Arbeitsrecht 2014

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Arbeitsrecht 2014
ArbR
Arb eit s rec ht
Newsletter zu Entwicklungen im Arbeitsrecht
.
Seite
RECHTE UND PFLICHTEN IM PRAKTIKUM –
TIPPS ZUR VERMEIDUNG TYPISCHER FEHLER
.
1. Abgrenzung freiwilliges Praktikum/Pflichtpraktikum/
Werkstudent
2
2.Vergütung
2
3.Vertrag
3
4. Probezeit vs. Probearbeitsverhältnis
3
5.Scheinpraktikum
3
6.Urlaubsanspruch
4
7.Arbeitszeitregelungen
4
8.Sozialversicherungspflicht
4
9.Unfallversicherung
5
10.Lohnsteuer
5
11.Arbeitsschutz
5
12.Haftung
5
13.Beendigung/Kündigung
6
14. Übernahme des Praktikanten in ein Arbeitsverhältnis
6
wir freuen uns, Ihnen in diesem Jahr
die vierte Ausgabe unseres regelmäßig erscheinenden Newsletters
Arbeitsrecht zu übersenden. Auch
diesmal stehen wieder aktuelle Entwicklungen im Arbeitsrecht sowie
praxisrelevante Urteile im Fokus.
Besonders hervorzuheben sind in dieser Ausgabe die Änderungen im Bereich der Praktikantenbeschäftigung sowie zum Mindestlohn, die jeweils zum 1. Januar 2015 in Kraft treten.
Eine interessante Lektüre
wünscht Ihnen
Ihr
AKTUELLE RECHTSPRECHUNG
Keine Altersdiskriminierung durch Staffelung der
Kündigungsfristen denken
Inhaltsübersicht
4/14
7
Anspruch des Betriebsrats auf Unterlassung einer
Betriebsänderung?7
Mitteilung der Schwerbehinderung durch Bewerber 8
Übergewicht als Einstellungshindernis
9
Abmahnung wegen unhöflicher E-Mail an Kunden
10
Dr. Volker Vogt, LL.M.
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
volker.vogt@schomerus.de
AKTUELLE MITTEILUNGEN
Aktuelles zum Mindestlohn
11
Tel. Sekretariat:
040 / 37 601 2348
Fristlose Kündigung wegen Tricksens bei der Zeiterfassung '
gerechtfertigt12
Unterlassung von Äußerungen – Whistleblowing
12
Mitwirkung beim Personal-Lexikon
12
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ArbR 4/14 Seite 1
RECHTE UND PFLICHTEN IM PRAKTIKUM
Tipps zur Vermeidung typischer Fehler
Unabhängig davon, ob man dem Begriff der „Generation Praktikum“ zustimmen
mag oder nicht, stellen Praktika unumstritten eine etablierte Möglichkeit zur Generierung von Praxiserfahrung während und nach der Ausbildung dar. Trotz dieser
Relevanz besteht nicht selten Unsicherheit über die Rahmenbedingungen und
konkreten vertraglichen Wirkungen sowohl seitens der Praktikanten, als auch der
Arbeitgeber. Insbesondere gilt dies angesichts der Verabschiedung des Gesetzes
zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (Mindestlohngesetz – MiLoG), welches ab dem 1. Januar 2015 einen Mindestlohn von 8,50 Euro grundsätzlich – aber
nicht ausnahmslos – auch für Praktikanten vorschreibt. Der nachstehende Beitrag
stellt aus diesem Grund dar, welche Rechtstellung Praktikanten einnehmen und
wie Arbeitgeber vor unerwarteten Personalkosten und Aufwendungen bewahrt
werden können.
1. Abgrenzung freiwilliges Praktikum/Pflichtpraktikum/Werkstudent
Beim Praktikumsverhältnis steht erstrangig der Ausbildungszweck und gerade nicht die
Erbringung von Arbeitsleistungen im Vordergrund. Hierbei wird zwischen freiwilligen
Praktika und Pflichtpraktika unterschieden. Um ein Pflichtpraktikum handelt es sich,
wenn das Praktikum von einer Studien- oder Prüfungsordnung etc. zwingend vorgeschrieben ist. Während bei Pflichtpraktika in der Regel weder ein Ausbildungs- noch ein
Arbeitsverhältnis mit dem Unternehmen zustande kommt, ergeben sich die Rechte und
Pflichten bei einem freiwilligen Praktikum entweder aus dem Praktikumsvertrag oder
mit Einschränkungen aus dem Berufsausbildungsgesetz (§ 26 BBiG). Mit der Beschäftigung eines Werkstudenten werden hingegen andere Ziele verfolgt. Hierbei steht der
Austausch zwischen Arbeitsleistung und Vergütung im Vordergrund, auch wenn hierfür das Anlernen durch den Arbeitgeber ebenso erforderlich sein kann. Neben der Vergütungspflicht gelten hier alle arbeitsrechtlichen Bestimmungen.
2. Vergütung
Mindestlohn gilt grds. auch für
Praktikanten
Mit Einführung des Mindestlohngesetzes gilt in Deutschland ab dem 1. Januar 2015
der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde. Praktikanten werden durch § 22
Abs. 1 MiLoG explizit in den Anwendungsbereich des Gesetzes aufgenommen. § 22
Abs. 2 Nr. 1-4 MiLoG statuiert jedoch Ausnahmen für diese Regel, wobei die Darlegungsund Beweislast für das Vorliegen der dort aufgeführten Praktikumsverhältnisse stets
beim Arbeitgeber liegt.
Zunächst nimmt Nr. 1 diejenigen Praktika, welche auf Grund einer schulrechtlichen
Bestimmung, einer Ausbildungsordnung, einer hochschulrechtlichen Bestimmung oder
im Rahmen einer Ausbildung an einer gesetzlich geregelten Berufsakademie geleistet
werden – also Pflichtpraktika – unabhängig von deren Dauer vom Mindestlohn aus. Hierunter fallen unter anderem die Praxisphasen eines dualen Studiums sowie die Unterhaltsbeihilfe für Rechtsreferendare und das im Medizinstudium vorgesehene „praktische Jahr“. Ebenfalls ausgenommen sind gem. Nr. 2 (freiwillige) Praktika von bis zu drei
Monaten, die zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines
Studiums sowie gem. Nr. 3 Praktika, welche begleitend zu einer Berufs- oder Hochschulausbildung geleistet werden, sofern nicht zuvor ein Praktikumsverhältnis mit demselben Ausbildenden bestanden hat.
