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FACHMARKTZENTREN – QUADRATISCH, PRAKTISCH, GUT White Paper von Manuel Jahn, GfK Einzelhandelsimmobilienexperte Kontakt: manuel.jahn@gfk.com | T +49 40 5701 325 35 Herausgeber: GfK GeoMarketing GmbH Werner-von-Siemens-Str. 9 | Gebäude 6508 | D-76646 Bruchsal Datum: Februar 2014 Inhalt 1 Fachmarktzentren im Fokus von Handel und Investoren ..................................................... 3 2 Definition und Abgrenzung ...................................................................................................... 7 3 3.1 3.2 Der GfK Retail Center Report ................................................................................................. 10 Geoanalyse 10 Ergebnisse 11 4 Ausblick ................................................................................................................................... 14 5 5.1 Anhang ..................................................................................................................................... 16 Fachmarktzentren-Steckbriefe 16 GfK White Paper: Fachmarktzentren (Februar 2014) 2 1 Fachmarktzentren im Fokus von Handel und Investoren Fachmarktzentren wecken zunehmendes Interesse sowohl auf der Nachfrage- als auch der Angebotsseite. Vor einigen Jahren galten sie noch als Schmuddelkind unter den Assetklassen, in der lediglich die Mietverträge, aber nicht das Standortpotenzial als Wertindikator gesehen wurde. Das Interesse an diesem recht unübersichtlichen Immobilientypus trifft allerdings auf eine dünne bzw. wenig zuverlässige Daten- und Informationslage. Mit dem hier vorgestellten „GfK Retail Center Report“ stehen Investoren und Einzelhändlern systematisch erhobene und detaillierte geoanalytische Erkenntnisse zum Fachmarktzentren-Segment in Deutschland zur Verfügung. 1.1 Ausgangslage Der Stellenwert von Fachmarktzentren hat in den letzten Jahren sowohl bei Investoren als auch bei Einzelhändlern deutlich zugenommen. Die Investmentperspektive Institutionelle Investoren betrachten Fachmarktzentren mittlerweile als eigenständige Assetklasse, für die in den letzten Jahren eine Reihe von maßgeschneiderten Anlagevehikeln entwickelt wurden, um privaten wie gewerblichen Endanlegern gute Renditeprodukte anbieten zu können. GfK berät eine ganze Reihe spezialisierter Fachmarkt-Fonds bei der Identifizierung von Chancen und Risiken dieser Assetklasse sowie konkreter Ankaufsobjekte. Zu den prominenten Partnern der GfK zählen u.a. Cordea Savills, die Hahn AG, Henderson Global Investors, die HIH, Internos Real Investors, die KGAL oder die Real I.S. Der Trend wurde ausgelöst durch die Knappheit an ausreichend rentierlichen Core-Objekten. In dem Maße wie Anfangsrenditen unter sechs Prozent rutschen, werden Immobilienanlagen für ausschüttungsorientierte Anleger immer uninteressanter. Fachmarktzentren gelten unter klassischen Anlagekriterien aufgrund ihrer meist peripheren Lagen, der geringeren Bauqualität sowie der mutmaßlich geringeren Mietvertragsqualität nicht als Core. Losgelöst von Schreibtischdefinitionen erfüllt eine Vielzahl von Fachmarktzentren aber das wesentlichste Qualitätskriterium: nachhaltige stabile Miet-Cashflows. Mit dem Ziel, Wertminderungsrisiken zu minimieren, werden Fachmarktinvestitionen üblicherweise mit pro-aktiven Asset-Managementstrategien gekoppelt. Mit sogenannten Manage-to-Core-Strategien können zudem positive Wertänderungsrenditen erzielt werden, was auch risikoaversen Investoren ermöglicht, in diesen Markt einzusteigen. Eine Vielzahl von Fachmarktzentren ist zudem in soziodemografisch stabilen oder sogar wachsenden Regionen abseits der ausgereizten Metropolenstandorte angesiedelt, was eine insgesamt gute Fundamentaldatenbasis abbildet. GfK hat unlängst alle Mittelstädte zwischen 30.000 und 100.000 Einwohner detailliert untersucht und konnte im Ergebnis die Grundplausibilität von Fachmarktinvestitionen