Mike Promos_Erfahrungsbericht Fertig
Transcription
Mike Promos_Erfahrungsbericht Fertig
Erfahrungs-Bericht Auslandssemester in Indien/ Coimbatore PSG College of Advanced Studies Mike Sprock Student der Westfälischen Hochschule im Bereich Maschinenbau/ Fertigungstechnik Modul: • Manufacturing Technology • Design of Machine Elements II • Automobile Engineering • Hydraulics & Pneumatics Erfahrung Vorbereitung und Anreise Unterkunft Studieren am PSG College Coimbatore Fazit Erfahrung Die Erfahrungen, die ich während meines Auslandssemesters in Indien gesammelt habe, haben meine Erwartungen an dieses Auslandssemester gänzlich erfüllt, wenn nicht übertroffen. Das Auslandssemester in Indien gab mir die Möglichkeit, die Indische Kultur so wie das Indische Universitätssystem kennen zu lernen und viele soziale Kontakte mit Indischen und Auslandsstudenten aus beispielsweise USA und der Schweiz zu knüpfen. Ich durfte meine Erfahrungen mit zwei weiteren Kommilitonen teilen, welche ebenfalls von der WH Gelsenkirchen stammen. Das Indien ein komplett anderes Land ist, verglichen mit Deutschland, sollte einem im Vorfeld bewusst sein. Ich bin mit der Einstellung nach Indien gereist, offen für neue Lebensweisen so wie Gewohnheiten zu sein und habe diesen Ansatz in voller Weise ausschöpfen dürfen. Ein kleines Beispiel ist, dass jegliche Speisen mit der rechten Hand in Südindien verzehrt werden. Was einem anfangs etwas komisch vorkommt, da man als Kind immer gesagt bekommen hat “nein esse nicht mit den Fingern, nehme die Gabel“. An diese Umstellung hat man sich aber schnell gewöhnt. Vorbereitung und Anreise Mein Entschluss für ein Semester ins Ausland zu gehen, stand in meinem Kopf schon relativ lange vorher fest. Brachte aber auch immer einige bedenken mit sich. Es empfiehlt sich, rechtzeitig mit der Planung zu beginnen. Meine ersten Ansätze ein Auslandssemester zu bestreiten, starteten im Auslandsamt in der Westfälischen Hochschule, Abteilung Gelsenkirchen, ca. acht Monate vor Antritt der Reise. Ich habe mich erst mal grundlegend informiert und wurde freundlich und kompetent beraten. Zukünftige Ansprechpartner, Internetseiten und Informationsmaterial wurden mir zu meiner eigenen Recherche ausgehändigt um mir ein Bild von den angebotenen Programmen zu machen. Man sollte sich bewusst sein, dass das Wintersemester normalerweise in Indien zwei Wochen später beginnt und zwei Wochen später endet als das in Deutschland. Versäumnisse der Unterrichtsstunden sind im Vorfeld mit den jeweiligen Professoren zu klären und zu besprechen, da sehr wahrscheinlich Praktika nach der Rückreise bereits gelaufen sind und nachzuholen sind. Desweiteren ist es ratsam, sich bei einem Tropenarzt über nötige Impfungen zu erkundigen, da Indien ein sehr Tropisches Land ist mit zahlreichen Krankheitsrisiken. Ein Auslandssemester bringt auch zusätzliche Kosten mit sich, die im Vorfeld genau zu kalkulieren sind um ein späteres Geldproblem zu vermeiden. Es ist zu beachten das zusätzliche Kosten für Impfungen, Visa, Flug, Studiengebühren, Unterkunft und Leben anfallen. Im Vorfeld hätte ich auch gerne an einem der Intensiv-Sprachkurse teilgenommen, die jedes Jahr vier Wochen vor Semesterbeginn stattfinden, aber dies war zeitlich nicht einzurichten, da ich mich zu dieser Zeit mitten in den Prüfungen befand. Die Anreise erwies sich als unkompliziert, da Coimbatore einen eigenen Flughafen besitzt der sich nur zehn Minuten von dem PSG College of Advanced Studies entfernt befindet. Als ich in Indien angekommen war wurde ich am Flughafen von einem PSG-Fahrer zum Gäste Haus gefahren, welches sich direkt gegenüber dem PSG College befindet und für den Aufenthalt unser neues Zuhause sein sollte. Nach der Anreise kam ich mir ein wenig verloren vor, da die Angestellten im Gäste Haus lediglich schlecht bis kein Englisch sprachen und uns auch keinerlei Auskünfte über das Studium und den weiteren Verlauf geben konnten. Wir hatten uns dann am nächsten Morgen auf dem Weg zum College Gebäude gemacht, um die für uns zuständigen Personen und Räume zu finden. Unterkunft Das Gäste Haus ist ein 