2013 - Matthias Hell
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2013 - Matthias Hell
2013/2014 mit 2013 geht ein jahr zu ende, das ich - trotz anfaenglich suboptimaler gesundheitlicher form - ueberaus positiv in erinnerung behalten werde: viel freude in der familie, schoene sommertage in spanien, italien und daheim sowie zuletzt auch wieder erfreulich viele gelungene unternehmungen im freundeskreis. auf mein berufliches jahr 2013 habe ich bereits in einem separaten beitrag zurueckgeblickt. desweiteren konnte ich mich im vergangenen jahr ueber einen konstanten strom neuer guter musik, eine reihe spannende buecher und einige wenige im kino gesehene filme freuen, die ich hier zu den bewaehrten jahresbestenlisten zusammengestellt habe. mit der frage, was 2014 kulturell auf uns zukommt, habe ich mich bereits mit meinem mix '10 fuer 2014' beschaeftigt. auch jenseits der newcomer schickt sich das neue jahr an, vielversprechend zu werden: schon im januar werden neue platten im januar von bruce springsteen, broken bells, rosanne cash, katy b, und maximo park erscheinen. in dem monaten danach folgen zudem neue werke von tinariwen, neneh cherry, st. vincent, elbow, kaiser chiefs, toni braxton und ernst molden & willi resetarits. auch im nebenstehenden konzertkalender finden sich bereits eine reihe von eintraegen, die fuer nicht unerhebliche vorfreude sorgen. neue buecher gibt es 2014 u.a. von martin suter, hanif kureishi, und michel houellebecq. und meinem vorsatz, kuenftig wieder oefter ins kino zu gehen, duerften die angekuendigten neuen filme von wes anderson, mike leigh, anton corbijn, fatih akin, luc besson, und michael winterbottom vorschub leisten. ich gehe somit in aufgeraeumter stimmung ins neue jahr und wuensche uns allen ein gutes 2014, viel freude, gesundheit und jede menge schoener erlebnisse! beruflicher jahresrueckblick der im letzten jahr begonnenen tradition folgend, will ich einmal mehr an dieser stelle auf die vergangenen zwoelf monate in beruflicher hinsicht zurueckblicken. dabei gilt es zunaechst festzuhalten, dass ich mit meiner arbeit und dem in diesem jahr erreichten sehr zufrieden bin: mir ist es in vollem umfang gelungen, den intendierten schritt 'von masse zu klasse' fortzusetzen, d.h. die anzahl meiner auftraggeber einzugrenzen, dafuer aber die thematische uebereinstimmung und die intensitaet der zusammenarbeit weiter auszubauen. dazu zaehlt exciting commerce, wo ich dieses jahr u.a. nicht nur 50 - wie ich finde inhaltlich sehr gelungene - ausgaben meiner beitragsserie buch/handel 2020 veroeffentlichten konnte, sondern auch als autor und reihenverantwortlicher an dem buchformat k5 topics mitwirken darf. ebenfalls zu meinen hauptaufgabenfeldern zaehlten auch 2013 weiter meine e-commerceberichterstattung für channelpartner sowie die regelmaessigen fachbeitraege fuer chip.de. einen weiteren schwerpunkt stellt seit ende des jahres zudem das neue portal location insider dar, welches sich zum ziel gesetzt hat, das bewusstsein fuer themen aus den bereichen location based services und local commerce (v.a. letzteres mein verantwortungsbereich) zu staerken. eine wichtige erfahrung war in diesem jahr fuer mich, dass das excomm-leitmotto 'auf die inhaltliche relevanz kommt es an' in hohem masse auch fuer meine berufliche entwicklung gilt: so ist es mir gelungen, meine e-commerce-expertise in die buchprojekte 'local heroes' (mit ebay) und 'discoverability im e-commerce' (mit exciting commerce) umzumuenzen. auch 2014 will ich daher versuchen, basierend auf meinem fachwissen mit geeigneten partnern aehnlich attraktive medienprojekte zu realisieren. ein kleiner schoenheitsfehler ist es, dass ich es bei allen 2013 verwirklichten buchprojekten versaeumt habe, einen schoengeistigen nachfolger fuer mein olympia-buch zu verwirklichen. einen gewissen zeitanteil fuer derartige projekte zu reservieren, war und ist eine der grundintentionen fuer meine berufliche selbststaendigkeit. das will ich mir 2014 wieder vermehrt vor augen halten - und bin schon jetzt gespannt darauf, ob das ergebnis dann 'muenchen modern', 'ausgedruckt' oder gar ganz anders heissen wird. alles in allem blicke ich ueberaus zuversichtlich in das kommende arbeitsjahr - nicht zuletzt deshalb, weil ich auch zwei jahre nach dem start in die selbststaendigkeit noch immer das gefuehl habe, erst am anfang eines super-spannenden weges zu stehen. 10 fuer 2014 auch in diesem jahr habe ich wieder einige musikalische talente ausgegraben, denen im naechsten jahr grosse taten zuzutrauen sind (einmal mehr war mir dabei die bbcsound-of-liste eine grosse hilfe). musikalisch gibt es dabei nur wenig rock, dafuer folk und soul und vor allem viele neue acts, die in irgendeiner weise die in den letzten jahren von der britischen insel herueberwehende bass-musik weiterentwickeln. es bleibt also spannend. best of 2013 meine alben des jahres 1. valerie june - pushin' against a stone 2. trixie whitley - fourth corner 3. joseph arthur - the ballad of boogie christ, acts 1 & 2 4. neon neon - praxis makes perfect 5. david bowie - the next day 6. laura mvula - sing to the moon 7. elvis costello & the roots - wise up ghost 8. rokia traore - beautiful africa 9. ed harcourt - back into the woods 10. minyeshu - black ink meine konzerte des jahres 1. bob dylan, tempodrom berlin wieder einmal alles anders und dazu noch in einer supergemuetlichen location 2. garland jeffreys, hirsch nürnberg hart rockender siebzigjaehriger und einfach ein toller typ 3. los lobos, waldbuehne berlin die konzertueberraschung des jahres im vorprogramm von neil young, definitiv eine der besten live-bands der welt 4. alicia keys, olympiahalle perfektes pop-spektakel an einem wunderschoenen sommerabend 5. beady eye, backstage direkt vom urlaubsflieger ging es ins backstage, um zeuge der wiederauferstehung von liam gallagher zu werden meine buecher des jahres 1. chimamanda ngozi adichie - americanah 2. christoph ransmayr - atlas eines aengstlichen mannes 3. thomas pynchon - bleeding edge 4. joel dicker - die wahrheit ueber den fall harry quebert 5. taiye selasi - diese dinge geschehen nicht einfach so auf die filme des jahres muss ich mangels kinobesuchen auch in diesem jahr verzichten, hoffe aber 2014 auf eine trendwende! musik-roundup das duerften nun aber endgueltig die letzten neuen musik-besprechungen fuer 2013 sein: dubstep-soundmagier burial meldete sich wie schon in den letzten jahren mit einer vorweihnachtlichen ep zurueck. waeren die typischen halleffekte nicht, wuerde 'rival dealers' kaum noch nach burials dubstep-wurzeln klingen, denn auf der aktuellen veroeffentlichung dominieren eighties-, ethno- und esoterikartige-klaenge. das sorgt in fachkreisen durchaus fuer gemischte reaktionen und auch inhaltlich hat die mit vielen sprachsamples aufwartende ep schon fuer viele kontroversen gesorgt ('ein transgenderouting?') sowie ein statement des oeffentlichkeitsscheuen musikers hervorgebracht ('i wanted the tunes to be anti-bullying tunes that could maybe help someone to believe in themselves, to not be afraid, and to not give up, and to know that someone out there cares and is looking out for them.'). alles ganz schoen starker tobak, aber worauf es letztlich ankommt, ist die musik und diese ist auf 'rival dealers' nicht nur stellenweise verstoerend, sondern vor allem bewegend und betoerend. ein moment von 'be here now' loeste bei mir die ueberraschende itunes-onlyveroeffentlichung des neuen, selbstbetitelten beyonce-albums aus. dabei ist nicht nur die veroeffentlichungspolitik und die konzeption des albums als mp3-/video-gesamtkunstwerk bemerkenswert, sondern ist es beyonce endlich gelungen, ein komplettes album zu machen, das ihrem talent entspricht. geboten wird eine sehr zeitgemaesse, stellenweise an innovative interpreten wie the weeknd, frank ocean und m.i.a. angelehnte form von r'n'b. der schmalzfaktor ist zum glueck so gut wie nicht vorhanden, dafuer aber beyonces performance absolut auf der hoehe. besser als zunaechst gedacht finde ich inzwischen 'shangri-la' von jake bugg. dabei kann ich mich ganz der einschaetzung des qobuz-webmags anschliessen: 'ce deuxième album utilise toutes les marottes du jeune surdoué de Nottingham : rock et folk sixties (du son Merseybeat à celui du jeune Dylan pour faire court), punk rock bubble-gum (des effluves Buzzcocks), gouaille Britpop (sa voix lorgne parfois vers celle de Liam Gallagher d’Oasis) et éclectisme contemporain (comme les Arctic Monkeys).' und schliesslich hat sich auch die aktuelle monatsgabe der 'society of sound' als ganz vortrefflich erwiesen: als the gloaming interpretieren gestandene irische und us-musiker den folksound der gruenen insel fuer einmal nicht als idyllisch-keltisches rumgehopse, sondern als sproede, noerdlich-maritime kunstmusik. hochklassig - und wohl ein grund, warum ich dem von peter gabriel gegruendeten musik-club trotz einiger aergernisse auch 2014 die treue halten werde. normalerweise habe ich rund um diese zeit das musikjahr schon laengst abgeschlossen und mit den ueblichen best-of-zusammenstellungen gekroent. doch dieses jahr reissen die guten releases nicht ab und erscheinen auch mitte dezember noch neue alben mit einer guten chance auf meine bestenliste. wie zum beispiel 'black ink' von der in den niederlanden ansaessigen aethiopierin minyeshu. die dame geht ihre karriere offensichtlich sehr geplant an: laut ihrer webseite war ihr debutalbum der blick zurueck auf die aethiopischen wurzeln und die folgeveroeffentlichung 'the registration of minyeshu's arrival in western civilization'. album nummer drei interpretiert aethiopische musik nun als eine absolut zeitgemaesse, zuhoechst urbane und trend-affine musikspielart. mal klingt's nach elektrofunk, mal nach indierock, mal nach jazzigem soul. der musik ihrer heimat beschert die dame damit eine hoechst spannende frischzellenkur. ein anderes highlight kommt von meinen lieblingsrussen akqarium. nachdem bandkopf boris grebenshikov seinen sechzigsten geburtstag bereits mit einer spannungsreichen ep begangen hat, folgt mit 'aquarium plus' nun gewissermassen das offizielle feier-album. insgesamt neun bislang unveroeffentlichte songs - zumeist aus den letzten jahren - hat die band darauf unter der aegide des rootsrock-experten (und suzanne-vega-ehemanns) mitchell froom eingespielt. selten klang aquarium so klassisch-amerikanisch, verleiht dem sound aber trotzdem eine charakteristische note. herausgekommen ist dabei ein beschwingtes album, mit dem grebenshikov gleichsam sich selbst wie auch seinen fans ein schones geschenk gemacht hat. zwar ist meine kinoaktivitaet in den letzten zweieinhalb jahren gegen null gesunken, doch was ein guter musikfilm ist, kann ich noch immer sehr gut sagen. und 'inside llewyn davis' der coen-brueder ist ein sehr, sehr guter musikfilm. anstatt sich an einem realitaetsgetreuen portraet von bob dylan oder seinem wesentlich unbekannterem greenwich-village-gefaehrten dave van ronk zu versuchen, hat das regisseur-brudergespann fuer seinen streifen einen fiktiven charakter kreiert, der dem film die noetige cineastische tiefe verleiht und dennoch ein absolut stimmungsvolles abbild des folk-milieus zu anfang der 60er jahre zeichnet. und nachdem ich durch billie joe armstrong und norah jones ohnehin schon auf den sound vorsensibilisiert bin, gefaellt mir auch der von t-bone burnett produzierte und von llewyndavis-darsteller oscar isaac kongenial interpretierte soundtrack ausgefallen gut. fuer mich der film des jahres - und das nicht nur, weil ich in diesem jahr bisher lediglich ein weiteres mal im kino war. rip nelson mandela als ich vor fast 20 jahren fuer einen toefl-test einen essay zu dem thema 'wer ist ihr vorbild?' schreiben sollte, verbrachte ich die ersten 10 minuten der halbstuendigen pruefungszeit damit, mir verzweifelt gedanken ueber ein geeignetes subjekt zu machen - um dann doch ueber nelson mandela zu schreiben. schliesslich war der weltweite kampf gegen die apartheid die erste politische kampagne, die in mir als dreizehnjaehrigen den wunsch ausloeste, mich selbst zu engagieren; schliesslich empfand ich mandelas freilassung 1990 und das gewonnene referendum zur abschaffung der apartheid 1992 auch persoenlich als freudentage; und schliesslich gehoerte die wahl mandelas zum praesidenten suedafrikas 1994 zu den grossen historischen wegmarken, die ich in meiner teenagerzeit miterleben durfte. wenn man sich in fruehen jahren so intensiv mit einer person und einer sache beschaeftigt, liegt es nahe, spaeter eine groessere distanz zu entwickeln. doch spaetestens wenn die person mandelas allzu kritisch von aussen betrachtet wurde, wie beispielsweise von dem von mir sehr geschaetzten autor und essayisten rian malan in seinem buch 'resident alien', hielt ich instinktiv zu dem helden meiner jugend. und somit gilt es erst recht jetzt beim tode mandelas den hut zu ziehen vor einem 'giant among men', wie der guardian heute schreibt. denn mandelas bereitschaft, fuer seine ueberzeugung auch drakonischste strafen in kauf zu nehmen, seine selbst nach 27 jahren ungebrochene faehigkeit zur vergebung sowie die weitsicht und integritaet, mit er sich nach der freilassung in der tagespolitik engagierte, zeigen aufs trefflichste das potenzial an gutem, zu dem wir menschen auch faehig sind. mit mandela geht ein mann, von dem nicht nur ich meinem sohn, sondern hoffentlich auch viele andere ihren kindern wahrlich viel vorbildhaftes berichten koennen. rip junior murvin mit 13 jahren, mein interesse an reggae-musik war gerade erwacht, bekam ich von freunden, die mich nach einer blinddarm-op im krankenhaus besuchten, junior murvins album 'apartheid' geschenkt. haette es das wort damals schon gegeben, haette ich mir sicher gedacht: 'wtf!?' denn falsetto-vokalisten wie z.b. curtis mayfield und jimmy sommerville sind ja immer so eine sache, aber im kontext von reggae-shoutern á la bob marley, burning spear, mykal rose et al. stach das lupenreine frohlocken von junior murvin schon besonders heraus. aber spaetestens als ich die verbindung des saengers zu the clash entdeckte, hatte murvin bei mir einen stein im brett. und mit der zeit lernte ich auch die spannungsreiche beziehung zu schaetzen, die falsetto-stimmen im kontext so maskulin gepraegter musikstile wie soul oder reggae darstellen. wie viele reggae-fans bin auch ich der ansicht, dass murvins 1977er album 'police and thieves' einen hoehepunkt im producerschaffen von lee perry darstellt. mit junior murvin verliert der jamaikanische reggae daher eine seiner - gerade wegen ihrer andersartigkeit - grossen stimmen. und ich bin ein bisschen traurig, dass ich den saenger nie live gesehen habe. mein naehestes junior murvin liveerlebnis war eine version von 'police and thieves', die uk-reggae-legende dennis bovell als leader der backing-band von lee 'scratch' perry vor einigen jahren als publikums-warm-up spielte. und auch da war klar: wer einen brocken von mann wie dennis bovell zum falsett animieren kann, muss ein klassiker sein. elvis, gene vincent und eddie cochrane haetten es seinerzeit wohl nicht vorausgesehen, doch rockmusiker im