abseits des Mainstreams bestätigen. GfK White Paper: Fachmarktzentren (Februar 2014) 3 Abb. Metropolen-Mittelstadtvergleich: Trotz der guten Makrostandortdaten insbesondere der TOP 10 aller Mittelstädte wirkt sich gute Makrostandortqualität lediglich bei den TOP 6 Immobilienhochburgen preissteigernd aus. Der Unterschied ist bereits im Vergleich zwischen den Städtekategorien TOP 6 gegenüber allen übrigen Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern zu erkennen. Folgende Abbildung gibt einen Überblick über nennenswerte Renditespreads. GfK White Paper: Fachmarktzentren (Februar 2014) 4 In den letzten Jahren hatte der Handel mit Fachmarktimmobilien, die ganz besonders von den Renditespreads ihrer typischen Standortlagen profitieren, folgerichtig stark an Bedeutung zugenommen. In den Jahren 2011 und 2012 hatte die Assetklasse Fachmarkt einen Anteil am Gesamttransaktionsvolumen von rd. 30% erzielt. In 2013 wurden wiederum eine Reihe von prominenten Deals abgeschlossen oder befanden sich in Verhandlung. Vor dem Hintergrund der starken Nachfrage ziehen auch Projektentwicklungen im Fachmarktsegment an. Dabei handelt es sich sowohl um Neubauten als auch um die Restrukturierung und Modernisierung bestehender Fachmarktanlagen. Hohe Vorvermietungsstände bei Neuplanungen und Refurbishments, bereits im Vorfeld der Baustelleneinrichtung, spiegeln das große Interesse auch seitens der Mieter wider. Auf besonderes Interesse stoßen dabei möglichst große Anlagen, da hier sowohl die Möglichkeiten zur Konzept- und Branchenmixoptimierung als auch die Umsatz- und Mietpotenziale je Quadratmeter am größten sind. GfK White Paper: Fachmarktzentren (Februar 2014) 5 Die Mieterperspektive Während die Entwickler- und Investmentbranche auf potenzielle Wertsteigerungshebel setzt, verfolgt der Handel die Optimierung seiner Vertriebskanäle. Da Fachmarktentwicklungen generell einen Upgrading-Trend zeigen, sind die Voraussetzungen günstig, dass die Kalkulation für beide Seiten aufgeht: Steigerung der Mieterlöse auf der einen und Steigerung der Flächenproduktivitäten auf der anderen Seite. Die Vermietungsstatistiken der deutschen Maklerhäuser signalisieren etwa seit Mitte 2012 eine zunehmende Vorsicht der Expansionsmanager bei neuen bzw. zusätzlichen Standorten. Insgesamt gesehen ist die Vermietungsleistung in Deutschland weiterhin positiv. Während die traditionellen Innenstadt-, Stadtteil- und Shoppingcenterlagen kaum mehr Zuwächse verzeichnen, legt die Expansion in Fachmärkten weiterhin zu. Treiber dieser Entwicklung ist vor allem die Erkenntnis des Einzelhandels, dass Zusatz-Umsatz in Fachmarktzentren mit weniger Investitionsbedarf als auf High Streets oder Shoppingcentern generiert werden kann. CBRE registriert einen deutlichen Zuwachs bei den weniger managementintensiven mittelgroßen Flächen zwischen 500 und 1.000 m², die in Fachmarktzentren besonders gute Rahmenbedingungen vorfinden. Auch grundsätzlich höher positionierte Marken und Konzepte des Einzelhandels und der Gastronomie sondieren Standorte an Fachmarktstandorten. Zum Teil werden Konzepte entwickelt, die auf die Bedingungen in Fachmarktzentren angepasst sind. So erwägen auch sehr prominente internationale Brands und Filialunternehmen, die bisher nur in den Toplagen der Innenstädte präsent sind, eine Expansion in deutsche Fachmarktzentren. Qualität von Daten und Analysetools Unter anderem aufgrund der zersplitterten Eigentümerstruktur oder der Vielzahl an Standort- und Besatztypen war die bisherige öffentlich zugängliche Datenlage zu Fachmarktzentren recht spärlich. Informationen beschränken sich zumeist auf Selbstauskünfte auf Websites oder ShoppingcenterReports, die häufig den Realitäten nicht standhalten. Auch fehlte bisher ein klarer Definitionsrahmen, was unter einem Fachmarktzentrum zu verstehen sei, auf dessen Basis statistische Erhebungen hätten durchgeführt werden können. Während für