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Bundesfinanzhof
Urt. v. 18.09.2007, Az.: I R 75/06
Betriebsausgaben: Nur Arbeitnehmer werden Steuer sparend bewirtet
Ein Unternehmer, der Fachberater und Handelsvertreter einsetzt, um seine (hier: Metall-)Waren zu verkaufen,
kann die Bewirtungskosten einer Schulungsveranstaltung für seine „Außendienstler“ nicht in voller Höhe,
sondern nur zu 70 % als Betriebsausgabe steuerlich geltend machen. Bewirtungsaufwendungen können nur
dann unbeschränkt abziehbar sein, wenn ein Unternehmer seine Arbeitnehmer bewirtet, so der BFH. Die
Bewirtung selbständig tätiger Geschäftspartner würden von der gesetzlich vorgesehenen
Abzugsbeschränkung erfasst.
Quelle: Wolfgang Büser
Abziehbarkeit der Bewirtung von freien Mitarbeitern im Rahmen einer Schulungsveranstaltung eines
Unternehmens als Betriebsausgaben; Begriff der Bewirtung; Abzugsbeschränkung bei Bewirtungen
aus geschäftlichem Anlass
Gericht: BFH
Datum: 18.09.2007
Aktenzeichen: I R 75/06
Entscheidungsform: Urteil
Referenz: JurionRS 2007, 43408
Verfahrensgang:
vorgehend:
FG Rheinland-Pfalz - 15.02.2006 - AZ: 1 K 1962/05
Rechtsgrundlagen:
§ 4 Abs. 4 EStG
§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 EStG
Fundstellen:
BFHE 219, 78 - 81
AuA 2008, 100-101 (Kurzinformation)
AuR 2008, 163 (amtl. Leitsatz)
AUR 2008, 163 (amtl. Leitsatz)
BB 2008, 19 (Kurzinformation)
BB 2008, 374-375 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)
BBK 2008, 64
BFH/NV 2008, 269-271 (Volltext mit amtl. LS)
BStBl II 2008, 116-117 (Volltext mit amtl. LS)
DB 2008, VII Heft 1-2 (amtl. Leitsatz)
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DB 2008, XVI Heft 1-2 (Pressemitteilung)
DB 2008, 95-96 (Volltext mit amtl. LS)
DStR 2008, VII Heft 1-2 (amtl. Leitsatz)
DStR 2008, 34-35 (Volltext mit amtl. LS)
DStRE 2008, 195 (amtl. Leitsatz)
DStZ 2008, 54-55 (Kurzinformation)
EStB 2008, 50 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)
FR 2008, 326
GStB 2008, 13
HFR 2008, 222-223 (Volltext mit amtl. LS)
JuS 2008, XVI Heft 2 (Pressemitteilung)
KÖSDI 2008, 15847-15848 (Kurzinformation)
NJW 2008, 463-464 (Volltext mit amtl. LS)
NWB 2008, 16 (Kurzinformation)
NWB direkt 2007, 4
NWB direkt 2008, 6
NZA 2008, 286 (Kurzinformation)
PFB 2008, 53
PuR 2008, 21
RdW 2008, 176-177 (Kurzinformation)
SJ 2008, 26
StB 2008, 3
StBp 2008, 57
SteuerBriefe 2008, 323-324
StuB 2008, 36
wistra 2008, IV Heft 2 (Kurzinformation)
WPg 2008, 172-173
Jurion-Abstract 2007, 221714 (Zusammenfassung)
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BFH, 18.09.2007 - I R 75/06
Amtlicher Leitsatz:
Bewirtet ein Unternehmen im Rahmen einer Schulungsveranstaltung an dieser Veranstaltung teilnehmende
Personen, die nicht seine Arbeitnehmer sind, so unterliegt der Bewirtungsaufwand der Abzugsbeschränkung
gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG .
Gründe
1
I.
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, stellt Metallwaren her. Im Streitjahr
(1993) veranstaltete sie eintägige Schulungen für Fachberater und Handelsvertreter, die nicht als
Arbeitnehmer, sondern als freie Mitarbeiter für sie tätig waren. Bei diesen Gelegenheiten wurden die
Teilnehmer mit Speisen und Getränken versorgt. Die Kosten für die Schulungsveranstaltungen trug
die Klägerin; die entsprechenden Aufwendungen zog sie in vollem Umfang als Betriebsausgaben
ab.
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Demgegenüber ging der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) davon aus, dass der
Bewirtungsaufwand gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des im Streitfall maßgeblichen
Einkommensteuergesetzes 1990 (EStG 1990) i.V.m. § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes zu
20% nicht abziehbar sei. Er erließ einen Körperschaftsteuerbescheid, in dem er die Steuer auf
dieser Basis festsetzte. Der hiergegen gerichteten Klage hat das Finanzgericht (FG) stattgegeben;
sein Urteil (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15. Februar 2006 1 K 1962/05 ) ist in Entscheidungen
der Finanzgerichte (EFG) 2007, 18 abgedruckt.
3
Mit seiner Revision rügt das FA eine Verletzung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG 1990. Es
beantragt,
das Urteil das FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
4
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
5
II.
