PJ Tertial Innere Medizin am Weill Cornell Medical College, New
Transcription
PJ Tertial Innere Medizin am Weill Cornell Medical College, New
PJ Tertial Innere Medizin am Weill Cornell Medical College, New York, 15.06.09-02.10.09 Erfahrungsbericht von Robert Bauer Nach intensiver Vorbereitung durch die CDR hatte ich im Sommer 2009 die einmalige Gelegenheit, mein Innere-Tertial an der Cornell-Universität in New York zu verbringen. Für diese Möglichkeit bedanke ich mich zuerst ganz herzlich bei Prof. Gänsbacher und allen Organisatoren. Ich hoffe, dass das exzellente Programm in dieser Form weitergeführt werden kann und dass mein Erfahrungsbericht künftigen Stipendiaten bei der Vorbereitung hilft. I. Organisatorisches Die Organisation ist insgesamt recht aufwendig, wie bereits oft diskutiert wurde. Nach der Auswahl durch das Komitee unserer Fakultät gilt es, sich um Cornell-Bewerbung, Visum, Flug und Wohnung zu kümmern. Für die Cornell-Bewerbung bekommt man von Prof. Ring die notwendigen Empfehlungsschreiben und muss man einen Infektionsschutztest im Internet bestehen (ca. 30$, Kreditkarte). Die sog. money orders kann man z.B. bei der Stadtsparkasse als Barscheck kaufen, der dann auf die Chase-Bank in New York gezogen wird, wenn man sein Anliegen detailliert genug erklärt. Für das Visum muss man telefonisch einen Termin im US-Konsulat München vereinbaren, die notwendigen Unterlagen mitbringen und kurz Zweck und Dauer der Reise angeben. Den Flug sollte man möglichst früh buchen. Vom JFK zur Upper East Side kommt man gut mit dem Airtrain und dem E-Train der subway oder per Taxi. Gewohnt habe ich zuerst zwei Monate im Kolpinghaus, dann zwei Monate im Lasdon House. Das Kolpinghaus ist ein Wohnheim für Männer in der 88. Straße, sehr empfehlenswert und zentral gelegen (zwei subway-Stationen vom Krankenhaus, ca. 200$ pro Woche, dinner inbegriffen). Das Lasdon House in der 70. Straße ist das Wohnheim der Cornellstudenten im 3. und 4. Jahr, direkt gegenüber vom Krankenhaus; ich konnte vor Ort eine Wohnung zur Untermiete bekommen (ca. 1000$ pro Person und Monat). In New York ist Dianne Young weiterhin die wichtigste Ansprechpartnerin, ihr Büro ist in der 61. Straße. Von ihr bekommt man beim orientation-Termin viele Informationen, einen pager, einen Zugangscode für das Computersystem Eclypsis sowie die Adresse, bei der man sich die Cornell-ID holen muss. Es gibt meist einen monatlichen Empfang für die international students (im Konferenzraum in der 70. Straße), bei dem jeder seine Heimatuniversität vorstellt und zu dem auch Dr. Finkel und Dr. Fein oft kommen. Weiterhin gibt es exit interviews nach den Rotationen, in denen die Erlebnisse gemeinsam besprochen werden. Das PJ-Zeugnis bekommt man über Dianne Young von Dr. Fein. II. Allgemeines Das Lehrkrankenhaus des Weill Cornell Medical College ist das NYPH (New York Presbyterian Hospital, an der York Avenue/68.-70. Straße, New Yorks bestes Krankenhaus seit neun Jahren in Folge). Medical School und Krankenhaus sind im gleichen Gebäudekomplex, der in mehrere „Pavilions“ untergliedert ist (wichtig z.B. Greenberg Pavilion, in dem die Stationen sind, Starr Pavilion und Baker Pavilion). Vorsicht, man kann sich am Anfang leicht verirren! In der unmittelbaren Nachbarschaft sind das HSS (Hospital for Special Surgery) und das MSKCC (Memorial Sloan Kettering Cancer Center, sog. „across the street“). Meine Rotationen waren alle im NYPH. Das amerikanische medizinische Ausbildungssystem in Kürze und stark vereinfacht: High School bis zum Alter von ca. 19 Jahren, dann 4 Jahre College, 4 Jahre Medical School, 3 Jah- re residency (entspricht Assistenzarzt), 3 Jahre fellowship (entspricht etwa Facharzt), danach attending (entspricht Oberarzt). Im Krankenhaus wird unterschieden zwischen primary