5 K 61/10

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5 K 61/10
FINANZGERICHT HAMBURG
Az.: 5 K 61/10
Urteil des Senats vom 07.06.2013
Rechtskraft: rechtskräftig
Normen: UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, UStG § 4 Nr. 1 Buchst. b, UStG § 6a, UStDV § 10
Abs. 1, UStDV §§ 17a ff.
Leitsatz: 1. Wer bei einem Umsatz (hier: Lieferung eines Sportwagens durch
zwischengeschalteten Händler) als Leistender anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig
aus den zugrunde liegenden zivilrechtlichen Vereinbarungen.
Sog. Strohmanngeschäfte sind in der Regel ernstlich gewollt und daher gültig; denn
die Parteien eines Strohmanngeschäfts wollen die Rechtsfolgen der Vereinbarung
wirklich herbeiführen, weil anderenfalls der erstrebte wirtschaftliche Zweck nicht in
rechtsbeständiger Weise erreicht würde. Das gilt auch dann, wenn der
Vertragspartner die Strohmanneigenschaft kennt. Charakteristisch für ein
Strohmanngeschäft ist, dass der Mittelsmann die Rechte und Pflichten des
Geschäfts auch im Außenverhältnis ernstlich übernehmen will.
Dagegen ist ein Scheingeschäft anzunehmen, wenn die Beteiligten zur Erreichung
ihrer Zwecke einen Scheinvertrag für genügend erachten und sich darüber einig sind,
dass der Mittelsmann nur seinen Namen hergibt.
2. Mit einem unvollständigen Belegnachweis kann das Vorliegen einer steuerfreien
innergemeinschaftlichen Lieferung nicht nachgewiesen werden (Anschluss an BFHUrteil vom 14.11.2012 XI R 8/11, BFH/NV 2013, 596).
Überschrift: Umsatzsteuer: Umsatzsteuerlicher Leistungsaustausch; Scheingeschäft
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin eine steuerfreie
innergemeinschaftliche Lieferung nach § 6a des Umsatzsteuergesetzes (UStG)
erbracht hat.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie betreibt einen
Gebrauchtwagenhandel mit hochwertigen Personenkraftwagen. Gesellschafter und
alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer ist Herr A.
Für die dem Streitjahr vorausgegangenen Jahre hatte die Klägerin folgende Umsätze
erklärt:
* für 2000 Umsätze zu 16% i. H. v. 1.630.920 DM,
* für 2001 Umsätze zu 16% i. H. v. 2.328.909 DM sowie nicht steuerbare Umsätze
i. H. v. 2.077.500 DM,
* für 2002 Umsätze zu 16% i. H. v. 308.643 € sowie nicht steuerbare Umsätze i. H.
v. 341.663 €,
* für 2003 Umsätze zu 16% i. H. v. 173.159 € sowie steuerfreie Umsätze gem. § 4
Nr. 1 Buchst. b UStG i. H. v. 15.100 € und gem. § 4 Nr. 1 Buchst. a UStG i. H. v.
91.861 €.
Für das Jahr 2004 liegt dem Gericht keine Umsatzsteuererklärung vor.
Zu den Geschäftspartnern der Klägerin gehörte das von der B-Handelsgesellschaft
mbH + Co. KG (im Folgenden: B-KG) betriebene C ... D. Die B-KG war im Jahr 2004
an die Klägerin herangetreten, weil ein in E tätiger US-Amerikaner, F (im Folgenden:
F), einen Sportwagen erwerben wollte. Der B-KG selbst war es aufgrund ihres
Händlervertrags untersagt, ein Fahrzeug ins Ausland zu veräußern. Außerdem wollte
F den Kauf über eine österreichische Firma abwickeln, um das Fahrzeug von dieser
leasen zu können; bei der Firma handelte es sich um die G GmbH mit Sitz in H (im
Folgenden: G-GmbH). Auch die Zwischenschaltung einer ausländischen
Leasingfirma war der B-KG untersagt.
Der Geschäftsführer der G GmbH wandte sich im Folgenden an einen Mitarbeiter der
B-KG, den Zeugen J, und besprach mit diesem die Abwicklung des Geschäfts. Der
Zeuge J wies darauf hin, dass die B-KG eine weitere Firma, nämlich die Klägerin,
einschalten müsse, die die Rechnung erstellen werde.
Im September 2004 meldete sich F telefonisch bei der B-KG, um den zu liefernden
Sportwagen zu konfigurieren. Der Zeuge J füllte eine entsprechende Bestellung für
das Fahrzeug aus, auf der der Name des F notiert, dann durchgestrichen und durch
den Namen der Klägerin ersetzt wurde (s. Anlage 1 zum Schriftsatz der Klägerin vom
13.05.2013, Anlagenband).
Am 14.10.2004 leistete F eine Anzahlung i. H. v. 10.000 € an die B-KG (s.
Kontoauszug aus der Buchführung der B-KG, Anlage 3 zum Schriftsatz der Klägerin
vom 13.05.2013, Anlagenband).
Als Liefertermin wurde mit der G GmbH in der Folgezeit der 29.03.2005 vereinbart.
