP-Modell regelmäßig im Interesse des Konzessionsgebers (KG), mit der Erstellung und Unterhaltung des Konzessionsgegenstandes möglichst wenig zu tun zu haben und daher Risiken weitgehend dem Konzessionsnehmer (KN) zuzuweisen. Es fragt sich nun, ob und ggf. in welchen Grenzen dies im Rahmen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen möglich ist, denn um solche wird es sich bei dem Konzessionsvertrag im Regelfall handeln. Das Berliner Kammergericht (Urteil vom 10.09.2012 – 23 U 161/11) erachtet die Klauseln zur Übertragung des Baugrundrisikos – soweit diese oben wiedergegeben sind – als wirksam. 2.Sachverhalt In einem Konzessionsvertrag für ein A-Modell im Bundesfernstraßenbau sind unter § 27 Klauseln zum „Baugrundrisiko“ enthalten, die – kurz zusammengefasst – Folgendes regeln: -Der KN trägt das Baugrundrisiko, soweit es nicht ausdrücklich dem KG zugewiesen ist. Was zum Baugrundrisiko gehören soll, wird anschließend näher definiert. Außerdem wird festgehalten, dass die Bewerber die Möglichkeit zu eigenen Untersuchungen des Baugrundes vor Vertragsschluss hatten. -Der KG steht für die Baugrunduntersuchungen nur hinsichtlich der Richtigkeit der darin enthaltenen tatsächlichen Feststellungen ein, nicht aber für Schlussfolgerungen und Empfehlungen der Gutachter. -Falls sich später herausstellen sollte, dass diese Feststellungen nicht zutreffend ermittelt waren, steht dem KN zusätzliche Vergütung im Zusammenhang damit zu, sofern und soweit die Abweichungen und deren Folgen für den KN nicht vorhersehbar waren. Ein großer Interessenverband der Bauwirtschaft hält unter anderem diese Regelungen für unwirksam und klagt daher gegen deren Verwendung. Lutz | Abel Im Rahmen der Begründung beschäftigt es sich zunächst mit dem Begriff „Baugrundrisiko“, der sich in der Rechtsprechung des BGH bislang nicht findet. Das Kammergericht jedenfalls versteht unter dem Baugrundrisiko das Wagnis, dass trotz sorgfältiger Erkundung des Bodens und der Wasserverhältnisse sowie ohne Verschulden eines der Vertragspartner die tatsächlich angetroffenen geotechnischen Verhältnisse von den erwarteten abweichen. Das Gericht stellt heraus, dass es eine generelle Zuweisung dieses Risikos zu einer der Vertragsparteien nicht gibt, sondern dass es auf die vertraglichen Vereinbarungen ankommt. Deren Wirksamkeit im Rahmen Allgemeiner Geschäftsbedingungen soll am gesetzlichen Leitbild von § 645 BGB zu messen sein, wonach der Besteller die Verantwortung dafür trägt, dass ein von ihm gelieferter Stoff auch tauglich ist. Daraus folgt aber noch nicht, dass eine Übertragung dieses Risikos auf den Unternehmer stets unwirksam wäre. Vielmehr ist zu untersuchen, ob die Risikoübernahme den Unternehmer unangemessen benachteiligt. Bei der erforderlichen Abwägung berücksichtigt das Kammergericht dann die Besonderheiten des Konzessionsvertrags. Zunächst einmal treten dabei als KN regelmäßig Projektgesellschaften oder Baukonzerne auf, die über größere Leistungsfähigkeit, Kompetenz und Verhandlungsmacht verfügen als dies bei den Parteien „normaler“ Bauverträge der Fall ist. Außerdem stellt der Konzessionsvertrag die Grundlage eines auf 30 Jahre angelegten Dauerschuldverhältnisses mit Unterhaltungsverpflichtung dar, was die Bindung des KN an den Grund und Boden nach Meinung des Gerichts stärker ausprägen soll. Dar- Recht Aktuell 03/2013 13 Privates Bau- und Architektenrecht über hinaus hat der KN auch die Planungsleistungen vertraglich übernommen und daher für deren Richtigkeit ohnehin einzustehen. Und schließlich hatte er die Möglichkeit, ggf. vor Vertragsschluss selbst Bodenuntersuchungen anzustellen. Der KN konnte auf der Grundlage der vom KG zur Verfügung gestellten Baugrunduntersuchungen erkennbare Risiken einpreisen. Nicht erkennbare, unvorhersehbare Risiken sollten nach den vertraglichen Regelungen beim KG verbleiben. Unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Konzessionsvertrags stellt die Übertragung des verbleibenden Baugrundrisikos in der Gesamtbetrachtung keine unangemessene Benachteiligung des KN dar; die Regelung ist daher wirksam. 4.Stellungnahme Auffällig ist zunächst einmal, dass die Entscheidung in der Fachpresse eher so wahrgenommen und kommentiert wird, dass das Kammergericht Berlin die Überbürdung des Baugrundrisikos für unwirksam erachtet hätte (so z. B. Kues, IBR 2012, 695). Das ist indes – wie oben dargestellt – nicht so. Das Kammergericht hat nur einen Teil der Klausel für unwirksam erachtet, der oben nicht wiedergegeben ist, nämlich das Erfordernis einer formellen Anmeldung der Ansprüche im Sinne einer Anspruchsvoraussetzung. 14 Recht Aktuell 03/2013 Kern der Entscheidung ist die Feststellung, das Baugrundrisiko könne auch in AGB insoweit übertragen werden, wie es für den KN vorhersehbar war. Ergibt sich also aus dem Vertrag – ggf. durch Auslegung –, dass nicht alle Risiken vom KN übernommen werden, sondern die Folgen unvorhersehbarer Umstände beim KG verbleiben, sind entsprechende Klauseln nach der Entscheidung des Kammergerichts wirksam. Das müsste in gleicher Weise nicht nur für das Baugrundrisiko, sondern auch für andere Risiken gelten, die insbesondere nach § 645 BGB, auf welchen das Kammergericht abgestellt hat, grundsätzlich dem KG zugewiesen sind. Die Anknüpfung an § 645 BGB mag fraglich sein. Schließlich hat (auch) der KG auf dessen tatsächliche Beschaffenheit keinen Einfluss; richtig oder falsch kann nur dessen Erforschung und Beschreibung sein (vgl. auch Leupertz, Editorial BauR 11/2011). Jedenfalls aber liegt das Ergebnis auf der Linie der aktuellen Rechtsprechung des BGH und ist daher beachtlich. Allerdings dürfte die Entscheidung nicht übertragbar sein auf „normale“ Bauverträge, da das Kammergericht im Rahmen der Abwägung ausdrücklich auf die Besonderheiten des PPP-Vertrages abstellt. Lutz | Abel Gewerblicher Rechtschutz Gewerblicher rechtsschutz Stellen Datenschutzvorschriften Marktverhaltensregeln im Sinne des Wettbewerbsrechts dar? Matthias Sauter | sauter@lutzabel.com 1.Einleitung Die Verzahnung des Datenschutzrechts mit dem Wettbewerbsrecht stellt nicht nur den Gegenstand dieser Abhandlung, sondern mittlerweile zahlreicher, zum Teil gegensätzlicher, oberlandesgerichtlicher Rechtsprechung dar. Dies ist ein erhebliches Pro blem für die Praxis, da dem Laien oft nicht klar sein dürfte, nach welchen Vorgaben er handeln muss, um nicht von Konkurrenten oder Verbraucherzentralen kostenpflichtig abgemahnt zu werden. Nachfolgend werden deshalb exemplarisch die sich zum Teil widersprechenden jüngsten Entscheidungen der Oberlandesgerichte München, Karlsruhe und Hamburg sowie deren Auswirkungen auf die Praxis dargestellt. 2.Urteil des OLG München 12.01.2012 (Az.: 29 U 3926/11) a)Sachverhalt Die Parteien dieses Rechtsstreits waren Wettbewerber auf dem Markt der Gasversorgung. Die Antragsgegnerin schrieb in diesem Verfahren gezielt ihre ehemaligen Kunden, die ihr von der Antragstellerin zuvor abgeworben wurden, nach einer Preiserhöhung durch die Antragstellerin an, um diese zurückzugewinnen. Die Kenntnis, dass ihre ehemaligen Kunden zu der Antragstellerin gewechselt haben, hat die Antragsgegnerin dadurch erlangt, dass die Antragstellerin den Anbieterwechselprozess für ihre neuen Kunden vorgenommen hat. Mit ihrem Antrag machte die Antragstellerin in Bezug auf den Versand des Werberundschreibens der Antragsgegnerin einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch im Zusammenhang mit der Nutzung von Daten zu Werbezwecken geltend. Lutz | Abel b)Entscheidung Das OLG München lehnte in seinem Urteil vom 12.01.2012 (Az.: 29 U 3926/11) den wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch ab, da dieser der Antragstellerin nicht zusteht. Das Gericht bejaht in diesem Fall zwar, dass die Parteien in Bezug auf die Gaslieferung an Endverbraucher in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) stehen und die Nutzung der Daten, die sich auf ehemalige Kunden der Antragsgegnerin beziehen, für den Zweck des Werbeschreibens, eine geschäftliche Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG darstellen. Um ein unlauteres Handeln zu begründen, muss es sich jedoch gemäß § 4 Nr. 11 UWG bei der verletzten Vorschrift um eine solche handeln, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Zu dem Marktverhalten zählt auch Werbung von Unternehmen. Ob der Bezug zu dem Marktverhalten in diesem Sinne gegeben ist, ist nach ständiger Rechtsprechung unter Heranziehung des Gesetzeszwecks, hier des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG), zu beurteilen. Gemäß § 1 Abs. 1 BDSG ist es der Zweck des BDSG, den Einzelnen davor zu schützen, dass er durch den Umgang mit seinen personenbezogenen Daten in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt wird. Weiterhin sind gemäß § 4 Abs. 1 BDSG die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten nur zulässig, soweit dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat. Somit ist nach Ansicht des OLG München als einzig relevanter Gesetzeszweck hinsichtlich der Marktbezogenheit der Schutz der Persönlichkeitsrechte des Betroffenen entscheidend. Recht Aktuell 03/2013 15 Gewerblicher Rechtschutz Das Gericht verneint in diesem Fall einen weitergehenden Schutzzweck des BDSG, etwa in der Form, dass dadurch gleiche Voraussetzungen für werbende Unternehmen geschaffen werden oder das Werbeverhalten von Unternehmen im Interesse der Marktteilnehmer geregelt wird. Das OLG München merkt unter Bezug auf wichtige Stimmen der juristischen Literatur und Rechtsprechung an, dass die Bestimmungen des BDSG grundsätzlich keine Marktverhaltensregeln im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG darstellen. b)Entscheidung Mit Urteil vom 09.05.2012 (Az.: 6 U 38/11) bestätigte das OLG Karlsruhe das Urteil des Landgerichts in der ersten Instanz, das der Klage stattgab. Die Regelungen der §§ 4, 28 Abs. 1, Abs. 3, 35 Abs. 2 und Abs. 3 BDSG schützen