Dezember 2013/Januar 2014 Elterngeld
Transcription
Dezember 2013/Januar 2014 Elterngeld
Dezember 2013/Januar 2014 Elterngeld Impressum Inhalte: Karin Dietze Sozialverband VdK Rheinland-Pfalz e. V., Kaiserstraße 62, 55116 Mainz E-Mail: rheinland-pfalz@vdk.de Internet: www.vdk.de/rheinland-pfalz © Sozialverband VdK Rheinland-Pfalz, November 2013 Die Inhalte wurden sorgfältig erarbeitet. Es kann jedoch keine Gewährleistung für Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit übernommen werden. Die in dieser Informationsmappe verwendeten männlichen Bezeichnungen dienen ausschließlich der besseren Lesbarkeit und gelten ausdrücklich für beide Geschlechter. Eine Diskriminierung weiblicher Personen wird damit nicht beabsichtigt. Sozialverband VdK Rheinland-Pfalz e. V. – Elterngeld 2 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung .............................................................................................................. 4 2. Berechtigter Personenkreis................................................................................. 5 2.1 Gemeinsamer Haushalt mit eigenem Kind .................................................... 5 2.2 Betreuung und Erziehung .............................................................................. 5 2.3 Keine volle Erwerbstätigkeit .......................................................................... 5 3. Höhe des Elterngeldes ......................................................................................... 6 3.1 Ermittlung des maßgeblichen Einkommens .................................................. 6 3.2 Anrechnung von Einkommen ........................................................................ 9 3.3 Geschwisterbonus ....................................................................................... 10 3.4 Mehrlingszuschlag ....................................................................................... 10 4. Bezugszeitraum und Aufteilung der Monate .................................................... 10 4.1 Lebensmonatsprinzip .................................................................................. 11 4.2 Verlängerung des Bezugszeitraums ............................................................ 11 4.3 Mehrlingsgeburten ....................................................................................... 12 5. Antragstellung .................................................................................................... 12 6. Sonstiges ............................................................................................................ 14 6.1 Anrechnung des Elterngeldes bei „Hartz IV“ ............................................... 14 6.2 Elterngeld und Betreuungsgeld ................................................................... 14 6.3 Krankenversicherungsschutz während des Elterngeldbezugs .................... 14 Sozialverband VdK Rheinland-Pfalz e. V. – Elterngeld 3 1. Einleitung Zum 1. Januar 2007 ist das Bundeselterngeldgesetz (BEEG)1 in Kraft getreten. Seit diesem Zeitpunkt erhalten Eltern in Deutschland in den ersten Lebensmonaten ihres Kindes als Einkommensersatzleistung Elterngeld. Für Geburten ab dem 1. Januar 2007 löste das Elterngeld das bis dahin gezahlte Erziehungsgeld ab. Da das Erziehungsgeld stark einkommensabhängig war, stand es nicht allen Familien zu und fiel außerdem in der Regel deutlich geringer aus als das Elterngeld. Ziel des Elterngeldes ist es, Paaren durch die Vermeidung eines finanziellen Einbruchs nach der Geburt die Entscheidung für ein Kind zu erleichtern. Die Politik wollte damit Anreize für mehr Kinder setzen. Denn Deutschland fehlt der Nachwuchs: 2006 hatte es in Deutschland die bislang niedrigste Geburtenzahl gegeben. In diesem Jahr kamen nur 672.724 Kinder zur Welt. Zum Vergleich: 1964 während des Baby-Booms erblickten fast 1,4 Millionen Kinder das Licht der Welt, doppelt so viele wie 2006. Tatsächlich stieg die Geburtenrate ab dem Jahr 2007 geringfügig an, fiel dann allerdings wieder ab. 2009 und 2011 lag die