5 Stockinger Wohnkomplex und befindet sich auf dem gegen überliegendes Campusgelände des PSG College of Advanced Studies. Auf dem Gelände befindet sich zusätzlich ein Hostel mit 2,4,6 und 10 Bett Zimmern für Jungen, ein extra Hostel für die Mädchen, welches für die Jungen nicht zugänglich ist und extra umzäunt und abgeschlossen ist. Zwei Kiosks, sowie etliche Sportmöglichkeiten. Unter anderem ein Kricket, Fußball, Handball, Tennis, Badminton und ein Basketballfeld. Hinzu kommen noch zwei schlechte Sporträume, welche eher als kaputt zu bezeichnen sind und in Deutschland geschlossen wären auf Grund der zahlreichen Verletzungsrisiken. Die Zimmer sind spartanisch eingerichtet. Nur das Nötigste ist vorhanden. Eine Ablagefläche, ein Stuhl, ein Schrank, ein Bett, ein Ventilator, eine Deckenlampe und in manchen Zimmern auch ein Spiegel. Die Zimmer haben eine ausreichende Größe. Die Betten sind eher klein (1,90x 0.80m) gehalten und bieten wenig bis keinen Komfort. Die Matratze ist vergleichbar mit einer dünnen Iso-Matte. Zu empfehlen ist der Kauf einer Matratze beim Händler um die Ecke ( Preis: ca. 400 Rupien/ ca. 5,80€) Vor allen Fenstern befinden sich massive Gitter. Türschlösser sind nicht vorhanden. Man sollte sich sein eigenes Vorhängeschloss mitbringen oder vor Ort kaufen. Ein Reiseadapter für die Steckdosen ist nicht erforderlich. Es befindet sich auf den Zimmern kein Toilettenpapier lediglich ein kleiner und ein großer Eimer, welche in Indien zur Reinigung nach dem Stuhlgang verwendet werden. Es ist aber möglich an der Rezeption Toilettenpapier zu erhalten. Alternativ auch in der nächsten Mall, welche 5 min. Fußweg entfernt ist. Jedes Zimmer hat eine Dusche, aber nicht jede Dusche funktioniert auch, was bedeutet, dass meine Dusche funktionierte. Bei meinen zwei Kommilitonen war jedoch einmal keine Armatur vorhanden, lediglich der Duschkopf und bei dem anderen Kollegen lief das Wasser nicht ab. Somit haben wir uns meine Dusche täglich geteilt. Die Zimmer boten das nötigste was man benötigt, man war anfangs ein wenig geschockt, aber konnte sich gut mit den Zimmern arrangieren. Unsere Zimmer waren Luxuriös verglichen mit denen des normalen Studenten. An dem Collegegelände und Umgebung hat man täglich ca. 10 Stromausfälle. Die meisten in den Abendstunden, wenn viel Elektrizität vom Netz verlangt wird. Was anfangs sehr nervig war, da man auf einmal im dunklen unter der Dusche stand, oder beim Lernen unterbrochen wurde. Was einem im Nachhinein aber wieder positiv stimmte, wenn man hört, dass außerhalb des Collegegeeländes lediglich 10 Stunden Strom pro Tag zur Verfügung steht und dass in der Regel ab den Morgenstunden, wenn man sich nicht in dem Zimmer aufhält, da man ja zum College geht. Somit kann einem das im ersten Moment nerven sogar noch froh stimmen. Wir hatten das Privileg, kommen und gehen zu dürfen wann wir wollten, was aber nicht für die indischen Studenten gilt. Die Jungen müssen unter der Woche um spätestens 9:30 Uhr auf dem Gelände sein, jegliches zu spät kommen wird mit 150 Rupien geahndet. Nicht jeder Student konnte diese Strafe begleichen und erzählte uns, dass er schon einige Nächte am Bahnhof geschlafen hat. Das hat uns schon sehr nachdenklich gemacht, wie anders hier doch die Regeln sind und wie sie gehandhabt werden. Die normalen Mädchen haben es definitiv nicht leichter am PSG College. Sie werden nach 18:30 Uhr direkt nach Schulende „Weggeschlossen.“ Dieses bedeutet, dass das Gelände nochmals extra abgetrennt ist und um 18:30 Uhr abgeschlossen wird. Die Mädchen die im Gäste Haus untergekommen sind werden nach 21:30 Uhr weggeschlossen, was bedeutet das am Ende des Flures auf dem sich die Zimmer befinden, von außen ein Vorhängeschloss kommt. Das zu sehen, dass die erwachsenen Studenten so eingesperrt sind, gab mir ein komisches Gefühl. Der Internetzugang in ihren Zimmern ist den Mädchen auch verboten. Somit bleibt einem Mädchen am PSG Kollege lediglich lernen und lesen. Freizeitgestaltung so wie wir es aus Deutschland kennen, nach der Schule in die Stadt zu gehen oder z.B. zum See zu fahren, ist für die