Einleitung zum Jahresbericht 2007

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Einleitung zum Jahresbericht 2007
Einleitung zum Jahresbericht 2007
Im Jahr 2007 waren für ATD Vierte Welt zwei Jubiläen besonders wichtig:
50 Jahre waren es her, seit Père Joseph Wresinski, der Gründer von
ATD, als Seelsorger in das Obdachlosenlager von Noisy-le-Grand in
der Nähe von Paris kam.
20 Jahre waren vergangen, seit am 17. Oktober
in Paris die Gedenktafel "für die Opfer von
und Gewalt" eingeweiht worden war, dessen Text
auf über dreißig Nachbildungen dieser
und Hoffnungen der Menschen, die sich mit der
Bewegung ATD Vierte Welt engagieren, zum
1987 auf dem Trocadéro
Unwissenheit, Hunger
seither – weltweit auch
Gedenktafel – die Ideen
internationalen
Ausdruck bringen:
"Wo immer Menschen dazu verurteilt sind,
im Elend zu leben,
werden die Menschenrechte verletzt.
Sich mit vereinten Kräften für ihre Achtung einzusetzen, ist heilige Pflicht."
Père Joseph Wresinski, 17. Oktober 1987
Diesen doppelten Jahrestag wollte die internationale Bewegung ATD Vierte Welt mit einer
besonderen Kampagne begehen. Konkret wurde das im Rahmen eines Seminars, das bereits im
Mai 2006 in Montreal Verfechter der Menschenrechte von vier Kontinenten und aus allen
Gesellschaftsschichten zusammenführte. Dabei wurden die bisherigen Erfahrungen mit dem
17. Oktober, dem Welttag zur Überwindung von Armut und sozialer Ausgrenzung, gemeinsam
ausgewertet und Ideen für die weitere Bekanntmachung seines Grundgedankens – beruhend auf
dem Impuls von Père Joseph Wresinski – gesammelt. Dass der Text des Gedenksteins vom
Trocadéro im Mittelpunkt der Kampagne stehen sollte, war für alle Teilnehmenden klar.
In einem Brief an die Mitglieder von ATD Vierte Welt schrieb Eugen Brand, der Generaldelegierte
der internationalen Bewegung unter anderem:
"Dieser Text von Père Joseph Wresinski geht weit über die Bewegung ATD Vierte hinaus. In
der ganzen Welt erkennen sich Menschen, Gruppen und Institutionen darin wieder. Um nur
zwei Beispiele anzuführen: Dieser Text steht auf der ersten Seite des Berichts des
Generalsekretärs der Vereinten Nationen über die Auswertung des 17. Oktober, und in Paris
haben "Les enfants de Don Quichotte" - eine Gruppe, die kürzlich eine Bewegung ins Leben
gerufen hat, um ein tatsächliches Recht auf Wohnung zu fordern - diesen Text auf jeder
Seite ihres Internetauftritts eingefügt.
Armut und Ausgrenzung schließen immer mehr Menschen aus und führen zu deren
Zerstörung. Die Menschenrechte fordern Gerechtigkeit und Teilen. Aber Gerechtigkeit und
Teilen reichen nicht aus. Verbindliche Beziehungen sind notwendig.
Wir engagieren uns für dauerhafte Begegnungen und Dialoge zwischen denen, die
täglich im Elend leben und den Anderen. Aus solchen Begegnungen entsteht etwas
Neues!
Ziel dieser Kampagne ist es, diese Strömung - Begegnung und Dialog - bekannt zu machen
und sehr viele Menschen aus allen Gesellschaftsschichten dazu einzuladen, sich ihr
anzuschließen. Wir möchten zeigen, dass wir viele sind, die daran glauben (...). So
ermutigen wir einander, laden andere dazu ein, sich uns anzuschließen, und geben denen,
die Entscheidungen treffen müssen, politischen Mut."
Die Kampagne 2007 stand unter dem Motto
"Armut und soziale Ausgrenzung überwinden - der Weg zum Frieden."
Zur Unterstützung wurde eine Unterschriftensammlung gestartet. Diese "Solidaritätserklärung"
hatte folgenden Wortlaut:
"Ich erkläre mich solidarisch mit allen, die weltweit versuchen, Armut und Ausgrenzung zu
überwinden.
Ich will dazu beitragen, dass die Würde und die Rechte aller Menschen geachtet werden.
Ich setze mich dafür ein, dass ausgegrenzte und arme Menschen aktiv am gesellschaftlichen
Leben, insbesondere an den Veranstaltungen zum 17. Oktober, dem Welttag zur
Überwindung von Armut und Ausgrenzung, teilnehmen können.
Ich fordere Bürgerinnen und Bürger, lokale und nationale Verantwortungsträger sowie die
UNO auf,
– arme und ausgegrenzte Menschen als aktive Partner bei der Überwindung von Armut
und Ausgrenzung anzuerkennen,
– diese Menschen in die Planung, Umsetzung und Auswertung der politischen Maßnahmen, die sie betreffen, einzubeziehen und eine Welt ohne Armut und
Ausgrenzung
anzustreben, eine Welt, in der das Recht auf Familienleben, menschenwürdige Arbeit
und gesellschaftliche, kulturelle und politische Beteiligung respektiert wird,
– die jedes Jahr am 17. Oktober organisierten Veranstaltungen zu unterstützen, damit
arme und ausgegrenzte Menschen weiterhin im Zentrum dieser Aktionen stehen,
– das ganze Jahr über einen regen Austausch mit denjenigen zu pflegen, die durch ihren
Einsatz gegen Armut und Ausgrenzung den Frieden fördern."
In über 100 Ländern der Welt – darunter auch Deutschland – unterzeichneten an die 170.000
Menschen diese Erklärung. Obwohl ATD Vierte Welt in Deutschland noch ziemlich unbekannt ist,
treffen wir immer wieder auf Menschen, die sich voll und ganz hinter die Aussagen und Ideen
unserer Bewegung stellen können. Wir dürfen den Mut nicht verlieren, denn es geht um
Wesentliches – um weit mehr als um "Linderung von Not". Es geht um ein grundsätzliches
Umdenken, welches schließlich die Schaffung einer Gesellschaft ermöglicht, in welcher
Gerechtigkeit und Friede herrschen und in welcher jeder Mensch respektiert wird und sein Bestes
geben kann.
Wir alle wissen: von diesem Ziel sind wir (auch) in Deutschland noch weit entfernt.
ATD Vierte Welt wird auch in Deutschland nicht aufhören, darauf hinzuweisen, dass elementare
Menschenrechte verletzt werden, wenn Menschen gezwungen sind, so zu leben.
Dafür sind wir auch weiterhin auf IHRE Hilfe und Unterstützung angewiesen. Danke!
Paul King, Vorsitzender (Freiburg)