Mit Fax vom 17.03.2005 übersandte die G GmbH der B-KG einen
Firmenbuchauszug aus dem österreichischen Handelsregister, mit dem sie ihre
Eintragung belegte (s. Bl. ... der Rechtsbehelfsakten), und die Kopie eines
Bescheides über die Erteilung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (s. Bl. ... der
Rechtsbehelfsakten).
Mit Fax vom 18.03.2005 richtete die B-KG eine Anfrage nach § 18e Nr. 1 UStG an
das Bundesamt für Finanzen (BfF) und erhielt mit Fax vom selben Tag eine
entsprechende Bestätigung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer durch das BfF
(s. Bl. ... der Rechtsbehelfsakten).
Mit Fax vom 22.03.2005 übersandte die B-KG der G GmbH ein vorformuliertes
Schreiben. Dieses war an die Klägerin adressiert und enthielt die auf den 29.03.2005
datierte Versicherung der G GmbH, dass das noch zu liefernde Fahrzeug in das
Bestimmungsland Österreich befördert und dort der Erwerbsbesteuerung
unterworfen werden würde. Die G GmbH sandte dieses Schreiben unterschrieben
und mit ihrem Firmenstempel versehen am 29.03.2005 per Fax zurück an die B-KG
(Bestätigung einer innergemeinschaftlichen Lieferung vom 29.03.2005, s. Bl. 10 der
Rechtsbehelfsakten; s. auch Schilderung des Steuerberaters K vom 02.11.2009 im
Rechtsbehelfsverfahren, Bl. 81 der Rechtsbehelfsakten Bd. I).
Ebenfalls mit Fax vom 22.03.2005 übersandte die B-KG der G GmbH eine auf den
29.03.2005 datierte und an die G GmbH gerichtete Rechnung der Klägerin über den
Verkauf des Sportwagens für 79.828,91 €. Diese Rechnung hatte die B-KG auf
einem von der Klägerin überlassenen Blanko-Briefbogen gefertigt. Die G GmbH
sandte diese Rechnung ebenfalls unterschrieben und mit ihrem Firmenstempel
versehen am 29.03.2005 per Fax zurück an die B-KG (s. Bl. 13 der
Rechtsbehelfsakten).
Am ... 2005 wurde der Sportwagen auf die Klägerin zugelassen (Auskunft des
Finanzamts für Verkehrsteuern und Grundbesitz in ..., s. Aktenvermerk vom
05.06.2013, Bl. 72 der Gerichtsakte).
Am 29.03.2005 holte ein ungarisches Transportunternehmen den Sportwagen bei
der B-KG ab. Den CMR-Frachtbrief füllte der Zeuge J aus; als Absender wurde die BKG genannt, als Empfänger die G GmbH, als Auslieferungsort Österreich und als
Frachtführer das ungarische Transportunternehmen. Der Frachtbrief enthielt keine
Angaben zum Tag der Übernahme des Gutes (Ort, Land, Datum), zum Ort und
Datum der Ausfertigung und zum Datum des Empfangs; wegen der weiteren
Einzelheiten wird auf den CMR-Frachtbrief Bezug genommen (s. Bl. 8 der
Rechtsbehelfsakten). Der Kaufpreis (abzüglich der bereits geleisteten Anzahlung)
wurde bei Abholung des Fahrzeugs bar an die B-KG entrichtet.
Am 31.03.2005 wurden auf ein Konto der Klägerin 69.828,91 € bar eingezahlt (s.
Anlage 4 zum Schriftsatz der Klägerin vom 13.05.2013, Anlagenband). Mit
Unterschrift vom selben Tag - also zwei Tage nach Abholung des Sportwagens
durch das Speditionsunternehmen - bestätigte der Geschäftsführer der Klägerin auf
einem mit "Wagenabrechnung" überschriebenen Dokument gegenüber der B-KG,
dass er das Fahrzeug ordnungsgemäß mit Kfz-Brief und drei Fahrzeugschlüsseln
erhalten habe. Auf dieser Abrechnung ist auch vermerkt, dass der Differenzbetrag
von 82.601,55 € per Wechsel beglichen worden ist (s. Anlage 2 zum Schriftsatz der
Klägerin vom 13.05.2013, Anlagenband).
Am 13.04.2005 ging bei dem Beklagten die Umsatzsteuervoranmeldung der Klägerin
für das 1. Quartal 2005 ein. Die Klägerin machte damit einen Erstattungsanspruch i.
H. v. 18.523,30 € geltend. Dem lagen (u. a.) folgende Angaben zugrunde:
* steuerfreie Umsätze mit Vorsteuerabzug (innergemeinschaftliche Lieferung, § 4
Nr. 1 Buchst. b UStG) i. H. v. 79.828 €,
* steuerfreie Umsätze ohne Vorsteuerabzug (§ 4 Nr. 8 bis 28 UStG) i. H. v. 58.500
€,
* steuerpflichtige Umsätze zu 16% i. H. v. 58.701 €,
* abziehbare Vorsteuerbeträge i. H. v. 27.915,58 €.
