Nachts auf der Straße unterwegs - STIMME.de

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Von Heike Kinkopf
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Volkan Bölükbasi (Mitte) sucht das
Gespräch, drängt sich nicht auf, redet
Jugendlichen aber ins Gewissen, wenn
es sein muss. Drei, vier Mal in der
Woche geht der Streetworker raus zu
den Cliquen.Foto: Heike Kinkopf
Möckmühl - Freitag. 21.30 Uhr. Möckmühls Streetworker macht sich auf den Weg. Wo er um diese Zeit draußen
Cliquen antrifft, weiß Volkan Bölükbasi. Der 27 Jahre alte Diplom-Pädagoge steuert das Einkaufszentrum im
Waagerner Tal an. Frostig ist es. Sechs, sieben jungen Leute im Alter von 15 Jahren bis Anfang 20 stehen unter dem
Schuhhaus Benz. Es ruht auf Betonpfeilern. Bölükbasi begrüßt jeden einzelnen mit Handschlag.
„Spaß, Gemeinschaft, ein bisschen was trinken“ - darum kommt die Clique immer wieder aufs Neue „beim Benz“
zusammen. An diesem Abend sind nur zwei Mädchen mit von der Partie. „Meine Eltern wissen nicht, wo ich hingehe“,
erzählt eine 16 Jahre alte Möckmühlerin. Geht sie aus dem Haus, fragt die Mutter: „Wo gehst du hin?“ Antwort:
„Raus.“ Kommt sie zurück, fragt die Mutter: „Wo warst du?“ - „Draußen.“ Das reicht an Information.
Keine Kneipe
Das Jugendhaus gibt es nicht mehr. Eine Kneipe, zum Beispiel das nahe Ca-Inn, ist ihnen auf Dauer zu teuer. „Da
gehen wir nur hin, wenn Schwabentag ist“, erzählt einer. Das heißt, wenn die Preise reduziert sind. Draußen in der
Kälte stehen sie. Rauchen eine Zigarette. Trinken Bier aus der Dose.
Autos kommen an. Ein, zwei Leute steigen ein. Abfahrt in die Disco. Manchmal geht's nach Leingarten ins „La Boom“
oder ins „Unity“ nach Bruchsal. Volkan Bölükbasi ist Ansprechpartner, Vermittler. Er gibt Ratschläge bei Stress in der
Schule, Familie oder in der Beziehung. Unterstützung, gibt er offen zu, kann er von einer Sozialarbeiterin
gebrauchen. „Der Bedarf ist da, Mädchen gibt es genug auf der Straße.“
Immer mal wieder beschweren sich Anwohner wegen Lärm. Müll ist ein weiteres Problem. Der Streetworker spricht
die jungen Leute direkt darauf an. Volkan Bölükbasi macht Lösungsvorschläge, trifft Absprachen, verabschiedet sich
fürs Erste mit der Ankündigung, später noch einmal vorbeizukommen.
Weiter geht's ins Parkhaus. Ein 20 Jahre alter Mann aus Möckmühl und ein 18-Jähriger halten dort die Stellung. Sie
warten auf Kumpels. „Hier ist es nicht so windig“, erklärt einer. Reaktionen von Parkhaus-Nutzern? „Die Leute stören
sich nicht an uns. Wir stehen ja da, wo keine Autos sind.“ Die wenigsten Plätze sind um die späte Stunde belegt. Die
03.04.2012 15:04
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Männer haben sich eine Stelle fernab der Autos ausgesucht.
Kaum zehn Minuten verstreichen, in denen nicht irgendeiner mit seinem Pkw vorfährt. Aus manchem wummert der
Bass. Der eine macht eine Ausbildung zum Mechatroniker, der andere ist gelernter Werkzeugmechaniker. Tagsüber
arbeiten sie, nachts gehen sie auf Tour.
Verabredungen müssen sie keine treffen. „Alle fahren rum“, erzählt einer. „Checken ab“, wer sich wo aufhält. 200 bis
300 Euro gibt ein 20-Jähriger im Monat für Sprit aus. Er zuckt die Achseln. „Samstags hab' ich einen Nebenjob bei
Kaufland.“ Ihre Zukunft? Mit Mitte 20 hören die Treffen sicher auf, überlegen sie. Dann haben sie eine eigene
Wohnung, die Beziehung mit der Freundin wird wichtiger, vermuten sie. „Keine Angst“, sagt einer, grinst. „Wir
werden von alleine ruhiger.“
23.30 Uhr. Volkan Bölükbasi zieht es weiter. Er ist überzeugt: „Die Zeit, die ich investiere, lohnt sich.“
07. Februar 2009
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