Die Revision ist begründet. Sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung
(FGO) zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage. Das FA hat in dem
angefochtenen Bescheid die streitigen Bewirtungskosten zu Recht nur in eingeschränktem Umfang
berücksichtigt.
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1.
Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG 1990 dürfen Aufwendungen für die Bewirtung von
Personen aus geschäftlichem Anlass, die 80% des nach der Verkehrsauffassung angemessenen
Betrags übersteigen, den Gewinn nicht mindern. "Bewirtung" im Sinne dieser Regelung ist jede
unentgeltliche Überlassung oder Verschaffung von Speisen, Getränken oder sonstigen
Genussmitteln zum sofortigen Verzehr (Crezelius in Kirchhof, Einkommensteuergesetz, 7. Aufl., § 4
Rz 177; ähnlich R 4.10 Abs. 5 Satz 3 der Einkommensteuer-Richtlinien 2005 --EStR 2005--). Eine
solche liegt nach den Feststellungen des FG, die nicht mit zulässigen und begründeten
Revisionsrügen angegriffen wurden und deshalb revisionsrechtlich bindend sind ( § 118 Abs. 2 FGO
), im Streitfall vor.
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Ohne Erfolg bleibt der Hinweis der Klägerin auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH),
nach der eine "Bewirtung" nur dann vorliegt, wenn die Darreichung von Speisen und/oder Getränken
eindeutig im Vordergrund steht (BFH-Urteil vom 16. Februar 1990 III R 21/86 , BFHE 160, 166,
BStBl II 1990, 575). Denn diese Formulierung ist nicht dahin zu verstehen, dass eine Anwendung
des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG 1990 stets ausscheidet, wenn die Verköstigung in einen
anderen betrieblichen Vorgang eingebunden und diesem gegenüber untergeordnet ist. Vielmehr
besagt sie nur, dass ein über § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG 1990 hinausgehendes
Abzugsverbot eingreifen kann, wenn neben der Bewirtung im engeren Sinne zusätzliche Leistungen
geselliger oder unterhaltender Art geboten werden (Senatsurteil vom 3. Februar 1993 I R 57/92 ,
BFH/NV 1993, 530; Senatsbeschluss vom 19. November 1999 I B 4/99 , BFH/NV 2000, 698; Wied
in Blümich, Einkommensteuergesetz , Körperschaftsteuergesetz , Gewerbesteuergesetz , § 4 EStG
Rz 719). Eine solche Sachverhaltsgestaltung steht im Streitfall nicht in Rede, weshalb es um eine
"Bewirtung" i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG 1990 geht.
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2.
Die in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG 1990 vorgesehene Abzugsbeschränkung umfasst alle
Bewirtungen "aus geschäftlichem Anlass". Dieser Begriff ist gesetzlich nicht definiert. Wie sich schon
aus der unterschiedlichen Wortwahl ergibt, ist er nicht mit demjenigen der "Veranlassung durch den
Betrieb" i.S. des § 4 Abs. 4 EStG 1990 identisch.
9
Nach Ansicht der Finanzverwaltung ist der "geschäftliche Anlass" ein Unterfall der "betrieblichen
Veranlassung"; der Begriff umfasst hiernach insbesondere die Bewirtung von Personen, zu denen
Geschäftsbeziehungen bestehen oder angebahnt werden sollen (R 4.10 Abs. 6 Sätze 1 und 2 EStR
2005 ). Eine "geschäftliche" Veranlassung i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG 1990 fehlt
nach der Verwaltungsauffassung nur dann, wenn ein Unternehmen seine eigenen Arbeitnehmer
bewirtet (R 4.10 Abs. 7 Satz 1 EStR 2005 ); nur derjenige Bewirtungsaufwand, der einerseits
betrieblich veranlasst ist und andererseits auf die Bewirtung jener Arbeitnehmer entfällt, kann
deshalb unbeschränkt abgezogen werden (R 4.10 Abs. 7 Satz 3 EStR 2005 ). Diese Abgrenzung
hält die im Schrifttum vorherrschende Ansicht für zutreffend (Wied in Blümich, a.a.O., § 4 EStG
Rz 722; Bahlau in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommen- und Körperschaftsteuergesetz ,
§ 4 EStG Rz 1215; Söhn in Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, Einkommensteuergesetz, § 4 Rz 32 ff.;
Zimmermann, EFG 2007, 18, m.w.N.; a.A. FG Düsseldorf, Urteil vom 29. September 1999 2 K
8431/97 F , Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst --DStRE-- 2000, 113; Seifert in Korn,
Einkommensteuergesetz, § 4 Rz 939, m.w.N.). Dem schließt sich der Senat an.
