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| 1997 | 1998 | 1999 | 2000 | 2001 | 2002 | 2003 | 2004
Sturmdokumentation Deutschland
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
Vorwort
Anatol, Anna, Jeanett e, Jennif er, L othar –
fasst. Z udem g eben Witterungsrückblicke
diese Namen klingen harmlo s, ihr e Aus-
einen Überblick über das Wettergeschehen
wirkungen jedoch waren es nicht: Denn die
des genannt en B etrachtungszeitraums in
Sturmtiefs mit diesen Namen
führten in
Deutschland. Die einz elnen Monatsrück-
Deutschland und in den angr
enzenden
blicke dok umentieren dabei ausführlich
Ländern teilweise zu erheblichen volks-
auch die weiteren Naturgefahrenereignisse
wirtschaftlichen und versicherten Schäden.
in Deutschland wie Gewitt er, Tornados und
Insofern liegt es für einen Rückversicherer,
Überschwemmungen.
bei dem erheblicheTeile derSturmschadenbelastungen seiner Zedenten zusammen-
Den Witterungsrückblicken und Sturmdoku-
laufen, nahe, solche met
mentationen der einzelnen Jahr e voran-
eorologischen
Einzelereignisse zu analysieren.
gestellt ist eine Darst ellung der meteorologischen Grundlagen. Sie erläut
Seit dem Jahr
1997 dok umentiert die
ert die
Entstehung und Auspr ägung von Winter-
Deutsche Rück die in B ezug auf die Scha-
stürmen
denbelastung der Assekuranz wesentlichen
Rahmen der europäischen Sturmaktivität;
Wintersturmereignisse in Deutschland. Die
darüber hinaus skizz iert sie Gewitt er und
Dokumentation jedes Einz
sowie
den
klimatologischen
elereignisses
Tornados des Sommerhalbjahr es sowie
enthält eine kurze meteorologische Be-
wichtige Einf lussfaktoren für die Ent-
schreibung der Sturmentwicklung sowie
stehung von Sturmschäden.
erste Informationen zu den Schadenauswirkungen. Eine Kart e des Maximalböen-
Die vorliegende P ublikation gibt einen
feldes, erz eugt mit dem r
egionalspezi-
interessanten Überblick über die meteoro-
fischen Sturmmodell der Deutschen Rück,
logisch verursacht en Naturgefahrenereig-
beschreibt die bodennahen Windgeschwin-
nisse der Jahre 1997 bis 2004 in Deutsch-
digkeiten und gibt Aufschlus s über die
land. Ihr Spektrum reicht von Winterstürmen
lokale Auspr ägung des jeweiligen Sturm-
über Gewitter bis hin zu Überschwem-
ereignisses. Dabei findet der Einfluss der
mungen.
Topographie und der
Geländerauhigkeit
explizit Eingang in die Berechnungen. Diese
Eine anregende Lektüre wünscht die
detaillierte kleinr äumige Betrachtung ist
unerlässlich, um valide Sturmschaden-
Deutsche Rückversicherung
potenzial-Modellierungen auch von regional
Aktiengesellschaft
stark konzentrierten V ersicherungsportefeuilles vornehmen zu können.
Düsseldorf, im März 2005
In der vorliegenden Publikation sind die
Sturmdokumentationen der Jahre 1997 bis
2004 i n a ktualisierter Form z usammenge-
Inhalt
Inhalt
Meteorologische Grundlagen
1
2
3
Winterstürme über Mitteleuropa
Gewitter und Tornados im Sommerhalbjahr
Sturmschäden – Typik und Mechanismen
1997
4
5
16
20
24
1
2
Witterungsrückblick 1997
Sturmdokumentation 1997
1998
25
33
46
1
2
Witterungsrückblick 1998
Sturmdokumentation 1998
1999
47
54
64
1
2
Witterungsrückblick 1999
Sturmdokumentation 1999
2000
65
72
86
1
2
Witterungsrückblick 2000
Sturmdokumentation 2000
2001
87
93
102
1
Witterungsrückblick 2001
2002
103
112
1
2
Witterungsrückblick 2002
Sturmdokumentation 2002
2003
113
124
136
1
2
Witterungsrückblick 2003
Sturmdokumentation 2003
2004
137
148
156
1
2
Witterungsrückblick 2004
Sturmdokumentation 2004
Quellenverzeichnis
Erläuterungen zur Entstehung von Stürmen
157
167
179
00
3
Impressum
Herausgeber:
Deutsche Rückversicherung
Aktiengesellschaft
Hansaallee 177
40549 Düsseldorf
Verfasser:
Thomas Axer
Dr. Thomas Bistry
Dr. Eberhard Faust
Steffen Fietze
Meike Müller
Manuel Prechtl
Redaktion:
Abteilung Technik + Service
geo@deutscherueck.de
Abteilung Kommunikation + Presse
presse@deutscherueck.de
Gestaltung/Layout: saga werbeagentur, Münster
Druck:
Meinke Print Media Partner, Neuss
Meteorologische Grundlagen
Meteorologische Grundlagen
Meteorologische Grundlagen
1
Winterstürme über Mitteleuropa
der Luftkreislauf geschlossen w ird. A llerdings w ird d ie R ichtung u nd A usprägung
1.1 Atmosphärische Zirkulation,
der Luftströmungen durch zahlreiche Fakto-
Polarfront und Westwindzone
ren beeinflusst. Zu den wichtigsten gehören
die Verteilung von Ozeanen und K ontinen-
In Europa treten starke, schadenbringende
ten, die Meer esströmungen und die Tat-
Stürme mit großer räumlicher Ausdehnung
sache, dass warme Luft auf grund ihrer ge-
fast ausschließlich im Winterhalbjahr auf.
ringeren Dicht e gegenüber kälterer Luft
Diese so genannt en Winterstürme entst e-
aufsteigt. Von entscheidender Bedeutung
hen auf grund der meteorologischen Vor-
ist die Corioliskr aft, die sich aus der Erd-
gänge im Bereich des Nordatlantiks. Daher
rotation er gibt (nach de m französischen
wird diese R egion gelegentlich auch als
Ingenieur und Naturwissenschaftler Gustave
„europäische Wetterküche“ bezeichnet. Für
Coriolis 1792 bis 1843). Diese bedingt, dass
die Sturmentstehung sind letztlich die hier
auf der Erde jede bewegt e Mas se – also
herrschenden Druck - und Temperaturver-
auch Luft – quer zu ihr er Bewegungsrich-
hältnisse verantwortlich, die sich wiederum
tung abgelenkt wird (auf der Nordhalbkugel
aus der großräumigen, globalen atmo s-
nach r echts, a uf der Südhalbkugel nach
phärischen Zirkulation ergeben.
links; dir ekt am Äquat or ist sie nicht wirksam). Werden diese F aktoren berücksich-
Die Er datmosphäre und die in ihr stattfin-
tigt, so er gibt sich das in Abbildung 1 ge-
denden Strömungsvorgänge lassen sich mit
zeigte idealisierte Schema der allgemeinen
einer gewaltigen Wärmekraftmaschine ver-
atmosphärischen Zirkulation.
gleichen, in der – angefacht durch die Sonnenstrahlung – riesige Mengen an Energie
In Abbildung 1 sind die aufwärts und ab-
umgesetzt, tr ansportiert und mit benach-
wärts gerichteten Äste deratmosphärischen
barten Systemen (z.B. derPflanzenwelt oder
Zirkulation in Form von Pfeilen dargestellt,
den Ozeanen) ausgetauscht werden. Luft ist
die von der Erdoberfläche weg- b zw. zu ihr
hierbei das Arbeitsmedium, das die Energie
hinführen. Dort, wo die Luft großräumig zur
in Form von Wärme transportiert. Der Wär-
Erde hin absinkt, befindet sich am Boden ein
metransport folgt dabei dem Naturprinzip,
Hochdruckgebiet (Symbol „H“). Das Absin-
Gegensätze auszugle ichen. Das bedeut et
ken von Luft ist generell mit dem Auflösen
konkret, das s übersch üssige Wärme in
von Wolken verbunden, dahersind diese Ge-
kältere Gebiet e verfrachtet wir d. Da die
biete in Abbildung 1 wolkenfrei dargestellt.
Sonnenstrahlung rund um den Äquat
Gemeinhin verbindet man ja auch Hoch-
or
weitaus intensiver ist als in unseren Breiten
druckgebiete mit wolk enarmem und schö-
oder gar in den Polargebieten, transportie-
nem Wetter.
ren Luftströmungen permanent Wärme aus
dem Äquat orbereich in Richtung der Pole.
Umgekehrt k orrespondieren die Ge biete
Umgekehrt fließt kältere Luft aus den Polar-
aufsteigender Luft mit Tief druckgebieten
gebieten z urück Richtung Ä quator, w omit
am Boden (Symbol „T“). Hierbei können zwei
5
Meteorologische Grundlagen
eher gering sind, e rfolgt der Aufstieg der
warmen Luft aber nicht rasch, sondern eher
in Form eines langsamen Aufgleitens über
die kältere Luft. Aberauch hierkühlt sich die
warme Luft während ihres Aufstiegs ab, und
es k ommt zur Kondensation des enthalt enen Wasserdampfs – es bilden sich Wolken
Subpolare
Tiefdruckrinne
(Abbildung 1; Wolken in der Nordhemisphäre). Daher assoziiert man mit Tiefdruck-
Westwindzone
gebieten üblicherweise wolk enreiches und
regnerisches Wetter.
Subtropischer
Hochdruckgürtel
Mit den beschriebenenvertikalen Luftbewegungen in den Hoch- und Tiefdruckgebie-
Innertropische
Konvergenzzone
ten korrespondieren auch horizontale Luftbewegungen, die am B oden als Wind spürbar sind. In Hochdruck gebieten strömt die
aus der Höhe absinkende Luft am Boden in
alle Richtungen aus. Die in denTiefdruckgebieten aufsteigende Luft dagegen läs st am
Boden immer wieder Luft zum Tiefzentrum
hin nachströmen. Aberauch aufdiese bodennahen Luftstr ömungen wirkt die Corioliskraft und lenkt sie auf der Nordhalbkugel
nach r echts ab. Dadur ch wir d verhindert,
dass die Luft dir ekt vom hohen zum tief en
Abbildung 1: Stark vereinfachtes Schema der
Luftdruck fließt und den Luft druckunter-
allgemeinen Zirkulation der Atmosphäre (VON
schied s ofort ausgleicht . Statt dessen wer-
STORCH et al. 1999; stark verändert)
den die Druckz entren mehr oder weniger
kreisförmig umstr ömt, und zwar auf der
Nordhalbkugel die Hochdruck gebiete im
Entstehungsmechanismen u nterschieden
Uhrzeigersinn und die Tiefdruckgebiete im
werden: Einerseits die Tiefs in den Tropen
Gegenuhrzeigersinn (Abbildung 1; Symbole
rund um den Äquator, wo die von der Sonne
„H“ und „T“). Nur ein kleiner Teil der Luft ge-
stark erhitzte Luft viel F euchtigkeit auf-
langt so tatsächlich vom Hoch zum Tief, so
nimmt und mit dieser
dass der Luftdruckausgleich nur sehr lang-
gemeinsam unt er
Bildung mächt iger Gewitterwolkentürme
sam vonstatten geht und die Luft
rasch aufsteigt (Abbildung 1; Wolkentürme
gebilde folglich eine r elativ lange L ebens-
am Äquat or). Ander erseits entst ehen Tief-
dauer haben.
druck-
druckgebiete in unser en Br eiten vor allem
6
dann, w enn u nterschiedlich t emperierte
Auch im nor datlantischen Rau m, des sen
Luftmassen a ufeinander treffen u nd e s
Luftdruck- und Strömungsmuster für unser
dabei z um A ufsteigen d er wärmeren L uft
Wettergeschehen entscheidend ist, gibt es
kommt ( vgl. A bschnitt 1 .2). D a i n d iesen
derartig dauerhaf te Lu ftdruckgebilde. So
Regionen die Temperaturunterschiede zwi-
existiert im Bereich der Azoren ein bestän-
schen warmer und kalter Luft in der Regel
diges Hochdruck gebiet (Az orenhoch), das
Meteorologische Grundlagen
Abbildung 2: Schema des
Gegenübers von Islandtief
und Azorenhoch; die Pfeile
zeigen, wie kalte (blau)
und warme Luftmassen
(rot) aufeinander zugeführt werden. Längs der
Polarfront (schwarze Linie)
verläuft die Westwindzone
(grauer Pfeil) von West
nach Ost über den Atlantik.
Teil des so genannten subtropischen Hoch-
großen, weitgehend ortsfesten Druckgebil-
druckgürtels ist. Dur ch die we itgehende
den mit Dur chmessern von über 1000 km
Wolkenfreiheit in dieserRegion wird die aus
weiterentwickeln. Da diese recht häufig zwi-
dem Az orenhoch aus strömende Luft lang-
schen Island und Skandina vien auftr eten,
sam dur ch die Sonne erwärmt, wobei sie
werden sie gemein hin als Islandtief
zunehmend Feuchtigkeit in Form von Was-
zeichnet. Das Islandtief bzw. der im statisti-
serdampf aus dem Oz ean aufnimmt. Ein
schen Mittel tiefe Luftdruck im Bereich von
weiteres Hoch, da s die „Wetterküche“ im
Island tr ägt entsch eidend im Sinne einer
Nordatlantik anfacht, ist das mit arktischer
positiven Rückk oppelung zur Verstärkung
Kaltluft gefüllte Polarhoch über der vereis-
der Polarfront bei (Abbildung 2). Da die
ten Nordpolarregion.
Luftmassen im Gegenuhrzeigersinn um das
be-
Islandtief zirkulieren, str ömt an seiner
Da aus den Hochdruck gebieten bodennah
Westseite kontinuierlich kalte Luft polar en
Luft ausströmt, fließt aus dem Az orenhoch
Ursprungs nach Süden. Diese trifft aufdie an
feuchtwarme Luft nach Nor den, und ent-
der Westflanke des Azorenhochs nach Nor-
sprechend strömt arktische Kaltluft des
den str ömende feuchtwarme Luft und
Polarhochs nach Süden . Im nor datlanti-
verstärkt so die P olarfront. Auf grund der
schen Raum treffen die sehrunterschiedlich
gleichsinnigen Bewegung weichen die un-
temperierten Luftmas sen auf einander. Da
terschiedlich t emperierten Luftmas sen
sie sich nicht dir ekt vermischen, sondern
Richtung Ost en aus und str ömen entlang
vielmehr aneinander vorbeigleiten, bildet
der Polarfront nahezu par allel auf das eu-
sich eine scharfe Grenze zwischen den Luft-
ropäische Festland zu. Dieser west-ost-ge-
massen aus – die so genannt e P olarfront.
richtete Grundstrom über dem Nordatlantik
Entlang dieser Grenze kommt es auf grund
ist in u nseren Br eiten die vorherrschende
von Warmluftvorstößen in Richtung Norden
Strömungskonstellation. Man spricht daher
regelmäßig zurBildung lokalerDruckabsen-
auch von der Westwindzone. In Abbildung 2
kungen. Aus solchen kleinr äumigen Druck-
ist dieser Bereich durch einen grauen Pfeil
depressionen können Tiefdruckgebiete ent-
hervorgehoben.
stehen, die sich unt er Umständen zu sehr
7
Meteorologische Grundlagen
1.2 Entstehung und Ausprägung von
Winterstürmen
Die Wellenstörungen bzw. die frisch gebildeten Tiefdruckgebiete werden mit der von
West nach Ost gerichteten Grundströmung
Im Winterhalbjahr ist der Temperaturgegen-
nach Eur opa t ransportiert. Ihr e Zugbahn
satz zwische n Az orenhoch un d Islandtief
wird hierbei im
besonders groß und dementsprechend die
Lage und Ausprägung des Islandtiefs beein-
Polarfront starkausgeprägt. Einerseits kühlt
flusst. Das Islandtieffungiert als steuerndes
das Meer im Herb st langsamer ab als die
Zentraltief, an des sen südlichem Rand die
kontinentalen Landmas sen, u nd an derer-
stürmischen Randtiefs in Richtung europäi-
seits führen Kaltluftausbrüche, die aus dem
sches F estland geführt wer den. Teilweise
Raum Ostkanada/Grönland nach Süden vor-
ziehen die Randtiefs in
dringen, über dem noch wärmeren Nordat-
wieder über das Baltikum und Skandinavien
lantik zu großen Temperaturgegensätzen an
nordwärts, um sich mit dem ursprünglichen
der Polarfront. Aufgrund des damit verbun-
Islandtief zusammenzuschließen und dieses
denen starken Druckgefälles von Süd nach
somit immer wieder zu verstärken.
Wesentlichen dur ch die
ihr er Spätphase
Nord bildet sich daher im Winterhalbjahr oft
ein besonders kräftiger, längs der Polarfront
Abbildung 3 z eigt im ober en Teilbild eine
von West nach Ost gerichteter Grundstrom
Bodenwetterkarte, in de r ein Tiefdruckge-
über dem Nordatlantik aus. Dabei kommt es
biet in einem frühen Entwicklungsstadium
– vor allem vor der kanadischen Ostküste –
dargestellt ist. In dünner Strichstärke sind
regelmäßig in B odennähe zu e inem Vor-
die Linien gleichen Luft drucks (Isobar en)
dringen warmerLuft nach Norden. Dies führt
dargestellt. Das Tief zieht von links nach
zu einem Druckfall gegenüber der kühleren
rechts. Die im Warmsektor enthaltene war-
Umgebung, und als K
me Luft dringt hierbei nach r
onsequenz dar aus
echts oben
beginnt eine Zirkulation im Gegenuhrzei-
gegen die kühle Luftmasse vor – die Grenz-
gersinn um die Druck depression. Auf einer
fläche zwischen beiden heißt entsprechend
Wetterkarte ist das süd-nord-gerichtete
Warmfront (Symbol
Vordringen der Warmluft an einer wellen-
gen den Uhrzeigersinn dringt von der Rück-
förmigen Auslenkung der Polarfront zu er-
seite her kühle Luft gegen den Warmsektor
kennen (Abbildung 2). Es hängt
).Ebenfalls ge-
von dem
vor. Dieser Frontabschnitt heißt auf grund
Temperaturgegensatz der beteiligten Luft-
der nachfolgenden kühlen Luft Kaltfr ont
massen ab, ob es bei einer
(Symbol
kleinen, nicht
). B ei den schr äg im Raum
wetterwirksamen Wellenstörung bleibt oder
liegenden Kalt- und Warmfronten, die im
ob s ich d iese b is z u e inem S turmtief ver-
unteren Teilbild im Vertikalschnitt schema-
stärkt. Grundsätzlich gilt, um so stärker der
tisch dar gestellt sind, handelt es sich um
Temperaturunterschied, desto größer ist die
Übergangszonen mit stark er horizontaler
Verstärkungsneigung. Weist d ie i n d as
Temperaturänderung auf kurzer Strecke. Es
entstehende T ief einströmende Warmluft
gibt dabei k eine scharf en Gr enzflächen,
darüber hinaus e inen h ohen A nteil a n
sondern es kommt vielmehr durch Querzir-
Wasserdampf auf, so wird bei den K onden-
kulationen zum Luftaustausch über diese
sations- und Gefrierprozessen im Zuge der
Übergangszonen hinweg.
Wolkenbildung eine gr oße Menge an zusätzlicher Wärmeenergie fr eigesetzt. Da-
Vorboten derPassage eines Tiefdruckgebie-
durch wird die aufsteigende Luftbewegung
tes sind oft hoch r eichende schleier artige
und damit derDruckfall im Tiefkern verstärkt
Eiswolken (Cirren), die das Herannahen der
– es entst eht ein Sturm- oder
Warmfront anz eigen (Abbildung 3, unt en).
Orkantief.
8
sogar ein
Entlang d er Warmfront g leitet w arme L uft
Meteorologische Grundlagen
Abbildung 3: Idealtypisches Schema eines Tiefdruckgebietes im Reifestadium; Oben: Sicht von oben mit
Frontverläufen (fett), Linien gleichen Luftdruckes (Isobaren, dünn), Bewölkung (schraffierte Flächen: Cs = CirrusSchleierbewölkung, As = hohe Schichtbewölkung); Unten: Vertikalschnitt längs der grünen, gestrichelten Linie
mit Fronten im Raum, Bewölkungsverteilung und Querzirkulation an den Fronten (DWD 1987; verändert).
auf kältere Luft auf. Aufgrund der flach im
(„Windsprung“ im Uhrzeigersinn, meist von
Raum liegenden Frontfläche erfolgt d as
Südwest nach Nordwest) sowie durch einen
Aufsteigen warmer Luft hierbei vergleichs-
spürbaren Temperaturrückgang bemerkbar.
weise langsam. Es bildet sich eine gr
oß-
Aufgrund ihres schnelleren Vorankommens
flächige Schichtbe wölkung, aus der
lang
holt die Kaltfr ont die Warmfront meist ein
anhaltender „Landregen“ fallen kann. Nach-
und vereinigt sich mit ihrzu einergemeinsa-
folgend s chiebt s ich e ntlang d er Kaltfront
men F ront, der so genannt en Okklusions-
relativ kältere Luft wie ein Keil unter die vor
front (Symbol
ihr liegende wärmere Luft und zwingt diese
Tiefdruckgebietes wird hierbei aufgrund der
zu raschem Aufsteigen. Dies führt häufig zu
geringeren Dichte wärmerer Luft durch die
Kondensationsprozessen und zur Bildung
Kaltluft vom Erdboden in die Höhe gehoben.
von hochr eichenden Wolken, aus denen
Hierdurch kommt es häufig zu Niederschlä-
kräftiger schauerartiger Niederschlag fällt –
gen. Der
oft entstehen im Sommer an der Kaltfront
Stadium seine größte Intensität erreicht. Der
Gewitterzellen. Außer durch den Nieder-
Kern wird jetzt langsamerverlagert als zuvor,
schlag macht sich die Kaltfr ontpassage in
und als Konsequenz beginnt das Frontensys-
der Regel als Minimum des Luft drucks und
tem im Gegenuhrz eigersinn um den K ern
durch ein markant es Dr ehen des Windes
herumzuschwenken. Mit dem Okklusions-
). Der Warmsektor des
Tiefdruckwirbel hat in diesem
9
Meteorologische Grundlagen
Abbildung 4: Bodenkarte vom 28.10.2002 während der Passage des Sturmtiefs JEANETTE; violette Pfeile
deuten Windstärke und -richtung an; Linien und Symbole siehe Ausklapplegende (Datenbasis: Berliner
Wetterkarte).
stadium ist der
Höhepunkt in der
Ent-
abfall, d. h. um so gr ößer die so genannt e
wicklung des Tiefs überschritten. Der Tem-
Druckgradientenkraft, die senkrecht aufden
peraturgegensatz derLuftmassen schwindet
Isobaren steht und vom hohen zum tief en
aufgrund der
Druck hin gericht et ist, dest o höher die
Verwirbelung und Dur
ch-
mischung. Das Tief löst sich allmählich auf.
Windgeschwindigkeit. Der höchste Druck abfall ist aufeiner Bodenwetterkarte anhand
Abbildung 4 z eigt die B odenkarte vom
der eng beieinander liegenden Isobaren er-
28. Oktober 2002 während der Passage des
kennbar.
Sturmtiefs J EANETTE. D er Kern d es Tiefs
10
(Symbol „T“), in dem der niedrigste Druck
Da Luftmas sen grundsätzlich gegen de n
herrscht, lag zu diesem Zeitpunkt überSüd-
Uhrzeigersinn um ein
schweden. Die Windgeschwindigkeiten, die
herumströmen, er geben sich – betr achtet
durch die P assage der artiger Tiefdruck-
man den Sturm ohne B
gebiete verursacht wer den, r esultieren
seiner Gesamtverlagerung – südlich der
zunächst aus ihr er Verlagerungsgeschwin-
Kernposition Winde aus westlichen Rich-
digkeit. Diese ist abhängig von der Stärke
tungen, nör dlich de r Kernposition jedoch
der west-ost-gerichteten Grundströmung in
Winde aus östlichen Richtungen. Verlagert
der Westwindzone. Noch entscheidenderfür
sich nun der Wirbel von West nach Ost, so
die Stärke des Windes ist in der Regel aber
wirkt diese V erlagerungsgeschwindigkeit
die Größe des Druckabfalls in Richtung des
südlich der Kernzugbahn in die gleiche
Tiefdruckzentrums. Um so größer der Druck-
Richtung wie die dortige Luftstr ömung aus
Tiefdruckzentrum
erücksichtigung
Meteorologische Grundlagen
Abbildung 5: Maximalböenfeld für den Bereich
Baden-Württemberg
während der Passage des
Orkans LOTHAR am
26.12.1999 erzeugt mit
dem Sturmmodell der
Deutschen Rück; Farbgebung siehe Ausklapplegende.
Westen, mus s also zu dieser noch addiert
die Windrichtung im Sinne einerzunehmen-
werden. Nördlich der Kernzugbahn wirkt sie
den A bweichung i n R ichtung d es Tiefzen-
der Windrichtung aus Ost en entgegen, sie
trums – auch dies auf grund des R eibungs-
muss also subtr ahiert werden. Aus diesem
einflusses. Neben der
Grund liegt derKorridor der stärksten Wind-
Rauhigkeit der unterschiedlichen Struktu-
geschwindigkeiten u nd St urmschäden i n
ren wie landwirtschaftliche oder
unseren Breiten normalerweise südlich der
Gebiete hat die Geländef orm einen ent-
Zugbahn d es Tiefkerns. D ie Windmaxima
scheidenden Einf luss auf die lokale Wind-
werden dabei im Allgemeinen an der Kalt-
geschwindigkeit. Beispiele hierfür sind Ka-
front, bei einem ber eits okkludiert en Tief
nalisationseffekte dur ch Täler oder so ge-
häufig auch erst im Bereich des nachfolgen-
nannte Speed-up-Effekte bei der Überströ-
den Troges (wegen der trogartigen Ausbau-
mung von Höhenzügen. Die Abbildung 5, in
chung der Isobaren) erreicht. Dies ist in der
der das Maximalböenf eld des Orkans L O-
Bodenkarte in Abbildung 4 anhand der Iso-
THAR (26. Dez ember 1999) für das Gebiet
barendrängung südwestlich des
aerodynamischen
bebaute
Tiefzen-
Baden-Württemberg dar gestellt ist, macht
trums und der violetten Pfeile zu erkennen,
deutlich, wie sich die genannten Effekte auf
die die Windstärke und -richtung andeuten.
die lokale maximale Böengeschwindigk eit
Die Luftströmung in der Höhe verläuft na-
auswirken. So sind anhand der Farbgebung
hezu p arallel z u d en I sobaren. M it a bneh-
die erheblich höhe ren Windgeschwindig-
mender Höhe, also geringer er Entfernung
keiten in den Kuppenlagen des Schwarzwal-
zur Erdoberfläche, nimmt die
des und der Schwäbischen Alb zu erkennen.
