Adapalen
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Adapalen Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht 19.01.2016 Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht | 19.01.2016 | Seite 1 Antrag Adapalen Antrag auf Entlassung aus der Verschreibungspflicht - in Zubereitungen zur Anwendung auf der Haut (Monopräparate) zur Behandlung der Acne vulgaris im Gesichtsbereich, wenn Komedonen überwiegen und Papeln und Pusteln vorhanden sind, in Konzentrationen von maximal 0,1 % Adapalen und Packungsgrößen bis zu 25 g - Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht | 19.01.2016 | Seite 2 Regulatorischer Hintergrund Erstzulassung von Adapalen zur topischen Aknebehandlung in Deutschland: • 1995 => Differin® 0,1 % Gel; 2000 => Differin® 0,1 % Creme • Derzeit 4 Arzneimittel mit Adapalen zugelassen (darunter 2 fixe Kombinationen mit Benzoylperoxid) Monopräparate: • Enthalten 0,1 % (1 mg/g) Adapalen • Indikation: „zur äußerlichen Anwendung bei Akne vulgaris im Gesichtsbereich, wenn Komedonen überwiegen und Papeln und Pusteln vorhanden sind“ • Packungsgrößen mit 25 g und 50 g Verkaufsabgrenzung: Europa => verschreibungspflichtig Russland, Thailand sowie Georgien => nicht verschreibungspflichtig Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht | 19.01.2016 | Seite 3 Klinische Aspekte (I) Adapalen • Polyaromatisches Retinoid (Retinoid der 3. Generation) • Komedolytische, antikomedogene und entzündungshemmende Eigenschaften • Wirkt vorwiegend gegen Komedonen (Mitesser), hat aber durch seine Wirkung auf z. B. Parameter der Arachidonsäurekaskade auch antientzündliche Eigenschaften • Beeinflusst eine abnormale epidermale Differenzierung und Keratinisierung (beide spielen in Pathogenese der Akne eine wesentliche Rolle) • Hemmt Leukozyten und Lipoxygenasemetabolismus der Arachidonsäure • Systemische Verfügbarkeit von Adapalen nach topischer Anwendung sehr begrenzt • Plasmaspiegel nach bestimmungsgemäßer Anwendung meist unterhalb der Nachweisgrenze Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht | 19.01.2016 | Seite 4 Klinische Aspekte (II) S2k-Leitline „Behandlung der Akne“ der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (2011) • Topische Retinoide als Mittel der 1. Wahl als Monotherapie bei Akne comedonica und als eines der Mittel der 1. Wahl bei leichter Akne papulopustulosa • Ab mittelschwerem Schweregrad betreffen die Empfehlungen Kombinationen mit anderen Aknetherapeutika • Im Vergleich mit klassischen Retinoiden wird Adapalen der Vorzug gegeben Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht | 19.01.2016 | Seite 5 Daten aus der Pharmakovigilanz Daten des Antragstellers (01.08.2010 – 01.07.2014) • Insgesamt 1587 Fälle von (mehrheitlich nichtschwerwiegenden) Nebenwirkungen • Am häufigsten wurden Nebenwirkungen berichtet, die die Haut betrafen • Seit Markteinführung 1995 bis 01.07.2014: 71 Fälle von schwerwiegenden unerwarteten Nebenwirkungen BfArM-Datenbank (Daten aus Deutschland, Stand: 06.10.2015) • 7 Fallberichte zu Adapalen als Monoarzneimittel • Weitere 5 Fallberichte zur Kombination Adapalen/Benzoylperoxid • Nebenwirkungen die Haut betreffend dominieren Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht | 19.01.2016 | Seite 6 Fazit • Umfassende Erfahrung aus klinischer Anwendung mit Adapalen zur topischen Aknetherapie • Seit über 20 Jahren in Deutschland und weltweit in mehr als 80 Ländern verfügbar • Zudem langjährige Erfahrung mit topischem Benzoylperoxid zur Aknebehandlung • Auch für Adapalen gilt, dass Patient in der Regel Diagnose der Akne im Gesichtsbereich, wenn Komedonen überwiegen und Papeln und Pusteln vorhanden sind, selbst stellen und von anderen Hauterkrankungen unterscheiden kann • In der Regel keine Gefahr, dass eine andere Erkrankung durch Selbstmedikation mit Adapalen verschleiert oder ihre Diagnose verzögert wird • Auch besteht kein Risiko für Missbrauch oder Abhängigkeitsentwicklung des Patienten Caveat: Trotz des aus klinischer Sicht günstigen Profils => Beurteilung eines möglichen teratogenen Risikos essenziell Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht | 19.01.2016 | Seite 7 Reproduktionstoxikologie • Retinoide, wenn sie systemisch angewandt werden, sind heute die beim Menschen am stärksten teratogen wirksamen Arzneimittel seit Thalidomid • Aufgrund der Teratogenität ist die Verschreibung und Abgabe oral verabreichter Retinoide in Deutschland an Frauen