Praktikanten, die an einer Einstiegsqualifizierung nach § 54a SGB III oder an einer
Berufsausbildungsvorbereitung nach §§ 68 bis 70 des BBiG teilnehmen, fallen gem.
Nr. 4 ebenfalls nicht unter den Mindestlohn. Während für Pflichtpraktikanten somit
kein gesetzlicher Vergütungsanspruch besteht, sind freiwillige Praktika nur bis zu einer
Dauer von drei Monaten vom Mindestlohn befreit. In letzterer Konstellation ergibt sich
jedoch eine Pflicht des Arbeitgebers zur Zahlung einer angemessenen Vergütung aus
§§ 26, 17 BBiG. Ein Anhaltspunkt zu deren Bemessung kann die Höhe der Ausbildungsvergütung sein. Ebenfalls keinen Anspruch auf Mindestlohn haben Kinder und Jugend-
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liche unter 18 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung. Zudem fallen nach dem
Willen des Gesetzgebers Volontariate nicht in den Anwendungsbereich des Gesetzes.
Einen Sonderfall bilden Studenten, die ihre Abschlussarbeiten – häufig gegen Vergütung – in Unternehmen schreiben. Hier gilt es zu unterscheiden, ob der Student hauptsächlich mit der Erstellung dieser Arbeit oder mit der Erbringung von Arbeitsleistungen
beschäftigt ist. In erstgenannter Situation ist diese als Rechtsverhältnis eigener Art nicht
vom Mindestlohngesetz erfasst, in letzterer nur im Rahmen der gesetzlich ausgenommenen drei Monate. Der Mindestlohn gilt jedoch mangels einer gesetzlichen Ausnahmeregelung für sämtliche Praktika nach dem Studienabschluss sowie für Trainees und
Werkstudenten, da bei diesen regelmäßig die Arbeitsleistung im Vordergrund steht.
Wird der Mindestlohn trotz eines Anspruchs des Praktikanten nicht oder nicht rechtzeitig ausgezahlt, stellt dies eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße bis zu
500.000 Euro geahndet werden kann (§ 21 Abs. 3 MiLoG). Wurde eine Vergütung vereinbart bzw. gesetzlich konstatiert, ist auch im Krankheitsfall von einer Entgeltfortzahlung auszugehen (§ 19 BBiG). Bei Werkstudenten und Trainees besteht dieser Anspruch
unter der Voraussetzung, dass das Arbeitsverhältnis ununterbrochen bereits mindestens vier Wochen andauert (§ 3 Abs. 3 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG)).
3. Vertrag
§ 1 des Nachweisgesetzes (NachwG) nimmt nun auch diejenigen Praktikanten, die gem.
§ 22 Abs. 1 MiLoG als Arbeitnehmer gelten, in seinen Anwendungsbereich auf. Handelt es sich somit um ein Pflichtpraktikum als Teil der Schulausbildung oder des Studiums, richten sich die Praktikumsvoraussetzungen weiterhin nach den maßgeblichen
Schul-, Hochschul- oder Studienordnungen. Ein Vertrag mit dem Betrieb ist nicht erforderlich. Ebenso gilt dies für die weiteren oben aufgeführten Ausnahmen. Ist das Praktikum hingegen mindestlohnpflichtig, ist seit dem 16. August 2014 ein Praktikumsvertrag erforderlich, der schriftlich und vom Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift unterzeichnet zu erfolgen hat. Die elektronische Form ist nicht ausreichend. Der
Praktikumsvertrag muss unverzüglich nach Abschluss des Praktikumsvertrages, spätestens vor Aufnahme der Praktikantentätigkeit, niedergelegt werden und die in § 2
Abs. 1a NachwG genannten Mindestangaben enthalten. Es empfiehlt sich ohnedies,
zwecks Beweissicherung und Rechtsklarheit grundsätzlich einen Vertrag schriftlich zu
fixieren.
Neu: Schriftformerfordernis für
Praktikantenverträge
4. Probezeit vs. Probearbeitsverhältnis
Eine weitere Frage ist, ob die Vereinbarung einer Probezeit im Praktikum möglich ist. Bei
einem Pflichtpraktikum ist die Vereinbarung einer Probezeit grundsätzlich nicht vorgesehen, bei einem freiwilligen Praktikum hingegen schon (§ 20 BBiG). Die Dauer der Probezeit kann hierbei ein bis vier Monate betragen. Während dieser ist eine Kündigung
gem. § 22 BBiG jederzeit fristlos möglich.
5. Scheinpraktikum
Steht nicht die Vermittlung praktischer Erfahrungen und Kenntnisse, sondern die
Erbringung von Arbeitsleistungen im Vordergrund, handelt es sich nicht um ein Praktikum, sondern um ein Arbeitsverhältnis. Ein solches „Scheinpraktikum“ kann neben
einer möglichen Ungültigkeit des Vertrages finanzielle Konsequenzen nach sich ziehen, beispielsweise die Nachzahlung von Vergütungsansprüchen. Der Arbeitgeber
trägt dann die Beweislast dafür, dass der Ausbildungszweck des „Praktikums“ deutlich
überwiegt und der Praktikant nicht als Arbeitnehmer eingesetzt wird, insbesondere
dann, wenn im „Praktikums-Vertrag“ typische Arbeitspflichten des Praktikanten festgeschrieben sind. Sofern ein mutwilliges Vorgehen des Arbeitgebers vorliegt und das
vermeintliche Praktikum nicht vergütet wird, macht sich dieser wegen Vorenthaltung
von Sozialversicherungsbeiträgen sogar strafbar, da das tatsächlich zu zahlende Entgelt für die Sozialversicherungsbeiträge in voller Höhe gilt. Dies gilt auch für die anfallende Lohnsteuer.
