Unterrichtsentwurf für den Film des Aachener Fördervereins für

Transcription

Unterrichtsentwurf für den Film des Aachener Fördervereins für
Unterrichtsentwurf für den Film des Aachener Fördervereins für traumatisierte Menschen e.V.
„Überwinden“, Trauma und Traumabewältigung
Der Aachener Förderverein für traumatisierte Menschen e. V. unterstützt Schulen im Rahmen von
Projekten durch Entsendung von Vereinsmitgliedern oder Mitarbeitern des Weißen Rings.
Auftraggeber:
Konzept und Ausführung:
Aachener Fördervereins für traumatisierte Menschen e.V.
Eva Boßmann, Pit Aretz
(sponsert by Sparkasse Aachen, Sparkasse Walheim, APAG, LIONS Club
Dreiländereck, Landesanstalt für Medien NRW, private Spender)
Lernsituation:
Erkennen der Symptome und der Behandlungsbedürftigkeit
eines Traumatas nach verschiedenartigen Gewalterfahrungen
Thema Unterrichtsstunde:
Trauma definieren und Symptome posttraumatischer
Belastungsstörung (PTBS) erklären
Thema vorhergehender Stunden:
Das o.g. Thema eröffnet die Themenreihe. Denkbar wäre z.B.
eine vorhergehende Stunde zum Thema Cyber- Mobbing.
Thema nachfolgender Stunden:
Gegenüberstellung persönliches Trauma und
z.B. Kollektivtrauma (z.B. Kriegstraumata)
Fächer:
Ethik, Philosophie, Religion, Deutsch, Politik, Geschichte
Klassen:
10. - 13. Klasse, Gymnasium, Gesamtschule, Realschule,
Hauptschule
Zeit:
2 – 3 Schulzeitstunden, evtl. Projekttag (Gruppenarbeit)
1.0 Bedingungsanalyse
Die Schüler sollten die 10.Klasse erreicht haben, Klassenzusammensetzung unterschiedlicher
Schulformen: Gymnasium, Gesamtschule, Realschule, Hauptschule, freie Schulen (Waldorf,
Montessouri) Klassengröße: 18 - 20 Schüler.
1.1 Klassenanalyse
Die Schüler besitzen vermutlich sehr unterschiedliche Lebens - und Erfahrungsvorraussetzungen. Der
Lehrer sollte seine Schüler und deren familiären Hintergrund gut kennen. Gibt es Schüler in der Klasse
mit Gewalterfahrungen (Mord, Totschlag, Vergewaltigung) muss das Thema mit diesem Schüler
vorbesprochen und Verhaltensregeln abgesprochen werden, damit es nicht zur Überforderung kommt.
Grundsätzlich sollte die Stunde durch ein Mitglied des Fördervereins oder des Weißen Rings begleitet
werden.
1.2 Pädagogische Konsequenzen
Die unterschiedlichen Lebens - und Erfahrungsvorraussetzungen sollten berücksichtigt und die
Themen Trauma und posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) sachlich behandelt werden. Die
Gesprächsbeteiligung geschieht grundsätzlich freiwillig, die Schüler werden nicht ausgefragt. Es
können Lern – und Ausdruckshilfen in Form von Arbeitsblättern mit konkreten Fragen zur Verfügung
gestellt werden. Zur Ausarbeitung von konkreten Fragen sind Arbeitsgruppen von bis zu vier Schülern
erwünscht, jedoch entzieht sich das Gruppengespräch in den Kleingruppen der Kontrolle des Lehrers.
Das Erzählen eigener Erfahrungen sollte auch im Klassenverband möglich sein. Es werden folgende
Gesprächsregeln festgelegt : ausreden lassen, kein Auslachen, Rückfragen in „ich“ Form kein „man“
oder „wir“, keine Bewertungen.
2.0 Didaktische Konzeption
Die zu unterrichtenden Schüler sind auf dem Weg, das 11. Schuljahr mit der Mittleren Reife
abzuschließen, um z.B. eine Ausbildung zu beginnen, das 12. Schuljahr mit dem Abschuss des
Fachabiturs abzuschließen oder machen Abitur.
Das Thema Trauma und PTBS ist in den Unterrichtsfächern: Ethik, Philosophie, Religion, Deutsch,
Politik, und Geschichte denkbar. Es kann isoliert betrachtet oder in größerem Zusammenhang
beleuchtet werden: Kollektivschuld und Kollektivtrauma mit Bezug auf Kriegsgeschehen (Geschichte,
Politik, Religion). Bezüglich Philosophie und Ethik nähert sich der Film großen Weltfragen: wann
schränkt meine Freiheit die Freiheit des anderen ein (Immanuel Kant) oder ist Gewalt zulässig um
Gewalt zu bekämpfen?