Windge-
schwindigkeit durch den zunehmenden Einfluss der Reibung an den Strukturen der Bo-
In Abbildung 5 sind die mit dem St urmmo-
denoberfläche ab. Es ändert sich aber auch
dell der Deutschen Rück abgeleiteten maxi-
11
Meteorologische Grundlagen
Beaufort-Skala
Bft
Bezeichnung
Mittlere Windgeschwindigkeit in 10 Meter Höhe
m/s
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
Windstille
Leiser Zug
Leichter Wind
Schwacher Wind
Mäßiger Wind
Frischer Wind
Starker Wind
Steifer Wind
Stürmischer Wind
Sturm
Schwerer Sturm
Orkanartiger Sturm
Orkan
0
0,3
1,6
3,4
5,5
8,0
10,8
13,9
17,2
20,8
24,5
28,5
32,7
37,0
41,5
46,2
51,0
km/h
>
0,2
1,5
3,3
5,4
7,9
10,7
13,8
17,1
20,7
24,4
28,4
32,6
36,9
41,4
46,1
50,9
56,0
56,0
0
1
6
12
20
29
39
50
62
75
89
103
118
134
150
167
184
Knoten
>
1
5
11
19
28
38
49
61
74
88
102
117
133
149
166
183
201
202
0
1
4
7
11
16
22
28
34
41
48
56
64
75
81
90
100
- 1
- 3
- 6
- 10
- 15
- 21
- 27
- 33
- 40
- 47
- 55
- 63
- 74
- 80
- 89
- 99
- 109
> 109
malen Böengeschwindigkeiten in Meter pro
nach Europa transportiert. Westwetterlagen,
Sekunde (m/ s) dar gestellt. Häufig wer den
die das Grundchar
Windgeschwindigkeiten auch in den Maß-
Klimas bilden, k önnen über mehrere Tage
einheiten Knot en (kn) oder Kilometer pro
anhalten und dabei hintereinander mehrere
Stunde (km/h) angegeben. ZurBeschreibung
Tiefs, so genannte Zyklonenfamilien, mit
der Windwirkungen wir d üblicherweise die
hoher Verlagerungsgeschwindigkeit nach
nach Sir Francis B eaufort (1774 bis 1857)
Europa transportieren. Verschiebt sich das
benannte Skala genutzt. Um auch hohe
Azorenhoch nach Nor dosten und liegt das
Windgeschwindigkeiten in Orkanstärke ge-
Zentrum tief en Luft drucks eher über dem
nauer zu unterteilen, wurden der ursprüng-
Nordmeer und Skandina vien, so st ellt sich
lich 12-teiligen Beaufort-Skala nachträglich
die so genannte Nordwestlage ein. Vor allem
die Grade 13 bis 17 hinzugefügt. Ab einer
im Winter erzeugt diese Wetterlage neben
Windstärke von Beaufort 8 herrscht im ver-
Sturm und Sturmf lut bzw. windstaubeding-
sicherungstechnischen Sinne Sturm.
ten Ho chwasserständen in der deutschen
akteristikum unser es
Bucht auch ergiebige Niederschläge mit der
Die Sturm- und Orkantiefs des Winterhalb-
Folge von Flus süberschwemmungen. B ei
jahrs lassen sich charakteristischen Wetter-
der reinen Nordlage gelangt häufig sehrkal-
lagen zuordnen (Abbildung 6). Die Namen
te Luft von Skandinavien nach Mitteleuropa
dieser Wetterlagen beschr eiben die Rich-
und bewirkt einen dr astischen Temperatur-
tung, aus der die Luft nach Eur opa geführt
sturz. B ei dieser Anströmrichtung kann es
wird. Bei Westwetterlagen, die am häufigsten
vor allem an der Ostseeküste zu sturmbe-
für Sturmsituationen v erantwortlich sind,
dingten Überflutungen kommen.
werden die stürmischen Randtiefs mit dem
von West nach Ost führenden Grundstr om
12
Meteorologische Grundlagen
Abbildung 6:
Schematische Darstellung
typischer Wetterlagen:
Westlage (oben) und Nordlage (unten); die Pfeile
deuten die Richtung der
Luftströmung an (WIEDERSICH
1996; stark verändert).
1.3 Klimatologische Einflüsse
allem dur ch einen b esonders nied rigen
Druck des Islandtiefs bewirkt wird –, desto
Das Gegenüber von Azorenhoch und Island-
stärker ist die von West nach Ost gerichtete
tief bestimmt das eu ropäische Sturm kli-
Grundströmung über dem Nordatlantik aus-
ma des Winterhalbjahres. Die dur ch die
geprägt. Der Index nimmt dann zunehmend
variierende Lage und Ausprägung von Azo-
positive Werte an. In diesem F all herrschen
renhoch und Islandtief hervorgerufene Va-
hierzulande die erwähnten Westwetterlagen
riabilität des Bodenluftdrucks wird als Nor-
vor, bei denen stürmische Randtiefs
datlantische Oszillation (NA O) bez eichnet.
Nordatlantik kommend vorwiegend über die
Der so genannte NAO-Index beschreibt die
britischen Inseln und das nör dliche Europa
Druckdifferenz zwischen Az orenhoch und
hinweg bis weit nach Ost
Islandtief. Sie wird meist monatsweise oder
(Abbildung 7). Mit dem Sturm bringen sie
saisonal (z. B. Dezember bis März) bestimmt.
feuchte und relativ milde Meeresluftmassen
Je größer diese Differenz ausfällt – was vor
mit vielen Niederschlägen und der Gefahr
vom
en gelangen
13
Meteorologische Grundlagen
Positiver NAO-Index
Negativer NAO-Index
Abbildung 7: Nordatlantische Oszillation (NAO) (M. Visbeck; www.Ideo.columbia.edu/NAO; verändert)
von Hochwas ser nach Mitt eleuropa. Aller-
tiver Trockenheit u nd g eringer Windge-
dings bleibt der
schwindigkeit in Mitteleuropa vor. In solchen
Mittelmeerraum dann
relativ trocken, da in solchen Wintern nur
Situationen gelangen h äufiger Tiefdruck-
wenige Tiefs d orthin g elangen. B ei d ieser
gebiete und mit ihnen
vermehrt Nieder-
positiven I ndexlage der NAO fehlen weit-
schläge in den südeur
opäischen Mitt el-
gehend Wetterlagen, bei denen sich flache
meerraum (Abbildung 7).
Kältehochs von Rus sland aus (meist über
Schneeflächen) nach Westen ausbr eiten,
Abbildung 8 zeigt die Entwicklung des NAO-
klirrende Kälte herbeiführen und Sturmtiefs
Index seit 1864. Von ca. 1900 bis c a. 1930
abblocken. L etzteres ist nur bei negativen
gab e s e in r elativ hohes, p ositives I ndex-
NAO-Indexwerten der Fall – dann herrschen
niveau, d . h . s tarke w estliche Winde u nd
Winter mit niedrigen Temperaturen, r ela-
milde, niederschlagsreiche Winter in Nord-
NAO-Index (Dezember - März)
Temperaturanomalien in °C
1864 - 2003
Zeit in Jahren
Abbildung 8: Index der Nordatlantischen Oszillation nach HURRELL basierend auf Stationsmessungen
(Lissabon/Portugal – Stykkisholmur/Island) für Dezember bis März; Zeitraum: 1864 bis 2003
(HURRELL et al. 2003; verändert).
14
Meteorologische Grundlagen
Temperaturanomalie
Temperaturanomalien in °C
1861 - 2003
Zeit in Jahren
Abbildung 9: Abweichung der globalen oberflächennahen Temperatur der Jahre 1856 – 2003 vom Mittelwert
der Klimavergleichsperiode 1961 – 1990 (HADLEY CENTRE 2005; verändert)
et al. 2003). Es
und Mitteleuropa. Von den frühen 1940er zu
masystems liegt (G
den frühen 1970er Jahren herrschte hinge-
liegt daher der Schluss nahe, dass eine ex-
gen ein Abwärtstr end des NA O-Index vor,
terne Einflussgröße für das starke Anstiegs-
daher lagen die Wintertemperaturen o ft
verhalten des NAO-Index verantwortlich ist:
niedrig und die Sturmaktivität war
ver-
Die Erwärmung des Klimas durch anthropo-
gleichsweise gering. In den vergangenen 30
gen verursachte Treibhausgas-Emissionen.
ILLETT
Jahren kletterte der Index sehr steil in den
positiven Bereich auf Werte, die seit Beginn
Oberflächennahe globale Mitteltemperatu-
der Messungen noch nicht erreicht worden
ren, abgeleitet aus instrument ellen Daten,
waren. Es hat mit dieserEntwicklung zu tun,
liegen für den Zeitr aum seit 1861 vor. In
dass viele M enschen in De
Abbildung 9 sind die Abwe
utschland
ichungen der
schneereiche und kalte Winter nur noch aus
jeweiligen Jahresmittel von dem Tempera-
ihrer Kindheit kennen.
tur-Mittelwert der Periode 1961 bis 1990
dargestellt. Diese P eriode wu rde int erna-
Untersuchungen w eisen d arauf hin, d ass
tional als Klima vergleichsperiode definiert
die registrierte Erwärmung der außertropi-
(synonym werden die Begriffe Klimanormal-
schen Nordhalbkugel im Winterhalbjahr seit
periode, Referenzperiode und langjähriges
den 1970er Jahren mit der milden Winter-
Mittel verwendet). Deutlich zu erk ennen
witterung bei po sitiven NAO-Indexlagen in
sind die hohen po sitiven Temperaturan-
Verbindung st eht. Das stark e Anstiegs ver-
omalien gegen Ende des 20. Jahrhunderts.
halten des NAO-Index ab 1970 ist dabei so
Global betrachtet fallen die zehn wärmsten
extrem, dass es außerhalb der mit Klimasi-
Jahre alle in den Zeitr aum 1990 bis 2003.
mulationsmodellen bestimmten Bandbreite
Die Reihenfolge der Jahre variiert dabei je
der natürlichen Schwankungen unseres Kli-
nach Berechnung des globalen Mitt elwerts
15
Meteorologische Grundlagen
2
Temperaturranking
Rang
Datenbasis:
HADLEY CENTRE (2005)
UBA (2004)
DWD (2004)
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Gewitter und Tornados
im Sommerhalbjahr
Global
Deutschland
1998
2002
2003
2004
2001
1997
1995
1999
2000
1990
2000
1994
1934
2002
1999
1990
1989
1992
2003
1949
Im Sommerhalbjahr treten immer wieder
Situationen auf, bei denen sich Gewitter bilden. Der eigentliche Auslöser der Gewitterentstehung ist hierbei der
erzwungene
Aufstieg b zw. die Hebu ng einer feuchtwarmen Luftmasse. Ein Grund dafür kann die direkte Aufheizung bodennaher
Luft dur ch
Sonneneinstrahlung sein, die zum r aschen
Aufsteigen dieser Luft bis in gr oße Höhen
führen kann. Die hierdurch entstehenden Gewitter bezeichnet man als Wärmegewitter.
Sie nehmen in unseren Breiten selten große
geringfügig. 1998 war global gesehen aber
Ausmaße an. Auch Hänge begünstigen sol-
das mit Abstand wärmste Jahr. In Deutsch-
che Aufstiegsprozesse, da sie die horizonta-
land, wo flächendeckende Temperaturmes-
le Luftströmung nach oben ablenken. Schwe-
sungen seit 1901 vorliegen, war das Jahr
re Gewitter werden jedoch meist dur ch eine
2000 das bishe r wärmste Jahr . Insge-
großflächige Hebung von Luftmas sen aus-
samt gesehen br achte der Klimawandel
gelöst. Dies kann an einer Kaltfront gesche-
für Deutschland im 20. Jahr hundert e ine
hen, an der die bodennahe Warmluft ange-
Erwärmung im Mitt el um 0,8 °C mit sich,
hoben wird (Abschnitt 1.2), oder aber durch
regional sogar bis 1,2 °C.
eine gr oßflächige Abnahme des Luft drucks
beim Herannahen eines Tiefs in der höheren
Das von den Vereinten Nationen beruf ene
Atmos-phäre (Höhentief) hervorgerufen wer-
Forschergremium des Int ergovernmental
den.
Panel on Climat e Change (IPC C) nimmt in
seiner Erklärung vom Januar 2001 die an-
Im Einz elnen geschieht bei der
thropogene V erursachung der globalen
einer Luftmasse f olgendes: Der Wasser-
Temperaturentwicklung dir ekt ins Visier:
dampf in der feuchtwarmen Luft im unteren
„... most of the observed warming ov er the
Teil der Luftsäule b eginnt im Zuge der
last 50 years is lik ely to ha ve been due t o
Hebung zu k ondensieren und setzt dabei
the increase in greenhouse gas concentrati-
Kondensationswärme frei. Die wärmere Luft
2001). Forschungsergebnisse
ist leicht er als d ie Umgebung und st eigt
zeigen, das s neun der zwölf untersuchten,
durch den dar aus r esultierenden Auftrieb
weltweit führenden globalen Klimasimulati-
nach oben. Gelang t die aufst eigende Luft
onsmodelle bei vermehrtem Treibhausgas-
über die Frostgrenze hinaus nach oben, so
gehalt in der
wird durch den einsetzenden Gefrierprozess
ons“ (K
16
ERR
Atmosphäre auch ein An-
Hebung
stiegsverhalten des NA O-Index als F olge
erneut Wärmeenergie abgegeben, die das
zeigen (G ILLETT et al. 2003). Es gibt somit
weitere Aufsteigen der Luft unterstützt. So
ernsthafte Indizien dafür , das s die globale
besitzt sie stets Auftrieb gegenüberihrer je-
Erwärmung und der Anstieg des NAO-Index
weiligen Umgebung und wi rd daher über
in den vergangenen 30 Jahren sowie die da-
eine weite Strecke nach oben beschleunigt.
mit verbundene Zunahme stürmischer und
Dies führt zu hochr eichenden Gewitt er-
milder Winter in M ittel- u nd Nordeuropa
zellen, die in unser en Breiten bis zu 12 km
zwei Seiten derselben Medaille sind.
Höhe erreichen können und oft einen cha-
Meteorologische Grundlagen
Abbildung 10: Gewitterwolke (Cumulonimbus capillatus incus) über der Schwäbischen Alb
(Quelle: D. Schalberger, Tübingen)
rakteristischen Wolkenschirm im oberst en
entstehenden Abwindz one verdunsten die
Bereich entwick eln (Cumulonimbu swolke;
Wolkentröpfchen und Niederschlagspartikel
Abbildung 10).
teilweise und entziehen der Luft dabei Verdunstungswärme. Die hierdurch abgekühlte
Großflächige Hebungsprozesse führen nicht
Luft i st s pezifisch s chwerer als d ie U mge-
selten zu ganz en Gruppen von Gewitt er-
bung und fällt beschleunigt in der Abwind-
zellen, die entweder linienhafte oder auch
zone nach unt en. Die mit hoher Geschwin-
haufenförmige Anor dnung aufwe isen un d
digkeit aus der Gewitterwolke ausfließende
Ausdehnungen von mehr eren 100 km er-
und am B oden horizontal umgelenkte Luft
reichen k önnen (Meso skalige k onvektive
Systeme). Die linien hafte Ausprägung entsteht entlang von Kaltfronten (so genannte
squalline). B esonders int ensive Gewitt erzellen induzieren in ihrer Umgebung immer
wieder neue Gewitter. Dadurch können räumlich und z eitlich fortschreitende Gewitterzüge entstehen.
In allen F ällen der Gewitterauslösung entsteht eine vom B odenniveau aufwärts gerichtete Strömung in die Gewitterzelle hinein, die Aufwindzone (Abbildung 11). Durch
die Aufwinde werden Wolkentröpfchen und
Eisteilchen nach oben beschleunigt. Dabei
wachsen d iese N iederschlagsteilchen a n
und werden immer schwerer. Die seitwärts
Abbildung 11: Schema einer Starkwind und Hagel produzierenden Gewit-
in die Gewitt erzelle einstr ömende, meist
terzelle im Querschnitt; Zugrichtung der Gewitterzelle: von links nach
trockenere Luft nimmt die aus der Aufwind-
rechts; weiße Pfeile zeigen die Luftströmungen an; schwarze dünne Pfeile
zone a usfallenden N iederschlagspartikel
markieren mögliche Bahnen von Hagelkörnern; entlang der Böenlinie
auf und führt d iese n ach u nten. I n d er so
können Sturmschäden auftreten (KURZ 1990; verändert).
17
Meteorologische Grundlagen
Sind sie zu schwer für den aufwärts gerichteten Transport gewor den, fallen sie als
Hagel aus der
Wolke zu B oden. Oftmal s
werden die Hagelk örner durch bodennahe
Böen auch horizontal beschleunigt.
Mitunter lässt sich bei sehr schweren Gewittern beobachten, dass die Basis der GeAbbildung 12: Böenkragen (Böenwalze) eines
witterwolke im B ereich der Aufwindzone
herannahenden Gewitters am Abend des
aufgrund von Windscherung zu rotieren be-
17.07.2004 (Quelle: A. Hergemöller; www.wetter
ginnt. In derGewitterwolke existieren häufig
station-mettingen.de)
aber noch w eitere Wirbelstrukturen, a llerdings mit meist horizontaler Rotationsachse vor allem an der Böenfront oder im Über-
bildet in Zugrichtung des Gewitt ers eine
gangsbereich zwischen Aufwindz one und
Böenlinie aus, die man als Böenkragen oder
Abwindzone. Diese horizontalen Rotations-
Böenwalze bezeichnet (Abbildung 12). Man
walzen können sich aufricht en und so ver-
nennt die am Boden eintreffenden Fallwinde
tikale, r otierende Windröhren entst ehen
auch D ownbursts. S ie k önnen e rhebliche
lassen. Reichen diese bis zum Erdboden, so
Sturmschäden n ach s ich zi ehen u nd s ind
spricht man von einem Tornado. In Deutsch-
für den Luftverkehr in der Start- und Lande-
land ursprünglich ebenf alls gebr äuchliche
phase äußerst gefährlich.
Bezeichnungen für diesen Sturmtyp sind
Windhose oder Trombe.
Bei schweren Gewittern kann sehr grobkörniger Hagel entst ehen, indem Eist eilchen
Tornados sind stets an Gewitter gebunden.
aus dem oberen, nach vorn gebogenen Teil
In i hnen h errschen e xtrem h eftige, n ach
der Luftströmung ausfallen, in den tieferen
oben g erichtete Winde. A nhand d er ent-
Niveaus aber erneut von der Aufwindzone
standenen Schäden werden Tornados quali-
erfasst und nach oben getr
tativ mittels der sechsstufigen Fujita-Skala
agen wer den
(Abbildung 11). B ei die sem Kr eislauf, der
klassifiziert. B ei dem in A
mehrere Male dur chlaufen wer den kann,
gezeigten Tornado, der am 23. Juni 2004 in
lagern sie durch Zusammenstöße mit Tröpf-
Micheln (Sachsen-Anhalt) auftrat, handelte
chen unt erkühlten Wassers, die sof ort an-
es sich um einen F3- Tornado. Die Windge-
frieren, zwiebelschalenartig Eisschichten an
schwindigkeit in derrotierenden Windröhre
und wachsen so zu sehr großen Körnern.
kann bei einem der artigen Tornado über
bbildung 13
300 km/h betr agen. Innerhalb der Röhre
kann ein Druckabfall gegenüber der UmgeFujita-Tornadoskala
F
Bezeichnung
bung von mehr als 50 hPa auftreten.
Windgeschwindigkeit
m/s
0
1
2
3
4
5
Leicht
Mäßig
Stark
Verwüstend
Vernichtend
Katastrophal
17,2
32,7
50,2
70,3
92,2
Downbursts oder gar Tornados sind ein sehr
km/h
- 32,6
- 50,1
- 70,2
- 92,1
-116,2
>116,2
62
118
181
254
333
>
kleinräumiges Phänomen und dahermit dem
117
180
253
332
418
419
relativ grobmaschigen Netz v orhandener
Wetterstationen nur schwer zu erfassen. Anders als bei gr oßflächigen Windfeldern von
Sturmtiefs ist es möglich, das
s Gewitt er-
zellen zwischen benachbarten Wetterstationen hindurchziehen, so dass zwar am Boden
18
Meteorologische Grundlagen
Abbildung 13: Tornado vom 23.06.2004 nahe Micheln, Sachsen-Anhalt (Quelle: T. Fritz, Köthen)
Sturmböen und Schäden ausgelöst wer den,
drucks nach Süden weist (Höhentr og). Hier-
die Wetterstationen jedoch diese Starkböen
bei wir d meist schwülwarme Luft aus dem
nicht registrieren. Windf elder solcher Ge-
westlichen Mitt elmeerraum nach Deutsch-
witterereignisse wär en nur durch Radar in
land her angeführt und dadur ch die Entst e-
Verbindung mit einem Dopplermodul rekons-
hung von Gewitt ern begünstigt. Außer dem
truierbar. Solche Anlagen befinden sich
kommt es vor dem aus Westen herannahen-
bislang aber nur bei wenigen F orschungs-
den Höhentr og aus dynamischen Gründen
einrichtungen im kontinuierlichen Betrieb.
zu gr oßflächigen Hebungspr ozessen, die
schwere Gewitter auslösen können. Auch eine
In den Gewitt erzellen k ommt es innerhalb
Hochdruckbrücke über Mitteleuropa, bei der
der Aufwindzone, w o d ie N iederschlags-
das Az orenhoch brück enförmig mit einem
bildung sehr intensiv abläuft, zu Ladungs-
Hoch über Osteuropa verbunden ist, fördert
trennungsprozessen, wodur ch am B oden
und in benachbart en Wolken Gegenladungen induziert wer den. Diese P otenzialdifferenzen wer den dur ch Blitz entladungen
ausgeglichen. Je stärker die Niederschlagsbildung in der Gewitterzelle verläuft, desto
mehr Blitzentladungen wer den ausgelöst.
Die Blitze sind also eine Art von Intensitätsparameter
für
die Gewitt
eraktivität
schlechthin. Blitze zwischen den Gewitterwolken und dem Er dboden k önnen aufgrund des von ihnen abgestrahlten elektromagnetischen W ellenspektrums über Antennensys-teme geortet werden. Dies ist die
Grundlage b ei d er Darstellung d er Gewit-
18. Juli 2004
teraktivität a uf Karten, w elche e inen
Abbildung 14: Gewitterübersicht für den 18.07.2004;
Überblick über die Blitzfrequenz je Ort ge-
Farbgebung und Symbole siehe Ausklapplegende
ben (Abbildung 14).
(Datenbasis: Meteorological Office UK).
Schwere Sommer gewitter ereignen sich in
Mitteleuropa bevorzugt bei bestimmt
en
die Bildung von Gewittern. Nordwärts dieser
Wetterlagen. Besonders gewitterträchtig sind
Hochdruckzone werden längs der Polarfront
Konstellationen, bei denen in der Höhe über
von West nach Ost Tiefdruckgebiete verla-
Westeuropa eine Ausbuchtung tief en Luft-
gert, deren Kaltfronten die Hochdruckbrücke
19
Meteorologische Grundlagen
Abbildung 15: Typische Sturmschäden im Leebereich von Dachfirst und Ortgang
durchbrechen und in der warmen Luftmasse
sierender Starkwind (Böen) auftreten kann.
schwere Gewitter auslösen können.
In der Regel dominiert dabei eine Vielzahl
3
Sturmschäden –
von kleineren Schäden das Bild – besonders
Typik und Mechanismen
die Dächer und hier vor allem die Randbereiche sind gefährdet. Bei einem Satteldach
Die met
eorologisch unt
erschiedlichen
sind ger ade die Ort gang- (seit liche Kant e
Sturmtypen ziehen auch unt erschiedliche
eines geneigt en Daches) und Firstzie gel
Belastungsformen u nd S chäden a n B au-
starken Belastungen ausgesetzt. Oft bilden
werken nach sich.
sich h inter der Firstkante L uftwirbel m it
horizontaler Achse längs des Firstes aus, die
Bei Winterstürmen k ann de r Korridor, i n
auf der windabgewandten Seite des Daches
dem hohe schaden verursachende Windge-
(Lee) ein temporäres Unterdruckfeld unter-
schwindigkeiten auftreten, mehr als 500 km
halb des Wirbels entstehen lassen. Die hier-
breit sein. Die Turbulenzen in der Atmo-
durch erz eugten Sogkr äfte führen häufig
sphäre sorgen dafür, dass immerwieder Luft
zum Abwehen der Dachziegel auf der Lee-
aus gr ößerer Höhe, die dort sehr schnell
seite (Abbildung 15).
strömt, durch Wirbel mit horizontaler Rota-
20
tionsachse b is z um B odenniveau h erab-
Ähnliche Effekte zeigen sich auch an ande-
transportiert w ird. A uf diese Weise e nt-
ren Stellen im Lee von Kanten, wo sich stets
stehen bodennahe, stoßweise Starkwindbe-
Wirbel ablösen und temporär zu Unterdruck
wegungen (Sturmböen). Die B esonderheit
und Sog führen. Besonders gefährdet sind
dieses Sturmtyps liegt vor allem darin, dass
Flachdächer. Bei Flachdächern vom Typ der
über einen längeren Zeitraum hinweg pul-
so genannt en Warmdächer kann die Sog-
Meteorologische Grundlagen
wirkung zur Ablösung der Dachhaut oder
von Abdeckblechen im Dachr
andbereich
führen. B eim Flachdachtyp der Kaltdächer
dient die oberste massive Betondecke meist
schon als Gebäudeabschluss nach oben, so
dass die darauf platzierte Tragekonstruktion
zur Aufnahme der Dachfläche meist r elativ
leicht ausgeführt ist. Die auf die plattigen
Dachflächen wirk enden gr oßen Sogkr äfte
unter randnahen Wirbeln können hier zum
Abheben der Dächer führen – vor allem,
wenn die
Tragekonstruktionen u nzurei-
chend mit den Massivdecken verankert sind.
Auch w eit a uskragende D achüberstände
oder Pultdächer bieten den Windstößen
günstige Angriffsflächen (Abbildung 16).
Bei Wirtschaftsgebäuden in ländlichen Gebieten wer den die tr agenden Unt erkonstruktionen oft sehr knapp bemes sen, da
häufig relativ leichte Bauplatten aus Metall
Abbildung 17: Durch Windruck umgestürzter Ver-
oder Kunststoffen für Wände und Dächer
ladekran im Duisburger Rheinhafen
verwendet werden. Die gerade bei großformatigen, plattigen Oberflächen durch Windeinwirkung entst ehenden enormen Unt er-
des Windes schadenauslösend. Dies gilt ins-
druck- und Sogkr äfte führen dann of t zur
besondere für Schäden an windexponierten
Neben den Sogkr äften dur ch Verwirbelungen ist natürlich auch allein der Staudruck
des Windes schadenauslösend. Dies gilt insbesondere für Schäden an windexponierten
Gebäudeteilen wie Ant ennen, Kamina ufbauten und Masten, die umgedrückt werden
können. Darüber hinaus k önnen b auliche
Strukturen in ungünstige Schwingungen
versetzt und dadur ch S chäden ausgelöst
werden. Neben Gebäuden wer den daher
auch immer wieder Schiebetore, Zeltk onstruktionen, Windkraftanlagen, V erladeund Baukräne (Abbildung 17), Baustellenin-
Ablösung dieser Dächer oder Wandplatten.
ventar und Bauzäune durch den Staudruck
der Böen und die entstehenden Schwingun-
Neben den Sogkr äften dur ch Verwirbelun-
gen beschädigt. Auf Brücken werden häufig
gen ist natürlich auch allein der Staudruck
Autos und vor allem An hänger vom S turm
erfasst und von der Fahrbahn gedrängt. In
Abbildung 16: Abgewehtes Pultdach einer Schule
den Seehäf en r eißen die Böen in gr oßer
in einem Neubaugebiet
Regelmäßigkeit Schiffe von den Leinen und
21
Meteorologische Grundlagen
treiben sie in Karambolagen.