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a)
Die Verknüpfung der Abzugsbegrenzung mit der Bewirtung von Personen, die nicht Arbeitnehmer
des Bewirtenden sind, ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des § 4 Abs. 5 Satz 1
Nr. 2 Satz 1 EStG 1990. Eine dahin gehende Auslegung der Vorschrift wird aber vor allem durch
deren Entstehungsgeschichte gestützt:
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§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG 1990 ist durch das Steuerreformgesetz 1990 vom 25. Juli 1988
(BGBl. I 1988, 1093, BStBl I 1988, 224) in das Gesetz eingefügt worden. Die Vorschrift ersetzte den
bis dahin geltenden § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG 1987, der einer vergleichbaren
Abzugsbeschränkung "Aufwendungen für die Bewirtung von Personen" unterwarf, "die nicht
Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind". Vor dem Inkrafttreten der Neufassung konnten mithin
zweifelsfrei Bewirtungsaufwendungen nur insoweit unbegrenzt abgezogen werden, als es um die
Bewirtung von Arbeitnehmern des Bewirtenden ging; alle anderen unterfielen unabhängig von
Anlass und Umfang der Bewirtung dem Anwendungsbereich der Abzugsbeschränkung.
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Durch die Änderung des Gesetzeswortlauts wollte der Gesetzgeber erklärtermaßen zum einen
diejenigen Aufwendungen in die Abzugsbeschränkung einbeziehen, die im Zusammenhang mit
einer Bewirtung von Geschäftsfreunden auf an der Veranstaltung teilnehmende Arbeitnehmer
entfallen (Begründung des Finanzausschusses, BTDrucks 11/2536, S. 46 und 76). Zum anderen
wollte er mit der Formulierung "aus geschäftlichem Anlass" klarstellen, dass im Hinblick auf die
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"reine Arbeitnehmerbewirtung" keine Änderung gegenüber der bisherigen Rechtslage eintreten
sollte (Bericht des Finanzausschusses, BTDrucks 11/2536, S. 76). Schließlich heißt es in der
Gesetzesbegründung, dass die Neufassung auch dann eingreife, wenn ein Unternehmen im
Rahmen seiner Öffentlichkeitsarbeit "bloße Besucher" bewirte (Bericht des Finanzausschusses,
BTDrucks 11/2536, S. 76). Die seinerzeit vorgenommene Gesetzesänderung zielte mithin
ausschließlich auf eine Erweiterung des Anwendungsbereichs der Vorschrift ab; für die Annahme,
dass bei bestimmten Gestaltungen bislang nur eingeschränkt abziehbare Aufwendungen nunmehr
unbegrenzt abziehbar sein sollten, bietet die Gesetzesgeschichte keinen Anhaltspunkt. Daher wäre
es mit dem Willen des historischen Gesetzgebers nicht vereinbar, den Gesetzeswortlaut in einer
Weise auszulegen, die abweichend von der früheren Rechtslage die Möglichkeit des
unbeschränkten Abzugs über den Bereich der Arbeitnehmerbewirtung hinaus ausdehnt.
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b)
Zudem würde ein solches Verständnis die Handhabbarkeit der gesetzlichen Regelung ohne Not
beeinträchtigen. Denn dann müsste der Begriff "geschäftlicher Anlass" in anderer Weise von
demjenigen der "betrieblichen Veranlassung" abgegrenzt werden, und dies könnte sinnvoll nur durch
eine wertende Betrachtung der Gesamtumstände der Bewirtung geschehen. Daraus würden
zwangsläufig zusätzliche Schwierigkeiten erwachsen, die sich durch die Anknüpfung an den
arbeitsrechtlichen Status des Bewirteten vermeiden lassen (ebenso Zimmermann, EFG 2007, 18,
19). Insbesondere erscheint in diesem Zusammenhang die Überlegung der Klägerin, dass zwischen
unmittelbar kundenbezogenen Bewirtungen und "betriebsinternen Vorbereitungsaktivitäten" zu
unterscheiden sei und nur erstere als "geschäftlich veranlasst" anzusehen seien (ähnlich FG
Düsseldorf in DStRE 2000, 113), nicht zielführend; denn damit würde beispielsweise jede Bewirtung
eines betriebsexternen Beraters dem Anwendungsbereich des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG
1990 entzogen, was weder mit dem allgemeinen Verständnis des Begriffs "geschäftlicher Anlass"
noch mit dem Zweck der Vorschrift vereinbar wäre. Auch unter diesem Gesichtspunkt erscheint es
sachgerecht, den Begriff "geschäftlicher Anlass" zumindest auf alle diejenigen Gestaltungen zu
erstrecken, bei denen der Bewirtete ein selbständiger Unternehmer und in dieser Eigenschaft ein
Geschäftspartner des Bewirtenden ist. Ein solcher Sachverhalt liegt aber auch dann vor, wenn die
Bewirtung der genannten Personen --wie im Streitfall-- im Rahmen einer Schulungsveranstaltung
erfolgt.
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3.
Im Ergebnis hat das FA deshalb im Streitfall § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG 1990 zu Recht für
einschlägig erachtet. Die Berechnung des nach dieser Vorschrift nicht abziehbaren Aufwands wird
von der Klägerin nicht beanstandet; die Feststellungen des FG geben ebenfalls keinen Anlass, dazu
weitere Feststellungen für notwendig zu erachten. Damit erweist sich der angefochtene Bescheid als
rechtmäßig, weshalb die gegen ihn gerichtete Klage abzuweisen ist.
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