Anzahl der Geburten jeweils wieder unter dem Wert von 2006. Mit statistisch gesehen 1,37 Geburten je Frau weist Deutschland derzeit eine der niedrigsten Geburtenraten weltweit auf. Doch auch wenn das Elterngeld offenbar wenig neue Anreize bietet, sich für ein Kind zu entscheiden, möchten Eltern heute keineswegs mehr auf diese Leistung verzichten, ersetzt sie doch nach der Geburt wenigstens einen Teil des wegfallenden Einkommens. So haben im Jahr 2011 jeder vierte Vater und 95 Prozent der Mütter im Laufe der ersten 14 Lebensmonate ihres Kindes Elterngeld bezogen. Durch umfangreiche Änderungen seit Inkrafttreten des Gesetzes wurden insbesondere die Berechnungsgrundlagen angepasst. Zudem gibt es immer wieder Änderungen und Klarstellungen durch Gerichtsurteile, auf die dieses Thema des Monats eingeht. Der Sozialverband VdK Rheinland-Pfalz kann seine Mitglieder zum Elterngeld zwar nicht beraten und vertreten, gibt aber als Service im Rahmen der Reihe „Thema des Monats“ diese Informationsmappe heraus. Umfangreiche weitere Informationen zum Thema Elterngeld enthält auch die Broschüre des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend „Elterngeld- und Elternzeit“.2 Elterngeldrechner im Internet3 können oft nur erste Anhaltspunkte zur Höhe der Leistung geben und stellen keine verlässliche Planungsgrundlage dar. Denn obwohl die Berechnung durch die neuen pauschalierten Abzüge seit dem Jahr 2013 vereinfacht wurde, gibt es immer noch viele Einzelheiten, die zu abweichenden Ergebnissen führen, wenn sie unberücksichtigt bleiben. 1 Jeweils aktuelle Version abrufbar im Internet unter http://www.gesetze-iminternet.de/bundesrecht/beeg. 2 Zu bestellen und herunterzuladen auf der Internetseite www.bmfsfj.de. 3 Z.B. unter www.bmfsfj.de oder www.familien-wegweiser.de. Sozialverband VdK Rheinland-Pfalz e. V. – Elterngeld 4 2. Berechtigter Personenkreis Die Voraussetzungen für den Bezug von Elterngeld haben Elternteile erfüllt, die - ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben, im gemeinsamen Haushalt mit ihrem Kind leben, ihr Kind vorrangig selbst betreuen und erziehen und keine Erwerbstätigkeit oder nur eine Teilzeittätigkeit ausüben. 2.1 Gemeinsamer Haushalt mit eigenem Kind Von der Regel, dass es das eigene Kind sein muss, für das man Elterngeld bezieht, gibt es einige Ausnahmen. So erhalten beispielweise auch Ehe- oder Lebenspartner Elterngeld, wenn sie das Kind ihres Partners im eigenen Haushalt betreuen und erziehen. Auch Großeltern und andere Verwandte bis zum dritten Verwandtschaftsgrad und deren Ehegatten sowie Adoptiveltern haben unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Elterngeld. Diese Voraussetzungen sind beispielsweise erfüllt bei einer schweren Krankheit oder Behinderung der Eltern oder deren Tod. 2.2 Betreuung und Erziehung Voraussetzung für den Bezug von Elterngeld ist, dass die Betreuung und Erziehung des Kindes selbst vorgenommen wird. Es ist für den Elterngeldanspruch unerheblich, ob gleichzeitig Elternzeit in Anspruch genommen wird. Arbeitnehmer werden jedoch in der Regel Elternzeit nehmen müssen, um ihre Arbeitszeit reduzieren zu können. Für den Elterngeldanspruch unschädlich ist auch, wenn die Betreuung und Erziehung des Kindes aus einem wichtigen Grund nicht sofort aufgenommen werden kann oder unterbrochen werden muss. Ein vorübergehender Krankenhausaufenthalt des Elternteils steht so beispielsweise dem Bezug von Elterngeld nicht entgegen. Auch wenn das Kind in einer Kindertagesstätte untergebracht wird, kann gleichzeitig Elterngeld bezogen werden, sofern der berechtigte Elternteil die Betreuung und Erziehung in der übrigen Zeit des Tages, beispielsweise morgens, abends und in der Nacht, selbst leistet. 