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6. Urlaubsanspruch
In einem freiwilligen Praktikum
bestehen Urlaubsansprüche
Während bei einem Pflichtpraktikum kein Urlaubsanspruch existiert, haben Praktikanten bei einem freiwilligen Praktikum Anspruch auf einen jährlichen Erholungsurlaub
von mindestens 24 Werktagen (vier Wochen), welcher in Bezug auf die Praktikumsdauer anteilig berechnet werden muss. Bei Werkstudenten werden diese Vorschriften
wie bei normalen Arbeitnehmern direkt angewendet, sodass auch ihnen ein vierwöchiger Erholungsurlaub zusteht.
7. Arbeitszeitregelungen
Grundsätzlich darf die Arbeitszeit für alle genannten Rechtsverhältnisse acht Stunden
am Tag nicht überschreiten (§ 3 ArbZG). Für minderjährige Praktikanten im Alter von 15
bis 18 Jahren gilt das Jugendarbeitsschutzgesetz, das besondere Regelungen hinsichtlich Arbeits-, Pausen- und Urlaubszeiten vorsieht und bestimmte Tätigkeiten verbietet.
Nach sechs Stunden ist die Arbeit durch eine Pause von 30 Minuten zu unterbrechen
(§ 4 ArbZG). Die Pflicht zur Sonn- und Feiertagsruhe ergibt sich aus § 9 ArbZG. Ausnahmen von diesem Beschäftigungsverbot regelt § 10 ArbZG. Der Arbeitgeber ist dem
Praktikanten dann aber zur Gewährung eines Ersatzruhetags verpflichtet.
8. Sozialversicherungspflicht
Der Arbeitgeber hat den Sozialversicherungsbehörden alle Praktikanten oder Werkstudenten zu melden. Die sozialversicherungsrechtliche Behandlung hängt nicht nur
davon ab, ob es sich um ein freiwilliges Praktikum oder um ein Pflichtpraktikum handelt, entscheidend ist auch, ob und in welcher Höhe der Praktikant ein Entgelt erhält
und zu welchem Zeitpunkt das Praktikum absolviert wird. Die nachfolgende Übersicht
soll es erleichtern, den „Dschungel“ der einzelnen sozialversicherungsrechtlichen Normen zu durchleuchten:
ArbR 4/14 Seite 4
Unterschiedliche sozialversicherungsrechtliche Regelungen je
nach Art des Praktikums
9. Unfallversicherung
Schüler sind im Rahmen von Betriebspraktika automatisch gesetzlich versichert, der
Unfallversicherungsträger der Schule ist zuständig. Ist das Praktikum ein Bestandteil des
Studienganges, besteht der Unfallversicherungsschutz über den Unfallversicherungsträger der Hochschule, § 2 Abs. 1 Nr. 8c SGB VII.
Freiwillige Praktikanten sind bei dem Unfallversicherungsträger des Unternehmens versichert, sofern sie im Betrieb eingebunden bzw. weisungsgebunden sind. Der Arbeitgeber trägt dann entsprechend einer möglichen Vergütung die Versicherungsbeiträge
zur Unfallversicherung. Praktikanten, die ihre Diplom-, Bachelor- bzw. Master- oder Doktorarbeit in einem Unternehmen schreiben, sind in der Regel nicht versichert, da sie im
Eigeninteresse tätig sind.
10. Lohnsteuer
Lohnsteuerpflicht entsteht nur dann, wenn tatsächlich eine Vergütung für die Praktikantentätigkeit gezahlt wird. Die Vergütung unterliegt als Arbeitslohn dem Lohnsteuerabzug nach den allgemeinen Grundsätzen. Steuerfrei sind Einnahmen bis zu 8.354 Euro
im Jahr. Praktikanten dürfen von dem zu versteuernden Betrag alle Kosten abziehen,
die im Zusammenhang mit dem Praktikum entstanden sind, z. B. Fahrtkosten. Studenten können den Arbeitnehmerpauschbetrag von 1.000 Euro sowie den Sonderausgabenpauschbetrag von 36 Euro geltend machen.
Anstelle der individuellen Besteuerung besteht auch die Möglichkeit der Pauschalversteuerung nach § 40a EStG. Bei geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen erfolgt eine
Pauschalierung in Höhe von zwei Prozent des Arbeitsentgelts, bei einem Minijob i.S.d.
Sozialversicherungsrechts, kann die Lohnsteuer mit 20 % des Arbeitslohns pauschaliert werden.
11. Arbeitsschutz
Unabhängig von der Art des Praktikums greifen immer die allgemeinen arbeitsschutzrechtlichen Regelungen zum Schutz vor gesundheitlichen Gefahren am Arbeitsplatz,
wie beispielsweise das Arbeitsschutzgesetz, das Arbeitssicherheitsgesetz oder auch
technische Regeln für Gefahrstoffe oder biologische Arbeitsstoffe.
12. Haftung
Für die Haftung eines Praktikanten für von diesem verursachte Schäden gilt die Rechtsprechung zur Arbeitnehmerhaftung entsprechend. Der sogenannte innerbetriebliche
Schadensausgleich umschreibt eine Haftungseinschränkung: Bei einfacher Fahrlässigkeit entfällt der Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers ganz. Bei mittlerer Fahrlässigkeit wird die Haftung anhand einer Abwägung zwischen dem Verschulden des
Arbeitnehmers und dem Betriebsrisiko des Arbeitgebers zwischen Arbeitgeber und
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Arbeitnehmer gequotelt (§ 254 BGB analog). Bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer in vollem Umfang.