Aufgrund der großen r äumlichen Ausdehnung und derüber einen längeren Zeitraum
Besondere schadenauslösende B edeutung
auftretenden Starkwinde k ommt den Win-
haben Äste oder Bäume, die vom Sturm auf
terstürmen in Mitt eleuropa unter dem Ge-
Dächer, Gebäudewände oder Autos gewor-
sichtspunkt des Gesamtschadenaufwandes
fen werden. Bei Gebäuden entsteht dadurch
je Ereignis das größte Schadenpotenzial zu.
häufig der Initialschaden. Gerade in dicht
Sommerliche Gewitterereignisse v erursa-
bebauten städtischen Ar ealen, in denen
chen hingegen zwar häufig deutlich höhere
zwar die mittleren Windgeschwindigkeiten
Schäden an Einzelobjekten, diese sind aber
aufgrund derVerwirbelung derStrömung an
in der Regel lokal begrenzt. Hierbei sind es
vielen Dach- und Häuse rkanten r eduziert
die Fallwinde (Downbursts), die eine relativ
ist, werden Schäden oft durch Trümmer ver-
kurze, aber gegebenenfalls heftige Böenak-
ursacht, die vom Wind auf genommen und
tivität bewirken. Auch hier sind sowohl der
Staudruck des Windes als auch im Besonderen die durch Verwirbelungen hervorgerufenen Sogkr äfte schadenauslösend. Da
schwere Gewitter überwiegend im Sommerhalbjahr auftreten, biet en Bäume /Äste
durch das ausgebildet e Blattwerk saisonal
bedingt viel Angriffsfläche und können auf
Fahrzeuge o der Häuser geworfen w erden.
Bei schweren Gewittern ist oft derassoziierte Hagelschlag füreine Vielzahl von Schäden
an Kraftfahrzeugen, aber auch an Dächern
und Dachf enstern verantwortlich. Oftmals
erfahren die Hagelkörner durch die beglei-
Abbildung 18: Hagelkörner werden durch Wind-
tenden Windböen eine horiz ontale B ewe-
böen oft auch horizontal beschleunigt und bewir-
gungskomponente und beschädigen dann
ken so Schäden unter anderem an Rolläden wie
auch vertikale St rukturen wi e H äuserfas-
hier nach einem Hagelunwetter am 08.07.2004 in
saden, F ensterscheiben, L euchtreklamen,
Stockach (Quelle: J. Braun, Stockach).
Rollläden, etc. (Abbildung 18).
auf Dächer, Hauswän de und F assadenver-
Die Höhe der einzelnen Sachschäden hängt
kleidungen geschleudert werden.
dabei maßgeblich von der Größe der Hagelkörner ab. In der
Landwirtschaft k önnen
Winterstürme ruf en wegen ihr er langen
schon bereits Hagelkörner mit geringen
Dauer und der dabei durch stoßweise Böen
Durchmessern zu sehr hohen Ernteschäden
und Mat erialermüdung b ewirkten Eff ekte
führen. Der Korridor der Schadenwirkung
ein besonders breites Spektrum von Sturm-
quer zur Richtung der Zugbahn einer einzel-
schäden hervor. Da an den Fronten winterli-
nen Gewitt erzelle ist jedoch meist n
cher Sturmtiefs dur chaus Gewitt er entste-
sehr breit und liegt in der Größenordnung
hen k önnen, ist es in vielen Fällen jedoch
einiger Kilometer bis maximal wenige 10
nicht möglich, die schadenstift enden me-
Kilometer.
icht
teorologischen Pr ozesse eindeutig zu unterscheiden.
Die schadenauslösende Wirkung eines
Tornados w ird d urch d ie K ombination a us
22
Meteorologische Grundlagen
Abbildung 19: Durch einen Tornado am 18.07.2004 total zerstörtes Gebäude in der Nähe von Tönisvorst /
Nordrhein-Westfalen (Quelle: T. Sävert; www.naturgewalten.de)
extremen Windgeschwindigkeiten und ex-
Rande der rotierenden Windröhre wer den
tremem, plötzlich auftr etendem D ruckfall
aufgenommene Kleint eile zu z erstöreri-
und Druckanstieg hervor gerufen, der beim
schen Gescho ssen, die sich in Mauerwerk
Überströmen e ines G ebäudes a uftritt. I m
bohren k önnen oder – wenn der Tornado
Druckdefizit, in das ein Gebäude bei einem
Bodenmaterial oder Sand aufgenommen
Kontakt mit einem Tornado plötzlich gerät,
hat – wie ein Sandstrahlgebläse wirken. Die
führt der temporäre Über druck innerhalb
extremen Kr äfte k önnen Häuser komplett
des Gebäudes r egelrecht zu r Explosion
zerstören (Abbildung 19). Allerdings ist der
exponierter Stellen wie Dachbedeck ungen
Korridor der Schadenwirkung meist sehr
oder Türen/Fenster. Gelöst e Gegenstände
schmal – in der Regel kaum mehr als einige
werden in dem „Saugrüs sel“ des Tornados
hundert Met er. Die Länge de
nach oben geschleudert. In Verbindung mit
beträgt oft nur wenige Kilom eter und die
den extr emen Windgeschwindigkeiten am
Dauer des Phänomens nur wenige Minuten.
r Zugbahn
23
Witterungsrückblick und Sturmdokumentation des Jahres 1997
1997
Witterungsrückblick
1
Witterungsrückblick 1997
Das Jahr 1997 im Überblick
Januar
Im Januar lag Deutschland unter sehr kalter
Das Jahr 1997 begann stürmisch. Im ersten
Luft s ubpolaren U rsprungs. D amit s etzte
Quartal wurde die Witterung in Deutschland
sich der teilweise strenge Frost, der bereits
durch d ie P assage z ahlreicher Sturmtiefs
seit Dezember 1996 geherrscht hatt e, fort.
beeinflusst: ARIANE am 13. F
ebruar,
Dies z eigt sich insbesonder e im Vergleich
DANIELA am 19./20. F ebruar, GISELA und
zu den langjährigen Mittelwerten derKlima-
HEIDI am 25. Februar, SONJA am 27./28.
elemente: DerJanuar war unterhalb von 800
März und WALTRAUD am 11. April. Vieler-
Meter um 2 bis 3 °C zu kalt, im Oberrheintal
orts waren sturmbedingte Schäden zu
war es sogar
verzeichnen. A ls d as m eteorologische E x-
Auf den B ergen oberhalb von 1000 Met er
tremereignis des Jahres 1997 ist das Oder-
war der Januar dagegen zu mild (z. B. Wen-
hochwasser im Juli zu wert en. Zwei Stark -
delstein um 4,8 °C). In Norddeutschland gab
niederschlagsereignisse (4. bis 9. Juli sowie
es zudem Dauerfr ost bis zu -26 °C, wobei
18. bis 21. Juli) im Einzugsgebiet der Oder
starke Frostschäden auftraten.
bis zu 4 °C zu kalt.
führten in P olen, Tschechien und in Br andenburg zu schweren Überschwemmungen.
Mit der strengen Kälte und dem Hochdruckeinfluss korrespondierte die große Trocken-
In Deutschland betrug die mittler e Tempe-
heit in ganz Deutschland. Im Voralpenland
ratur im Jahr 1997 8,9 °C. Damit wur de die
und in Vorpommern wurden sogar nur 5 %
mittlere Jahrestemperatur der Klimaver-
des in diesem Monat üblic
gleichsperiode 1961 bis 1990 um 0,65 °C
schlages gemes sen. In sgesamt kann der
übertroffen. Die mittlere Niderschlagshöhe
Januar als kalt und sonnig (Sonnenschein-
für Deutschland lag mit 713 l/m2 etwa 10 %
dauer mit 150 bis 200 % des
unterhalb des langjährigen Mitt els (1961
wertes) charakterisiert werden. Ebenso pas-
bis 1990).
st der Januar mit seine n se hr niedrigen
hen Nie der-
Vergleichs-
Windgeschwindigkeiten in das Bild, dass bei
Die globale gemitt elte Temperatur in zwei
Hochdruck und F rost nur selten st ärkere
Metern über der Erdoberfläche war im Jahr
Winde gemessen werden.
1997 die bis dahin höchst
e seit B eginn
der Messungen im Jahr 1860. Sie lag um
0,39 °C überdem langjährigen Durchschnitt
der klimatologischen Vergleichsperiode von
1961 bis 1990. Damit wurde der bisherige
Höchstwert aus de m Jahr 1995 no ch um
0,05 °C übertroffen.
25
1997
1997
Witterungsrückblick
Februar
Die ruhige Januar-Witterung setzte sich im
Februar nicht fort. Tiefdruckgebiete wurden
mit einer
starken westlichen Höhen-
strömung über
den gesamt en Nor d-
atlantik weit nach Nor deuropa und Nor dwestsibirien getr agen. In sgesamt wur den
dort im F ebruar an 23 von 28 Tagen Tiefdruckgebiete mit einem K
erndruck von
unter 970 hPa registriert. Diese Häufung innerhalb eines Monats ist ungewöhnlich. Die
in der Atmosphäre umgesetzte Energiemenge für den Antrieb diesergroßen Anzahl
von Tiefs ist immens. Ein Indiz hierfür
ist,
dass der Februar um 3 bis 5 °C über den
vieljährigen Vergleichswerten lag. In Süddeutschland wurden Temperaturmaxima
Sturm DANIELA ließ am 21.02.1997 einen Bau-
von bis zu 19 °C erreicht, was einen bemer-
kran auf das Dach eines Krankenhauses in Köln-
kenswerten Kontrast zu dem Dauerfrost des
Niehl stürzen (Quelle: dpa).
Januars bedeutet. Auch der Unterschied in
der Niederschlagsmenge war markant: Im
Februar fielen mancherorts bis zu 300 % des
in diesem Monat üblichen Niederschlages.
Deutschland wurde von einer ganzen Reihe
der Tiefdruckgebiete in Sturmstärke getroffen. Zunächst entwickelte sich
das
Orkantief ZACHARIA zu einem stationär en
Kerntief bei Island, das seinerseits einz elne
Tiefdruckwirbel an seiner
Südflanke nach
Nordeuropa führte. Ein erster Höhepunkt
wurde am 13. Februar mit dem OrkanARIANE
erreicht, bei dem insbesonder
e Baden-
Württemberg und Bayern hohe
Windge-
schwindigkeiten und entspr echende Schäden zu verzeichnen hatten ( siehe Die Entwicklung des Sturmtiefs ARIANE).
Im Anschlus s setzt e sich mit Hoch
Sturmböen des Tiefs ARIANE am 13.02.1997 ent-
CHRISTOPH eine k urze Phase der Wetter-
wurzelten in Nürnberg Bäume und beschädigten
beruhigung dur ch, bevor sich die Wirkung
Autos (Quelle: photopool.de).
der isländischen Orkanzyklonen erneut bis
nach Mitt eleuropa ausbr eitete. Die zu gehörigen Sturmwindf elder erreichten Nor dund besonders Westdeutschland zuerst am
26
Witterungsrückblick
20. Februar mit dem SturmtiefDANIELA, das
April
vor allem im südlichen Rheinland Schäden
verursachte ( siehe Die Entwicklung des
Die Witterung des März setzt e sich mit
Sturmtiefs DANIELA). Ab diesem Zeitpunkt
sehr ausgeprägten Temperaturgegensätzen
erreichte Nordeuropa fast täglich ein neues
grundsätzlich fort. Die teilweise frühlings-
Sturmtief. B ei d en S turmtiefs GISELA und
haften Temperaturen von ü ber 20 ° C a m
HEIDI traf einfließende polar e K altluft auf
Oberrhein fielen an manchen Tagen inner-
ungewöhnlich warme Festlandsluft, und es
halb weniger Stunden um 10 °C und mehr .
traten Gewitter auf. Die damit verbundenen
Das war insbesondere ab dem 10. April so,
starken Hebungs vorgänge an der Grenz-
als Wind- und Niederschlagsf elder von
fläche dieser unterschiedlichen Luftmassen
Norden und Nor dwest auf
führte zu kr äftigen Sturmböen ( siehe
übergriffen und ein kr
Die Entwicklung der Sturmtiefs GISELA und
namens WALTRAUD am 11. April
HEIDI).
„Staubstürme“, eine nicht sehr
Deutschland
äftiges Sturmtief
für
häufige
Wettererscheinung, s orgte. B esonders b etroffen war Mecklenburg, wo die Sichtweite
März
großräumig auf 20 Meter und mancherorts
deutlich darunter sank. Starke Winde wur-
Die südlich von Grönland verlaufende West-
den auch in Sachsen-An halt und Sachsen
windzone im Nor datlantik hatte sich zum
registriert ( siehe Die Entwicklung des
Monatsbeginn zwar etwas abgeschwächt,
Sturmtiefs WALTRAUD). Bis zum 22. April
blieb aber insgesamt erhalt en. Dement-
bestimmten k alte L uftmassen i n D eutsch-
sprechend wechselt en sich Hoch- und
land die Temperaturverhältnisse, was sich
Tiefdruckeinflüsse in Deutschland ab. Zur
auch in der
Monatsmitte verlief die Trennlinie zwischen
drückt: Abgesehen von den deutschen Kü-
polarer Kaltluft u nd tr opischer Warmluft
sten war es im gesamten Land um 1 bis 2 °C
(nordatlantische Frontalzone) mit zum Teil
zu kalt.
entsprechenden Bilanz aus-
bemerkenswerten Temperaturgegensätzen
von der Nordsee nach Südeur opa. Die se
wechselhafte Witterung hielt an und brach-
Mai
te am 28. März den Sturm SONJA über Südengland nach Nor ddeutschland ( siehe
Mit nur noch wenigen Tagen erhöhter Wind-
SONJA).
geschwindigkeit zum B eginn des M onats
Die Entwicklung des Sturmtiefs
Die höchsten Windgeschwindigkeiten wur-
Mai endet e die Sturmsaison des
den in Ost deutschland registriert und ver-
und F rühjahrs 1 997. D er Mai wa r in d er
ursachten d ort n ennenswerte S chäden.
Bilanz ein Monat der Gegensätze: Während
Erst zum Ende des März beruhigt e sich das
am Pfingstmontag (18. Mai) in subt
Wetter mit aufk ommendem Einf luss des
scher Luft im südlichen Br andenburg Tem-
Hochs MICHAEL. Der März war um 1 bis 2 °C
peraturmaxima um 30 °C err eicht wur den,
zu warm. Über durchschnittlich viel R egen
führte nur eine Woche später die Zufuhr von
fiel im östlichen Bayern, Sachsen und
arktischer Kaltluft zu Nachtfr ost im Nor d-
Thüringen, wogegen in N ord- und West-
osten Deutschlands. Im
deutschland gebietsweise weniger als
insgesamt geringfügig zu ka lt, in Teilen
50 bis 75 % der Vergleichswerte gemeldet
Bayerns und Baden-Württ embergs war es
wurden.
um 1 bis 2 °C zu warm. Auch in der Nieder-
Winters
ropi-
Nor den war
es
schlagsverteilung ergaben sich bemerkens-
27
1997
1997
Witterungsrückblick
entsprechend niederschlagsreich. So bekamen der Westen und Norden Deutschlands
bis zu 200 % der
üblichen R egenmenge
ab, während der Osten ein Defizit von 50 %
und mehr aufwies. Gegen Ende des Monats
trafen subtropische Luft aus Südo steuropa
und kalt e subpolar e Luft in Mitt eleuropa
aufeinander, wodur ch zu m Teil schwer e
Gewitter, teilweise mit Hagelschlag und
starken Böen, auftr aten. Besonders in Niedersachsen führte ein schwerer Hagelschlag
zu hohen Schäden.
Juli
Sehr schadenreich war das im Juli dominierende met eorologische Ex tremereignis:
das Oderhochwas ser. Auf der Vorderseite
eines Tiefs über Westeuropa fiel bereits am
4. und 5. Juli im Odereinzugsgebiet teils
ergiebiger, gewittriger Regen. In den Folgetagen führte das Tief XOLSKA mit südöstlicher
Strömung
feuchtheiße Luft aus
dem östlichen Mitt elmeerraum u nd dem
Schwarzen Meer heran. An der ausgeprägten Luftmas sengrenze zu kühler Luft aus
dem Baltikum entstanden langan haltende,
Umgeknickter Strommast in der Nähe von Peine in
ergiebige N iederschläge. D ies führte i n
Niedersachsen nach einem Gewitter am
Polen u nd Tschechien zu e iner Über-
29.06. 1997 (Quelle: dpa)
schwemmungskatastrophe, d ie z ahlreiche
Menschenleben f orderte. V om 18. bis
21. Juli br achte Tief ZOE, dessen Kern sich
werte Unterschiede, denn während nördlich
von Nor ditalien nach Böhmen
der Mittelgebirge die Trockenheit der letz-
(so genannte Vb-Zugrichtung), der Region
ten beiden Monat e dur ch r eichlich R egen
erneut er giebige R egenfälle. In Südpolen
kompensiert wurde, fielen in weiten Gebie-
und Osttschechien fielen verbreitet mehr als
ten Süddeutschlands weniger als 50 % des
300 %, im B ergland sogar 400 bis 500 %
Erwartungswertes und ließen das gesamt e
der sonst im Juli üblichen Niederschlags-
Frühjahr 1997 erheblich zu trocken werden.
menge. In Sachsen-Anhalt und im östlichen
verlagerte
Brandenburg waren es 200 bis 300 %. Die
Folge war eine zweit e Hochw asserwelle.
Juni
Dem Druck der neuerlichen Wassermassen
hielten die Deiche nicht mehrstand, so dass
28
Der Juni war von einigen langan haltenden
es entlang der
Tiefdruckwetterlagen domi niert und dem-
schweren Überschwe mmungen kam. A m
Oder in Br andenburg zu
Witterungsrückblick
schwersten wogen dabei die Deichbrüche
in der Ziltendorfer Niederung, wo ein Gebiet
von ca. 5 000 ha überflutet wurde.
August und September
Fast im gesamt en August herrscht e unt er
beständigem Hochdruc keinfluss ein sehr
warmes und tr ockenes Somme rwetter. In
Deutschland wur de dan k
regelrechter
Hitzewellen ein Wärmeüberschuss von 2
bis 4 °C r egistriert, im südlichen Mecklenburg sogar bis 5 °C. Bemerkenswert war die
hohe Anzahl von Sommertagen, d. h. von
Tagen, die eine Temperatur von 25 °C oder
mehr erreichten. In B erlin beispielsweise
gab es 27 Sommertage, so viele wie noch
in k einem Sommermonat im 20. Jahrhundert. Dies korrespondierte überall mit einer
ausgeprägten Trockenheit. In Mecklenburg,
in der Rhön und im Spessart fiel nicht einmal
ein Viertel des Niederschlagssolls.
Im September ereignete sich dank der
kräftigen West- bis Nordwestströmung mit
dem Tief MARGA am 9. und 10. Sept ember
der erste Herb ststurm mit
vereinzelten
Windböen bis zu 115 km/h an d
en deut-
schen Küst en. Die zweit e Monatshälft e
Überschwemmungen während des Oder-Hochwassers im Juli 1997 (Quelle: ddp)
war vorwiegend hochdruck dominiert, und
es herrscht e typischer Altweibersommer
mit allgemeiner Trockenheit in Süddeutschland.
deutsche S ee, a ber auch d ie M ittelgebirgsregionen b etroffen. D ie h erangeführten arktischen Luftmas sen br achten die
Oktober
ersten Nachtfröste, die sich im Verlauf des
Monats noch verstärkten.
Zu B eginn des Monats tr
aten a ufgrund
des Tiefs RIT A verbreitet Sturmb öen mit
Nur selten waren die Temperaturgegensätze
ergiebigen Regenfällen an der Ostseeküste
in einem Okt ober so ausgeprägt wie 1997.
und in Ost deutschland auf. Ein Int ermezzo
Während i n d er ersten H älfte d es M onats
spätsommerlich warmen
Wetters wur de
noch Sommertage registriert wurden, traten
ab dem 10. Oktober von dem über England
zehn Tage spät er bereits Nach tfröste bis
zum B altikum z iehenden S turmwirbel
-8°C auf . An der
WANDA beendet. Hier waren die gesamte
wurde in der Nacht zum 28. Oktober die bis
Station B erlin-Dahlem
29
1997
1997
Witterungsrückblick
dahin n iedrigste O ktobertemperatur seit
Dezember
75 J ahren g emessen. D ies g ab a uch d en
Ausschlag d afür, d ass e s i m g anzen L and
Eine dauerhaft e Schneedeck e erhielt
Wärmedefizite von 1 bis 2 °C gab.
Deutschland erst im Dezember mit dem Tief
QUENA, das vom Nordostatlantik über
Westeuropa zum Mit telmeer zog. Doch
November
schon bald br achten milde Meer esluftmassen mit er giebigem R egen und auf-
Im
November
herrschte
zunächst
in
frischenden Winden die se w ieder zum
Deutschland dank Hochdruck im Süden hei-
Verschwinden. Erst in der
teres, im Nor den eher trübes Wetter vor.
setzte sich wieder kältere L uft dur ch, so
Bei einem kurzen Intermezzo subtropischen
dass Tiefstwerte von c a. -13 °C r egistriert
Luftzuflusses w urden n ochmals verbreitet
wurden. Pünktlich zu Weihnachten gelangte
Temperaturen bis zu 15 °C, im Alpenvorland
mit einem stärk
sogar bis zu 20 °C err eicht. Auch in der
mildere Meer esluft nach Deutschland.
zweiten Nov emberhälfte gab es Hoch
-
eren Windfeld wieder
Zunächst gab es in ganz Deutschland süd-
druckeinfluss, bei de m insbesonder e im
westlichen Wind mit stärkeren Böen, später
Süden nur mäßig kalt e Luft die
Tempe-
größere Windgeschwindigkeiten im Bereich
größtenteils
der Deutschen Bucht. Die vorherrschenden
raturen bestimmt e. Es war
schwachwindig.
Westlagen führten dazu, dass es im Dezember um 1 bis 2 °C zu warm war.
30
Monatsmitte
Sturmdokumentation
2
Sturmdokumentation 1997
Die Entwicklung des Sturmtiefs ARIANE
In d en frühen M orgenstunden d es 1 4.
(12. bis 14. Februar 1997)
Februar ging ein weiteres Sturmwindfeld
über Norddeutschland hinweg. Im Binnen-
Das Tief druckgebiet ARIANE lag am 12.
land wurden Windböen von bis zu 85 km/h
Februar bei Irland. Dessen Wolken- und Nie-
gemessen, an der Küste 95 km/h. Die ent-
derschlagsfelder erreichten mittags schon
standenen Schäden war en aller dings nu r
Frankreich. Das Tief verlagerte sich bis zum
geringfügig. Im Süden flaute der Wind all-
13. Februar ostwärts nach Südnorwegen. Im
mählich wieder ab.
Randbereich v
on
ARIANE
frischte der Wind in West- und Mitteleuropa
Auch in Nor dfrankreich und Südengland
stark auf.
richtete das Sturmtief ARIANE mit s einen
starken Westwinden Schäden in Millionen-
Schon in der Nacht zum 13. Februar erreichten einz elne Böen am
höhe an.
Westeingang des
Ärmelkanals Windgeschwindigkeiten von
90 bis 120 km/h. Die Warmfront zog dann
am frühen Mor gen über Norddeutschland
hinweg und br
achte er giebige Nieder-
schlagsmengen. De r Kaltfrontdurchgang
fand mittags gegen 14 Uhrmit orkanartigen
Sturmböen i n S üddeutschland s tatt u nd
hinterließ bei München und Ingolstadt eine
Schneise der Verwüstung. In Bayern und
Baden-Württemberg entstanden Schäden in
Millionenhöhe. Hundert e Bäum e kn ickten
um. Auch in Passau und Regensburg wurden
viele Bäume entwurzelt und Masten umgerissen. Auf der Autobahn München -Nürnberg fegte der Sturm Lastwagenan hänger
von der Straße. Auch ein Todesopfer war zu
beklagen: Ein Waldarbeit er wurde von
einem umstürzenden Baum erschlagen. Die
stärksten Böen wurden mit Windgeschwindigkeiten bis 150 km/h auf der Zugspitze
gemessen. In Baden-Württ emberg gab es
Sturm mit heftigen Gewitt ern und Schneefällen. Abgedeckt e Dächer , lahm g elegte
Leitungen dur ch Blitzschlag war
en die
Folge.
31
1997
1997
Sturmdokumentation
Bodenkarte
Sturmtief ARIANE
12.02.1997
1 Uhr MEZ
Bodenkarte
Sturmtief ARIANE
13.02.1997
1 Uhr MEZ
Bodenkarte
Sturmtief ARIANE
14.02.1997
1 Uhr MEZ
32
Sturmdokumentation
Maximalböenfeld
Sturmtief ARIANE
12.-14.02.1997
33
1997
1997
Sturmdokumentation
Die Entwicklung des Sturmtiefs DANIELA
zwischen 3 Uhr nachts und 8 Uhr morgens
(19. bis 20. Februar 1997)
120 Einsätz e fahren. I n einem nör dlichen
Stadtteil stürzte ein Baukran aufden Seiten-
Am 19. Februar befand sich das Zentrum des
flügel eines Kr ankenhauses u nd beschä-
Orkanwirbels C AROLINE bei Island. Der
digte das Dach. Am Flughaf en Köln/B onn
Sturmwirbel DANIELA lag zu diesem Zeit-
schob eine Windböe zwei kleinere Flug-
punkt noch vor Irland und entwick elte sich
zeuge ineinander . Im Kr eis Viersen nahe
mit hoher
der holländischen Grenze hatte um 2 Uhr
Geschwindigkeit zu e inem
Orkantief nördlich von Schottland. Die um-
morgens eine Böe die
fangreichen Niederschlagsf elder griffen
Kirche einstürz en las sen. Zudem wur den
schon in der Nacht zum 20. F ebruar auf
viele Bäume und Masten umgeknickt, Äste
ganz Deutschland über. In der Nacht und in
und Dachziegel flogen umher. Zusätzlich zu
den frühen M orgenstunden e rreichte d ie
dem Sachschaden in Millionen höhe kamen
Front Deutschland. Die damit verbundenen
sieben Menschen ums Leben.
Turmspitze einer
Wettervorgänge w aren so h eftig, d ass i n
Nordwestdeutschland G ewitter mit k räfti-
Der Sturm verursachte auch in weiten Teilen
gen S chauern u nd o rkanartigen B öen
Englands erhebliche Schäden. DerFähr- und
auftraten. An der deutschen und holländi-
Flugverkehr war zeitweise b eeinträchtigt.
schen N ordseeküste w urde S turm m it
Auch in B elgien wurden zahlreiche Dächer
Windgeschwindigkeiten von 90 bis 115 km/h
abgedeckt und Bäume entwurzelt.
gemessen, in Flensbur
g wur den sogar
120 km/h überschritten. Die höchste Wind-
Vormittags flaute der Wind wieder ab, trotz-
geschwindigkeit wurde mit 163 km/h auf
dem wurden fast überall immer noch Wind-
dem Brocken im Harz registriert.
geschwindigkeiten zwischen 65 und 85
km/h err eicht. Die Niedersch lagsmengen
Obwohl fast ganz Deutschland vom Sturm
blieben insgesamt meist relativ gering, weil
betroffen war , k onzentrierte sich der
die R egengebiete mit etwa 100 km/h o st-
Schwerpunkt des nächtlichen S turms vor
wärts zogen. Am 21. Februar verlagerte sich
allem auf einen Str eifen vom südlichen
DANIELA mit seinem K ern weit er in Rich-
Rheinland bis zum Westerwald, und hierbe-
tung Island, und in Deutschland setzt
sonders auf die Region zwischen Köln und
Wetterberuhigung ein.