achten lebensjahrzehnt sind inzwischen keine seltenheit mehr. als regelmaessiger konzertgaenger konnte ich inzwischen diverse variationen dieses themas miterleben: den fragilen, aber ausgesproche zaehen bob dylan, den damals schon besorgniserregend gebrechlichen lou reed, aber auch konstitutionswunder wie garland jeffreys oder john cale. eric burdon, fuer dessen musik ich mich begeistere seit ich 13 jahre alt bin und den ich nun im circus krone zum ersten mal live gesehen habe, fuegt diesem spektrum noch einmal eine ganz eigene note bei: der mann ist auch mit 72 jahren noch ein fieser schweinehund wie eh und je. als bluesshouter ist burdon eine naturgewalt und drueckt live ohne ruecksicht aufs tempo. seine begleitband haette mit ihrem schweinerock auch gut in die seventies gepasst und erwies sich beim konzert als sichere bank, die auch weniger gehaltvollen nummern tempo verlieh und bei den highlights ihre klasse ausspielen konnte. als da waeren: ein schoen grooviges 'spill the wine', das angenehm harte (im letzten jahr mit the greenhornes aufgenommene) 'black dog', der gut rockende animals-oldie 'it's my life' sowie der schoene john-lee-hooker-boogie 'boom boom'. ja, und auch 'house of the rising sun' wurde gespielt und war ueberhaupt nicht peinlich - bei so einem mordstyp ohnehin eine selbstverstaendlickeit. green day waren bisher nie mein ding und so gesehen ist es fuer mich eine echte ueberraschung, dass mir 'foreverly', das duett-album von bandchef billie joe armstrong und norah jones, so gut gefaellt. bei der platte handelt es sich um eine neueinspielung des everly brothers albums 'songs our daddy taught us' von 1958. geboten werden traditionelle usfolkstuecke der durchgaengig herzergreifenden art: sehnsuchtsvolle liebesgeschichten, tragische todesfaelle, aber auch moerderballaden und kinderlieder. waehrend andere, aehnlich auf die wiederbelebung der vergangenheit gerichtete projekte wie aktuell etwa der soundtrack zu 'inside llewyn davis' meist recht steril daherkommen, ist es jones und armstrong gelungen, zwar nah am original zu bleiben, dieses aber mit genug herzblut und interpretationsfreude relevant zu halten. das resultat ist ein wunderschoen nostalgisches americana-album, wie gemacht fuer die ersten wintertage. boris grebenshikov, russische rocklegende und einer meiner allzeit-favourite songschreiber, ist 60 geworden. wie russische webseiten berichten, gratulierten putin und medwedev mit offiziellen grussbotschaften. und was macht bg? veroeffentlicht eine neue 3-track-single, ironisch 'erntedankfest im palast der arbeit' betitelt, auf welcher der musiker mit korrupten politikern abrechnet (track 1, 'gouverneur'), sich mit vorboten der apokalypse beschaeftigt (der titelsong) und ueber spirituelle mysterien nachgruebelt (track 3, 'es war nie und wird nie sein'). der mann ist in ordnung. zweimal grossartige afro-fusion: album nr. 1, 'a new day' von winston mcanuff und fixi, ist auch gleichzeitig die beste reggae-platte des jahres. und das obwohl - oder auch gerade weil darauf kaum reggae im gewoehnlichen sinne zu hoeren ist. vielmehr hat der franzoesische musik-vagabund fixi den reggae-veteranen mcanuff (dessen tolle seventies-platte 'what a man a deal with' ich mir inzwischen ebenfalls zu ohren fuehrte) dazu motiviert, seinen rootsbackground in die unterschiedlichsten kontexte einzubringen. die ergebnisse reichen von indischen-ozean-grooves ueber afrobeat (mit fela-drummer tony allen) und soul bis zu franzoesischen chanson-anklaengen - und sind immer hochklassig. die zweite tolle neuerscheinung stammt von keziah jones. seitdem der kosmopolitische nigerianer mitte der neunziger jahre meine hoffnung, ein zweiter lenny kravitz zu werden, nicht ganz erfüllte, hatte ich jones nicht mehr besonders auf dem radar. doch sein neues album 'captain rugged' ist vom cover, ueber die musik bis zur attitude grossartig. akustischer funk trifft darauf auf afrobeat, die musik ist immer soulig und ganz im hier und jetzt. und vor allem ist alles super-laidback - volltreffer. wie schoen waere die welt, wenn es mehr solcher grossartiger 'vaterlandsverraeter' gaebe! die nzz berichtet heute unter dem titel 'angry young muslim' ueber yahya hassan, einen 18jaehrigen daenen pakistanischer herkunft, dessen erster, selbstbetitelter (!) lyrikband dort fuer furore sorgt und der mit schonungsloser direktheit genau die richtigen dinge sagt - ueber alteingesessene genauso wie ueber zuwanderer: "Wenn die politische Rechte seine harsche Kritik an nahöstlichen Sitten und am Islam für sich ausnutzt, sagt er: «Wenn du im Supermarkt einen Käse kaufst, kann der Käse nichts dafür, wenn du ihn für die Pizza brauchst oder als Brotauflage.»" phiippe djian steckt zurzeit (zumindest aus sicht der zeitlich hinterhertrabenden deutschen uebersetzungen) in einer etwas schwierigen phase: dass der franzose auch in seinem neuen roman 'wie die wilden tiere' ('vengeances') wieder einen heftig substanzkonsumierenden und mit den fallstricken des lebens kaempfenden protagonisten in den mittelpunkt stellt, trifft sich eigentlich mit meinen djian-praeferenzen. doch ist wie schon im vorhergehenden roman 'die rastlosen' der spass ziemlich grenzwertig und kann das buch durchaus als kritik an einem unbegrenztem immer-weiter-so der alt-rebellen gelesen werden. dieses mal ist der kuenstler marc - auch im fuenften lebensjahrzehnt alk- und drogentechnisch noch immer gut unterwegs - mit dem selbstmord seines gerade einmal zwanzigjaehrigen sohns konfrontiert. als er dessen ehemalige freundin in desolatem zustand aufsammelt, bietet sich fuer marc die vermeintliche moeglichkeit, etwas gut zu machen. doch in wirklichkeit treibt der protagonist damit nur den eigenen untergang voran. wie schon bei 'die rastlosen' folgt auf einen flotten start ein eher duestereres ende, was zwar nicht fuer ein schlechtes buch sorgt, aber doch den lesespass zunehmend ernsthafter werden laesst. mal schauen, vielleicht kehrt djian mit seinem aktuell in frankreich erschienenen musik-biz-roman 'love story' wieder in zugaenglichere gefilde zurueck. als ich - reichlich spaet - letztes jahr auf ein iphone umstieg, war das fuer mich ein echtes ahaerlebnis. anders verhaelt es sich mit dem ipad: sicherlich, das geraet ist ganz huebsch, aber ueber den ultimativen anwendungszweck bin ich mir noch immer nicht im klaren. das liegt sicherlich auch an meinen anspruechen, denn bei meinem hohen musik- und buchkonsum bleibt fuer sonstiges online-entertainment wenig zeit. am ehesten koennten sich musik-apps eignen, um mich von den vorteilen von tablet-rechnern zu ueberzeugen. in der tat stehe ich dieser apps-kategorie auch recht aufgeschlossen gegenueber. peter gabriels 'musictiles app' war schon einmal eine schoene spielerei und bob dylans 'bootleg app' bietet interessante zusatzinfos zur musik. so richtig toll geraten ist nun aber 'the bermuda tapes', eine app, die sich mit john lennons segeltrip zu den bermuda-inseln 1980 beschaeftigt. in einer wunderschoen anzuschauenden mischung aus animationen, video-schnipseln und visualisierten infos wird die segelreise als overtuere zur letzten schaffensphase des beatles dargestellt und eine reihe nicht nur fuer fans hochinteressanter demo-aufnahmen mitgeliefert. gaebe es mehr apps dieser machart, koennte hier tatsaechlich ein mehrwert fuer musikfans liegen. aber fuers erste bleibe ich lieber einmal skeptisch. aethiopier billigen sich gerne einen sonderstatus in afrika zu: seit urzeiten christlich, mit eigener schrift und zeitrechnung, niemals kolonisiert und auch vom ethnischen erbe her nicht ganz den ostafrikanischen nachbarn zugehoerig. interessanterweise trifft das zum teil auch auf die diaspora zu, die vor allem an der amerikanischen ostkueste stark vertreten ist und dort nicht zuletzt durch ueberdurchschnittlichen integrations- und erfolgswillen auffaellt. diese these wuerden zumindest einige der von dort stammenden musiker mit aethiopischen wurzeln bestaetigen, allen voran die in washington ansaessige nusoul-interpretin wayna, die bereits 2004 ihr debutalbum vorlegte. album nr. 3, 'the expats', ist nun eindeutig das meisterwerk der saengerin. endlich erhaelt ihr jazziger soul, unterstuetzt durch erstklassige live-musiker, mehr biss und besorgt sich aus verwandten stilrichtungen zusaetzlichen farbenreichtum. so reicht das spektrum von latin ueber dub reggae und ethiojazz sounds bis hin zu retro-soul und sorgt fuer eines der besten black music alben des jahres. neben wayna gibt es auch tolle neue musik von anderen us-kuenstlern mit aethiopischem background: die ausnahmeweise aus san francisco stammende singer/songwriterin meklit hadero hat die angestammten akustischen jazzsoul-gefilde fuer ein album mit den aethiopischstaemmigen hiphoppern gabriel teodros und burntface unter dem namen 'copper wire' verlassen. und in philadelphia steht die ebenfalls singende songschreiberin marian mereba in den startloechern, deren erste ep 'room for living' zwar noch etwas unreif wirkt, die mit dem dazugehoerigen remix-album aber zeigt, welches potenzial ihre sowohl beim singen wie rappen sehr sinnliche stimme besitzt. auch auf seinem letzten offiziellen foto unverwechselbar: postskript 15.11.: dass mit lou reed einer der ganz grossen den hut genommen hat, zeigt sich auch daran, wie man in den letzten tagen immer wieder auf hochspannende details zu dem mann stossen konnte, die zumindest mir vorher so gar nicht aufgefallen waren: • reed war auch in den letztem monaten hochaktiv und auf der hoehe der zeit. so rezitierte er im juni in cannes aus 'the raven', aeusserte sich am gleicher stelle zu den nsa-enthuellungen und schrieb im juli eine grossartige review ueber kanye wests album 'yeezus', die auch einen augenzwinkernden blick auf die eigene karriere enthielt: 'I have never thought of music as a challenge — you always figure, the audience is at least as smart as you are. You do this because you like it, you think what you're making is beautiful. And if you think it's beautiful, maybe they'll think it's beautiful. When I did Metal Machine Music, New York Times critic John Rockwell said, "This is really challenging." I never thought of it like that. I thought of it like, "Wow, if you like guitars, this is pure guitar, from beginning to end, in all its variations. And you're not stuck to one beat."' laurie anderson, lou reeds lebenspartnerin waehrend der letzten zwei jahrzehnte, hat fuer den rolling stone einen bewegenden beitrag geschrieben, in dem die performancekuenstlerin nicht nur die letzten monate revue passieren laesst, sondern auch den ort ihres kennenlernens benennt: muenchen, wo reed und anderson 1992 an dem von john zorn kuratierten 'munich art project' teilnahmen (fast haette ich mir nach meinem ersten lou-reed-konzert in dem jahr auch fuer das kunst-event eine karte gekauft!). interessanterweise existieren von dem festival im gasteig sowohl von lou reed wie auch von john cale ausgezeichnete bootlegs. • und schliesslich stellte der muenchner journalist dirk wagner in der aktuellen inmuenchen in einem beitrag zu der rubrik 'meine platte' den hochspannenden link zwischen lou reed und bruce springsteen her: der boss ist auf reeds 1978er album 'street hassle' mit einem cameo-spoken-word-beitrag vertreten (mehr dazu hier). also habe ich mir gleich das in meiner sammlung noch fehlende album besorgt - und wurde einmal mehr mit einem exzellenten stueck rockmusik belohnt. danke lou. • interessant, wie sich die leute in die irre fuehren lassen: arcade fire stellen fuer das neue (doppel)album 'reflektor' einfach mal lcd-soundsystem-kopf james murphy an die regler und schon sprechen alle von der neuen dancefloor-orientierten richtung der band. das mag vielleicht fuer den titelsong und ein paar weitere tracks zutreffen, doch alles in allem sind arcade fire sicherlich nicht mit einem mal zu daft punk mutiert. und andere bands der nullerjahre wie bloc party, the rapture oder foals haben sich schon viel frueher und mutiger an einer verschmelzung von indie und electro versucht. trotzdem klingen arcade fire auf 'reflektor' anders, was vor allem an der reduzierten indie-seligkeit und den auf maxiformat ausgedehnten songs liegt. auch inhaltlich gehoert bei dem album das legen von falschen faehrten offensichtlich zum programm - nur so laesst es sich erklaeren, dass drei beitraege im guardian/observer innerhalb von zwei tagen 'reflektor' als 'death disco', 'whining about being a hugely successful rock star' und album ueber eine 'relationship in disarray' bezeichnen. und doch muss man zugeben, dass diese musikalische und textliche deutungsbreite einen gewissen reiz ausstrahlt und es arcade fire damit geschafft haben, auch auf album nummer vier weiterhin spannend zu bleiben. netz-polemik #1 mit der postmoderne ist's immer so eine sache. als ich selbst mit einer diskursanalyse zur deutschen einwanderungspolitik promovierte, genoss ich die chance zu einem rundumschlag gegen den zeitgeist. als leser von thomas pynchons neuem roman 'the bleeding edge' muss man sich dagegen ganz schoen anstrengen, um im gewirr der anspielungen, insider-jokes, stilbrueche und nebenfiguren nicht den roten faden zu verlieren wenn es einen solchen ueberhaupt gibt. denn erwartungsgemaess loest pynchon sein 'whodunnit' rund um eine betrugsermittlerin, die im umfeld von 9/11 auf ein sehr verdaechtiges dotcom mit dem schoenen namen hashlingrz stoesst, nicht auf. im bewusstsein des lesers bleibt dafuer das anregende spiel mit nicht zu schwach gespannten spannungsboegen, die sympathisch hemdsaermlige hauptfigur maxine tarnow sowie sowie jede menge new-york-impressionen verschiedenster couleur. sowie last not least als subtext des romans eine nicht zu zimperliche abrechnung mit dem world wide web. was die moeglichkeit einer wiederkehr der sixties-subkultur haette sein koennen, sieht pynchon schon in seiner genesis durch den militärisch-industriellen komplex der usa korrumpiert. und dass sich waehrend der dotcom-aera das internet in windeseile den spaetkapitalistischen funktionsmechanismen unterwarf, macht die sache auch nicht besser. so fungiert in pynchons roman die zeitliche koinzidenz zu 9/11 als sinnbild fuer den gespiegelten suendenfall der usa im cyberspace. so, und weil es so schoen passt, mache ich mich jetzt an die aktuellen werke von jonathan franzen und dave eggers. rip lou reed mit lou reed war es bei mir liebe auf den ersten blick: 1989 kaufte ich mir im jugoslawienurlaub reeds album 'new york', das bis heute fuer mich eine der perfektesten rockplatten ist. kurz darauf stiess das debutalbum der velvet underground zu meiner plattensammlung. bis ich das richtig kapierte, dauerte es aber eine weile. 