2.3 Keine volle Erwerbstätigkeit Die Voraussetzung, dass keine volle Erwerbstätigkeit ausgeübt wird, ist erfüllt, solange der elterngeldberechtigte Elternteil durchschnittlich nicht mehr als 30 Stunden in der Woche arbeitet. Dabei kommt es darauf an, dass eine volle Erwerbstätigkeit tatsächlich nicht ausgeübt wird. Wer beispielsweise aufgrund einer Freistellung von der Sozialverband VdK Rheinland-Pfalz e. V. – Elterngeld 5 Arbeitsleistung durch seinen Arbeitgeber seiner Arbeit tatsächlich nicht nachgeht, übt keine Erwerbstätigkeit im Sinne des BEEG aus und hat somit einen Anspruch auf die Leistung.4 Das durch eine Teilzeiterwerbstätigkeit während des Elterngeldbezugs erzielte Einkommen wird bei der Berechnung des Elterngeldes mindernd berücksichtigt (vgl. Punkt 3.2.2). 3. Höhe des Elterngeldes Nach der Klärung, ob überhaupt ein Elterngeldanspruch besteht, ist die wichtigste Frage für Eltern sicherlich die nach der Höhe des Elterngeldes. Die Höhe des Elterngeldes richtet sich nach dem individuellen Durchschnittsverdienst der letzten zwölf Kalendermonate vor dem Geburtsmonat des Kindes. Grundsätzlich werden von dem bereinigten Nettoeinkommen im Bemessungszeitraum zwischen 65 und 67 Prozent als Elterngeld geleistet. Es gilt jedoch eine Höchstgrenze von 1.800 Euro. Für Elternteile mit einem Monatseinkommen unter 1.000 Euro beträgt das Elterngeld gestaffelt je nach Verdienst bis zu 100 Prozent. Die Mindesthöhe des Elterngeldes liegt bei 300 Euro. Sie gilt für Mütter und Väter, die im maßgeblichen Zeitraum vor der Geburt des Kindes kein oder nur ein sehr geringes Einkommen erzielt haben. 3.1 Ermittlung des maßgeblichen Einkommens 3.1.1 Bemessungszeitraum Für die Berechnung des maßgeblichen Einkommens vor der Geburt kommt es zunächst darauf an, welcher Bemessungszeitraum zugrunde gelegt wird. Grundsätzlich sind dies bei Beschäftigten mit Einkommen aus einer nichtselbständigen Tätigkeit die letzten zwölf Kalendermonate vor dem Geburtsmonat des Kindes. Fallen in diesen Zeitraum jedoch Monate des Mutterschutzes, mit Elterngeldbezug für ein älteres Kind, Beschäftigungsverbot, schwangerschaftsbedingten Krankheitszeiten oder Wehrdienst, so bleiben diese Monate bei der Bestimmung des Zeitraums unberücksichtigt und dieser verschiebt sich um die Anzahl der betroffenen Monate weiter in die Vergangenheit. Diese Verschiebung wird jedoch nicht vorgenommen, wenn sie sich nachteilig auf die Höhe des zu berücksichtigenden Einkommens auswirken würde. Bei Selbständigen ist grundsätzlich das Einkommen aus dem Kalenderjahr vor der Geburt des Kindes maßgeblich. Auch hier bleiben Zeiträume, in denen das Einkommen aufgrund der oben genannten Gründe gemindert war unberücksichtigt. Aller4 Bundessozialgericht, Urteil vom 29.08.2012, Aktenzeichen B 10 EG 7/11 R. Sozialverband VdK Rheinland-Pfalz e. V. – Elterngeld 6 dings wird der Bemessungszeitraum bei Selbständigen nicht nur um einzelne Monate weiter in die Vergangenheit verschoben, sondern man berücksichtigt dann das komplette davor liegende Kalenderjahr oder je nach Dauer der Verschiebungsgründe auch ein noch früheres Kalenderjahr. Die Verschiebung des Bemessungszeitraums müssen Selbständige ausdrücklich beantragen. Bei Selbständigen, die gleichzeitig auch Einkünfte aus einer nichtselbständigen Erwerbstätigkeit erzielt haben, berücksichtig man grundsätzlich das gesamte Erwerbseinkommen im Kalenderjahr vor der Geburt des Kindes. Wenn im Kalenderjahr vor der Geburt einer oder mehrere der oben genannten Verschiebegründe vorlagen, werden auf Antrag alle Erwerbseinkünfte aus dem Kalenderjahr berücksichtigt, das diesen Ereignissen vorausgegangen ist. 3.1.2 Einnahmen aus einer Erwerbstätigkeit im Bemessungszeitraum Berücksichtigt wird das steuerpflichtige Einkommen aus der Erwerbstätigkeit im Bemessungszeitraum. Hierzu zählen sowohl die Einnahmen aus einer Beschäftigung, zu denen auch Einnahmen aus einer geringfügigen Beschäftigung gehören, die seitens des Arbeitgebers pauschal versteuert werden, als auch Einnahmen aus einer Selbständigkeit. Nicht berücksichtigt werden hingegen, auch wenn sie steuerpflichtig sind, einmalige Einkünfte wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld, Abfindungen und Prämien. Vom diesen Bruttoeinnahmen werden bei Arbeitnehmern zunächst pauschal Werbungskosten in Höhe des steuerlichen Arbeitnehmer-Pauschbetrags (1.000 Euro jährlich) abgezogen. Für Arbeitnehmer und Selbständige gleichermaßen gilt, dass aus dem so errechneten Erwerbseinkommen im Bemessungszeitraum ein durchschnittlicher monatlicher Betrag ermittelt wird, indem der Gesamtbetrag durch zwölf geteilt wird. Von diesem Betrag werden pauschal Steuern und Sozialversicherungsbeiträge abgezogen. 