Mädchen undenkbar. Hinzu kommt, dass es den Studenten nicht erlaubt ist, ein Motorrad zu besitzen, da sie ja zum Studieren dort sind und nicht um herum zu fahren. Was im Umkehrschluss bedeutet, Leben um zu lernen ohne jegliche Freizeitgestaltung. Studieren am PSG College Das Studium in Indien ist prinzipiell am ehesten zu beschreiben mit dem Abitur in Deutschland, nur das die Schultage in Indien viel länger sind. Der Unterricht findet in Klassen statt, welche aus maximal 30 Studenten bestehen. Eine Unterrichtsstunde entspricht 50 Minuten. Der Regelstudienplan der indischen Studenten geht von Montags bis Samstags und startet Montag bis Freitag, morgens um 8:30 Uhr und endet in der Regel zwischen 18:30 Uhr und 20:00 Uhr. Samstag lediglich von 8:30 Uhr bis um 12:30 Uhr. Es gilt die Anwesenheitspflicht für alle Unterrichtsfächer, ausschluss zur Klausur bei weniger als 65% Anwesenheit. Ein Semestermodul ist mit 100 Marks angesetzt, welche sich wie folgt zusammen setzen. Es werden 3 Internals jeweils eine Stunde während des Semesters geschrieben und ein extra Final Examen, welches mit drei Stunden limitiert ist, am Ende des Semesters. Es werden die zwei Besten aus drei Internals gewertet und fließen mit jeweils 20 Marks in die Endnote ein. Das Final Examen fließt mit 50 Marks in die Endnote ein. Es müssen in dem Final Examen mindestens 50 Prozent erreicht werden, ansonsten gilt das Fach als nicht bestanden, unabhängig von den Vorleistungen in den Internals. Die restlichen 10 Marks setzen sich von Lehrer zu Lehrer unterschiedlich zusammen, mal durch eingesammelte Hausaufgaben, Präsentationen oder Anwesenheit. Bei nicht bestehen des Final Examens werden in der Regel ca. zwei Monate später die Final Examen erneut angeboten und es kann erneut ein Versuch geleistet werden. In Indien hat man eine unbegrenzte Versuchsanzahl. Einzige Bedingung ist, das Studium binnen 6 Jahren abzuschließen. Auf dem oberen Bild ist ein Prüfungsraum zu sehen und auf dem unteren ein alter Klassenraum. In den Internals und Examen wird extremen Wert auf Ordentlichkeit gelegt. Es befinden sich auf den ausgehändigten Arbeitsblättern keine Linien. Die Schrift sollte sauber und gerade ausgeführt werden. Zeichnungen sind stets ordentlich auszuführen, dies ist wichtiger als der textliche Inhalt. Was sich in einem Internal so wieder spiegelte das ich aus möglichen 20 Marks lediglich 17,5 hatte. Einzig und allein aus * no neat sketch* Gründen. Das die Ordentlichkeit so wichtig ist, wurde uns aber erst zu den Final Examen von einem Lehrer zu verstehen gegeben. Wir hatten somit schon einige Marks verschenkt, da wir eher weniger Wert auf das Zeichnen legten und uns mehr auf die technischen Inhalte konzentrierten, was im nachhinein sehr ärgerlich für uns war. Allgemein fehlte die Aufklärung über die gesamte Schulstruktur und deren Abläufe der Unterrichte. Wenn Stunden ausfielen oder verschoben wurden, hatte man es nur bemerkt, da man vor verschlossenen oder leeren Räumen stand. Die indischen Studenten sind eher träge, was das weitergeben von Informationen betrifft. Mir wurde am Ende des Semesters ein Zettel ausgehändigt, welcher die genauen Abläufe des Semesters und den prüfungsrelevanten Unterrichtsstoff beinhaltet. Meine Kommilitonen hatten diesen Zettel bereits am Anfang des Semesters bekommen. Da man selber aber nicht die ganze Zeit in derselben Klasse verbringt, aufgrund der Fächer die man als Exchange Student belegt, gehen viele wichtige Informationen verloren. Unsere Final-Examen-Prüfungs-Organisation haben wir selbst durchgeführt, da uns gesagt wurde, wir sollen doch bitte den zuständigen Lehrern Bescheid geben, die bis Dato, eine Woche vor geplantem Examen, noch von gar nichts wussten. Auch nicht, dass wir unser Semester zwei Wochen eher beenden als die Regelstudenten. Allgemein gingen Papierwege eher träge und langsam voran. Englisch ist in Indien die Verkehrssprache, jedoch sprechen außer die Studenten und höher gebildete Leute recht wenige Menschen in Coimbatore Englisch. Die Hauptsprache ist hier hauptsächlich Tamil was auch bei den einheimischen