1992 sah ich lou reed zum ersten mal live, in der muenchner philharmonie. es war saulaut, streckenweise ganz schoen duester (reed betourte damals gerade sein verlust-album 'magic and loss', das ich mir sicher auch in diesen tagen wieder anhoeren werde) aber auch auf jeden fall sehr cool. und auch wenn ich in den folgenden jahren mal nicht ganz so viel lou reed hoerte, gab es immer genug anlaesse, um mein fantum wieder zu bestaerken: der bezug der 2005er britrocker auf velvet underground, philippe djian, der in 'doggy bag' grossartig ueber reeds 'makellose stimme' schreibt oder auch garland jeffreys, der seinen freund ueber fuenf jahrzehnte auf seinem comeback-album 'the king of in between' featurete. live sah ich reed weiter 2003 auf seiner 'the raven'-tour im herkulessaal (mit tai-chi-meister und einem damals noch gaenzlich unbekannten anthony hegarty), 2005 mit seiner 'berlin'-wiederauffuehrung in der philharmonie und schliesslich im letzten jahr auf tollwood, 'from vu to lulu' (mit dem nun uneingeloesten versprechen: 'i promise to come back and play munich again'). damals war reed schon sichtlich kein besonders gesunder mann mehr. mit tai-chi-moves auf der buehne wollte er wohl nicht nur dem publikum, sondern auch sich selbst staerke vermitteln, auf die es ihm so sehr ankam. doch die stimme war da wie immer und auch die neuen songs vom metallica-collaboration-album 'lulu' zeigten mit ihrer mischung aus ewiggueltigem lou-reedthemen und neuem biss, dass das feuer noch loderte. gerne haette ich mir noch mehr alben und konzerte von ihm gewuenscht. doch was soll's, sentimentalitaeten haette lou sicher nicht gewollt. als ich zum ersten mal bob dylan's letztjaehriges album 'tempest' hoerte, hatte ich so einen paul-mccartney-effekt circa zur zeit von 'abbey road': es war mir, als haette jemand dylan ausgetauscht und wuerde nun ein geschickter nachahmer unter seinem namen veroeffentlichen. denn nachdem dylan sich seit dem 1997er album 'time out of mind' in alterswuerdiger, musikalisch mit nostalgie versehener gravitas geuebt hatte, kam 'tempest' auf einmal in ueberraschend bunten farben daher und erinnerte mich an eine art popmusikalisches 'pulp fiction'. davon, dass dylan nicht ausgetauscht wurde, konnte ich mich nun im berliner tempodrom ueberzeugen - auch wenn der mann zum ersten mal seit jahren ohne hut auftrat, sorgten das charakteristisch kauzige auftreten und vor allem die unnachahmliche stimme doch fuer eindeutige klarheit. aber sonst hatte sich im vergleich zum meinem letzten dylan-konzert vor zwei jahren vieles geaendert: die sonst dominierenden lang ausgedehnten, elektrifizierten blues-jams waren vollstaendig verschwunden. an deren stelle trat eine neue oekonomie, die durch wenige solos, konzentration auf die songs und eine laengere tracklist (allerdings mit pause) gekennzeichnet wurde. musikalisch koennte man den konzertabend am besten mit dem etikett roots-rock umschreiben, wobei dylan auffaellig oft in der mitte der buehne mit mundharmonika mal den crooner, mal den rocker gab. zusammengenommen gab das einen erstaunlich aufgeraeumten auftritt, der im vergleich zu frueheren jahren vielleicht etwas an dichte vermissen liess, dafuer aber mit dem hohen anteil an neuen liedern beeindruckte (14 der 19 gespielten songs stammten aus dylans spaetphase seit 'time out of mind', vom neuen album 'tempest' wurden ganze sechs songs gespielt). somit verwundert es nicht, dass meine konzert-highlights fast allesamt neuware sind: ein bedrohlich verdichtetes 'pay in blood', der schoene drive von 'duquesne whistle', der muntere reigen von 'long and wasted years' sowie als zugabe zwei erstaunlich geradlinige versionen von 'all along the watchtower' und 'blowin in the wind'. waere mehr doch wohl mehr: dass josephine oniyama bei ihrem ersten muenchenauftritt auf der buehne des milla nur in begleitung eines gitarristen erschien, fand ich ein bisschen schade. schliesslich lebte ihr im letzten jahr erschienenes grossartiges album 'portrait' ja gerade vom wechselspiel zwischen den folkigen songs und deren spannender instrumentierung. zudem ist die singer-songwriterin aus manchester offensichtlich auch ein typ, der es durchaus gebrauchen koennte, etwas aus sich herausgebracht zu werden. und josephines musikalischer begleiter 'steve' war dafuer eindeutig nicht der richtige mann, sondern schaffte es im verlauf des konzerts sogar trotz handwerklicher finesse foermlich vor den augen des publikums zu verschwinden. dennoch: josephine hat tolle songs und eine mindestens genauso tolle, einzigartige stimme. und wenn sie dann laechelnd in ihren songs versank, ging von der zierlichen person aus nordengland ein strahlen aus, das gut erklaert, wie josephine es geschafft hat ueber viele jahre hinweg an ihrem musikalischen traum festzuhalten. durch das konzert stiess ich uebrigens auch auf die neue, sehr gelungene josephine-single 'desert without a stream', die einmal mehr zeigt, die spannend sich die saengerin inzwischen im kontext breiter pop-arrangements bewegt. und noch ein (einund)siebzigjaehriger, der bei mir fuer begeisterung sorgt: paul mccartney ist mit seinem neuen album 'new' zurueck in zeitgemaessen pop-gefilden und hat damit die absolut richtige entscheidung getroffen. zwar hatten auch die letzten, sich eher in altherrenmelancholie uebenden macca-alben ihren reiz (und seit johnny cash wird das ja auch von jedem musiker jenseits der 60 erwartet). doch mccartney war und ist nun einmal das popgenie und so macht es auch absolut sinn, dass er sich mit hilfe von jungen producern wie paul epworth und mark ronson auf die hoehe der zeit bringen laesst. allzu gravierend ist deren einfluss ohnehin nicht - paule bleibt paule und erinnert auf 'new' mal an die beatles, mal an die wings und hin und wieder auch erfreulich an seine experimentellen seiten. darueber, dass garland jeffreys wieder platten macht, habe ich mich in diesem blog ja schon an der einen oder anderen stelle gefreut. umso schoener, dass es nun auch im fast nebenan gelegenen hirsch-club in nuernberg die moeglichkeit gab, den mann live zu sehen. in klassischer gitarre-bass-drum-keyboard-besetzung ueberraschte mich jeffreys mit einem ganz schoen hart rockenden gig. zum einen weil die aktuelle platte 'truth serum' deutlich ruhiger klingt, zum anderen weil der new yorker in diesem jahr auch schon 70 jahre alt geworden ist, wie er selbst betonte: 'rocking at seventy is an experience everyone should try out' - ich werde mich auf jeden fall daran erinnern, wenn es so weit ist. auch sonst plauderte jeffreys viel zwischen den songs, kam wiederholt ins - leider eher spaerliche - publikum um mit den fans auf tuchfuehlung zu gehen und vermittelte so den eindruck eines musikers, dem seine arbeit und die menschen, die er dabei trifft, grosse freude bereiten. fuer gute amtosphaere war somit gesorgt und auch musikalisch gab es zwischen vielen neuen songs, klassikern aus vier jahrzehnten und einigen langen reggae-jams jede menge substanz. zum schluss spielte garland jeffreys noch seine zwei groessten hits 'hail hail rock'n'roll' und 'matador', beide in sehr herzblut-haltigen und deshalb auch ausgesprochen frisch wirkenden versionen. wer wuerde es sich nicht wuenschen, mit 70 noch so cool zu sein?! als ich mir 1989 die pogues-lp 'peace and love' kaufte, aergerte ich mich ein bisschen ueber die songs, auf denen nicht shane macgowan die lead vocals uebernahm. die beitraege von gitarrist philip chevron schienen mir demgegenueber deutlich langweiliger und traditioneller. als ich dann anfang des jahres die autobiographie von producer tony visconti las und darin erfuhr, dass chevron als kopf der radiators eine der galionsfiguren des punk in irland war, nahm ich mir vor, mein urteil bei gelegenheit zu revidieren. gestern wurde nun der krebstod von phil chevron mitgeteilt. pflichtbewusst lud ich mir 'sound city beat', das im letzten jahr erschienene album von chevrons reformierten radiators from space herunter - und muss bekennen: der mann war ueberhaupt nicht langweilig, sondern so etwas wie die irische quersumme von joe strummer und mick jones. rip, phil chevron. musik fuer den herbst - angenehm waermend, aber eben auch unaufgeregt - liefert ayo mit ihrem neuen album 'ticket to the world'. die franzoesisch-deutsche saengerin mit afrikanischen wurzeln schaltet darauf im vergleich zu ihrem letzten album 'billie-eve' einen gang zurueck und erinnert mit betont einfachen songs bisweilen an tracy chapman. doch gibt es unter den 16 neue tracks auch genuegend soul-, hiphop- und reggae-gefaerbtes material, in dem ayos sinnliche soulstimme toll zur geltung kommt. noch einmal eine spur elegischer ist 'traces of you', das neue album von anoushka shankar. kein wunder, beschaeftigt sich die tochter von sitar-virtuose ravi shankar darauf doch schwerpunktmaessig mit dem tod ihres vaters im vergangenen jahr. zur hilfe stehen anoushka shakar dabei als producer der brite nitin sawhney - gekonnt und geschmackvoll wie immer sowie ihre halbschwester norah jones, die auf drei songs als saengerin dabei ist und fuer folkig-salonjazzige indo-amerikanische highlights sorgt. wiesn fuer mich als geborenen muenchner steckt die wiesn quasi in meiner dna - und trotzdem habe ich in den vergangenen jahren wiederholt (auch in diesem blog) mit dem oktoberfest gehadert. stichworte wie sauf-tourismus, ballermann-wiesn und 'muenchen kotzt' sollen hier genuegen. doch dieses jahr bin ich endlich wieder mit der wiesn versoehnt: denn auf einen bierzelt-besuch habe ich dieses mal verzichtet und stattdessen mit familie und freunden die freuden des oktoberfest genossen. als da waeren: steckerlfisch und hendl, brezn, eine mass wohlschmeckendes wiesnbier und nicht mehr, kinderriesenrad, muenchner rutschn und andere fuer 2-jaehrige geeignete fahrgeschaefte, kandierte aepfel, schokofruechte, wiesnherzen und gebrannte mandeln, das herzkasperl-zelt auf der alten wiesn, stehkaffee vorm cafe kaiserschmarrn, herbstsonne im gastgarten des winzerer faendl, schadenfreude im teufelsrad, zuschauen bei den speimaschinen, jede menge geraeusche, gerueche und geschmaecker sowie der blick von der bavaria auf das emsige oktoberfest-treiben. lange rede kurzer sinn: ich bin zuversichtlich, meine freude an der wiesn auch an die naechste generation weitergeben zu koennen. trifft sting nicht in dem gleichen mass auf ablehnung wie u2-weltretter bono, doch hip ist der ehemalige police-mann ebenfalls nicht. zu einem guten teil hat sich das sting selbst zuzuschreiben: seine arg mainstreamigen alben seit mitte der 90er jahre waren nicht gerade erste sahne und die zuletzt erschienenen orchester-versionen seiner greatest hits eher auf 'last nicht of the proms'-niveau. schade, denn mit seinen ersten drei nach dem ende von the police veroeffentlichten solo-alben 'the dream of the blue turtles', 'nothing like the sun' und 'the soul cages' schuf sting angenehm angejazzte, erwachsene und musikalisch hochkaraetige popmeisterwerke. an diese highlights knuepft der brite mit 'the last ship' nun endlich an. aus dem score fur sein im naechsten jahr startendes broadway-musical, das den niedergang der nordenglischen schiffbau-industrie mit einer tragischen lovestory verbindet, distillierte sting ein zumeist stilles, subtiles und auch schoen herbstliches pop-album. das wiederkehrende vater-sohn-thema verweist dabei auf 'the soul cages', jazzige popsongs wie 'practical arrangement' auf die kammerstuecke von 'nothing like the sun'. zusammengehalten wird das ganze von nordisch-maritimen klangfarben, die auch stings affinitaet zu british sea power plausibel machen. mit 'the last ship' ist sting jedenfalls eine schoene ueberraschung gelungen und fuer mich mich ist der pop-intellektuelle damit zurueck bei den guten. elvis costello ist mir schon so manches mal ueber den weg gelaufen: etwa als er ende der achtziger jahre mit paul mccartney songs fuer dessen album 'flowers in the dirt' aufnahm und selbst hochklassige werke wie 'spike' vorlegte. oder als ich mitte der noughties meine bildungsluecken in sachen new wave schloss und auf costello-platten wie 'my aim is true' und 'this year's model' stiess. dennoch funkte es nie so richtig - der brite war mir zu schwer fassbar und seine sprunghaften kollaborationen u.a. mit burt bacharach, allen toussaint und der klassischen saengerin anne sofie von otter machten die sache nicht besser. als ich nun auf 'wise up ghost', costellos collaboration-album mit dem hiphop-kollektiv the roots stiess, war ich also aeusserst skeptisch - und wurde doch total umgehauen: angefangen vom opener 'walk us uptown', der einen fiesen funk-breakbeat, dub-sounds und punkig-rotzige vocals miteinander verbindet, schlaegt das album eine bruecke, die es so eigentlich nicht gibt. elvis costello, 57-jaehriger postpunk-ueberlebender, und der eine generation juengere rootsmastermind questlove schaffen auf 'wiese up ghost' eine gleichermassen aufruettelnde wie coole musik jenseits aller genres. und da costellos songs mindestens genauso gut sind wie questloves superfette hiphop-beats, ist das album eine grosse empfehlung. eine veroeffentlichungspause von ganzen 14 jahren ging garland jeffreys letztem album 'the king of inbetween' bevor, das es dann auch prompt an die spitze meiner jahresbestenliste 2011 schaffte. fuer das nachfolgewerk 'truth serum' hat sich der new yorker saenger dagegen nur vergleichsweise kurze zwei jahre zeit gelassen - was sich auch am unterschiedlichen ergebnis bemerkbar macht: so ist die volltrefferquote nicht ganz so hoch wie beim 'king of inbetween', dafuer wirkt 'truth serum' aber deutlich geschlossener und aus einem guss. was aber nicht bedeutet, dass jeffreys auf seinen charakteristischen mix aus rock, soul, blues und reggae verzichtet. doch praegen 'truth serum' eine reihe 'reiferer' themen - garland jeffreys ist in diesem jahr 70 jahre alt geworden - sowie die warme produktion, zu der auch dylan-begleiter larry campbell beigetragen hat. teil zwei seines 24 songs umfassenden doppel-albums 'the ballad of boogie christ' hat nun joseph arthur nachgeliefert. nicht nur mit der materialfuelle, auch mit der klasse der wortgewaltigen lyrics und der abwechslungsreichen produktion ragt das werk unter den aktuellen neuerscheinungen heraus. 