Die Schüler sollen hierbei zu selbständigem Denken angeregt werden, logisch schlussfolgern und
reflektieren können. Es geht darum, Eigenverantwortung zu übernehmen innerhalb eines Rahmens, der
Respekt und Achtung vor dem menschlichen Leben bewahrt.
2.1 Ziele der Lernsituation, Ablaufplanung
Der Schülerschaft soll vermittelt werden, was ein Trauma ist, an welchen Symptomen dies erkennbar
wird und welche Folgeschäden nach traumatischen Gewalterfahrungen auftreten können. In diesem
Zusammenhang sollen die Faktoren benannt werden, die eine traumatische Erkrankung begünstigen
und aufgezeigt werden, welche Strategien es für betroffene Menschen gibt, mit einem traumatischen
Erlebnis umzugehen und institutionelle Hilfemöglichkeiten in Anspruch zu nehmen. Gleichzeitig soll
dargelegt werden, wie das Umfeld von Menschen mit traumatisierenden Erfahrungen (hier
LehrerInnen und MitschülerInnen) diesen sinnvoll unterstützen kann und auch selber Unterstützung
erfahren kann.
Daneben kann als Präventionsmaßnahme über Aspekte gesprochen werden, die im Vorfeld von
Gewalthandlungen häufig zu beobachten sind und Anhaltspunkte zur Vermeidung von traumatischen
Erfahrungen liefern können.
2
2.2 Ablaufplanung :
Dauer
Struktur
Gesamt:2-3
Schulstunden
45 Minuten
Opener
15 Minuten
Unterrichtsgespräch
45 Minuten
Kleingruppen
30 Minuten
Diskussion
im Plenum
Thema
„Überwinden“, Trauma und Traumabewältigung
Einführung in die Thematik, Videofilm 26 Minuten
Der Lehrer spricht mit den Schülern über den Film.
Die Schüler berichten über eigene Erfahrungen und stellen
Fragen.
Gruppenbildung bis zu vier Schüler, diverse konkrete
Aufgabenstellung, bis 3 Fragen, Plakate
Visualisierung der Gruppenarbeiten, Diskussion und
Fragen im Plenum
Gesamt:
135 Min.,
3 Schulstunden
3.0 Umsetzung Unterrichtsstunde
Der Videofilm nimmt Bezug auf mögliche Vorkommnisse im Leben der Schüler ( körperliche
Überwältigung, Amoklauf an der Schule). Es sind Situationen, mit denen diese jederzeit konfrontiert
werden können. Jährlich steigende Körperverletzungsdelikte z.B. lassen darauf schließen, dass
Faktoren wie menschliche Vernachlässigung, Armut, Migration und Arbeitslosigkeit vielfache solcher
Situationen in der Zukunft hervorrufen werden. Die Schüler erhalten hierdurch die Möglichkeit
schneller zu erkennen ob ein Trauma vorliegt. Primär geht es darum professionelle Hilfe einzufordern.
Es soll aber auch darüber diskutiert werden, wie Traumatas zu vermeiden sind, also über
Verhaltensempfehlungen und Selbstschutz.
Die Schüler sollen das Gelernte übertragen auf Situationen im täglichen Leben und eigenes Tun
reflektieren.
Weitere größere Ziele wären Zusammenhänge im Weltgeschehen erkennen sowie
Deeskalationsmöglichkeiten. Diese Inhalte erarbeitet das Klassenteam gemeinsam.
3.1 Erarbeitung verschiedener Fragestellungen in Kleingruppenerarbeiten und Visualisierung
auf Plakaten
1. Was ist eine PTBS?
2. In welchen Lebensbereichen kann es zu traumatischen Erlebnissen kommen?
3. Welche Eigenressourcen zur Gesundung besitzt ein Mensch (Resilienzen) und wovon hängen
diese ab?
4. Welche Symptome ruft ein Trauma hervor?
5. Welche Art Hilfen sind möglich?
3.2 Hilfe für traumatisierte Menschen
Benennung von geeigneten Hilfeeinrichtungen in der Region durch anwesende Mitglieder des Vereins
oder Mitglieder des Weißen Rings.
Verteilung Flyer www.traumascout.de
3.3 Rückmelderunde mit der Aufnahme eventueller Anregungen der Schüler
Zu allen Punkten siehe auch Zusatzinfos im Anhang.