Neben weiteren Unterlagen waren der Voranmeldung die Kopie einer an die Klägerin
adressierten Rechnung der B-KG vom 29.03.2005 über den Verkauf des
Sportwagens (inkl. Nebenkosten) für 79.797,54 € zzgl. 12.767,61 € Umsatzsteuer
(zzgl. Zulassungsgebühren i. H. v. 36,40 € - s. Bl. 7 der Umsatzsteuernebenakten
Bd. I) sowie eine Kopie der bereits erwähnten von der B-KG im Namen der Klägerin
ausgefertigten und an die G GmbH adressierten Rechnung vom 29.03.2005 über
den Verkauf des nämlichen Sportwagens für 79.828,91 € beigefügt (ohne
Umsatzsteuerausweis - s. Bl. 8 der Umsatzsteuernebenakten Bd. I).
Am 06.06.2006 ging bei dem Beklagten die Umsatzsteuer-Jahreserklärung für 2005
ein. Diese wies als Ergebnis eine Erstattung in Höhe von 25.556,40 € aus.
Im Jahr 2007 ordnete der Beklagte eine Umsatzsteuer-Nachschau bei der Klägerin
an. Grund hierfür war ein Prüfungsersuchen der Steuerfahndungsstelle des
Finanzamts L vom 22.02.2007. Mit Schreiben vom 19.12.2008 teilte die
Steuerfahndungsstelle dem Beklagten mit, dass die österreichische G GmbH eine
Scheinfirma sei und dass die deutschen Lieferanten wussten bzw. hätten wissen
müssen, dass diese Scheinfirma nicht der tatsächliche Abnehmer der gelieferten
Fahrzeuge gewesen ist (s. Bl. 48 f. der Umsatzsteuerakten Bd. II).
Einem Aktenvermerk des Betriebsprüfers zufolge gab der Geschäftsführer der
Klägerin im Rahmen einer Besprechung an, dass er bei der Veräußerung des
Sportwagens nichts weiter zu tun gehabt habe, als sein Bankkonto und den
Firmennamen der Klägerin zur Verfügung zu stellen; dafür erhalte er eine Provision.
Das Auto selbst habe er nie gesehen (s. Bl. 22 der Betriebsprüfungsakten).
Mit Bescheid vom 08.04.2009 setzte der Beklagte die Umsatzsteuer für 2005 auf ./.
12.783,92 € fest (Differenz zu Lasten der Klägerin: 12.772,48 €). Die Veräußerung
des Sportwagens an die G GmbH behandelte der Beklagte dabei nicht als steuerfreie
innergemeinschaftliche Lieferung, sondern als steuerpflichtigen Umsatz. Er erhöhte
dabei die steuerpflichtigen Lieferungen zu 16% von bislang 171.849 € um 79.828 €
auf 251.677 € (s. S. 5 der Einspruchsentscheidung, 3. Absatz, Bl. 11 der
Gerichtsakte).
In den Erläuterungen wird dazu ausgeführt: Nach den Ermittlungen der
Steuerfahndungsstelle L und der Staatsanwaltschaft L handle es sich bei der G
GmbH um ein Scheinunternehmen. Die Tätigkeit dieser Firma sei ausschließlich vom
Inland (M - bei L) aus betrieben worden. Die Voraussetzungen des § 4 Nr. 1 Buchst.
b i. V. m. § 6a Abs. 4 UStG lägen nicht vor; denn das Fahrzeug sei nicht nach
Österreich verbracht worden, der wirkliche Abnehmer sei ein inländischer Abnehmer
gewesen, die Lieferung habe nicht in einem anderen Mitgliedstaat der
Erwerbsbesteuerung unterlegen und die Beleg- und Buchnachweise seien unrichtig,
da sie den falschen Abnehmer, den falschen Bestimmungsort und den falschen
Transportweg dokumentierten. Eine Steuerbefreiung komme auch nicht nach § 6a
Abs. 4 UStG in Betracht, da sich der gute Glaube nur auf die in § 6a Abs. 1 UStG
bezeichneten Voraussetzungen beziehe, nicht aber auf die Richtigkeit der Beleg- und
Buchnachweise.
Da
diese
jedoch
unrichtig
seien,
komme
die
Vertrauensschutzregelung nicht in Betracht. Darüber hinaus sei - was die Unterlagen
zeigten - der Klägerin auch bewusst gewesen, dass der Abnehmer allein von
Deutschland aus gehandelt habe. Die Klägerin habe daher auch gegen die ihr
obliegenden Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Kaufmanns verstoßen.
Die Klägerin legte dagegen am 07.05.2009 Einspruch ein. Sie machte unter Hinweis
auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 05.12.2005 (Aktz. V B 44/04,
BFH/NV 2006, 625) im Wesentlichen geltend, dass die erforderlichen buchmäßigen
Nachweise durch die vorgelegten Unterlagen erbracht worden seien. Was die G
GmbH mit dem Fahrzeug gemacht habe, dürfe nicht zu Lasten der Klägerin
gewürdigt werden. Von der weiteren Verwendung des Fahrzeugs, insbesondere
einem Verbleib im Inland, sei ihr nichts bekannt. (s. Bl. 7 ff. der Rechtsbehelfsakten
Bd. I).
