Der Geruch der Heimat
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Der Geruch der Heimat
DIE NUMMER 1 IN KITZINGEN FREITAG, 10. JUNI 2016 187. JAHRGANG, NR. 132, PREIS: 1,50 $ Im Blickpunkt Am Rande Vier Wochen Faszination Motorradfahrer stirbt an Unfallstelle Bei einem schweren Verkehrsunfall ist am Donnerstagnachmittag ein 49-jähriger Motorradfahrer bei Wiesenbronn ums Leben gekommen. Offenbar ist er frontal mit einem abbiegenden Traktor kollidiert. ñ Seite 4 ................................................................................... D Berufsschule in bester Gesellschaft Seit Mittwoch kann sich das Berufliche Schulzentrum KitzingenOchsenfurt mit dem Titel „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ schmücken. ñ Seite 5 Harte Kämpfe um den künftigen Mindestlohn Es geht um mehr als eine Hand voll Cents: In drei Wochen soll der künftige Mindestlohn feststehen. Die zuständige Kommission will nichts falsch machen aber darüber hinaus gibt es wenig Einigkeit. ñ Wirtschaft Fußball-Freude und Terror-Sorge vor Anpfiff Die größte EM der Turnier-Geschichte macht Lust auf einen spannenden Fußball-Sommer. Doch die Angst vor dem Terror im Gastgeberland Frankreich sorgt auch für mulmige Gefühle bei Spielern wie Fans. ñ Sport Schwarzachs unverhoffte Fußball-Meister Mit dem FV Schwarzenau/Stadtschwarzach beginnt unsere Serie der Fußball-Meister 2015/16. Der Titelgewinn in der Kreisklasse traf die Mannschaft so unvorbereitet, dass sie nicht mal Sekt kalt gestellt hatte. ñ Lokalsport Deutsche trinken und rauchen weniger In Deutschland wird weniger geraucht und Alkohol getrunken. Außerdem ist die Entwicklung bei illegalen Drogen stabil. Das sagte die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU). ñ Politik Lammert kritisiert türkischen Staatspräsidenten Erdogan Bundestagspräsident Norbert Lammert hat den türkischen Präsidenten Erdogan wegen seiner Äußerungen gegenüber Bundestagsabgeordneten heftig kritisiert. ñ Blick in die Welt Kunden-Service Leserservice: Anzeigen: Anzeigen-Fax: Servicezeiten: E-Mail: Internet: 09321/700 998 09321/700 997 09321/700 949 Mo bis Fr, 7 bis 17 Uhr, Sa 7 bis 11 Uhr kundenservice@infranken.de www.infranken.de/DieKitzinger Wetter 23 12 HEUTE wolkig 21 11 MORGEN wolkig Im Internet Von unserem Redaktionsmitglied RALF DIETER ................................................................................... Sensorik-Spezialist Peter Wendel prüft die Produkte auf Geruch, Geschmack, Aussehen und Konsistenz. FOTO: WOLFGANG FALLIER / KRÄUTER MIX Der Geruch der Heimat Die Firma „Kräuter Mix“ handelt in der ganzen Welt – und bleibt doch lokal. ................................................................................... Von unserem Redaktionsmitglied ROBERT WAGNER ................................................................................... ABTSWIND Bis an die Decke stapeln sich Säcke mit Gewürzen und Kräutern aus aller Welt. Bekannte Gerüche steigen in die Nase – und eine Vielzahl völlig fremd anmutender Düfte. Bei günstigen Windverhältnissen kann man sie schon erschnuppern, wenn man auf der nahen A 3 mit dem Auto vorbei rauscht. Hier, in der großen Lagerhalle, ändert sich auf jedem Meter das olfaktorische Empfinden. Auf jedem Meter fühlt man sich auf einen anderen Erdteil versetzt. Die Frage, ob die Firma Kräuter Mix global aktiv ist, erübrigt sich eigentlich. Die Frage ist eher: Wie kam es dazu? Steffen Mix, Ur-Enkel des Firmengründers Christoph Mix und seit 2015 Einkaufsleiter, erklärt die Firmengeschichte. 