3
4.0 Synopse
Phasen des Unterrichts
Einstieg ins Thema
Trauma
und
Durchführungsphase
45 Min.
Planungsphase
15 Min.
Sicherungsphase
45 Min.
Präsentationsphase
30 Min.
und
Bewertung
Handlungssituation/
Aktion
Frage: habt ihr selber
schon einmal ein
Trauma erlitten oder
kennt ihr Menschen
mit einem Trauma?
Videofilm zeigen:
„Überwinden“
Freies
Unterrichtsgespräch
Erklärung
derAufgabenstellung
Kleingruppen 4-5
Schüler in 4-5
Gruppen
Methoden/ Medien
Ziele/Kompetenzen
Lehrervortrag,
kurze Einführung ins Thema,
Definition, verschiedene Traumen,
PTBS etc.
Der Film wird gezeigt
Faktenwissen über
Definition,
Traumaqualitäten
Symptome einer
PTBS, Risikofaktoren,
Notfallbehandlung etc.
sowohl als Vortrag wie
auch durch den Film
Diskussion zum Film im Plenum,
es werden verschiedene
Arbeitsblätter zu konkreten Fragen
ausgeteilt:
• PTBS
• Lebensbereiche
• Eigenressourcen
• Symptome
• Hilfen
Die Schüler sprechen
über den Film,
tauschen Gedanken
und Erfahrungen aus
Die Schüler erhalten Plakate,
Stifte, Klebematerial, visualisieren
die Ergebnisse zu den 5 Fragen auf
einem Plakat in 5
Themenbereichen
Die Schüler
visualisieren ihre
Gedanken und
Erfahrungen, sie
diskutieren
untereinander die
Ergebnisse
Die Schüler
Schülervortrag und
präsentieren ihre
Unterrichtsgespräch, Fazit
Ergebnisse im
Plenum, Überprüfung
ggf. Korrektur durch
den Lehrer
4
Faktenwissen,
Empathie entwickeln,
Hilfe zur Selbsthilfe
.Die Schüler haben ein
anwendbares Wissen
erlangt über das Thema
Trauma
5.0 Musterlösung Unterrichtsentwurf
für den Film des Aachener Fördervereins für traumatisierte Menschen e.V. „Überwinden“, Trauma
und Traumabewältigung
Der Einstieg in das Thema beginnt idealerweise mit der Frage, ob der Schüler selber schon einmal ein
Trauma erlitten hat oder jemanden kennt, dem etwas Derartiges zugestoßen ist. Dazu sollten im
Vorfeld die Themenbereiche mitgeteilt werden, sowie die Einteilung in „Typ-I Traumata wie
Unfallereignisse, Natur- oder technische Katastrophen, d.h. Ereignisse, die als schicksalhaft attribuiert
werden können und nicht gezielt auf die eigene Person gerichtet waren sowie Typ-II- Traumata,
welche charakterisiert sind als Beziehungstraumata durch andere Menschen, wobei einmalig oder
wiederholt Gewalt oder sexuelle Gewalt, eventuell mit kumulativen Effekten erfahren wird“ (Flatten
2013).
Der Lehrer gibt eine kurze Übersicht über PTBS (posttraumatische Belastungsstörung) sowie eine
Zusammenfassung der im Anhang durch Dr. Flatten dargestellten wichtigsten Punkte, die das Thema
betreffen wie Traumafolgeerkrankungen, Risikofaktoren, Schutzfaktoren, Chronifizierungsneigung,
Notfallbehandlung, Stabilisierung, Reintegration, Herstellen von Sicherheit, Psychotherapie,
Psychopharmakologie. Danach wird der 26. minütige Film „Überwinden“ im Klassenverband
angeschaut. Die eingangs durch den Vortrag geschilderten Sachverhalte werden durch den Film
bestätigt. Die Schüler haben nun außer der auditiven auch eine visuelle Quelle zur Aufnahme der
Informationen. Für die Einführung und das Abspielen des Films wurden 45 Minuten veranschlagt.
Nach dem Film werden die Schüler in Gruppen von 4-5 Schülern aufgeteilt und erhalten in Papierform
5 konkrete Fragen zum Thema :
1. Was ist eine PTBS?
2. In welchen Lebensbereichen kann es zu traumatischen Erlebnissen kommen?
3. Welche Eigenressourcen zur Gesundung besitzt ein Mensch (Resilienzen) und wovon
hängen diese ab?