Einem Telefonvermerk des Beklagten vom 14.12.2009 zufolge gab der Steuerberater
der Klägerin an, dass etwa 70 bis 75 % der von der Klägerin gehandelten acht bis
zehn Autos pro Jahr eigentlich von der B-KG verkauft würden. Grund für die
Zwischenschaltung sei, dass die B-KG mit dem Hersteller der Fahrzeuge einen
Gebietsschutzvertrag abgeschlossen habe. Um diese Vereinbarung zu umgehen,
würden einige Fahrzeuge über die Klägerin bzw. den Geschäftsführer der Klägerin
gehandelt (s. Bl. 89 der Rechtsbehelfsakten Bd. I; s. auch Schreiben des
Steuerberaters vom 17.12.2009, Bl. 93 der Rechtsbehelfsakten Bd. I).
Mit Schreiben vom 28.01.2010 legte die Oberfinanzdirektion (OFD) N dar, dass die
von der G GmbH erworbenen Fahrzeuge nie nach Österreich, sondern von
Deutschland aus unmittelbar nach Ungarn gelangt seien. Als Kunden der G GmbH
seien ungarische Scheinabnehmer aufgezeichnet worden, wodurch die
Erwerbsbesteuerung in Ungarn verhindert und dort ein Vorsteuer- bzw.
Differenzbesteuerungsbetrug begangen worden sei. Die österreichischen
Steuerbehörden hätten festgestellt, dass die G GmbH zu keinem Zeitpunkt in
Österreich unternehmerisch tätig gewesen sei; österreichische Steuerfestsetzungen
gegen die G GmbH seien dementsprechend aufgehoben worden. Die deutschen
Steuerbehörden gingen davon aus, dass die Geschäfte von einer deutschen OHG
mit Sitz in M getätigt worden seien, so dass bei den deutschen Vorlieferanten im
Inland steuerbare Lieferungen vorlägen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf
das Schreiben der OFD N Bezug genommen (Bl. 97 ff. der Rechtsbehelfsakten Bd.
I).
Mit Entscheidung vom 17.03.2010 wies der Beklagte den Einspruch der Klägerin als
unbegründet zurück.
Am 14.04.2010 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie trägt im Wesentlichen vor: Ihr
zivilrechtlicher Vertragspartner sei die G GmbH gewesen; dass es sich bei dieser
Firma nicht um ein Scheinunternehmen gehandelt habe, sei anhand des
vorliegenden Handelsregisterauszugs und der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer
nachgewiesen worden. Dass möglicherweise ein anderer als der zivilrechtliche
Vertragspartner der Klägerin das Fahrzeug erworben habe, könne der Klägerin nicht
entgegengehalten werde. Die vorgelegten Beleg- und Buchnachweise seien richtig;
denn sie wiesen zutreffend die G GmbH als Abnehmer aus. Es habe auch keinen
"falschen Transportweg" gegeben; wenn der Transporteur oder Spediteur den
Transport sozusagen in Deutschland abgebrochen habe, sei dies ebenfalls nicht der
Klägerin anzulasten. Schließlich habe der BFH mit dem bereits genannten Urteil vom
12.05.2009 entschieden, dass ein CMR-Frachtbrief auch ohne entsprechende
Bestätigung, dass die Ware an den Bestimmungsort gebracht wurde, als
Buchnachweis ausreichend sei.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid über Umsatzsteuer für 2005 vom
Einspruchsentscheidung vom 17.03.2010 aufzuheben.
08.04.2009
und
die
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte verweist ergänzend auf ein Schreiben des Finanzamts L. Darin heißt
es, die Durchsicht der Buchhaltungsunterlagen der G GmbH habe ergeben, dass
diese keine Geschäftsbeziehungen zu der Klägerin unterhalten hatte und dass ein
Verkaufsvorgang nicht existierte (s. Schreiben des Finanzamts L vom 20.05.2010, Bl.
141 ff. der Rechtsbehelfsakten Bd. I - auf das Schreiben wird Bezug genommen).
Das Gericht hat den Streitfall mit den Beteiligten erörtert. Der Geschäftsführer der
Klägerin, Herr A, hat im Rahmen der Erörterungen seine Angaben gegenüber dem
Betriebsprüfer bestätigt, dass das Geschäft vollständig von der B-KG abgewickelt
worden sei. Das Geld, das an ihn gezahlt worden sei, habe er weiter an die B-KG
gezahlt. Er habe lediglich eine Provision von 400 oder 500 € erhalten. Den
Sportwagen habe er nie gesehen; er könne noch nicht einmal sagen, welche Farbe
das Fahrzeug gehabt habe.
Das Gericht hat zudem Beweis erhoben durch Vernehmung des Angestellten der BKG, Herrn J, als Zeugen. Der Zeuge J hat den oben geschilderten Ablauf bestätigt.
Auf die Frage des Gerichts, ob die Klägerin irgendeinen Einfluss auf den
Verkaufspreis des Sportwagens gehabt habe, hat der Zeuge geantwortet, dass dies
nicht der Fall gewesen sei. Auf die Frage des Gerichts, ob die Klägerin zu
irgendeinem Zeitpunkt Verfügungsmacht über das Fahrzeug hatte, hat der Zeuge
geantwortet, dass sie die hätte haben können, dass das aber "keinen Sinn gemacht"
hätte.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll zu dem Erörterungstermin
vom 18.04.2013 Bezug genommen (Bl. 51 ff. der FG-Akten).