1919 wurde das Unternehmen als Produzent von Arzneipflanzen gegründet, die zunächst im Umfeld von Abtswind gesammelt wurden. Heute hat das Familienunternehmen über 300 Mitarbeiter, einen Umsatz von etwa 90 Millionen Euro und einen Exportanteil von 51 Prozent. Mit Lieferanten aus über 70 Ländern arbeiten die Unterfranken zusammen. Ein wichtiges Geschäftsfeld ist neben Kräutern und Gewürzen auch die Verarbeitung von Trockengemüse. Der Standort Abtswind ist dabei für eine Firma, die mit Kräutern handelt, nicht ganz zufällig: „Abtswind liegt auf einer ganz alten Handelsroute zwischen Würzburg und Nürnberg,“ erklärt Konstantin Golombek, der für den Bereich nachhaltige Versorgung zuständig ist. Wegen der tendenziell schlechteren Böden am Fuße des Steigerwaldes war Ackerbau schwierig. Dafür wurden viele Wildkräuter in der Region gesammelt. Die wurden von den Händlern aufgekauft. Kräuter Mix steht daher in einer langen Tradition. Der Zufall spielt trotzdem manchmal eine große Rolle. So wie beim ersten größeren Schritt der Firma ins Ausland. In den 1960er Jahren zog es einen Onkel des heutigen Firmenchefs Christoph Mix nach Australien. Über ihn liefen die ersten Kontakte – noch heute ist Australien eines der wichtigsten Exportländer. mit den „Global Playern“ nicht möglich. Statt wie früher vor allem auf persönliche Bekanntschaften und Vertrauen zu setzen, werden Zertifikate und Analysen gefordert, um die Qualität und Eigenschaften der Kräuter zu garantieren. „In den großen Konzernen werden die Einkäufer sogar alle zwei Jahre gewechselt“, erklärt Konstantin Golombek. Der persönliche Einfluss soll so minimiert werden – harte ökonomische Einen größeren Anteil besitzen nur Mexiko (sieben Prozent), die USA und Österreich (je 6 Prozent). Persönliche Kontakte sind für den Außenhandel sehr wichtig. Konstantin Golombek stellt klar: „In einem so engen Markt überlebt der, der die besseren Kontakte hat.“ In China halten beispielsweise zwei Mitarbeiter den Markt im Blick. Vor allem Knoblauch, ein wichtiges Trockengemüse, ist sehr „volatil“, erzählt Steffen Mix. Bei den stark schwankenden Preisen sei es sehr wichtig, im richtigen Moment einzukaufen. Das kann auch schon mal am Samstagfrüh um 5 Uhr nach einem Disco-Besuch sein, verrät Steffen Mix. Da habe ihn einmal ein indischer Lieferant über WhatsApp kontaktiert und über steigende Preise informiert – allerdings nicht ohne sich darüber zu wundern, warum Mix um diese Uhrzeit überhaupt noch wach war. „Ein anders Mal habe ich am Samstagmorgen am Münchner Flugplatz zehn Container per WhatsApp gekauft“, erzählt Mix schmunzelnd. Das Geschäft war Gold wert. Wegen starkem Regen drohte ein Teil der Ernte auszufallen. Am nächsten Tag waren die Preise schon um ein Viertel gestiegen. „So etwas geht nur, wenn man gute Kontakte hat.“ Auf der anderen Seite verschwindet die klassische Kaufmannskultur zunehmend. Geschäfte einfach per Handschlag abzuschließen – das ist Fakten allein sollen entscheiden. Und dann gibt es eben solche Handelsbeziehungen, wo der Preis in den Hintergrund rückt. Mit Japan zum Beispiel: „Mein Bruder Bernhard und ich sind extra für anderthalb Stunden nach Japan geflogen, um ein Firmenjubiläum zu besuchen“, sagt Steffen Mix. Ohne diese gegenseitigen Respektbezeugungen wäre der Handel mit dem fernöstlichen Partner viel schwieriger. In jedem Land sind andere kulturelle und juristische Regeln zu beachten. Als Problem sieht man das in der Firma Kräuter Mix aber nicht. Eher Einkaufsleiter Steffen Mix prüft bei einem Lieferanten in Indien im März die Ware. FOTO: KRÄUTER-MIX In der Produktionsanlage von Kräuter Mix riecht es immer wieder anders. FOTO: CELLA SEVEN/KRÄUTER MIX Lokal und doch Global als spannende Herausforderung. In vielen Ländern sei beispielsweise das regelmäßige Gebet sehr wichtig. So könne es schon mal vorkommen, dass bei einem Treffen plötzlich alle Teilnehmer verschwinden. „Manchmal wird das Gebet aber auch nur vorgeschoben, wenn man mal eine kurze Verhandlungspause braucht“, vermutet Steffen Mix. Unterschiede zeigen sich auch im Geschäftsgebaren. „Das Paradebeispiel ist der Unterschied zwischen osteuropäischen Lieferanten und solchen aus dem arabischen Raum“, sagt Golombek lächelnd. Wenn man in Osteuropa eine neue Idee habe, höre man oft: „Oh, das geht nicht, das ist ganz, ganz schwierig.“ In den arabischen Ländern sei alles hingegen erst einmal „kein Problem“. Am Ende zeige sich dann hingegen: Während man in Arabien noch mehrmals nachfragen müsse, werde in Osteuropa schnell eine Lösung gefunden. Osteuropa ist mit dem Zerfall des Ostblocks in den Fokus der Abtswinder Firma geraten. „Im Osten gab es sehr gute Lieferländer und der Markt im Westen war sehr aufnahmefähig“, beschreibt Golombek die Situation. „Der Fall des Ostblock war wie ein Katalysator für das Geschäft.