3.1.3 Abzüge für Steuern Zu den Abzügen für Steuern gehören die Einkommensteuer, der Solidaritätszuschlag und bei kirchensteuerpflichtigen Elternteilen auch die Kirchensteuer. Bei der Berechnung des konkreten Abzugsbetrags für die Steuerzahlung bleiben die steuerfreien Erwerbseinkünfte z.B. aus einem Minijob als Bemessungsgrundlage unberücksichtigt. Vom Einkommen wird zur Berechnung des Steuerabzugsbetrags auch die Vorsorgepauschale nach dem Einkommensteuergesetz abgezogen. Der Steuerabzug orientiert sich an der Steuerklasse, die die elterngeldberechtigte Person im Bemessungszeitraum – also vor der Geburt des Kindes – überwiegend hatte. Daher ist es ratsam, die Steuerklasse zu überprüfen und, falls dies möglich ist Sozialverband VdK Rheinland-Pfalz e. V. – Elterngeld 7 und wenn damit finanzielle Nachteile umgangen werden können, diese zu wechseln. Allein durch die Wahl der Steuerklasse im Bemessungszeitraum kann die Höhe des Elterngeldes in vielen Fällen insgesamt um mehrere hundert oder gar tausend Euro im Bezugszeitraum beeinflusst werden. Wichtig zu wissen: Nur der rechtzeitigte Wechsel wirkt sich auf die Elterngeldhöhe aus. Bei der Elterngeldberechnung wird die Steuerklasse berücksichtigt, die im Bemessungszeitraum überwiegend gegolten hat. Der Wechsel der Steuerklasse muss deshalb bereits mindestens sechs Kalendermonate vor dem Beginn der Mutterschaft wirksam sein. Dabei sollte auch beachtet werden, dass der Antrag auf den Wechsel der Steuerklasse erst ab dem Folgemonat nach Eingang beim Finanzamt wirksam ist. Es ist deshalb empfehlenswert, diese Überlegungen möglichst schon gleich nach Feststellung der Schwangerschaft aufzugreifen. Wurde der rechtzeitige Wechsel zwar verpasst, der Antrag aber lediglich einen Monat zu spät gestellt, kann mit dem Verzicht auf die sogenannte „Ausklammerung“ eines Mutterschutzmonats vor der Geburt eventuell die Situation noch gerettet werden. Durch einen entsprechenden Antrag im Rahmen der Elterngeldbeantragung kann dieser Monat ausnahmsweise mit in den Bemessungszeitraum einbezogen werden. Grundsätzlich werden Mutterschutzmonate bei der Bemessung des Elterngeldes nicht berücksichtigt (vgl. Punkt 3.1.1). Durch den Verzicht auf diese Nichtberücksichtigung eines Mutterschutzmonats verschiebt sich der Bemessungszeitraum um einen Monat in Richtung Geburtsmonat, wodurch erreicht werden kann, dass die günstigere Steuerklasse im Bemessungszeitraum doch noch überwiegend vorgelegen hat. Auch ein freiwilliger Verzicht auf die erste Zeit des Mutterschutzes vor der Geburt ist möglich und im Einzelfall sinnvoll, um den Steuerklassenwechsel für die Elterngeldhöhe wirksam werden zu lassen. Bevor schwangere Frauen sich zu diesem Schritt entschließen, sollten sie unbedingt mit ihrem Frauenarzt absprechen, ob der Verzicht auf den Mutterschutz aus medizinischer Sicht vertretbar ist. Da durch einen Steuerklassenwechsel auch Nachteile entstehen können, sollte man sich intensiv mit der Thematik beschäftigen oder/und sich fachkundig beraten lassen. Bei Selbständigen, die im Bemessungszeitraum keiner nichtselbständigen Tätigkeit nachgegangen sind, wird fiktiv die Steuerklasse IV ohne Faktor herangezogen. 3.1.4 Abzüge für Sozialabgaben Der Abzugsbetrag für die gesetzlichen Sozialabgaben setzt sich pauschal zusammen aus neun Prozent für die Kranken- und Pflegeversicherung, zehn Prozent für die Rentenversicherung und zwei Prozent für die Arbeitsförderung. Der Abzug wird nur vorgenommen, wenn der Elterngeldberechtigte im Bemessungszeitraum im jeweiligen Sozialversicherungszweig versicherungspflichtig war. Dabei zählt die Beitragspflicht zu einem berufsständischen Versorgungssystem (z.B. Versorgung über die Ärzte-, Architekten- oder Rechtsanwaltskammer) ebenfalls als RentenversicherungsSozialverband VdK Rheinland-Pfalz e. V. – Elterngeld 8 pflicht. Freiwillige gesetzliche Sozialversicherungen sowie private Versicherungen werden nicht berücksichtigt. Mit dem so ermittelten Prozentsatz wird vom monatlichen Durchschnittseinkommen, bei dem die Werbungskostenpauschale jedoch nicht abgezogen werden darf und auch Einkünfte aus geringfügigen Beschäftigungen nicht berücksichtigt werden, ein pauschaler Abzug für Sozialabgaben ermittelt. 