Düsseldorf. Die Kölner Feuerwehr musste
34
e
Sturmdokumentation
Bodenkarte
Sturmtief DANIELA
19.02.1997
1 Uhr MEZ
Bodenkarte
Sturmtief DANIELA
20.02.1997
1 Uhr MEZ
Bodenkarte
Sturmtief DANIELA
21.02.1997
1 Uhr MEZ
35
1997
1997
Sturmdokumentation
Maximalböenfeld
36
Sturmtief DANIELA
19.-20.02.1997
Sturmdokumentation
Die Entwicklung der Sturmtiefs
Trotz der hohen Windgeschw indigkeiten
GISELA und HEIDI
entstanden k eine nennenswert en Sach-
(24. bis 26. Februar 1997)
schäden. Jedoch er eigneten si ch etliche
Verkehrsunfälle auf regennassen Fahrbah-
Am 23. und 24. Februar herrschte dankHoch
nen, bei denen eine Person ums Leben kam.
DIETER noch recht trockenes Wetter. Jedoch
Nur vereinzelt wur den Bäume entwurz elt,
kündigte sich das OrkantiefGISELA, das mit
Straßenschilder und Bauzäune umgerissen
seinem Kern noch zwischen Schottland und
sowie Dachziegel h erabgeweht. Während
Island lag und sehr schnell ostwärts zog, mit
sich der Sturm wieder beruhigte, setzten
starkem Wind in Westeuropa an. In England
sich die heftigen Regenfälle die ganze Nacht
hatte d er Wind b ereits S turmstärke. A m
über bis zum 26. Februar fort. Als Folge der
25. Februar lag d as Zentrum von GISELA
teilweise e xtremen N iederschlagsmengen
über dem Skagerrak. Von diesem Wirbel hat-
wurden viele S traßen i m S aargebiet, d em
te sich ein weit eres Randtief abgespalten,
Schwarzwald u nd d em O berrheingebiet
das vom Institut für Meteorologie der Freien
überschwemmt.
Universität Berlin den Namen HEIDI erhielt.
Auf der Bodenkarte des 25. Februar sind im
Viel schlimmer sah die Situation in England
skandinavischen B ereich die dr ei benann-
aus: Der Orkan forderte dort in zwei Tagen
ten Tiefdruckkerne zu erkennen.
elf Todesopfer. Sie kamen bei Verkehrsunfällen, bei denen sintf lutartige R egenfälle
In England hatt e sich zu diesem Zeitpunkt
eine Rolle spielten, ums Leben. Orkanböen
ein stark er Orkan entwick elt. Am Rand
von 120 km/h und mehr
des Tiefdruckwirbels tr aten auch in ganz
allen Landest eilen Bäume u nd z errissen
Deutschland Sturmböen, im Norddeutschen
Oberleitungen. Der Fährverkehr im Ärmel-
Binnenland sogar orkanartige Böen auf .
kanal konnte nur mit Verzögerungen durch-
An einigen Stationen wur
geführt werden. In Nordirland wurden über
den 120 km/h
entwurzelten in
überschritten. Auf der Südseite des Sturm-
100 Met er Gleise von Schlamm massen
wirbels gelangte vorübergehend sehr milde
weggeschwemmt.
Luft s ubtropischen Ursprungs i n d en
größten Teil D eutschlands, wo durch d er
Noch am 26. F ebruar erfolgte eine Wetter-
Temperaturkontrast an der Grenzfläche der
beruhigung, und in de n n ächsten Tagen
verschiedenen L uftmassen e rheblich ver-
setzte sich das Hochdruckgebiet EUGEN
schärft wurde. Der Durchgang der Kaltfront
durch.
zwischen 9 und 10 Uhr morgens wurde von
starkem R egen u nd S turmböen b egleitet,
und i n P otsdam w urde volle O rkanstärke
gemessen. Die höchst e Böenspitz e wur de
mit 175 km/h auf
dem Br ocken im Harz
registriert.
37
1997
1997
Sturmdokumentation
Bodenkarte
GISELA und HEIDI
24.02.1997
1 Uhr MEZ
Bodenkarte
GISELA und HEIDI
25.02.1997
1 Uhr MEZ
Bodenkarte
GISELA und HEIDI
26.02.1997
1 Uhr MEZ
38
Sturmdokumentation
Maximalböenfeld
Sturmtiefs GISELA und HEIDI
24.-25.02.1997
39
1997
1997
Sturmdokumentation
Die Entwicklung des Sturmtiefs SONJA
wie Str om- und Telefonleitungen z erstört.
(27. bis 28. März 1997)
Dadurch kam es zu Unf ällen und B ehinderungen auf Schiene und Straße. In Frankfurt
am Main stürzt en Teile eines gr oßen Ge-
In der Zeit vom 27. bis 29. März bestimmt e
rüstes mor gens um 6 Uhr auf die Oberlei-
der umfassende Tiefdruckwirbel RUTH, der
tung der Straßenbahn. Schließlich forderte
fast un verändert sein Zentrum über Skan-
der Sturm s ogar ein Todesopfer: I n B ran-
dinavien beibehielt, das Wetter in Nordeu-
denburg w urde e ine F rau von e inem
ropa. Das zunächst kleine Randtief SONJA,
umstürzenden Bauwagen erschlagen.
das am Mor gen des 27. März noch vor der
Küste Irlands lag, zog im Verlauf der nächs-
Volle Orkanstärk e e rreichte der Wind mit
ten Tage rasch nach Osten und entwickelte
mehr als 120 km/h in den Kammlagen der
sich dabei selb st zu einem Wirbel. Dieses
Mittelgebirge, wobei auf dem Br ocken im
Tief SONJA, das in derNacht vom 27. aufden
Harz Böen bis 180 km/h gemessen wurden.
28. März die Deutsche Bucht über querte,
Im südlichen Sachsen-An halt gab es Spit-
wurde von einem konzentrierten Sturmfeld
zenwerte von bis zu 146 km/h. Beispielswei-
begleitet, das wenige hundert Kilom
eter
se wur den im Gr oßraum B erlin zule tzt
südlich vom Tief druckkern über Deutsch-
während des Orkans VIVIAN am 26. Februar
land lag. Daher wurden an den Küst en mit
1990 ähnlich stark e Windböen gemes sen
maximalen Windgeschwindigkeiten von 65
(Station B erlin-Dahlem). B egleitet wur den
bis 85 km/h geringer e Windgeschwindig-
die Windböen von schauer artigen Nieder-
keiten gemessen als im norddeutschen Bin-
schlägen, gelegentlich vermischt mit Hagel.
nenland.
Obwohl die Küsten nicht so stark betroffen
40
Betroffen waren vor allem die Bundesländer
waren, gab das Seewetteramt Hamburg für
nordöstlich des Mains. In Mecklenbur
g-
den 28. März eine Sturmflutwarnung für die
Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Berlin, Bran-
gesamte Nor dseeküste her aus. Zu diesem
denburg, Thüringen und Sachsen wur den
Zeitpunkt lag SONJA bereits über Polen
Spitzenböen von 100 km/h u nd mehr be-
und z og am 29. März nach Rus
obachtet. D ort w urden B äume e ntwurzelt,
woraufhin in den folgenden Tagen das Hoch
Dächer abgedeckt und Ampelanlagen so-
MICHAEL wetterbestimmend wurde.
sland ab,
Sturmdokumentation
Bodenkarte
Sturmtief SONJA
27.03.1997
1 Uhr MEZ
Bodenkarte
Sturmtief SONJA
28.03.1997
1 Uhr MEZ
Bodenkarte
Sturmtief SONJA
29.03.1997
1 Uhr MEZ
41
1997
1997
Sturmdokumentation
Maximalböenfeld
42
Sturmtief SONJA
27.-28.03.1997
Sturmdokumentation
Die Entwicklung des Sturmtiefs
sonders i n M ecklenburg-Vorpommern, e in
WALTRAUD
Fortkommen kaum mehr möglich war – die
(11. April 1997)
Sicht betrug teilweise nur noch zwei Meter.
Hier wurden ganze Äcker bei Windstärke 10
Am 10. April sor gten Hoch OLIVER bei den
abgetragen. In Warnemünde wurden große
Britischen Inseln und Hoch NIKKI über dem
Mengen an Sand vom Badestr and in die
Balkan noch für allgemein hohen Luftdruck
Stadtmitte verlagert.
in Europa und fr ühlingshafte T emperaturen. Der Tiefdruckwirbel WALTRAUD, der zu
In Berlin herrschte bei der Feuerwehr Aus-
diesem Zeitpunkt noch
vor der norwe-
nahmezustand. Wegen umgeknickter Bäu-
gischen Westküste lag, zog bis 11. April zum
me und beschädigter Dächer fuhr sie in nur
Baltikum. Durch die außerordentlich starke
einer Stunde 1 20 E insätze. I m s chleswig-
nordwestliche Lufts trömung setzt e sich
holsteinischen Itzehoe kam eine F rau ums
kalte Luft arktischen Ursprungs in ganz Mit-
Leben, die in ihrem Auto von einem entwur-
teleuropa durch.
zelten Baum getr offen wur de. Hamb urg
wurde von heftigen Hagelsch auern über-
Während im Bereich des Hochs OLIVER die
rascht, und auf
Temperaturen i n E ngland, F rankreich u nd
zwischen Dänemark und Südschweden,
Süddeutschland (Oberrhein) auf 20 ºC stie-
wurden Fährlinien eingestellt. Auch in Süd-
gen, sanken sie mit Dur chzug der Kaltfront
deutschland k ehrte der
in Nor dostdeutschland auf etwa 5 ºC und
Bayern erlebte am 11. April einen Tempera-
weniger ab. Es kam zu Gewittern mit Regen-
tursturz von 15 ºC auf
und Graupelschauern. In einem Streifen von
Schneefälle.
der Ostsee, besonders
Winter zurück:
3 ºC und heftige
der Deutschen Bucht bis zur Lausitz traten
orkanartige Böen bis zu 115 km/h auf.
Am 12. April warWALTRAUD, das den Höhepunkt seiner Entwicklung schon err eicht
Im Norden und Ost en Deutschlands wur de
hatte, ber eits über Russland angelangt.
durch d en S turm s o viel S and u nd S taub
Nach k urzem Hochdruck einfluss folgte
aufgewirbelt, d ass i m S traßenverkehr, b e-
erneut ein Vorstoß arktischer Luft.
43
1997
1997
Sturmdokumentation
Bodenkarte
Sturmtief WALTRAUD
10.04.1997
1 Uhr MEZ
Bodenkarte
Sturmtief WALTRAUD
11.04.1997
1 Uhr MEZ
Bodenkarte
Sturmtief WALTRAUD
12.04.1997
1 Uhr MEZ
44
Sturmdokumentation
Maximalböenfeld
Sturmtief WALTRAUD
11.04.1997
45
1997
Witterungsrückblick und Sturmdokumentation des Jahres 1998
1998
Witterungsrückblick
1
Witterungsrückblick 1998
Das Jahr 1998 im Überblick
Januar
Die seit Weihnachten anhaltende westliche
Kurz nach Jahresbeginn überquerten nach-
Strömung führte in derersten Januardekade
einander die Fronten derSturmtiefs DESIREE
kräftige Sturmtiefs über Deutschland hin-
(4. Januar) und FANNY (5. Januar) Deutsch-
weg. Das Tief
land und verursachten typische Sturmschä-
dessen nachfolgendes RandtiefFANNY rich-
den. Noch höher fielen die Schäden aus, die
teten verbreitet Sturmschäden an ( siehe
durch die Sturmtiefs
ELVIRA und FARAH
DESIREE und besonders
Die Entwicklung der
Sturmtiefs DESIREE
am 4. und 5. März in der Mitte und im Süd-
und FANNY). In der zweiten Dekade setzt e
osten Deutschlands angericht et wur den.
frühlingshaft milde Witterung ein, da ein
Der Herbststurm XYLIA (27./28. Okt ober)
Hoch subtropische Meeresluft aus Südwes-
führte ebenfalls verbreitet zu Sturmschäden.
ten nach Deutschland lenkt
Die außer ordentlichen R egenmengen, die
grundlegenden V eränderung der atmo-
dieses Tief mit sich brachte, bildeten den
sphärischen Zirk ulation kam es zu B eginn
mengenmäßigen Höhepunkt der sehr nie-
des letzten Monatsdrittels, als sich ein von
derschlagsreichen Monat e Sept ember und
der Nordsee und Südskandinavien bis nach
Oktober und führten vielerorts in Deutsch-
Südrussland reichendes Hochdruckgebiet
land zu Überschwemmungsschäden.
etablierte, das die Westströmung über Mitteleuropa blockie rte. Es
e. Zu einer
führte sub-
Mit einer mittleren Jahr estemperatur von
polare Festlandsluft aus dem Ost en in die
9,1 °C wares in Deutschland im Jahr1998 um
zentralen Teile Deutschlands, so dass sich
0,8 °C wärmer als das Mitt el der Referenz-
erst jetzt winterliche Kälte ausbreitete.
periode. Im Flächenmittel fielen mit 917 l/m
2
etwa 16 % mehr als im langjährigen Dur chschnitt. Hervorzuheben ist der
Monat Ok -
tober, der mit knapp 300 % der sonst üblichen Niederschläge gebietsweise derbis dahin nasseste seit 100 Jahren war.
Ein absoluter Rekord wurde 1998 für die
globale Mitteltemperatur aufgestellt: Sie lag
um 0,54 °C über dem langjährigen Durchschnitt der klimatologischen V ergleichsperiode 1961 bis 1990. Sogardas Jahr 1997,
das bis dahin wärmst e Jahr, wurde deutlich
übertroffen.
Ein Schlepper kämpft am 05.01.1998 im Hamburger Hafen gegen das vom stürmischen Wind
aufgewühlte Wasser der Elbe (Quelle: dpa).
47
1998
1998
Witterungsrückblick
Durch die Vorherrschaft milder Meeresluft-
( siehe D ie E ntwicklung d er Sturmtiefs
massen fiel der Januar im V ergleich zum
ELVIRA und FARAH). Orkanböen bis 120
langjährigen Mittelwert zu warm aus: nörd-
km/h verursachten in z entralen un d ös tli-
lich der Mittelgebirge sogar um 3 bis 4 °C,
chen Teilen (4. März) sowie in östlichen und
sonst um 2 bis 3 °C. Im norddeutschen Tief-
südöstlichen Teilen Deutschlands (5. März)
land, besonders längs einer Linie Lübeck –
typische Sturmschäden.
Berlin, fielen bis zu 200 % mehr
Nieder-
schlag als im langjährigen Mitt el. In den
westlichen und z entralen Teilen Deutschlands sowie in Bayern war es trockener als
im langjährigen Durchschnitt.
Februar
Die im F ebruar vorherrschende Wetterlage
war durch ein ausgedehnt es, Süddeutschland einbeziehendes Ge biet h ohen Luftdrucks charakterisiert, dem weit im Norden
auf einer Linie Island – Skandina vien eine
verstärkte Aktivität von Tief druckzentren
gegenüberstand. Dur ch die auf den süddeutschen Raum über greifenden Hochdruckgebiete wurden mehrfach milde subtropische Meeresluftmassen herangeführt –
am 2 1. F ebruar stieg d ie Temperatur in
Stuttgart auf 20,7 °C. Auch die Deutschland
Vom Sturm heruntergewehte Dachpappe einer
überstreichenden Tief ausläufer
Lagerhalle in Dortmund am 04.03.1998
führten
eher milde Meer esluft mit sich. Gegen
(Quelle: dpa)
Monatsende st ellte sich eine stürmische
Westströmung ein.
In der zweiten Monatsdekade lag Mitt elAuf Grund der häufigen Hoch drucklagen
europa unter einer Strömung aus Nordwes-
war es in der Monatsbilanz in West- und
ten. Die darin eingelagerten Tiefdruckgebiete
Süddeutschland erheblich zu trocken, in
brachten vor allem dem Nor den und Ost en
Rheinland-Pfalz und im Sa arland sogar in
Deutschlands er giebige Niederschläge;
extremer Weise (17 %). In ganz Deutschland
milde Meeresluftmassen herrschten vor. Der
war es für die Jahreszeit zu warm, nordöst-
Winter meldete sich erst am kalendarischen
lich der Elbe sogar um 5 °C.
Frühlingsbeginn zurück, als es nach einem
Vorstoß kalt er Meeresluft in den Mit telgebirgen und am Alpennor drand zu Schnee-
März
fällen und chaotischen Verkehrsverhältnissen kam. Jedoch wur de es am Monatsende
Die w estliche S trömung d er ersten M ärz-
unter dem Einf luss subtr opischer Luft-
tage führte neben mildersubtropischer Luft
massen aus Süden wieder mild, am 30. März
auch den Sturmwirbel ELVIRA und des sen
wurde in B onn-Friesdorf mit 25,7 °C sogar
stürmisches Randtief
48
FARAH mit sich
ein verfrühter Sommertag registriert.
Witterungsrückblick
Die Vorherrschaft mi lder Meeresluft l ieß
beendet; es kam zu Gewittern mit Hagel und
auch den März in der Monatsbilanz wärmer
Starkregen, die
als der langjährige Dur chschnitt sein – im
Passau Keller überfluteten und den Verkehr
Nordwesten und im Rhein-Main-Gebiet um
lahm legten. Ein derartiger Kaltlufteinbruch
2 °C. In Norddeutschland sowie in den Stau-
ist für diese Zeit de r Eisheiligen typisch.
lagen der Schwäbischen Alb und am Alpen-
Gegen Monatsende löste ein Frontensystem
nordrand war es zu nass, unmittelbar süd-
erneut G ewitter mit S tarkniederschlägen
lich der Mittelgebirgsschwelle zu trocken.
und H agel a us. I n w eiten Teilen D eutsch-
vor allem im Landkr eis
lands w urden S traßen, K eller und S tälle
überflutet.
April
Der Mai fiel gegen über dem langjährigen
Fast der gesamte Monat war durch wechsel-
Mittelwert zu warm aus, um mehrals 2 °C im
haftes Wetter und die Passage von teils nie-
Westen sowie in zentralen Teilen Bayerns, in
derschlagsreichen Tiefdruckausläufern cha-
Sachsen-Anhalt und im südlichen Branden-
rakterisiert. Im ersten Monatsdrittel kam es
burg. Der Monat war in allen Bundesländern
besonders im Nor den und Westen, gegen
zu t rocken, b esonders i m S üdwesten, i n
Ende der zweiten Dekade besonders im We-
Teilen N iedersachsens u nd i n S achsen-
sten, zu er
Anhalt.
giebigem R egen. Am 27.
führte eine Kaltfr ont, die auf eine vortags
eingeflossene subtropische Luftmasse traf,
zu d en e rsten s chweren G ewittern d es
Juni
Jahres mit Starknie derschlägen im RheinMain-Gebiet. K eller und Tiefgaragen stan-
Die für Deutschland wetterwirksamen Tiefs
den unter Wasser.
zogen im Juni im M ittel längs eines Südwest-Nordost-orientierten Streifens v om
In der Monatsbilanz fiel der April gegenüber
Seegebiet westlich von Irland zum Baltikum.
dem langjährigen Mitt el zu warm aus, am
Ihre Tief ausläufer brachten vor allem dem
deutlichsten mit 2 bis 3 °C auf dem Gebiet
Norden Deutschlands häufige Nieder-
der neuen Bundesländer. Mit Ausnahmevon
schläge. In der ersten Dekade wurden dabei
Bayern und Sachsen war es auch zu nas s,
mehrfach auch subtr opische Lu ftmassen
besonders a n d er Nordseeküste u nd i m
herangeführt, so das s am 6. Juni R ekord-
Saarland m it m ehr als 2 00 % d er durch-
werte der Temperatur seit den 50er Jahren
schnittlichen Niederschlagsspende.
gemessen wur den (Mühldorf/In n: 33,5 °C;
Cottbus: 37,2 °C). Abgesehen vom B eginn
der zweiten Monatshälfte, wo Süd- und Mit-
Mai
teldeutschland für wenige Tage unter den
Einfluss eines von West nach Ost wandern-
Während der ersten Maitage ereigneten sich
den Hochdruckgebietes kam, bestimmte ei-
ergiebige Niederschläge, darunter Hagelge-
ne niederschlagsreiche Witterung mit stän-
witter. Gegen Ende des erst en Monatsdrit-
digem Wechsel von Tiefdruckgebieten und
tels kam Deutschland jedoch unter den Ein-
Zwischenhochkeilen die restlichen Tage des
fluss warmer Festlandsluft im Zuge ein er
Monats.
west-ost-gerichteten Hochdruckbrücke, de-
allem die Gewittertage im Juni:
Bemerkenswert
waren
vor
ren Ausbildung für den Monat Mai typisch
ist. Diese sehr warme Phase wur de am 13.
Am 6./7. Juni beendet en frontgebundene
Mai dur ch her angeführte subpolar e Luft
Gewitter mit Starkniedersch lägen, Hagel
49
1998
1998
Witterungsrückblick
(Durchmesser bis 4 cm) und stark en Böen
Wochen Regenwetter. Tatsächlich ist dieses
die v orausgegangene Warmepisode unter
Siebenschläferwetter ein Indik ator für die
subtropischer Luft. W eitere Gewitter mit
Stabilität eines monsunartigen Zirk ulati-
Starkregen gab es zwis chen dem 11 . und
onssystems für Europa, das auf der fort-
16. Juni (V
schreitenden Erwärm ung des K ontinents
erkehrsunterbrechungen im
Rhein-Main-Gebiet) u nd mit besonders
beruht. Insof ern z eigte die feuchte Witte-
schadenintensiver Ausprägung am 22. Juni
rung Ende Juni einen kräftig ausgebildeten
(Starkniederschläge, Hagel, Sturmböen).
europäischen „Sommermonsun“ an.
An diesem Gewittertag entstanden im Vogtland zwei Tornados, die eine 250 Met
er
In der Monatsbilanz war auch der Juni 1998
lange Schneise in einen Wald schlugen. Am
wie die fünf vorausgehenden Monat e des
26. Juni schließlich br achte eine Gewitt er-
Jahres zu warm – südlich der Mittelgebirge
front b esonders i m Sü den D eutschlands
um bis zu 2 °C, nör dlich um bis zu 1 °C.
durch S tarkregen, H agel, S turmböen u nd
Entsprechend den Gr oßwetterlagen war es
Blitzschlag erhebliche Schäden. Im B erch-
im Norden erheblich zu nas s (> 200 %), im
tesgadener Land wurde wegen Sturzflut Ka-
Süden zu trocken (50 bis 100 %).
tastrophenalarm gegeben.
Juli
Zu Monatsbeginn kam mit einernordwestlichen Strömung kühle Meeresluft bis nach
Süddeutschland, eine Kaltfr ont mit heftigen Gewittern, Temperatursturz (um bis zu
10,8 ° C) und Starkniederschlägen brachte
sogar arktische Meeresluft aus dem Nordmeer herbei (7./8. Juli). Die zu Beginn des
zweiten Monatsdritt els sich ausbildende
westliche Strömung führte bereits mildere
Luftmassen heran, doch wurde es erst am
20./21. Juli durch eine tropische Luftmasse aus Nor dafrika richtig warm. Im Süden
und Osten Deutschlands wurden Temperaturen um 38 °C gemes sen (Cottbus-Flughafen: 39,4 °C). Das am 22. Juli nachfolgende Kaltfr ontsystem beendet e mit
Gewittern, die besonders in Bayern (Raum
Ulm) heftig ausfielen, die Hitz e. Auch am
25./27. Juli beendet en schwer e frontDurch eine umgestürzte Eiche zerstörtes Dach
gebundene Gewitter mit (in Bayern)
nach einem Unwetter im Juni 1998
starkem Hagelschlag eine durch subtropi-
(Quelle: C. Weber, Minden)
sche Luftmas sen bestimmt e
vorher-
gehende Warmepisode.
50
Der wechselhaften, nas sen Witterung der
Trotz der Warmepisoden fiel die Monats-
Siebenschläferzeit in der letzten Juniwoche
bilanz auf Grund des
folgen nach der
Einflusses derTiefausläufer um 1 °C zu kalt
Bauernregel weit ere
vorherrschenden
Witterungsrückblick
aus. Die Niederschlagsbilanz ließ
vor
September
allem im Westen und Süden Deutschlands
sowie im Westen Mecklenbur g-Vorpom-
Im Sept ember wurde der Niederschlagsü-
merns und in Sachsen-An
berschuss weiter verstärkt. Da die La-Niña-
halt Defizit e
erkennen (70 bis 80 %), im Nor dwesten,
Episode die Hurrikan-Aktivität über
im Osten der neuen Bundesländer und in
südwestlichen Nordatlantik stimulierte,
den Mittelgebirgsregionen jedoch mode-
waren unt er den r egenreichen Tiefdruck-
rate Überschüsse (bis 140 %).
wirbeln im Sept ember einige eh emalige
dem
Hurrikane. Sie enthielten in ihren Warmsektoren sehr feuchte tropische Warmluft und
August
damit viel Niederschlag. Die erst e Serie
solcher ehemaliger tropischer Wirbelstürme
Kaltfrontpassagen löst en zu Monatsbe-
(BONNIE, DANIELLE, EARL) brachte Deutsch-
ginn vor allem in Bayern (2. August) und
land i n d er ersten S eptemberdekade t eils
Sachsen (3. August) Starknieder schläge
ergiebige Niederschläge. Zur Monatsmitte
aus. Die meist e Zeit über verlief die P o-
überzog ein Tiefdrucksystem sowohl die
larfront in gr ober West-Ost-Orientierung
neuen B undesländer als a uch d en S üden
über das nör dliche Mitt eleuropa hinweg,
und den Südwest en Deutschlands mit an-
so das s der Süden Deutschlands unt er
haltendem R egen, in B elgien un d Holland
dem Einf luss subtr opischer Luftmassen
traten n ach S tarkniederschlägen m ehrere
gebietsweise zu trocken und auch zu warm
Flüsse ü ber die U fer. G egen M onatsende
war. Über dem Norden Deutschlands, der
waren es der Wirbel PAMELA und der ehe-
häufig kühlen subpolaren Luftmassen aus-
malige Tropensturm KARL, die viel Regen
gesetzt war , br achten die Tiefausläufer
nach Deutschland führten.
einen moder aten Niederschlagsüberschuss in zentralen Teilen Niedersachsens,
Den gr ößten Überschus s gegenüber dem
Schleswig-Holsteins, Mecklenbur g-Vor-
langjährigen Mitt el der Septembernieder-
pommerns und in nördlichen Teilen Bran-
schläge wies zu Monatsende ein br eites
denburgs. B esonders die erst en stürmi-
Band auf , das diagonal von Holland und
schen Wirbel der zweiten Jahreshälfte am
Belgien über das mittlere Deutschland bis
21. und 24. August, die eine Witterung
zum Bayerischen Wald verlief. Hier wurden
vorwegnahmen, die meist er st im letzt en
mehr als 200 %, stellenweise mehr als
Septemberdrittel einsetzt, brachten reich-
300 % des langjährigen Monatsmitt els ge-
liche Niederschläge. Am 26. August kam
messen. E ntsprechend fiel d er September
es im Zusammenhang mit Hagelgewittern
bei der Temperaturbilanz im Mittelgebirgs-
bei Gotha auch zur
raum und auch im Süden geringfügig zu kalt
Entstehung eines
Tornados.
aus, im Nor den lagen die
Temperaturen
geringfügig über dem Durchschnitt.
