Nathan der Weise – Gliederung

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Nathan der Weise – Gliederung
Nathan der Weise – Gliederung
1) Autor
2) Handlung
3) Personen / -konstellation
4) Historischer Hintergrund
5) Interpretationsansätze
Gotthodt Ephraim Lessing
1. Biographie:
- geb.: 22.01.1729 in Kamenz (Sachsen)
- Lessings Vater, ein theologischer, ehrgeiziger, lutherischer
Pfarrer, gab ihm Privatunterricht. Er sollte Pfarrer werden.
- 1741-46 Besuch der Fürstenschule St. Afra in Meißen.
Erste schrifstellerische Versuche
- 1746 wird Lessing aufgrund guter Leistungen vorzeitig aus
der Schule entlassen
-1746 Beginn des Theologiestudiums in Leipzig. L.
beschäftigt sich jedoch hauptsächlich mit Theater und
Theaterkunst.
- 1748 Lessing bricht das Studium ab. Kurzzeitiges
Medizinstudium. Umzug nach Berlin, um Gläubigern in
Leipzig zu entkommen.
-1751- 1753 Rezensent und Redakteur der „Berlinischen
Priviligierten Zeitung“, die spätere „Vossische Zeitung“
-1752 Erlang der Doktorwürde in Medizin
-1754 Beginn der Freundschaft mit Moses Mendelssohn
-1760-1765 Sekretär des preußischen Generals von
Tauentzien in Breslau
-1767-1769 Lessing wird Dramaturg am Hamburger
Nationaltheater. Hier entsteht aus seinen gesammelten
Theaterkritiken sein theoretisches Hauptwerk, die
„Hamburgische Dramaturgie“ (Sammlung von 52
Theaterkritiken)
-1770 Bibliothekar in Wolfenbüttel
-1774 Lessing beginnt eine umfangreiche
Theologiediskussion, wobei er sich vor allem mit dem
Hamburger Pastor Goeze anlegt (Religionsstreit)
-1776 Heirat mit E. König
-1778 Tod seiner Frau kurz nach der Geburt des Sohnes,
der nur einen Tag alt wird
-1779 „Nathan der Weise“
-15.02.1781 Tod Lessings aufgrund eines Schlaganfalls
2. Entstehungsgeschichte:
Die von Lessing herausgegebenen Wolfenbüttler
Fragmente -umfangreiche Partien aus einem sehr
undogmatischen, religionskritischen Werk von Samuel
Reimarus- verwickelten ihn in eine scharfe
Auseinandersetzung mit der Orthodoxie, besonders mit
dem Hamburger Hauptpastor Melchior Goeze. Ein
Kabinettsbefehl untersagte Lessing weitere Publikationen
des Reimarus Nachlasses. Aber Lessing ließ sich nicht
entmutigen und wechselte den Kampfplatz. Er wechselte
zum Theater. Er ging sofort daran Nathan der Weise zu
schreiben. Er war fasziniert von Boccaccios Decamerone,
in dem die Geschichte des Juden erzählt wird, mit der alten
Wanderfabel von drei Ringen. Nachdem ihm die
Zensurfreiheit für Geschriebenes entzogen wurde, hoffte er
wenigstens auf der Bühne seine Meinung frei äußern zu
können.