3.2 Anrechnung von Einkommen 3.2.1 Mutterschaftsleistungen Die gesetzlichen Krankenkassen zahlen Frauen unter bestimmten Voraussetzungen während der Mutterschutzfristen ein Mutterschaftgeld.5 Dieses dient dem gleichen Zweck wie das Elterngeld: Es soll die mit der Geburt eines Kindes verbundenen Einkommensausfälle ersetzen. Das Mutterschaftsgeld, welches für Zeiten nach der Geburt gezahlt wird, wird daher in voller Höhe auf das Elterngeld angerechnet. Das in diesem Zeitraum entgangene Elterngeld gilt als verbraucht; der Elterngeldzeitraum verlängert sich dadurch nicht. Kommt das Kind vor dem errechneten Geburtstermin zur Welt, konnte die Mutter nicht die gesamte Mutterschutzfrist von in der Regel sechs Wochen vor der Geburt nutzen. In diesen Fällen werden deshalb die Mutterschutzfrist und damit verbunden auch das Mutterschaftsgeld, die vor der Geburt nicht in Anspruch genommen werden konnten, nach der Geburt nachgewährt. Dies führt dazu, dass betroffene Mütter nach der Geburt nicht nur acht Wochen lang Mutterschaftsgeld erhalten, sondern bis zu 14 Wochen, bei Früh- oder Mehrlingsgeburten sogar bis zu 18 Wochen. Das Mutterschaftsgeld wird in dieser Konstellation nicht nur in den ersten beiden, sondern auch im dritten, vierten oder gar fünften Lebensmonat des Kindes gezahlt. Während bei termingerechten Geburten das Mutterschaftgeld vor der Geburt anrechnungsfrei bleibt und nach der Geburt nur bis zum zweiten Lebensmonat des Kindes angerechnet wird, erhalten die Eltern von zu früh geborenen Kindern vor der Geburt kein oder nur kurz Mutterschaftsgeld und später bis zu vier Monate lang kein Elterngeld. Eltern von zu früh geborenen Kindern sind damit insgesamt schlechter gestellt als Eltern von pünktlich oder erst nach dem errechneten Geburtstermin zur Welt gekommenen Babys. Das Bundessozialgericht hat jedoch in der Regelung des BEEG, die zu dieser objektiven Schlechterstellung führt, keine Verletzung der Grundsätze des Gleichbehandlungsgebots und des Benachteiligungsverbots gesehen.6 Mutterschaftsgeld, welches privat- und familienversicherte Frauen seitens des Bundesversicherungsamts erhalten7, wird im Übrigen nicht auf das Elterngeld angerechnet. 5 § 24 i SGB V. Bundessozialgericht, Urteil vom 20.12.2012, Aktenzeichen B 10 EG 19/11 R. 7 Gemäß § 13 MuSchG. 6 Sozialverband VdK Rheinland-Pfalz e. V. – Elterngeld 9 3.2.2 Erwerbseinkommen Da es erlaubt ist, während des Elterngeldbezugs einer Erwerbstätigkeit im Rahmen von bis zu 30 Wochenstunden nachzugehen, kommt es vor, dass in dieser Zeit Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit erzielt wird. Das Elterngeld soll aber das während der Elternzeit wegfallende Erwerbseinkommen ausgleichen. Aus diesem Grund wirkt sich der Hinzuverdienst, auch wenn er nur aus einer geringfügigen Tätigkeit stammt, mindernd auf die Elterngeldhöhe aus. Grundlage für die Berechnung des Elterngeldes ist in diesen Fällen der Differenzbetrag zwischen dem monatlichen Durchschnittseinkommen im Bemessungszeitraum vor der Geburt und dem durchschnittlichen Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit während des Elterngeldbezugs. 3.2.3 Weitere Einkommensarten Neben dem Mutterschaftsgeld und Erwerbseinkommen, das während des Elterngeldbezugs erzielt wird, werden auch weitere Einkunftsarten bei der Elterngeldberechnung berücksichtigt. Beispielhaft angeführt seien hier Arbeitslosengeld und Krankengeld, sofern sie als Entgeltersatzleistung für Einkommen vor der Geburt geleistet werden, sowie Eltern- und Mutterschaftsgeld für weitere Kinder. 