Was ist erlaubte Kundenpflege und wann ist die Grenze zur
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Was ist erlaubte Kundenpflege und wann ist die Grenze zur
management Serie – Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Vitamin B & Co. Was ist erlaubte Kundenpflege und wann ist die Grenze zur Bestechung im geschäftlichen Verkehr oder zur Vorteilsannahme überschritten? N etzwerkpflege und die Anbahnung von Geschäftskontakten sind im Zeitalter des Internets und der Social Networks wichtiger denn je. Neben den obligatorischen Weihnachts- oder Jubiläumspräsenten sprechen Unternehmen oftmals auch Einladungen aus, die einen privaten Mehrwert haben. Um bestehende Kunden zu binden und Geschäftskontakte anzubahnen, sind das durchaus erlaubte Mittel. Doch in Steuerberater und Wirtschaftsprüfer SERIE Teil 1: Betriebsprüfung – März RANKING: StB/WP im Ruhrgebiet – April Teil 2: Steuerfahndung – Mai Teil 3: Gesellschafterstreit – Juni Teil 4: 66 Geschäftskontakte – Juli/Aug. Niederrhein MANAGER 07-08/13 nicht wenigen Fällen werden die Grenzen zwischen erlaubter Kundenpflege und Vorteilsnahme – im schlimmsten Fall sogar Bestechung – überschritten. Ob bewusst oder unbewusst sei dahingestellt, denn hier macht das Gesetz keinen Unterschied. In Sachen Zuwendungen Dritter verlieren auffällig häufig Politiker und Manager das Maß aus den Augen. Einer der jüngsten Fälle: Ex-Bundespräsident Christian Wulf, der sich – insbesondere in Anbetracht seines Amtes – offenbar mehr als naiv verhalten hat: Er nahm Einladungen zum Sylt-Urlaub und Hotel-Upgrades im Wert von mehreren Hundert Euro von einem Filmunternehmer an, der zuvor Landesbürgschaften für Filmprojekte erhalten hatte. Und während seiner Zeit als Ministerpräsident von Niedersachsen nahm er einen zinslosen Privatkredit einer Unternehmergattin an, der die Frage aufwirft, welche Gegenleistung hier erwartet wurde bzw. nicht sogar erfolgt ist. Mehr als unglaubwürdig erscheinen Erklärungs- versuche, die Kosten für die Reisen und Hotelaufenthalte seien vorgestreckt gewesen, und man habe im Nachhinein doch noch selbst bezahlt – was man vermutlich nicht getan hätte, wenn die Sachlage nicht an die Öffentlichkeit geraten wäre. Ein anderer Fall machte im Jahr 2007 Schlagzeilen und sorgte für die Verschärfung des Gesetzes bezüglich der Vorteilsnahme. Der ehemalige Vorstandsvorsitzende der EnBW AG, Utz Claassen, hatte im Dezember 2005 die Versendung von Weihnachtsgrußkarten veranlasst, denen Gutscheine für Eintrittskarten zu Fußballspielen der FIFA-WM 2006 im Stadion von Stuttgart oder Berlin beigefügt waren. Unter den Empfängern waren der Ministerpräsident und fünf Minister des Landes Baden-Württemberg sowie der beamtete Staatssekretär im Bundesumweltministerium. Claassen wurde vom Vorwurf der Vorteilsgewährung in sieben Fällen freigesprochen, denn der Ministerrat des Serie – Steuerberater und Wirtschaftsprüfer management Landes Baden Württemberg hatte zuvor hinsichtlich der Annahme von Geschenken folgenden Beschluss gefasst: „Ehrenkarten für Veranstaltungen, deren Besuch zu den Repräsentationspflichten eines Regierungsmitgliedes gehört, sind nicht als Geschenke zu bewerten und unterfallen nicht der Genehmigungspflicht.“ Alle eingeladenen Personen hätten auch anderweitig die Möglichkeit des freien Zugangs zu vergleichbaren, wenn auch nicht identischen Plätzen gehabt. Einen bitteren Beigeschmack hinterließ diese „Ticketaffäre“ aber dennoch und war der Anlass zur Verschärfung der Gesetze in Sachen Zuwendungen bei Geschäftskontakten und öffentlichen Ämtern. Deshalb sind gerade Großunternehmen und öffentliche Einrichtungen sehr vorsichtig geworden – Stichwort Compliance. Hier dürfen Mit- arbeiter auf keinen Fall in eine Abhängigkeit geraten oder sich erpressbar machen, wenn sie Gefälligkeiten oder Geschenke angenommen haben. Ist ein Mitarbeiter für die Vergabe öffentlicher Aufträge zuständig, sind Geschenke bis 20 Euro im Rahmen. Bei Unternehmen gilt eine Freigrenze von 35 Euro Anschaffungs- und Herstellerkosten, inklusive Verpackung und Etikettierung und exklusive Versandkosten. Unbedenkliche Maßnahmen zur Anbahnung und Pflege von Geschäftskontakten sind Geschenke im Sinne des Steuerrechts nach § 4 Abs. 5 Nr.1 EStG. Dieser Paragraph sagt aus, dass zulässige Geschenke Zuwendungen in Form von Geld, Sach- oder Dienstleistungen sind, die nicht als Gegenleistung für eine bestimmte Leistung des Empfängers bestimmt sind und nicht im wirtschaftlichen und zeitlichen Zusammenhang mit solchen Gegenleistungen stehen. Die Zuwendungen müssen überdies eine betriebliche Veranlassung haben. Diese liegt dann vor, wenn die Absicht erkennbar ist, dass der Unternehmer Geschäftsbeziehungen zu der