somit sowohl Verbraucher und Unternehmer lediglich in ihrem Persönlichkeitsrecht und gerade nicht in Bezug auf ihre wettbewerblichen Interessen als Marktteilnehmer. Genau dies ist jedoch für einen Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG erforderlich. Wie das OLG München in seinem oben dargestellten Urteil, sah auch das OLG Karlsruhe in dem Schreiben der Beklagten eine geschäftliche Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Folglich sieht das OLG München in den §§ 4, 28 Abs. 1, Abs. 3, 35 Abs. 2 und Abs. 3 BDSG gerade keine gesetzlichen Marktverhaltensregeln im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG und damit keinen Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG, der einen Unterlassungsanspruch der Antragstellerin begründen würde. Durch diese Argumentationsweise konnte das Gericht im Hinblick auf den hier allein relevanten wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch offen lassen, ob die Antragsgegnerin durch die Verwendung der Daten ihrer ehemaligen Kunden für die Zwecke des Werbeschreibens gegen die datenschutzrechtlichen Bestimmungen der §§ 4, 28 Abs. 1, Abs. 3, 35 Abs. 2 und Abs. 3 BDSG verstoßen hat. 3.Urteil des OLG Karlsruhe vom 09.05.2012 (Az.: 6 U 38/11) a)Sachverhalt In diesem nach dem Sachverhalt ähnlichen Verfahren ging es um zwei Wettbewerber im Bereich der Strombelieferung von Endverbrauchern. Die Beklagte schrieb zwei ihrer ehemaligen Kunden, die von der Klägerin abgeworben wurden, zum Zwecke der Rückgewinnung an und verglich dabei die aktuellen Strompreise der Klägerin mit ihren. Die Klägerin sah darin einen Verstoß gegen die Bestimmungen des § 4 Abs. 1 BDSG und den Ausnahmetatbestand des § 28 BDSG (Datenerhebung und -speicherung für eigene Geschäftszwecke) als nicht gegeben an. Dies rechtfertige einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch gemäß den §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 1 UWG. 16 Recht Aktuell 03/2013 Aufgrund eines Verstoßes gegen §§ 4, 28 BDSG, die nach Ansicht des OLG Karlsruhe eine Marktverhaltensregel im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG darstellen, bestehe der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch. Im Gegensatz zum OLG München äußerte sich das OLG Karlsruhe jedoch auch konkret zu einer möglichen Verletzung des § 4 Abs. 1 BDSG, bevor es überhaupt darauf einging, ob die §§ 4 und 28 BDSG eine Marktverhaltensregel im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG darstellen. Wie oben bereits gesehen, ist gemäß § 4 Abs. 1 BDSG die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten nur zulässig, soweit eine Einwilligung des Betroffenen vorliegt oder das BDSG oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet. Die personenbezogenen Daten stellen hier die Information über den neuen Stromanbieter des bisherigen Kunden dar. Das Gericht sah im konkreten Fall keine Einwilligung der ehemaligen Kunden der Beklagten gegeben. Diese kann auch nicht darin gesehen werden, dass der neue Vertragspartner der ehemaligen Kunden der Beklagten, gleichsam als Service diesen gegenüber, für diese die Kündigung beim bisherigen Anbieter, der Beklagten, vorgenommen hat. Nach Ansicht des Gerichts stimmt der Kunde mit dieser inzidenten Informationspreisgabe, bei welchem Stromanbieter er nun Kunde ist, keiner Nutzung der Information zu Zwecken der Werbung des bisherigen Vertragspartners zu. Gemäß § 28 Abs. 1 S. 2 BDSG in der bis zum 30.08.2009 geltenden Fassung, die hier Anwendung fand, müssen die Zwecke, für die personenbezogene Daten verarbeitet oder genutzt werden sollen, bei deren Erhebung konkret festgelegt werden. Dies entspricht auch der aktuell gültigen Fassung des § 28 Abs. 1 S. 2 BDSG. Seit dem 01.09.2012 kommt jedoch gemäß § 47 BDSG ohnehin auch für sog. Altfälle die aktuelle Fassung des § 28 BDSG zur Anwendung, so dass sich keine Änderungen an den Wertungen des Gerichts Lutz | Abel Gewerblicher Rechtschutz ergeben dürften. Diese Festlegung von Zwecken ist nach Ansicht des Gerichts über die hier in Rede stehenden personenbezogenen Daten nicht erfolgt. Nach dem gesetzlichen Ausnahmetatbestand des § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BDSG ist das Erheben, Speichern, Verändern oder Übermitteln personenbezogener Daten oder ihre Nutzung als Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke ausnahmsweise zulässig, soweit es zur Wahrung berechtigter Interessen der verantwortlichen Stelle erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Verarbeitung oder Nutzung überwiegt. Verantwortliche Stelle war hier die Beklagte. Danach ist eine Abwägung der unterschiedlichen Interessen der beteiligten Personen unter Berücksichtigung der Erforderlichkeit notwendig. Das Gericht bejaht im Folgenden grundsätzlich das Interesse von Unternehmen, wie hier der Beklagten, sich mit Werbung an ehemalige Kunden zu wenden, als ein berechtigtes im Sinne von § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BDSG. Verneint wird hingegen die Erforderlichkeit der Nutzung der Information, dass der ehemalige Kunde exakt zu dem neuen Anbieter gewechselt ist. Dies erhöht zwar die Effektivität der Werbung, da dadurch ein direkter Bezug zu den Eigenschaften der Konkurrenzprodukte hergestellt werden kann. Die Verwendung personenbezogener Daten in diesem Sinne ist jedoch nur dann erforderlich, wenn die berechtigten Interessen nicht auf andere Weise bzw. nicht angemessen gewahrt werden können und somit keine zumutbare Alternative besteht. Das Gericht stellt hierbei den Grundsatz auf, dass je schutzwürdiger die Interessen des Betroffenen, desto weniger schutzwürdig die Interessen des Nutzers der Daten sind. Entgegen dem oben dargestellten Urteil des OLG München erachtet das OLG Karlsruhe die §§ 4 Abs. 1, 28 BDSG als Marktverhaltensregeln im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG. Mit Verweis auf eine wichtige Stimme in der Literatur stellt es nämlich dar, dass von § 4 Nr. 11 UWG nur solche Vorschriften erfasst werden, die zumindest auch den wettbewerbsbezogenen Schutz der Marktteilnehmer bezwecken. Dies muss jedoch keinesfalls der einzige und auch nicht der primäre Zweck der entsprechenden Vorschrift sein. Das Gericht gibt zwar zu bedenken, dass das in § 4 Abs. 1 BDSG enthaltene Verbot mit Erlaubnisvorbehalt überwiegend nicht darauf abzielt, das Marktverhalten zu regeln. In dem hier zu entscheidenden Fall ist der betroffene ehemalige Kunde jedoch durch die Verwendung der personenbezogenen Daten, entgegen den Bestimmungen des BDSG, in seiner Stellung als Marktteilnehmer betroffen. 4.Urteil des OLG Hamburg vom 27.06.2013 (Az.: 3 U 26/12) a)Sachverhalt Die Antragsgegnerin hat ein drittes Unternehmen beauftragt, auf einer Webseite ihre Blutzuckermessgeräte zu bewerben. Auf dieser Webseite fehlten jedoch Angaben zur Erhebung und Verwendung der für die Registrierung der angesprochenen Kunden erforderlichen, personenbezogenen Daten. Auf die ebenfalls streitgegenständliche Zulässigkeit der Werbung nach § 7 HWG (Gesetz über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens) sowie das fehlende Impressum wird hier nicht eingegangen. Nach alledem überwiegt nach Ansicht des Gerichts hier die Schutzwürdigkeit des Betroffenen gegenüber einer möglichst effizienten Werbung der Beklagten. Allein entscheidend für das Interesse des Betroffenen ist eine datenschutzrechtliche und nicht eine ökonomische Betrachtung, also ob das neue Angebot für den Kunden eventuell günstiger ist. Die Antragstellerin beanstandet die Werbung der Antragsgegnerin auf der Webseite und macht unter anderem wegen fehlender Informationen zur Erhebung und Verwendung der für die Registrierung der angesprochenen Kunden erforderlichen personenbezogenen Daten und damit wegen Verstoßes gegen § 13 TMG (Telemediengesetz) einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch gemäß §§ 3, 4 Nr. 11, 8 UWG geltend. Das Gericht stellt ausdrücklich unter Verweis auf eine vorangegangene Entscheidung klar, dass eine Werbung von ehemaligen Kunden unter Verwendung eines allgemeinen Preisvergleiches keinen datenschutzrechtlichen Bedenken begegnet. Unzulässig ist folglich allein die Werbung mit Bezug auf den Stromanbieter, zu dem der ehemalige Kunde gewechselt hat. b)Entscheidung Das Oberlandesgericht Hamburg hat mit Urteil vom 27.06.2013 (Az.: 3 U 26/12) das Urteil des Landgerichts Hamburg, das dessen einstweilige Unterlassungsverfügung bestätigte, im Wesentlichen aufrecht erhalten, indem die Berufung der Antragsgegnerin zurückgewiesen wurde. Lutz | Abel Recht Aktuell 03/2013 17 Gewerblicher Rechtschutz Der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch gemäß §§ 3, 4 Nr. 11, 8 UWG in Verbindung mit § 13 Abs. 1 TMG wird aufgrund des Fehlens der nach § 13 Abs. 1 TMG erforderlichen Informationen auf der streitgegenständlichen Webseite durch das OLG Hamburg bejaht. Gemäß § 13 TMG hat der Diensteanbieter den Nutzer zu Beginn des Nutzungsvorgangs über Art, Umfang und Zwecke der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten sowie über die Verarbeitung seiner Daten in Staaten außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. EG Nr. L 281 S. 31) in allgemein verständlicher Form zu unterrichten, sofern eine solche Unterrichtung nicht bereits erfolgt ist. Wiederum hatte ein Oberlandesgericht die streitige Frage zu entscheiden, ob eine datenschutzrechtliche Norm, hier § 13 TMG, eine Marktverhaltensregel im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG darstellt. Das OLG Hamburg sieht in § 13 TMG eine Marktverhaltensregel in diesem Sinne, da jedenfalls auch die wettbewerbliche Entfaltung des Mitbewerbers geschützt wird, da gleiche Wettbewerbsbedingungen zum Schutz der Interessen der Mitbewerber geschaffen werden. Zur Begründung bezieht sich das Gericht auf die Datenschutzrichtlinie 95/46/EG, deren Umsetzung § 13 TMG dient. Nach den Erwägungsgründen der Richtlinie sollen nicht