im gebärfähigen Alter an ein Programm zur Schwangerschaftsverhütung gebunden Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht | 19.01.2016 | Seite 8 Tierexperimentelle Daten des Antragstellers (I) • Orale Gabe von Adapalen an Ratten (25 mg/kg/Tag) und Kaninchen (60 mg/kg/Tag) zeigte einige retinoidspezifische teratogene Effekte (z. B. an Knochen, Harntrakt und Gaumen) • Dermale Verabreichung an Ratte und Kaninchen (6 mg/kg/Tag) zeigte bei den Nachkommen Effekte, wie überzählige Rippen, unvollständige Verknöcherung an Röhrenknochen, Auffälligkeiten an den Interparietalknochen • Die Sicherheitsabstände für diese Effekte in Bezug auf die AUC werden vom Antragsteller mit 59 bis 140 für Erwachsene und 41 bis 70 für Jugendliche (12 – 17 Jahre) angegeben Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht | 19.01.2016 | Seite 9 Tierexperimentelle Daten des Antragstellers (II) Sicherheitsabstände berücksichtigen nicht: • Erhöhung der Resorptionsquote durch Anwendung auf verletzter Haut oder gleichzeitige Anwendung resorptionsverstärkender Substanzen • Gleichzeitiger Gebrauch Vitamin A-haltiger Nahrungsergänzungsmittel oder Kosmetika • Mensch als empfindlichste Spezies für teratogene Effekte von Retinoiden Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht | 19.01.2016 | Seite 10 Humane Pharmakovigilanzdaten (I) Daten des Antragstellers (bis 30.09.2014): Vom Zulassungsinhaber werden 332 Fälle einer Exposition gegenüber Adapalen während verschiedener Stadien der Schwangerschaft vorgelegt: • davon 122 für die statistische Auswertung relevante prospektive Fälle => begrenzte Datenmenge • insgesamt 19 Fälle (3 prospektiv und 16 retrospektiv) mit abnormem Outcome, davon 15 Fälle von Missbildungen (2 prospektive, 13 retrospektive) • für mindestens 2 Fälle ist ein kausaler Zusammenhang zwischen der Exposition gegenüber Adapalen und dem Auftreten von Missbildungen nicht auszuschließen Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht | 19.01.2016 | Seite 11 Humane Pharmakovigilanzdaten (II) Literaturdaten: • 1 multizentrische prospektive Studie: 235 Schwangere im ersten Trimenon gegenüber topischem Retinoid exponiert => keine Hinweise auf teratogene Effekte Panchaud et al., 2012 • Einzelfallbeschreibungen zu Tretinoin => nach topischer Applikation Vitamin-A-Säure-typische Fehlbildungen nicht auszuschließen Selcen et al., 2000; Colley et al., 1998; Navarre-Belhassen et al., 1998; Lipson et al., 1993; Camera and Pregliasco, 1992 • Adapalen: 1 Fall einer Exposition bis zur 13. Schwangerschaftswoche => nach Abort Anophthalmie und Agenesis des Chiasma opticum beim Fetus Auret et al., 1997 Fazit: Die bisher vorliegenden Daten an Schwangeren für die Annahme einer Unbedenklichkeit reichen nicht aus Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht | 19.01.2016 | Seite 12 Allgemeine Empfehlungen Allgemeine Empfehlungen für die Schwangerschaft bei Anwendung von topischen Retinoiden: • Keine Anwendung in der Schwangerschaft oder bei bestehendem Kinderwunsch (Kontraindikation bei tretinoin- und isotretinoinhaltigen Topika) • Frauen im gebärfähigen Alter sollten während der Anwendung eine sichere Verhütungsmethode anwenden (Hinweis fehlt in der Packungsbeilage) • Eine versehentliche Behandlung in der Frühschwangerschaft sollte umgehend abgesetzt und eine Ultraschallfeindiagnostik angeboten werden (=> Empfehlung des Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryotoxikologie der Charité in Berlin) Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht | 19.01.2016 | Seite 13 Zusammenfassung Bei Entlassung von Adapalen aus der Verschreibungspflicht ist nicht sichergestellt, dass: 1. die Empfehlungen, dieses Arzneimittel während der Schwangerschaft und auch bei bestehendem Kinderwunsch nicht anzuwenden, eingehalten werden, da insbesondere eine Exposition während der Frühschwangerschaft vermieden werden sollte 2. Frauen im gebärfähigen Alter während der Anwendung eine sichere Verhütungsmethode anwenden 3. bei versehentlicher Anwendung während der Schwangerschaft eine weitergehende ärztliche Beratung und eine Ultraschallfeindiagnostik durchgeführt wird 4. keine weiteren Behandlungen angewandt werden, die möglicherweise zu einer erhöhten Resorptionsquote von Adapalen führen können => Entlassung wird aufgrund reproduktionstoxikologischer Bedenken nicht befürwortet Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht | 19.01.2016 | Seite 14