teams, die die Patienten sozusagen direkt behandeln, und consult services, die beratende Funktion haben, dem deutschen Konsil entsprechend. Zentral ist die „note“ im Computersystem (Eclypsis), z.B. als admission-, progress-, consult- oder follow-up note, aber auch als nursing note. Mit der Struktur der notes sollte man sich schnell vertraut machen, im Prinzip ist es das aus der CDR bekannte Schema der Patientenvorstellung (für insider: Als Student schreibt man nach meiner Erfahrung am besten die „medical student free text note“). Überhaupt sollte man für alles ein Schema haben, wichtig vor allem case presentation, history, physical examination, EKG- und CXRinterpretation. Am besten schauen, wie es die anderen auch machen und wie es in dem kleinen Maxwell-Buch steht. Eine wichtige historische Persönlichkeit am NYPH ist George Papanicolaou (1883-1962, Athen, München, New York), dessen Statue in der Lobby vor der Bibliothek steht. Die Bibliothek kann man mit Cornell-ID problemlos nutzen. Es gibt viele Computer, einen Scanner und ein sehr gutes Angebot an elektronischen Büchern; Ausdrucke sind kostenpflichtig. Dresscode für Studenten ist ein kurzer Kittel (sog. „dinner jacket“), keine jeans, keine sneakers und je nach service evtl. tie oder bowtie. Scrubs für die MICU und für on-call nights bekommt man über den surgery service: Dort, wo man die Cornell-ID bekommen hat, bekommt man eine Nummer; mit der geht man zum surgery office (Starr 9, glaube ich) und beantragt einen code für die scrubmachine. An der scrubmachine (Greenberg 3) kann man sich dann scrubs holen. Zum Essen kann man ins Garden Cafe im Keller gehen, quasi die Mensa. Kaffee gibt es auch im Patio Cafe in der Lobby. Oft gibt es auch free lunch während einer der zahlreichen Konferenzen oder auf Station. III. Rotationen 1. MICU und Clinical Pulmonary Medicine (Dr. Sanders) Für meine erste Rotation war ich dem pulmonary consult team zugeteilt. Mein sehr netter fellow Ibrahim Hassan war zuerst noch in der MICU (medical intensive care unit) eingeteilt, so dass ich dort begann. Ich arbeitete mich möglichst schnell in das Computersystem und in die Intensivmedizin ein und konnte schon bald meine Patienten und ihren progress selbst bei den rounds vorstellen. Das team und attending Dr. Cooke waren sehr freundlich und hilfsbereit. Während der rounds gab es viel teaching und auch ich hielt ein Kurzreferat, über Hämophilie. Auch die procedures, z.B. ABGs (arterial blood gases) abnehmen, kamen nicht zu kurz. Danach wechselte ich ins pulmonary consult team. Attending war der unvergleichliche Dr. Sanders – jeder, der ans NYPH kommt, sollte versuchen, ihn kennenzulernen. Fellow war weiterhin Ibrahim Hassan und ein 2nd year Cornellstudent war auch noch im team. Neue Patienten, für die ein consult benötigt wurde, wurden erst von den Studenten gesehen und dann dem fellow und dem attending vorgestellt, einschließlich Differentialdiagnose und Therapieplan. Wichtige Krankheitsbilder waren natürlich Asthma, COPD, Pneumonie, swine flu, TB und Bronchialkarzinom. 2. Clinical Oncology (Dr. Tagawa) Meine zweite Rotation war im solid tumor consult service. Meine sehr nette fellow war Karen Carlson, die attendings waren der Reihe nach Dr. Schneider, Dr. Tagawa und Dr. Scheff, allesamt hervorragende Kliniker und Lehrer. Es ging um die Behandlung solider Tumore aller Art, z.B. Bronchial-, Ösophagus-, Pankreas-, Colon-, Prostata- und Mammakarzinom. Am Anfang des Tages stand immer eine ausgedehnte Visite mit teaching. Die Aufgaben waren ähnlich wie im pulmonary consult service: Neue und alte Patienten anamnestizieren, untersuchen, consult notes schreiben, präsentieren. Es gab sehr viele (Lehr-) Konferenzen, die vor allem für die fellows gedacht und daher eher speziell und anspruchsvoll waren; Studenten waren aber trotzdem gerne gesehen. Weiterhin bestand die Möglichkeit, am Nachmittag in die outpatient clinics der attendings und der fellows zu gehen, die etwa den deutschen Tumorambulanzen oder -sprechstunden entsprechen. Besonders interessant fand ich Dr. Vadhats breast clinic und Dr. Tagawas urology clinic. Auch hier viel teaching, allerdings natürlich eher weniger eigenständiges Arbeiten. 