bloß datenbezogene Grundrechte gewährleistet werden, sondern ebenso der grenzüberschreitende Verkehr personenbezogener Daten auf ein einheitliches Schutzniveau gehoben werden. Dadurch sollen Wirtschaftstätigkeiten auf Gemeinschaftsebene erleichtert werden und eine Verfälschung des Wettbewerbs vermieden werden. Überdies erwähnt das Gericht, dass im Hinblick auf die bereits dargestellten Erwägungen der Datenschutzrichtlinie die Aufklärungspflichten auch dem Schutz der Verbraucherinteressen bei der Marktteilnahme, also beim Abschluss von Austauschverträgen über Waren und Dienstleistungen, dienen, indem sie den Verbraucher über die Datenverwendung aufklären und dadurch seine Entscheidungs- und Verhaltensfreiheit beeinflussen. Dem Nutzer steht ein Widerspruchsrecht nach § 15 Abs. 3 S. 2 TMG zu, auf das er ebenfalls hinzuweisen ist. 18 Recht Aktuell 03/2013 Das OLG Hamburg stellt sich mit dieser Entscheidung gegen einen Beschluss des Kammergerichts Berlin vom 29.04.2011 (Az.: 5 W 88/11) in einem ähnlich gelagerten Fall. Dieses sah nämlich in § 13 TMG keine Marktverhaltensregel im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG, da die Vorschrift alleine überindividuellen Belangen des freien Wettbewerbs diene und nicht den Interessen einzelner Wettbewerber, und verneinte somit den wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch. 5.Stellungnahme und Praxishinweis Die dargestellten Fälle betreffen allesamt die höchst strittige Frage, ob ein Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch begründet. Dies kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht rechtssicher beantwortet werden. Ob nämlich Unternehmen gegen ihre Wettbewerber wegen Verstößen gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen Unterlassungsansprüche zustehen bzw. selbst Unterlassungserklärungen abgeben müssen, hängt somit bis zu einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) davon ab, bei welchem Gericht die Unterlassungsansprüche geltend gemacht werden. Dies ist aufgrund des sog. fliegenden Gerichtsstandes des § 14 Abs. 2 UWG grundsätzlich im gesamten Bundesgebiet möglich. Dadurch kann sich einerseits der den Unterlassungsanspruch begehrende Wettbewerber für seine einstweilige Verfügung ein Gericht aussuchen, das durch seine bisherige Rechtsprechung seiner Rechtsauffassung am nächsten kommt. Andererseits könnte der Antragsgegner bei einem weit entfernten Gericht möglicherweise aus Kostengründen auf die Einlegung des Widerspruchs verzichten. Die vom OLG Karlsruhe zugelassene Revision gegen sein Urteil ist nicht eingelegt worden. Jedoch wurde gegen einen ähnlich gelagerten Fall des OLG Köln, das auf der Linie des OLG Karlsruhe entschieden hat, Revision beim BGH unter dem Az. I ZR 224/10 eingelegt. Diese Entscheidung steht jedoch noch aus. Um den Gefahren von Abmahnungen und Unterlassungserklärungen sowie im Hinblick auf Verstöße gegen § 13 Abs. 1 TMG von mit Bußgeld bis EUR 50.000,00 bewehrten Ordnungswidrigkeiten zu begegnen, sollte gerade im Hinblick auf die dargestellten datenschutzrechtlichen Probleme sowohl im Rahmen von Werbung als auch bei Datenschutzerklärungen auf Webseiten die jeweilige Verwendung personenbezogener Daten präventiv geprüft werden. Lutz | Abel Handels- und Gesellschaftsrecht Handels- und Gesellschaftsrecht Zur Haftung des Geschäftsführers einer Komplementär-GmbH RA Maximilian von Mettenheim, LL.M. | mettenheim@lutzabel.com 1.Haftung nach allgemeinen Organhaftungsgrundsätzen Mit seinem Urteil vom 18.06.2013 hat der 2. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH, Az.: II ZR 86/11) eine Entscheidung zur Haftung des Geschäftsführers einer Komplementär-GmbH gegenüber der Kommanditgesellschaft getroffen, die im Grunde genommen eine Zusammenfassung seiner gängigen Rechtsprechung zu diesem Themenkomplex darstellt. Die Leitsätze des Urteils lauten: −Jedenfalls dann, wenn die alleinige oder wesentliche Aufgabe einer Komplementär-GmbH in der Führung der Geschäfte einer Kommanditgesellschaft besteht, erstreckt sich der Schutzbereich der durch die Bestellung begründenden organschaftlichen Sonderrechtsbeziehung zwischen der Komplementär-GmbH und ihrem Geschäftsführer im Hinblick auf seine Haftung aus § 43 Abs. 2 GmbHG im Falle einer sorgfaltswidrigen Geschäftsführung auf die Kommanditgesellschaft. −Eine pflichtwidrige haftungsbegründende Handlung kann im Hinblick auf das für die Haftungserstreckung nach § 43 Abs. 2 GmbHG notwendige Schutzbedürfnis der Kommanditgesellschaft regelmäßig dann nicht angenommen werden, wenn sämtliche Gesellschafter der Kommanditgesellschaft mit dem Handeln des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH einverstanden waren. Das Urteil vom 18.06.2013 geht allerdings insoweit über eine Zusammenfassung der gängigen Rechtsprechung hinaus, als es sich vertieft mit drei grundlegenden Aspekten auseinandersetzt: Zum einen widmet sich der Senat in seinen Ausführungen besonders der Herleitung der von ihm festgestellten Anspruchsgrundlage, die er in einer Erstreckung der Schutzwirkung des § 43 Abs. 2 GmbHG Lutz | Abel auf die Kommanditgesellschaft sieht. Des Weiteren nimmt der Senat ausführlich Stellung zu der Frage der Darlegungs- und Beweislast. Schließlich erörtert er die sowohl aus Mandanten- als auch aus Anwaltssicht enorm praxisrelevante Frage, ob und wann der Geschäftsführer gegen seine Pflichten verstößt, wenn er mit einem Rechtsanwalt eine Honorarvereinbarung trifft, die zu einer höheren als der gesetzlich vorgesehenen Vergütung des Rechtsanwalts führt. 2.Der Sachverhalt Geklagt hatte der Insolvenzverwalter über das Vermögen eines als Publikumsgesellschaft in Form einer GmbH & Co. KG organisierten Musikfonds. Beklagter war der frühere Geschäftsführer der Komplementär-GmbH, deren alleinige Aufgabe es war, für die Kommanditgesellschaft zu handeln. Der Beklagte hatte in zwei Fällen für die Kommanditgesellschaft Beratungsverträge mit einer Rechtsanwaltsgesellschaft geschlossen, die Pauschalhonorare in Höhe von insgesamt EUR 525.000,00 vorsahen. Diesem Vertragsschluss waren mündliche Beratungsverträge vorausgegangen, die durch das Tätigwerden der Rechtsanwaltsgesellschaft auch bereits in Vollzug gesetzt waren. Bei Abschluss der Honorarvereinbarung waren einzige Gesellschafter der Kommanditgesellschaft deren Gründungsgesellschafter, die nach dem unbestrittenen Vortrag des Beklagten mit einer die gesetzlichen Gebühren übersteigenden Honorarvereinbarung einverstanden gewesen wären. Die Instanzgerichte verurteilten den Beklagten letztendlich zur Zahlung von rund EUR 374.000,00 an den Kläger. Nach ihrem Dafürhalten waren bereits durch die ersten mündlichen Vereinbarungen Anwaltsverträge zustande gekommen, die eine Gebührenforderung der Rechtsanwaltsgesellschaft in Höhe der gesetzlichen Gebühren (rund EUR 135.000,00) nach sich gezogen haben. Eine darüber hinausgehende Recht Aktuell 03/2013 19 Handels- und Gesellschaftsrecht nachträgliche Vereinbarung, die zu einem wesentlich höheren Vergütungsanspruch der Rechtsanwaltsgesellschaft führen sollte, sei nicht vom unternehmerischen Ermessen des Beklagten gedeckt gewesen. 3.Die Entscheidung Der Bundesgerichtshof hat die Entscheidung des Berufungsgerichts aufgehoben und zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. Dem Urteil liegen die folgenden wesentlichen Erwägungen zugrunde: a)Herleitung der drittschützenden Wirkung Nach Ansicht des Senats ergibt sich der Schadensersatzanspruch der Kommanditgesellschaft unmittelbar aus § 43 Abs. 2 GmbHG. Der Schutzbereich des Organverhältnisses des Beklagten als Geschäftsführer mit der Komplementär-GmbH erstrecke sich insoweit auch auf die Kommanditgesellschaft. Die Kommanditgesellschaft sei jedenfalls dann in den Schutzbereich des § 43 Abs. 2 GmbHG einzubeziehen, wenn es die alleinige oder die wesentliche Aufgabe einer Komplementär-GmbH sei, die Geschäfte der Kommanditgesellschaft zu führen. Offen gelassen, wenngleich mit ablehnender Tendenz, hat der Senat, ob sich ein Schadensersatzanspruch daneben auch aus einem Dienstverhältnis (§ 611 BGB) zwischen der Komplementär-GmbH und ihrem Geschäftsführer oder aber aus einem Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen diesen ergeben könnte. Im Ergebnis entfalte die organschaftliche Sonderrechtsbeziehung zwischen dem Beklagten und der Komplementär-GmbH auch Schutzwirkung zugunsten der Kommanditgesellschaft. Das Bestehen eines Dienst- oder Anstellungsverhältnisses sei für eine Haftung aus § 43 Abs. 2 GmbHG nicht erforderlich. Dort komme es allein auf die Organstellung an. Wenn die alleinige oder wesentliche Aufgabe der GmbH das Handeln für die KG sei, gehe das wohlverstandene Interesse der Komplementär-GmbH auch dahin, dass ihr Geschäftsführer die Leitung der Kommanditgesellschaft im Rahmen seiner Organpflichten ordnungsgemäß ausübt, weil die Komplementär-GmbH selbst wiederum als persönlich haftende Gesellschafterin zur sorgfältigen Geschäftsführung bei der Kommanditgesellschaft verpflichtet sei. Sie müsse deshalb darauf vertrauen dürfen, dass ihr Geschäftsführer den Angelegenheiten mit der Kommanditgesellschaft dieselbe Sorgfalt widme wie ihren eigenen. Die Kommanditgesellschaft sei auch schutzbedürftig: Die Verletzung der Pflichten aus dem Organverhältnis zwischen dem Geschäftsfüh- 20 Recht Aktuell 03/2013 rer und der Komplementär-GmbH gehe vor allem zu Lasten der Kommanditgesellschaft. Diese bzw. die Kommanditisten seien auf die Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit des Geschäftsführers angewiesen, hätten aber regelmäßig keine Befugnisse, um unmittelbar auf ihn einzuwirken. Das Interesse der Komplementär-GmbH und die Schutzbedürftigkeit der Kommanditgesellschaft seien für den Geschäftsführer auch ohne Weiteres erkennbar, so dass eine Ausweitung der Schutzwirkung des § 43 Abs. 2 GmbHG unmittelbar auf die Kommanditgesellschaft gerechtfertigt sei. Da es sich um einen eigenen