In der Monatsbilanz wirkte sich die Nähe
der Polarfront über dem Norden Deutschlands in einem Temperaturdefizit von bis
Oktober
zu 1,2 °C gegenüberdem langjährigen Mittelwert aus. Entsprechend ergaben sich für
Die aus dem Sept
dieses Gebiet auch moder
ate Nieder-
gonale Bandstruktur der weit über dem
schlagsüberschüsse. In Süddeutschland
langjährigen Monatsmittel liegenden Nieder-
standen ihnen t eils deutliche Defizit e
schlagssummen ließ sich mit noch höheren
(minimal 30 %) gegenüber.
Abweichungen, bis 500 %, auch im Oktober
ember bekannte dia-
51
1998
1998
Witterungsrückblick
erkennen. Zusätzlich waren aber auch im
führten am 12. Okt
Osten und im Südwesten Deutschlands ähn-
diagonalen Band von Nor drhein-Westfalen
lich hohe Überschr eitungen bis 400 % zu
bis Franken zu stellenweise höheren Nieder-
verzeichnen. Vieler orts verzeichnete man
schlagssummen. Am 13. Okt ober wurden
den niederschlagsr eichsten Okt ober seit
durch einen kleinen Tornado in Roxel/Müns-
über 100 Jahr en. Die Hauptmas se dieser
ter Schäden verursacht. Unter dem kräftigen
Niederschläge fiel in den letzt en Okt ober-
Wirbel VALERIE wur de am 23. Okt
tagen. In derersten Monatsdekade brachten
Warmluft subtropischer Herkunft gehoben,
vor allem wieder
und es kam entlang derMittelgebirge zu Nie-
ehemalige tr opische
Stürme gebietsweise er
ober
in einem
ober
giebigen R egen
derschlägen. Ende Oktober schließlich folg-
nach Deutschland (1. Oktober KARL, 7./8. Ok-
te eine K ette sehr niederschlagsreicher Er-
tober JEANNE). Gewitter und Regenschauer
eignisse: Der Sturmwirbel WINNIE brachte in
der Nacht zum 25. besonders im Südwes-ten
und in den Mittelgebirgsregionen große Regenmengen (Freudenstadt/Schwarzwald: 64
l/m2 in 24 Stunden; Neuhaus am R ennweg:
40 l/m2 in 24 Stunden). Den Höhepunkt der
Regenmengen über Deutschland löst e der
Herbststurm XYLIA (27./28. Oktober) aus,
der
auch v
erbreitet
Sturmschäden
anrichtete ( siehe Die Entwicklung des
Sturmtiefs XYLIA). Deutschland wur de von
Norden nach Süden fortschreitend von ergiebigem und starkem Regen überdeckt, besonders in den Staulagen der Mittelgebirge.
Im Münst erland, östlichen Niedersachsen
und Harz fielen gebietsweise 60 bis 70 l/ m2
Hochwasser an der Oos in Baden-Baden infolge
innerhalb von 24 Stunden, in Teilen Frankens
des Sturmtiefs XYLIA Ende Oktober 1998
und der Oberpfalz mehr als 50 l/m2, in Baden-
(Quelle: B. Wagner, Baden-Baden)
Baden der Spitzenwert von 131 l/m2.
1998
Stündliche Niederschläge Baden-Baden-Geroldsau und Abfluss der Oos
Niederschlagshöhen [ l/m2]
Abfluss [m3/s]
25
100
90
20
80
70
15
60
50
10
40
30
5
20
10
0
0
0
2
Uhrzeit
4
6
8
10
12
28.10
14
16
18
20
22
0
2
4
6
8
10
12
29.10
14
16
18
20
22
0
2
4
6
8
30.10
(Datenbasis: HVZ 1998)
52
Witterungsrückblick
Bedingt dur ch die ber eits seit Sept ember
hinaus. Nach einerTauwetterepisode regene-
großflächig nieder gegangenen hohen Nie-
rierte sich die Ostlage wieder zum Monats-
derschlagsmengen war en die Böden in
ende. Auch diese Ostlage – oft
Deutschland großenteils wassergesättigt und
das zweit e Dez emberdrittel – kam um dr ei
damit im Zustand einer„Quasiversiegelung“.
Wochen zu früh.
typisch für
Die Folge war, dass die Niederschlagsspitzen
von XYLIA ohne Zwischenspeicherung im
In der Monatsbilanz fiel der November um
Boden unmittelbar in den Oberflächenabfluss
2 bis 4 °C zu kalt aus. Entlang eines Diagonal-
gelangten und verbreitet Sturzf luten sowie
streifens vom westlichen Nieder
den Ablauf von Hochwas serwellen in allen
bis ins z entrale und östliche Süddeutsch-
größeren deutschen Flüs
land wurden moderat überdurchschnittliche
sen und der
en
Zuflüssen auslösten (DEUTSCHE RÜCK 1998).
sachsen
Niederschlagsmengen registriert.
Besonders brisant war die Situation in BadenBaden. Die stark en Niederschläge führten
dort zu einem st eilen Anstieg des Abf lusses
Dezember
der Oos. Die F olge war en stark e Überschwemmungen. In derTiefgarage des Hotels
Im erst en Monatsdritt el herrscht en in
Badischer Hof versanken etwa 60 Aut
os
Deutschland tiefe Temperaturen vor, zunächst
und unzählige K eller mussten ausgepumpt
bedingt dur ch die F ortsetzung der Ostlage
werden.
von Ende November, anschließend auf Grund
eines Tiefdruckwirbels über der Ostsee, auf
dessen Rückseite arktische Luft heranström-
November
te. Kräftige Schneefälle hatten eine geschlossene Schneedecke mit der Folge zahlreicher
Zu Monatsbeginn br achte im Rahmen einer
Verkehrsunfälle herbeigeführt. Im zweit en
lebhaften westlichen Strömung zunächst der
Monatsdrittel kamen mildere atlantische, zur
Wirbel YAMURA den Mitt elgebirgsregionen
Monatsmitte sogar subtropische Luftmassen
starken Regen, so das s die Hochwas serlage
nach Deutschland und ließen den Schneever-
von Ende Oktober noch beunruhigend blieb.
schwinden. Sturmböenf elder waren in die
YAMURA bildete am 1. November über Sach-
westliche Strömung eingelagert (13. Dezem-
sen, Thüringen und Ostba yern auch ein be-
ber). Gegen Ende der zweiten Dekade fielen
grenztes Sturmböenfeld aus. Dernachfolgen-
die Temperaturen wieder aufgrund der her-
de Wirbel brachte am 3. November vor allem
angeführten kalten Meeresluft; Eisglätte führ-
dem Schwarzwald Starkniederschläge, erst ab
te verbreitet zu Verkehrsunfällen. Über die
dem 4. November entspannte sich die Hoch-
Weihnachtsfeiertage dr ang erneut milder e
wasserlage. Eine durchgreifende Änderung
und schließlich subtr opische Meeresluft mit
der vorherrschenden westlichen Str ömung
freundlicher Witterung nach Deutschlandvor.
erfolgte ab Monatsmitt e, indem ein von der
Biskaya bis Ostgrönland reichendes Hoch die
In der Monatsbilanz wies nur der äußerste
westliche Strömung blockierte und die Tief-
Nordosten Deutschlands leicht negativeTem-
druckgebiete auf eine Bahn nach Süd- und
peraturabweichungen auf , im gr ößten Teil
Osteuropa abdrängte. Entlang der Ostflanke
Deutschlands gab es leic ht po sitive Ab wei-
dieses Hochs flossen ab 18. November hoch-
chungen bis 1 °C. Die Niederschläge fielen,
reichende arktische Luftmas
abgesehen von einem schmalen küstennahen
sen nach
Deutschland, ab 21. No vember wehte von
Streifen vom nördlichen Niedersachsen bis in
Osten k ontinentale Kaltluft her an. Die Mit-
das nör dliche Mecklenbur g-Vorpommern,
tagstemperaturen kamen nicht über
fast landesweit unterdurchschnittlich aus.
-5 °C
53
1998
1998
Sturmdokumentation
2
Sturmdokumentation 1998
Die Entwicklung der Sturmtiefs
Solche Windwerte wur den bei
DESIREE und FANNY
nur vereinzelt, besonders in exponierten
(3. bis 5. Januar 1998)
Höhenlagen gemessen.
Zum Jahr eswechsel herrscht e in Deutsch-
Das Schadenausmaß hielt sich in Deutsch-
land noch eine ruhige Westwetterlage mit
land in Grenzen: Herabgefallene Ziegel und
recht milden Temperaturen vor. Doch bereits
umgestürzte Bäume richt eten die Haupt-
ab 2. Januar wurde Westeuropa von einer
schäden an. In Düren wurde das Dach eines
Reihe von Sturmtiefs heimgesucht, die den
Kindergartens komplett abgehoben, und an
Kontinent fast im 24-Stunden-Rhythmus
einer Autobahnraststätte bei Osnabrü ck
trafen. S o n ahmen d ie Tiefdruckwirbel
flogen mobile Toilettenhäuschen durch die
ESTHER, DESIREE, FANNY, GRA CE und
Luft.
DESIREE
HETTY bis zum 6. Januar alle einen ähnlichen Verlauf von der Küste Neufundlan ds
Für die großen Schäden in der Bretagne, Sü-
über Irland nach Skandinavien. Verantwort-
dengland und Wales war vor allem
lich für Ihre En tstehung wa r die ä ußerst
REE
kalte L uftmasse ü ber Kanada, d ie d ort z u
Etliche Häuser wurden an derfranzösischen
Eisregen u nd d em Z usammenbruch d er
Atlantikküste starkbeschädigt, und zeitwei-
Versorgungslage um die Städte Montreal
lig waren eine halbe Million Menschen ohne
und Ottawa führte, und die relativ milde Luft
Heizung, warmes Wasser und Elektrizität,
über dem noch verhältnismäßig warmen
weil Hochspannungs leitungen beschädigt
Atlantik. Dort nahmen die Wirbel jene Ener-
wurden. In Südengland und in Wales traten
gie auf, die nötig ist, um Windgeschwindig-
Flüsse über ihre Ufer und schwemmten Au-
keiten in Orkanstärke zu erzeugen.
tos mit sich. Auch an der spanischen
(3./4.
Januar) v
DESI-
erantwortlich.
At-
lantikküste und im westlichen Mit telmeer
Sowohl aus Sicht der gemessenen Spitzen-
entstand hoher Schaden.
böen der Windgeschwindigkeit als auch der
entstandenen Schäden war
Deutschland
Nach dieser Serie von Stürmen beru higte
von DESIREE (4. Januar) etwas wenigerstark
sich das Wetter in Deutschland wieder, denn
betroffen als v on FANNY (5. Januar). Die
ab dem 7. Januar setzte sich zunehmend der
Windfelder beider Stürme überdeckten fast
Einfluss des Hochs BERNHARD dur ch, das
ganz Deutschland mit nahezu gleich blei-
mit seinem Kern von Spanien zu den Alpen
benden Windgeschwindigkeiten mit Spit-
zog und subtr opische Luft aus Nor dafrika
zenböen von 65 und 85 km/h. In Baden,
nach Deutschland brachte, so dass die
Sachsen und Mecklenbur
Temperaturen örtlich auf
g-Vorpommern
wurden dur ch FANNY teilweise aber auch
Spitzenböen bis zu 115 km/h err
54
eicht.
anstiegen.
bis z u 13 °C
Sturmdokumentation
Bodenkarte
DESIREE UND FANNY
03.01.1998
1 Uhr MEZ
Bodenkarte
DESIREE UND FANNY
04.01.1998
1 Uhr MEZ
Bodenkarte
DESIREE UND FANNY
05.01.1998
1 Uhr MEZ
55
1998
1998
Sturmdokumentation
Maximalböenfeld
56
Sturmtiefs DESIREE und FANNY
03.-05.01.1998
Sturmdokumentation
Die Entwicklung der Sturmtiefs
lust pr allten etwa 50 F ahrzeuge auf einan-
ELVIRA und FARAH
der. In allen oben genannten Gebieten kam
(4. bis 5. März 1998)
es zu den bei Sturm üblichen Schäden wie
abgedeckte Dächer und umherf liegende
In Mitteleuropa und großen Teilen Osteu-
Ziegel, umgeknickte Bäume und B eschädi-
ropas herrscht e am 3. März dank
der
gungen a n H ochspannungsleitungen. E s
Wetterfronten des Tiefs DAGMAR, das über
gab j edoch au ch schlimmere F olgen d es
Dänemark lag und sc
hnell unt er Ab-
Sturmes: I n O stthüringen s tarb e in L KW-
schwächung zum Baltikum zog, trübes reg-
Fahrer, weil sein Fahrzeug von Böen umge-
nerisches Wetter mit mäßigem Wind. Am 4.
rissen wur de, und in Dülmen im Münst er-
März
land wurde ein Schulbus mit 18 Kindern in
floss
an d er
Warmfront des
nachrückenden Sturmtiefs ELVIRA sehr mil-
den Straßengraben gedrängt.
de subtropische Meeresluft nach und brachte in Nor d- und Mitt eldeutschland stark e
Südlich v on ELVIRA wurde a m 4 . M ärz e in
Niederschläge und einen
frühlingshaften
Randtief namens FARAH unter erheblicher
Anstieg der Temperaturen auf bis zu 20 °C.
Verstärkung überEngland hinweg nach Nordosten geführt. Dessen Kaltfront überquer-
Mit diesem Sekt or sehr warmer Luft wehte
te in der Nacht zum 5. März Deutschland,
ein stark er Sturm über Mitteldeutschland.
wobei
So wur den am Ostr and des Harz es Orkan-
Temperaturrückgang kam und aufgrund
böen von über 120 km/h r egistriert (stark
der starken Temperaturdifferenzen wieder
böiger Föhn bei westlicher Anströmung im
Sturmböen r egistriert wur den. B etroffen
Lee des Harzes). Besonders betroffen waren
waren wieder
das Rheinland, Rhein hessen, die Mitt elge-
deutschland sowie Sachsen. Hinzu kamen
birgslagen von Hessen und Thüringen sowie
diesmal noch Bayern und Baden-Württ em-
die Schwäbische Alb und der Schwarzwald.
berg, die am v orherigen Tage v erschont
Mit Ausnahme eines Streifens von Berlin bis
geblieben w aren. I nsgesamt b erichtet d ie
Magdeburg traten auch in Ostdeutschland
Presse von Schäden in Millionenhöhe.
es
zu
einem
empfindlichen
Rheinhessen u nd Mitt el-
hohe Windgeschwindigkeiten auf , die sich
in Sachsen zu voller Orkanstärke entf alte-
In derweiteren Entwicklung zog FARAH sehr
ten.
schnell über das Baltik um ab, währ end
ELVIRA sich unter Auflösung zum Nordmeer
Rheinhessen erlebte starke Orkanböen, die
bewegte. Aller dings bedeutete dies noch
dort starke Sandaufwirbelungen mit ansch-
keine Wetterberuhigung, denn infolge wei-
ließendem Serienunfall auf der Autobahn
terer Tiefdruckgebiete hielt das windige
bei Mainz verursachten. Wegen sehr plötzli-
Schauerwetter noch bis zum 8. März an.
chem und nahezu vollständigem Sichtv er-
57
1998
1998
Sturmdokumentation
Bodenkarte
ELVIRA und FARAH
03.03.1998
1 Uhr MEZ
Bodenkarte
ELVIRA und FARAH
04.03.1998
1 Uhr MEZ
Bodenkarte
ELVIRA und FARAH
05.03.1998
1 Uhr MEZ
58
Sturmdokumentation
Maximalböenfeld
Sturmtiefs ELVIRA und FARAH
04.-05.03.1998
59
1998
1998
Sturmdokumentation
Die Entwicklung des Sturmtiefs XYLIA
Im Anschlus s an die zugehörigen F ronten
(27. bis 29. Oktober 1998)
des Teiltiefs T2 verlagerte sich im Laufe des
28. und 29. Okt
ober die Warm- und
Am 24. Oktober waren die Sturmböen und
Kaltfrontwelle T3 mit r
das br eite Wolkenband des
Geschwindigkeit über Deutschland hinweg.
Tiefdruck-
elativ geringer
wirbels WINNIE über die Britischen Inseln
hinweggefegt, wobei im Südwest en Eng-
Die fortgesetzten Starkniederschläge, be-
lands und in Wales schwere Überschwem-
sonders in den Staulagen der
mungen verursacht wur den. Auch über
gebirge, k onnten auf grund des ber eits
Deutschland br achte WINNIE am 24. und
stark wassergesättigten B odens kaum
25. Okt ober kräftige Böen und er giebige
versickern und gelangten somit ohne Zwi-
Niederschläge, jedoch wur
schenspeicherung in die Wasserläufe. Aus
den k eine
größeren Schäden bekannt.
flachen Bächen wur
Mittel-
den innerhalb
von Stunden r eißende Str öme. Sehr stark
Am 27. Okt ober hatte sich über
dem
betroffen war
der Südwesten, wo in
Atlantik ein weit eres Syst em von Wirbeln
Geroldsau/Baden-Baden innerhalb von 24
und zugehörigen Fronten, XYLIA, ent-
Stunden 131 l/m2 fielen.
wickelt ( siehe Bodenkarte vom 27.Oktober), das in der Folge vom östlichen Nor-
Die Hauptursache für die stark en Böen
datlantik auf Mitteleuropa über griff. Die
und die gr oßen Niederschlagsmengen, die
dem Teiltief T2 angeschlossenen Warm-
XYLIA über Deutschland brachte, lag in dem
und Kaltfr onten über querten ab den Mit-
ausgeprägten Luftmassenkontrast an ihrem
tagsstunden bis zum
folgenden Mor gen
Frontensystem. An dessen Südflanke wurde
Deutschland und br achten flächig sehr er-
feuchte und relativ warme Luft subtropi-
giebigen und an haltenden R egen. In der
schen Ur sprungs h erangeführt und über
Nacht zum 28. Oktober hatte sich der Luft-
schwerere, subpolar e Luft gehoben. Aus
druck des Hauptwirbels T1, der inzwischen
kondensierender Feuchtigkeit wurde pras-
zum südlichen Nordmeer gezogen war, im
selnder Regen. Der große Temperaturun-
Kern auf unter 960 hPa vertieft. Sturm aus
terschied (in Garmisch-P artenkirchen vor
West bis Nor dwest über Nord- und Ostsee
der Kaltfrontpassage 20 °C, danach 8 °C)
sowie über Norddeutschland war die Folge.
trieb die Winde an, die Entstehung frontaler
Im Laufe des Tages wurden auch die mittle-
Wellen (T2, T3) verlangsamte die Verlage-
ren Teile Deutschlands sowie der Süden von
rung des Frontensystems nach Südosten.
den Starkböen erf asst, die hier vor allem
aus südwestlichen Richtungen wehten und
vielerorts Spitzengeschwindigkeiten v on
mehr als 100 km/h erreichten.
60
Sturmdokumentation
Bodenkarte
Sturmtief XYLIA
27.10.1998
1 Uhr MEZ
Bodenkarte
Sturmtief XYLIA
28.10.1998
1 Uhr MEZ
Bodenkarte
Sturmtief XYLIA
29.10.1998
1 Uhr MEZ
61
1998
1998
Sturmdokumentation
Die orkanartigen Böen von XYLIA, die ihren
29. Oktober im fränkischen Miltenberg und
Höhepunkt am 28. Okt
ober erreichten,
in Baden-Baden ausgelöst. In derbadischen
entwurzelten in ganz Deutschland Bäume,
Kurstadt hatten sich die Bäche Oos und
deckten Dächer ab, z errissen Überland-
Grobbach i n r eißende F lüsse verwandelt,
leitungen, kippten Baugerüste. Der Verkehr
so d ass Dr eiviertel d er Innenstadt u nter
auf Schiene und Str aße war
Wasser gesetzt und selb st geparkte Autos
strecken-
weise dur ch abgeris sene Oberleitungen
verfrachtet w urden. E iner von zw ölf Erd-
(z. B. zwischen Hambur g und B erlin) b zw.
rutschen im badischen Bühlertal zerstörte in
abgerissene Äste (z. B. in Mecklenburg-Vor-
der Nacht zum 28. Oktober ein Einfamilien-
pommern) stark beeinträchtigt. In Thürin-
haus. Die mit XYLIA verbundenen i nten-
gen starb ein Lastwagenfahrer wegen eines
siven Niederschläge verursachten in den
Baumes, der auf das F ahrzeug geworf en
Folgetagen den Ablauf
wurde; andernorts beschädigt en auf ge-
wellen in den Flüs sen Main, Mosel, Rhein
wirbelte Baust ellenteile F ahrzeuge (Aut o-
sowie in der en Zuf lüssen (D EUTSCHE RÜCK
bahn A2). Das in der
1998).
Presse häufig als
von H ochwasser-
„Regensturm“ charakterisierte Ereignis verursachte an vielen Ort en Sturzf luten und
Der auf XYLIA folgende Tiefdruckwirbel YA-
den damit verbundenen V erkehrskollaps
MURA bildete in derzweiten Tageshälfte des
(z. B. Marne und Lübeck
in Schleswig-
1. November über Sachsen, Thüringen und
Holstein, Teile Hambur gs, Bad Ganders-
Ostbayern ein begr enztes Sturmf eld mit
heim in Niedersachsen, Gemeinden im
Spitzenböen von 118 km/h (Chemnitz) aus.
Gebiet Karlsruhe).
Allerdings wurden keine größeren Schäden
bekannt.
In Itzehoe (Schleswig-Holstein) drückten die
Wassermassen das Flachdach eines Supermarktes ein. Katastr ophenalarm wurde am
62
Sturmdokumentation
Maximalböenfeld
Sturmtief XYLIA
27. - 29.10.1998
63
1998
Witterungsrückblick und Sturmdokumentation des Jahres 1999
1999
Witterungsrückblick
1
Witterungsrückblick 1999
Das Jahr 1999 im Überblick
Jahr seit 1860 und liegt, wie die drei noch
wärmeren Jahre, in einem Cluster am Ende
des 20. Jahrhunderts. Der in dieser Tatsache
ANATOL und LOTHAR – 1999 war das Jahr
manifeste Temperaturtrend wird von vielen
der extremen Sturmereignisse. Während
seriösen Forschern ursächlich mit der an-
ANATOL am 3./4. Dezember in den deutschen
thropogenen Emission von Treibhausgasen
Küstenländern starke Schäden verursachte,
(besonders CO2) in Verbindung gebracht.
führte der Orkan LOTHAR am 26. Dezember
im Südwesten Deutschlands zu katastrophalen Verwüstungen. Für die europäische Asse-
Januar
kuranz waren die Schäden durch LOTHAR
und das nachfolgende Orkantief MARTIN
Zu Beginn des neuen Jahres dauerte der
(27. Dezember) die höchsten seit der Winter-
seit Weihnachten 1998 vorherrschende Ein-
sturmserie 1990. Es waren aber nicht die
fluss subtropischer Luftmassen weiterhin an,
einzigen schwerwiegenden Naturgefahren-
wurde aber allmählich durch eine zuneh-
ereignisse des Jahres 1999: Am 4./5. Februar
mend windige und wechselhafte Westwetter-
überdeckte das Windfeld des Sturmtiefs
lage verdrängt. Diese war fast den gesamten
LARA ganz Deutschland und sorgte für Schä-
Monat bestimmend und führte dazu, dass der
den. Das Pfingsthochwasser zu Beginn der
Januar sehr mild ausfiel. Im Vergleich zum
dritten Maidekade verursachte schwere
langjährigen Mittel lag die Temperatur ver-
Überschwemmungsschäden vor allem an der
breitet um 3 bis 4 °C zu hoch, wobei die
Donau und ihren südlichen Zuflüssen.
höchsten Temperaturen in der ersten Woche
Gewitter am 2. Juni und in der ersten Ju-
erreicht wurden.
lihälfte führten vor allem in Süddeutschland
In der Monatsmitte kam es in Deutschland zu
zu erheblichen Schäden.
starken Niederschlägen, zum Teil als Schnee,
Die mittlere Jahrestemperatur betrug 1999
wobei am 14./15. Januar in Niedersachsen
in Deutschland ca. 9,6 °C und lag damit
und an der mittleren Elbe Hagelnieder-
etwa 1,25 °C über der Temperatur des
schläge mit Korngrößen bis zu 2 cm auftra-
langjährigen Mittels. Außer den Monaten Ju-
ten. Erst gegen Monatsende drehte der Wind
ni und Oktober, im Süden auch Februar und
zunehmend auf nördliche Richtungen, und
November, waren alle anderen Monate
es strömte extrem kalte arktische Luft heran,
wärmer als normal. Im Gegensatz dazu war
die zum Einbruch des Winters in den Mittel-
2
die mittlere Niederschlagshöhe mit 837 l/m
gebirgen, den Alpen und zum Teil im Flach-
eher durchschnittlich.
land führte.
Die über die gesamte Erdoberfläche ge-mittelte Durchschnittstemperatur des Jahres
Februar
1999 lag um ca. 0,3 °C über dem Durchschnitt
der Klimavergleichsperiode 1961 bis 1990.
Das kalte Wetter der letzten Januar- und
Damit war 1999 das bis dahin viertwärmste
ersten Februartage wurde zu Monatsbeginn
65
1999
1999
Witterungsrückblick
durch milde Meeresluft aus Nordwesten
Wesentlichen bis zum Beginn der zweiten
beendet. In den Alpen kam es zu starken
Dekade an. Mit auffrischendem Ostwind
Schneefällen und Lawinenabgängen, die
setzte sich jedoch gegen Monatsmitte
am 4. Februar in Teilen Bayerns schwere
die Zufuhr kalter Festlandsluft von Osten
Verwüstungen anrichteten. Ursache für
in ganz Deutschland durch.
die Witterungsänderung war das Sturmtief LARA, das vom Nordatlantik nach
Ab 19. März veränderte sich die Wetter-
Skandinavien zog ( siehe Die Entwick-
lage in Deutschland erneut, und es
lung des Sturmtiefs LARA). Dieses Tief
wurden wieder nordatlantische Systeme
verursachte in der Bundesrepublik am
bestimmend. Hierdurch kam es in der
4./5. Februar einen schweren Sturm mit
dritten Dekade insbesondere im Süden
Orkanböen, der stellenweise mit schwe-
Deutschlands wiederholt zu Gewittern,
ren Schäden einherging. In der Nordsee
zum Teil mit Hagel. Aufgrund eines nächt-
gerieten einige Schiffe in Seenot, und in
lichen Gewitters mussten in Teilen Süd-
Hamburg wurde der Hochwasserstand des
hessens am 27./28. März Straßen wegen
Sturmflutjahres 1962 erreicht. Aufgrund
Überflutung und umgestürzter Bäume ge-
der erhöhten Deiche blieben die Schäden
sperrt werden. Gegen Monatsende waren
aber begrenzt.
subtropische
Warmluftvorstöße
dafür
verantwortlich, dass stellenweise MaxiNach einer zwischenzeitlichen Kaltluft-
maltemperaturen von über 20 °C erreicht
phase verursachte der häufige Wechsel
wurden. Insgesamt war der März um ca.
milder und kalter Luftmassen in der zwei-
2 °C wärmer als das vieljährige Mittel.
ten Monatshälfte wiederholt ergiebige
Niederschläge, vor allem in den Mittelgebirgen und den Alpen. Auf Norderney
April
beschädigte am 16. Januar ein Tornado 25
Wohnhäuser und eine Schule und verur-
Deutschland lag Anfang April an der Süd-
sachte dabei Schäden in Millionenhöhe.
flanke eines skandinavischen Hochs im
Zustrom warmer Festlandsluft, die zu früh-
Die niederschlagsreiche Witterung wurde
lingshaften Temperaturen führte. An-
gegen Monatsende unterbrochen, und es
schließend wurde das Bundesgebiet von
setzten sich vorübergehend sehr milde
mehreren Tiefdruckausläufern aus nord-
subtropische Luftmassen von Südwesten
westlicher Richtung überquert. Nach dem
her durch. In den Alpen verursachten
14. April gelangte Deutschland sukzessive
Lawinenabgänge im Februar 1999 Schä-
unter den Einfluss subpolarer und arkti-
den in dreistelliger Millionenhöhe und
scher Kaltluft. Ein sich von Italien nord-
forderten zahlreiche Menschenleben.
wärts verlagerndes Tief brachte Schnee
und Glatteis in weite Teile Deutschlands
mit der Folge zahlreicher Verkehrsunfälle
März
und
erhöhter
alpiner
Lawinengefahr
(16. bis 20. April). Im letzten Monatsdrittel
66
Auch im März setzte sich die milde Witte-
kam es in labil geschichteten Luftmassen
rung mit Tauwetter und starkem Regen
zwischen dem 22. und 26. April zu Ge-
fort. Diese Bedingungen führten am 3.
wittern, gebietsweise mit Hagel bis zu
März in Thüringen zu einem Hochwasser-
3 cm Korngröße. Sie bewirkten im Osten
ereignis, bei dem Straßen und Keller über-
Deutschlands zum Teil Blütenschäden an
flutet wurden. Die Westwetterlage hielt im
Obst- und Gartenkulturen.