13. Beendigung/Kündigung
Praktika gehen die Parteien in der Regel für eine bestimmte Dauer ein. In diesen Fällen endet das Verhältnis automatisch mit Fristablauf. Eine Kündigung des freiwilligen
Praktikantenverhältnisses ist innerhalb der vertraglich geregelten Probezeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gestattet. Nach Ablauf dieser Probezeit kann dem Praktikanten aufgrund der Befristung nur aus einem wichtigen Grund außerordentlich fristlos gekündigt werden. Da der Praktikant aber nicht zur Erbringung von Arbeitsleitungen verpflichtet ist, liegt kein Kündigungsgrund vor, wenn der Praktikant die geforderte Arbeitsleistung nicht erbringt. Anderes gilt, wenn der Praktikant den Zweck seiner
Ausbildung dadurch gefährdet, dass er ständig und erheblich zu spät kommt, die Ausbildungsstätte vorzeitig verlässt oder alle Ausbildungsbemühungen deutlich ablehnt.
Der Praktikant kann das Praktikumsverhältnis auch nach der Probezeit entweder außerordentlich oder innerhalb einer Kündigungsfrist von vier Wochen beenden, z.B. aufgrund eines Praktikumswechsels.
Die außerordentliche Kündigung eines freiwillig absolvierten Praktikums muss immer
schriftlich erfolgen und die Kündigungsgründe nennen. Für Werkstudenten gelten wiederum die arbeitsrechtlichen Vorschriften zur Kündigung.
Da ein Pflichtpraktikum, wie erläutert, kein Arbeitsverhältnis darstellt, sind die arbeitsrechtlichen Kündigungsvorschriften nicht einschlägig. Allerdings ist es dem Arbeitgeber untersagt, das Praktikumsverhältnis grundlos zu beenden, da die Beendigung den
Praktikanten um die Anerkennung einer Studienleistung bringen und seine Ausbildungszeit möglicherweise erheblich verlängern könnte.
Des Weiteren kann jedes Praktikumsverhältnis wie beim Arbeitsverhältnis per Aufhebungsvertrag in beidseitigem Einvernehmen mit sofortiger Wirkung beendet werden.
14. Übernahme des Praktikanten in ein Arbeitsverhältnis
Ein Arbeitgeber ist keineswegs dazu verpflichtet, nach erfolgreich absolviertem Praktikum ein Übernahmeangebot zu machen. Fraglich ist jedoch, ob die Praktikumszeit vor
einem anschließend begonnenen Arbeitsverhältnis auf dessen Probezeit angerechnet
werden kann. Dies wird in der Rechtsprechung nicht einheitlich beurteilt. Sinn und
Zweck der Vereinbarung einer Probezeit ist es gerade, die Eignung des eingestellten
Arbeitnehmers zu erkunden. Dieser Zweck ist jedoch bereits dann erfüllt, wenn das
Praktikum bzw. die Werkstudententätigkeit der Arbeitsleistung entspricht, für die der
Arbeitnehmer eingestellt werden soll und dessen Tätigkeit in einer zeitlichen Nähe zur
Festanstellung steht.
Grds. keine Anrechnung der
Betriebszugehörigkeit bei Übernahme des Praktikanten
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Die Rechtsprechung tendiert dennoch dahin, die vorgeschaltete Praktikums- oder Werkstudententätigkeit nicht einzubeziehen, da sie einen anderen Inhalt als das Arbeitsverhältnis habe. Infolgedessen bestünden während der Praktikumszeit noch nicht die
wechselseitigen Pflichten von Arbeitgeber und Arbeitnehmer, sodass dem Arbeitgeber
eine erneute „Prüfung“ des eingestellten Arbeitnehmers zugestanden wird. Das BAG
misst dabei die Dauer der Probezeit an § 622 Abs. 3 BGB, also an der Grenze von sechs
Monaten.
AKTUELLE RECHTSPRECHUNG
Keine Altersdiskriminierung durch Staffelung der Kündigungsfristen
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Urteil vom 18. September 2014 (6 AZR 636/13)
bestätigt, dass die vom Arbeitgeber einzuhaltende gesetzliche Kündigungsfrist des
§ 622 Abs. 1 BGB zum 15. oder Ende eines Kalendermonats, die sich gem. § 622 Abs. 2
Satz 1 BGB von zunächst vier Wochen bei längerer Betriebszugehörigkeit in mehreren
Stufen sukzessive verlängert, wirksam ist. Die Staffelung der Kündigungsfristen verletzt
insbesondere nicht das Verbot der mittelbaren Altersdiskriminierung.
Der zugrunde liegende Sachverhalt war wie folgt: Die 28jährige Klägerin war seit Mitte
2008 als Aushilfe in einer von der Beklagten betriebenen Golfsportanlage beschäftigt. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Klägerin am 20. Dezember 2011
unter Einhaltung der Kündigungsfrist des § 622 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB zum 31. Januar
2012. Die Klägerin wehrt sich zwar nicht gegen die Wirksamkeit der Kündigung als
solche. Sie vertrat aber die Ansicht, die Staffelung der Kündigungsfristen anhand der
Berücksichtigung der Betriebszugehörigkeit begünstige ältere Arbeitnehmer, da langjährig beschäftigte Mitarbeiter denklogisch älter seien. Demgegenüber würden jüngere Arbeitnehmer wie sie hierdurch benachteiligt. Darin liege eine europarechtlich
untersagte mittelbare Diskriminierung wegen des Alters. Daraus folge, dass die in § 622
Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 BGB vorgesehene längste Kündigungsfrist von sieben Monaten zum
Ende eines Kalendermonats unabhängig von der tatsächlichen Dauer der Betriebszugehörigkeit für alle Arbeitnehmer gelten müsse. Darum habe ihr Arbeitsverhältnis erst
mit Ablauf des 31. Juli 2012 geendet.
Verlängerte Kündigungsfristen bei
langjährig Beschäftigten sind legitim
Ebenso wie die Vorinstanzen wies das BAG die Klage ab. Nach Ansicht des BAG liegt
in der Differenzierung der Kündigungsfrist anhand der Dauer der Betriebszugehörigkeit zwar eine mittelbare Benachteiligung jüngerer Arbeitnehmer. Die Verlängerung
der Kündigungsfristen langjährig beschäftigter Arbeitnehmer verfolge jedoch das legitime Ziel, diesen betriebstreuen, typischerweise älteren Arbeitnehmern durch längere
Kündigungsfristen einen verbesserten Kündigungsschutz einzuräumen. Zur Erreichung
dieses Ziels sei die Verlängerung auch in ihrer konkreten Staffelung geeignet, angemessen und notwendig i.S.d. Europarechts und auch des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Deshalb sei im Ergebnis eine mittelbare Diskriminierung wegen
des Alters auszuschließen.