die Assetklasse Shopping Center in Deutschland eine gute Datengrundlage beispielsweise zu Anzahl, Größe, Adressen, Mieterbesatz und Performance vorliegt, gibt es bislang nur wenige flächendeckende und valide Informationen zu Fachmarktzentren. Genauso liegen in den jeweiligen Fachmarktbranchen wie z. B. im Lebensmitteleinzelhandel detaillierte Informationen zur Anzahl und Größe der Filialen vor, aber für Fachmarktzentren ist die Datengrundlage in diesem Bereich generell sehr dünn. Verlässliche, transparente Informationen sind aber die Voraussetzung, um die Chancen und Potenziale von Fachmarktzentren besser aufzeigen zu können und die Professionalität in diesem Marktsegment insgesamt zu erhöhen. GfK White Paper: Fachmarktzentren (Februar 2014) 6 2 Definition und Abgrenzung Was ist ein Fachmarktzentrum und wie grenzt man es sinnvollerweise von anderen Betriebstypen ab? Diese Frage und ihre Beantwortung muss am Anfang stehen – denn es zeigt sich, dass bislang keine einheitliche Definition gängig ist. Dieses White Paper soll daher zunächst einige Definitionen und Abgrenzungen liefern. Die Basis der Begriffsbestimmung beginnt mit dem Hauptbestandteil eines Fachmarktzentrums: dem Fachmarkt. Ein Fachmarkt ist ein nach Sortiment oder Bedarfsgruppe spezialisierter Einzelhandelsbetrieb, der 1 sich v. a. durch Großflächigkeit auszeichnet. Hinter der Fachmarktidee steht eine starke Discountorientierung bei Preis und Warenangebot, die von Massenkonsum, Standardisierung und einer damit erforderlichen Selbstbedienung durch die Kunden begleitet wird. Das Sortiment eines Fachmarktes ist meist schmal, aber tief, d. h. auf Waren einer Branche spezialisiert. Da sich Fachmärkte vornehmlich auf Pkw-Kunden ausrichten, sind die Standorte i. d. R. verkehrsorientiert und verfügen über ein großzügiges Stellplatzangebot. Populäre Beispiele für Fachmärkte sind Drogeriemärkte, Textildiscounter, Schuhketten, Unterhaltungselektronikmärkte sowie Zoo- und Tierbedarfsmärkte. Siedeln sich mehrere großflächige Fachmärkte in einer räumlichen Konzentration und zeitlich betrachtet nacheinander an, entsteht eine Fachmarktagglomeration. Die Verkehrsorientierung einer solchen Fachmarktagglomeration tritt im Gegensatz zum Stand-Alone-Fachmarkt noch mehr in den Vordergrund. So befinden sich Fachmarktagglomerationen an Hauptein- bzw. Hauptausfallstraßen in Stadtteil- oder Gewerbegebietslagen und an der Peripherie von Städten. In dieser historisch gewachsenen Ansiedlung sind Magnetbetriebe wie SB- Warenhäuser, Unterhaltungselektronik- bzw. Baumärkte sowie Möbelhäuser zu finden, die durch weitere preisorientierte Fachmärkte z. B. mit Tierbedarf-, Drogerie-, Bekleidung-, Schuh- oder Sportsortiment ergänzt werden. Für die Kunden ist eine Fachmarktagglomeration attraktiv, da ihnen hier der Versorgungseinkauf durch die räumliche Nähe verschiedener Fachmärkte erleichtert wird. Durch den Agglomerationseffekt entstehen für die Einzelhändler Kopplungswirkungen bzw. Synergien, die zu einer großen, häufig sogar regionalen Ausstrahlung einer Fachmarktagglomeration führen können. Allerdings stehen die Fachmärkte in Agglomerationen baulich und konzeptionell in einem ungeplanten, oftmals zufälligen Zusammenhang. Fachmarktagglomerationen erreichen in Deutschland bisweilen Dimensionen, die mehrere 100.000 m² umfassen können. Da ein gemeinschaftliches Management fehlt, muss der Verbraucher häufig seinen Pkw von Fachmarkt zu Fachmarkt bewegen. Darüber hinaus gibt es i. d. R. keinen Interessenverbund, der beispielsweise für einheitliche Öffnungszeiten oder ein einheitliches Marketing der Fachmärkte in der Agglomeration sorgt. Folglich tritt die Fachmarktagglomeration 1 Hinweis zur Großflächigkeit: Anders als die Großflächigkeit im BauGB sehen wir diese hier auch schon ab 500 m² gegeben. GfK White Paper: Fachmarktzentren (Februar 2014) 7 nicht als einheitlicher, homogener Marktteilnehmer auf. Durch