'act 2' des album versammelt dabei mehrheitlich rockigere tracks, die mal an springsteen, mal an den collegerock der spaeten 80er oder auch an das charisma von richard ashcroft erinnern. urlaubs-update wenn man sich fuer zwei wochen in ein 'krisen'-land wie italien aufmacht, ist man es wenigstens schuldig, sich mit der situation vor ort zu befassen. ich habe versucht, dem durch die lektuere zweier buecher genuege zu tun: zum einen 'storia della mia gente' von edoardo nesi, das ich mangels deutscher uebersetzung in der exzellenten us-ausgabe des verlags other press las. bis 2004 war nesi in einer doppelrolle als literat und erbe des familiaeren textilbetriebs taetig. in 'the story of my people' berichtet der schriftsteller ueber die gruende, die ihn zum verkauf seines unternehmens zwangen: globalisierung, die ruinoese italienische wirtschaftspolitik und der allgemeine niedergang des westeuropaeischen marktwirtschaftlichen modells. nesis buch ist dabei ein gluecksfall eines non-fiction-titels, der so glaenzend geschrieben ist, dass man ihn wie einen roman verschlingt. um diese bestandsaufnahme der nullerjahre in der gegenwart fortzusetzen, widmete ich mich dann dem gespraechsband '5 sterne', in dem sich beppe grillo, dario fo und gianroberto casaleggio ueber die gleichnamige bewegung austauschen. auch wenn ich nicht mit allen ideen der 'grillini' uebereinstimme, haben die 'cinque stelle' von der internatbasierten direktdemokratie ueber ein nachhaltigeres wirtschaften bis hin zur konsequenten korruptionsbekaempfung viele gute ansaetze. und vor allem - im gegensatz beispielsweise zu den deutschen piraten - einen charismatischen und visionaeren anfuehrer. schade, dass man ueber diese spannende politische bewegung bei uns sonst nur sehr wenig und sehr einseitig informiert wird. auf dem ipod begleitete mich zunaechst 'another self portrait', teil 10 von bob dylans 'bootleg series' in den urlaub. geboten wird eine unglaubliche materialfuelle: 35 outtakes des umstrittenen fan-vergraulungs-albums 'self portrait' von 1970 sowie der angrenzenden einspielungen 'nashville skyline' und 'new morning'. zudem gibt es das komplette 18-song-set von dylan und the band beim 1969er isle of wight-festival. wie bei vielen vergleichbaren veroeffentlichungen, geht es auch bei 'another self portrait' um historischen revisionismus: abgespeckte akustik-versionen sollen belegen, dass dylan 1969/70 keinesfalls musikalischen schrott produzierte, sondern auf einer interessanten suche nach seiner stimme war und dabei gewissermassen zufaellig das americana-genre miterfand. naja. aber immerhin sind einige der neu ausgegrabenen songs wirklich huebsch und das isle-of-wight-set praesentiert viele dylanklassiker im typisch archaisch-ruralen the-band-sound. desweiteren gab es waehrend der urlaubstage das comeback von pete doherty und seinen babyshambles in form des neuen albums 'prequel to the sequel'. nach mehreren jahren, in denen doherty durch null kreativitaet, dafuer aber immer absurdere mediengeschichten auffiel, hatte ich die band eigentlich abgeschrieben. doch schaffen es babyshambles mit dem neuen album unglaublicherweise, wieder zu begeistern. es sind zwar nicht mehr die von doherty im drogensumpf scheinbar muehelos herausgeschleuderten perlen, die serviert werden. vielmehr merkt man, dass in 'prequel to the sequel' viel anstrengung und auch viel schweiss saemtlicher babyshambles-mitglieder steckt. trotzdem zeigt das ergebnis, wie gut der britrock von 2005 auch heute noch klingen kann. abgerundet wurde der musikalische urlaubsreigen schliesslich noch durch den schoen melancholisch-foligen country-rock, den die hank williams-enkelin holly williams auf ihrem album 'the highway' bietet. sein 2010er hit 'alors on danse' war weit mehr als nur chartfutter, sondern eine geniale verbindung von brel'scher schwere und synthetischer eurodance-euphorie. auf seinem neuen album 'racine carrée' erweitert stromae nun seine klangpalette um afrikanischen pop, soul und akustik-sounds. bis auf ein paar zu sehr am - heutzutage erstaunlich uneleganten franzoesischen hip hop angelehnte tracks in der albummitte gefaellt mir das ausgesprochen gut. fuer ein ganzes neues album hat es zwar leider nicht gereicht, doch zeigen bloc party mit der ep 'the nextwave sessions' noch einmal, was fuer eine tolle band sie sind. nach dem forcierten 'live'-sound des letzten albums 'four' fuehrt der weg nun direkt in das ende der nullerjahre, als bloc party wie keine andere band indie-rock und brandaktuelle clubtrends verbanden. auch die fuenf (mit itunes-bonus: sechs) neuen tracks klingen absolut zeitgemaess und ueberzeugen mit unverwechselbarem urbanen flair. ich habe nun einmal ein faible fuer klangkuenstler, die ihre songs mit atmosphaerischen soundscapes und gerne auch mit ethno-einsprengseln ausschmuecken. zum beispiel peter gabriel. zum beispiel sigur ros. zum beispiel aber auch david bridie. der ehemalige kopf der australischen 80er-jahre-band not drowning, waving hat sich ein ganz eigenes sounduniversum geschaffen, das mit verhallten pianoklaengen die ganze melancholie des pazifikraums einfaengt. seine skills stellt bridie in den dienst des bandprojekts my friend the chocolate cake oder auch als produzent fuer australisch/ozeanische roots-kuenstler wie telek oder frank yamma. am besten ist bridie aber solo, vor allem wenn er wieder einmal eine so gute sammlung an songs hat, wie auf seinem neuen album 'wake'. als ich vor ein paar jahren mein interesse an den unter dem etikett dubstep zusammengefassten londoner bass-sounds entdeckte, fand ich es gleich etwas schade, dass ich nicht frueher darauf gekommen war: die bahnbrechenden veroeffentlichungen waren bereits auf dem markt und neben vielen guten neuen releases begannen kommerziell ausgerichtete acts auch bereits damit, dem genre den todesstoss zu versetzen. heute sind die von mir geliebten melancholischen grosstadt-dubstep-sounds tatsaechlich schon wieder geschichte. aber zwei aktuelle neuveroeffentlichungen zeigen, dass das vielleicht gar nicht so schlimm ist - schliesslich entwickelt man sich auch selbst weiter und ist melancholie fuer sich gesehen ohnehin nicht die zu bevorzugendste gemuetsverfassung ;-) diesen schluss legen zum einen alunageorge nahe. das producer-vocalist-duo aus london hat soundtechnisch alle bassmusik-lektionen der letzten jahre verinnerlicht und stellt diese doch ganz in den dienst typisch britischer soulpop-klaenge. herrscht draussen dann auch noch wunderbares sommerwetter, ist das alunageorge-debut 'body music' der perfekte soundtrack. mit ihrem vor drei jahren auf dem hyperdub-label veroeffentlichten debut gehoerte ikonika noch zur dubstep-speerpitze. auf dem nachfolgeralbum 'aerotropolis' weckt die londoner producerin mit dem buergerlichen namen sara abdel-hamid nun assoziationen an die klassiker des elektronik-genres wie das yellow magic orchestra, italo-pop und fruehen house. doch hat sich ikonika ihren sinn fuer raumeffekte bewahrt und schafft damit eine ansprechende mischung zwischen club-atmosphaere und sounds fuer die naechste fahrt im heathrow express. mit dubstep nichts am hut, sondern lediglich ebenfalls diese woche auf meinem ipod sehr beliebt, ist die daenische band pinkunoizu. auf ihrem album 'the drop' ueberzeugt das quartett aus kopenhagen mit langen, repetitiven tracks zwischen krautrock, nordischer psychedelik und indie-state-of-the-art. ein sommer-soundtrack der anderen art. update erst urlaub, dann krank. aus einer urspruenglich geplanten auszeit von zwei wochen wurden so schnell vier wochen - und damit jede menge stoff fuer ein etwas ausfuehrlicheres kultur-update. was neue musik betrifft, fange ich am besten mit willie nile an. der new yorker rock'n'rollpoet setzt auch auf dem neuen album 'american ride' seine vor sieben jahren mit 'streets of new york' begonnene kuenstlerische wiederauferstehung fort. einmal mehr treffen bildkraeftige songtexte à la dylan auf kraftvollen rock irgendwo zwischen springsteen und the clash: ein weiteres tolles songwriter-album liefert joseph arthur mit 'the ballad of boogie christ' ab. dabei handelt es sich bei den 12 nun digital veroeffentlichten songs erst um den 'ersten akt' einer 24 songs umfassenden, fuer september geplanten doppel-cd. bei so viel stoff sind gelegentliche laengen nicht unvermeidbar, doch groesstenteils bietet der in brooklyn ansaessige songwriter erstklassige ware: texte, die mit wortkaskaden und bildgewalt auftrumpfen, grosse melodien und dazu eine packende darbietung, die keinen rock-fan unberuehrt laesst. unter der sommersonne der balearen entfaltete auch 'the weight of your love', album nr. 4 der editors, eine durchaus angenehme wirkung. die dringlichkeit der fruehen tage hat die band zwar offensichtlich verloren, dafuer gibt es nach dem etwas halbgaren vorgaengeralbum nun immerhin wieder solide durchkomponierte songs. zurueck zuhause wusste der keller steff seinen status als mein inzwischen liebster heimischer act zu bestaetigen. 'langsam pressiert's', das dritte album des liebenswert durchgeknallten liedermachers aus dem chiemgau bietet eine gute mischung aus hochtourigen, ueberraschend rockigen nummern und stimmungsvollen akustik-tracks. hoerproben gibt's hier. ueber den grossartigen blog okayafrica bin ich auf alysha brilla, tansanisch-kanadische amywinehouse-wiedergaengerin aus ontario, gestossen. neben amy erinnert die singersongwriterin auch an nelly furtado und susanna hoffs, bietet auf ihrem album 'in my head' aber dennoch einen angenehm eigenstaendigen jazzig-souligen akustik-pop. krank@home hatte ich von dem schoenen sommerwetter der letzten tage nicht allzuviel, doch auch wenn man das bett huetet, bietet sich reggae als begleiter fuer strahlende sonnentage an. gerade recht kam da die die neue ep 'dub don't live here anymore' des britischen kollektivs dub colossus. die bislang stark ethio-jazz-inspirierten sounds der band bleiben fuer einmal aussen vor, dafuer gibt es grossstaedtischen dubreggae mit einfluessen aus funk, jazz und afrobeat. als positive musikalische sommer-ueberraschung erwies sich schliesslich das comeback von razorlight-frontmann johnny borrell. wer haette gedacht, dass ausgerechnet der als grossmaul bekannte britrocker das feingefuehl hat, seine ziemlich pompoesen, zwischen fruehem rock'n'roll, doowop und dexys midnight runners angesiedelten neuen songs in abgespecktluftigen arrangements zu praesentieren? doch auf 'borrell 1' (referenz an den post-beatles paul maccartney?) tut der razorlight-gruender genau das und schafft mit seiner auf piano, saxophon und lagerfeuer-percussion reduzierten franzoesischen backing-kombo zazou einen originellen und lebensfrohen sound. neben soviel musik aus der konserve schaffte ich es zwischendurch noch auf das konzert von beady eye im backstage. liam gallagher's extreme coolness wirkte auf der buehne der konservendosengrossen backstage-halle zwar etwas gewoehnungsbeduerftig. doch das begeisterte publikum und der aussergewoehnlich animierte ex-oasis-frontmann sorgten fuer ein tolles rock-konzert, das die vom beady-eye-album 'be' signalisierte rueckkehr zur form eindruecklich bestaetigte. schliesslich hatte ich in den letzten wochen auch einige zeit zu lesen: martin suters neuer krimi 'allmen und die dahlien' erwies sich als die erwartet anregend-leichte urlaubslektuere; mit ray bradburys 'fahrenheit 451' schloss ich nicht nur eine bildungsluecke, sondern entdeckte fuer mich auch einen ebenso packenden wie klarsichtigen autor; 'the autobiography' von saenger rod stewart entpuppte sich als ueberdurchschnittlich gut geschriebenes, humorvolles stueck rock-biografie, das auch die laengst vergessenen musikalischen meriten seines schoepfers in ein - verdientermassen guenstiges licht rueckt; ebenfalls eine bildungsluecke habe ich mit dem 'gattopardo' von giuseppe tomasi di lampedusa geschlossen, aber mehr noch einen absolut begeisternden und hinreissenden roman genossen; und schliesslich bot die grossartige chimamanda ngozie adichie mit ihrem neuen roman 'americanah' fundierte, kontinentuebergreifende einblicke in das 'heisse' thema rasse - und das mittels eines glaenzend geschriebenen romans. musik-update auch auf 'more tales from the observatory', der zweiten veroeffentlichung aus der letztjaehrigen zusammenarbeit von lee scratch perry und the orb, funktioniert das aufeinandertreffen der liebenswert verrueckten reggae-legende und dem techno-duo ganz praechtig. einziges manko: mit nur 5 vocal-tracks und 5 instrumentals ist 'more tales from the observatory' eher eine ep als ein vollwertiges album. beady eye's zweite album-veroeffentlichung 'be' ist das beste, das mindestens seit 2005 aus dem oasis-lager kommt. dass us-producer dave sitek (tv on the radio) einen interessanten gegenpol zum brit-sound von liam gallaghers post-oasis-kombo liefert, wurde wiederholt anerkannt. doch wird sitek auch ganz betraechtlich ueberschaetzt und bietet 'be' viel mehr als nur interessante no-wave-texturen. was das album so gelungen macht, ist vor allem, dass liam endlich mal wieder im hier und jetzt gelandet ist und songs abliefert, die zum teil direkt an 'what's the story (morning glory)' anknuepfen. das neue sigur ros album 'kveikur' erscheint nur ein jahr nach dem vorgaenger 'valtari', zeigt die band aber an einem ganz anderen punkt: an stelle einer meditativen aura herrscht auf 'kveikur' eher zeitgeistigkeit. typisch weihevolle gletscher-klaenge treffen auf aktuelle rockbeats und tribal-artige passagen. duester, wie es verbreitet heisst, finde ich das nicht unbedingt. dafuer klingen sigur ros angenehm diesseitig und haben sich auch eine reihe tolle songs einfallen lassen. live gab sich in der olympiahalle alicia keys ein stelldichein. mrs. perfect ist zwar weiterhin kein geborenes buehnentier, schafft es mit ihrer ausdrucksstarken stimme aber doch immer wieder den zuhoerer zu beruehren. zudem verfuegt keys inzwischen ueber eine beeindruckende kette an hits, die aus dem konzert am ende eines makellosen sommertags ein sicheres spiel machen. als support-act liess der 'indie-r'n'b'-newcomer miguel aufhorchen (und aufsehen). die tanz-moves von michael jackson treffen bei dem saenger auf den 80er-sound von prince. dazu gibt eine buehnenpersoenlichkeit, die ein erfrischendes mass an rockige rebellenattituede in den r'n'b klingt. wuerde mich nicht wundern, wenn man von miguel noch einiges hoert. zum 20-jaehrigen jubilaeum der muffathalle (gibt anlass zu angenehmen erinnerungsflashbacks) spielte dort unter anderem jimmy cliff auf. nach dem gelungenen alterswerk 'rebirth' im letzten jahr und der verbindung zu meinem neuen reggae-favoriten joe higgs wollte ich cliff unbedingt ma live sehen. der 65-jaehrige reggae-godfather praesentierte sich als profi-unterhalter mit jeder menge energie und jagte mir spaetestens mit 'many rivers to cross' trotz der hitze wohlige schauer ueber den ruecken. kurios fand ich allerdings den johnny-cash-effekt: auch der zog noch nach beginn seiner zusammenarbeit mit rick rubin mit seiner grossen country-revue ueber die lande. genauso war auch bei dem auftritt von jimmy cliff wenig von dem von rancid-mastermind tim armstrong inszenierten retro-alterssound zu spueren. interessanter standpunkt (aus der gestrigen nzz am sonntag): manchmal faellt der groschen erst etwas spaet: da bin ich gerade beim neil young konzert in der waldbuehne berlin angekommen, als auch schon die vorband anfaengt. der gitarrenlastige bluesrock des openers liegt gar so weit vom crazy horse-sound entfernt und klingt bestens eingespielt. obwohl die band ziemlich nach alten saecken ausschaut, beschliesse ich also mir das ganze aus der naehe anzusehen. auch der zweite song ist nicht schlecht und der dritte sogar noch besser: 'will the wolf survive' - moment, sind das nicht ... los lobos?! hut ab vor neil young, mit den kalifornischen tejano-rockern hat er sich eine der besten bands ueberhaupt als opening act eingeladen. das scheint auch der mann am mischpult zu bemerken und kurioserweise wird der anfangs exzellente sound im laufe des sets von los lobos immer durchwachsener. dennoch freue ich mich, dass ich die band - ganz schoen gealtert, aber auf den zweiten blick eine ansammlung von big-lebowski-artigen typen - endlich einmal live sehe. zum abschluss gibt es den signature song der band, 'la bamba', noch in einer ausgedehnten und fast schon mit punkiger energie aufgeladenen version. nach