Das Gericht hat die Klägerseite gebeten, mitzuteilen und nachzuweisen, ob und
wann im Anschluss an die Einzahlung vom 31.03.2005 i. H. v. 69.828,91 € der noch
ausstehende Restbetrag für das Fahrzeug beglichen worden ist. Die Klägerseite hat
daraufhin mit Schriftsatz vom 15.05.2013 auf die bereits erfolgte Anzahlung von
10.000 € verwiesen. Der Kaufpreis habe inkl. Mehrwertsteuer 92.601,55 € und exkl.
16% Mehrwertsteuer 79.828,91 € betragen. Der letztgenannte Betrag abzüglich der
a-conto-Überweisung im Voraus von 10.000,00 € entspreche dem bar eingezahlten
Betrag von 69.828,91 €.
Dem Gericht haben je ein Band Umsatzsteuerakten, Umsatzsteuernebenakten,
Betriebsprüfungsakten und Rechtsbehelfsakten vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber nur zu einem geringfügigen, sich aus dem Tenor
ergebenden Umfang begründet und im Übrigen unbegründet.
1. Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG unterliegen Lieferungen und sonstige Leistungen,
die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens
ausführt, der Umsatzsteuer.
Handelt es sich um eine innergemeinschaftliche Lieferung, so ist diese gemäß § 4
Nr. 1 Buchst. b UStG unter den Voraussetzungen des § 6a UStG steuerfrei.
Die Frage nach der Steuerfreiheit gemäß § 6a UStG stellt sich im vorliegenden
Streitfall allerdings nicht, da die Klägerin in Bezug auf den an die G GmbH gelieferten
Sportwagen nicht als Leistende anzusehen ist.
a) Bei nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG steuerbaren Leistungen bestimmt sich die
Person des Leistenden nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis.
Wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den
abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen. Leistender ist in der Regel
derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen
gegenüber einem anderen selbst ausführt oder durch einen Beauftragten ausführen
lässt. Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt
deshalb grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber dem
Leistungsempfänger im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines
anderen bei der Ausführung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist (ständige
Rechtsprechung, s. z. B. BFH-Urteile vom 07.07.2005 V R 60/03, BFH/NV 2006,
139; vom 26.06.2003 V R 22/02, BFH/NV 2004, 233; ebenso BFH-Beschluss vom
31.01.2002 V B 108/01, BStBl. II 2004, 622, jeweils m. w. N.).
b) Ohne Bedeutung ist, ob der im eigenen Namen Handelnde auch auf eigene
Rechnung tätig ist.
aa) So erbringt etwa ein Kommissionär auch dann eigene Leistungen, wenn er bei
der im Rahmen einer Verkaufskommission erfolgenden Lieferung eines
Gegenstandes im eigenen Namen, aber auf fremde Rechnung, der seines
Kommittenten, handelt, wie sich ausdrücklich aus § 3 Abs. 3 UStG ergibt. Zugleich
liegt nach dieser Vorschrift auch eine Lieferung des Kommittenten an den
Kommissionär vor, obwohl es sich zivilrechtlich um eine Geschäftsbesorgung des
Kommissionärs für den Kommittenten handelt. Ebenso geht Art. 5 Abs. 4 Buchst. c
der Sechsten Richtlinie des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem:
einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (Richtlinie 77/388/EWG) vom
Vorliegen einer Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär bei der
Übertragung eines Gegenstandes aufgrund einer Verkaufskommission aus. Das
Entgelt für die Lieferung des Kommittenten richtet sich nach dem Entgelt für die
Lieferung des Kommissionärs, von dem die dem Kommissionär zivilrechtlich
vereinbarte Provision abzuziehen ist.
bb) Ebenso ist von einer Leistung durch denjenigen, der im eigenen Namen und für
fremde Rechnung handelt, auch bei sog. Strohmann- und Treuhandgeschäften
auszugehen. Sofern der Strohmann oder der Treuhänder Unternehmer i. S. des § 2
UStG ist und im Rahmen seines Unternehmens handelt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG),
steht es einer einem Strohmann oder dem Treuhänder zuzurechnenden Leistung
oder einem Leistungsbezug nach § 3 Abs. 3 und Abs. 11 UStG nicht entgegen, dass
sie (Strohmann und Treuhänder) auf fremde Rechnung tätig sind (BFH-Urteile vom
28.01.1999 V R 4/98, BStBl. II 1999, 628; in BFH/NV 2004, 233, und in BFH/NV
2006, 139, und BFH-Beschluss in BStBl. II 2004, 622). Dabei ist zwischen der
Leistungserbringung und dem Leistungsbezug durch Treuhänder oder Strohmänner
nicht zu differenzieren, da die Bestimmung von Leistendem und Leistungsempfänger
nach einheitlichen Grundsätzen erfolgt (vgl. BFH-Urteile vom 24.08.2006 V R 16/05,
BStBl. II 2007, 340, und vom 18.02.2009 V R 82/07, BStBl. II 2009, 876).
Entsprechend der Anwendung des § 3 Abs. 3 UStG und § 3 Abs. 11 UStG auf
Kommissionsverhältnisse kann es auch bei Strohmann- und Treuhandgeschäften zu
einer Verdoppelung der Leistungsbeziehungen kommen, so dass z. B. der
"Hintermann" an den "Strohmann" und dieser an den Abnehmer liefert oder leistet.