3.3 Geschwisterbonus Eltern von zwei oder mehr kleinen Kindern können – abhängig vom Alter der Kinder – einen Geschwisterbonus erhalten. Dieser wird in Höhe von 10 Prozent des zustehenden Elterngeldes bewilligt und beträgt mindestens 75 Euro im Monat. Der Geschwisterbonus steht allerdings nicht für Kinder zu, für die sich das Elterngeld aufgrund eines Mehrlingszuschlags erhöht. 3.4 Mehrlingszuschlag Bei Mehrlingsgeburten erhöht sich der Anspruch auf das Elterngeld um jeweils 300 Euro für das zweite und jedes weitere Kind. Eltern haben für jedes einzelne neugeborene Kind einen eigenen Elterngeldanspruch, so dass beide Elternteile auch gleichzeitig Elterngeld in regulärer Höhe und zusätzlich jeweils den Mehrlingszuschlag beziehen können (weitere Informationen dazu auch unter Punkt 4.3). 4. Bezugszeitraum und Aufteilung der Monate Das Elterngeld kann vom Tag der Geburt des Kindes an bis maximal zu dessen vollendetem 14. Lebensmonat bezogen werden. Grundsätzlich besteht ein Anspruch für zwölf Lebensmonate. Beide Elternteile zusammen haben insgesamt jedoch einen Anspruch auf 14 Monatsbeträge, wenn das Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit für zwei Monate gemindert ist. Gehen beide Elternteile hingegen gar keiner ErwerbsSozialverband VdK Rheinland-Pfalz e. V. – Elterngeld 10 tätigkeit nach oder reduziert sich das Einkommen nicht aus anderen Gründen, bleibt es bei einer Höchstbezugsdauer von zwölf Monaten. Jeder Elternteil darf das Elterngeld grundsätzlich nicht länger als zwölf und nicht kürzer als zwei Monate beziehen. Die Monate können innerhalb der ersten 14 Lebensmonate zusammenhängend oder getrennt aufgeteilt werden. Zu beachten ist dabei, dass das Elterngeld nur für volle und nicht für anteilige Lebensmonate bewilligt wird. Eine Ausnahme von der maximalen Bezugsdauer gibt es bei Alleinerziehenden, denen die elterliche Sorge oder zumindest das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind allein zusteht und der andere Elternteil nicht mit ihnen oder dem Kind in einer gemeinsamen Wohnung lebt. Sie können auch allein für 14 Monate Elterngeld beziehen. Dies ist auch möglich, wenn mit der Betreuung durch den anderen Elternteil eine Gefährdung des Kindeswohls verbunden wäre oder die Betreuung durch den anderen Elternteil unmöglich ist. Diese Voraussetzung kann beispielsweise erfüllt sein bei einer schweren Krankheit oder Schwerbehinderung des anderen Elternteils. Wirtschaftliche Gründe bleiben hier allerdings unberücksichtigt. Erhält die Mutter nach der Geburt Mutterschaftsgeld, so wird dieses auf ihren Elterngeldanspruch angerechnet. Denn die ersten Lebensmonate des Kindes, in denen die Mutter Mutterschaftsgeld erhält, gelten beim Elterngeld automatisch als von ihr in Anspruch genommene Lebensmonate. Dies sollte bei der Planung der Aufteilung des Elterngeldbezugs unter den Elternteilen berücksichtigt werden. So ist es in diesen Fällen beispielsweise nicht möglich, dass der Vater in den ersten beiden Lebensmonaten und die Mutter später vom dritten bis zum 14. Lebensmonat durchgehend Elterngeld bezieht. Von den zwölf Monaten Anspruchsdauer, die für die Mutter übrig bleiben, muss der Zeitraum des Mutterschaftsgeldes abgezogen werden. Ihr Anspruch würde in dem Beispiel nach dem zwölften Lebensmonat ihres Kindes enden. 4.1 Lebensmonatsprinzip Elterngeld wird jeweils für Lebensmonate des Kindes gezahlt und nicht für Kalendermonate. Darauf sollte insbesondere bei der Planung geachtet werden, wenn beispielsweise ein Elternteil nur für einen kurzen Zeitraum Elternzeit nimmt und hierfür Elterngeld beantragen möchte. Um die Anrechnung von Einkommen in diesem Zeitraum zu verhindern, ist es grundsätzlich empfehlenswert, die Elternzeit auf die Lebensmonate des Kindes abzustimmen und nicht kalendermonatsweise in Anspruch zu nehmen. 