einiger wartezeit folgen dann neil young und crazy horse. in seinem buch 'waging heavy peace' ist die wiedervereinigung mit crazy horse ja so etwas wie die alles loesende conclusio: young ist ende 60, nach dem start in ein abstinenzler-dasein fuerchtet er um seine kreativitaet und da erscheint ihm das zusammenspiel mit seiner fuer harten rock und mystische feedback-orgien beruehmten garagen-kombo crazy horse als eine quasikarthatische wiederbelebung. wenn man neil young und seine drei bandkollegen rhythmusgitarrist poncho sampedro, bassist billy talbot und schlagzeuger ralph molina - sieht, kann man das schnell nachvollziehen. ab dem ersten song performen die vier trotz der grosszuegigen weite der buehne in einem engen kreis, die gitarren bleiben bis auf wenige ausnahmen auf das maximum aufgedreht und young laesst sich in seinen charakteristischen gitarrensoli von der begeisterung des moments weit wegtragen. auch wenn ich weiterhin eher ein neil young outsider bleibe, ist das doch sofort als einer der absolut charakeristischen rocksounds identifizierbar. neben klassikern ('love and only love', 'powderfinger', 'cinammon girl') gibt es zu meiner freude vor allem stuecke des letztjaehrigen albums 'psychedelic pill', von denen vor allem 'walk like a giant' und 'ramada inn' noch grossartiger klingen als auf platte. schoen ist auch der neue song 'hole in the sky' sowie der solo-akustikteil mitten im konzert, bei dem young neben 'heart of gold' und 'singer without a song' auch ueberraschend bob dylans 'blowin' in the wind' covert - eventuell sogar die beste live-version, die ich je von dem song gehoert habe. zum abschluss gibt es dann 'hey hey, my my (into the black)', aber da mache ich mich dann auch schon wieder auf den weg ins hotel. denn soviel sympathie ich inzwischen auch fuer neil young habe und so gut das konzert auch war: zu einem echten diehard-fan werde ich offensichtlich nicht mehr. die abschiedsvorstellung eines alternden musikstars fuehlte sich der auftritt von salif keita beim (wegen hochwasser von den mainwiesen in die 'posthalle' verlegten) africa festival in wuerzburg nicht an. treibende tanzbeats sorgten vielmehr fuer einen geradezu verjuengten star des abends. dennoch hatte der 63-jaehrige keita beim erscheinen seines aktuellen albums 'tale' erklaert, sich nach einer letzten tournee zur ruhe setzen zu wollen. vielleicht ist es nur koketterie, aber falls es keita mit dem ruhestand doch ernst ist, hat er in wuerzburg eine so konsequente wie kongeniale abschiedsvorstellung gegeben. denn keita zaehlt zu den grossen erneuerern der afrikanischen musik: in den fruehen 70er jahren begruendete er als saenger der rail band die moderne musik malis und legte spaeter von abidjan aus mit dem ambassadeurs das fundament fuer den afropop. in paris veroeffentlichte keita mit seinem solo-debut 'soro' mitte der 80er einen bis heute makellosen afro-synthi-funk klassiker und spielte danach mit carlos santana und joe zawinul. bei meinem ersten salif keita konzert 1996 hatte er seinen afropop-sound mit einer exzellent besetzten band perfektioniert und nahm in dieser besetzung auch das wunderbare album 'folon' auf. auf der folgenden tour sah ich keita 1997 in paris - ein ganz besonderes erlebnis. schon kurz spaeter war der saenger wieder in der muffathalle zu gast, dieses mal mit einem vollkommen anderen sound: in new york hatte er u.a. mit living colour-gitarrist vernon reid das album 'papa' aufgenommen und praesentierte nun laute rockklaenge. es folgten die rueckbesinnung auf akustische roots-sounds, remix-alben sowie sessions mit dem americana-producer joe henry. mit 'tale' kehrte salif keita zum afropop zurueck - allerdings in einer topmodernen von gotan project mastermind philippe cohen solal produzierten, clubtauglichen version. diesen sound praesentierte keita nun auch beim africa festival: mit einer band bestehend aus einem fuer beats und loops zustaendigem dj, zwei percussionisten, elektrischer gitarre und ngoni wurden salif keita klassiker wie 'mandjou' und 'wamba' gewissermassen gleich als house/funk-remix interpretiert. kurze verschnaufpausen boten die etwas aelteren - aber gleichfalls modernisierten - songs 'la difference', 'souareba' und das als hommage an die im letzten jahr verstorbene, auf dem studio-original als duettpartnerin vertretene cesaria evora gespielte 'yamore'. der schwerpunkt des konzerts lag aber auf den liedern des aktuellen albums, die in hochenergetischen, oft lang ausgedehnten versionen fuer ausgelassene stimmung sorgten. keita sang dazu einmal mehr mit grossem engagement und grossartiger stimme, liess sich sogar hin und wieder zu einer tanzeinlage hinreissen. die am buehnenrand vielleicht fuer eine solo vorgetragene ballade bereitstehende akustische gitarre benutzte er nicht - beim africa festival hatte salif keita keine sentimentalitaeten im sinn, sondern praesentierte sich eindruecklich als nimmermueder erneuerer, der auch mit 63 jahren der afrikanischen popmusik noch den weg in die zukunft weist. dass david remnicks grossartiges stueck longform-journalismus 'we are alive - bruce springsteen at sixty-two' in italien als buchveroeffentlichung im verlag feltrinelli erschienen ist, schien mir ein gutes omen fuer den auftritt von springsteen und seiner e-street band im muenchner olympiastadion. dennoch gab es im vorfeld durchaus skepsis: mit regenwetter hatten wir ja notfalls gerechnet, aber dass es ende mai gleichzeitig nass und schweinekalt sein wuerde, war eigentlich nicht abzusehen. dank der guten dienste der olympiapark gmbh hatten schliesslich wenigstens einige von uns ein trockenes (und einmal mehr wunderschoenes danke, guenter behnisch) dach ueber uns. doch nicht nur auf die persoenlichen belange, auch auf das konzert wirkte sich das muenchner winterwetter mitten im sommer aus. bruce springsteen wurde seinem image als mann des volkes gerecht und bemuehte sich um ein witterungsgerechtes programm: auf den solo-auftakt mit dem ccr-klassiker 'who'll stop the rain' (einer von zwei john fogerty-songs - zum konzertende gab es noch 'rockin' all over the world') folgte eine setlist, die weitgehend auf sentimentalitaeten verzichtete und stattdessen treibende rock-klaenge zum warmbleiben bot. bereits mit dem dritten stueck, dem schoen druckvollen 'born in the usa'-outtake 'my love will not let you down', hatte mich der boss in der tasche. nach ersten highlights wie 'rosalita', 'wrecking ball' und 'spirits in the night' gab es fuer das tapfere muenchner publikum dann etwas besonderes: das album 'born in the usa' komplett und 'from start to finish'. man koennte jetzt darueber philosophieren, ob so eine 12teilige songsequenz nicht auch ihre laengen hat und ein abwechslunsreicheres potpourri dem vorzuziehen waere. ich aber freute mich ueber meine springsteen-premieren von songs wie 'cover me', 'i'm on fire' oder 'my hometown', die schon lange zu meinen favoriten zaehlen. nach 'born in the usa' ging es direkt ins finale (die pause vor der zugabe ersparte springsteen der regengeplagten meute) und blieb die drehzahl weiterhin hoch: das riff von 'badlands' traf genau ins schwarze, 'born to run' verstroemte lebenshunger und '10th avenue freeze-out' markierte die exakte mitte zwischen party-stimmung und der erinnerung an die bereits in den rock-himmel entschwundenen mitglieder der e-street band. genau diese menschlichunpraetentioesen gesten drueckten dem auftritt von springsteen auch dieses mal wieder einen unverwechselbaren stempel auf - ebenso wie der spass am enthemmten rock und der fuer ein stadionkonzert oft erfreulich ungehobelte sound. nicht zu vergessen schliesslich auch die grossartigen rock'n'roll-archetypen der e-street band wie 'professor' roy bittan, der grosse kleine nils lofgren und der sein fieses grinsen waehrend der ganzen drei konzertstunden nicht ablegende 'little steven' van zandt. und wenn ein springsteen-konzert bei so unwirtlichen wetter schon so viel spass macht, muss man sich um die naechste begegnung mit dem boss keine sorgen machen. eine unwiderstehliche melange aus synthipop, radical chic, italo-feeling und busenwunder bietet neon neon, das side-project von super furry animals-saenger gruff rhys, auf deren zweiten album 'praxis makes perfect'. nachdem das neon neon-debut eine musikbiographie von auto-ingenieur john delorean im synthi-stil der 80er war (interessant, aber noch nicht ganz so mein fall), erzaehlt album nummer zwei nun die geschichte des italienischen verlegers giangiacomo feltrinelli, einer ikone der internationalen linken der 50er und 60er jahre (yup, genau mein fall). musikalisch gibt es weiterhin 80er-klaenge mit viel zeittypischen keyboard-sounds, angereichert um eine portion typisch italienische pop-melancholie. gaeste wie die schauspielerin asia argento oder sabrina salerno, an die ich mich noch als 'italiens antwort auf samantha fox' erinnere, sorgen fuer weitere farbtupfer. zudem sind gruff rhys ein paar wirklich huebsche songs eingefallen. abgerundet mit einem aussergewoehnlich guten, das buch-thema und das feltrinelli-verlagsemblem adaptierenden design ist 'praxis makes perfect' ein album-package, das sammlerherzen hoeher schlagen laesst - und erst den ausgangspunkt fuer noch interessantere dinge darstellt: denn dem neon neon-album liegt die biografie 'senior service - das leben meines vaters' von carlo feltrinello zugrunde. die lektuere bringt eine lebensgeschichte zutage, die bunter ist als der phantasievollste entwicklungsroman: einer der reichsten italienischen industriellenfamilien entspringend, trat der behuetet aufgewachsene giangiacomo fetrinelli mit 16 jahren am ende des zweiten weltkriegs den antifaschistischen partisanen bei. ueber die intellektuelle arbeit in der italienischen kp kam es zur gruendung des verlags feltrinelli, der in der folge von pasternaks 'doktor schiwago' ueber giuseppe tomasi di lampedusa 'der gattopardo' bis zu henry millers 'wendekreis(en)' viele wichtige klassiker der moderne veroeffentlichte. der verleger wurde immer mehr zur politischen persoenlichkeit, der sich ueber die freundschaft mit fidel castro an die internationalistischen bestrebungen der 68er annaeherte. schliesslich kam feltrinelli zur ueberzeugung, den kampf gegen die rechten destabilisierungsversuche in italien anfang der 70er jahre aufnehmen zu muessen. der verleger ging in den untergrund und wurde 1972 von einem sprengsatz getoetet, mit dem er einen hochleitungsmast in der naehe von mailand zum einsturz bringen wollte. die von carlo feltrinello aufgezeichnete geschichte liest sich wie ein who is who der linksintellektuellen nachkriegsszene, ist aber darueber hinaus ein faszinierendes beispiel dafuer, wie stark in der damaligen zeit ideen eine konkrete wirkung zukam und wie sehr seitdem politische inhalte an strahlkraft verloren haben. der observer beschreibt 'modern vampires of the city' in seiner lobenden besprechung als vampire weekends 'great american novel of an album' und hat damit nicht ganz unrecht. sinnbildlich verkoerpert dabei das - weiterhin im gewohnten 'corporate design' gehaltene - albumcover die fortentwicklung der band. wurde das debut von der abbildung eines poshen party-apartments geziert und folgte auf album nummer zwei das polaroid einer upperclass-schoenheit, so hat sich nun der horizont merklich erweitert: eine klassische aufnahme des new york times fotografen neal boenzi von 1966 zeigt ein in nebel getauchtes manhattan. das coverfoto spiegelt dabei die wichtigsten stimmungen der platte ziemlich exakt wieder: 'modern vampires of the city' ist unverkennbar ein album, das der manischen betriebsamkeit der welthauptstadt new york entspringt; gleichzeitig durchzieht eine zuvor bei vampire weekend so noch nicht gehoerte melancholie die zwoelf neuen songs wie ein leichter nebel; und schliesslich fuegt sich die band in der erweiterten perspektive in den kontext der umgebenden amerikanischen weite - ein umstand, der durch den klassischeren, auf die exotischen einsprengsel der ersten beiden alben weitgehend verzichtenden sound betont wird. warum ich mich auch noch nach x-jahren fuer bob dylan begeistern kann: weil man sich die 16-seitige analyse eines auf den ersten blick eher mauen dylan-songs wie 'roll on john' von letztjaehrigen album tempest durchlesen kann, die der niederlaendische dylanologe und prediger kees de graaf in muehevoller kleinarbeit erstellt hat, und danach einen vollkommen neuen blickwinkel erhaelt: aus einer ode an john lennon wird ein song ueber den apostel johannes mit referenzen u.a. an die apokalyse, homers odyssee und william blake anregendes food for thought. valerie june koennte einer der charaktere sein, den die coen-brueder fuer ihre nur halb gelungene 'mississippi-odyssee' 'o brother, where art thou?' erfunden haben - nur eben real und besser: die singer-songwriterin ist mit ihren langen dreadlocks eine medusenhafte erscheinung, belebt mit ihrer musik den geist frueher blues- und gospel-feldaufnahmen wieder, hat es aber auch gleichzeitig dank einer zeitgemaessen kickstarter-kampagne zu ihrem ersten majorlabel-album 'pushin' against a stone' geschafft. valerie junes musik ist dabei ein spiegelbild ihrer multiethnischen wurzeln im laendlichen tennessee: soul, gospel und blues treffen auf country, folk und rock. dank zehn jahren erfahrung im indie-musikbusiness klingt das ergebnis so natuerlich, dass die etwas blumige selbstbeschreibung 'organic moonshine roots music' absolut treffend passt. auch trotz/wegen ihrer ziemlich nasalen stimme wirkt valerie junes zauber bei mir ganz perfekt und fuehle ich mich durch ihre musik angenehm an die welt von 'the color purple', einem meiner lieblinsbuecher zu schulzeiten, erinnert. (erwaehnen sollte man auch noch, dass dan auerbach von den black keys massgeblichen anteil an 'pushin' against a stone' hat, der platte aber gluecklicherweise nicht allzu sehr seinen stempel aufgedrueckt hat) neben valerie june sorgt bei mir diese woche auch die londoner indie-souldiva tawiah fuer viel begeisterung. ihre aktuelle ep 'freedom drop' kann man bei soundcloud kostenlos streamen/herunterladen: desweiteren bin ich durch valerie june auf eine interessante budapest-connection gestossen: june hat eines der lieder auf ihrem album in der ungarischen hauptstadt aufgenommen und praesentiert auch einige musiker der sortigen szene auf 'pushin' against an stone'. verknuepft man die punkte, landet man schnell bei sena dagadu - budapester soulsaengerin mit ghanaisch-ungarischen wurzeln - und derem aktuellen album 'lots of trees': fast noch besser ist es, sena ungarisch singen zu hoeren. das macht die saengerin naemlich in ihrem tagjob als frontfrau des kollektivs irie maffia. auf ihrem gerade erschienenen album 'nagyon jó lesz' gibt es einen tollen mix aus hiphop, black music und euro pop: jamaika ist ein phaenomen: die insel ist gerade einmal so gross wie niederbayern, bot aber vor allem in den 70er jahren ein schier unerschoepfliches reservoir fuer grossartige musik. wenn man wie ich seit rund zwei jahrzehnten reggae-fan ist, beschleicht einen aber dennoch irgendwann das gefuehl, dass man mit dem wichtigsten durch ist und es wohl kaum mehr platz fuer grossartige neue entdeckungen gibt. aber jamaika ueberrascht einen immer wieder. und so stiess ich nun vor einigen wochen (zugegebenermassen aufgrund einer massiven luecke, mea culpa) auf joe higgs, einen giganten der reggae-musik - trotz vergleichsweise schmaler diskographie. bemerkenswert an joe higgs ist zum einen, ueber wie viele aufeinanderfolgende entwicklungsstadien jamaikanischer musik hinweg er es schaffte, relevant zu bleiben. als bestandteil des duos higgs & wilson veroeffentlichte er 1960 mit 'manny, oh' den ersten auf der insel produzierten und aufgenommenen hit, ein grossartig rumpelndes boogie-stueck. ueber schmachtende doowop-balladen fanden higgs & wilson in den folgenden zehn jahren den weg zum fruehen ska. als solo-kuenstler debuetierte joe higgs mit dem 1972 aufgenommenen, aber erst 1975 veroeffentlichten fruehen reggae-album 'life of contradiction'. im goldenen reggae-zeitalter folge 1979 'unity is power', bevor higgs anfang der 80er jahre in die usa emigrierte. mit dem album 'triumph' veroeffentlichte er 1985 ein in jamaika aufgenommenes perfektes stueck eighties-reggae, dem 1988 die in den usa produzierte popcrossover platte 'family' folgte. 