Praxis-Tipp
Die Entscheidung ist aus Arbeitgebersicht zu begrüßen. Die Rechtslage wäre freilich anders, wenn die Kündigungsfrist allein an das Lebensalter eines betroffenen
Arbeitnehmers anknüpfte. Das ist bei § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB der Fall, wonach
Betriebszugehörigkeitszeiten vor Vollendung des 25. Lebensjahres unberücksichtigt bleiben. Diese – leider immer noch im Gesetz zu findende – Regelung
verstößt seit geraumer Zeit gegen das europarechtliche Verbot der Altersdiskriminierung (EuGH vom 19. Januar 2010 – C-555/07, NZA 210, 85 „Kücükdeveci“).
Hingegen ist eine Staffelung der Kündigungsfristen anhand der Beschäftigungsdauer diskriminierungsrechtlich unbedenklich.
Anspruch des Betriebsrats auf Unterlassung einer Betriebsänderung?
Nach Ansicht des LAG Berlin (LAG Berlin vom 19. Juni 2014 – 7 TaBVGa 1219/14) kann
der Betriebsrat im Fall einer Betriebsänderung zur Sicherung seines Verhandlungsanspruchs über einen Interessenausgleich zwar einen Anspruch auf Unterlassung von
Maßnahmen haben, die auf die Durchführung der Betriebsänderung gerichtet sind.
Allerdings können durch den Erlass einer einstweiligen Verfügung nur solche Maßnahmen des Arbeitgebers untersagt werden, die den Verhandlungsanspruch des Betriebsrats rechtlich oder faktisch in Frage stellen, denn der Unterlassungsanspruch dient
allein der Sicherung des Verhandlungsanspruchs.
ArbR 4/14 Seite 7
Im zugrunde liegenden Sachverhalt beabsichtigte die Arbeitgeberin, ihre beiden
Betriebsstätten an einem neuen Standort zusammenzulegen. Demgemäß sollten 20
Arbeitnehmer ab Juli 2014 an dem neuen Standort eingesetzt werden. Insgesamt
waren 323 Arbeitnehmer von dieser Betriebsänderung betroffen. Der Betriebsrat beantragte zur Sicherung seines Verhandlungsanspruchs über einen Interessenausgleich
den Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit der der Einsatz der 20 Arbeitnehmer
untersagt werden sollte. ArbG und LAG gaben dem Antrag des Betriebsrats nicht statt.
Uneinheitliche Beurteilung eines
Anspruchs des Betriebsrats auf
Unterlassung einer Betriebsänderung
In seinen rechtlichen Ausführungen weit das LAG Berlin zunächst darauf hin, dass der
Betriebsrat im Fall einer Betriebsänderung nach § 111 BetrVG einen Anspruch auf Verhandlungen über einen Interessenausgleich hat. Vorliegend könne unentschieden bleiben, ob der Betriebsrat zur Sicherung seines Verhandlungsanspruchs auch Anspruch
auf Unterlassung der Durchführung der Betriebsänderung habe. Selbst wenn dies
bejaht würde, könne ein solcher Anspruch nur auf die Unterlassung derartiger Maßnahmen gerichtet sein, die rechtlich oder faktisch nicht mehr umkehrbar seien und den
Verhandlungsanspruch des Betriebsrates substantiell gefährdeten. Diese Schwelle sei
bei dem hier streitigen Einsatz von 20 Arbeitnehmern an einem neuen Standort noch
nicht überschritten.
Praxis-Tipp
In der Praxis ist umstritten, ob dem Betriebsrat ein im Wege der einstweiligen
Verfügung durchsetzbarer Anspruch auf Unterlassung einer Betriebsänderung
bis zum Abschluss der Verhandlungen über einen Interessenausgleich zusteht.
Nach einer Ansicht (z.B. LAG Hamburg, LAG Niedersachsen) steht dem Betriebsrat ein Anspruch auf Unterlassung einer Betriebsänderung bis zum Zustandekommen oder endgültigen Scheitern eines Interessenausgleichs zu. Mit der
überwiegenden Auffassung ist ein solcher Anspruch aber zurecht abzulehnen
(z.B. LAG Düsseldorf, LAG Köln, LAG München und LAG Berlin). Dafür spricht
nämlich zunächst, dass ein solcher Anspruch gesetzlich nicht vorgesehen ist.
Des Weiteren sind die Rechtsfolgen der Verletzung des Verhandlungsanspruchs
in § 113 Abs. 3 BetrVG abschließend geregelt.
Vorliegend kam ein Unterlassungsanspruch bereits nicht in Betracht, da die
beabsichtigte Maßnahme der Arbeitgeberin nicht geeignet war, den Verhandlungsanspruch des Betriebsrats zu gefährden. Denn es handelte sich nur um eine
geringe Zahl der von der geplanten Betriebsänderung insgesamt betroffenen
Arbeitnehmer; zudem waren die Maßnahmen nicht unumkehrbar.
Mitteilung der Schwerbehinderung durch Bewerber
Ein schwerbehinderter Mensch, der bei seiner Bewerbung um eine Stelle den besonderen Schutz und die Förderung nach dem SGB IX in Anspruch nehmen will, muss die
Eigenschaft, schwerbehindert zu sein, grundsätzlich im Bewerbungsschreiben mitteilen. Eine solche Mitteilung muss bei jeder Bewerbung erfolgen. Auf Erklärungen bei früheren Bewerbungen kommt es nicht an. Dies entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG)
mit Urteil vom 18. September 2014 (8 AZR 259/13).