ein fehlendes einheitliches Management kann in einer Fachmarktagglomeration entsprechend auch der Mieterbesatz nicht ausgesteuert werden. Fachmarktzentren bieten dieselben Vorteile wie Fachmarktagglomerationen, sie bilden (meist) eine bauliche Einheit und verfügen zusätzlich über ein gemeinsames Management. Das Fachmarktzentrum bündelt dabei großflächige Einzelhandelsformate und ergänzt sie durch kleinflächige Anbieter. Im Vergleich zu einer Fachmarktagglomeration besteht dabei ein baulich funktionaler Zusammenhang der jeweiligen Fachmärkte, der beispielsweise über einen gemeinsam genutzten Parkplatz geschaffen werden kann. Die Erschließung der Geschäfte erfolgt i. d. R. über den Parkplatz, vereinzelt auch über eine innenliegende Mall. Auch hier handelt es sich um verkehrsorientierte Standorte, die meist an Hauptein- bzw. Hauptausfallstraßen liegen. Der Erfolg von Fachmarktzentren gründet heute wie damals nicht auf Schönheit und Design, sondern auf klarer Funktionsorientierung. Im Vordergrund steht das ziel- und bedarfsgerechte Einkaufen mit bequemer Anfahrbarkeit und ausreichend kostenlosen Parkplätzen, ein bis heute gültiger Anspruch, der auf immer wiederkehrende Routine für den wöchentlichen bis monatlichen Familien- und Versorgungseinkauf abzielt. Unterschiede zu anderen Handelsimmobilienformaten Im Unterschied zu einem Stand-Alone, der zu einem SB-Warenhaus eine Vielzahl service- und nahversorgungsorientierter Kleinanbieter in der sogenannten Vorkassenzone aufweist, zeigen Fachmarktzentren immer eine gewisse Anzahl großflächiger Einzelhandelsmieter des aperiodischen Bedarfs. Im Gegensatz zum Shopping Center mit einer Vielzahl ausdifferenzierter, meist spezialisierter und tendenziell kleinflächigerer Läden weist ein Fachmarktzentrum deutlich weniger Läden auf, die aber meist ein tieferes Sortiment führen und damit ebenfalls große Gesamtverkaufsflächen erzielen können. Anders als beim Shopping Center stehen nicht die durch die Vielzahl an Einzelanbietern gewährleistete Breite und Tiefe des Sortiments sowie die Aufenthalts- und Erlebnisqualität im Vordergrund, sondern die Anziehungskraft weniger großer, spezialisierter und preisaggressiver Fachanbieter. Entsprechend gibt es deutlich geringere Ansprüche an die Gestaltung und Aufenthaltsqualität. Bei Neuplanungen wird allerdings zunehmend Wert auf anspruchsvollere Ausstattung gelegt. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal von Fachmarktzentren ist in der Orientierung auf den Autoverkehr sowie in der Preisorientierung des Angebots zu sehen. Insbesondere die Preisorientierung, die bevorzugt in Ländern wie Deutschland und Großbritannien traditionell eine große Rolle spielt, war eine Voraussetzung für die Entstehung von Fachmarktzentren. Zunehmend steht weniger der Neubau, sondern die Revitalisierung älterer Center im Vordergrund. Häufig geht damit eine Aufwertung der Fachmarktzentren einher. Sowohl im Neubau als auch bei der Revitalisierung von Centern ist festzustellen, dass dabei Elemente des Shopping Centers Eingang finden. Hierzu zählen die Erweiterung des Angebots um Läden, die bisher eher auf High Streets und in Shopping Centern anzutreffen waren, sowie ein höherer Gastronomieanteil. Für GfK White Paper: Fachmarktzentren (Februar 2014) 8 diesen neuen Betriebstypus hat sich der von GfK geprägte Begriff Hybride Mall durchgesetzt. Dieser Centertypus zeichnet sich durch höhere Mieterträge, wertigere Gestaltung der Gebäude, die Schaffung überdachter, mallähnlicher Bereiche und die weitere Professionalisierung des Centermanagements aus. Mit dem neuen Angebotsprofil gelingt es diesem Betriebstypus auch zunehmend, sich in den zentralen und städtebaulich sensiblen Lagen der mittelgroßen Städte auszubreiten, wo Shopping Center nicht auf genügend Nachfragepotenzial stoßen und Fachmarktzentren nicht die höheren Grundstückspreise erwirtschaften können. In Abgrenzung zu diesen