Witterungsrückblick
Mai
1999
gelegen hatte. Zusammen mit der gleichzeitigen Schneeschmelze in den Alpen
Die bemerkenswerten Regenfronten, die
verursachten die Niederschläge katastro-
Deutschland von West nach Ost zwischen
phale Überschwemmungen am Bodensee
dem 5. und 8. Mai überquerten, folgten an
sowie im Bereich der Donau und ihrer süd-
der Südwestflanke eines von Mitteleuropa
lichen Zuflüsse (DEUTSCHE RÜCK 1999). Die
bis nach Grönland ausgedehnten Hoch-
Höchststände der Pegel wurden am 24. Mai
druckkeils, der sich langsam ostwärts ver-
erreicht. Die Schäden beliefen sich in
lagerte. Im süddeutschen Raum brachten
Bayern und Baden-Württemberg auf rund
zwischen dem 10. und 15. mehrere Wellen-
500 Mio. € (MÜLLER 2000).
Verteilung der im Mai
1999 gemessenen Niederschlagshöhen im südlichen Bayern und
in Baden-Württemberg
(Datenbasis: DWD,
Witterungsreport
Daten, Mai 1999)
tiefs, die sich längs der über dem Alpenbogen schleifenden Front nach Osten verlagerten, intensive Niederschlagsmengen
mit Hochwasserabflüssen in den südlichen
Donauzuflüssen und am Oberrhein. Die
nach diesen Ereignissen quasi wassergesättigten Böden waren nicht mehr in der
Lage, die zu Beginn der dritten Monatsdekade südlich der Donau auftretenden
Starkniederschläge aufzunehmen. Diese
wurden durch das Niederschlagsband eines
mehrkernigen Tiefs hervorgerufen, das
Überschwemmungen durch das Pfingsthoch-
mehr als einen Tag lang (20. bis 22. Mai)
wasser im Mai 1999 in Neustadt an der Donau
über dem Südosten Deutschlands ortsfest
(Quelle: R. Pritsch, www.keh.net)
67
1999
Witterungsrückblick
An den letzten Maitagen herrschte in
wirksam, dessen Frontensysteme Deutsch-
Deutschland überwiegend Hochdruckein-
land in rascher Folge überquerten. Hier-
fluss, der die erste sommerliche Witte-
durch kam es zu einem häufigen Wechsel
rungsperiode einleitete. In den subtropi-
grönländischer Polarluft, mäßig warmer
schen Luftmassen wurden einige Gewitter
Meeresluft und atlantischer Tropikluft, der
ausgelöst. Das hessische Gebiet im Süden
verbreitet zu Regen führte.
der Wetterau wurde von Starkniederschlägen heimgesucht, die Überschwemmungen und Schlammfluten zur Folge
Juli bis September
hatten. Am 29./30. Mai traten im Rheinland
starke Hagelschläge auf.
Zu Beginn des Juli lag Deutschland weiterhin im Einflussbereich atlantischer Tiefdruckgebiete. Im Zuge einer Kaltfrontpas-
Juni
sage traten ab dem 5. Juli sehr heftige
Gewitter mit Starkniederschlägen, Hagel-
Eine Gewitterfront mit nachfolgender kühler
schlag, Blitzeinschlägen und Sturmböen
Meeresluft, die Deutschland von Westen her
auf. Starke Verkehrsbehinderungen und
überquerte, löste am 2. Juni Gewitterzellen
Schäden in Millionenhöhe waren die Folge.
aus, die das ganze Spektrum gewittertypi-
Schwere Orkanschäden gab es im Raum
scher Schäden vor allem im süddeutschen
Viersen am Niederrhein. In Süddeutsch-
Raum verursachten: Hagelschläge, unter
land kam es flächendeckend zu Hagel-
anderem südwestlich von Ludwigshafen,
schlägen, und im Münsterland vernichtete
wo schwere Schäden an Wein-, Gemüse-
Hagel mit Korngrößen bis zu 4 cm Teile
und Obstkulturen entstanden, Starknieder-
der Ernte. Im mittleren Erzgebirgskreis
schläge, die vielerorts Keller und Straßen
entstanden ebenfalls schwere Schäden.
überfluteten, Blitzeinschläge, die zu Funkti-
Trotz zwischenzeitlichem Hochdruckein-
onsausfällen technischer Systeme und zu
fluss kam es auch zu Beginn der zweiten
Bränden führten. Die meisten Schäden
Julidekade zeitweise zu starken Gewittern
entstanden durch orkanartige Böen, die
mit sintflutartigen Niederschlägen, Hagel
Dächer abdeckten und tausende von Bäu-
und Sturmböen, die Schäden im zwei-
men in Rheinland-Pfalz, Baden-Württem-
stelligen Millionenbereich, vor allem im
berg, Südhessen und Bayern umwarfen.
Rhein-Main-Gebiet und in Süddeutsch-
Dadurch wurden zahlreiche Straßen und
land, verursachten. Hagelschlag trat eben-
Schienenwege blockiert. Die Schäden lagen
falls am 18./19. Juli flächendeckend in
im zweistelligen Millionenbereich. Auch im
Deutschland auf.
weiteren Verlauf der ersten Dekade kam es
immer wieder zu Regenfällen, so dass sich
Erst ab dem 23. Juli etablierten sich in Mit-
die Hochwassersituation, die sich im Mai
teleuropa Hochdruckgebiete, die die west-
südlich der Donau eingestellt hatte, erst
liche Strömung über dem Ostatlantik voll-
gegen Monatsmitte entspannte.
ständig blockierten und Deutschland bis
zum 5. August eine trocken-warme Witte-
68
Mit Ausnahme kurzer Unterbrechungen
rung bescherten. In der Nacht vom 9. auf
wurde das Wetter in der zweiten Junidekade
den 10. August verursachten Gewitter in
durch eine ostatlantische Hochdruckzone
Süddeutschland große Schäden, vor allem
bestimmt, die sich bis nach Mitteleuropa
in der Oberpfalz. Das Wetter im weiteren
ausdehnte. Erst gegen Monatsende wurde
Verlauf des Monats August wurde über-
ein nordatlantisches Tiefdruckgebiet wetter-
wiegend
durch
atlantische
Tief-
Witterungsrückblick
Unwetterkatastrophe im Mittleren Erzgebirgskreis im Juli 1999 (Quelle: ddp)
drucksysteme bestimmt, deren Ausläufer
Mittel zu warm. Im Norden und Osten
Deutschland aus westlichen Richtungen
Deutschlands war der September gebiets-
überquerten. Lediglich zu Beginn der
weise sogar der bis dahin wärmste des
zweiten und der dritten Augustdekade
20. Jahrhunderts.
konnte sich kurzzeitig Hochdruckeinfluss
durchsetzen.
Oktober
In der ersten Septemberhälfte kam es in
Mitteleuropa zu lang anhaltendem Hoch-
Die erste Oktoberhälfte war allgemein durch
druckeinfluss, wodurch warme Festlands-
wechselhaftes und zeitweise sehr windiges
luft
nach
Wetter charakterisiert. Zu Monatsbeginn
Deutschland geführt wurde. Lediglich am
aus
östlichen
Richtungen
wurde das Bundesgebiet von den Fronten-
6./7. September verursachte kühle Meeres-
systemen
luft aus südwestlicher Richtung heftige
überquert, wobei an der Nordseeküste
Gewitter mit starken Niederschlägen,
Sturmböen sowie auf Mittelgebirgs- und
wobei zahlreiche Keller im Rheinland und
Alpengipfeln sogar Orkanböen auftraten.
im Ruhrgebiet unter Wasser gesetzt
Anschließend entwickelte sich eine blockie-
wurden. Ab Mitte September griffen nor-
rende Antizyklone (Hochdruckgebiet) über
datlantische Tiefdruckgebiete allmählich
Nordeuropa, so dass sich zur Monatsmitte
wieder auf Mitteleuropa über, deren Warm-
die Großwetterlage umstellte und bis zum
sektoren Deutschland häufig unter den
21. Oktober kalte Luft arktischen Ursprungs
Einfluss subtropischer Warmluft brachten.
aus Osten nach Deutschland geführt wurde.
Ebenso wie die Monate der ersten Jahres-
Das letzte Monatsdrittel war wiederum
hälfte waren die Monate Juli, August und
durch den Einfluss nordatlantischer Tiefs
September im Vergleich zum vieljährigen
gekennzeichnet, die sich zum Teil aus tropi-
eines
umfangreichen
Tiefs
69
1999
1999
Witterungsrückblick
schen Wirbelstürmen entwickelt hatten und
Dies führte vom 22. bis 24. November ins-
größtenteils milde Luft nach Deutschland
besondere in den Staulagen der Mittel-
führten. Trotz der zuletzt milden Luft-
gebirge und der Alpen, aber vielerorts auch
massen war der Oktober im Vergleich zum
bis in die Niederungen, zu ergiebigem
vieljährigen Mittel überwiegend zu kalt.
Schneefall mit der Folge von Verkehrsbehinderungen.
November
In den letzten fünf Tagen des Monats geriet
Deutschland in eine südwestliche Strö-
Anfang November setzte sich zunächst das
mung, wobei im Norden und Westen im
milde Westwindwetter des Vormonats mit
Allgemeinen mildes und zum Teil sehr
einem erneuten Vorstoß feuchter Luft-
windiges Wetter herrschte, während im
massen subtropischen Ursprungs aus Süd-
Süden kalte Festlandsluft unter Hoch-
westen fort. Ausgehend von einem Hoch
druckeinfluss bis zum Monatsende erhal-
über den britischen Inseln etablierte sich in
ten blieb. Anschließend setzte sich auch
Deutschland ab dem Beginn des zweiten
hier deutlich mildere Festlandsluft durch.
Monatsdrittels vermehrt ruhiges Hochdruckwetter. Zur Monatsmitte gab es eine erste
winterliche Kälteperiode, die durch ark-
Dezember
tische Meeresluft eingeleitet wurde und
etwa eine Woche anhielt.
Der Dezember 1999 war durch ungewöhnlich heftige und zahlreiche Sturmereignisse
Die kühle Witterungsperiode wurde durch
gekennzeichnet. Zum 3. Dezember ent-
den Vorstoß milder und feuchter Meeres-
wickelte sich aus einem flachen Wellentief
luft aus Westen und Nordwesten beendet.
westlich von Irland der kräftige Orkanwirbel ANATOL ( siehe Die Entwicklung
des Sturmtiefs ANATOL). Dieser zog rasch
ostwärts und erreichte den Höhepunkt
seiner Entwicklung in der Nacht vom 3. auf
den 4. Dezember mit einem Kerndruck von
955 hPa über Südschweden. Die Windgeschwindigkeiten
betrugen
dabei
in
Süd-Dänemark verbreitet außergewöhnliche 140 bis 180 km/h. In der Bundesrepublik waren besonders die nordfriesischen Inseln und die Küstenländer
betroffen.
Die stürmischen westlichen bis südwestlichen Strömungen hielten bis etwa zur
Monatsmitte an, wobei am 12. Dezember
ein Sturm in Baden-Württemberg Schäden
verursachte. Gegen Monatsmitte drang
hinter einer Kaltfront arktische Meeresluft
bis zu den Alpen vor. Dies führte verbrei-
70
Die Kurpromenade von Westerland/Sylt nach dem
tet zu Niederschlägen, überwiegend als
Sturm ANATOL am 04.12.1999 (Quelle: Sylt-Picture)
Schnee.
Witterungsrückblick
Zu Beginn der dritten Monatsdekade
setzte sich in Deutschland Zwischenhocheinfluss durch, der jedoch bereits
zu den Weihnachtsfeiertagen durch übergreifende nordatlantische Tiefdruckgebiete abgelöst wurde. Der Luftdruckgegensatz und damit die Polarfront über
dem Nordatlantik war in diesen Tagen
extrem ausgeprägt, so dass die Wellentiefs, die in diese starke Strömung eingebettet waren, mit großer Geschwindigkeit
vorankamen. Am 25. Dezember entwickelte
sich aus einem flachen Wellentief der
Orkan LOTHAR über dem Nordwestatlantik
( siehe Die Entwicklung des Orkans
LOTHAR). Dieser kleinräumige kompakte
Wirbel, der aufgrund seiner hohen Verlagerungsgeschwindigkeit
und
seines
geringen Kerndrucks von minimal ca.
960 hPa zu extrem hohen Orkanwindstärken führte, verursachte auf seinem Weg
über die Bretagne, Nordfrankreich und
Baden-Württemberg katastrophale Verwüstungen.
Die
höchsten
Windgeschwindigkeiten
traten in Süddeutschland am 26. Dezember mit verbreitet 125 bis 160 km/h auf,
und die maximale Spitzengeschwindigkeit von 259 km/h wurde auf dem Wendelstein registriert. Bereits am 27. Dezember
entwickelte sich über dem Atlantik der
nachfolgende Orkanwirbel MARTIN, der am
28. das europäische Festland erreichte.
Dieser Unwetterwirbel, der ebenfalls mit
Der Orkan LOTHAR verursachte am 26.12.1999 ex-
sehr hohen Windgeschwindigkeiten asso-
treme Forstschäden im Schwarzwald und brachte
ziiert war, richtete erneut katastrophale
auch diese Lok zum Entgleisen (Quellen: ddp, dpa).
Schäden an. Aufgrund der weiter südlich
gelegenen Zugbahn waren Frankreich,
Spanien, die Westschweiz und Italien, nicht
aber Süddeutschland, betroffen. In den
letzten Tagen des Monats beruhigte sich
das stürmische Wetter unter Hochdruckeinfluss, wobei jedoch am Monatsende Tiefausläufer aus nordwestlicher Richtung
wiederum nach Deutschland vordringen
konnten.
71
1999
1999
Sturmdokumentation
2
Sturmdokumentation 1999
Die Entwicklung des Sturmtiefs LARA
Küste und 115 km/h im Landesinneren
(4. bis 5. Februar 1999)
(Neubrandenburg) auf. Zahlreiche Bäume und
Baugerüste stürzten um, vereinzelt mussten
Am 3. Februar lag überWesteuropa ein starkes
Straßen gesperrt werden, in der Nordsee sank
Hochdruckgebiet mit Zentrum über der Breta-
ein dänischer Frachter. An der Nordseeküste
gne ( siehe Bodenkarte vom 3. Februar). An
wurde bereits im Verlauf des 4. Februar die
seiner Nordost- und Ostseite gelangte milde
Sturmflutwarnung ausgesprochen und die Ka-
Meeresluft nach Deutschland. Im
tastrophenstäbe in Bereitschaft versetzt. Für
Norden
wehte ein frischer Westwind, der die Tempera-
den
turen im Laufe des Tages bis weit über 7 °C an-
St. Pauli in Hamburg ein um 3,50 Meter höhe-
steigen ließ. Auch in Südbayern ging das
rer Hochwasserstand vorhergesagt. Tiefer-
Frostwetter zu Ende, hier stiegen aufgrund der
liegende Hafenteile werden dann bereits
schwachen Winde die Temperaturen jedoch
überflutet und müssen gesperrt werden. In
meist nur aufWerte um 2 °C an. Über dem Nor-
der Nacht vom 4. zum 5. Februar waren etwa
datlantik hatte sich der Tiefdruckwirbel LARA
500 Polizisten, Feuerwehrleute und Mitar-
gebildet,
der
sich
folgenden
Tag
wurde
am
Pegel
auf-
beiter von THW und Deichwacht im Einsatz.
grund der starken Temperaturunterschiede
Glücklicherweise war die Sturmflut an der
zwischen subtropischer Meeresluft im Süden
Nordseeküste nicht so schwer wie erwartet,
und subpolarer Meeresluft bei Island zu einem
die angerichteten Schäden hielten sich in
umfangreichen Orkantief entwickelte.
Schleswig-Holstein und Hamburg in Grenzen.
Bereits am 6. Februar konnte die Sturmflut-
Am 4. Februar stand Deutschland unter dem
warnung aufgehoben werden.
Einfluss des Warmsektors von LARA. Das
Hauptzentrum des Wirbels war in der Nacht
Zusammen mit den stürmischen Winden
vom 3. auf den 4. Februar wenig südlich von
brachte die Kaltfront des Sturmtiefs LARA ab
Island vorbeigezogen und hatte bis 10 Uhr
dem 5. Februar hochreichende kalte Meeres-
MEZ bereits das Nordmeer vor der mittel-
luft nach Deutschland, die verbreitet für
norwegischen Küste erreicht. Der Kerndruck
Regen, Schnee- und Graupelschauer sorgte,
des Orkans war auf fast 955 hPa abgesunken.
vielfach verbunden mit kurzen Gewittern.
Bevorzugt im Norden und Osten Deutschlands
Das Zentrum von LARA wanderte rasch weiter
traten Hagelschauer auf, in Celle wurden z. B.
und erreichte am 5. Februar Finnland ( siehe
Hagelkörner mit einem Durchmesser von
Bodenkarte vom 5. Februar). Der starke Luft-
1 cm aufgefangen. In Süddeutschland kam
druckgegensatz zwischen dem Tiefdruckge-
es infolge der Schneefälle zu Massenkarambo-
biet, dessen Kerndruck in der Zwischenzeit auf
lagen auf den Autobahnen, auf der A8 und A9
weniger als 950 hPa abgesunken war, und
steckten zeitweise 6 000 Autos in schneefall-
dem Hochdruckgebiet über dem Atlantik
bedingten Staus.
sorgte für die lang anhaltenden, stürmischen,
westlichen bis nordwestlichen Winde, die
Nachdem sich LARA über Deutschland ausge-
Hamburg die erste schwere Sturmflut in
tobt hatte, wanderte das Sturmtief unter
diesem Jahr bescherten. Vor allem im
Abschwächung weiter nach Russland. Am
Norden und Nordosten Deutschlands traten
6. Februar traten nur noch vereinzelte Sturm-
Orkanböen mit Windgeschwindigkeiten bis
böen auf, die im Laufe des Tages nachließen.
133 km/h (Kap Arkona auf Rügen) an der
72
Sturmdokumentation
Bodenkarte
Sturmtief LARA
03.02.1999
1 Uhr MEZ
Bodenkarte
Sturmtief LARA
04.02.1999
1 Uhr MEZ
Bodenkarte
Sturmtief LARA
05.02.1999
1 Uhr MEZ
73
1999
1999
Sturmdokumentation
Maximalböenfeld
74
Sturmtief LARA
04.-05.02.1999
Sturmdokumentation
Die Entwicklung des Orkans ANATOL
chentemperatur in der Nordsee lag für No-
(3. bis 4. Dezember 1999)
vember 1999 stellenweise sogar um fast 2 °C
über dem langjährigen Novembermittel. Die
Am letzten Novembertag und am darauf
schnellste Böe im DWD-Messnetz wurde am
folgenden ersten Dezembertag 1999 fegten
Freitagabend mit 51 m/s (= 184 km/h) in
die Sturmböen des Wirbels ZUBIN über den
List/Sylt registriert, also an der nördlichsten
Norden Deutschlands, ohne jedoch große
Stelle Deutschlands, die auch die größte rela-
Schäden anzurichten. Das ihm folgende Tief
tive Nähe zur Kernzugbahn von ANATOL auf-
ANATOL, das sich innerhalb kürzester Zeit
wies ( siehe Satellitenbild vom 3. Dezember,
über dem östlichen Nordatlantik entwickelte
19 Uhr MEZ). Eine solche Böenspitze hat auf
und am Vormittag des 3. Dezembers auf
Sylt eine Wiederkehrperiode von 100 Jahren.
Deutschland übergriff, bezog seine Energie
aus dem Temperaturkontrast der Luftmassen,
Die Orkanböen ANATOLs richteten vor
die an seinen Fronten aufeinander trafen: Sub-
allem im Norden Deutschlands, in Schles-
polarer Meeresluft auf der nördlichen, kalten
wig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-
Seite des Frontverlaufs stand milde Meeresluft
Vorpommern starke Schäden an. Für das
subtropischer Herkunft auf der südlichen
ganze nördliche Europa wurde eine Ge-
Seite gegenüber. Dieser Temperaturunter-
samtsumme an versicherten Schäden von
schied gab die Energie für eine Zirkulation mit
2,25 Mrd. € ermittelt, wobei mit 2 Mrd. €
stürmischen Winden. Der Kerndruck des Tiefs
der überwiegende Teil auf das besonders
– ein Maß für die Stärke des sich entwickeln-
stark
den Sturmes – betrug als das Zentrum nörd-
(MÜNCHENER RÜCK 2001). An der Nordsee-
lich von Irland lag noch 995 hPa ( siehe
küste lief eine schwere Sturmflut auf, die in
Karte vom 3. Dezember; Satellitenbild vom
Hamburg einen Pegelhöchststand von 5,95
3. Dezember, 1 Uhr MEZ), sechs Stunden spä-
m ü. NN bewirkte (1962: 5,70 m ü. NN,
ter über Schottland nur noch bei 980 hPa
1976: 6,45 m ü. NN, Februar 1999: 5,70 m
und wiederum sechs Stunden später war der
ü. NN). Glücklicherweise kamen die Orkan-
Kerndruck über der zentralen Nordsee schon
böen ANATOLs aus südwestlichen Richtun-
auf ca. 960 hPa abgefallen. Dieser steile Kern-
gen, so dass der bei Sturmrichtung aus
druckabfall um 20 hPa in sechs Stunden und
Nordwest gefürchtete Windstau in der
die korrespondierende Ausbildung eines
Elbe, der noch höhere Wasserstände her-
Windfeldes in Orkanstärke stehen mit dem
vorgerufen hätte, nicht eintrat. Zwei Frach-
Übergang des Tiefs zu einem Stadium im
ter gerieten vor Sylt in Seenot und be-
Zusammenhang, bei dem die Kaltfront die
drohten mit ihrer Schwerölladung die
Warmfront bereits eingeholt hat – Druckfall
Küste, ein dritter lief bei Stade auf Grund;
und intensivierte Sturmwinde begleiten einen
Fährverbindungen in Nord- und Ostsee
solchen Übergang typischerweise. Das Satel-
(z. B. Puttgarden – Roedby Havn) sowie
litenbild vom 3. Dezember, 13 Uhr MEZ, zeigt
Bahnverbindungen waren unterbrochen,
das sich spiralartig eindrehende breite Wol-
windexponierte Brücken des Straßen-
kenband des Tiefs, das ein charakteristisches
verkehrs sowie Flughäfen wurden gesperrt.
Kennzeichen dieses Stadiums ist. Zur Heftig-
Die Inseln vor der deutschen Nordsee-
keit des entstehenden Sturmes trug u. a. bei,
küste, insbesondere Sylt und Amrum,
dass die noch relativ warmen Meeresober-
mussten erhebliche Dünenabbrüche hin-
flächen des östlichen Nordatlantiks und der
nehmen. Im nördlichen Nordseeküsten-
Nordsee (9 bis 10 °C) den Temperaturkontrast
gebiet knickten vielfach vor Häusern
der Luftmassen unterstützten, der das Wind-
stehende Nadelbäume um und schlugen
feld antrieb. Das Monatsmittel der Oberflä-
auf die Dachfirste, die dabei zerbrachen.
betroffene
Dänemark
entfiel
75
1999
1999
Sturmdokumentation
Bodenkarte
Orkan ANATOL
03.12.1999
1 Uhr MEZ
Bodenkarte
Orkan ANATOL
04.12.1999
1 Uhr MEZ
Die meisten Sturmschäden erlitten Flach-
abgeknickter Strommasten ohne elektri-
dächer und Ziegeldächer, Schieferdächer
sche Energie. Ähnlich bedingte Stromaus-
hielten besser stand. Auf dem Festland war
fälle gab es auch in Schleswig-Holstein.
am stärksten der Kreis Schleswig-Flensburg
76
betroffen. In Niedersachsen, das glimpflich
Insgesamt wüteten die Orkanböen ANATOLs
davonkam, war es der Regierungsbezirk
in England, Dänemark, Norddeutschland,
Lüneburg und in Mecklenburg-Vorpommern
Südschweden (wo ein Kernkraftwerk abge-
wurden erhebliche Schäden aus der Gegend
schaltet werden musste), Polen und den bal-
östlich von Schwerin gemeldet. Neben zahl-
tischen Staaten, wobei 17 Menschen ihr
reichen Bäumen, die Häuser und Autos be-
Leben verloren und viele verletzt wurden.
schädigten und sogar Menschenleben und
Das wechselnde, durch die Passage ständig
Verletzte forderten, warf der Sturm auch
neuer, aus Westen nach Mitteleuropa
Leitungsmasten der Elektrizitätsversorger
vordringender Tiefdruckwirbel bestimmte
um. Nahe Schwerin waren in der Nacht zum
Wetter in der ersten Dezemberhälfte führte
4. Dezember 48 000 Haushalte wegen 45
am Sonntag, den 12. Dezember, zu einer
Sturmdokumentation
Satellitenbild vom
03.12.1999, 1 Uhr MEZ
mit Kern von ANATOL
(rotes Dreieck)
Satellitenbild vom
03.12.1999, 7 Uhr MEZ
mit Kern von ANATOL
(rotes Dreieck)
und vorangegangener
Position (rosa Dreieck)
Satellitenbild vom
03.12.1999, 13 Uhr MEZ
mit Kern von ANATOL
(rotes Dreieck)
und vorangegangenen
Positionen (rosa Dreiecke)
77
1999
1999
Sturmdokumentation
Satellitenbild vom
03.12.1999, 19 Uhr MEZ
mit Kern von ANATOL
(rotes Dreieck)
und vorangegangenen
Positionen (rosa Dreiecke)
Satellitenbild vom
04.12.1999, 1 Uhr MEZ
mit Kern von ANATOL
(rotes Dreieck)
und vorangegangenen
Positionen (rosa Dreiecke)
(Datenbasis:
Dundee Satellite
Receiving Station)
78
weiteren erwähnenswerten Sturmwetter-
Sturmpassage war vor allem die Schweiz
lage. Ab der Mittagszeit strich die Kaltfront
durch starke Böen betroffen (allein für den
eines Wellentiefs von Südwesten kommend
Kanton Bern wurden nach ersten Angaben
über Deutschland, die zu dem Tiefdruck-
6 Mio. € an versicherten Schäden erwartet).
system FRANZ gehörte. Die Frontpassage
In Süddeutschland war vor allem der
war mit einem Sturmfeld verbunden, das
Großraum Freiburg i. Br. durch umgeknickte
seine Energie aus dem Temperaturkontrast
Bäume und Strommasten (Stromausfälle),
zwischen der vorderseitig eingeflossenen
abgedeckte Dächer und sturmbedingte
subtropisch-milden Luftmasse (Freiburg i.