Das BAG hatte über folgenden Fall zu entscheiden: Geklagt hat ein Schwerbehinderter mit einem Grad der Behinderung von 50. Der Kläger bewarb sich im Juni 2010 erstmalig bei der beklagten Arbeitgeberin, einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Das
Bewerbungsverfahren, zu dem von der Beklagten auch die Schwerbehindertenvertretung hinzugezogen worden war, verlief erfolglos. Bereits Ende Juli 2010 bewarb sich
der Kläger erneut bei der Beklagten, wobei er diesmal auf eine andere, neu ausgeschriebene Stelle aus war. Die Beklagte bearbeitete diese zweite Bewerbung durch eine anderen personalführenden Stelle als die erste Bewerbung. Von dem Kläger wurde weder
im Bewerbungsschreiben dieser Bewerbung noch im Lebenslauf auf seine Eigenschaft
als schwerbehinderter Mensch hingewiesen. Allerdings hatte der Kläger seiner Bewer-
ArbR 4/14 Seite 8
bung ein Anlagenkonvolut mit einem Umfang von 29 Seiten beigefügt. Auf Seite 24 dieser Anlagen war eine Fotokopie seines Schwerbehindertenausweises ersichtlich. Auch
die zweite Bewerbung blieb ohne Erfolg, wobei der Kläger von der Beklagten diesmal
nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden war. Der Kläger klagt auf eine
Entschädigung wegen Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderung. Nach seiner Ansicht hätte er hinsichtlich der zweiten Bewerbung zumindest zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden müssen.
Die Klage blieb erfolglos. Nach Ansicht des BAG hätte der Kläger im Bewerbungsschreiben oder unter deutlicher Hervorhebung im Lebenslauf auf seine Schwerbehinderteneigenschaften hinweisen müssen. Hier liege nur eine unauffällige Information anhand
der in den weiteren Bewerbungsunterlagen befindlichen Kopie des Schwerbehindertenausweises vor. Dies sei keine ausreichende Information des Arbeitgebers. Die Mitteilung der Schwerbehinderung habe vielmehr bei jeder Bewerbung erneut zu erfolgen.
Praxis-Tipp
Der Entscheidung kann nur vorbehaltlos zugestimmt werden. Sofern ein Bewerber seine Schwerbehinderung nicht deutlich offenlegt, kann er sich im Falle einer
Absage nicht auf eine Diskriminierung wegen seiner Schwerbehinderung berufen. Ein anderes Ergebnis ist allenfalls denkbar, wenn der avisierte Arbeitgeber
aufgrund anderer Quellen außerhalb der Bewerbung weiß oder wissen musste,
dass der Bewerber schwerbehindert ist, z.B. bei persönlicher Bekanntschaft oder
offensichtlicher Schwerbehinderung.
Übergewicht als Einstellungshindernis
Arbeitgeber dürfen übergewichtige Bewerber aufgrund des Gewichts ablehnen.
Dies entschied das Arbeitsgericht Darmstadt (ArbG Darmstadt vom 12. Juni 2014 –
6 Ca 22/13). Geklagt hatte eine 42-Jährige, die sich auf die Geschäftsführerposition bei
einer Patientenorganisation beworben hatte. Bei einer Körpergröße von 1,70 Meter
wog sie 83 Kilogramm und trug Kleidergröße 42. Im Rahmen des Bewerbungsverfahrens hatte man sie nach den Gründen für ihr Übergewicht gefragt und geäußert, dass
sie im jetzigen Zustand kein vorzeigbares Beispiel sei und die Empfehlungen der Organisation für Ernährung und Sport konterkariere.
Die Nichtberücksichtigung eines
Bewerbers wegen Übergewicht ist
keine Diskriminierung nach dem
AGG
Zu einem zweiten vereinbarten Gesprächstermin erschien die Bewerberin ohne
Angabe von Gründen nicht. Sie erhielt schließlich eine Absage. Daraufhin forderte sie
vor Gericht ein Schmerzensgeld in Höhe von EUR 30.000. Die Bewerberin stellte sich
auf den Standpunkt, dass allein ihr Übergewicht zur Absage geführt habe und dass dieses eine Behinderung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG)
darstelle. Die Organisation machte geltend, dass die Bewerberin allein aufgrund ihres
Nichterscheinens zum zweiten Termin nicht genommen wurde.
Das Arbeitsgericht Darmstadt stellte zunächst fest, dass bei dem angegebenen Größen-/Gewichtsverhältnis keine Behinderung im Sinne des AGG vorgelegen habe,
sodass Ansprüche insoweit entfielen. Diskriminierungen allein wegen eines ästhetischen Zustands untersage das AGG nicht. Aber auch eine Verletzung des allgemeinen
Persönlichkeitsrechts kam nach Auffassung der Richter nicht in Betracht. Es bestehe
keine Rechtspflicht eines Arbeitgebers, seine Einstellungsentscheidung gänzlich unabhängig vom äußeren Erscheinungsbild des Bewerbers zu treffen. Vielmehr dürfe er in
seine Erwägungen auch Gesamtpersönlichkeit und Erscheinung des Mitarbeiters in
spe mit einbeziehen. Die Patientenorganisation habe hier insbesondere berücksichtigen dürfen, inwieweit die Bewerberin ihre besonderen Anliegen, vor allem ihre Empfehlungen für ein gesundheitsbewusstes Verhalten, gebührend repräsentiere. Die im
Gespräch getätigten Äußerungen zum Übergewicht der Bewerberin stellten ebenfalls
keinen derart schwerwiegenden Eingriff dar, dass sich daraus Schmerzensgeldansprüche herleiten ließen.
ArbR 4/14 Seite 9
Praxis-Tipp
Arbeitgeber dürfen ihre Personalentscheidungen grundsätzlich auch auf ästhetische Gründe stützen. Sobald dabei jedoch Altersgesichtspunkte oder auch
sonstige vom AGG benannte Merkmale wie zum Beispiel eine Behinderung, die
ethnische Herkunft oder das Geschlecht ins Spiel kommen, ist äußerste Vorsicht
angebracht. Eine Ablehnung aufgrund des Alters ist im Hinblick auf das AGG nur
zulässig, wenn der Bewerber Präsentationsaufgaben wahrzunehmen hat und
das Unternehmenskonzept an einer bestimmten Altersklasse ausgerichtet ist,
das Alter mithin wesentliche und entscheidende Voraussetzung einer Tätigkeit
ist. Klassisches Beispiel dafür ist, wenn ein Modegeschäft darauf abzielt, Trendmode an Jugendliche zu verkaufen. Hier dürfen bei der Einstellung durchaus
Altersgrenzen angegeben werden. Anders verhält es sich aber dann, wenn ein
Modehaus Kleidung für sämtliche Altersstufen offeriert.