beschenkten Person anknüpfen, sichern oder verbessern will. Dabei darf das Geschenk nicht nur anlässlich eines betrieblichen Ereignisses wie einem Firmenjubiläum gewährt werden, sondern auch zu Anlässen wie Weihnachten oder privaten Geburtstagen. Ist der Unternehmer zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt, zählt der Nettowert des Geschenks. Andernfalls ist die Vorsteuer hinzuzurechnen oder aufzuteilen. Derartige Zuwendungen sind einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen. Bei Werbeartikeln wie Taschenkalendern oder Kugelschreibern muss der Name des Beschenkten nicht aufgeführt werden, bei darüber hinausgehenden Geschenken ist das Pflicht. Besonders beliebt – und gern angenommen – sind Einladungen zu Events oder sportlichen Ereignissen in die VIP-Loge oder den Business-Seat. Dabei muss auch dieses Geschenk als betrieblich veranlasste Zuwendung nachvollziehbar sein, z.B. weil der Besuch eines Events nach einer vorangegangenen Besprechung oder Betriebsführung erfolgt. Rechenbeispiel: Der Geschäftsführer eines Unternehmens besucht mit zwei potenziellen Kunden und seinem Prokuristen ein Bundesligaspiel und hat dafür Business-Seats im Wert von 600 Euro inklusive Mehrwertsteuer gebucht. Da in dem Pauschalpreis von 150 Euro brutto je Sitz der Eintritt mit Bewirtung enthalten ist, muss von drei Eintrittskarten (des GF und der Gäste) 50 Prozent des Nettoaufwandes dem Bewirtungsaufwand und 50 Prozent dem nicht abzugsfähigen Geschenkaufwand zugerechnet werden. Für die Karte des Prokuristen gilt keine Abzugsbeschränkung, denn hierbei handelt es sich um eine dienstliche Veranlassung der Kosten. Schmaler Grat Korruption? Bestechung? Doch nicht bei uns! Kleine und mittelständische Unternehmen sprechen sich von solchen Zuständen in ihrem Dunstkreis in der Regel völlig frei. Doch schneller als man denkt, bewegt sich ein Geschäftsführer, Manager oder Mitarbeiter an der Grenze zur Korruption. Die größten Compliance-Fallen lauern im Einkauf. „Manager und Einkäufer wissen manchmal gar nicht, gegen welche rechtlichen Regelungen sie gerade verstoßen“, sagt Gerd Kerkhoff von der Wirtschaftskanzlei Kerkhoff Consulting. „Wenn ein Einkäufer abends mit seinen Kollegen anderer Firmen am Stammtisch sitzt und sich austauscht, kann aus einem solchen Gespräch unerwartet schnell ein kartellrechtlicher Verstoß werden. Und wenn es zur Anklage und Verurteilung kommt, kann das ein Unternehmen schnell an den Rand einer Insolvenz bringen.“ Deshalb sei sowohl ein Lieferantenkodex gegen äußere Risiken empfehlenswert als auch ein Compliance-ManagementSystem für Verstöße gegen die internen Regeln. Compliance-Experten der europäischen Wirtschaftskanzlei Noerr weisen darauf hin, dass die klassische Bestechung in Form von Schmiergeldzahlungen heute ausgedient habe und dass insbesondere im Rahmen von Geschäftskontakten mit ausländischen Unternehmen neue und subtilere Formen der verdeckten Bestechung auf dem Vormarsch seien. So werde bei der Gründung von internationalen Gemeinschaftsunternehmen, den sogenannten Joint Ventures, häufig der Versuch unternommen, branchenfremde Personen – meist Familienmitglieder der Gegenseite – als Gesellschafter mit kleinen Beteiligungsanteilen aufzunehmen. Die Folgeschäden sind unkalkulierbar, denn wie schnell können branchenfremde Mini-Teilhaber beispielsweise wichtige Entscheidungen blockieren oder zumindest verzögern. Strafrechtlich bewerten Gerichte die Aufnahme eines branchenfremden Teilhabers ebenso als Bestechung wie eine direkte Schmiergeldzahlung. Strafrechtliche Risiken Zu den unerlaubten Maßnahmen gehören Aufwendungen für Gästehäuser, für Fischerei, Jagd- und Motorsegeljachten, unangemessene Aufwendungen der privaten Lebensführung, wie z.B. Zuwendungen für teure Designermöbel, und schließlich Bestechungs- und Schmiergelder. Die Folgen unerlaubter Zuwendungen sind weitreichend und können ein Unternehmen in den Ruin treiben. Angefangen von der Nichtigkeit von Verträgen, falls Schmiergelder zum Zustandekommen dieser nachgewiesen werden können, über Schadensersatzansprüche und Bußgelder bis hin zum Ausschluss aus künftigen Vergabeverfahren oder der Anklage wegen Steuerhinterziehung. Ganz zu schweigen von dem Reputationsschaden, von dem man sich als Unternehmen bzw. als Einzelperson vielfach kaum noch erholen kann. Maximiliam Lange | ml@niederrhein-manager.de Ihr Partner vor Ort, wenn es um Fragen des internationalen Steuerrechtes geht. Für die Niederlande und darüber hinaus. NeD Tax Kanzlei Günter Heenen Briener Straße 9-13 · D-47533 Kleve · service@nedtax.eu T: +49 (0)2821 89 99 0 · F: +49 (0)2821 89 99 222 www.nedtax.de NiederrHEin MANAGER 07-08/13 NeDTax_AZ_60x60.indd 1 67 11.09.12 09:30