urbaneren und städtebaulich integrierten Hybriden Malls schlagen wir zusammen mit der MEC vor, den überwiegend auf der „grünen Wiese“ zu findenden Misch-Typus als Retail Center zu bezeichnen. VerkaufsFläche Typ. Lage Anzahl Mieter Sortimentsschwerpunkt Ausstattung Kundentyp Fachmarktagglomeration ab 5.000 m2 Stadtteile / Peripherie ab 10 SB Warenhaus, Elektro-, Bauund Möbelmarkt funktional Preisbewusst, auswahlorientiert, gezielte Kaufabsicht Fachmarktzentrum ab 10.000 m2 Stadtteile / Peripherie ab 10 + Schuh- und Textilfachmarkt funktional Preisbewusst, auswahlorientiert, gezielte Kaufabsicht ab 30 + Sport- und Schuhfachmarkt gehoben Preisbewusst und konsumorientiert, teilweise gezielte Kaufabsicht ab 30 Modeanbieter, Gastronomie gehoben bis hochwertig Konsum- und Lifestyle-orientiert, teilweise gezielte Kaufabsicht Hybride Mall / Retail Center Shopping Center ab 10.000 m 2 ab 10.000 m 2 Stadtteile / Peripherie Stadtteile / Innenstadt GfK White Paper: Fachmarktzentren (Februar 2014) 9 3 Der GfK Retail Center Report 3.1 Geoanalyse Im Herbst 2013 haben wir eine mehrstufige Geo-Analyse von Adress- und Mieterdaten 2 durchgeführt , um eine räumliche Verteilung von Fachmarktzentren in Deutschland überhaupt erstellen zu können. Die georeferenzierten Mieteradressen unserer internen Einzelhandelsdatenbank sowie weiterer Adressdaten externer Datenanbieter haben uns zunächst eine Ergebnisliste aller „Verdachtsstandorte“ geliefert, die in einem zweiten Schritt tiefergehend analysiert wurden. Dabei konnten alleinstehende Fachmärkte von Fachmarktagglomerationen und tatsächlichen Fachmarktzentren differenziert betrachtet werden. Auf dieser Erhebungsgrundlage ließen sich schließlich Aussagen zu Anzahl, Lage und Größe, Einzugsgebiets-, Nachfrage- und Umsatzpotenzial der gesuchten Fachmarktzentren treffen. Luftbildauswertungen ermöglichten eine erste Einschätzung zum Gebäude- und Konzepttypus. Zusammen mit der MEC, der größten Managementgesellschaft für Fachmarktzentren in Deutschland mit insgesamt rd. 40 Centern, hat GfK Kriterien festgelegt, anhand derer ein Fachmarktzentrum auch für alle anderen Akteure der Handelsimmobilienbranchen eindeutig erkannt werden kann. Da aus der Sicht institutioneller Investoren eine Mindestgröße oftmals vorausgesetzt wird, haben wir die Mindestgröße mit 10.000 m² festgelegt. Kleinere Anlagen fallen definitorisch zumeist in die Kategorie Nahversorgungszentrum oder stellen keine gemanagten Einkaufszentren dar. Unter Berücksichtigung weiterer Qualitätskriterien konnten wir somit eine Zahl von 259 gemanagten Fachmarktzentren identifizieren und überprüfen. Auf dieser Erhebungsgrundlage können Aussagen zur Anzahl von Fachmarktzentren, deren Verkaufsflächen und Mieterstruktur getroffen werden – damit liegen nun auch Benchmarks zur Bewertung dieses Handelsimmobilientyps vor. Um die Vielfalt und hohe Zahl an „Treffern“ für die erste Ausgabe dieser Marktübersicht zugunsten einer größeren Qualität der Daten einzugrenzen, wurde die Auswertung auf Fachmarktzentren 3 konzentriert, die folgende Kriterien erfüllen: 2 Diese Analyse wurde zu großen Teilen in der Publikation Fachmarktzentren in Deutschland - Übersicht. Trends. Chancen. der MEC METRO-ECE Centermanagement veröffentlicht. Der Report steht unter folgendem Link zum Download zur Verfügung: http://www.mec-cm.com/fachmarktzentren-in-deutschland.html 3 Die der folgenden Analyse zugrunde liegenden Kriterien stellen eine aus Sicht des Autors sinnvolle und handhabbare Verdichtung des gesamten Kriterienkatalogs dar. Die Anforderung einer Verkaufsfläche von mindestens 10.000 m² ist ein erster Ansatz, um die extrem große Datenmenge zu filtern. Es ist aber auch klar, dass weiter gehende Auswertungen mit geringeren Flächenanforderungen in der Folge notwendig sind, um ein vollständiges Bild zu erhalten. Die Anforderung von mindestens zwei großflächigen Mietern im periodischen Bedarfsbereich