4. Welche Symptome ruft ein Trauma hervor?
5. Welche Art Hilfen sind möglich?
Diese Fragen sollen die Schüler miteinander diskutieren und dann in 5 verschiedenen Textfeldern auf
einem großen Plakat visualisieren.
Zu Punkt 1 sind folgende Antworten möglich:
a. Eine PTBS ist eine posttraumatische Belastungsstörung
b. Sie tritt auf nach sehr belastenden Ereignissen wie Krieg, Mord, Vergewaltigung, Autounfall,
Überfall, Geiselhaft etc.
c. Sie ist gepaart mit intensiven Gefühlen von Hilflosigkeit, Ohnmacht oder Kontrollverlust
d. Leitsymptom: Überflutung von Erinnerungen, Flashbacks
e. Die PTBS kann auch erst nach Wochen oder Monaten auftreten
Zu Punkt 2 wären folgende Antworten möglich:
Lebensbereiche:
a. Familie, Beziehung, Freunde, Kinder,
b. Arbeit, Schule, Studium
c. Autounfall, Naturkatastrophe, Krieg
Zu Punkt 3 sind folgende Antworten möglich:
Eigenressourcen:
a. Krankheit (kurzfristig)
b. Reflexion
c. Freunde und Partner
d. Sport
e. Hobbies
f. Gutes soziales Gefüge
g. zufriedenstellende Arbeit
h. Gutes Wohngefüge
5
Abhängig von:
a. Kindheit
b. Soziales Gefüge
c. Ausbildung
d. Fähigkeit zur Reflexion
e. Unterstützung von außen
f. Bewertung durch Außenstehende
g. Körperliche Unversehrtheit
Zu Punkt 4 sind folgende Antworten möglich:
Symptome:
a. Schlaflosigkeit
b. Angstzustände
c. Erbrechen
d. Albträume
e. Soziale Ängste
f. Leistungsminderung
g. Depression
h. Konzentrationsschwierigkeiten
i. Emotionale Ausbrüche, instabil
j. Leicht reizbar
k. Schreckhaft
l. Flashbacks
m. Schwerer und andauernder Erschöpfungszustand
Zu Punkt 5 sind folgende Antworten möglich:
Hilfen:
a. Gespräch suchen: Partner, Familie, Freunde
b. Traumascout (professionelle Hilfe suchen)
c. Hausarzt
d. Traumatherapeut, Traumaambulanz
e. Psychotherapie
f. Psychopharmakologie
Nach der vereinbarten Zeit hängen die Schüler ihre Plakate gut sichtbar im Klassenzimmer auf. Aus
jeder Gruppe wird ein Sprecher gewählt, der den Gruppenprozess und die Ergebnisse erläutert.
Mögliche Wiederholungen aus den Gruppen verankern das Gehörte und stärken das Gruppengefühl.
Der Lehrer vergleicht die gesammelten Punkte miteinander, ergänzt diese ggf. und fasst das Ergebnis
zusammen. Am Ende haben die Schüler ein anwendbares Wissen erlangt über das Thema Trauma,
können Symptome, Resilienzfaktoren und mögliche Hilfen benennen.
In einer nachfolgenden Stunde wäre es möglich, persönliches Trauma und z.B. Kriegstraumata
gegenüber zu stellen. In diesem Zusammenhang wäre eine Diskussion über ein Kollektivtrauma und
Bearbeitung desselben denkbar. Auch für das Thema Präventionsschutz wäre noch eine weitere
Unterrichtsstunde denkbar.
6.0 Anhang:
Weitere zu vermittelnde Inhalte (copyright PD Dr. med. Guido Flatten):
Die Posttraumatische Belastungsstörung wird als die wichtigste der klassischen
Traumafolgeerkrankungen angesehen.
Sie entsteht als mögliche Folgereaktion auf einmalige oder wiederholte Belastungserfahrungen, die
von den Betroffenen mit intensiven Gefühlen wie Hilflosigkeit, Ohnmacht oder Kontrollverlust erlebt
werden.
6
Traumatische Ereignisse werden eingeteilt in Typ-I- und Typ-II- Traumata.
Zum Typ-I gehören Unfallereignisse, Natur- oder technische Katastrophen, d.h. Ereignisse, die als
schicksalhaft attribuiert werden können und nicht gezielt auf die eigene Person gerichtet waren.
Typ-II- Traumata sind charakterisiert als Beziehungstraumata durch andere Menschen, wobei
einmalig oder wiederholt Gewalt oder sexuelle Gewalt, eventuell mit kumulativen Effekten erfahren
wird.