4.2 Verlängerung des Bezugszeitraums Es besteht die Möglichkeit, den Bezugszeitraum zu verlängern. Die Monatsbeträge des Elterngeldes kann man sich zu diesem Zweck zunächst nur in Höhe der Hälfte, dafür aber doppelt so lange auszahlen lassen. Auf diese Weise kann der ElterngeldSozialverband VdK Rheinland-Pfalz e. V. – Elterngeld 11 bezug auf bis zu 24 bzw. 28 Monate ausgedehnt werden. Die Höhe des insgesamt für ein Kind ausgezahlten Elterngeldes ändert sich dadurch jedoch nicht. Wird Mutterschaftsgeld gezahlt, wird dieses ebenfalls doppelt so lange berücksichtigt wie im Regelfall. 4.3 Mehrlingsgeburten Das Bundessozialgericht hat 2013 entschieden, dass bei Mehrlingsgeburten auch beide Eltern parallel einen Elterngeldanspruch haben, sofern beide die Anspruchsvoraussetzungen erfüllen. Nach den beiden Urteilen des Bundessozialgerichts8 hat bei Zwillingen beispielsweise die Mutter zwölf Monate lang Anspruch auf Elterngeld für ein Kind und der Vater gleichzeitig für das andere. Darüber hinaus bestehen für jeden Elternteil Ansprüche für zwei weitere Monate für jeweils das andere Kind. Da dies im Gesetz nicht eindeutig geregelt ist, sah die bisherige Verwaltungspraxis anders aus und es hat immer nur ein Elternteil Elterngeld erhalten. Erhält die Mutter nach der Geburt Mutterschaftsgeld, so wird dieses auf ihren Elterngeldanspruch für alle Kinder angerechnet. Die betreffenden Monate gelten deshalb als Elterngeldmonate der Mutter für alle ihre neugeborenen Kinder und reduzieren die Gesamtzahl der Monate, in denen beide Elternteile gleichzeitig Elterngeld beziehen können. Durch die Umsetzung der Urteile gewähren die Elterngeldstellen nun auch rückwirkend ab 1. Januar 2009 Elterngeld an den Elternteil, der bisher leer ausgegangen ist. Dieser rückwirkende Anspruch besteht nur, wenn im betreffenden Zeitraum alle Voraussetzungen erfüllt waren. Die Eltern von Mehrlingen werden jedoch aufgrund der damaligen Rechtsanwendung in der Regel davon ausgegangen sein, nur einmal Elterngeld zu erhalten. In den meisten Fällen wird deshalb ein Elternteil einer Erwerbstätigkeit nachgegangen sein, die dem Elterngeldanspruch entgegensteht. Rückwirkende Ansprüche auf Elterngeld können dann nicht geltend gemacht werden, weil die Voraussetzungen für Elterngeld nicht erfüllt waren. Da Ansprüche nach vier Kalenderjahren verjähren, muss der Antrag auf das Elterngeld für Bezugszeiten im Jahr 2009 bis zum 31.12.2013 gestellt werden. Ansprüche aus dem Jahr 2010 können bis zum 31.12.2014 geltend gemacht werden. 5. Antragstellung Grundsätzlich erhalten Eltern die Informationen und Antragsformulare zum Elterngeld automatisch per Post zugeschickt, sobald das Kind nach der Geburt bei der Meldebehörde eingetragen wurde. 8 Bundessozialgericht, Urteil vom 27.06.2013, Aktenzeichen B 10 EG 8/12 R und B 10 EG 3/12 R. Sozialverband VdK Rheinland-Pfalz e. V. – Elterngeld 12 Elterngeld muss schriftlich beantragt werden. Der Antrag kann frühestens am Tag der Geburt des Kindes gestellt werden. Rückwirkend kann Elterngeld nur für maximal drei Monate vor dem Antragsmonat gezahlt werden. Es empfiehlt sich, den Antrag bereits vor der Geburt soweit wie möglich auszufüllen und die dafür erforderlichen Unterlagen zu besorgen. Insbesondere Einkommensnachweise oder eine Arbeitszeitbescheinigung des Arbeitgebers bei einer geplanten Teilzeitbeschäftigung während des Elterngeldbezugs können schon gut vorab bereitgelegt werden, um den Aufwand nach der Geburt zu reduzieren. Das Elterngeld-Antragsformular enthält Hinweise dazu, welche weiteren Nachweise beigefügt werden müssen. Man kann sich auch schon im Vorfeld informieren, wann und wo diese Nachweise angefordert werden müssen. Beispielsweise wird eine Bescheinigung über das gezahlte Mutterschaftsgeld von der Krankenkasse in der Regel automatisch zugeschickt, nachdem die Geburtsbescheinigung des Kindes dort eingereicht wurde. Andere Dokumente müssen hingegen angefordert werden. Wer bei der Antragstellung vorsätzlich oder grob fahrlässig falsche oder unvollständige Angaben macht oder relevante Änderungen nicht mitteilt, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Diese kann mit einer Geldbuße von bis zu zweitausend Euro geahndet werden. Soweit Elterngeld dadurch zu Unrecht bewilligt wurde, muss dieses zurückgezahlt werden. Im Antragsformular muss bereits angegeben