Abmahnung wegen unhöflicher E-Mail an Kunden
Verhält sich ein Mitarbeiter gegenüber Kunden unfreundlich, so kann der Arbeitgeber
ihn abmahnen. Dies gilt vor allem dann, wenn die Unfreundlichkeit schriftlich fixiert
wird, denn unhöfliche E-Mails oder Briefe lassen sich kaum mehr als Spontanreaktion
entschuldigen. Dies entschied das LAG Schleswig-Holstein (LAG Schleswig-Holstein
vom 20. Mai 2014 – 2 Sa 17/14).
Unangemessene Formulierungen
im Kundenkontakt rechtfertigen
eine Abmahnung
Das LAG entschied über einen Berufs- und Ausbildungsberater in einer Einrichtung, die
Dienstleistungen für kammerzugehörige Betriebe erbringt. Dieser hatte eine freundliche Mail eines angehenden Handwerksmeisters, der nach Anmeldemöglichkeiten zu
einer mündlichen Ergänzungsprüfung gefragt hatte, wie folgt beantwortet:
„Hallo Herr S., es dürfte eigentlich selbstverständlich sein, dass man sich dort
anmeldet, wo man sich auch zur schriftlichen Prüfung angemeldet hat. Dass
Anmeldungen nicht auf Zuruf erfolgen können, sollte ebenfalls klar sein.“
Nachdem sich der Handwerker über den Ton beschwert hatte, antwortete der Berufsberater:
„Vielleicht sollten Sie sich einmal hier an meinen Platz setzen und die nervigen Anrufe der angehenden Meister beantworten. Selbst wenn die I… den
Hinweis auf den Formularen verwenden würde, die meisten von Ihnen lesen
es ja leider nicht einmal. (…) Nach heute mittlerweile ca. 20 Anrufen von angehenden Meistern bleibt die Freundlichkeit einfach aus.“
Der Handwerker bewertete daraufhin in einer Kundenbefragung die Dienstleistungen
des Unternehmens negativ. Letzteres stellte diesbezüglich Nachforschungen an und
erteilte dem Berufsberater eine Abmahnung. Dagegen wehrte sich der Mitarbeiter vor
Gericht. Er meinte, ein einmaliger verbaler Ausrutscher rechtfertige noch keine Abmahnung.
Dies sah das LAG jedoch anders. Der Arbeitnehmer habe sich mit seinem unfreundlichen Verhalten arbeitsvertragswidrig verhalten. Zu seinen Aufgaben gehöre die Beratung von Auszubildenden und Betrieben. Um diese ordnungsgemäß erledigen zu können, müsse er mit Dritten kommunizieren. Werde sein Verhalten von Außenstehenden
als unfreundlich empfunden, wirke sich das nicht nur auf das Ergebnis seiner eigenen
Arbeit aus, sondern beeinflusse auch das Ansehen seines Arbeitgebers in der Öffentlichkeit. Dass das Dienstleistungsunternehmen Wert darauf lege, die Qualität seiner
Serviceleistungen auf einem hohen Niveau zu halten oder zu verbessern, werde daraus deutlich, dass sie Kommunikationspartner um ihr Feedback bäte. Sei dieses negativ, werde deutlich, dass die Kommunikation gestört sei. Die Abmahnung sei auch nicht
unverhältnismäßig gewesen, denn der Mitarbeiter habe nicht spontan reagieren müssen, sondern habe durchaus Bedenkzeit gehabt. Dementsprechend könne sein Verhalten nicht als „Ausrutscher“ angesehen werden.
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AKTUELLE MITTEILUNGEN
Aktuelles zum Mindestlohn
Am 3. Juli 2014 hat der Bundestag das Tarifautonomiestärkungsgesetz verabschiedet,
am 11. Juli 2014 stimmte der Bundesrat zu. Wesentlicher Bestandteil dieses Gesetzespakets ist das Mindestlohngesetz (MiLoG). Es sieht vor, dass ab dem 1. Januar 2015 bundesweit ein verbindlicher branchenunabhängiger Mindestlohn von EUR 8,50 brutto pro
Stunde eingeführt werden soll. Eine Erhöhung des Mindestlohns wird frühestens zum
1. Januar 2017 entschieden.
Die wichtigsten damit im Zusammenhang stehenden Fragen werden hier kurz erörtert:
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Wer wird vom Mindestlohn erfasst? Der Mindestlohn gilt für alle in Deutschland
tätigen Arbeitnehmer. Die Vorschriften sind unabdingbar. Ein Verzicht auf den Mindestlohn ist nur durch einen gerichtlichen Vergleich möglich.
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Welche Ausnahmen beinhaltet das Gesetz? Auszubildende und ehrenamtlich
Tätige sowie junge Arbeitnehmer unter 18 Jahren ohne Berufsabschluss fallen nicht
unter das Gesetz. Bei Praktikanten ist die Lage kompliziert, vgl. hierzu den Leitartikel.
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Welche Leistungen des Arbeitgebers sind dem Mindestlohn zuzurechnen?
Grundsätzlich zählen alle Zahlungen, die als Gegenleistung für die „Normalarbeitsleistung“ entrichtet werden, unter den Mindestlohn. Nicht darunter fallen hingegen Zahlungen, die als Ausgleich für zusätzliche Leistungen erbracht werden, also
Überstundenzahlungen, Aufschläge für Feiertagsarbeit, Nachtarbeit, Schichtzulagen,
Gefahrenzulagen oder Akkordprämien. Gleiches gilt, wenn dem Mitarbeiter lediglich eigene Aufwendungen ersetzt werden. Einmalzahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld dürfen voraussichtlich nur dann beim Mindestlohn berücksichtigt werden, wenn der Betrag dem Arbeitnehmer innerhalb der Frist des § 2 Abs. 1 MiLoG ausgezahlt wird. Diese Vorschrift regelt das Fälligkeitsdatum für den Mindestlohn: Dieser muss spätestens am letzten Bankarbeitstag des Monats gezahlt werden, der auf
den Monat folgt, in dem die Leistungen erbracht wurden. Werden diese Gelder also
nur einmal im Jahr gezahlt, lassen sie sich grundsätzlich nicht auf die verbleibenden
elf Monate anrechnen.