Anspruch der Kommanditgesellschaft handle, bedürfe es darüber hinaus auch keines Beschlusses nach § 46 Nr. 8 GmbHG, der die Bestellung eines besonderen Vertreters für die Geltendmachung von Ansprüchen gegen den eigenen Geschäftsführer vorsieht. b)Beweislast Die Gesellschaft, die den Anspruch aus § 43 Abs. 2 GmbHG geltend macht, muss darlegen und beweisen, dass und inwieweit ihr durch pflichtwidriges Verhalten des Geschäftsführers ein Schaden erwachsen ist. Der Geschäftsführer muss dagegen darlegen und erforderlichenfalls auch beweisen, dass er seinen Sorgfaltspflichten nachgekommen ist, dass ihn kein Verschulden trifft oder dass der Schaden auch dann eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte. c)Konkret: Ermessen bei Abschluss der Honorarvereinbarung Nach Ansicht des Senats kann eine Pflichtwidrigkeit des Geschäftsführers durchaus darin liegen, dass er trotz Bestehens eines mündlichen Anwaltsvertrags nachträglich eine Honorarvereinbarung schließt, die weit über den gesetzlichen Gebühren liegt. Unerheblich sei insbesondere, ob auch das erhöhte Honorar bereits mündlich vereinbart worden war. Eine solche Vereinbarung musste nach altem Recht schriftlich gefasst werden, § 3 Abs. 1 BRAGO (heute § 3a RVG: Textform). Allerdings liege die Entscheidung, eine solche nachträgliche Vereinbarung zu treffen, durchaus im unternehmerischen Ermessen des Geschäftsführers. Dieser sei bei der Auswahl eines geeigneten Dienstleisters zur Umsetzung des vom Gesellschafterwillen getragenen Unternehmenskonzepts und der Ausgestaltung des entsprechenden Dienstvertrags grundsätzlich frei, eine unternehmerische Entscheidung zu treffen. Ein Pflichtverstoß liege dann nicht vor, wenn Lutz | Abel Handels- und Gesellschaftsrecht der Geschäftsführer annehmen durfte, auf Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Kommanditgesellschaft zu handeln. Das Ermessen umfasst dabei auch die Frage, ob er nachträglich höhere Honorare als die gesetzlichen Gebühren vereinbaren durfte. Allerdings trage der Geschäftsführer die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass seine Entscheidung vom unternehmerischen Ermessen gedeckt war. Der Geschäftsführer dürfe zwar grundsätzlich höhere Gebühren vereinbaren (insbesondere da in vielen Fällen eine qualifizierte anwaltliche Beratung anders gar nicht erreicht werden könne). Er müsse aber alle verfügbaren Informationsquellen tatsächlicher und rechtlicher Art ausschöpfen und auf dieser Grundlage Vor- und Nachteile der zur Verfügung stehenden Handlungsoptionen sorgfältig abwägen. Beispielsweise die Exklusivität der Beratung, der Wunsch nach einer dauerhaften Bindung des Beraters und der Wille der Gesellschafter, eine im kaufmännisch geprägten Rechtsverkehr getroffene Vereinbarung zu halten, seien dabei legitime Entscheidungskriterien. Im Übrigen könne sich der Geschäftsführer darauf berufen, dass der Schaden auch dann eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte. Hier hätten nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag des Beklagten sämtliche Gesellschafter dem Abschluss der Honorarvereinbarung zugestimmt, was vom Geschäftsführer zwar vorgetragen, von den Instanzgerichten aber unbeachtet geblieben war. 4.Fazit Der Senat bestätigt und festigt mit dieser Entscheidung seine bisherige Rechtsprechung zur Haftung des Geschäftsführers einer Komplementär-GmbH gegenüber der Kommanditgesellschaft und verdeutlicht seine bereits zuvor vertretene Ansicht, dass der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH auch gegenüber der Kommanditgesellschaft unmittelbar denselben Sorgfaltspflichten unterworfen sein kann. Das gilt jedenfalls dann, wenn es die alleinige oder wesentliche Aufgabe der GmbH ist, die Kommanditgesellschaft zu führen. Ob diese Grundsätze auch auf hiervon abweichende Fallkonstellationen anzuwenden sind und wo gegebenenfalls die Grenzen zu ziehen wären, bleibt offen. Zu Recht stellt der Senat klar, dass der Abschluss von Beraterverträgen und deren Ausgestaltung sehr wohl im unternehmerischen Ermessen des Geschäftsführers liegt. Darin liegt allerdings kein Freischein zum Abschluss solcher Verträge. Der Geschäftsführer muss die ihm zur Verfügung stehenden Optionen auf Grundlage umfassender Informationen sorgfältig und gewissenhaft abwägen. In jedem Fall ist dem Geschäftsführer zu raten, diesen Entscheidungsprozess umfassend zu dokumentieren. Zur Professionalisierung der Aufsichtsratsarbeit Teil 2: Hilfspersonen des Aufsichtsrats RA Dr. Lorenz Jellinghaus | jellinghaus@lutzabel.com In loser Folge werden in Recht Aktuell Diskussionen zusammengefasst, die unter dem Stichwort „Professionalisierung der Aufsichtsratsarbeit“ geführt werden. In dieser Ausgabe soll die Frage beleuchtet werden, wie Aufsichtsräte eines als AG organisierten Unternehmens sich bei der Wahrnehmung ihres Mandats unterstützen lassen können. Während Vorstände einer Aktiengesellschaft häufig über einen Stab von Mitarbeitern verfügen, auf die sie zugreifen Lutz | Abel können, gibt es für den Aufsichtsrat in aller Regel keine vergleichbare Infrastruktur. Welche Möglichkeiten bestehen, die Organisation der Aufsichtsratstätigkeit effektiver zu gestalten, wird im Folgenden gezeigt. 1. D as Aufsichtsratsmandat als höchstpersönliches Amt (§ 111 Abs. 5 AktG) § 111 Abs. 5 AktG stellt fest, dass Aufsichtsratsmit- Recht Aktuell 03/2013 21 Handels- und Gesellschaftsrecht glieder ihre Aufgaben nicht durch andere wahrnehmen lassen können. Aufsichtsratsmandate sind demnach höchstpersönliche Mandate. Aufsichtsratsmitglieder müssen grundsätzlich persönlich an Sitzungen teilnehmen und Beschlüsse persönlich fassen (Ausnahmen können in der Satzung vorgesehen werden, § 109 Abs. 3 AktG). Der Gesetzgeber des Aktiengesetzes geht davon aus, dass die Mitglieder des Aufsichtsrats selbst über die Fähigkeiten und Kenntnisse verfügen, die allgemein für eine effektive Wahrnehmung ihres Mandats erforderlich sind. Es wird demnach vorausgesetzt, dass ein Aufsichtsratsmitglied diejenigen Mindestkenntnisse und -fähigkeiten besitzen oder sich aneignen muss, die es braucht, um alle normalerweise anfallenden Geschäftsvorgänge auch ohne fremde Hilfe zu verstehen und sachgerecht beurteilen zu können. Durch eine heterogene Zusammensetzung des Aufsichtsrats soll gewährleistet werden, dass der Aufsichtsrat unterschiedliche Aspekte der Unternehmenstätigkeit abdecken kann. Für das einzelne Aufsichtsratsmitglied besteht die Möglichkeit, sog. Hilfspersonen in die Mandatsarbeit einzubinden. Der Begriff soll verdeutlichen, dass es durch die Einschaltung von Dritten nicht zu einer Verlagerung von Verantwortung kommen darf, sondern dass sich das Aufsichtsratsmitglied für die Wahrnehmung seiner Aufgaben zuarbeiten lässt. Als derartige „Hilfspersonen“ fungieren häufig eigene Mitarbeiter des Aufsichtsratsmitglieds. Diese stellen also nicht Spezialwissen zur Verfügung, sondern haben eine „helfende“ Funktion. Sie werten Vorstandsvorlagen aus und bereiten Aufsichtsratssitzungen vor und nach. Diese „Hilfspersonen“ können die Tätigkeit eines Aufsichtsrats erheblich erleichtern, wenn sie die Fülle an Material für das Aufsichtsratsmitglied sichten und strukturieren. In der Praxis empfiehlt es sich, mit sog. Management Summaries zu arbeiten, in denen die zentralen Punkte einer anstehenden Sitzung herausgearbeitet werden. Die „Hilfsperson“ sollte durch eine besondere Vertraulichkeitsvereinbarung verpflichtet werden, und das Aufsichtsratsmitglied hat zusätzlich stets zu prüfen, ob die Informationen zur Weitergabe geeignet sind. Besondere Vertraulichkeit genießen beispielsweise Personal- und Vergütungsthemen. 22 Recht Aktuell 03/2013 2.Zulässigkeit der Hinzuziehung von Beratern Immer wieder taucht die Frage auf, ob einzelne Aufsichtsratsmitglieder sich durch externe Berater auf Kosten der Gesellschaft unterstützen lassen können. Dies ist nach dem Aktiengesetz grundsätzlich nicht vorgesehen. § 109 Abs. 1 S. 2 AktG enthält vielmehr die Möglichkeit, dass der Aufsichtsrat als Organ Sachverständige und Auskunftspersonen zur Beratung über einzelne Gegenstände hinzuziehen kann. Dies setzt voraus, dass der Aufsichtsrat als Organ eine derartige Hinzuziehung für erforderlich hält. Diese Entscheidung obliegt als verfahrensordnende Maßnahme zunächst dem Aufsichtsratsvorsitzenden. Aufsichtsratsmitglieder sind deshalb in aller Regel gehalten, die ihnen zur Verfügung stehenden Auskunfts- und Informationspflichten zu nutzen und bei Bedarf über den Aufsichtsratsvorsitzenden zu Einzelfragen die Hinzuziehung von Sachverständigen zu erreichen. Nur wenn diese Mittel nicht ausreichen, kann ausnahmsweise die Hinzuziehung eines Sachverständigen durch ein einzelnes Aufsichtsratsmitglied gerechtfertigt sein (Maßstäbe ergeben sich aus der sog. „Hertie“-Entscheidung des BGH, Urteil vom 15.11.1982 – II ZR 27/82). 