soll sicherstellen, dass die Ergebnismenge v. a. solche Center enthält, die eine höhere Besucherfrequentierung und damit eine entsprechend höhere allgemeine Kundenrelevanz aufweisen. GfK White Paper: Fachmarktzentren (Februar 2014) 10 3.2 mindestens zwei großflächige Mieter aus dem periodischen Bedarfsbereich mindestens drei großflächige Mieter aus dem aperiodischen Bedarfsbereich erkennbarer baulicher Zusammenhang mindestens 10.000 m² Verkaufsfläche Ergebnisse Im Zuge unserer Analyse wurden 259 Fachmarktzentren mit einer kumulierten Verkaufsfläche von 5,2 Mio. m² identifiziert, auf die die geforderten Kriterien zutreffen. Von den 118 Mio. m² Gesamtverkaufsfläche in Deutschland entfallen also rund 4,4 % auf diese 259 Fachmarktzentren. Durchschnittlich entfallen dabei rund 19.900 m² Verkaufsfläche auf einen einzelnen Standort. Das größte Fachmarktzentrum ist das Chemnitz-Center mit rund 80.000 m² Verkaufsfläche. Auf die neuen Bundesländer entfällt mit rund 156 m² gegenüber 46 m² in den alten Bundesländern überdurchschnittlich viel Verkaufsfläche pro 1.000 Einwohner. In der Größenklasse 10.000 m² bis 15.000 m² Verkaufsfläche wurde mit 44 % der größte Anteil identifiziert. Mit 29 % liegt der Hauptanteil der Fachmarktzentren in weniger zentralen Gemeinden mit einem dicht besiedelten Umland. Wir haben für alle 259 Fachmarktzentren einen 20-Minuten-Fahrzeitradius abgegrenzt. Insgesamt leben in diesen Radien 38,9 Mio. Menschen. Unterm Strich erreicht so fast jeder zweite Einwohner in Deutschland innerhalb von 20 Minuten Fahrzeit mit dem Pkw eines der 259 Fachmarktzentren. Der einzelhandelsrelevante Kaufkraftindex streut dabei recht breit zwischen 79,4 und 129,3, sodass sich generell keine Korrelationen zwischen Kaufkraft und Assetklasse ergeben. Mit 71,4 % hat weit über die Hälfte aller Einwohner der 20-Minuten-Fahrzeitradien einen unterdurchschnittlichen einzelhandelsrelevanten Kaufkraftindex, was insbesondere auf die überdurchschnittliche Ausstattung der neuen Bundesländer mit Fachmarktzentren zurückzuführen ist. Die Wettbewerbsintensität im 20-Minuten-Fahrradius ist bei Fachmarktzentren mit durchschnittlich 1,2 weiteren Fachmarktzentren geringer ausgeprägt als mit den durchschnittlich 2,3 Shopping Centern in gleicher Distanz. GfK White Paper: Fachmarktzentren (Februar 2014) 11 GfK White Paper: Fachmarktzentren (Februar 2014) 12 GfK White Paper: Fachmarktzentren (Februar 2014) 13 4 Ausblick Diese Auswertung schafft eine erste valide Grundlage für die Bewertung und Einschätzung von Fachmarktzentren. Aufbauend auf dieser Auswertung können in weiteren Schritten auch andere Standorte als Fachmarktzentren identifiziert, aufbereitet und in die Übersicht eingefügt werden. Die Ergebnisse sollen noch tiefer gehende Transparenz erzeugen und somit weitere Hilfestellungen leisten, z. B. für Investoren bei Strukturierung ihrer Portfolien, für Projektentwickler bei der Standortfindung oder für Händler bei ihrer Expansionsstrategie. Perspektiven für Investoren Angesichts der anhaltenden Knappheit von Core-Objekten weichen viele Investoren auch auf Fachmarktzentren aus, die zwar kein Core sind, aber gute Rahmenbedingungen bieten. Laut der auf Fachmarktimmobilien spezialisierten Hahn AG sind bei dieser Assetklasse Spitzenrenditen von bis sieben Prozent möglich. CBRE ermittelte für das Jahr 2013 bei Fachmärkten und Fachmarktzentren einen Marktanteil von rd. 27,5 Prozent des Gesamtanlagevolumens in Einzelhandelsimmobilien. Das unterstreicht das hohe und weiter wachsende Interesse der Anleger. Auch sicherheitsorientierte Anleger schätzen die Grundplausibilität dieser Assetklasse. So ist davon auszugehen, dass die Nachfrage seitens der Konsumenten nach wohnortnahen Handelsangeboten zur Deckung des täglichen Bedarfs, insbesondere im Lebensmittelbereich, auch langfristig nicht so stark durch konkurrierende Angebote des Onlinehandels substituiert werden. Insbesondere