1990 brachte joe higgs mit mitgliedern der wailers-band unter dem titel 'blackman know yourself' neuaufnahmen seiner bekanntesten titel heraus. 1995 folgte higgs letzte ep-veroeffentlichung 'roots combination', eine zusammen mit seiner tochter marcia herausgebrachte annaeherung an moderne reggae- und rap-sounds. parallel zu diesen alben veroeffentlichte joe higgs vor allem in den siebziger jahren noch eine ganze reihe exzellenter singles fuer die jeweils angesagtesten und wichtigsten jamaikanischen produzenten. nicht nur die faehigkeit, am puls der zeit zu bleiben, zeichnet das werk von joe higgs aus, sondern auch sein - nicht nur fuer reggae-verhaeltnisse - ausgesprochen breiter musikalischer horizont. einige seiner songs weisen akkordfolgen auf, die eher jazzigen gefilden zuzuordnen sind, dazu kommt ein fruehes interesse fuer afrikanische klaenge und eine affinitaet zu den croonern der fuenfziger jahre. auch joe higgs stimme erinnert an verschiedene referenzgroessen: an den souligen reggae eines toots hibbert, an den kraeftigen bariton eines peter tosh, aber auch an die gospelige intensitaet des (leider vor einigen tagen verstorbenen) richie havens. mit seinem riesigen musikalischen talent schuf higgs nicht nur unter eigenem namen grossartige platten. als mentor und lehrer trug er wesentlich zum erfolg der drei urwailers bob marley, peter tosh und bunny wailer bei. fuer jimmy cliff (mit dem er auch zwei duett-singles veroeffentlichte) stellte er eine grossartige, auf dem 1976er live-album 'in concert' zu hoerende begleitband zusammen. und auch zu dem auf jamaika aufgenommenen, ultrararen instrumental-album 'negril' des amerikanischen jazz-gitarristen eric gale leistete higgs wichtige beitraege. ein letzter wichtiger punkt sind schliesslich joe higgs liedtexte. jenseits aller rastafariklischees schaffte es der musiker ueber die jahre hinweg immer wieder, beruehrende lyrics zu verfassen, die sich mit den themen armut und menschlichkeit auseinandersetzen. waehrend seine weggefaehrten jimmy cliff, bob marley und peter tosh zu internationalem ruhm und reichtum gelangten, blieb higgs zeit seines lebens ein einfacher mann und starb schliesslich 1999 im alter von 59 jahren an einem krebsleiden in den usa. seinen liedern nach zu urteilen war joe higgs dennoch ein gluecklicher mann: er hatte seine musik, seine (vielkoepfige) familie und seine wuerde. mit seinem neuem roman 'how to get filthy rich in rising asia' bestaetigt mohsin hamid, dass gerade die nicht so ganz gelungenen werke oft die interessantesten sind. denn nach seinem traumwandlerisch perfekten post-9/11 kurzroman 'the reluctant fundamentalist' (eine verfilmung von der grossartigen mira nair kommt uebrigens in diesem jahr ins kino), versucht hamid in seinem neuen buch ziemlich viel auf einmal: hinter der verpackung eines - sichtlich persiflierten - business-ratgebers verbirgt sich die lebensgeschichte eines aufsteigers, der nach bitterarmer jugend ueber einige krumme geschaefte zu reichtum und respekt gelangt, um am ende doch wieder das meiste zu verlieren. ueber sieben jahrzehnte begleitet ihn dabei eine immer wieder aufflammende liebschaft, die erst im alter ihre erfuellung findet. davon, eine suedasiatische version von 'die liebe in zeiten der cholera' zu sein, bewahren 'how to get filthy rich in rising asia' eine reihe erzaehlerischer kniffe: so wird der roman in der zweiten person singular erzaehlt, bleiben namen und orte ungenannt (wobei das pakistan der gegenwart als setting unschwer erkennbar ist) und sind alle stadien der erzaehlhandlung im hier und jetzt angesiedelt. das klingt kompliziert, liest sich aber ausgesprochen einfach - und hat einige wirkungsmaechtige effekte: indem in dem buch die zeit quasi stehenbleibt, wird deutlich, wie in schwellenlaendern viele verschiedene zeitalter gewissermassen nebeneinander existieren; durch die anrede 'du' wird der leser zudem tief in die geschichte hereingezogen; und das strukturgebende 'how to'-prinzip gibt dem buch einige koestliche kapitelueberschriften (zb 'have an exit strategy' fuer das den tod des hauptprotagonisten beinhaltende buchkapitel). dass 'how to get filthy rich in rising asia' kein voller erfolg ist, liegt daran, dass mohsin hamid manchmal doch zu viel auf zu wenig raum will (das ganze buch hat nur wenig mehr als 200 recht duenn bedruckte seiten) und dadurch desoefteren etwas zu clever wirkt. doch folgt auf jedes knirschen im konstruktionsgebaelk des romans ein absatz, der mit grossem schriftstellerischen stilbewusstsein dem leser neue blickwinkel eroeffnet. deshalb ist 'how to get filthy rich in rising asia' seiner vorderguendig leichtgewichtigen anlage zum trotz ein buch mit hohem literarischen wert, das seinen autor weiterhin fuer grosse taten empfiehlt. dass edie brickell nach heirat (mit paul simon) und mutterschaft erst einmal ihre musikkarriere auf eis legte, hatte eine gewisse konsequenz. dass die vier alben, die brickell seit ihre drei kids aus dem groebsten raus sind veroeffentlichte, die urspruengliche frische und fantasie vermissen liessen, war dagegen eher schade. ausgerechnet an der seite eines weiteren rund zwei jahrzehnte aelteren herren gelingt es der saengerin nun allerdings, an die klasse der fruehen alben mit den 'new bohemians' anzuknuepfen: zusammen mit dem hollywoodschauspieler steve martin, der seit einigen jahren auch als bluegrass-banjospieler reuessiert, hat brickell nun das album 'love has come for you' veroeffentlicht. die herausgehobene rolle, die banjo und vocals zukommt, kennzeichnet das album als echtes duo-projekt. zu erfrischend natuerlichen melodien singt brickell darauf geschichten, die folk-archetypen, augenzwinkernde spinnereien und leichtfuessigen optimismus miteinander verbinden. das ergebnis ist so gut, dass die neugier auf das schon seit einiger zeit geruechteweise kolportierte edie brickell/paul simon duo-album noch einmal steigt. ...und wieder ein buch fertig - oder zumindest eine manuskript-rohfassung vollendet: in den vergangenen zwei, drei wochen habe ich mich um die niederschrift meines buchprojekts 'local heroes' gekuemmert. es handelt sich dabei um ein fachbuch zur zukunft des lokalen einzelhandels. anhand einer reihe praktischer beispiele will ich dabei zeigen, wie das web dazu beitragen kann, die einkaufsvielfalt in unseren staedten auch in zunehmend onlinegepraegte zeiten zu retten. 'local heroes' basiert auf meiner gleichnamigen artikelserie fuer shopanbieter.de und hat dank der freundlichen unterstuetzung durch ebay den sprung zum buchprojekt geschafft. ich bin schon gespannt, wie das fertige werk schliesslich aussehen wird - und welche resonanz ich damit erzielen kann. etwas gehandicapt wurde ich - anders als bei meinem letztjaehrigen olympia-buch - dieses mal dadurch, dass ich mich nicht von allen sonstigen arbeitsverpflichtungen frei machen konnte. zudem begleiteten mich in den letzten wochen laestige gesundheitsprobleme. stimmungsaufheller und stresshelfer gab es aber in form einer ganzen reihe exzellenter musikneuerscheinungen: erstes kam 'machineries of joy', das neue album von british sea power auf den markt. die band praesentiert sich dieses mal etwas reduzierter/konzentrierter und verzichtete auch auf die sonst ueblicherweise ausschweifenden liner notes. aber auch so kam ich durch das bsp-album unter anderem auf eine grossartige, 1962 im playboy erschienene erzaehlung von ray bradbury, die interessante geschichte der franzoesischen bodybuilderin francesca petitjean und die aktuellen umtriebe um den fc sunderland. ach ja, neben einigen rockern bot das album uebrigens erfreulich fruehlingshafte midtempo-nummern. weiter ging es musikalisch mit 'a bad wind blows in my heart', dem ersten song-orientierten soloalbum des ehemaligen the coral-gitarristen bill ryder-jones. lieder ueber kindheitserinnerungen verbinden sich darauf mit gekonnt atmosphaerischen arrangements zu einem traumhaften folk-rock-sound. als naechstes kam auf meinem ipod rokia traore mit ihrem neuen album 'beautiful africa' in die heavy rotation. zusammen mit pj harvey-producer john parish loest sich die dame aus mali darauf von den ihre musik in den ersten jahren praegenden fragilen klaengen und schafft mit rock-intensitaet und jazz-raffinesse einen so zuvor noch nicht gehoerten engagierten, modernen afrikanischen sound - 'afro-progressiste', wie sich traore im titelstueck selbst beschreibt. von westafrika ging es die letzten tage schliesslich schnurstracks nach texas: 'the low highway', das neue album von steve earle ist ein echter volltreffer. der mann ist nicht nur ein echtes americana-original, er hat auch ein feines haendchen fuer treffsichere melodien und kann bei mir auch mit seinen lyrics in mehr als nur einer hinsicht punkten. soviel zur musik (wobei auch julieta venegas und three cane whale zumindest noch erwaehnt werden sollten). eine weitere kulturelle zerstreuung gab es in den letzten tagen schliesslich noch in form des ende februar erschienenen roberto bolano-romans 'die noete des wahren polizisten'. abgesehen davon, dass bolano immer mehr zu einer art jimi hendrix des literaturbetriebs wird (mehr posthume veroeffentlichungen/aufmerksamkeit als zu lebzeiten), haelt auch das 'neue' buch das hohe niveau seiner bisherigen veroeffentlichungen. ein rastloser literaturprofessor, seine schoene teenie-tochter, ein gewaltgepraegtes mexikanisches grenzstaedtchen, das auftauchen von aids in der schwulen-szene - 'die noete des wahren polizisten' bietet ein panorama, das auch fans von bolanos opus magnum '2666' nicht enttaeuschen wird. in der tat liest sich der aktuelle roman sogar wie eine kurzfassung des postmodernen 1000-seitenschmoekers. hier liegt dann vielleicht auch die schwachstelle des buchs: hat bolano das manuskript wirklich zur roman-veroeffentlichung intendiert? oder handelt es sich nur um eine fuer die schublade bestimmte vorstudie? gut moeglich, dass 'die noete des wahren polizisten' deshalb an einigen stellen etwas knapp und beliebig wirkt. aber eine anregende lektuere ist das buch trotzdem. mal wieder was neues von mick jones aka carbon/silicon: schoener song, sympathische haltung und grossartiges video dass das cover der clash-lp 'black market clash' ein bisschen wie das plakat zu einem spaghetti-western wirkt, ist kein zufall - die punk-rocker der ersten stunde kultivierten gerne den nimbus einer gang von outlaws: high noon, zu pferde in die stadt geritten und bereit fuer den gerechten kampf. nach laengerer orientierungslosigkeit knuepft nun auch das franzoesisch-arabische punk-original rachid taha an dieses outlaw-lebensgefuehl an. in den tighten rockern seines neuen albums 'zoom' treiben knackige gitarren die herausgebellten lyrics voran, an anderer stelle evozieren tremolo-sounds die grosse weite irgendwo zwischen wildwest und sahara. kein zufall ist es, dass mick jones in drei songs fuer originales the clashfeeling sorgt: wie aus einem lesenwerten guardian-artikel hervorgeht, wirkte die auftrittsserie der clash im pariser thaetre mogador 1981 auf taha - und viele seiner damaligen weggefaehrten - als initialzuendung. erfreulicherweise ist rachid taha damit musikalisch an dem punkt zurueck, an dem ich als teenager ende der achtziger jahre erstmals auf ihn stiess: ein ethno-rocker, der rebellische attituede mit exotischer anziehungskraft vereint. diese woche war ich fuer zweieinhalb stunden in frankreich, beziehungsweise im tgv von muenchen nach stuttgart. neben einem kleinen, starken kaffee und einem croissant gab es auch das tgv-magazin, dass sich einmal mehr als quelle fuer hochkaraetige franzoesische (musik-)entdeckungen erwies. gefeatured wurde unter anderem das pariser kollektiv fauve, das es bisher zwar erst auf vier songs bringt, die alle aber eine perfekte mitte zwischen gainsbourg, indie, spoken word und grossstadtmelancholie einnehmen. und eine schicke tumblr-seite haben fauve ebenfalls. ein netter indierock-tipp sind granville aus der normandie. die band um saengerin mélissa dubourg klingt wie ein best-of saemtlicher brittrends der nuller-jahre, bringt dies aber - im unterschied zu aktuellen uk-counterparts wie den palma violets - ausgesprochen frisch rueber und hat dazu auch noch diesen typisch franzoesischen charme. aus der hippen weltmusik-ecke kommt schliesslich tipp #3, der franzoesisch-libanesische saenger und pianist bachar mar-khalifé. sein album 'who's gonna get the ball from behind...' bietet einen recht individuellen zugang zu arabischen pop-sounds, der irgendwo zwischen kammermusik und minimal-techno liegt. erschreckende 24 jahre nach seinem bandprojekt tin machine habe ich mir mit 'the next day' erstmals wieder ein neues david bowie album gekauft. klar ist in der zwischenzeit viel geschehen, doch fuehlen sich die alben fuer mich gar nicht so unterschiedlich an. das koennte einerseits daran liegen, dass ich beide male eine krank zuhause verbrachte woche zeit hatte, mich mit den cds anzufreunden. andererseits ist aber auch der hoereindruck ein aehnlicher: wie 'tin machine' bietet auch 'the next day' rund eine stunde musik mit 14 neuen bowie-songs, die dennoch wiederholt auf die praegung des saengers in den 60er und 70er jahren verweisen. in beiden faellen handelt es sich um ein kraftvolles rockalbum, das sich durch seine intelligenten ecken und kanten, vor allem aber durch bowies unverwechselbare person aus der masse heraussticht. und schliesslich war die begegnung mit beiden cds fuer mich ein aeusserst befriedigendes musikerlebnis. freilich ist 'the next day' aber auch ein sonderfall ganz jenseits von 'tin machine': bowie hat es meisterhaft verstanden, die antizipation fuer sein erstes neues album seit einer dekade mit der donnerschlag-artigen veroeffentlichung der vorab-single 'where are we now?' und dem darauffolgenden 'the stars (are out tonight)' (inklusive dem kongenialen video) anzuheizen. anstelle der zunaechst angedeuteten