3. Palliative Care (Dr. Pardi) Als dritte Rotation war ich von Dianne Young für Palliative Care eingeteilt worden. Vorweg: Ich war sehr positiv überrascht von der Rotation und konnte viel über Schmerztherapie lernen, aber auch über die psychologischen und sozioökonomischen Aspekte der Palliativmedizin. Das palliative care team bestand aus einem attending (Dr. Adelman bzw. Dr. Mehta), zwei nurse practitioners (Robbie und Sarah) und einer medical social worker (Dory). Alle waren extrem nett und engagiert. Die Arbeit ist konsil- und visitebasiert: Neue Patienten werden auf Wunsch der primary teams angenommen und als consult betreut. Patienten- und Familiengespräche und das Erarbeiten von Therapievorschlägen (insbesondere Organisation einer funktionierenden Opioidtherapie) sind in die rounds eingebettet, die letztlich über den ganzen Tag hin stattfinden. Als Student war ich eher Beobachter, hatte aber einige „eigene“ Patienten. Ich hielt ein Referat über „Palliative care in ENT diseases“ und bekam zweimal Einzelunterricht über Schmerztherapie bei Dr. Pardi, der Organisatorin des Programms. Das interessanteste war eigentlich, einen Einblick in die Strukturen und Konzepte des amerikanischen Gesundheitssystems zu bekommen, z.B. social work, Rehabilitation und Hospiz. Studenten sind sehr willkommen; das team war voll des Lobs über Anna Englhard, die die Rotation im Rahmen des Cornellprogramms vor mir gemacht hatte. 4. Clinical Nephrology (Dr. August) Die Nephrologierotation wird recht oft von TU-Studenten gewählt, deshalb will ich meinen Bericht kurz fassen. Ich war zusammen mit Alexander Goedel, auch aus München, im nephrology team, was aber wohl Zufall bei der Einteilung und im Grunde kein Nachteil war. Das nephrology consult team war relativ klein und bestand aus attending Dr. Bologa und fellow Rupesh Mehta, die uns gleich ins Herz schlossen. Es galt, die inzwischen vertraute Arbeit eines consult service zu erledigen. Allerdings hatten wir, zumindest während der ersten Woche, nicht besonders viele Patienten, so dass wir auch Zeit zur Weiterbildung in der Bibliothek bekamen. Es wurde großer Wert auf eine konzise Patientenpräsentation und auf genaue Aufarbeitung der Daten gelegt, besonders auf Berechnung von FENa, TTKG etc., was aber mithilfe eines Taschenrechners und der Sabatine- und Maxwell-Bücher gut gelang. Wir hielten Referate über Elektrolytstörungen, bekamen eine Einführung in die Hämo- und Peritonealdialyse und konnten so einen interessanten Einblick in die Nephrologie gewinnen. 5. Subinternship in Medicine (Dr. Pecker) Schließlich war ich dem General Medicine 1 team als subintern zugeteilt. Allgemein, z.B. auch unter den Cornellstudenten, gilt eine subinternship als sehr anspruchsvolle Rotation. Unmittelbar vor mir hatte Bastian Dislich aus München die gleiche Rotation gemacht und einige Anstrengung war nötig, um dem etablierten hohen Niveau gerecht zu werden. Das Gen Med 1 team ist ein primary care team, dem die unmittelbare Verantwortung für seine Patienten obliegt. Attending war Dr. Pfeifer (kurz auch Dr. Ogedegbe), 3rd year resident war Lianne Cavell, 2nd year resident und mein Ansprechpartner war Soumya Chakravarty, die beiden 1st year residents (= interns) waren Bianca und James und es waren noch zwei 3rd year Cornellstudenten im team. Die Arbeitszeiten waren sportlich und folgten einem 4-Tages-Zyklus: Tag 