3.Praxishinweis Um den Sorgfaltsmaßstäben zu entsprechen, welche an die Wahrnehmung des Aufsichtsratsmandats gestellt werden, sollte ein Aufsichtsratsmitglied prüfen, ob es interne Strukturen benötigt, um sein Mandat effektiv wahrnehmen zu können. Angesichts steigender Haftungsrisiken kann es sich empfehlen, eigene Mitarbeiter oder sonstige „Hilfspersonen“ in die Betreuung der zu beaufsichtigenden Gesellschaft einzubinden. Das Aufsichtsratsmitglied kann „Hilfspersonen“ zur Vorbereitung von Aufsichtsratssitzungen und zur Analyse von sonstigen Dokumenten der Gesellschaft einsetzen. Das Aufsichtsratsmitglied hat die Vertraulichkeit sicherzustellen und dafür zu sorgen, dass die eigentliche Aufsichtstätigkeit persönlich wahrgenommen wird. Lutz | Abel Handels- und Gesellschaftsrecht Kein Ausschluss der Haftung des Vorstands einer Aktiengesellschaft aufgrund formloser Billigung des Vorstandshandelns durch die Aktionäre RA Kilian K. Eßwein | esswein@lutzabel.com Das OLG Köln hat mit Urteil vom 25.10.2012 (Az.: 18 U 37/12) einen Fragenkreis geklärt, der insbesondere für kleine bzw. familiär organisierte Aktiengesellschaften von großer Relevanz ist. Gerade bei Bestehen nur eines Alleinaktionärs oder in der Situation familiär geprägter Aktiengesellschaften, bei denen die Anteile in den Händen weniger Aktionäre sind, findet die Geschäftsführung durch den Vorstand häufig in enger Abstimmung mit dem Alleinaktionär bzw. den Mehrheitsaktionären statt. Stellt sich im Nachhinein jedoch heraus, dass einzelne Maßnahmen des Vorstands nachteilig waren bzw. zu einem Schaden der Gesellschaft führten, so steht unweigerlich die Frage der Haftung des Vorstands im Raum. Das OLG Köln hatte sich nunmehr mit der Frage zu beschäftigen, ob die Haftung des Vorstands aufgrund der nicht förmlichen Billigung des Vorstandshandelns durch die Aktionäre entfällt bzw. ob zumindest einem Schadensersatzverlangen der Gesellschaft durch den Vorstand entgegengehalten werden kann, dass dies eine unzulässige Rechtsausübung darstellt. Es zeigt sich also bereits hier, dass der Vorstand als Leitungsorgan der Aktiengesellschaft in einem völlig anderen Regelungsgeflecht agiert, als dies beim Geschäftsführer einer GmbH der Fall ist: Unterliegt der Geschäftsführer einer GmbH der Bindung an die Weisungen der Gesellschafter, handelt der Vorstand einer Aktiengesellschaft gerade in eigener Verantwortung und mithin weisungsfrei. Dies wird für die Frage nach der Wirkung einer formlosen Billigung des Handelns des Vorstands durch die Aktionäre im Hinterkopf zu behalten sein. 2. Der Sachverhalt vor dem OLG Köln Im zugrunde liegenden Fall hatte die Aktiengesellschaft über Jahre hinweg eine Mitarbeiterin als Bürogehilfin beschäftigt, die tatsächlich aber nur Haushaltstätigkeiten bei Verwandten des beklagten Vorstands verrichtete. Diese Praxis war der Geschäftsführung der Alleinaktionärin (eine GmbH) von Anfang an bekannt. Indes wurde über diese Praxis nie ein Beschluss der Hauptversammlung der Aktiengesellschaft gefasst. 1.Rechtlicher Rahmen Gemäß § 93 Abs. 4 S. 1 AktG tritt die Haftung des Vorstands gegenüber der Gesellschaft nicht ein, wenn die Handlung auf einem gesetzmäßigen Beschluss der Hauptversammlung beruht (nicht ausreichend ist die Billigung der Handlung durch den Aufsichtsrat, § 93 Abs. 4 S. 2 AktG). Gemäß § 76 Abs. 1 AktG handelt der Vorstand einer Aktiengesellschaft – anders als der Geschäftsführer einer GmbH – eigenverantwortlich. Das bedeutet, dass er gerade keinen Weisungen der Aktionäre – wiederum anders als der Geschäftsführer im Hinblick auf Weisungen der Gesellschafter – unterliegt. Gemäß § 119 Abs. 2 AktG kann die Hauptversammlung über Fragen der Geschäftsführung nur entscheiden, wenn der Vorstand dies verlangt. Dies hat nach § 83 Abs. 2 AktG sodann zur Folge, dass der Vorstand verpflichtet ist, die von der Hauptversammlung im Rahmen ihrer Zuständigkeit beschlossenen Maßnahmen auszuführen. Lutz | Abel Das OLG Köln kommt – relativ knapp – zu dem Ergebnis, dass die Haftung des Vorstands aufgrund dieses Sachverhalts nicht deshalb entfällt, weil diese Praxis mit Kenntnis der Alleinaktionärin erfolgte. Das OLG Köln stellt außerdem fest, dass die Haftung des Vorstands gegenüber der Gesellschaft auch nicht deshalb entfällt, weil die Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs am Einwand unzulässiger Rechtsausübung scheitert. 3. Bewertung der Entscheidung Auf den ersten Blick scheint das OLG Köln hier eine Entscheidung getroffen zu haben, die an den Praxisanforderungen tagtäglicher Geschäftsführung in kleinen und familiär organisierten Aktiengesellschaften vorbeigeht. Es mag bei erstem Hinsehen nicht recht einleuchten, weshalb der Vorstand auch dann in die Haftung geraten soll, wenn sein gesam- Recht Aktuell 03/2013 23 Handels- und Gesellschaftsrecht tes Tun im Einvernehmen mit den „wirtschaftlichen Eigentümern“, also den Aktionären der Aktiengesellschaft, erfolgte. Bei näherem Hinsehen zeigt sich allerdings, dass die Entscheidung absolut richtig ist und dem Wesen der Aktiengesellschaft sowie ihrer Kompetenzordnung Rechnung trägt: a)Förmliche Entscheidung nötig Der Wortlaut des § 93 Abs. 4 S. 1 AktG ist eindeutig, wenn er verlangt, dass ein „gesetzmäßiger Beschluss der Hauptversammlung“ erforderlich ist, damit die Haftung des Vorstands entfällt. Ließe man auch eine bloße Duldung des Vorstandshandelns oder eine formlose Zustimmung dazu genügen, so würde diese Vorschrift weitgehend leerlaufen. Insbesondere für den Fall, dass eine bloße Duldung des Vorstandshandelns als ausreichend angesehen würde, bestünde die Gefahr, dass ein erhebliches Rechtssicherheitsdefizit eintritt. Denn dann müsste stets darum gestritten werden, ob denn nun eine (bewusste) Duldung vorliegt oder die Untätigkeit auf mangelnde Kenntnis zurückzuführen ist. b)Eigenverantwortlichkeit des Vorstands Eng verknüpft mit dem eben genannten Argument der Rechtssicherheit ist das Argument, dass der Vorstand einer Aktiengesellschaft eigenverantwortlich handelt, § 76 AktG. Liegt die Entscheidungsbefugnis also grundsätzlich in seinen Händen, so geht es mit dem Erfordernis förmlicher Entscheidung letztlich also auch um die Abgrenzung von Verantwortungsbereichen. c)Zusammenhang mit §§ 119 Abs. 2, 83 Abs. 2 AktG Damit eng verknüpft ist wiederum der Umstand, dass der Vorstand nur ausnahmsweise die Weisung der Hauptversammlung zu befolgen hat. Dies ist namentlich der Fall, wenn der Vorstand gemäß § 119 Abs. 2 AktG die Hauptversammlung zu einer Frage der Geschäftsführung befragt und die Hauptversammlung entsprechend entschieden hat. Dann nämlich greift § 83 Abs. 2 AktG: Der Vorstand ist verpflichtet, die von der Hauptversammlung im Rahmen ihrer Zuständigkeit beschlossenen Maßnahmen auszuführen. Für diesen Fall gilt auch § 93 Abs. 4 S. 1 AktG: Hat die Hauptversammlung gesetzmäßig beschlossen, haftet der Vorstand gegenüber der Aktiengesellschaft nicht. Hier zeigt sich die Verlagerung der Verantwortung an dem Entfallen der Haftung. 24 Recht Aktuell 03/2013 d) Kein Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens In solchen Konstellationen wird regelmäßig argumentiert, die Hauptversammlung hätte der Maßnahme auch in einem förmlichen Beschluss zugestimmt, wenn man sie nur dazu befragt hätte, so dass das Fehlen einer förmlichen Entscheidung unerheblich sei. Der Gedanke geht dahin, dass sich am Ergebnis nichts ändern würde, hätte sich der Vorstand korrekt verhalten (Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens). Die Gerichte sind bei der Anerkennung dieses Einwands restriktiv. Insbesondere im Aktienrecht, welches wegen § 23 Abs. 5 AktG (Satzungsstrenge) weitgehend zwingend und überdies sehr formal ausgestaltet ist, wird der Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens bei Missachtung bzw. Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften meist nicht akzeptiert. Als Begründung wird teils angeführt, dass die Verfahrensvorschriften anderenfalls leer liefen, weil man sich sonst immer darauf berufen könnte, dass auch bei Beachtung der Verfahrensvorschriften dasselbe Ergebnis eingetreten wäre. e)Kein Einwand unzulässiger Rechtsausübung Das OLG Köln betont auch, dass die Haftung nicht aufgrund des Einwands unzulässiger Rechtsausübung entfällt. Das OLG Köln stellt letztlich darauf ab, dass § 93 Abs. 4 S. 1 abschließend ist. Ferner betont es, dass nur entsprechende Beschlussfassungen für hinreichende Transparenz bzw. Rechtssicherheit sorgen. Im Schrifttum wird der Einwand unzulässiger Rechtsausübung von einem nicht zu vernachlässigenden Teil allerdings bejaht. 4. Fazit Die Entscheidung des OLG Köln vom 25.10.2012 ist inhaltlich richtig und trägt dem Grundgedanken der Aktiengesellschaft sowie ihrer Kompetenzordnung vollständig Rechnung. Es mag Einzelfälle geben, in denen das Ergebnis wenig einleuchtend bzw. praxisnah erscheint. Umso mehr ist darauf zu achten, dass gerade in „kleinen“ Aktiengesellschaften, also solchen, die nur eine geringe Anzahl an Aktionären haben, die entsprechenden Beschlusserfordernisse eingehalten werden. Lutz | Abel Handels- und Gesellschaftsrecht Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten als Haftungsmaßstab bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts – hier: Statiker-ARGE RA Dr. Christian Dittert | dittert@lutzabel.com 1.Einführung Mit Ausnahme der Sondertatbestände der gesetzlichen Gefährdungshaftung (z.B. im Atomrecht oder bei der Tierhalterhaftung) ist das deutsche Haftungsrecht geprägt vom Verschuldensprinzip. Dies kommt in der allgemeinen Vorschrift des § 276 Abs. 1 S. 1 BGB zum Ausdruck, wonach der Schuldner Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten hat, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Fahrlässig handelt dabei, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 2 BGB). Nach § 276 Abs. 3 BGB kann die Haftung wegen Vorsatzes dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden. Eine Abmilderung der Haftungsregelung im vorstehenden Sinne gilt, soweit vertraglich oder gesetzlich der Verschuldensmaßstab auf die „Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten“ (sogenannte „diligentia quam in suis“) beschränkt ist. § 277 BGB bestimmt hierzu, dass derjenige, der nur für diejenige Sorgfalt einzustehen hat, welche er in eignen Angelegenheiten anzuwenden pflegt, von der Haftung wegen grober Fahrlässigkeit nicht befreit ist. Für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit wird demnach auch gehaftet, wenn der Sorgfaltsmaßstab auf die eigenübliche Sorgfalt beschränkt ist. Das Recht der BGB-Gesellschaft (Gesellschaft bürgerlichen Rechts, GbR) legt an die Haftung der Gesellschafter den Maßstab der eigenüblichen Sorgfalt an. § 708 BGB bestimmt, dass ein Gesellschafter bei der Erfüllung der ihm obliegenden Verpflichtungen nur für diejenige Sorgfalt einzustehen hat, welche er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt. Dies gilt freilich nur im Verhältnis der Gesellschafter zueinander und zur Gesellschaft, nicht gegenüber Dritten. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 24.09.2013 (Az.: II ZR 391/12) unter Fortführung seiner bisherigen Rechtsprechung wichtige Ausführungen dazu gemacht, unter welchen Voraussetzungen Lutz | Abel sich ein Gesellschafter bürgerlichen Rechts auf die Haftungserleichterung des Maßstabs eigenüblicher Sorgfalt berufen kann. 2.Sachverhalt Dem Urteil des BGH lag folgender Sachverhalt zugrunde: Von einem Architekten als Generalplaner wurde eine aus zwei Personen bestehende Arbeitsgemeinschaft (ARGE) mit der Erbringung von Statikerleistungen für die Tragwerksplanung im Zusammenhang mit dem Neubau eines Parkhauses beauftragt. Die beiden Gesellschafter einigten sich auf arbeitsteilige Erledigung des Auftrags und hälftige Aufteilung der Gesamtvergütung. Einer der Gesellschafter war u.a. für die statische Berechnung sowie die Ausführungspläne der Fundamente sowie der Holz-und Stahlkonstruktion zuständig, der andere Gesellschafter für die statische Berechnung und die Ausführungspläne der Decken, Unterzüge, Stützen und Wände. In der Folge traten Mängel durch Rissbildungen am Bauwerk auf, die im Rahmen eines selbstständigen Beweisverfahrens auf Fehler der statischen Berechnung der Geschossdecken zurückgeführt wurden. Der Berufshaftpflichtversicherer des hierfür zuständigen Gesellschafters leistete in der Folge Schadensersatz in Höhe von EUR 328.099,00 an den Generalplaner bzw. dessen Auftraggeberin und verlangte anschließend im Regresswege von dem anderen Gesellschafter hälftigen Ausgleich und die Feststellung hälftiger Mithaftung für künftige Aufwendungen im Zuge eines Gesamtschuldnerregresses unter Mitgesellschaftern einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Während das Landgericht die Klage noch abgewiesen hatte, hielt das Berufungsgericht den Zahlungsanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt, gab dem Feststellungsantrag statt und verwies den Rechtsstreit zur Entscheidung über die Höhe des Zahlungsanspruchs an das Landgericht zurück. Hiergegen richtete sich die vom Bundesgerichtshof zugelassene Revision des beklagten Mitgesellschafters. Recht Aktuell 03/2013 25 Handels- und Gesellschaftsrecht 3.Entscheidung des BGH Der BGH hob das Berufungsurteil auf und stellte das klageabweisende Urteil erster Instanz wieder her. Das Berufungsgericht hatte eine alleinige Haftung des die fehlerhafte statische Berechnung der Geschossdecken verantwortenden Gesellschafters verneint, weil dieser die Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten gem. § 708 BGB eingehalten habe. Dies ergebe sich „prima facie“ daraus, dass er sich durch den ihm unterlaufenen Berechnungsfehler bei der Tragwerksplanung selbst geschädigt habe. Für grobe Fahrlässigkeit bestünden keine Anhaltspunkte. Der BGH gab dem Berufungsgericht insoweit recht, als dieses einen Haftungsanspruch der ARGE gegenüber dem Generalplaner bejaht und die akzessorische Haftung der GbR-Gesellschafter analog § 128 S. 1 HGB angenommen hatte. Hieraus ergab sich grds. nach vollständigem Schadensausgleich durch einen Gesellschafter bzw. dessen Berufshaftpflichtversicherung ein gesellschaftsinterner Regressanspruch aus Gesamtschuldnerausgleich gem. § 426 Abs. 1 BGB. Gemäß der zwischen den GbR-Gesellschaftern vereinbarten hälftigen Gewinn- und Verlustbeteiligung hätte dies unter normalen Umständen tatsächlich zu einer hälftigen Beteiligung des anderen Gesellschafters am Schadensausgleich geführt, wie das Berufungsgericht angenommen hat. Dem erteilte der BGH jedoch eine Absage, weil das Berufungsgericht den Haftungsmaßstab eigenüblicher Sorgfalt nicht zutreffend ermittelt bzw. angewandt habe. Nach Auffassung des BGH hatte der nach der Aufgabenverteilung in der ARGE zuständige Gesellschafter den von ihm gemachten, schadensverursachenden Fehler alleine zu verantworten und konnte von seinem Mitgesellschafter keine Haftungsbeteiligung verlangen. Der BGH ließ dabei zunächst dahinstehen, ob der Haftungsmaßstab des § 708 BGB im vorliegenden Fall überhaupt Anwendung finden könne. Selbst wenn man dies nämlich annehme, könne sich der verantwortliche Gesellschafter nicht auf die Einhaltung eigenüblicher Sorgfalt berufen. Die klagende Berufshaftpflichtversicherung traf die Darlegungsund Beweislast dafür, dass ihr Versicherungsnehmer 26 Recht Aktuell 03/2013 für dessen Mitgesellschafter erkennbar in eigenen Angelegenheiten eine geringere als die im Verkehr erforderliche Sorgfalt anzuwenden pflegt. An diesen Beweis seien strenge Anforderungen zu stellen. Der Umstand, dass der Gesellschafter sich durch die schadensbegründende Handlung zugleich selbst geschädigt hat, reiche entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts zum Nachweis der nicht auf den konkreten Schädigungsfall, sondern auf das generelle Verhalten des Schädigers in dem entsprechenden Pflichtenkreis abstellenden Entlastungsvoraussetzungen des § 708 BGB nicht aus. Mit anderen Worten erbringt die Tatsache, dass der Gesellschafter sich im konkreten Schadensfall selbst geschädigt hat, keinen Beweis dafür, dass er in eigenen Angelegenheiten eine geringere als die im Verkehr erforderliche Sorgfalt anzuwenden pflegt. 4.Stellungnahme Der Entscheidung des BGH ist vollumfänglich beizupflichten. Das Oberlandesgericht hat sich hier „vergaloppiert“, und der BGH sah sich zu Recht gezwungen, die Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts wieder aufleben zu lassen. Die (falsche) Argumentation des Oberlandesgerichts verblüfft geradezu. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Eigenschädigung Beleg dafür sein soll, dass der Maßstab eigenüblicher Sorgfalt beachtet worden sein soll. Die eigene Schädigung ist lediglich Resultat und kann unter Be- oder Missachtung eigenüblicher Sorgfalt eintreten. Sie ist hier Ausdruck der Notwendigkeit, dass überhaupt eine Haftung des GbR-Gesellschafters gegeben ist, der als Gesellschafter für eine Haftungsverbindlichkeit der GbR analog § 128 S. 1 HGB einzustehen hat. Erst so wird die Konstellation des Gesamtschuldnerregresses beim Mitgesellschafters denkbar und möglich. Diese Regressvoraussetzung darf indessen nicht mit der Frage verwechselt werden, ob der den Schaden Verursachende sich dabei so sorgfältig wie in eigenen Angelegenheiten verhalten hat. Nicht ohne eine gewisse Süffisanz stellt der BGH fest, es sei nicht dargelegt worden, der verantwortliche GbR-Gesellschafter erstelle ihm obliegende Tragwerksplanungen immer leicht fahrlässig und dies sei für den Mitgesellschafter erkennbar gewesen. Ohne einen derartigen Vortrag sei davon auszugehen, dass der verantwortliche Gesellschafter in eigenen Angelegenheiten die verkehrsübliche Sorgfalt anwendet. Lutz | Abel Öffentliches Baurecht öffentliches Baurecht Die Pflicht zur Sanierung schädlicher Bodenveränderungen und die Vorteile von Sanierungsverträgen RAin Wiebke Hederich, LL.M. | hederich@lutzabel.com Mit schädlichen Bodenveränderungen verbinden sich hohe wirtschaftliche Risiken: Bereits ein Altlastenverdacht genügt oft, um Planungen zu verzögern oder zu stoppen und Investoren abzuschrecken. Bestätigt sich der Verdacht, kann dies für den Sanierungspflichtigen schwerwiegende rechtliche und wirtschaftliche Folgen haben. 1.Sanierungspflichtige Im Einzelnen richten sich die Sanierungspflichten nach der zentralen Norm des Bundes-Bodenschutzgesetzes, § 4 BBodSchG. Nach dieser Norm können unter anderem folgende „Pflichtige“ zur Verantwortung gezogen werden: - Der Verursacher (§ 4 Abs. 3 S. 1 BBodSchG) -Der Gesamtrechtsnachfolger des Verursachers (§ 4 Abs. 3 S. 1 BBodSchG) -Der Grundstückseigentümer und Inhaber der tatsächlichen Gewalt über das Grundstück (§ 4 Abs. 3 S. 1 BBodSchG) -Der für eine juristische Person Einstandspflichtige (§ 4 Abs. 3 S. 4 BBodSchG) -Der ehemalige Eigentümer, der das Eigentum an einem belasteten Grundstück aufgibt (§ 4 Abs. 3 S. 4 BBodSchG) -Der frühere Eigentümer, der sein Grundstück verkauft hat, nach Maßgabe von § 4 Abs. 6 BBodSchG Diese Verantwortlichen sind grundsätzlich gleichrangig nebeneinander verantwortlich. Auch wenn dies in vielen Fällen dem Gerechtigkeitsempfinden widersprechen mag, sieht das Gesetz keine Rangfolge vor. Damit steht im Ermessen der Behörde, gegen wen sie im Einzelfall vorgeht, und die Ermessensausübung ist gem. Art. 40 Bayerisches-Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) und § 114 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) nur in engen Grenzen überprüfbar. Der Behörde ist es insbesondere nach dem Lutz | Abel anerkannten Grundsatz der Effektivität der Gefahrenabwehr erlaubt, allein gegen den Pflichtigen vorzugehen, gegen den die Gefahrenabwehrmaßnahmen am einfachsten oder schnellsten durchgesetzt werden können. Das bedeutet, dass die zuständigen Behörden grundsätzlich auch dann gegen den Grundstückseigentümer vorgehen können, wenn er die Gefahr nicht verursacht hat. Dies wird oftmals der Fall sein, da ein Großteil der schädlichen Bodenveränderungen in Deutschland vor vielen Jahrzehnten, beispielsweise im Zusammenhang mit Rüstungsproduktion oder Bergbau, verursacht wurde. Gegen die Verursacher dieser schädlichen Bodenverunreinigung können die Behörden aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht oder nur unter großem Aufwand vorgehen und wenden sich daher an den Eigentümer. Auch wenn der Eigentümer die schädliche Bodenveränderung nicht selbst verursacht hat, kann er folglich grundsätzlich zur Sanierung verpflichtet werden. Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht mit seinem grundlegenden Beschluss vom 16.02.2000 (Az.: 1 BvR 242/91) entschieden, dass die Verantwortlichkeit des Grundstückseigentümers aus Zumutbarkeitsgesichtspunkten zu begrenzen ist. Zwar müsse der Grundstückseigentümer im Regelfall auch dann die Sanierungskosten tragen, wenn er die schädliche Bodenveränderung nicht verursacht habe. Der finanzielle Aufwand der Sanierung dürfe jedoch nicht außer Verhältnis zum Grundstückswert stehen. Bei der Beurteilung, ob ein Sanierungsaufwand noch zumutbar ist, ist nach dem Bundesverfassungsgericht insbesondere von Belang, in welchem Umfang der Grundstückseigentümer Risiken bewusst in Kauf genommen hat und welche wirtschaftlichen Vorteile ihm das Grundstück bietet. Recht Aktuell 03/2013 27 Öffentliches Baurecht Während die Haftung des Grundstückseigentümers wie dargestellt vom Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt wird, haftet der Verursacher einer schädlichen Bodenveränderung grundsätzlich unbegrenzt. Diese Haftung stellt auch deshalb ein hohes Risiko dar, da die Haftung des Störers oftmals auch in zeitlicher Hinsicht nicht begrenzt ist. Wie nachfolgend dargestellt wird, kann eine Haftungsbegrenzung in solchen Fällen jedoch unter Umständen im Wege eines öffentlich-rechtlichen Vertrages erzielt werden. 2.Handlungsinstrumente bei der Durchsetzung von Sanierungspflichten Das Bundesbodenschutzgesetz stellt den zuständigen Behörden verschiedene Handlungsinstrumente zur Durchsetzung der Sanierungspflicht zur Verfügung. In Betracht kommt eine Sanierungsanordnung (§ 10 Abs. 1 BBodSchG), die Verbindlicherklärung eines Sanierungsplans (§ 13 Abs. 6 BBodSchG) sowie ein Sanierungsvertrag (§ 13 Abs. 4 BBodSchG i.V.m. Art. 54 ff. BayVwVfG). Obwohl die Behörden nach wie vor bevorzugt mit einer klassischen Sanierungsanordnung gegen den Sanierungspflichtigen vorgehen, böte ein Sanierungsvertrag oftmals für alle Beteiligten ungenutzte Chancen: Durch einen Sanierungsvertrag lässt sich die Sanierung meist schneller und effizienter durchführen, und die Beteiligten erlangen früher Rechtssicherheit. Denn wenn die Behörden mit einer Sanierungsanordnung gegen den Betroffenen vorgehen, führt das in vielen Fällen zu langwierigen Rechtsstreitigkeiten, die sich durch einen Vertrag vermeiden lassen. Ein Vertrag ist zudem oft vorteilhaft, da sich flexiblere Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen. Die wirtschaftlichen Interessen des Sanierungspflichtigen können insbesondere durch eine vertragliche Begrenzung des Sanierungsrisikos gewahrt werden. Zwar ist die Zulässigkeit solcher Vereinbarungen durch den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 28 Recht Aktuell 03/2013 20 Abs. 3 Grundgesetz) begrenzt: die Behörde ist verpflichtet, die Regelungen des Bundes-Bodenschutzgesetzes umzusetzen. Regelmäßig wird eine Begrenzung der Sanierungspflicht jedoch zulässig sein, wenn so beispielsweise bestehende Ungewissheiten beseitigt werden sollen. Zudem sind vielfältige flexible Kompromissformeln denkbar, mit denen sich das wirtschaftliche Risiko des Sanierungspflichtigen unter Wahrung des öffentlichen Interesses begrenzen lässt. Zu empfehlen ist oftmals beispielsweise eine Freistellungsvereinbarung im Hinblick auf Ausgleichsansprüche Dritter nach § 24 Abs. 2 BBodSchG. Nicht zu unterschätzen sind schließlich die Vorteile, die sich allein schon daraus ergeben können, dass Sanierungsbetroffene und Behörden die Art und Weise der Sanierung miteinander abstimmen: So kann vermieden werden, dass einseitig bestimmte Sanierungsmaßnahmen angeordnet werden, die sich noch besser abstimmen ließen und nach denen sich der Sanierungspflichtige folglich nicht gerne richtet. Insbesondere können so auch die Ziele der Sanierung vertraglich abgestimmt werden. Der Sanierungsvertrag ist auch ideales Instrument bei der baulichen Entwicklung von Konversionsflächen. Gem. § 9 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BauGB kann die Bebaubarkeit im Bebauungsplan in besonderen Fällen von einer Bedingung abhängig gemacht werden. Mit diesem Instrument kann beispielsweise festgelegt werden, dass die Errichtung baulicher Anlagen erst nach der Beseitigung der Bodenkontamination möglich ist. Ein entsprechender öffentlich-rechtlicher Vertrag, mit dem insbesondere das Sanierungsziel und die zulässige Bebauung vereinbart werden, kann für öffentliche Hand und Investor erhebliche Vorteile mit sich bringen: Der Investor kann einen Vertrag schließen, der es ihm erlaubt, die Altlastensanierung durch die bauliche Entwicklung der Konversionsfläche zu finanzieren, und die öffentliche Hand kann mit vergleichsweise geringem Verwaltungs- und Kostenaufwand attraktiv gelegene Brachflächen sanieren und entwickeln. Lutz | Abel Öffentliches Baurecht Der Mindestabstand zwischen Gebäuden wird kleiner RA Dr. Christian Braun | braun@lutzabel.com Der Mindestabstand zwischen Gebäuden wird grundsätzlich durch das Abstandsflächenrecht geregelt. In dicht bebauten innerstädtischen Lagen werden von den vorgegebenen Abstandsflächenvorschriften jedoch umfangreiche Abweichungen zugebilligt. Dies wird damit begründet, dass sich durch die bereits vorhandene dichte Bebauung im innerstädtischen Bereich eine atypische Situation ergibt, die die Abweichung von den an sich vorgegebenen Abstandsflächen legitimiert. Für die Annahme einer Atypik bedarf es nach neuerer Auffassung der Gerichte auch keines ungewöhnlichen Grundstückszuschnitts mehr. Im innerstädtischen Bereich soll vielmehr eine dichte Bebauung als solche ausreichen, jedenfalls wenn auch historische Bausubstanz vorhanden ist (VGH München, Urteil vom 07.10.2010, Az.: 2 B 09.328; anders noch VGH München, Beschluss vom 17.09.2004, Az.: 14 ZB 04.1254). Auf diesem Weg entsteht auch Wohnnutzung auf „engstem Raum“. Fraglich ist damit, in welchem Umfang eine Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften zugelassen wird. Die Grenze des Zulässigen wird von den Gerichten über das sogenannte Rücksichtnahmegebot und das darin enthaltene Erfordernis einer ausreichenden Belichtung und Besonnung bestimmt. Dies vor dem Hintergrund, dass ohne eine ausreichende Belichtung und Besonnung anerkanntermaßen keine gesunden Wohnverhältnisse gegeben sind. Um zu bestimmen, wie dicht die Bebauung sein darf, ohne das Erfordernis der gesunden Wohnverhältnisse zu beeinträchtigen, haben die Gerichte bisher als Grenze den so genannten 45-Grad-Lichteinfallswinkel zur Waagerechten zu Grunde gelegt. Der 45-Grad-Lichteinfallswinkel muss grundsätzlich an allen notwendigen Fenstern von Räumen, die zum Aufenthalt von Menschen bestimmt sind, eingehalten werden. Nach Art. 45 Abs. 2 S. 2 BayBO sind Fenster mit einem Rohbaumaß der Fensteröffnungen von mindestens einem Achtel der Netto-Grundfläche des Raumes einschließlich der Netto-Grundfläche verglaster Vorbauten und Loggien notwendige Fenster. An weiteren, mithin nicht notwendigen Fenstern muss der Lichteinfallswinkel von 45 Grad dagegen nicht eingehalten werden. Lutz | Abel In aktuellen Gerichtsentscheidungen wird nunmehr der 45-Grad-Lichteinfallswinkel nicht mehr als strikte Grenze vorgegeben. Die zulässige Verdichtungsmöglichkeit im innerstädtischen Bereich steigt hierdurch noch weiter an. Es bestehen außerdem erhebliche Rechtsunsicherheiten. Es kann derzeit nicht verbindlich abgeschätzt werden, in welchem Umfang hier eine Nichtbeachtung des 45-Grad-Lichteinfallswinkels von den Gerichten noch akzeptiert wird. Im Einzelnen ist auf folgende Entwicklung in der Rechtsprechung hinzuweisen: 1.Urteil des VGH München vom 16. Oktober 2003 (Az.: 14 N 98.1922) Hier wurde einer Normenkontrollklage gegen einen Bebauungsplan stattgegeben, der u.a. mit seinen Festsetzungen den 45-Grad-Lichteinfallswinkel des benachbarten Wohnhauses im Erdgeschoss nicht einhielt. Es wird insoweit ausgeführt, dass es angesichts der zwingend festgesetzten Höhe der Bebauung wenigstens im Erdgeschoss des Nachbargebäudes fraglich sei, ob die grundsätzlich gegebene Bebaubarkeit nicht wegen der Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse ausgeschlossen ist, was wiederum zu einem Abwägungsdefizit des Bebauungsplans führt. 2.Urteil des VGH München vom 2. August 2007 (Az.: 2 BV 06.497) Die dortige Wohnungseigentümergemeinschaft (Wohnnutzung) hat sich gegen eine Nachbarbebauung gewandt, die u.a. zu einer Verschattung der Wohnräume im Erdgeschoss geführt hätte. Der VGH München hat der insoweit erhobenen Klage u.a. deswegen stattgegeben, da der 45-Grad-Lichteinfallswinkel in den im Erdgeschoss gelegenen Wohnräumen nicht einzuhalten war und damit die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse nicht mehr gewahrt worden wären. 3.Urteil des VG München vom 14.12.2009 (Az.: M 8 K 09.4974) Das VG München hat eine Klage gegen einen Vorbe- Recht Aktuell 03/2013 29 Öffentliches Baurecht scheid abgewiesen, obwohl das Objekt des klagenden Nachbarn durch das Bauvorhaben bis etwa zur Oberkante der Fenster im Obergeschoss verschattet wird. Der VGH München hat den Umfang der zugelassenen Verschattung nicht beanstandet (vgl. VGH München, Urteil vom 22.09.2011, Az.: 2 B 11.761). 4. U rteil des VG München vom 27.02.2012 (Az.: M 8 K 11.997) Die hier angegriffene Erhöhung des Gebäudebestandes hat den Lichteinfallswinkel von 45 Grad auf eine Höhe von 8,70 m (Oberkante des dritten Geschosses) bzw. 9,70 m, ausgehend von einer Lichtundurchlässigkeit des Geländers der auf das fünfte Geschoss aufgesetzten Dachterrasse, verlagert. Selbst diese massive Nichtbeachtung des 45-GradLichteinfallswinkels hat das VG München hier wegen der Situationsgebundenheit des Grundstücks noch als zulässig erachtet und hat lediglich darauf hingewiesen, dass ein sechstes Geschoss ohne Rücksprung nicht mehr zulässig wäre. 30 Recht Aktuell 03/2013 5. Fazit Im innerstädtischen Bereich kann von der Einhaltung der gesetzlichen Abstandsflächenvorschriften in der Regel eine Abweichung erlangt werden. Soweit die geplanten Gebäude den 45-Grad-Lichteinfallswinkel an den notwendigen Fenstern der Nachbarbebauung beachten, kommen für die betroffenen Nachbarn keine Abwehrrechte in Betracht. Die neuere Rechtsprechung lässt jetzt auch Bauvorhaben zu, die den 45-Grad-Lichteinfallswinkel in erheblichem Umfang nicht beachten. Dies obwohl hierdurch vom Gericht selbst als „Wohnhöhlen“ bezeichnete Wohnungen entstehen. In welchem Umfang der 45-Grad-Lichteinfallswinkel nach Auffassung der Gerichte unterschritten werden darf, kann nicht mit der gewünschten Rechtssicherheit prognostiziert werden. Hier erfolgt von den Gerichten jeweils eine Einzelfallbetrachtung, die nicht ohne Weiteres auf andere Grundstücke übertragen werden kann. Lutz | Abel Vergaberecht Vergaberecht Ärztekammern sind keine öffentlichen Auftraggeber RA Dr. Christian Kokew | kokew@lutzabel.com Der Europäische Gerichtshof (EuGH) nimmt in seinem Urteil vom 12. September 2013 (Az.: C-526/11) zu der umstrittenen Frage Stellung, unter welchen Voraussetzungen Berufskammern als öffentliche Auftraggeber anzusehen sind und daher bei ihren Beschaffungen das Vergaberecht berücksichtigen müssen. 