“ Ein Geschäft, in dem man schnell und anpassungsfähig sein muss. Zügig gelang es, neue Kontakte zu Lieferanten zu knüpfen und so das Produktangebot noch einmal zu vergrößern. Seither konzentrieren sich die Abtswinder noch mehr auf die Veredelung der bereits getrockneten Rohstoffe und den Verkauf an Großabnehmer. Um Transportkosten zu sparen, wird heute gar nicht mehr in Abtswind getrocknet – frische Ware wiegt zum Teil doppelt so viel. Der Export galt in der Branche lange Zeit als wichtigstes Element. Heute haben sich die Verhältnisse etwas verschoben. „Der nationale Markt wird wieder wichtiger“, sagt Steffen Mix. Und bei aller Internationalität: In Abtswind begreift man sich weiterhin als lokal verankertes Familienunternehmen. Als Teil der lokalen Kultur. Und so werden die Abtswinder wohl auch in Zukunft denken: „Ah, es riecht nach Heimat“, wenn ihnen auf der A 3 fremdländische Düfte in die Nase steigen. as Warten hat ein Ende. Jetzt geht sie wieder los, die Fußballzeit. Bis zum 10. Juli werden Siege und Niederlagen, Tore und Paraden, Abseitsstellungen und Mannschaftsaufstellungen die Diskussionen in Büros, Klassenzimmern und an Küchentischen bestimmen. Fußball fasziniert. Warum eigentlich? Antworten darauf gibt es fast so viele wie es Fußballspieler gibt. Und das sind eine Menge: Alleine in Deutschland sind fast sieben Millionen Menschen in Fußballvereinen angemeldet. Sie spielen bei den Minis, den Jugendteams, in Mädchenund Frauenmannschaften, bei den Senioren. Selbst als Alte Herren ist die Leidenschaft bei manchen noch so lebendig, dass 60-Jährige regelmäßig ihre Stutzen hochziehen und in ein Trikot schlüpfen, anstatt sich gemütlich in der Hängematte zu wiegen. Fußball verbindet Generationen. Das ist eine Antwort. Fußball lässt einen auch im Alter nicht los. Fußball ist eine universelle Sprache. Wer des Suaheli nicht mächtig ist, kann sich trotzdem in der Serengeti von Tansania mit den Einheimischen über das letzte Finale der WM austauschen. Die Integration von Flüchtlingen in Deutschland gelingt auch dank des Fußballs besser. Ein Sprachkurs ist keine Voraussetzung, um sich auf dem Bolzplatz miteinander zu verständigen. Der Fußball ist banal, gewalttätig und korrupt: Vorwürfe, die wir Fußballliebhaber uns immer wieder anhören müssen. Unser Sport sei etwas für Proleten, die alberne Sprechchöre singen und sich Schlägereien mit den Fans anderer Mannschaften liefern. Ganz unrecht haben diese Kritiker nicht. Auch diese Auswüchse gehören leider zum Fußball dazu. Dennoch: Diese Kritiker verkennen den wahren Wert des Sports, der all die korrupten Funktionäre, die pöbelnden Fans und die qualmenden Bengalos locker an die Wand spielt: Fußball bündelt Emotionen, Fußball bringt Millionen Menschen zusammen. Fußball verbindet – Generationen, Kulturen, Männer und Frauen. Alle sprechen über ein Thema. Wir auch. ñ Lokales Seite 14 Kater angeschossen Tier blutend vor der Türe: Polizei sucht Zeugen SCHWARZACH (rt) Am Montagabend hat ein Unbekannter offenbar einen streunenden Kater verletzt. Das Tier saß plötzlich blutend in der Wiesenleite vor der Haustüre der Besitzerin. Laut dem Tierarzt dürfte es sich bei der Verletzung um eine Schusswunde handeln, teilt die Polizei mit. Die Tat muss sich zwischen 18 Uhr und 22.30 Uhr ereignet haben. Nachdem die Besitzerin ihren verletzten Kater vor der Haustüre in der Wiesenleite aufgefunden hatte, brachte sie ihn sofort in eine Tierklinik. Am nächsten Tag habe sie der Tierarzt darüber in Kenntnis gesetzt, dass es sich bei der Verletzung um eine Schusswunde handelt. Die Polizei ermittelt jetzt wegen des Verdachts eines Vergehens nach dem Tierschutzgesetz. Wer Verdächtiges beobachtet hat oder Hinweise zu dem Schützen geben kann, wird gebeten, sich zu melden. Um Hinweise bittet die Polizeiinspektion in Kitzingen: ü (0 93 21) 14 10.