Ohne Bedeutung ist insoweit, ob der "Hintermann" als tatsächlich Handelnder die
Leistungen im Namen des Strohmannes ausgeführt hat, z. B. gegenüber dem
Leistungsempfänger als Angestelltem des Vertragspartners (des Strohmannes oder
Treuhänders) oder als dessen Subunternehmer aufgetreten ist (vgl. BFH-Urteil vom
12.05.2011 V R 25/10, BFH/NV 2011, 1541, unter Berufung auf BFH-Urteil vom
10.03.2010 VIII ZR 65/09, BFH/NV 2010, 1597).
cc) Unbeachtlich ist das "vorgeschobene" Strohmanngeschäft aber, wenn es nur zum
Schein abgeschlossen wird, d. h. wenn die Vertragsparteien einverständlich oder
stillschweigend davon ausgehen, dass die Rechtswirkungen des Geschäfts gerade
nicht zwischen ihnen, sondern zwischen dem Leistungsempfänger und dem
"Hintermann" eintreten sollen (vgl. § 41 Abs. 2 der Abgabenordnung --AO--;
ausführlich BFH-Beschluss in BStBl. II 2004, 622, unter II.4.c; vgl. auch BFH-Urteil
vom 12.05.2011 V R 25/10, BFH/NV 2011, 1541; und BFH-Beschluss vom
17.10.2003 V B 111/02, BFH/NV 2004, 235). Letzteres ist insbesondere dann zu
bejahen, wenn der Leistungsempfänger weiß oder davon ausgehen muss, dass
derjenige, mit dem oder in dessen Namen das Rechtsgeschäft abgeschlossen wird
(sog. Strohmann), selbst keine eigene - ggf. auch durch Subunternehmer
auszuführende - Verpflichtung aus dem Rechtsgeschäft übernehmen will (vgl. BFHBeschluss in BStBl. II 2004, 622; BFH-Urteil vom 12.08.2009 XI R 48/07, BFH/NV
2010, 259).
Der BFH folgt insoweit der zivilrechtlichen Rechtsprechung (vgl. etwa BGH-Urteile
vom 12.12.2012 VIII R ZR 89/12, ZIP 2013, 269; vom 29.10.1996 XI ZR 319/95,
NJW-RR 1997, 238; vom 06.07.1993 XI ZR 201/92, NJW 1993, 2435; vgl. auch
BAG-Urteil vom 22.09.1992 9 AZR 385/91, NJW 1993, 2767; s. ferner Ellenberger in
Palandt, 72. Aufl., § 117 BGB Rz. 3 und 6). So geht der BGH etwa davon aus, dass
ein Darlehensvertrag ein Schein- und kein Strohmanngeschäft ist, wenn der als
Darlehensnehmer Bezeichnete nach dem übereinstimmenden Willen der
Vertragsparteien nicht haften soll (BGH-Urteil in NJW-RR 1997, 238; s auch).
Allgemein hängt die Beurteilung, ob ein Vertrag als Scheingeschäft zu werten ist,
maßgeblich davon ab, ob die Parteien für das von ihnen verfolgte Ziel die Vorlage
eines Scheinvertrages für genügend oder einen ernstgemeinten Vertrag für
notwendig gehalten haben; daher spricht es gegen ein Scheingeschäft, wenn der
erstrebte Zweck nur bei Gültigkeit des Vertrages erreicht werden kann (so Hefermehl
in Soergel, 12. Aufl., § 117, BGB Rz. 4). Oder anders gewendet: Das Scheingeschäft
ist dadurch gekennzeichnet, dass den Beteiligten der Geschäftswille fehlt; beim
Umgehungsgeschäft hingegen wollen die Parteien gerade den Eintritt der erklärten
Rechtsfolgen, um ihre Ziele zu erreichen (so H. Dilcher in Staudinger, 12. Aufl., § 117
Rz. 5).
Dementsprechend hat auch das OLG Köln ein Scheingeschäft mit der Begründung
bejaht, dass die Beteiligten zur Erreichung ihrer Zwecke einen Scheinvertrag für
genügend erachten und sich darüber einig sind, dass der Mittelmann nur seinen
Namen hergibt, nicht aber selbst "Zwischenerwerber" werden soll (OLG Köln, Urteil
vom 13.11.1992 3 U 31/92, NJW 1993, 2623). In dem letztgenannten Fall ging es um
den
Abschluss
eines
Vertretervertrags,
der
aufgrund
eines
sog.
"Respektierungsabkommens" nicht mit der eigentlich als Vertreter gewünschten
Person geschlossen werden konnte. Das OLG Köln begründete seine Wertung, dass
der Vertretungsvertrag nur zum Schein abgeschlossen worden sei, u. a. mit der
Überlegung, dass ein Verstoß gegen das "Respektierungsabkommen" - anders als
ein Verstoß gegen staatliche Gesetze oder Verordnungen - nicht die Nichtigkeit des
Vertretervertrags zur Folge gehabt, sondern allenfalls Schadensersatzansprüche
nach sich gezogen hätte (s. OLG Köln a. a. O., 2. Absatz der Entscheidungsgründe).