1.Einleitung In der Bundesrepublik Deutschland sind Freiberufler wie Ärzte, Architekten und Ingenieure in Berufskammern zusammengeschlossen. Der Gesetzgeber hat Berufskammern als Körperschaften des öffentlichen Rechts organisiert und ihre Finanzierung durch Gesetz oder andere Hoheitsakte gesichert. Während den Berufskammern in den entsprechenden Rechtsgrundlagen die Befugnis eingeräumt wird, bei ihren Mitgliedern Beiträge zu erheben, steht es ihnen frei, die Höhe der Beiträge und die mit den Beiträgen zu finanzierenden Leistungen dem Umfang nach festzusetzen. Die Organisation der Berufskammern als Körperschaften des öffentlichen Rechts und insbesondere die gesetzlich gesicherte Finanzierung der Kammern haben bereits vor einigen Jahren eine Diskussion darüber entstehen lassen, ob Berufskammern als öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB zu bewerten sind und damit bei ihren Beschaffungen das Vergaberecht beachten müssen. Nach § 98 Nr. 2 GWB gilt als öffentlicher Auftraggeber eine juristische Person des privaten oder des öffentlichen Rechts, die eine im Allgemeininteresse liegende Aufgabe nicht gewerblicher Art erfüllt und eine besondere Staatsgebundenheit aufweist. Der Streit um die öffentliche Auftraggebereigenschaft von Berufskammern beschränkte sich im Wesentlichen auf die Frage, ob die nach § 98 Nr. 2 GWB erforderliche besondere Staatsgebundenheit vorliegt. Diese kann nach § 98 Nr. 2 GWB u.a. dadurch Lutz | Abel begründet sein, dass die juristische Person durch staatliche Stellen „überwiegend staatlich finanziert“ wird oder die staatlichen Stellen die „Aufsicht über die Leitung“ der juristischen Person ausüben. Für eine öffentliche Auftraggebereigenschaft von Berufskammern sprach insbesondere, dass „berufsständische Kammern“ in Anhang III der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge („VKR“) aufgeführt sind und dieser Anhang ein Verzeichnis derjenigen Einrichtungen enthält, die nach Ansicht der Mitgliedstaaten der früheren Europäischen Gemeinschaft den Begriff der öffentlichen Einrichtung erfüllen und bei ihren Beschaffungen somit das Vergaberecht zu beachten haben. 2.Entscheidung Aufgrund eines Vorlagenbeschlusses des OLG Düsseldorf musste sich nun erstmals der EuGH mit der Frage auseinandersetzen, unter welchen Voraussetzungen Berufskammern als öffentliche Auftraggeber zu betrachten sind. Die Entscheidung des EuGH vom 12. September 2013 (Az.: C-526/11) betrifft zwar unmittelbar nur die Ärztekammer Westfalen-Lippe, der Gerichtshof stellt aber ganz grundsätzlich fest, unter welchen Umständen Berufskammern als öffentliche Auftraggeber in Betracht kommen. a)Sachverhalt Die Ärztekammer Westfalen-Lippe, eine als Körperschaft des öffentlichen Rechts organisierte Berufskammer, schrieb den Druck, den Versand, die Anzeigenakquise und den Abonnementverkauf ihres Mitteilungsblatts europaweit aus. Ein Bieter leitete wegen der beabsichtigten Zuschlagsentscheidung ein Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer Münster ein. Diese wies zwar den Nachprüfungsan- Recht Aktuell 03/2013 31 Vergaberecht trag zurück, sah die Ärztekammer aber als öffentlichen Auftraggeber i.S.v. § 98 Nr. 2 GWB an. Das im Beschwerdeverfahren mit dem Nachprüfungsantrag befasste OLG Düsseldorf bezweifelte, ob die Ärztekammer Westfalen-Lippe als öffentlicher Auftraggeber im Sinne von § 98 Nr. 2 GWB bewertet werden kann. Fraglich erschien dem Gericht insbesondere, ob die Ärztekammer im Sinne von § 98 Nr. 2 GWB „überwiegend finanziert“ werde und ob die Aufsichtsbehörde der Ärztekammer nach dem auf die Ärztekammer anzuwendenden nordrhein-westfälischen Heilberufsgesetz (NWHeilBerG) eine „Aufsicht über die Leitung“ i.S.v. § 98 Nr. 2 GWB ausübe. Das OLG Düsseldorf hatte daran Zweifel, weil nach dem NWHeilBerG nur eine Rechtsaufsicht besteht und die Aufsichtsbehörde daher über keine Möglichkeit verfüge, auf die Vergabeentscheidungen der Berufskammern Einfluss zu nehmen. Das OLG Düsseldorf sah sich aufgrund der bisherigen Rechtsprechung des EuGH an einer abschließenden Entscheidung gehindert und legte dem EuGH die Frage zur Entscheidung vor, ob ein öffentlich-rechtlicher Berufsverband bereits dann „überwiegend staatlich finanziert“ ist bzw. „hinsichtlich der Leitung der Aufsicht“ durch den Staat unterliegt, wenn ihm durch Gesetz die Befugnis zur Beitragserhebung eingeräumt ist, das Gesetz aber weder die Beiträge der Höhe nach noch die mit den Beiträgen zu finanzierenden Leistung dem Umfang nach festsetzt. b)Rechtliche Würdigung durch den EuGH Der EuGH bestätigte die rechtlichen Zweifel des OLG Düsseldorf. Zunächst wies er auf seine bisherige Rechtsprechung hin, nach der die Aufnahme der „berufsständischen Vereinigung“ in Anhang III zur VKR keine rechtliche Bindungswirkung entfalte. Die Nennung in Anhang III habe vielmehr allein deklaratorischen Charakter. Der Gerichtshof wendete sich sodann der Frage zu, ob die Ärztekammer „überwiegend finanziert“ werde. „Finanzierung“ sei jeder Transfer von Finanzmitteln, der ohne spezifische Gegenleistung mit dem Ziel vorgenommen wird, die Tätigkeit der betreffenden Einrichtung zu unterstützen. Wie der EuGH bereits in seiner Entscheidung vom 3. Oktober 2000 entschieden hatte, erfolgt die Finanzierung „überwiegend“, wenn mehr als die Hälfte der Finanzmittel einer Einrichtung von der öffentlichen Hand aufgebracht wird (EuGH, Urteil vom 03.10.2000, Az.: C-380/98 – „University of Cambridge“). 32 Recht Aktuell 03/2013 Gegen eine „überwiegende staatliche Finanzierung“ sprach nach Ansicht des EuGH zunächst nicht, dass die Ärztekammer nicht unmittelbar durch den Staat, sondern durch ihre Mitglieder finanziert wird. Denn das Kriterium der „überwiegenden Finanzierung“ müsse funktional, d.h. nach dem Sinn und Zweck der Vergaberichtlinien bestimmt werden. Dieser bestehe darin, die Hemmnisse für den freien Dienstleistungs- und Warenverkehr zu beseitigen. Solche Hemmnisse könnten insbesondere durch eine zu enge Verbindung zwischen Auftraggebern und dem Staat begründet werden, sofern der Staat die Entscheidung des Auftraggebers über die Vergabe öffentlicher Aufträge beeinflussen könne. Aus diesem Grund liege eine „überwiegende Finanzierung“ auch dann vor, wenn die Finanzmittel der jeweiligen juristischen Person nicht unmittelbar durch den Staat, sondern – wie bei der Ärztekammer Westfalen-Lippe – durch Zwangsbeiträge aufgrund eines Gesetzes gewährt werden. Fraglich erschien dem Gerichtshof allerdings, ob der nach dem NWHeilBerG der Ärztekammer zustehende Beurteilungsspielraum über die Höhe der Beiträge und über die mit den Beiträgen zu finanzierenden Leistungen einer „überwiegenden Finanzierung“ entgegensteht. Der EuGH zieht die Grenze der zulässigen Auslegung des Begriffs „überwiegende Finanzierung“ in den von ihm in den Entscheidungen „Rundfunkanstalten“ (Urteil vom 13.12.2007, Az.: C-337/06) und „Oymanns“ (Urteil vom 11.06.2009, Az.: C-390/07) getroffenen Feststellungen. Danach liegt eine „überwiegende Finanzierung“ vor, wenn die Finanzierung −entweder dem Grunde oder der Höhe nach gesetzlich vorgegeben sei und mittels hoheitlicher Befugnis eingezogen werden könne oder −der Beitragssatz zwar formell von der finanzierenden juristischen Person selbst festgelegt werde, aber zum einen rechtlich vorgegeben sei und zum anderen der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde bedarf −und die Beiträge aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zwangsweise eingezogen werden können. Diese Voraussetzungen erfüllt nach Ansicht des EuGH die Ärztekammer Westfalen-Lippe nicht. Entscheidend sei, dass der Ärztekammer eine Autonomie bei der Bestimmung des Wesens, des Umfangs und der Durchführungsmodalitäten der von ihr zur Erfüllung der Aufgaben ausgeübten Tätigkeiten und Lutz | Abel Vergaberecht somit bei der Festlegung der Höhe der Beiträge zusteht. Die für eine „überwiegende Finanzierung“ erforderliche enge Verbindung der Ärztekammer zur öffentlichen Hand sieht der EuGH folglich nicht. 3.Fazit Der EuGH stellt mit seinem Urteil klar, unter welchen Voraussetzungen die öffentliche Auftraggebereigen- Lutz | Abel schaft von Berufskammern angenommen werden kann. Entscheidend ist danach, ob den Berufskammern ein Berurteilungsspielraum über die Höhe der Beiträge sowie die mit den Beiträgen zu finanzierenden Leistungen zusteht. Die Entscheidung des EuGH lässt sich nicht auf alle Arten von Berufskammern übertragen. Entscheidend ist vielmehr, ob die vom EuGH gezogene Grenze im Einzelfall eingehalten wird. Recht Aktuell 03/2013 33 Fragen, Anmerkungen und Wünsche zu Recht Aktuell? Wir freuen uns über Ihre Fragen, Anmerkungen und Wünsche bezüglich unserer Informationsschrift Recht Aktuell. Sie können uns gerne eine E-Mail zusenden an kanzlei@lutzabel.com. München Brienner Straße 29 · 80333 München Telefon +49 89 544147- 0 Telefax +49 89 544147-99 muenchen@lutzabel.com Hamburg Am Sandtorkai 40 · 20457 Hamburg Telefon +49 40 3006996-0 Telefax +49 40 3006996-99 hamburg@lutzabel.com Stuttgart Königstraße 26 · 70173 Stuttgart Telefon +49 711 18567-509 Telefax +49 711 18567-450 stuttgart@lutzabel.com 34 Recht Aktuell 03/2013 Lutz | Abel www.lutzabel.com www.lutzabel.com