1: On call day. Man arbeitet 30 Stunden durchgehend und ist für alle Neuaufnahmen verantwortlich (d.h. Anamnese, Untersuchung, Diagnose, admission note, orders), natürlich immer in Rücksprache mit dem zugeordneten (paired) resident, der die notes kommentiert und orders bestätigen muss, ehe sie gültig sind (deshalb sub-internship). Tag 2: Post-call day. Nach den rounds und nachdem man die aufgenommenen Patienten dem attending vorgestellt hat, darf man heimgehen und schlafen. Tag 3: Normaler Arbeitstag, ca. von 6 am bis 6 pm mit prerounds (Student sieht seine Patienten allein), resident rounds (das team sieht die bekannten Patienten ohne attending), attending rounds (neue Patienten und ausgewählte bekannte Patienten werden mit dem attending gesehen), freie Arbeitszeit zum Schreiben von progress notes, um orders einzugeben und consults anzufordern, noon conference mit lunch und teaching, danach „touch base“ mit dem paired resident, evtl. Patienten nochmals sehen und notes und orders fertig schreiben. Nebenbei muss Verwaltungsarbeit erledigt werden, z.B. Hausärzte anrufen um Unterlagen anzufordern und Termine zu vereinbaren, und papers müssen für morgendliches teaching gelesen oder vorbereitet werden. Tag 4: Wie Tag 3, aber pre-call day, also früh zu Bett gehen! Danach beginnt wieder Tag 1. Es gibt kein Wochenende, aber ab und zu einen „day off“ an Tag 3 oder 4. Insgesamt also recht anstrengend, auch weil man während der on call night kaum schlafen kann. Medizinisch ist die Arbeit in einem Gen Med team sehr interessant, weil man Patienten aus allen Bereichen der Inneren Medizin hat, von romi (rule out myocardial infarction) über pneumonia bis ulcerative colitis. Das team war sehr nett und wusste die Hilfe, die man als Student durchaus war, sehr zu schätzen. Allerdings muss man damit leben, dass man wegen seiner Entscheidungen oft konstruktiv kritisiert wird, und häufig der Breitspektrumantibiotikatherapie der Vorzug gegeben wird gegenüber den eigenen mühsam entwickelten Strategien. Zumindest war’s bei mir so; aber einen besseren Eindruck, wie in Amerika ein Krankenhaus und medizinisches Denken und Handeln funktionieren, kann man nicht bekommen als durch eine derartige rotation. Der Aufwand lohnt sich also! Noch zur Organisation: Eine SubI muss nicht nur mit Dianne Young, sondern auch mit Dr. Pecker und dem chief resident vereinbart werden, am besten per e-mail und persönlich. Außerdem sollte man sich durch mindestens einen Monat im consult service qualifiziert haben. IV. Freizeit Bekannte Highlights sind der zentrale Park, das Feuerwerk über dem Hudson River zum 4. Juli und Brooklyn. Die drei besten Starbucks sind der am Union Square, der Lexington/87. und der Broadway/51. Einkaufen kann man gut im Duane Reade und im Food Emporium. Waschsalons gibt es unzählige, z.B auch im Lasdon House. Der barbershop meines Vertrauens ist direkt neben dem Kolpinghaus in der 88. Auf jeden Fall empfehle ich, nach Washington, D.C. und nach Boston zu fahren. Die Städte liegen ca. 300 km südwestlich (D.C.) bzw. nordöstlich (Boston) von New York City und sind gut mit dem Bus (Greyhoundbus oder Chinatownbus), Zug oder rental car zu erreichen. Für den Besuch eignet sich jeweils ein Wochenende. V. Fazit Ein unvergesslicher Aufenthalt, eine absolute Bereicherung in medizinischer, wissenschaftlicher, kultureller und persönlicher Hinsicht. Vielen Dank! Zum Abschluss noch meine TLA top ten: 1. TLA = three letter abbreviation 2. NPO = nothing per os 3. DNR/DNI = do not resuscitate/do not intubate 4. FTT = failure to thrive 5. PICC line = peripherally inserted central catheter 6. Afib w/ RVR = atrial fibrillation with rapid ventricular response 7. s/p = status post 8. 2/2 = secondary to 9. Flagyl = metronidazole 10. Zosyn = piperacillin/tazobactam