melancholischen stimmung ist 'the next day' ein ausgesprochen munteres album geworden, das von 'ziggy stardust' und 'heroes' bis zu 'let's dance' und bowies drum'n'bass-experimenten in den 90ern viele wichtige stationen in der karriere des saengers wiederaufleben laesst. und mit songs wie 'dancing out in space', '(you will) set the world on fire', 'you feel so lonely you could die' und den beiden vorab-tracks beinhaltet 'the next day' gleich eine ganze reihe an musikalischen highlights. das resultat ist, dass ich den in den letzten jahren verloren gegangenen zugang zu bowie wiedergefunden habe und mich der derzeit weltweit wieder um sich greifenden bowiemanie weder entziehen will noch kann. british sea power sind nicht nur eine der fleissigsten aktuellen rockbands - seit dem letzten, 2011 erschienenen album 'valhalla dancehall' wurden sechs eps mit neuen songs veroeffentlicht und am 1. april kommt bereits das naechste studioalbum 'machineries of joy' heraus -, sondern haben sich inzwischen auch zu echten experten in sachen atmosphaerische englische soundlandschaften erarbeitet. so verwundert es nicht, dass die band auch die musik zu der filmcollage 'from the sea to the land beyond' beisteuerte. bei dem film der regisseurin penny woolcock handelt es sich um einen zusammenschnitt historischer aufnahmen der britischen kueste, der mit einem zeitlichen abriss von der jahrhundertwende fast bis in die gegenwart, den verschiedenen entstehungsorten und der breiten thematischen palette (der oekonomische wandel der kueste, freizeitvergnuegungen, menschen, natur, krieg, migration) ein denkbar umfassendes bild zeichnet. die musik von british sea power unterstuetzt die durchwegs beeindruckenden aufnahmen dabei kongenial. darueber hinaus bietet die filmcollage auch einen einzigartigen einblick in das selbstverständnis der briten als atlantische inselnation - was wieder einmal beweist: als fan von british sea power wird man mit viel mehr als 'nur' guter musik belohnt. bei meinen '10 fuer 2013' habe ich laura mvula noch schlicht als soul-gepraegte afro-britin bezeichnet und in eine schublade mit josephine oniyama gepackt. was nicht komplett falsch ist, aber auch zeigt, dass ich ueberhaupt keine ahnung hatte. dass laura mvula den afrikanischen familiennamen von ihrem ehemann hat, ist dabei noch die kleinere unkorrektheit. vielmehr wird das 'soul'-label der eigenstaendigkeit und der breite des musikalischen ansatzes der saengerin in keinster weise gerecht. mvulas debutalbum 'sing to the moon' ist ein einzigartiges werk, das klassische instrumentalisierung, vom verse/chorusschema abstand nehmende songs und jazzige melodieboegen zu einer art symphonischen jazz-soul verbindet. dafuer dass das etikett soul schliesslich doch in ordnung geht, ist naemlich laura mvulas tolle stimme verantwortlich, die an viele interpretinnen der juengeren uk-szene (amy, lianne und - ja, auch - josephine) erinnert, aber dennoch ganz und gar eigenstaendig bleibt. und das gilt auch fuer das album: mit 'sing to the moon' ist der klassisch ausgebildeten saengerin aus birmingham der seltene fall eines debuts gelungen, das etwas komplett neues in die musikwelt einfuehrt und dennoch absolut hoerbar und eingaengig bleibt. respekt. und ein mea culpa, dass ich das nicht schon auf anhieb erkannt habe. als musikfan, der reggae nicht nur als rein museale angelegenheit betrachtet, hat man es nicht leicht. die meisten neuerscheinungen froenen entweder brachialen ragga-toenen oder dem bewaehrten marley retrosound. umso positiver ist es, dass mit alpha blondy einer der heute profiliertesten rootsinterpreten nur zwei jahre nach seinem bisher letzten album 'vision' ein neues werk vorlegt. eigentlich bevorzuge ich ja eher die 'kleineren', melodischeren alben des saengers von der elfenbeinkueste, zu denen die aktuelle cd 'mystic power' eindeutig nicht zaehlt: rund die haelfte der songs zielt mit markigen rockgitarren erkennbar auf die gewohnheiten des franzoesischen musikmarkts (subtilitaet ist nicht gerade eine staerke der grande nation). immerhin gibt es auf dem album aber auch wunderschoen zeitlose rootssingalongs wie 'crime spirituel', 'france a fric' und 'ouarzazate'. daneben hat die politische krise nach den letzten wahlen in cote d'ivoire alpha blondy eine neue dringlichkeit verliehen. der saenger gibt sich zwar als anhaenger der gesamtstaats-ideologie des gestuerzten expraesidenten gbagbo zu erkennen, ruft seine landsleute jedoch zur versoehnung auf und spannt dazu im - kurioserweise an die suedafrikanische reggae-legende lucky dube erinnerndem - 'reconciliation' sogar mit seinem bisherigen widerpart tiken jah fakoly zusammen. so muss reggae! und zu den ersten fruelingstagen passt das auch ausgesprochen gut. mit christoph ransmayr hatte ich bisher noch nicht so viel glueck: seinen roman 'die letzte welt' legte ich vor einigen jahren trotz eigentlich superspannendem thema nach wenigen seiten beiseite. die vorab in der nzz erschienene erzaehlung 'das erloeschen einer stadt', die ebenso poetisch wie dramatisch von der begegnung des autors mit einem fatalen erdbeben in griechenland 1986 berichtet, ueberzeugte mich allerdings, es mit ransmayrs aktueller geschichtensammlung 'atlas eines aengstlichen mannes' zu probieren. und tatsaechlich war der einstieg furios: schicksal, alltagsphilosophie und eigenes erleben verschraenkten sich bereits in den ersten geschichten aufs vortrefflichste. doch dann kam es bei mir schnell zu ersten ermuedungserscheinungen: noch eine schicksalsbegegnung? noch ein exotischer schauort? das roch manchmal schon ziemlich nach globetrotter-eitelkeit. doch ich hielt durch und gelangte schliesslich zu dem entscheidenden aha-erlebnis, wie grossartig die geschichten aufs sparsamste erzaehlt sind, mit zielgenau gesetzten worten und einem effektvollen gespuer fuer atmosphaere. ob himalaya, suedsee oder niederoesterreich ist dabei nicht so wichtig, entscheidend ist dass ransmayr ein panoptikum des menschlichen in all seinen facetten gelungen ist, das durch die gekonnte literarische gestaltung noch einmal an wirkungskraft gewinnt. konzert - matisyahu warum tue ich mir das an? abends nochmal rausgehen, eine viertelstunde in der einlassschlange warten und mich dann mit lauter kids, die nicht mal halb so alt sind wie ich, in den ueberfuellten strom club quetschen? und das nach dem desaster mit den tumben kelten-horden bei den grottigen dropkick murphys (sorry, aber das musste mal raus)... der anfang des konzerts von matisyahu war auch nicht gerade dazu geeignet, eine antwort auf diese frage zu geben. klar, dass der saenger kein orthodoxer jude mehr ist, wusste ich. aber mit der religioesen identitaet schien auch matisyahus musik ihre kraft verloren zu haben. versteckt unter einer baseballkappe und hinter einer sonnenbrille begann der saenger das konzert mit schuechternen, hastigen versionen von hits wie 'king without a crown' und 'jerusalem'. erst waehrend einer laangen fassung von 'chop' em down' legte sich der schalter um: kappe und sonnenbrille fielen und matisyahu fand zu jener spirituellen kraft, die mich auch bei meinem bisher einzigen gig des saengers am chiemsee reggae 2006 in den bann schlug und die selbst chartfutter wie 'love like a warrior' eine einzigartige aura verleiht. waehrend der restlichen haelfte des konzerts wirkte matisyahu geloest, liess sich von der musik treiben und verzichtete weder aufs crowdsurfen noch auf eine abschliessende stage invasion. zugute kam den saenger dabei, dass er mit dem dub trio ueber eine der weltbesten backing bands verfuegt, die muehelos von sanfter atmosphaere zu harten rock schalten kann und immer wieder massive, euphorisierende dub-monster auftuermte (inklusive eines willkommenen ausflugs in richtung dubstep). am ende erlebte ich nicht nur eines der besten konzerte seit langem, sondern wurde durch den abend auch mein glaube an livemusik wiederhergestellt. grippe-update in diesem herbst werde ich zum ersten mal zur grippeimpfung gehen, denn nachdem mich das thema bisher nur medial betroffen hat, durfte ich nun am eigenen leib erfahren, wie unangenehm und langwierig so eine influenza ist. nicht schoen. selbst das musikhoeren und lesen wollte mir nicht richtig spass machen. aber dann zog mein kultureller konsum doch noch so an, dass ich hier nun mit einem kleinen update aufwarten kann. bereits in der maerzmitte fand junior marvin, musikalischer leiter von bob marleys wailers seit 1977, den weg auf meinen ipod. marvin hatte mich als leadsaenger und -gitarrist der marley-losen wailers band bereits mitte der 90er jahre bei einem reggae-festival beeindruckt und auch solo - die wailer haben sich mittlerweile in insgesamt drei formationen zerstritten weiss marvin zu ueberzeugen: sein neues album 'smokin' to the big m music' bietet kraftvollen roots-reggae mit ausfluegen in funk- und jimi-hendrix-territorium. selbst das grauenvoll kitschige cover kann marvins beseelter performance nichts anhaben. ebenfalls schon ein paar tage alt ist das neue axelle red-album 'rouge ardent'. die belgische saengerin hat sich darauf erklaertermassen auf die suche nach einem 'grossen' sound gemacht und ueberzeugt mit ihrem apart-herben flaemischen soul-appeal und feinen songs mit der adaequeten note melancholie. schoene wintermusik. desweiteren sind in letzter zeit einige hoerenswerte compilations erschienen, allen voran die label-rueckschau 'change the beat - the celluloid story 1980 - 1987'. vortrefflich zeigt das franzoesische indie-label, wie nah sich anfang der 80er postpunks, fruehe hip-hopper und die beginnende weltmusik-szene waren. tracks wie 'the escapades of futura', den the clash zusammen mit dem graffiti-artisten futura 2000 aufnahmen, manu dibangos fetter 80iesafrojam 'abele dance' oder die afrika bambaata, john lydon und bill laswell vereinende timezone-12-inch 'world destruction' stehen fuer jenes stil-mischmasch, das auch mich als teenager begeisterte: multikulti, bevor es von den spiessern auf allen seiten getoetet wurde. eine art pendant zu der celluloid-retrospektive sind auch die ebenfalls beim reissue-label erschienenen beiden teile der compilation 'fac dance'. waehrend tony wilsons factory records meist fuer duesteren post-punk und andere klassische manchester-sounds bekannt ist, zeigen die mix-cds wie die acts des labels die new yorker dance-szene der fruehen 80er entdeckten und dabei selbst so manches elektronik-highlight produzierten. von der aufmachung am beeindrucksten ist die auf herbert groenemeyers groenland-label erschienene compilation 'who's that man', die sich mit dem schaffen des musikproduzenten conny plank auseinandersetzt. vom krautrock geht es dabei direkt in richtung postpunk. allerdings haette man fuer das album neben den bekannten neu!-, michael rother- und daf- tracks ruhig ein paar etwas hoerbarere stuecke auswaehlen koennen. aber die 4cd-box plus booklet ist auf jeden fall sehr schon geraten ;-) last but not least bin ich via eine absolut grossartige musikreportage des musikjournalisten john jeremiah sullivan ueber die reggae-ikone bunny wailer schliesslich auf joe higgs, einen der hidden heroes der jamaikanischen musikgeschichte, gestossen. higgs 72er album 'life of contradiction' ist wirklich ein aussergewoehnliches, auteur-haftes reggae-album, das ich in den letzten tagen nicht nur sehr gern gehoert habe, sondern dass bei mir auch mit ziemlicher sicherheit eine neue sammelleidenschaft begruenden duerfte. von der grossartigen britrock-szene der nuller-jahre ist aus heutiger sicht wenig uebrig geblieben: die libertines sind an pete dohertys drogenkonsum zerbrochen, razorlight an johnny borrels ego, franz ferdinand mangelte es an ehrgeiz und den kaiser chiefs an der noetigen substanz. interessant ist, dass es eher die bands der zweiten und dritten welle sind, die am ehesten ihre chancen wahren, in die stadion-fussstapfen von coldplay zu treten, wie zum beispiel kasabian, the kooks und die arctic monkeys. zwei weitere, in der zweiten haelfte der noughties erstmals in erscheinung getretene bands machen sich in diesen tag bereit fuer den stadion-check: eine ausgesprochen gute figur machen dabei die foals mit ihrem dritten album 'holy fire'. treu geblieben ist die band ihrem polyrhythmischen geflecht aus leicht exotisch klingenden gitarrenmotiven und auch der gesang von bandleader yannis philippakis ist weiterhin immer etwas neben der spur. mit u2-producer flood an den reglern bietet die band aber eine neue breitenwirkung und geht an einigen stellen auch heftiger als bislang gewohnt zu werk. die nach wie vor obligatorischen eighties-anklaenge halten sich erfreulicherweise in grenzen und so ist 'holy fire' ein zeitgemaesses, angenehm urban klingendes rockalbum. oder wie es michael hann in seiner gelungenen besprechung im guardian formuliert: 'an album by a british guitar band who want to win a huge audience without writing chantalongs for the drinkers' crowd, or lowest-emotional-commondenominator piano ballads.' etwas schwieriger stellt sich die situation im fall von 'anna', dem ebenfalls dritten album der manchester-band the courteeners dar. schon bei ihrem debutalbum waren die courteeners nicht gerade uberwaeltigend eigenstaendig: zum damals trendigen libertines-sound kamen ein schuss lad-rock sowie die offensichtlichen singer/songwriter-wurzeln von saenger liam fray. immerhin wusste die band live zu gefallen und sorgten frays breiter nordenglischer akzent sowie seine redselige person fuer eine besondere note. auf dem zweiten album 'falcon' erweiterte die band ihren sound um synthi-klaenge und fuehrt diesen weg nun in den aufs stadion schielenden eighties-pop von 'anna' fort. natuerlich wirkt das ziemlich kalkuliert, doch sorgt hurts-producer joe cross fuer eine kompetente umsetzung und erdet frays regionaler dialekt so manchen ueberdick aufgetragenen bombast. abschreiben sollte man also auch the courteeners nicht. und wer weiss: vielleicht findet die band ja gerade dann, wenn es mit dem grossen durchbruch mit 'anna' nicht klappt, ihre wahre seele... als praktizierender (wenn auch ziemlich nachlaessiger) katholik ist man ja nicht gerade in einer ueberaus hippen position. das gilt umso mehr im netz-kontext, wenn man die reaktionen auf den ruecktritt von papst benedikt xvi. verfolgt. ich persoenlich sehe in der meldung weder einen grund zum jubel, noch anlass fuer haeme. vielmehr ist es vor dem hintergrund der institution kirche ein ueberraschend moderner schritt des deutschen papstes, der sein konservatives profil nicht ohne grund traegt. dennoch habe ich in benedikt xvi. stets einen konservativen der alten (und - im positiven sinne - bayerischen) schule gesehen, der seine positionen mit grossem intellekt (seine drei, waehrend seines pontifikats veroeffentlichten jesus-studien stehen weiterhin auf meiner leseliste) und einer humanistischen grundierung vertritt. sicher, die katholische kirche hat auch in benedikts amtszeit praktiken weitergefuehrt und entscheidungen getroffen, bei der sich vielen christlich denkenden menschen zu recht die haare straeuben. wer von einer glaubensgemeinschaft verlangt, sich