3. Allgemeines über Lessing
- L. galt als wichtigster Dichter der deutschen Aufklärung
- mit seinen Arbeiten, unter denen besonders seine
theoretischen Schriften hervorragen, hat er die weitere
Entwicklung der deutschen Literatur und
Theaterwissenschaft wesentlich beeinflusst
- Nathan der Weise wird als erstes weltanschauliches
Ideendrama bezeichnet
- theoretische Schriften, wie „Laokoon“ und die
„Hamburgische Dramaturgie“ beeinflussten maßgeblich die
Diskussion ästhetischer und literaturtheoretischer
Grundsätze
- Lessing engagierte sich für Toleranz gegenüber den
anderen Weltregionen und setzte diese Haltung auch
dramatisch um (Æ so entstand Nathan der Weise)
Literatur:
http://members.fortunecity.com/help4you/nathan_der_weise.ht
m (Zugriff am 13.11.07 um 13.00 Uhr)
Nathan der Weise – Handlung –
1. Aufzug: Exposition
- Nathan kehrt heim und erfährt, dass seine (Pflege-)
Tochter von einem Tempelherrn aus Nathans brennendem
Haus gerettet wurde
- Verschiedene Deutungen:
* Daja: Rettung als ein Wunder Æ Eingriff des Himmels
* Nathan: Rettung als gute Tat eines edlen Mannes
- Saladins Geldnot
- Begnadigung des Tempelherrn
- Weigerung des Tempelherren in Nathan Haus zu
kommen
2. Aufzug: steigende Handlung
- Politische Absichten Saladins: Heirat von Sittah und
Richard Löwenherz’ Bruder
Æ Verbund von Menschen
Æ Überwindung der Unterschiede der Völker
- Gespräch zwischen Nathan und dem Tempelherren führt
zur Freundschaft der Beiden ( Æ gleiche Ansichten)
- erste Anzeichen einer Verbindung zwischen dem
Tempelherren und Nathans Freund Wolf von Filnek
3. Aufzug: Klimax
- Dajas Wunsch Recha in christliche Hände zu geben
- Liebe zwischen Recha und dem Tempelherren (Jüdin &
Christ)
- Frage nach dem „richtigen“ Glauben Æ
Ring-Parabel:
* Ein Mann besaß einen Ring, der vor Gott und
Menschen angenehm zu machen vermag, wer ihn mit
Zuversicht trug
* er hatte drei Söhne, jeder gleich würdig den Ring zu
bekommen
* Vater lässt zwei Kopien anfertigen, so dass jeder
der Brüder einen Ring bekommt
Æ Lassen sich nicht unterscheiden, man weiß nicht
welcher der wahre ist
- Saladin kann sich mit Inhalt und Intention identifizieren
- Freundschaft Saladins & Nathans ( Æ freiwilliger Kredit)
- Tempelherr bittet um Rechas Hand, wird aber von
Nathan zurückgewiesen
- Daja erzählt dem Tempelherren, dass Recha Christin und
nicht die leibliche Tochter Nathans ist
4. Aufzug: fallende Handlung
- Aussage des Patriarchen: kein Jude darf ein
„Christenkind“ erziehen
Æ „Der Jude wird verbrannt“
- Saladins & Sittahs Erinnerung an ihren Bruder Assad
- Recha wird in den Palast gerufen
- Klosterbruder erinnert Nathan an Rechas Herkunft:
Wolf von Filnek ist ihr Vater
- Daja informiert Recha über ihre christliche Herkunft
5. Aufzug: Auflösung
- Saladin erhält Geld aus Ägypten Æ Geldproblem ist
gelöst
- Aufklärung der Familienverhältnisse:
Tempelherr ist nicht Curd von Stauffen, sondern Leu
von Filnek
* Wolf von Filnek ist sein Vater
* Mutter war die Schwester Curds
Recha ist die Schwester Leus
* ursprünglich Blanda von Filnek
Wolf von Filnek ist Assad, Saladins und Sittahs
Bruder
- Verwandtschaft aller drei Hauptpersonen
Æ Betonung Nathans „geistiger“ Verwandtschaft
Æ Zweitrangigkeit der Konfessionen/ Nationen
Charaktere in Nathan der Weise
Nathan der Weise
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Hauptperson & Titelfigur des Dramas
reicher Kaufmann
o bedächtig, nicht geizig mit Geld, schenkt gerne
Recha: angenommene Tochter, die er liebt wie eine
eigene
nur „Jude“: schwerer Stand in der Gesellschaft
„Juden
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sind allgemein zu meiden“
Familie: Gestorben durch einen Anschlag
o Nathan Opfer der Intoleranz, hat dennoch seinen
Glauben nicht verloren
sehr religionstolerant: gläubig, aber kritisch eingestellt
erlangt höchste Sympathie beim Leser:
gütig, tolerant, freundlich, vorbildlich - weise,
lebenserfahren, verpflichtet sich der Gewaltfreiheit
Recha/ Blanda von Filnek
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angenommene Tochter Nathans: sieht ihn als wahren
Vater an
lobt ihn für seine gute Erziehung: dankbar und stolz auf
ihren Vater
freundlich, offen gegenüber anderen Menschen
leibliche Eltern: Assad (Moslem) und eine Christin (beide
tot)
jüdisch aufgezogen, muslimischer Hintergrund, christliche
Mutter: Verbindung dreier großer Religionen
Der junge Tempelherr/ Leu von Filnek
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Mitglied eines geistlichen Ritterorden, der an
Kampfhandlungen beteiligt war: Waffenstillstand wurde
gebrochen
o Vorführung vor den Sultan
o überraschenderweise Begnadigung
rettet Recha aus dem brennenden Haus, vermeidet aber
Kontakt zu dem Juden Nathan
o Vorurteile!