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Wie werden Verstöße sanktioniert? Die Nichtzahlung des Mindestlohns ist eine
Ordnungswidrigkeit. Bußgelder können bis zu einer Höhe von EUR 500.000 (!) erhoben werden.
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Welche Mitwirkungspflichten bestehen für Arbeitgeber? Die Mitwirkungspflichten sind schwerwiegend. Der Arbeitgeber muss nicht nur zur Sache aussagen, Arbeitszeiten seiner geringfügig Beschäftigten aufzeichnen und Unterlagen bereithalten,
aus denen sich die ordnungsgemäße Zahlung des Mindestlohns ergeben, sondern
wird im Falle einer Weigerung mit einem Bußgeld von bis zu EUR 30.000 (!) bestraft.
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Welche Auswirkungen hat das MiLoG auf Arbeitszeitkonten? Für Arbeitszeitkonten sieht das Gesetz eine Sonderregelung vor. Nach § 2 Abs. 2 MiLoG besteht hier die
Möglichkeit, die Arbeitsstunden innerhalb von zwölf Kalendermonaten nach ihrer
monatlichen Erfassung durch bezahlte Freizeitgewährung oder Zahlung des Mindestlohns auszugleichen.
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Ist Akkordarbeit noch zulässig? Stück- und Akkordlöhne bleiben zulässig, sofern
sichergestellt ist, dass der Mindestlohn für die geleisteten Arbeitsstunden erreicht
wird.
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Kann durch Tarifvertrag vom Mindestlohn abgewichen werden? Bis zum
31. Dezember 2016 gehen abweichende tarifliche Regelungen repräsentativer Tarifvertragsparteien dem Mindestlohn vor, sofern sie für alle unter den Geltungsbereich
des Tarifvertrags fallenden Arbeitgeber sowie deren Mitarbeiter allgemeinverbind
Wichtige Fragen und Antworten
zum Mindestlohn
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lich gemacht worden sind. Ab dem 1. Januar 2017 müssen aber auch diese Tarifverträge den Mindestlohn berücksichtigen.
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Gibt es Sonderregelungen für Langzeitarbeitslose? Langzeitarbeitslose (Personen, die länger als zwölf Monate arbeitslos sind) haben in den ersten sechs Monaten
ihrer Beschäftigung keinen Anspruch auf Mindestlohn.
Kontakt & Anfragen
Dr. Volker Vogt, LL.M.
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
E-Mail:
volker.vogt@schomerus.de
Fristlose Kündigung wegen Tricksens bei der Zeiterfassung gerechtfertigt
Der verheiratete 46 Jahre alte Kläger, der Vater eines Kindes ist, war seit mehr als 25
Jahren in einer Großmetzgerei beschäftigt. Beim Verlassen des Produktionsbereiches
wegen privater Arbeitsunterbrechungen müssen die Mitarbeiter eine Zeiterfassung
über einen Chip bedienen. Ebenso müssen Sie sich zurückmelden, wenn sie den Produktionsbereich wieder betreten. Der Kläger wurde dabei beobachtet, dass er den Chip
in seiner Geldbörse ließ und zusätzlich mit seiner Hand abschirmte, wenn er diesen vor
das Zeiterfassungsgerät zum an-und abmelden hielt. Eine Kontrolle durch den Arbeitgeber ergab, dass der Kläger in 1,5 Monaten so Pausen von insgesamt mehr als 3,5 Stunden gemacht hatte, ohne sich an- und abzumelden. Die Zeiten waren bezahlt worden.
Tel. Sekretariat:
040 / 37 601 - 2348
Arbeitsgericht und LAG Hessen (Urteil vom 17. Februar 2014 – 16 Sa 1299/13) haben
die fristlose Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs für gerechtfertigt gehalten. Die Zeiterfassung piepe, wenn ein Mitarbeiter sich an- oder abmelde. Ein Versehen des Klägers
sei ausgeschlossen. Dieser habe bewusst nur so getan, als würde er die Anlage bedienen. Wegen des fehlenden akustischen Signals habe dieser gewusst, dass er den Chip
erfolgreich abgedeckt hatte. Dem Arbeitgeber sei es wegen des vorsätzlichen Betrugs
nicht zumutbar, nur mit einer Abmahnung zu reagieren. Der Vertrauensbruch wiege
schwerer als die lange Betriebszugehörigkeit. Das LAG Hessen hat die Revision zum
BAG nicht zugelassen.
Unterlassung von Äußerungen – Whistleblowing
Das Arbeitsgericht Berlin (Beschluss vom 2. September 2014 – 31 Ga 11742/14) hat
den Antrag eines Arbeitgebers zurückgewiesen, der im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes von einem bei ihm beschäftigten Rettungssanitäter verlangt hat, Äußerungen
über angebliche Missstände in Betrieb zu unterlassen. Nach Auffassung des Arbeitsgerichts waren diese Äußerungen vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt.
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Telefon 040 / 3 76 01-00
Telefax 040 / 3 76 01-199
Das vom renommierten Verlag C.H. Beck geschaffene rein elektronische Personal-Lexikon wird seit kurzem auch durch Dr. Volker Vogt mitkommentiert. Dr. Vogt kommentiert
dabei vor allem die Bereiche „Beratervertrag“ und „Entsendung“ aus arbeitsrechtlicher
Sicht. Das Lexikon richtet sich an die Zielgruppe der Personalabteilungen.
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Verantwortlich für den Inhalt: Dr. Volker Vogt, LL.M.
Stand: 01.10.2014
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