Es ist wichtig zu beachten, dass traumatische Ereignisse zwar einen unterschiedlichen Schweregrad
aufweisen können, dieser jedoch nicht darüber alleine entscheidet, ob ein betroffenes Opfer danach
erkrankt. Abhängig vom auslösenden Ereignis finden wir durchaus sehr unterschiedliche
Erkrankungsraten. So wissen wir, dass nach Unfallereignissen ca. 5% - 15% der Betroffenen an
einer Posttraumatischen Belastungsstörung erkranken. Geht es um die Erfahrung von Gewalt oder
sexueller Gewalt, können die Erkrankungsraten bis 50% und mehr ansteigen.
Neben der Posttraumatischen Belastungsstörung gibt es weitere wichtige komorbide Erkrankungen,
die mit als Traumafolgeerkrankung, bzw. assoziiert zu diesen auftreten können. Dazu gehören als
wichtigste Störungen Angst- und depressive Erkrankungen, somatoforme Störungen,
Suchterkrankungen, dissoziative Störungen.
Die Symptomatik der Posttraumatischen Belastungsstörung ist gekennzeichnet durch die
emotionale Überflutung im Erleben des Ereignisses sowie nachfolgend wiederholt einschießende
Bilder und Wahrnehmungen der traumatischen Situation. Dies kann in Form von Albträumen oder
Flashbacks oder getriggert durch traumaassoziierte Reize erfolgen. Betroffene entwickeln meist
reaktiv ein Vermeidungsverhalten, das sich sowohl situativ als auch emotional und sozial ausweiten
kann. Einher geht typischerweise mit der Symptomatik auch eine vegetative Übererregbarkeit mit
vielfachen körperlichen Symptomen wie Herzrasen, innerer Unruhe, Schreckhaftigkeit,
Schlafstörungen, Getriebenheit und Impulsdurchbrüchen.
Die Entwicklung einer Traumafolgeerkrankung wird heute als ein Prozess verstanden, bei dem
neben dem traumatischen Auslöser weitere Begleitfaktoren den Erkrankungsverlauf moderieren.
Hierzu gehören sowohl Risikofaktoren wie eine bestehende psychische Erkrankung oder früher
bereits erlebte traumatische Erfahrungen.
Zu den Schutzfaktoren zählen ein gutes Selbstwirksamkeitserleben sowie vor allem Faktoren der
sozialen Unterstützung. Hierzu gehört auch eine möglichst frühe unterstützende Betreuung nach
traumatischen Erfahrungen im Sinne einer sekundären Prävention.
Die Auswirkungen auf den Alltag können durch die intrusive Belastung und die sich reaktiv
entwickelnden Vermeidungsszenarien schwerwiegend sein und damit auch zu erheblicher qualitativer
Einschränkung der Lebensgestaltung führen. Grundsätzlich besteht bei einmal vorliegender
Erkrankung eine hohe Chronifizierungsneigung, sodass traumatherapeutische Interventionen für eine
Veränderung des Verlaufs notwendig werden. Grundsätzlich sollten traumatherapeutische
Maßnahmen jedoch in einen Behandlungsplan eingebettet stattfinden.
Mit dem Stichwort psychosoziale Notfallversorgung gehen wir heute davon aus, dass im Sinne einer
Rettungskette die Betreuung traumatisierter Menschen schon möglichst früh einsetzen sollte, wobei
die Grundprinzipien einer traumatherapeutischen Betreuung den Schritten Stabilisierung,
Traumabearbeitung und Reintegration folgen. Im frühen Stadium einer Traumabetreuung geht es
vor allen Dingen um das Herstellen äußerer und dann innerer Sicherheit. Dies geschieht häufig
durch Ersthelfer vor Ort sowie durch Maßnahmen der Notfallseelsorge. Erst in einer weiteren Phase ist
traumaspezifische Psychotherapie durch ärztliche oder psychologische Therapeuten erforderlich. Die
medikamentöse Behandlung kann den Verlauf einer Traumabehandlung begünstigen, jedoch gilt
grundsätzlich das Primat Psychotherapie vor Pharmakotherapie, sodass die medikamentöse
Behandlung nur einen ergänzenden Stellenwert bekommt. Alle vorgenannten Befunde sind durch
vielfache Studien gut abgesichert.
Weitere Details lassen sich leicht den Leitlinien zur Posttraumatischen Belastungsstörung und zu den
akuten Folgen psychischer Traumatisierung auf der Leitlinienseite www.leitlinien.net entnehmen.
7