Wandlung: „Sind Christ und Jude eher Christ und Jude als
Mensch?“
liebt Recha vorurteilsfrei: bittet dreimal um ihre Hand
o Abwendung vom Orden für Recha
Nathan verneint, als er herausfindet, dass der Tempelherr
ein Sohn Assads ist
o Recha und der Tempelherr sind Geschwister
Saladin, der Sultan
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Mittelpunkt der politischen Macht
steckt in Geldschwierigkeiten, wendet sich an Nathan
erfüllt seine Pflichten gewissenhaft, genießt aber auch
seine Freiheit: Schach spielen mit seiner Schwester
Begegnung mit Nathan:
Schlüsselerlebnis & Bewusstseinswandlung
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Verstehen der Ringparabel: könnte zu einer besseren
Weltordnung führen
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Gute Taten:
o
o
o
sehr bemüht einen Frieden herzustellen
Begnadigung des Tempelherrn
Freundschaft mit Nathan: Überwindung der
Vorurteile!
Der zeitgeschichtliche Hintergrund:
Aufklärung (~ 1720-1785)
Politische und gesellschaftliche Situation in Europa:
Absolutismus und Ständegesellschaft (Klerus, Adel, Tiers)
Æ zunehmende öffentliche Kritisierung der Zustände, vor allem
in Frankreich durch Akademiker
Freiheit statt Absolutismus
Gleichheit statt Ständeordnung
Erkenntnis durch menschliche Vernunft statt Vorurteil und
Aberglaube
Æ Ausbruch der Kritik in der franz. Revolution (1789-1799) –
Sturz der Monarchie hin zur demokratischen Staatsauffassung
• Bewegung mit den Prinzipien „Vernunft und Freiheit“
Æ I. Kant: „Ausbruch des Menschen aus seiner selbst
verschuldeten Unmündigkeit“
• Vernunft als Maßstab aller Dinge, die jedem Menschen von
Natur aus angehörig ist
• Mensch kann/soll sich durch seine Vernunft und
Tugendhaftigkeit neu bestimmen; Möglichkeit der
Selbstverwirklichung
• Selbstbestimmung / Selbstautonomie: „sein eigener Herr
sein“, selbst auf Basis der Vernunft Entscheidungen treffen
• Mensch definiert sich durch seine Tugendhaftigkeit, nicht
mehr durch seinen Stand Æ Ansehen gewinnen durch
tugendhaftes, vernünftiges Handeln
• Vorurteils- und Aberglaubenskritik, da diese der
menschlichen Vernunft widersprechen, denn sie werden
übernommen ohne selbst über das Thema zu reflektieren
• Akzeptanz/Toleranz anderer Meinungen (Gleichwertigkeit),
Liberalität anderer Gedanken gegenüber
• Pluralismus-Idee der Öffentlichkeit: Das Volk, nicht ein
despotischer Herrscher, zählt
Lessings „Hamburgische Dramaturgie“:
• Das Schauspiel soll eine sittliche Besserung des Zuschauers
hervorrufen, durch
1. Mitleid Æ Zuschauer soll Mitleid empfinden und somit
„weicher“, menschenfreundlicher, umsichtiger werden
Æ christlicher Handeln im Sinne der Nächstenliebe
2. die bleibende Furcht, die gleichen Fehler wie die
Hauptfigur zu begehen bzw. in dieselbe schwierige
Situation zu kommen Æ umsichtigeres,
vorrausdenkendes und vernünftigeres Handeln, um
Probleme zu vermeiden
3. den Vorbildcharakter mancher Figuren: hier: Nathan