werden, welcher Elternteil für welche Monate Elterngeld beziehen möchte. Diese Festlegungen sind allerdings nicht endgültig. Bis zum Ende des Bezugszeitraums können Änderungen mitgeteilt werden. Sofern die Monatsbeträge noch nicht ausgezahlt wurden, können die Änderungen auch bis zu drei Monate rückwirkend vor der Mitteilung wirksam werden. Wurde das Elterngeld bereits ausgezahlt, können die Änderungen – außer in besonderen Härtefällen – nur für die Zukunft berücksichtigt werden. Zuständig für die Elterngeldbewilligung sind in Rheinland-Pfalz die Elterngeldstellen, die in der Regel bei den Jugendämtern der Landkreise bzw. der der kreisfreien und großen kreisangehörigen Städte angesiedelt sind.9 Die Fachaufsichtsbehörde ist das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung. Dieses erlässt auch die Bescheide im Rahmen von Widerspruchsverfahren. 9 § 4 a Abs. 1 Landesverordnung über Zuständigkeiten nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch, dem Jugendschutzgesetz, dem Unterhaltsvorschussgesetz, dem Bundeserziehungsgeldgesetz, dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz und dem Adoptionsvermittlungsgesetz. 9 § 10 Abs. 5 BEEG. Sozialverband VdK Rheinland-Pfalz e. V. – Elterngeld 13 6. Sonstiges 6.1 Anrechnung des Elterngeldes bei „Hartz IV“ Seit dem Jahr 2011 wird das Elterngeld bei Arbeitslosengeld-II-Beziehern in voller Höhe als Einkommen angerechnet. Ausnahme: Eltern, die vor der Geburt ihres Kindes erwerbstätig waren, erhalten einen Elterngeldfreibetrag. Dieser entspricht ihrem Einkommen vor der Geburt, maximal aber 300 Euro. Bis zu dieser Höhe bleibt das Elterngeld anrechnungsfrei.10 Das Landessozialgericht entschied in seinem Urteil vom 12. März 2013, dass die Anrechnung des Elterngeldes auf die Grundsicherungsleistungen verfassungsgemäß sei.11 6.2 Elterngeld und Betreuungsgeld Eltern, die ihre Kinder zwischen deren 15. und 36. Lebensmonat selbst betreuen und erziehen und keinen Kindertagesstättenplatz in Anspruch nehmen, können seit August 2013 einen Anspruch auf Betreuungsgeld haben. Das Betreuungsgeld ist ebenfalls im BEEG geregelt. Es ist grundsätzlich nicht möglich, Elterngeld und Betreuungsgeld gleichzeitig zu beziehen. Auch hat ein Elternteil keinen Anspruch auf Betreuungsgeld, solange der andere Elternteil für das gleiche Kind Elterngeld bezieht. Ausnahme: Wenn der Bezugszeitraum des Elterngeldes auf zwei Jahre ausdehnt wurde (vgl. Punkt 4.2), kann während des Bezugs der zweiten Hälfte des Elterngeldes zeitgleich Betreuungsgeld in Anspruch genommen werden. 6.3 Krankenversicherungsschutz während des Elterngeldbezugs Während des Elterngeldbezugs bleibt die Krankenversicherung grundsätzlich in der Form bestehen, wie sie vor der Geburt des Kindes bestand. Pflichtversicherte Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung bleiben pflichtversichert. Sie müssen grundsätzlich keine Beiträge zahlen. Auch die freiwillige Versicherung bleibt bestehen. Beiträge sind auch hier nicht zu zahlen, wenn dem Grunde nach eine Mitversicherung über die Familienversicherung des Ehepartners möglich wäre. Wäre eine Familienversicherung nicht möglich, beispielsweise wenn der Partner selbst nicht Mitglied der gesetzlichen Krankenkasse ist oder der Elterngeldberechtigte nicht verheiratet ist, müssen Mindestbeiträge zur freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung gezahlt werden. 10 11 § 10 Abs. 5 BEEG. Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.03.2013, Aktenzeichen: L 6 AS 623/11. Sozialverband VdK Rheinland-Pfalz e. V. – Elterngeld 14 Ebenso bleibt auch eine zuvor bestehende Familienversicherung des Elterngeldbeziehers beim Ehepartner weiterhin erhalten. Das Elterngeld gilt nicht als Einkommen, das eine Familienversicherung ausschließen würde. Bei Fragen zur gesetzlichen Krankenversicherung, auch im Rahmen des Elterngeldbezugs, berät der Sozialverband VdK Rheinland-Pfalz seine Mitglieder gern und vertritt sie gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen. Sozialverband VdK Rheinland-Pfalz e. V. – Elterngeld 15