2. Im vorliegenden Streitfall geht der erkennende Senat davon aus, dass die Einbzw. Zwischenschaltung der Klägerin in die Lieferung des Sportwagens über die G
GmbH an F nur zum Schein erfolgt ist. Dies gilt sowohl für die Lieferung des
Sportwagens von der B-KG an die Klägerin als auch für die Lieferung von der
Klägerin an die (vermeintliche) österreichische G GmbH.
Die Klägerin ist in die Abläufe zur Veräußerung des Sportwagens nicht eingebunden
gewesen.
Das belegt zunächst der dem Gericht vorliegende Schriftverkehr. Anhand der
Faxvermerke auf den oben genannten Schreiben vom 17.03., 18.03., 22.03. und
29.03.2005 (Sendevermerk "B C ..." für die B-KG und Sendevermerk "From:
Faxserver" für die G GmbH) lässt sich feststellen, dass sowohl die G GmbH als auch
das BfF ausschließlich mit der B-KG korrespondiert haben.
Dies entspricht auch der Schilderung des damaligen Steuerberaters der Klägerin (s.
Schreiben vom 02.11.2009, Bl. 81 der Rechtsbehelfsakten Bd. I).
Bestätigt wird dies ferner durch die unbestrittenen Feststellungen des Finanzamts L,
dass die G GmbH den durchgesehenen Buchhaltungsunterlagen zufolge keinerlei
Geschäftsbeziehungen zu der Klägerin unterhielt.
Auch in die Übergabe des Fahrzeugs war die Klägerin dem Frachtbrief zufolge nicht
eingebunden; als Absender wird dort lediglich die B-KG genannt, ohne jeden Hinweis
auf die Klägerin.
Dementsprechend hat auch der Geschäftsführer der Klägerin gegenüber der
Betriebsprüfung geäußert, dass er mit dem Ablauf des Geschehens nichts weiter zu
tun gehabt habe, als das Bankkonto und den Firmennamen der GmbH "zur
Verfügung zu stellen" (s. Bl. 22 der Betriebsprüfungsakten). Und der damalige
Steuerberater der Klägerin hat im Rechtsbehelfsverfahren geäußert, dass der
Verkauf "eigentlich" durch die B-KG erfolgt sei (s. Bl. 89 der Rechtsbehelfsakten).
Auch der Zeuge J hat die Vorgänge in der oben dargestellten Weise beschrieben. Er
hat zudem ausgesagt, dass die Klägerin keinen Einfluss auf die Ausstattung des
Fahrzeuges, auf den Kaufpreis oder auf den Liefertermin gehabt hat. Dem Zeugen J
zufolge war auch nicht vorgesehen, dass die Klägerin zu irgendeinem Zeitpunkt und
in irgendeiner Form über das Fahrzeug hätte verfügen können. Auch gab es nach
der Erinnerung des Zeugen J zu keinem Zeitpunkt der Geschäftsabwicklung einen
direkten Kontakt zwischen der Klägerin und der G GmbH. Die Aussage des Zeugen
ist glaubhaft. Zum einen decken sich die Schilderungen des Zeugen mit denen des
Geschäftsführers der Klägerin. Beide haben offen und bereitwillig und unabhängig
voneinander die Vorgänge um die Veräußerung des Sportwagens detailliert und
übereinstimmend dargelegt. Zum andern passen die Schilderungen (wie dargelegt)
zu den dem Gericht vorliegenden Unterlagen.
Aufgrund dieser Umstände steht nach Auffassung des Gerichts fest, dass die
gesamte Anbahnung und Abwicklung des Geschäfts dem Einfluss der Klägerin
vollständig entzogen war. Vor diesem Hintergrund geht das Gericht davon aus, dass
die Klägerin selbst keine eigenen Verpflichtungen aus dem Geschäft übernehmen
wollte bzw. sollte und dass die G GmbH als Leistungsempfängerin dies auch wusste
bzw. dass dies dem Willen der G GmbH entsprach. Auch der Umstand, dass sich in
den
Buchhaltungsunterlagen
der
G
GmbH
keinerlei
Hinweise
auf
Geschäftsbeziehungen mit der Klägerin finden ließen, spricht nach Ansicht des
Gerichts dafür, dass sich die G GmbH die B-KG als Geschäftspartnerin ansah.
Als letzter Gesichtspunkt sei hier noch auf die Zahlungsströme verwiesen: Die B-KG
hat die Anzahlung des F über 10.000 € nicht an die Klägerin weitergeleitet. Sie hat
diesen Betrag allerdings auf den von der Klägerin nach der Rechnung vom
29.03.2005 zu zahlenden Kaufpreis von (brutto) 92.601,55 € angerechnet. Demnach
hätte die Klägerin an die B-KG noch den Differenzbetrag von 82.601,55 € zahlen
müssen. Der als Anlage 2 zum Schriftsatz der Klägerin vom 13.05.2013 beigefügten
"Wagenabrechnung" zufolge wurde diese Differenz durch Hingabe eines Wechsels in
entsprechender Höhe beglichen. Das würde aber im Ergebnis bedeuten, dass die
Klägerin, ginge man nicht von einem Scheingeschäft aus, einen Neuwagen für
92.601,55 € von der B-KG erworben hat, um ihn für 79.828,91 € an die G GmbH zu
veräußern. Die Klägerin hätte also mit diesem Geschäft einen Verlust in Höhe von
12.772,64 € gemacht, der nur durch den Vorsteuererstattungsanspruch in Höhe von
12.767,61 € - bis auf einen geringen Fehlbetrag von 5,03 € - wieder ausgeglichen
worden wäre. Das zeigt aber, dass das "eigentliche" Geschäft auf der Ebene der BKG und der G GmbH gemacht worden ist.