Verkehrsunfälle betroffen. Größere Sach-
Br.: 14,1 °C, Doberlug-Kirchhain: 13,0 °C)
schäden wurden auch aus dem Raum
und der kalten, subpolaren Meeresluft
Neuburg/Donau und aus Südhessen ge-
hinter der Front bezog. Dieses Sturmfeld
meldet. Auf einigen Weihnachtsmärkten im
war für das Zerbrechen des Tankers „Erika“
Südwesten Deutschlands bestand Gefahr
mit mehr als 30 000 t Heizöl an Bord in
durch umgestürzte bzw. vom Umsturz
schwerer See vor der bretonischen Küste
bedrohte Weihnachtsbäume oder Verkaufs-
mitverantwortlich. Im weiteren Verlauf der
buden.
Sturmdokumentation
Maximalböenfeld
Orkan ANATOL
03.-04.12.1999
79
1999
1999
Sturmdokumentation
Die Entwicklung des Orkans LOTHAR
ein für Sturmzyklone charakteristisches
(26. Dezember 1999)
asymmetrisches Orkanwindfeld. Aufgrund
der sehr hohen Verlagerungsgeschwindig-
Während der Weihnachtstage 1999 war die
keit LOTHARs, die im Tagesverlauf des
Wetterlage über dem Nordatlantik dadurch
26. Dezember bis zum Erreichen der Position
gekennzeichnet, dass ein aus mehreren
über der Mitte Deutschlands noch deutlich
Wirbeln bestehender, sehr stark ausgepräg-
über 100 km/h lag, war diese Asymmetrie
ter Tiefdruckbereich im Raum Island/Nord-
ganz besonders deutlich ausgeprägt: Südlich
meer polare Meeresluft über den zentralen
der Zugbahn LOTHARs stellte sich ein extrem
Nordatlantik nach Süden und Südosten lenk-
starkes Orkanwindfeld ein, während nördlich
te. Auf diese kalte Luftmasse strömte aus der
davon kaum starke Winde registriert wurden
entgegengesetzten Richtung warme (sub-)
( siehe Karte des Maximalböenfeldes). Auf
tropische Luft zu, die an der Westflanke des
seinem weiteren Weg über den Südosten
ebenfalls stark ausgeprägten Hochs im süd-
Deutschlands hinweg nach Tschechien
lichen Nordatlantik (Azorenhoch) nach
schwächte sich der Sturm ab, was sich auch
Norden und Nordosten transportiert wurde.
an dem stetig steigenden Kerndruck und der
Die
stark abnehmenden mittleren Verlagerungs-
Polarfront,
die
den
Grenzbereich
zwischen den aufeinander zuströmenden
geschwindigkeit zeigte.
Luftmassen markiert und von West nach Ost
über den Nordatlantik zieht, war in dieser
Aufgrund der rasanten Verlagerung kam es
Situation extrem stark ausgeprägt. Dies
bei dem Weg des Orkanfeldes längs eines
äußerte sich unter anderem in einer hohen
Korridors um die Mittelachse Brest – Paris –
Geschwindigkeit der aus Westen kommen-
Nancy – Straßburg – Stuttgart – Passau zu
den Höhenströmung entlang der Polarfront
Böenspitzen, die im Landesinneren ohne
(180 km/h am 26. Dezember, 1 Uhr MEZ,
Präzedenz sind (Paris: 169 km/h; Orly:
in 5,5 km Höhe über Brest/Bretagne).
173 km/h; Colmar: 165 km/h; Karlsruhe:
Mit dieser Höhenströmung bewegten sich
151 km/h; Stuttgart: 144 km/h; Stötten: 176
längs der Polarfront Wellentiefs – quasi
km/h). Dabei sind extreme Werte einzelner
girlandenförmig hintereinander aufgereiht –
Bergstationen noch nicht berücksichtigt
auf Europa zu und kamen dabei ent-
(Jungfraujoch: 204 km/h; Uetliberg/Zürich:
sprechend schnell voran. Die Orkanwind-
241 km/h; Säntis: 230 km/h; Feldberg/
stärken eines dieser Wellentiefs, LOTHAR
Schwarzwald: >212 km/h; Zugspitze: 198
( siehe Bodenkarte vom 26. Dezember,
km/h; Wendelstein: 259 km/h).
1 Uhr MEZ), sowie des ihm nachfolgenden
Wellentiefs MARTIN ( siehe Bodenkarte
Das bereits erwähnte, dem Orkan LOTHAR
vom 27. Dezember, 1 Uhr MEZ) resultierten
nachfolgende Sturmtief MARTIN nahm am
zum großen Teil aus dieser ungewöhnlich
27. und 28. Dezember einen südlicheren
hohen Verlagerungsgeschwindigkeit der
Kurs über Europa als LOTHAR, da sich der
Wirbel. Eine andere Voraussetzung war das
großräumige Bereich tiefen Luftdrucks über
hohe Druckgefälle aufgrund des niedrigen
dem Nordmeer, an dessen Südflanke
Kerndrucks von LOTHAR, dessen tiefster
MARTIN mitgeführt wurde, inzwischen noch
Wert mit nahe 960 hPa bei der Position
weiter südwärts verlagert hatte. So wurden
des Tiefkerns über der Seine-Mündung am
Nordspanien, der Süden Frankreichs, die
26. Dezember gegen 7 Uhr MEZ erreicht war.
Westschweiz und – bereits in abgeschwäch-
Durch die Überlagerung der gegen den Uhr-
ter Form – Italien, nicht jedoch Süddeutsch-
zeigersinn um den Tiefkern herumlaufenden
land von diesem zweiten Orkanwindfeld in
Sturmwinde mit der ostwärts gerichteten Ver-
Folge erreicht.
lagerungsgeschwindigkeit entwickelte sich
80
Sturmdokumentation
Bodenkarte
Orkan LOTHAR
26.12.1999
1 Uhr MEZ
Bodenkarte
Orkan LOTHAR
26.12.1999
13 Uhr MEZ
Bodenkarte
Orkan LOTHAR
27.12.1999
1 Uhr MEZ
81
1999
1999
Sturmdokumentation
Satellitenbild vom
26.12.1999, 1 Uhr MEZ
mit Kern von LOTHAR
(rotes Dreieck)
Satellitenbild vom
26.12.1999, 7 Uhr MEZ
mit Kern von LOTHAR
(rotes Dreieck)
und vorangegangener
Position (rosa Dreieck)
Satellitenbild vom
26.12.1999, 13 Uhr MEZ
mit Kern von LOTHAR
(rotes Dreieck)
und vorangegangenen
Positionen (rosa Dreiecke)
82
Sturmdokumentation
Satellitenbild vom
26.12.1999, 19 Uhr MEZ
mit Kern von LOTHAR
(rotes Dreieck)
und vorangegangenen
Positionen (rosa Dreiecke)
Satellitenbild vom
27.12.1999, 1 Uhr MEZ
mit Kern von LOTHAR
(rotes Dreieck)
und vorangegangenen
Positionen (rosa Dreiecke)
(Datenbasis:
Dundee Satellite
Receiving Station)
83
1999
1999
Sturmdokumentation
Längs der Zugbahn der Orkane LOTHAR und
m3 (das 2,5fache eines regulären Jahres-
MARTIN fand sich das typische Spektrum
einschlags und mehr als das zweifache
starkwindbedingter Schäden an Wäldern,
der Sturmholzmenge bei VIVIAN/WIEBKE
Gebäuden bzw. Dächern und Kaminen,
1990). In Baden-Württemberg fielen durch
Freileitungen der Elektrizitäts- und Telefon-
LOTHAR 29 Mio. m3 Sturmholz und eine
unternehmen, im Straßen- und Bahnverkehr
forstwirtschaftliche Gesamtschadensumme
aufgrund umgeworfener Bäume, im Flugbe-
von ca. 750 Mio. € an, wobei einzelne der
trieb (Ausfälle und Verzögerungen) sowie an
durch Windwurf entstandenen Kahlflächen
Leib und Leben vor allem aufgrund umstür-
eine zusammenhängende Ausdehnung von
zender Bäume, umherfliegender Äste und
über 100 ha – das sind mehr als 100 Fußball-
Gegenstände. Durch LOTHAR kamen in
felder – aufwiesen. (STMLF 2000; MÜNCHENER
Frankreich mindestens 35 Menschen ums
RÜCK 2001). Auf einer Gesamtfläche von
Leben, in Deutschland starben 17 und in
30 000 bis 40 000 ha Wald knickte der Sturm
der Schweiz 14 Menschen; Hunderte wurden
Bäume um. Gegenüber den 14,8 Mio. m3
zum Teil schwer verletzt.
Sturmholz, die 1990 durch VIVIAN/WIEBKE
produziert wurden, stellte die durch LOTHAR
Der europaweit entstandene volkswirtschaft-
in Baden-Württemberg verursachte Schad-
liche Gesamtschaden der beiden Weih-
holzmenge eine Steigerung auf etwa das
nachtsstürme LOTHAR und MARTIN betrug
Zweifache dar, was dem Dreifachen eines
etwa 15,5 Mrd. €. Die davon versicherten
regulären Jahreseinschlags entspricht. Viele
Schäden beliefen sich insgesamt auf 8,4
bäuerliche Privatwaldbesitzer im Hauptscha-
Mrd. €, wovon etwa 5,9 Mrd. € auf den Orkan
densgebiet des nördlichen und mittleren
LOTHAR entfielen. Zum Vergleich: Bei der
Schwarzwaldes waren nach dem Orkan in
Sturmserie des Jahres 1990 betrugen die
ihrer Existenz bedroht. In Bayern entstanden
versicherten Schäden ca. 8,5 Mrd. €. Mit
schwere Waldschäden vor allem im Norden
etwa 4,5 Mrd. € (LOTHAR) und 2,5 Mrd. €
und in der Mitte des Regierungsbezirkes
(MARTIN) hatte die französische Assekuranz
Schwaben. Hier produzierte der Sturm ca. 4,3
den Hauptteil der versicherten Schäden zu
Mio. m3 Schadholz. Dies entspricht einem
tragen. In der Schweiz beliefen sich die versi-
Siebtel der Schadholzmenge des Jahres 1990
cherten Schäden auf rund 800 Mio. €. In den
und etwa einem Drittel des regulären Jahre-
deutschen Schadenschwerpunktgebieten in
seinschlages (STMLF 2000).
Baden-Württemberg (vor allem die Großräume Karlsruhe/Baden-Baden und Stutt-
Weitere Folgen LOTHARs waren Hoch-
gart/Reutlingen) und in Bayern (vor allem
wasserwellen, die sich aufgrund der assozi-
der Großraum Mittel- und Nordschwaben)
ierten Niederschläge in den Flüssen im nörd-
entstanden versicherte Schäden an Gebäu-
lichen Rheinland-Pfalz sowie in Mittelfranken
den, Hausrat und Fahrzeugen in Höhe von
entwickelten, aber keine größeren Schäden
ca. 650 Mio. € (MÜNCHENER RÜCK 2001). Im Be-
hervorriefen. In den Alpen erhöhte sich die
reich der Deutschen Bahn wurden Ver-
Lawinengefahr erheblich aufgrund von
wüstungen auf über 100 Eisenbahnstrecken
Schneeumlagerungen; langfristig birgt die
angerichtet.
stattgefundene Zerstörung hochgelegener
Lawinenschutzwälder für Verkehrswege und
Zu den gravierendsten und großflächigsten
Folgen des Orkans gehörten die Waldschäden. In Frankreich entstanden 138 Mio. m3
Sturmholz (das ca. dreifache eines regulären
Jahreseinschlags), in der Schweiz 12,7 Mio.
84
Siedlungen große Gefahren.
Sturmdokumentation
Maximalböenfeld
Orkan LOTHAR
26.12.1999
85
1999
Witterungsrückblick und Sturmdokumentation des Jahres 2000
2000
Witterungsrückblick
1
Witterungsrückblick 2000
Das Jahr 2000 im Überblick
Reihe der Jahre mit einerüberdurchschnittlich hohen globalen Mitt eltemperatur fort.
Das von den Vereinten Nationen beruf ene
Ende Januarrichteten die beiden Sturmtiefs
Forschergremium des Int ergovernmental
KERSTIN und LIANE in Nor ddeutschland
Panel on Climat e Change (IPC C) nim mt in
einige Schäden an, die aber
– verglichen
seiner Erklärung vom Januar 2001 die an-
mit denen von ANATOL aus dem Vorjahr –
thropogene Verursachung dieser Tempera-
gering ausfielen. Deutlich höher waren die
turentwicklung direkt ins Visier: „...most of
sturmbedingten S chäden, d ie a m 2 8. M ai
the ob served warming ov
vor allem in Nor drhein-Westfalen und Nie-
50 years is lik ely to ha ve been due t o the
dersachsen dur ch die P assage des Sturm-
increase in greenhouse gas concentrations“
GINGER
er the last
den.
(KERR 2001). Der Klimawandel b rachte für
Anfang Juli war en Gewitt er in Rheinland-
Deutschland im 20. Jahrhundert insgesamt
Pfalz, Hessen, Bayern und dem Saarland für
eine Erwärmung von im Mitt el 0,8 °C m it
Schäden im zweist elligen Millionenbereich
sich, regional sogar bis 1,2 °C.
tiefs
verursacht wur
verantwortlich. In den letzten beiden Oktobertagen wurde Deutschland vom Sturmtief
ORATIA am Rande gestreift, wobei typische
Sturmschäden im
Westen der
Januar
BundesNach den heftigen Orkanen ANA
republik auftraten.
LOTHAR und MAR
TOL,
TIN hatt e sich das
Mit einer mittleren Jahr estemperatur von
stürmische Dez emberwetter erst in den
9,9 °C, die um 1,6 °C überjener der Referenz-
letzten Tagen des Jahres 1999 beruhigt, und
periode von 1961 bis 1990 lag, wardas Jahr
der Süden Deutschlands gelangt e Anf ang
2000 das bis dahin wärmste Jahr seit
Januar zunehmend unt er Hochdruckein-
Beginn der flächendeckenden Mes sungen
fluss. Den nör dlichen Teil dagegen über-
in Deutschland im Jahr 1901. Abgesehen
querten etliche Tiefausläufer in östlicherbis
vom Monat Juli tr aten ga nzjährig in den
nordöstlicher Richtung, d ie a bwechselnd
meisten R egionen po sitive Temperaturab-
kalte und warme Luftmassen heranführten.
weichungen auf. Das bis dahin wärmste
Hierdurch kam es vor allem ab Mitte Januar
Jahr 1994 wurde noch um 0,2 °C übertroffen.
zu Regen- bzw. Schnee- und Graupelschau-
Die m ittlere N iederschlagsmenge l ag m it
ern. Ungewöhnlich war en einige Winterge-
ca. 821 l/ m2 nur leicht über dem langjähri-
witter in Sachsen und Sachsen-An halt, die
gen Mittelwert.
Teile der Magdeburger Börde mit Hagel bedeckten. In der letzten Januarwoche stellte
Im Jahr 2000 lag die über
die ge samte
sich in Mitt eleuropa eine stürmische west-
Erdoberfläche ge mittelte Durchschnitts-
liche Strömung ein, die vom 29. bis 31. Ja-
temperatur um ca. 0,3 °C über dem Durch-
nuar gleich zwei direkt aufeinander folgen-
schnitt derKlimavergleichsperiode 1961 bis
de Sturmtiefs beschert e. Sowohl KERSTIN
1990. Damit setzt e sich 200 0 die seit
als auch LIANE betrafen hauptsächlich Dä-
Beginn der achtziger Jahre bestehende
nemark und Norddeutschland ( siehe Die
87
2002
2000
2000
Witterungsrückblick
Entwicklung der Sturmtiefs KERSTIN und
ten. Die kalt e Meer esluft w urde schnell
LIANE). In Schleswig-Holstein und Mecklen-
wieder von milden Luf tmassen verdrängt,
burg-Vorpommern erreichte KERSTIN Orkan-
die v or allem im W esten für vorfrühlings-
stärke mit Spitzenböen von bis zu 140 km/h.
haftes Wetter sorgten. Ende Februar führte
Die maximalen Windgeschwindigkeiten von
der erneute Einbruch milder Meeresluft zu
LIANE waren mit bis zu 120
k m/h et was
neuen Temperaturrekorden: In Cobur g und
geringer. Die Schäden beider Stürme waren
in Bad Kis singen wur den d ie bisherigen
– verglichen m it d enen von A NATOL (3./4.
Höchstwerte der dritten Februardekade um
Dezember 1999) – deutlich geringer, was auf
1,1 bzw. 0,4 °C übertroffen. Ein breites Nie-
die weiter nördlich gelegene Zugbahn und
derschlagsfeld brachte gleichzeitig kräftige
die geringere Verlagerungsgeschwindigkeit
Niederschläge in ganz Deutschland
zurückzuführen ist.
mit einem R ekordniederschlag für den
29. Februar in Karlsruhe.
März
Die wechselhaft e und windige Witterung
setzte sich im März fort. Zahlreiche atlantische Tiefs über querten Deutschland von
West nach Ost und
führten abwechselnd
warme und kalt e Luftmas sen mit sich. Vor
allem bis zum 18. März br achten mehr ere
dieser Tiefdruckgebiete v erbreitet Regen.
Im Stau der Mittelgebirge un d der Alpen
fielen gebietsweise b eachtliche Starkniederschläge, die z. B. aufder Zugspitze die
Schneedecke vom 16. bis zum 19. März von
3,6 auf 5,6 Met er ansteigen ließen. Die
Durch den Sturm KERSTIN am 30.01.2000 beschä-
starken Schneef älle in den Alpen z
digte Strandtreppe auf Sylt (Quelle: Sylt-Picture)
zahlreiche Lawinen nach sich. In Sachsen
ogen
und Thüringen führten die stark en Niederschläge vereinzelt zu Überschwemmungen.
Februar
In beiden Bundesländern fiel mehr als das
Doppelte der durchschnittlichen Nieder-
Die stürmische westliche Strömung, die ab-
schlagsmenge dieses Monats.
wechselnd kalt e und warme Luftmas sen
heranführte, blieb auch im Februar zunächst
erhalten. Vor allem am Schwarzwald und
April
entlang der Alpen kam es durch Staueffekte
88
zu S tarkniederschlägen. Vereinzelt t raten
Anfang April stand Mitteleuropa unter dem
Gewitter mit H agelkörnern b is zu 1 c m
Einfluss e ines Tiefs ü ber der Biskaya, d as
Durchmesser auf. Erst Mitte des Monats er-
zunächst subtr opische Luftmas sen her an-
reichte für wenige Tage teilweise arktische
führte. In Deutschland war en zwei sonnige
Meeresluft Deutschland,
deren Nie der-
Frühlingstage mit Temperaturen von 18 bis
schläge gebietsweise auch in tieferen Lagen
19 °C am Oberrhein die Folge. Das Tiefdruck-
zu einer geschlossenen Schneedecke führ-
system überquerte anschließend Mitt eleu-
Witterungsrückblick
ropa und führte zu einemVorstoß arktischer
same Hochdruckgebiet führte an zwölf Sta-
Kaltluft, mit dem e in deut liches Ab sinken
tionen im norddeutschen Flachland zu neuen
der Temperaturen verbunden war . Auch
Temperaturrekorden derzweiten Maidekade.
nachdem s ich d as Tiefdrucksystem a ufgelöst hatt e, blieb die st etige Kaltluftzufuhr
Der Zustrom warmer Luftmassen wurde erst
bis zum Ende der ersten Dekade bestehen.
ab dem 22. Mai unterbrochen. Ein schmales
Bereits am 10. April zeigte sich ein zwischen
Band stark en Temperaturkontrastes hatt e
Grönland und Island liegender
sich vom Nordatlantik bis nach Mitteleuropa
Tiefdruck-
wirbel, der in de n folgenden Tagen das
ausgebildet. Diese so genannte Frontalzone
Wetter in Deutschland bestimmen sollt e.
ist so stark ausgeprägt sonst nur im Winter-
Durch die südwärts gericht ete Verlagerung
halbjahr zu beobachten. Die Folge war, dass
des Tiefs gelangt e warme Atlantikluft und
mehrere Tiefdruckwirbel das Gebiet derBun-
ab dem 15. April wiederholt subtr opische
desrepublik bis zum Ende des Monats über-
Luft nach Mitteleuropa.
querten. Von ihnen err eichte das Sturmtief
GINGER an der Küste Hollands Orkanstärk e
Ab dem 20. April wur
de das Wetter in
( siehe Die Entwicklung des Sturmtiefs
Deutschland überwiegend dur ch über der
GINGER). Auch im Westen Deutschlands tra-
Ostsee liegende Hochdruck
ten schwere Sturmböen mit Windgeschwin-
gebiete be-
stimmt. Diese br achten ebenf alls warme,
digkeiten bis zu 100 km/h auf . Am stärksten
subtropische F estlandsluft aus südlicher
waren Niedersachsen und Nord- rhein-West-
bis südöstlicher Richtung nach Deutsch-
falen von GINGER betroffen.
land. Entsprechend wurden am 21. April in
Regensburg, Potsdam, Cottbus und Freiburg i. Br. die ersten Sommertage mit Tem-
Juni
peraturen knapp über 25 °C r egistriert. In
Potsdam tr at am 23. April mit 30 °C der
Anfang Juni hatte sich die im Mai recht weit
erste heiße Tag auf. Der April setzte damit
südlich verlaufende Frontalzone nach Norden
die seit Jahr esbeginn bestehende Serie zu
verschoben. Atlantische Tief drucksysteme
warmer Monate fort, die alle Durchschnitts-
wurden über die Britischen Inseln nach Skan-
temperaturen von 1 bis 4 °C über dem
dinavien gelenkt und streiften Deutschland
langjährigen Mittel aufwiesen.
nur noch im Küst enbereich. Sie br achten
für den Norden Deutschlands kalte Luft polaren Ursprungs, währ end der Süden unt er
Mai
Warmlufteinfluss stand. Vor allem an der
Luftmassengrenze kam es zu Starknieder-
Das erste Drittel des Monats war durch eine
schlägen und am 5. Juni in Rheinland-Pfalz,
ausgedehnte Hochdruckz one vom Ostat-
Hessen und Thüringen zu heftigen Gewittern.
lantik bis nach Russland gekennzeichnet, die
Bis Mitt e des Monats führten die häufigen
überwiegend warme F
Luftmassenwechsel von warmer Festlandsluft
estlandsluft nach
Deutschland b rachte. E ingelagerte S törun-
und kühler Meeresluft der vorbeiziehenden
gen sor gten gebietsweise für rasche Luft-
Störungen zu weiteren zum Teil beachtlichen
massenwechsel und
Gewittern und Starkniederschlägen: Am
führten zu heftigen
Gewittern und Starkniederschlägen. So
11. Juni wur den in L eipzig t ennisballgroße
bescherten am 1. Mai mehr ere Unwetter in
Hagelkörner beobachtet. In Bayern und
Hessen und Thüringen Überschwemmungen
Baden-Württemberg kam es in der Nacht zum
von Straßen und Kellern. Das anschließend
14. Juni nach heftigen Gewittern und Stark-
von der Nordsee bis zu den Alpen wetterwirk-
niederschlägen zu Überschwemmungen.
89
2000
2000
Witterungsrückblick
Ab dem 16. Juni stand Deutschland unt er
bestimmt, die aus westlicherRichtung nach
dem Einf luss eines a usgedehnten Hoch-
Deutschland geführt wurde.
druckgebietes. Die einstr ömende sub tropische Festlandsluft bescherte am 19. und
Die Witterung in der ersten Augustdekade
20. Juni an vielen Stationen neue R ekord-
wurde durch den mehrf achen Wechsel un-
marken mit Tagesmaxima der Temperatur
terschiedlich t emperierter Luftmassen aus
von 34 bis 37 °C. Mit einem nach Skandina-
Richtung Westen b estimmt. Z wei z eitlich
vien ziehenden Tiefdruckgebiet wur de die
kurz
Witterung in Mitt eleuropa in der
letzten
gebiete verursachten z u M onatsbeginn
Juniwoche von kühlerMeeresluft arktischen
ergiebige N iederschläge i m A lpenraum.
Ursprungs bestimmt.
Dies führte insbesondere in den Einzugsge-
aufeinander
folgende Ti efdruck-
bieten von Isar, Iller, Inn und nachf olgend
am ostbayerischen Abschnitt der Donau zu
Juli bis September
Hochwasser. Die dur ch Überflutungen hervorgerufenen Schäden an Verkehrswegen
Im Juli war en anhaltende West- und Nor d-
und Gebäuden beliefen sich insgesamt auf
westlagen wett erbestimmend, so das
mehrere Millionen Euro.
s
dieser Monat im Gegensatz zu den Vormonaten im Vergleich zum langjährigen Mittel
Zu B eginn der zweiten August dekade ver-
überwiegend zu kühl und zu regenreich
stärkte sich der Einfluss eines Hochs und
ausfiel. Lediglich zu Monatsbeginn wur den
führte zu trockenerem und deutlich wärme-
sehr warme Luftmassen in den Süden und
rem Wetter. Die jedoch nach dem 15. August
die Mitte Deutschlands geführt. Im Westen
aus Norden einströmende kühlere Meeres-
und Süden der Bundesrepublik kam es vom
luft verursachte i m Ü bergangsbereich z u
1. bis 4. Juli zu starker Gewitteraktivität mit
den o ben g enannten w armen L uftmassen
entsprechenden Schäden durch Orkanböen,
über Süddeutschland heftige Gewitt er mit
Starkniederschläge und Blitzeinschläge.
Orkanböen und Hagelschlag. In der letzten
Monatsdekade h errschte ü berwiegend
Hochdruckeinfluss, der mehrfach durch
kurze Tiefdruckphasen unterbrochen wurde.
In den ersten Tagen des Sept embers war
abermals eine verstärkte Gewitt eraktivität
zu verzeichnen. Im selben Zeitr aum traten
zwei kleine Tornados au f, die das Gebiet
Schotten/Vogelsberg
bzw. Witt enberg/
Sachsen-Anhalt betr afen. Ab der zweiten
Septemberwoche bildete sich eine überwiePKW in Flensburg während eines Starkregens am
gend westliche Strömung aus, wodurch
21.07.2000 (Quelle: ddp)
Tiefdruckgebiete vom A tlantik rasch nach
Deutschland gelangt en. Zu r Monatsmitte
gewann ein Hochdruck gebiet über Skandi-
90
Besonders b etroffen w aren da s S aarland
navien und dem Nor
und Rheinland-Pf alz, wo Schäden im
Einfluss, so das s insbesondere ab dem 19.
zweistelligen Millionenbereich v erursacht
September kontinentale P olarluft in den
wurden. Ab der zweiten Dekade wur de die
Norden und Ost en Deutschlands str ömte,
Witterung durch sehr kühle M eeresluft
während der
den Rus slands an
südliche Teil der
Bundes-
Witterungsrückblick
republik bis zum 2 2. weit erhin von Tief-
dem 10. Oktober entwickelte sich über den
druckgebieten in West-Ost-Richtung über-
Britischen Inseln ein umf
quert wurde. Ab dem 23. Sept ember stellte
Sturmtief, des
sich in Deutschland der Altweibersommer
Deutschland in rascher Folge überquerten
ein, der mit kleinen Unterbrechungen durch
und hier am 10./11. Okt ober den erst en
zyklonale St örungen im Wesentlichen bis
Herbststurm v
zum Monatsende anhielt.
jedoch nur mit geringen Schäden ein her-
angreiches
sen Randst
örungen
erursachten,
der
ging.