Æ dies kann nur durch Identifikation geleistet werden d.h. die
Bühne muss eine Illusionsbühne sein, durch die der
Zuschauer die Möglichkeit hat, sich mit den Hauptfiguren
bzw. dem Geschehenen zu identifizieren
Æ dies wiederum ist nur durch die Durchbrechung der
Ständeklausel möglich
Aufklärerische Aspekte in Lessings „Nathan der Weise“
(beispielhaft)
1. Vorurteilskritik bzw. Gleichheitsgedanke: Alle Religionen sind
gleichwertig, kein Anhänger einer Religion ist besser als der
andere (Daja als Negativ-Beispiel), keine Religion
hochwertiger als die andere
2. Tugendhaftigkeit u. Menschliebe: Nathan nimmt Recha bei
sich auf, Tempelherr rettet Recha aus den Flammen, Saladin
der sich durch Almosenabgabe verschuldet
3. Vernunftglaube: Nathan, der seine Vernunft anwendet als er
Recha trotz des Religionsunterschieds annimmt Æ Er siedelt
die Menschenliebe höher als die verbindlichen
Glaubenssätze an und handelt somit vernünftig und autonom
Interpretationsansätze
Zentrale Begriffe:
Toleranz, Akzeptanz, Humanität und Gleichheit der
monotheistischen Religionen (Christentum, Islam und
Judentum).
- Toleranz, Akzeptanz, Humanität:
o Das Drama kann als ein Aufruf
a) zu mehr Toleranz in Bezug auf die verschiedenen
Religionen
b) zu einer höheren Akzeptanz von Personen
verschiedener Herkunft und Glaubensrichtung
c) zu mehr Humanität
verstanden werden.
Verkörpert durch Nathan und sein Verhalten
- Gleichheit der monotheistischen Religionen:
o Alle Religionen sind wahre Religionen, wenn man an sie
glaubt und gut handelt. (Ringparabel)
o Die Religionen sind miteinander verwandt. (Recha und
der Tempelherr sind Geschwister)
Interpretation der Ringparabel
Mögliche Ansätze:
- Die drei Ringe stehen für die drei monotheistischen
Weltreligionen Islam, Judentum und Christentum.
- Die drei Söhne sind die Vertreter dieser Religionen.
- Der Vater symbolisiert Gott und durch seinen Auftrag zur
Vervielfältigung entstehen im übertragenen Sinne die
verschiedenen Religionen.
o Somit wären die verschiedenen Religionen von
Gott gewollt und gemacht.
- Der Vater symbolisiert Gott und der Künstler die
Menschen.
o Nach diesem Ansatz wären die verschiedenen
Religionen vom Menschen selbst geschaffen
worden.
- Die Ringe sind identisch.
o Alle Religionen sind gleichwertig. Die
Religionen stehen nebeneinander auf einer Stufe.
- Der Ring soll denjenigen, der ihn in Zuversicht trägt vor
Gott und den Menschen angenehm machen.
o Nicht die Religion (Theorie) selbst spiegelt die
Wahrheit wider, sondern der Glaube daran
(Praxis) und deshalb kann jede Religion an die
man glaubt, als eine wahre Religion bezeichnet
werden.
- Ringparabel: zurückliegende „graue Jahre“ weit
entfernten Zukunft „in tausend Jahren“
o Damit weist die Ringparabel auf einen
historischen Prozess hin, in dem Intoleranz
allmählich überwunden werden kann.
Aktualität des Konflikts:
- noch keine Überwindung der Intoleranz Religionskriege