Standorte abseits der Metropolen wie Klein- und Mittelstädte, die in Deutschland einen Bevölkerungsanteil von rund 70 Prozent ausmachen, bieten attraktive Anlagemöglichkeiten – gute Standortbedingungen und ein stringentes Nutzungskonzept vorausgesetzt –, da hier das Verhältnis zwischen Rendite und Risiko schon seit langem günstiger ausfällt als an den Prime-Standorten. Perspektiven für den stationären Handel In saturierten Märkten bestimmt die Masse der Endkunden durch ihr Ausgabeverhalten, was Erfolg hat und was nicht. Von folgenden Entwicklungen profitieren die filialisierten, preisorientierten Fachmärkte und damit die dort aktiven Einzelhändler ganz besonders: Preisbewusstsein der deutschen Konsumenten Es ist zu erwarten, dass die Preissensibilität der deutschen Konsumenten anhält. Sie sollte weiterhin den diskontierenden Einzelhandel und damit die preisorientierten Fachmärkte/Fachmarktzentren tragen und gegebenenfalls auch die Entstehung neuer Discountkonzepte befördern. Zeitmangel bestimmt das Einkaufsverhalten Beschäftigte arbeiten heutzutage meist länger und flexibler als früher und müssen oft lange Anfahrtswege zur Arbeit auf sich nehmen. Unterm Strich bleibt so immer weniger Zeit für das Einkaufen. Nah an den Ausfallstraßen gelegen und problemlos von einem zentralen Parkplatz aus zu erreichen, kann der Verbraucher seinen Versorgungseinkauf im Fachmarktzentrum effizient erledigen. GfK White Paper: Fachmarktzentren (Februar 2014) 14 Onlineboom kein Widerspruch zu Fachmarkt Der Onlineboom lockt die Kunden aus den Läden. Aber je nach Betriebstyp unterscheidet sich das Bedrohungspotenzial durch den Onlinehandel. Da die Kunden weiterhin ihren Lebensmitteleinkauf stationär und nicht im Netz erledigen, bieten sich für Non-Food-Fachmärkte im Fachmarktzentrum Kopplungs- und Agglomerationseffekte im Zusammenspiel mit stationären Angeboten, die den täglichen Bedarf decken. Verbraucher wählen beim Einkauf das „Naheliegende“ Verbraucher wählen zunehmend Einkaufsstätten, die wohnortnah in integrierter Lage anzutreffen sind. Fachmarktzentren können das „Tante-Emma-Prinzip“ von früher ersetzen – auf einem ganz anderen Niveau. Als Mischform von Fachmarktzentrum und Shopping Center bieten Hybride Malls dem Konsumenten wohnortnah Shopping Center-Qualitäten, die ansonsten nur in den größeren Städten und Verdichtungsräumen geboten werden. Insofern können Fachmärkte den Wunsch des Kunden nach einem kalkulierbaren, komfortablen und wetterfesten Einkaufserlebnis erfüllen. Fazit: Der wichtigste Bezugspunkt handelsbezogener Aktivitäten ist der Verbraucher mit seinen Konsumwünschen. Auch die kontinuierliche Weiterentwicklung von verschiedenen Handelsimmobilienformaten lässt sich auf Verbrauchertrends zurückführen. Wir erwarten, dass insbesondere die hybriden Fachmärkte – die Retail Centers – für Verbraucher und in Folge auch für Investoren weiter an Attraktivität gewinnen. Auch unter zunehmender Nutzung von Online-Kanälen bleiben die auf den täglichen und periodischen Bedarf orientierten Center in ihrem Angebotssegment eine attraktive One-Stop-Shopping-Adresse. Sie stellen eine „alltagstaugliche“ Mischung aus Erreichbarkeit, Wohnortnähe und Sortimentsauswahl für den regelmäßigen und bequemen Einkaufsbedarf dar. Shoppingerlebnisse zu bieten bleibt indes voraussichtlich auch langfristig der Königsklasse der Handelsimmobilien, den Shopping Centern und 1a-Lagen, vorbehalten. Und natürlich gilt auch bei Fachmarktzentren: Die Lage und das individuelle, konkrete Objekt sind immer einzeln und im Marktkontext zu betrachten, um den nachhaltigen Erfolg einer Standortwahl und von Immobilieninvestments abzusichern. GfK White Paper: Fachmarktzentren (Februar 2014) 15 5 Anhang 5.1 Fachmarktzentren-Steckbriefe 4 Die zehn identifizierten Fachmarktzentren mit der größten Verkaufsfläche sind das ChemnitzCenter in Chemnitz (rund 80.000 m²), der Weserpark in Bremen (rund 53.500 m²), der KaufPark in Ahrensfelde beziehungsweise der Flora Park in Magdeburg (jeweils rund 52.000 m²), das Fachmarktzentrum Waltersdorf in Schönefeld beziehungsweise der KaufPark in Neutraubling (jeweils rund 50.000 m²), der Kaufpark in Dresden (rund 42.000 m²), der Havel-Park in DallgowDöberitz (rund 41.000 m²), der HUMA Einkaufspark in Schwabach (rund 40.000 m²) und das Halle5 Center in Peißen (rund 38.250 m²). Dabei ist das größte Fachmarktzentrum nicht zwingend auch das umsatzstärkste. Unserer Einschätzung nach erwirtschaftet vielmehr das zweitgrößte identifizierte Fachmarktzentrum, der Weserpark, den größten Umsatz, gefolgt vom KaufPark in Ahrensfelde, dem KaufPark in Dresden, dem Chemnitz Center und dem KaufPark in Neutraubling. Zu den fünf letzteren finden Sie im folgenden Steckbriefe. Steckbriefe zu anderen Centern erhalten Sie bei uns auf Anfrage. 4 Fachmarktzentren, die den Definitionen nicht entsprechen, sind im Ranking unberücksichtigt. Diese Auflistung entspricht aufgrund der gesetzten Kriterien nicht einer Liste der zehn größten Fachmarktzentren Deutschlands. In einer solchen Liste wäre beispielsweise das Bodenseecenter in Friedrichshafen mit rund 65.000 m² Verkaufsfläche enthalten. 5 GfK White Paper: Fachmarktzentren (Februar 2014) 16 B ildquelle: M EC M ETRO-ECE Centermanagement GmbH & Co . KG Karte erstellt mit Regio Graph, © GfK Weserpark Center Manager Anschrift MEC METRO-ECE Centermanagement GmbH Hans-Bredow-Straße 19 28307 Bremen Homepage http://www.weserpark.de Bundesland Bremen Erst-Eröffnung 1990 Anzahl der Shops ca. 102 Verkaufsfläche (in m²) Magnetmieter ca. 53.500 real,H&M Anzahl der Parkplätze ca. 4.000 Einwohner im 20 Minuten Fahrradius 394.377 Einzelhandelsrelevanter Kaufkraftindex 100,6 Media Markt Adler GfK White Paper: Fachmarktzentren (Februar 2014) 17 B ildquelle: GfK KaufPark Eiche Center Manager Anschrift mfi management für immobilien AG Landsberger Chaussee 17 16356 Ahrensfelde-Eiche Homepage http://www.kaufpark-eiche.eu Bundesland Brandenburg Erst-Eröffnung 1994 Anzahl der Shops ca. 68 Verkaufsfläche (in m²) Magnetmieter ca. 52.000 Kaufland Toys"R"Us Anzahl der Parkplätze ca. 4.000 Einwohner im 20 Minuten Fahrradius 661.481 Einzelhandelsrelevanter Kaufkraftindex 93,9 B1 Baumarkt Media Markt Adler GfK White Paper: Fachmarktzentren (Februar 2014) 18 Fahrradius B ildquelle: GfK KaufPark Dresden Center Manager Anschrift mfi management für immobilien AG Dohnaer Straße 246 01239 Dresden Homepage http://www.kaufpark-dresden.de Bundesland Sachsen Erst-Eröffnung 2007 Anzahl der Shops ca. 72 Verkaufsfläche (in m²) Magnetmieter ca. 42.1000 Sconto Möbel B1 discount Baumarkt Media Markt Adler Kaufland Anzahl der Parkplätze ca. 3.200 Einwohner im 20 Minuten Fahrradius 532.583 Einzelhandelsrelevanter Kaufkraftindex 94,6 GfK White Paper: Fachmarktzentren (Februar 2014) 19 B ildquelle: GfK KaufPark Neutraubling Anschrift Interessengemeinschaft der Geschäftsleute im Kaufpark Neutraubling e.V. Pommernstraße/Stettiner Straße 93073 Neutraubling Homepage http://www.kaufpark-neutraubling.de Bundesland Bayern Erst-Eröffnung 2003 Anzahl der Shops ca. 42 Verkaufsfläche (in m²) ca. 50.000 Magnetmieter Globus Adler Anzahl der Parkplätze ca. 2.000 Einwohner im 20 Minuten Fahrradius 194.447 Einzelhandelsrelevanter Kaufkraftindex 109,1 Center Manager Media Markt McTrek C&A GfK White Paper: Fachmarktzentren (Februar 2014) 20 Fahrradius B ildquelle: GfK Chemnitz-Center Center Manager Anschrift CMC Center Management Chemnitz GmbH Ringstraße 17 09247 Chemnitz Homepage http://www.chemnitz-center.de Bundesland Sachsen Erst-Eröffnung 1992 Anzahl der Shops ca. 80 Verkaufsfläche (in m²) Magnetmieter ca. 80.000 Möbel Höffner Marktkauf Media Markt toom Anzahl der Parkplätze ca. 4.000 Einwohner im 20-Minuten-Fahrradius 327.813 Einzelhandelsrelevanter Kaufkraftindex 91,8 Saturn GfK White Paper: Fachmarktzentren (Februar 2014) 21