Lehrern zu spüren ist. Sie sprechen nur sehr unklar Englisch und mixen ihre Reden mit Tamil Abschnitten was für uns immer nur Verwirrung mit sich brachte, da wir dann nichts mehr verstanden haben. Im Ganzen ist der Unterricht etwas unruhiger als in Deutschland, dazu tragen die Zahlreichen teils knarrenden Deckenventilatoren bei. Coimbatore Coimbatore ist im Süden Indiens und bekannt für sein ausgezeichnetes Klima. Ich durfte selbst in den letzten 5 Monaten erleben, dass hier durchgehend die Sonne scheint und es immer warm ist. Nur im Dezember in den Nachtstunden kann es mal vorkommen das man einen Pullover benötigt. Wir hatten in dem gesamten Zeitraum in dem Wir uns in Indien befanden, nur drei Regen Tage bei denen es dann auch sogar nur nachts geregnet hat. Das Klima ist wirklich Paradiesisch. Die Kehrseite an dem immer zu warmen Wetter ist, dass man sich stetig gegen die Sonne schützen muss, um spätere Hautrötungen zu vermeiden. Ebenfalls hatten wir stetig Mückenstiche, da Mücken immer vorhanden waren und uns die eine oder andere Nacht um den Schlaf gebracht haben. In Coimbatore gibt es mehr als 25.000 kleine, mittlere und große Branchen wie z.B. die Textilindustrie. Außerdem ist Coimbatore bekannt für die Herstellung von Pumpen und verschiedenen Ingenieurs typischen Produkten. Deshalb nennt man Coimbatore auch "Detroit of the South". Durch die Nutzung der Wasserkraft von den Pykara Falls für Strom um 1930 erfuhr Coimbatore ein Boom, was zu eine starken Wirtschaft führte. Dadurch wurde Coimbatore eine der größten Industriestätte im Süden Indiens. Das Bus und Bahnnetz ist sehr günstig und ermöglicht einem große Entfernungen für kleines Geld zu reisen. In Coimbatore herrscht jedoch ein Gesetz das besagt, dass jeder Stadtbus seine Reiseziele und Beschriftungen in Tamil Sprache haben muss, was für uns wiederum bedeutete, dass wir die Busse nur begrenzt nutzen konnten. Die Busse waren zusätzlich mit Nummern versehen an den wir uns dann Orientiert hatten. Einen Busplan den man als Broschüre im Internet oder an den Bushaltestellen studieren kann, gibt es in Coimbatore leider nicht. Fazit Ein Auslandssemester zu bestreiten hat sich für mich als vollkommen richtig erwiesen. Ich konnte mich in vielen Hinsichten weiterbilden und viele wichtige Eindrücke und Erfahrungen sammeln. Bevor ich das Auslandssemester bestritt war mein Englisch schlecht. Nun nach fünf Monaten täglicher Sprachpraxis, vielem Lesen in technischen Büchern, sowie dem Lernen für das Studium hat sich mein Englisch enorm verbessert und ich bin in der Lage mühelos Gespräche mit Menschen auf Englisch zu führen, so auch Technische Gespräche. Die Unterrichtsfächer brachten einen enormen Zusatzaufwand, welchen ich so gar nicht gedacht hätte, da jegliche technischen Vokabeln im Vorfeld neu gelernt werden mussten, um den Unterrichtsstoff überhaupt folgen zu können. Das tägliche Englisch lernen hat mir Spaß gemacht, da ich es direkt in der Praxis anwenden konnte. Abschließend ist zu sagen, dass ich eine tolle Zeit während meines Auslandsaufenthalts hatte. Es ist eine weittragende Bereicherung für mich. Es war mir klar, dass es nicht durchgehend ein Vergnügen ist und man immer nur gute Erfahrungen erleben wird. Aber am Schluss kann ich sagen, dass diese Erfahrungen, gute als auch schlechte, mich im Ganzen positiv auf das Auslandssemester zurückblicken lassen. Ich habe einen tiefen Einblick in die Indische Kultur, beim Studium als auch auf meinen Reisen durch Indien erfahren. Durch die Erfahrung am PSG College of Advanced Studies konnte ich mich fachlich, aber auch persönlich weiterentwickeln. Ich bin sehr froh, dass mir die Möglichkeit für diese Erlebnisse gegeben wurde und möchte die Zeit in Indien nicht mehr missen. Einen Auslandsaufenthalt kann ich jedem empfehlen. Die Strapazen für die Bewerbungen und der Bürokratie- Aufwand im Vorfeld lohnen sich. Vielen Dank an das Akademische Auslandsamt der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen und dem Herrn Pr. Dr. Fröhling, die mir diesen bereichernden und erfahrungswertvollen Auslandsaufenthalt ermöglicht haben.