Der erkennende Senat würdigt diese Umstände dahingehend, dass nicht die Klägerin
aus den geschlossenen Verträgen berechtigt und verpflichtet werden sollte, sondern
die B-KG und dass die Einschaltung der Klägerin nur zum Schein erfolgte, damit die
B-KG - nur - der Papierform nach belegen konnte, dass sie gegen die Auflagen aus
dem Händlervertrag nicht verstoßen hatte.
3. Dies wirkt sich in zweierlei Hinsicht auf die streitige Umsatzsteuerfestsetzung aus:
Zum einen muss die von dem Beklagten vorgenommene Erhöhung der
steuerpflichtigen Umsätze zu 16% in Höhe von 79.828 € rückgängig gemacht
werden. Zum anderen müssen im Gegenzug die abziehbaren Vorsteuer- und
Kürzungsbeträge um die in der Rechnung der B-KG an die Klägerin ausgewiesene
Mehrwertsteuer von 12.767,61 € gemindert werden.
4. Ungeachtet dessen wäre die Klage aber auch dann unbegründet, wenn man
annehmen würde, dass die Ein- bzw. Zwischenschaltung der Klägerin in die
Lieferung des Sportwagens über die G GmbH an F nicht nur zum Schein erfolgte.
Die Klägerin könnte sich in diesem Fall nicht auf die Vertrauensschutzregelung des §
6a Abs. 4 UStG berufen, da sie die nach § 6a Abs. 3 UStG i. V. m. §§ 17a ff. UStDV
bestehenden Nachweispflichten nicht erfüllt hat. Maßgeblich ist nach der
höchstrichterlichen Rechtsprechung zwar insoweit nicht die inhaltliche Richtigkeit der
Beleg- und Buchangaben, da § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG das Vertrauen auf unrichtige
Abnehmerangaben schützt; aber es wird gleichwohl doch die formelle Vollständigkeit
der Angaben vorausgesetzt (vgl. BFH-Urteile 25.04.2013 V R 10/11, juris; vom
12.05.2011 V R 46/10, BStBl. II 2011, 957; und vom 15.07.2004 V R 1/04, BFH/NV
2005, 81 - mit weiteren Nachweisen). Daran fehlt es im Streitfall. Zwar ist ein CMR-
Frachtbrief ein Versendungsbeleg gemäß § 17a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. § 10 Abs.
1 UStDV - und zwar auch dann, wenn er keine Bestätigung über den Warenempfang
am Bestimmungsort enthält (so BFH-Urteil vom 12.05.2009 V R 65/06, BStBl. II
2010, 511, entgegen BMF-Schreiben vom 06.01.2009, IV B 9-S 7141/08/10001,
2008/0736501, BStBl. I 2009, 60 Rz 29 und 32); wegen der Einzelheiten wird auf das
zitierte BFH-Urteil Bezug genommen. Doch fehlen in dem von der Klägerin
vorgelegten CMR-Frachtbrief Angaben zum Auslieferungsort, zum Ort und Tag der
Übernahme des Gutes, zum Ort und Datum der Ausfertigung und zum Datum des
Empfangs (s. auch BFH-Urteil vom 14.11.2012 XI R 8/11, BFH/NV 2013, 596:
Schädlichkeit fehlender Angaben zu Ort und Tag der Versendung, unter II.2.b.bb der
Entscheidungsgründe; BFH-Urteil vom 14.11.2012 XI R 17/12, BStBl. II 2013, 407:
Schädlichkeit der Angabe nur eines Landes als Bestimmungsort).
Dabei sind an die Nachweispflichten gerade dann, wenn - wie im Streitfall - der
(angeblichen) innergemeinschaftlichen Lieferung eines hochwertigen PKW ein
Barkauf mit Beauftragten zugrunde liegt, wegen der damit einhergehenden
umsatzsteuerrechtlichen Missbrauchsgefahr besonders hohe Anforderungen zu
stellen (so BFH-Urteil vom 14.11.2012 XI R 17/12, BStBl. II 2013, 407).
Mit der von der Klägerin vorgelegten, auf den 29.03.2005 datierten "Bestätigung
einer innergemeinschaftlichen Lieferung" kann der erforderliche Nachweis ebenfalls
nicht geführt werden; denn diese wurde nach den darauf enthaltenen FaxAufdrucken vorab ausgestellt und unterschrieben.
Dass die Voraussetzungen der Steuerfreiheit gleichwohl objektiv vorgelegen haben,
hat die Klägerin ebenfalls nicht nachweisen können.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO.
6. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür gem. § 115
Abs.2 FGO nicht vorliegen.