unreflektiert an den zeitgeist anzupassen, hat allerdings ebenso unrecht. benedikt xvi. empfand ich daher als eine angenehm unbequeme reibungsflaeche in einer zunehmend beliebigen welt. und auch seinen besuch in muenchen im sommer 2006 habe ich als eine besondere erfahrung in erinnerung. der angekuendigte ruecktritt weckt in mir daher respekt - und auch ein bisschen wehmut. auch wenn mir vor zwei jahren der konzertabend mit black dub dringend benoetigte schubkraft verlieh, an der musik der hauptband lag es eher nicht. neben dem dinosaurier-rock von star-producer daniel lanois machte auch black-dub-saengerin trixie whitley keine besonders gute figur. waehrend die achtundsechziger im publikum von einer 'jungen janis joplin' fabulierten, fuehlte ich mich eher an den bemuehten soul einer joss stone erinnert. doch was interessiert mich meine meinung von gestern? zumal, wenn ich seitdem ein glaenzend geschriebenes portraet ueber whitley in der nzz am sonntag gelesen und ihr debutalbum 'fourth corner' gehoert habe? denn in der tat handelt es sich bei der tochter der tragischen bluesgestalt chris whitley um keine modische soul-simulantin, sondern um eine junge frau, die in ihrer musik echten gefuehlsnoeten ausdruck verleiht. spannend ist dabei, wie trixie whitley zwischen dem existenziellen blues ihres vaters und dem willen zu einer eigenen, positiven, zeitgemaessen identitaet pendelt. das ergebnis erinnert mal an pj harvey, mal an eine stimmgewaltigere cat power. dazu gibt es auch ausfluege in richtung the xx und white stripes. dennoch schafft es whitley, ein geschlossenes album vorzulegen und sich als eigenstaendige kuenstlerin zu etablieren. grosses kino. dass die von helmut jahn entworfenen doppeltuerme der muenchner highlight towers der ludwigs-/leopoldstrasse einen neuen nordabschluss entgegensetzen, stoert mich nicht. mokieren kann man sich jedoch ueber den bescheidenen aesthetischen wert der 2004 fertiggestellten glastuerme. dennoch weckte ein bericht der nzz ueber eine ausstellung zu jahns lebenswerk in nuernberg mein interesse. schliesslich hatte ich mit dem frankfurter messeturm, dem potsdamer platz in berlin und dem dhl-tower in bonn auch bereits gelungenere werke des architekten kennengelernt. die ausstellung 'process/progress' versteht es, diese und andere highlights in jahns schaffen exzellent in szene zu setzen. neben grossformatigen aufnahmen des fotografen rainer viertlboeck wird auch dokumentiert, wie sich jahn bei seinen bauten mit der architekturgeschichte auseindersetzt, die wirkung seiner hochhaustuerme zu maximieren versteht und oekologischen belangen den verdienten stellenwert einraeumt. doch zeigt die ausstellung auch (neben jahns unnoetigem wirken im apartheid-suedafrika der 80er jahre), wie inhaltsleer des architekten motto 'the future is never wrong' ist. denn gerade wenn es um die aktuellen, zunehmend in asien und den arabischen erdoelstaaten angesiedelten projekte von helmut jahn geht, wird deutlich, dass es sich bei den seriell entworfenen hochglanztuermen in erster linie um repraesentativbauten fuer das globalisierte grosskapital geht. und das ist selbst bei mehreren hundert hoehenmetern glas und stahl etwas wenig ideeller inhalt. den lauf der dinge haette sich bassekou kouyate zwar sicherlich anders gewuenscht, doch kann man dem malischen musiker und seinem neuen album 'jama ko' einen gewissen sinn fuer das richtige timing nicht absprechen: wie labelchef (und muenchner kindl) jay rutledge in den liner notes berichtet, fiel der beginn der aufnahmesessions in malis hauptstadt bamako im vergangenen jahr mit dem putsch junger offiziere gegen die gewaehlte regierung des landes zusammen. erschienen ist 'jama ko' nun zeitgleich mit der franzoesischen militaerintervention in mali, die den seither erfolgten vormarsch islamistischer eiferer im norden des landes rueckgaengig machen soll. kouyate habe nach den ersten meldungen ueber den militaerputsch seine ngoni - eine traditionelle vierseitige laute - mitsamt wahwahl-pedal an den verstaerker angeschlossen und den verzerrer voll aufgedreht, so rutledge. dabei herausgekommen ist das stueck 'ne me fatigue pas', eine grossartige absage an bigoterrie, intoleranz und gewalt. wer sich von 'jama ko' nun afrikanische rockklaenge erwartet, liegt allerdings falsch. vielmehr erinnert kouyates musik an den gegen den strich gebuersteten afrosound von acts des belgischen labels crammed discs wie konono no.1 oder staff benda bilili. das von crammed verwendete etikett tradi-modern passt auch gut auf 'jama ko'. damit ist bassekou kouyates neues album (neben den voices united for mali) ein treffender kommentar zur aktuellen lage in mali - und gleichzeitig ein stimmungsvolles, engagiertes und mitreissendes stueck musik. die begegnung mit einer neuen platte unterscheidet sich gar nicht so sehr davon, einen neuen menschen kennenzulernen: vieles haengt von dem umstaenden des ersten treffens ab und ob es gelingt, den anderen in einem licht kennenzulernen, das mehr als nur ein initiales interesse weckt. 'let it all in', die neue platte von i am kloot ist dafuer ein gutes beispiel. bereits beim ersten hoeren merkt man, wie sorgfaeltig die zehn songs des albums gestaltet sind und wie ueberlegt die sparsamen arrangements mit ihren gelegentlichen musikalischen farbnuancen angelegt sind. dennoch blieb bei mir nach den ersten hoerdurchgaengen eine gewisse ambivalenz bestehen. ein mittel diese zu durchbrechen haetten die liner notes des britischen poeten simon armitage sein koennen (die es leider nicht im cd-booklet, sondern nur hier und hier gibt). armitage beschreibt das i am kloot-album tatsaechlich in ausgewaehlten worten, doch helfen seine assoziationen wenig, wenn man damit selbst nicht viel anfangen kann. also war ich weiter auf der suche nach der geeigneten situation, in der sich mir mein zugang zu 'let it all in' eroeffnen wuerde. eingetreten ist das nun an einem sonntagnachmittag, zuhause im (klein-)familienkreis. die cd von i am kloot lief dabei nur als hintergrundmusik, doch passte die unaufgeregtheit, das aus-dem-leben-gegriffen-sein und die pathosfreie humanitaet des trios aus manchester perfekt zu dem ganz normalen leben rundum. und was kann man besseres ueber ein stueck neue musik sagen, als dass sie sich wie ein alter freund ins leben einpasst. i am kloot ist mit 'let it all in' genau das gelungen. mit der um einige veraltete wortwendungen bereinigten neuausgabe der 'kleinen hexe' von otfried preussler hat der thienemann-verlag nolens volens eine debatte eroeffnet, deren beitraege inzwischen von nervig bis niedlich reichen. da das ganze auch mich betrifft, moechte ich an dieser stelle meine meinung dazu kundtun: das grundproblem ist meiner ansicht nach, dass sich eine abstrakte debatte entwickelt hat, wo es eigentlich um hoechst konkrete situationen gehen sollte. ich zum beispiel moechte nicht meinem sohn, dessen mutter aus aethiopien stammt, aus einem buch vorlesen, in dem das wort 'neger' vorkommt. einfach deshalb, weil es auch heute noch eine ganze menge menschen gibt, die dieses und andere worte durchaus in verletzender absicht einsetzen. niemand will seine kinder frueher als noetig zwingen, sich mit kraenkenden ausdrucks- und verhaltensweisen anderer auseinanderzusetzen - auch nicht bei der lektuere von im kleinbuergerlichen klima der 50er jahre entstandenen kinderbuechern. dieser simple sachverhalt sollte meiner meinung nach eigentlich fuer jedermann verstaendlich und naheliegend sein. es stellt sich fuer mich daher die frage, warum so viele - sonst absolut vernuenftige und fortschrittliche - menschen gegen diese vermeintliche political correctness auf die barrikaden gehen (und dabei schoen brav die beanstandeten begriffe penetrieren). fuer mich handelt es sich hier um einen fall von wohlfuehl-reaktionismus: wir sind mit diesen buechern, mit diesen worten und mit menschen, die diese worte verwenden, aufgewachsen. die meisten sehen gerade ihre kindheit in einem idealisierten licht und wollen dieses bild auch nicht in frage gestellt sehen. in ihren augen tut die diskussion um verpoente vokabeln im werk von otfried preussler, astrid lindgren und anderen aber genau das. und dagegen wird nun zu felde gezogen und foren-fuellend diskutiert - falsch! leute: es geht hier um elemantare hoeflichkeit und um ein paar nicht weiter bedeutende aenderungen bei der neuausgabe alter buecher. und das war's dann auch. damit sollte man eigentlich leben koennen. musikfans ist mali schon lange vor der aktuellen franzoesischen militaerintervention ins bewusstsein getreten. umso erfreulicher ist es, dass sich jetzt auch eine illustre schar malischer musiker mit einer botschaft gegen die spaltung ihres landes durch bigotte eiferer zu wort meldet. initiiert wurde die aktion uebrigens von der grossartigen fatoumata diawara, mit dabei sind unter anderem amadou & mariam, habib koite, tiken jah fakoly, vieux farka toure, oumou sangare sowie - besonders brisant - auch musikalische vertreter der tuareg: ist - wie so oft - eine frage der perspektive: als hochgelobter songwriter und umtriebiger studiomusiker war mir ed harcourt nicht gerade sympathisch, weshalb ich mich bisher auch nicht weiter darum bemuehte, seine musik kennenzulernen. doch siehe da: der mann ist nicht nur der quasi-schwager von carl barat (beide sind mit einer langley-sister zusammen), sondern hat mit 'back into the woods' auch ein ausgezeichnetes album vorgelegt. als monatsgabe des musikclubs 'society of sound' wurde mir das werk quasi vor die fuesse gelegt und beeindruckte mich auf ganzer linie. harcourt ist nicht nur ein tatsaechlich absolut lobenswerter songwriter, der mit worten mindestens ebensogut umzugehen weiss, wie mit melodien. vollkommen richtigerweise hat sich der brite auch dafuer entschieden, die songs von 'back into the woods' groesstenteils solo mit piano- und gitarrenbegleitung in den abbey roadstudios an einem abend und unter zuhilfenahme von einer flasche wild turkey bourbon aufzunehmen. das resultat sind so wundervolle stuecke wie das bildreiche liebeslied 'the murmur in my heart', das gar nicht so morbide 'last will and testament' sowie die augenzwinkernde kinder-ode 'hey little bruiser'. einen kostenlosen download-track aus dem album gibt es hier. als springsteen-fan merkt man es desoefteren, dass andere musik-aficionados mit einem eleganten schweigen ueber die dem boss entgegengebrachte verehrung hinweggehen. wie ich schaetze, ist es wohl oft die nicht gerade im uebermass vorhandene subtilitaet, die dem amerikaner negativ angekreidet wird. umso bezeichnender ist es, dass springsteen himself bei der auswahl seiner lieblings-nachwuchsacts das thema subtilitaet offensichtlich auch nicht allzu noch bewertet. so wird der spass, den die musik von the gaslight anthem macht, zweifelsohne mit dem dampfhammer erzeugt. und auch die dropkick murphys, springsteens zweite lieblingsband aus juengerer zeit, schiesst aus allen rohren. bisher hat mich das immer etwas vom naeheren kontakt mit den irischen jungs aus boston abgehalten, doch dank des fruehen erscheinungstermins im jahr ist das beim neuen album der band 'signed and sealed in blood' anders. und siehe da: die dropkick murphys gefallen mir. wahrscheinlich war es die vorbereitung durch the gaslight anthem, die mich fuer den zwischen amerikanischem punk, irischen toenen und heartland-rock liegenden sound der band anfaellig machte. inzwischen finde ich diese turbo-version der pogues aber klasse und freue mich ueber springsteenwuerdige rocker wie 'don't tear us apart'. fehlt nur noch die live-taufe - aber das kann ja bald nachgeholt werden. was gibt es besseres, um einen etwas harzigen start ins neue jahr angenehmer zu gestalten, als kostenlose neue musik von den lieblingsbands? an erster stelle sind hier the others zu nennen. waehrend ihr einstiger mentor pete doherty hoffnungslos im heroinsumpf versunken scheint, gibt es die band nicht nur immer noch, sondern haben the others nun auch die demos fuer das unveroeffentlichte dritte album 'songs for the disillusiondes' zum download freigegeben und kuendigen fuer 2013 sogar gleich noch das vierte album an. schoene musik machen the others zwar noch immer nicht, doch gefallen mir der sound und die attitude der londoner underground-rocker weiterhin ausgesprochen gut. ebenfalls einen gratis-download gibt es von meinen lieblingsrussen aquarium. die compilation 'the secret history of beekeeping' vereint unveroeffentlichte und rare aufnahmen aus den jahren 1981 bis 2003 und zeigt das breite spektrum der band auf. zudem ist auch das songwriting von boris grebenshikov in diesen 'songs of the free way of life' absolut auf der hoehe. weihnachtsferien-roundup dank einiger extra-auftraege gehen meine weihnachtsferien dieses mal bereits recht frueh zu ende (immerhin wurde die arbeitsfreie zeit durch eine magendarm-geschichte vor den feiertagen etwas ausgedehnt, aber ein plus war das eher keines). jedenfalls gab es in den letzten tagen auch neben der grossartigen neuentdeckung by the sea noch eine reihe von erwaehnenswerten musik-news. dazu zaehlte zunaechst die elektro-fraktion: bereits mit der schoen trippigen laurel halo-single 'sunshine on the faded' machte sich das hyperdub-label auf zum jahresendspurt. mit der neuen burial-ep 'truant/rough sleeper' kam dann noch ein echtes highlight dazu, das aufzeigt, wohin es fuer den geialen grossstadtmelancholiker auch ueber die genregrenzen von dubstep hinaus gehen kann. tolle neue bass-sounds bot zudem die kostenlos downloadbare 'danger ep' von katy b, die lust auf das fuer dieses jahr anstehende zweite album der londoner szene-diva macht. ebenfalls kostenlos zu haben ist eine kurz vor weihnachten erschienene zugabe zu sufjan stevens' grossartiger 5cd-box 'silver & gold': das rap-mixtape 'chopped & scrooged' vereint einige der einpraegsamsten musikalischen motive der weihnachts-box mit groesstenteils beschwingt-festiven raps. noch mehr oldschool geht es zu bei 'cut from a star', der solo-lp von the coral-drummer ian skelly. passend zu seinem hauptjob bietet skelly darauf schoen retro klingenden psychedelic-folk-rock und wartet auch mit einigen einpraegsamen songs auf. mit der bezeichnung retro laesst sich auch mein mitbringsel vom vorweihnachtlichen wien-trip charakterisieren: birgit denk interpretiert mit ihrem side-project die novaks auf 'ich wuensch mir einen vorderzahn' kabarettlieder der 50er jahre. die cd ist ein winner weil die ausgewaehlten lieder zum einen wunderbar bissig sind und zum anderen die musik ausgezeichnet zeitgemaess upgedated ist (liegt's an mir oder hoere ich im ersten stueck der cd tatsaechlich einen hauch dubstep?). abschliessend sei noch auf vol. 7 der niceprice-boxsets 'the evolution of dub' hingewiesen. im zentrum der reissue-box steht dieses mal der von jamaika nach england ausgewanderte plattenproduzent winston edwards. das spektrum der dub-alben reicht dabei vom fruehen instrumental-reggae ueber den 'classic dub' von 'king tubby surrounded by the dreads at the national arena' bis zu dennis bovells tollem britdub-album 'dub conference at 10 downing street' von 1980.