Zur Monatsmitte lag Deutschland am Rand
eines stationär en o steuropäischen Hochdruckgebietes, und es bildet e sich eine
südliche Strömung aus, mit derwarme Mittelmeerluft nach Deutschland geführt wurde. Die Folge waren spätsommerliche Temperaturen in Deutschland, die in F öhngebieten Bayerns t
eilweise
Werte
25 °C überschritt en. Mit der
gerichteten Verlagerung des o
von
südwärts
steuro-
päischen Hochs wur de die atlantische
Donaubrücke in der Nähe von Kelheim am
Frontalzone ab dem 24. Oktober wetterbe-
08.08.2000 (Quelle: ddp)
stimmend, und es bildete sich über Mitteleuropa eine t eils stürmische westliche
Strömung aus. Durch die Verschärfung der
Im Gegensatz zu den Monat en der ersten
Frontalzone wur de eine Serie von Orkan-
Jahreshälfte, die po sitive Temperaturab-
wirbeln eingeleitet, die ab dem 27. Oktober
weichungen von bis zu 4 °C aufwiesen, und
sowohl stürmische Winde als auch Stark -
den Monat en August und Sept ember, die
niederschläge hervorriefen. Vor allem der
überwiegend um 1 bis 2 °C zu warm war en,
Tiefdruckwirbel ORATIA ( siehe Die Ent-
fiel der Juli im Vergleich zum langjährigen
wicklung des Sturmtiefs ORATIA) führte an
Mittel zu kühl aus. Obwohl der Juli extrem
der Küste der Bundesrepublik zum Teil zu
sonnenscheinarm war, übertr af die Anzahl
orkanartigen Böen mit Geschwindigkeiten
der Sommertage und der
um 120 km/h. DieserOrkan, bestehend aus
heißen Tage
(Maximaltemperatur > 25 °C bzw. > 30 °C) im
den W ellen ORATIA I und II, der sich am
Sommerhalbjahr 2000 (April bis September)
29. Oktober über dem Atlantik entwickelte,
den vieljährigen Dur chschnittswert deut -
verlagerte sich sehr rasch über die Briti-
lich.
schen Inseln hinweg in Richtung Nor
d-
osten und erreichte am 30. über der westlichen Nordsee einen minimalen Kerndruck
Oktober
von 945 hPa. Da Deutschland von ORATIA
nur am Rande gestreift wurde, hielten sich
In der ersten Dekade des Okt obers hatt e
die Schäden in Gr enzen. Weitaus stärk er
sich über Mitteleuropa eine Hochdruck-
waren Frankreich, die Beneluxstaaten und
brücke zwischen dem Ostatlantik und Rus-
die Britischen Inseln betroffen. In England
sland ausgebildet, die jedoch häufig durch
wurden durch die sehr starken Nieder-
die Ausläufer eines Tiefdruck-
schläge großflächige Überschwemmungen
syst
ems
über Nordeuropa unterbrochen wurde. Ab
ausgelöst.
91
2000
2000
Witterungsrückblick
keil aus, der sich von Afrika bis nach Mitt eleuropa erstr eckte. Hier durch str ömte
warme Tropikluft nach Südde utschland,
so das s der
insgesamt vergleichsweise
milde Nov ember auch mit deutlich übe r
dem langjährigen Dur chschnitt liegenden
Temperaturen endete.
Dezember
Wie i m a usgehenden N ovember herrschte
auch in der ersten Dezemberdekade e ine
milde Südwestwetterlage. In Süd- undWestdeutschland wurden hierbei mehrfach Temperaturwerte von m ehr als 1 5 ° C e rreicht.
Ab dem 10. Dez ember etablierte sich eine
westliche Strömung, in der atlantische TieSturmtief ORATIA brachte am 30.10.2000 die Gon-
fausläufer in r ascher Folge Deu tschland
deln der EXPO-Seilbahn in Hannover zum Pendeln
überquerten. Der auffrischende Wind er-
(Quelle: ddp).
reichte zeitweise Sturm- bis Orkanstärke, so
z. B. am 10./11. und am 13./14. Dezember.
November
Ab dem 18. Dezember weitete sich ein Hochdruckgebiet ausgehend von Nor deuropa
Die überwiegend westliche, zum Teil stür-
nach Süden und Westen aus und verstärkte
mische Str ömung der letzten Okt obertage
sich. An der Südostflanke wurde kontinen-
setzte s ich A nfang No vember in a bge-
tale Polarluft nach Deutschland geführt, und
schwächter Form fort. Zeitweise bildete sich
es st ellte sich allgemein wint
eine südliche Str ömung aus, die
erliches
feucht-
Wetter ein. Durch die fortschreitende Verla-
warme Luftmas sen nach Südwest deutsch-
gerung des Hochdruckgebietes in Richtung
land führte und auf der Alpennordseite
Südosten konnten Tiefausläufer aus Skandi-
Föhn verursachte. Ab dem 6. Nov
ember
navien auf Deutschland übergreifen und
wurde das Wettergeschehen in Deutschland
führten ab Heiligabend z u Sch neefall im
durch Tiefdruckgebiete über den Britischen
Norden und Ost en der
Inseln bestimmt, und es wur de übe rwie-
Am 27. Dezember kam es zu einem Warm-
gend erwärmt e maritim e P olarluft aus
luftvorstoß aus südwestlicher
südlicher Richtung her angeführt. In der
der aber zum Jahresende durch den erneu-
Monatsmitte über querten die Ausläuf er
ten Zustrom arktischerLuftmassen beendet
einzelner Tiefs Deutschla nd von Südwest
wurde.
Bundesrepublik.
Richtung,
nach Nordost, und es wechselten entsprechend der
Frontpassagen Luftmas sen
im D ezember wie a uch in d en M onaten
wetterbestimmende Einf luss atlantischer
Oktober und N ovember in w eiten Teilen
Tiefdrucksysteme überwog auch
Deutschlands u m 2 b is 3 ° C ü ber dem
in der
letzten Nov emberdekade. Ab dem 29. November bildete sich jedoch ein Hochdruck -
92
Insgesamt gesehen lag die Temperatur
tropischen und polar en Ursprungs. Der
langjährigen Durchschnitt.
Sturmdokumentation
2
Sturmdokumentation 2000
Die Entwicklung der Sturmtiefs
Bereits am 29. Januar zeigte sich über dem
KERSTIN und LIANE
Ostatlantik das zweite Sturmtief LIANE. Im
(29. bis 31. Januar 2000)
Gegensatz zu KERSTIN zeichnete sich LIANE
durch eine sehr rasche Verlagerung n ach
In derletzten Januarwoche lag Mitteleuropa
Osten und eine südlichere Zugbahn aus. Im
im Bereich einer ausgeprägten Westströ-
Verlauf des 31. Januar
mung. Diese Situation bescherte gleich zwei
die norwegische Westküste, der Kerndruck
direkt aufeinander folgende Sturmtiefs, die
war bis dahin auf etwa 975 hPa abgefallen.
hauptsächlich Norddeutschland und Däne-
Erneut erf assten schwer e Sturmböen
mark betrafen.
Schleswig-Holstein und Mecklenbur g-Vor-
erreichte LIANE
pommern. In Schleswig-Holst ein wur den
Das erst e Sturmtief – KERSTIN – entstand
an der Küste Böengeschwin digkeiten von
am 27./28. Januar über Südgrönland. Von
etwa 100 km/h err eicht, in Meckle nburg-
dort wandert e es unt er stetiger Verringe-
Vorpommern sogar bis 120 km/h. Die ge-
rung seines K erndruckes nach Ost en und
messenen Spitzengeschwindigkeiten waren
hatte in der Nacht zum 29. Januar Island
somit etwas geringer als bei KERSTIN.
erreicht. Der Kerndruck betrug zu diesem
Zeitpunkt weniger als 945 hP a ( siehe
Die Orkanböen von KERSTIN und LIANE be-
Bodenkarte vom 29. Januar), und überNord-
trafen vor allem den Nor den Deutschlands
deutschland herrschte bereits starker Süd-
und Dänemark. An der
westwind. Mit den stark en Winden brachte
marks und Schleswig-Holst eins führte der
KERSTIN warme subtr opische Luftmas sen
lang anhaltende West- bzw. Westnordwest-
nach Ost en, die über
die kalt e P olarluft
wind zu einer Sturmflut, bei der vor allem in
gehoben wur den und im Verlauf des 29.
Dänemark stellenweise Deiche beschädigt
Januar an fast allen Stationen in Deutsch-
wurden. In Hambur g blieb der Sturmflut-
land z u k räftigen Ni ederschlägen ( in d en
wasserstand hint er den B efürchtungen
höheren Lagen als Schnee) führten. Mit der
zurück, lediglich der Fischmarkt musste am
weiteren Ostwärts verlagerung des
Tiefs
30. Januar ausfallen, da das Gelände unt er
( siehe B odenkarte vom 30. Januar) kam
Wasser stand. Vielfach wurden Straßen we-
es in den frühen Stunden des 30. Januar zu
gen umgestürzt er Bäume gesperrt, beim
einer deutlichen Windverschärfung bis zu
Bahnverkehr kam es zu Verspätungen auf-
Orkanstärke in Böen ( > 117 km/h). In Schles-
grund von O berleitungsschäden, u nd d er
wig-Holstein wurden an der Küste Spitzen-
Fährverkehr zwischen den Nor dfriesischen
böen von 110 bis 140 km/h erreicht und in
Inseln musste zeitweise eingestellt werden.
Mecklenburg-Vorpommern traten ebenfalls
Am stärksten litt die Nordseeinsel Sylt unter
hohe Windgeschwindigkeiten von bis zu
KERSTIN: An fast allen Str änden der West-
130 km/h auf . Verglichen mit dem Orkan-
küste gab es stark e Ausräumungen bis an
ereignis ANA TOL vom 3. Dez ember 1999
die Vordünen heran. Während sich der Sand
wirkte sich KERSTIN im Nor den Deutsch-
durch Aufspülungen wieder ersetzen lässt,
lands deutlich schwächer aus, was auf die
sind die Abbrüche vom Kliff zwischen Wen-
weiter nördlich gelegene Zugbahn und die
ningstedt und Kampen unwid erbringlich
geringere V
verloren.
erlagerungsgeschwindigkeit
Westküste Däne-
zurückzuführen ist.
93
2000
2000
Sturmdokumentation
Bodenkarte
KERSTIN und LIANE
29.01.2000
1 Uhr MEZ
Bodenkarte
KERSTIN und LIANE
30.01.2000
1 Uhr MEZ
Bodenkarte
KERSTIN und LIANE
31.01.2000
1 Uhr MEZ
94
Sturmdokumentation
Maximalböenfeld
Sturmtiefs KERSTIN und LIANE
29.-31.01.2000
95
2000
2000
Sturmdokumentation
Die Entwicklung des Sturmtiefs GINGER
rhein-Westfalen, traten schwere Sturmböen
(28. Mai 2000)
von bis zu 100 km/h auf
(Düsseldorf:
100 km/h; Aachen: 90 km/h; Münst
er/
Das Sturmtief GINGER sorgte nicht allein
Osnabrück: 90 km/h). A
aufgrund der großen Schäden für Wirbel,
küste wurden mit der weiteren Verlagerung
sondern auch wegen der ungewöhnlichen
des Tiefs nach Nor dosten, vor allem am
Jahreszeit seines Auftr etens. B ereits Tage
29. Mai, Windgeschwindigkeiten von bis
vorher hatte sich über dem atlantisch-west-
zu 90 km/h gemessen.
n de r Nordsee-
europäischen Raum ein starker Temperaturgegensatz ausgebildet : An der
östlichen
Am stärkst en war en die Niederlande,
Flanke einer vom Ost en Kanadas bis nach
Belgien und in Deutschland die Bundes-
Grönland ausge dehnten Hochdruckz one
länder Nordrhein-Westfalen und Nieder-
floss polar e Kaltluft südwärts, an der
sachsen v on
Westflanke des Az orenhochs subtr opische
schweren Sturmböen stürzten Plakatwände
Warmluft nor dostwärts. Das Zusammen-
um und beschädigt en zahlr eiche Dächer ,
treffen beider Luftmassen führte zur Aus-
Bauzäune und Stromleitungen. In Hamburg
bildung einer ausgeprägten F rontalzone,
entstand ein Schaden von rund 0,1 Mio. €
d. h. eines relativ schmalen Bandes mit
an einer Zeltstadt, die für den dort stattfin-
starkem Temperaturkontrast, das über den
denden Kirchentag aufgebaut worden war.
Nordatlantik bis nach Mitt eleuropa hinein-
Auf Norderney riss der Sturm sogar den
reichte. Diese starke Ausprägung ist in der
Rotor einer Windkraftanlage ab. An der
Regel nurim Winterhalbjahr zu beobachten.
Nordseeküste musste der Fährverkehr zeit-
Entlang der Frontalzone bildeten sich über
weise den B etrieb e instellen, insgesamt
dem Nordatlantik mehrere Tiefdruckwirbel,
96 P ersonen wur den aus Seenot ger ettet.
die girlandenartig hint ereinander aufge-
Die Besonderheit v on GINGER, nämlich
reiht von Westen nach Osten wanderten.
das Auftreten im Mai, stellte gleichzeitig das
GINGER
betroffen.
größte Pr oblem dar: Die Bäu
me war en
Bereits vom 25. bis 27. Mai z ogen die Tief-
zu diesem Zeitpunkt ber
druckwirbel D AGMAR un d F ARAH über
belaubt und der
Windwiderstand in-
Deutschland hinweg und sor gten für zeit-
folgedessen sehr
hoch. N ahezu jede r
weilig stürmische Winde mit Spitz enböen
morsche Baum kippt
von bis zu 94 km/h,
vor allem im No rden
wurden abgerissen, durch die Luft gewirbelt
Deutschlands. Zu di esem Zeitpunkt hatt e
und verursachten ihrerseits Schäden. Vor
sich der nächste Tiefdruckwirbel, GINGER,
allem beim Schienen verkehr kam es aus
bereits über
diesem Grunde zu starken Behinderungen.
dem z entralen Nor datlan-
tik entwickelt ( siehe Bodenkarte v om
27. Mai). In den
folgenden Stunden z og
GINGER unter stetiger Verringerung des
Kerndrucks Richtung Br etagne und hatt e
am Mor gen des 28. Mai de
n En glischen
Kanal err eicht. D er Kerndruck betrug zu
diesem Zeitpunkt weniger
als 995 hP a
( siehe Bodenkarte vom 28. Mai). Im
Verlauf des 28. M ai wur den vor allem in
exponierten Küst enlagen Hollands Orkanböen von bis zu 124 km /h beobacht et, im
Westen Deutschlands, vorwiegend in Nord-
96
Die
eits vollständig
e um,
viele Äst e
Sturmdokumentation
Bodenkarte
Sturmtief GINGER
27.05.2000
1 Uhr MEZ
Bodenkarte
Sturmtief GINGER
28.05.2000
1 Uhr MEZ
Bodenkarte
Sturmtief GINGER
29.05.2000
1 Uhr MEZ
97
2000
2000
Sturmdokumentation
Maximalböenfeld
98
Sturmtief GINGER
28.05.2000
Sturmdokumentation
Die Entwicklung des Sturmtiefs ORATIA
des Ti efdruckzentrums führte in Nordeng-
(29. bis 31. Oktober 2000)
land zu k urzen, aber heftigen Schneefällen
sowie in England und an der deutschen
In derletzten Oktoberwoche stand Mitteleu-
Küste zu Böen mit Orkanstärk e (Sylt: 122
ropa unter dem Einfluss einer teils stürmi-
km/h). B esonders dr amatisch war en die
schen westlichen Strömung, wie sie sich vor
durch ORATIA II in weiten Teilen Englands
allem im
ausgelösten S tarkniederschläge. B is z um
Winterhalbjahr
infolge der
Temperaturgegensätze
31. O ktober hatte ORATIA die Südküst e
zwischen dervon Norden kommenden pola-
Norwegens err eicht ( siehe Bodenkarte
ren Kaltluft und der aus Süden vom Azoren-
vom 31. Okt ober) und z og unt er weiterer
hoch herangeführten subtropischen Warm-
Abschwächung nach Norden.
Verschärfung der
luft ausbildet. Entlan g d ieser Frontalzone
bewegte sich ab dem 27. Oktober eine Serie
Deutschland wurde v on ORATIA nur am
von Orkanwirbeln von Westen nach Ost en,
Rande gestr eift, d ie Schäden hielt en sich
die nicht nur stürmische Winde, sondern
daher in Grenzen. Problematischer war da-
auch Starkniederschläge, vor allem auf den
gegen d ie S ituation i n F rankreich, de n
Britischen Inseln, hervorriefen.
Beneluxstaaten u nd i n E ngland. D ort e rreichte der Orkan Windgeschwindigk eiten
Am 29. Oktober wurde Schottland von dem
von mehr als 150 km/h: Zahlr eiche Bäume
Orkanwirbel NICOLE überquert, der einigen
wurden entwurzelt, Dächer abgedeckt und
Stationen auf den Britischen Inseln kräftige
Autos durch umherfliegende Trümmer zum
Niederschläge beschert e. Zu diesem Zeit-
Teil schwer beschädigt. In England löst en
punkt entwick elte sich ber eits das n ach-
die stark en Niederschläge gr
folgende Tief ORATIA über dem Atlantik
Überschwemmungen aus. Nachdem bereits
( siehe Bodenkarte vom 29. Okt ober).
der September und die ersten drei Oktober-
Dieses Tief, in der Bodenkarte vom 30. Ok-
wochen in weiten Teilen des Landes zu nass
tober als ORATIA I bezeichnet, wandert e
waren, t rafen d ie S tarkniederschläge von
unter stetiger Vertiefung des K erndrucks
ORATIA auf wassergesättigten B oden und
sehr rasch über die Nor dsee nach Skan-
wurden dir ekt den Flüs
dinavien und e rzeugte dabei auf Sylt und
Weitere R egenfälle Anf ang Nov ember
Helgoland schwer e Sturmböen von bis zu
spitzten dort die Situation weiter zu.
oßflächige
sen zug eführt.
100 km/h. Viel bemerkenswerter war jedoch
die als ORATIA II bezeichnete nachfolgende
Welle, die in der Bodenkarte vom 29 . Ok tober lediglich als namenlose Störung
südöstlich von Neufundland zu sehen war .
Innerhalb von nur 24 Stunden über querte
ORATIA II den gesamt en Atlantik und erreichte die Südspit ze von Irland ( siehe
Bodenkarte vom 30. Okt
ober). Danach
drehte der Wirbel unter rapider Vertiefung
des Kerndrucks nach Nor dosten ein, überquerte Nor dengland und err
eichte mit
einem Kerndruck von nur 945 hPa die westliche Nordsee. Ein solch tiefer Kerndruck ist
dort seit 1931 weder im Okt ober noch im
November gemessen worden. DerDurchzug
99
2000
2000
Sturmdokumentation
Bodenkarte
Sturmtief ORATIA
29.10.2000
1 Uhr MEZ
Bodenkarte
Sturmtief ORATIA
30.10.2000
1 Uhr MEZ
Bodenkarte
Sturmtief ORATIA
31.10.2000
1 Uhr MEZ
100
Sturmdokumentation
Maximalböenfeld
Sturmtief ORATIA
29.-30.10.2000
101
2000
Witterungsrückblick des Jahres 2001
2001
Witterungsrückblick
1
Witterungsrückblick 2001
Das Jahr 2001 im Überblick
Januar
Nachdem das Jahr 2000 als das bis dahin
Die Schäden durch Naturgefahrenereignisse
wärmste Jahr in Deutschland seit B eginn
lagen 2001 in Deutschland deutlich unt er
der Aufzeichnungen zu Ende gegangen war,
dem Durchschnitt. Während größere Winter-
startete auch der Januar 2001 mit positiven
sturmereignisse nicht auftr aten, war en es
Temperaturabweichungen von b is z u 3 ° C
Gewitter, die für Schäden sorgten: Am 3. Mai
über dem langjährigen Mitt el. Die Ursache
verursachten gewitt ergebundene lokale
war die weitgehende Dominanz milder Luft-
Starkniederschläge im Raum Ahlen-Beckum
massen, zunächst überwiegend aus süd-
sowie im Oberbergischen Kreis Millionen-
westlicher Richtung. Bis zum 10. Januar war
schäden. Am 6./7. Juli kam es dur ch die Ge-
vor allem der
witterfront des Tiefs WILLY in Süddeutsch-
Bereich der Frontalzone mehreren Tiefaus-
land zu beträchtlichen Schäden aufgrund von
läufern ausgesetzt. Sie dur chquerten Süd-
Sturmböen, Hagelschlag und Starknieder-
deutschland von West nach Ost und br ach-
schlägen. Der größte Elementarschaden des
ten vor allem im Stau der Alpen er giebige
Jahres 2001 in Deutschland wurde durch ein
Niederschläge b zw. in den höher en Lagen
Superzellengewitter am 3. August in Bayern,
Schnee. Danach gelangte Deutschland zu-
im Gebiet südlich und östlich von München,
nehmend unt er Einfluss eines nach Ost en
verursacht.
wandernden Hochdruckgebietes überGroß-
Süden Deutschla nds im
britannien, das bis Mitt
e Januar kaltes,
Im Vergleich zur internationalen R eferenz-
überwiegend sonniges un d wint erliches
periode 1961 bis 1990 war es auch im Jahr
Wetter bescherte. Bis Ende des Monats
2001 in Deutschland zu warm. Die Ab-
bildete sich ein kr äftiges, weit nach Süden
weichung betrug 0,8 °C und damit deutlich
reichendes Tief über Island und ein Hoch
weniger als in den dr ei Vorjahren. Vor allem
über Russland au s, die eine ausgepr ägte
der Oktober zeigte die höchst en po sitiven
Strömung aus südwestlicher Richtung her-
Temperaturabweichungen. In Deutschland
vorriefen. L uftmassen u nterschiedlicher
fielen im Jahr 2001 im Mitt el 914 l/ m2 Nie-
Temperatur und Feuchtigkeit durchquerten
derschlag und damit etwa 16 % mehr als im
Deutschland und br achten gebietsweise
Referenzzeitraum. Der September war hier-
Schnee oder Regen.
bei äußerst niederschlagsreich.
Global gesehen lag die Jahr
esmitteltem-
Februar
peratur um 0,40 über dem Mittel der Klimavergleichsperiode. Da nurdas Jahr1998 eine
Verbreitete Schneef älle bei übe rwiegend
noch höhere Durchschnittstemperatur hatte,
niedrigen T emperaturen führt en Anfang
war 2001 das bis dahin zweitwärmst e Jahr
Februar zu Verkehrsbehinderungen und zu
seit 1860.
einer vorübergehenden Schlie ßung der
103
2001
2001
Witterungsrückblick
Flughäfen B erlin-Tegel, F rankfurt am Main
23. März. An vielen Stationen fiel im März
und München. Erst ab dem 3. Februar befand
mehr als das Dop pelte des langjährigen
sich Deutschland wieder im Zustrom milder
Monatsniederschlags.
Luftmassen aus südwestlicher
bis westli-
cher Richtung. Die einströmende warme Luft
führte verbreitet zu Niederschlägen, die zunehmend von Schnee in R egen übergingen.
Eine ausgedehnt e Hochdruckz one von Por-
2001
Niederschlagshöhen in Freudenstadt, Schwarzwald
Niederschlagshöhe [ l/m2]
(Datenbasis: DWD, Witterungsreport Daten, März 2001)
tugal bis nach Russland verhinderte anschließend weitere Niederschläge bis Mitt e Fe-
40
bruar. Diese überwiegend tr ockene Phase
wurde ab dem 19. F ebruar durch eine Luft-
35
massenströmung aus nor dwestlicher Richtung abgelöst. Mit ihr überquerten mehrere
30
atlantische Tiefausläufer Deutschland. Damit
traf einströmende maritime Subpolarluft auf
25
milde Luftmas sen, was vor allem im Stau
der Gebirge zu er giebigen Niederschlägen
führte, die zunächst nur
20
in den höher en
Lagen als Schnee fielen. Obwohl sich in den
15
letzten Februartagen in Deutschland wieder
eine kalte und trockene Strömung aus südli-
10
cher Richtung einst ellte, dominiert en im
Februar überwiegend milde Luftmassen; mit
5
dem Blühbeginn von Schneeglöckchen und
Krokussen wurde derVorfrühling eingeleitet.
Ebenso wie der
Vormonat war auch der
0
1.
3.
5.
7.
9.
11.
13.
15.
17.
19.
21.
23.
Februar um bis zu 3 °C zu warm.
März
Tägliche Niederschlagshöhen [l/m2] jeweils von
März
7 bis 7 Uhr MEZ an der Station Freudenstadt,
Schwarzwald
Die wechselhaft e Witterung setzt e sich im
März fort. Entlang de r Frontalzone überquerten bis zum 27. März zahlreiche atlanti-
Von den lang an haltenden Niederschlägen
sche Tiefs Deutschland von West nach Ost,
waren vor allem die Einzugsgebiet e des
meist auf einer südlichen Bahn. Die Tiefaus-
Rheins und der Donau betroffen. Die zweite
läufer führten abwechselnd k
alte und
Niederschlagsperiode verursachte dabei an
warme Luftmas sen mit sich. Damit geriet
Rhein, Donau, Saar, Mosel und NeckarHoch-
vor allem der Süden Deu tschlands in den
wasserstände. Entlang des Rheins wur de
Grenzbereich unt erschiedlich t emperierter
vielerorts die Hochwas sermarke 2 err eicht
Luftmassen, was ausgedehnte Niederschläge
und die Schifff ahrt eingest ellt. Im Stadt-
zur Folge hatte. Die Tagesniederschläge der
teil Köln-R odenkirchen wur den vorsorg-
Stationen in Süddeutschland, beispielhaft
lich Sandsackbarrieren aufgebaut, größere
dargestellt an der
Schäden blieben jedoch aus.
Station F reudenstadt,
zeigten deutlich zwei Niederschlagsperioden, vom 11. bis 15. und
104
vom 20. bis
25.
27.
29.
31.
Witterungsrückblick
Ende des Monats schwenkten die westlichen
Winde in eine Str ömung aus östlicher Richtung um, mit der zunächst tr ockene, k ontinentale P olarluft her angeführt wur de. Ihr
folgte feuchte Polarluft aus südöstlicherRichtung nach, was erneut Niederschläge in Form
von Schnee bzw. Regen zur Folge hatte.
Hochwasser am Rhein bei Köln-Rodenkirchen
Ende März 2001
April
Der April zeigte sich 2001 von seiner beson-
Stau der Gebirge ergiebig waren. Oberhalb
ders trüben Seit e: Im Gegensatz zu den er-
von 800 m ü. NN fiel der Niederschlag als
sten drei Monaten des Jahr es lag die Tem-
Schnee. Ab dem 12. April flossen vorwiegend
peratur an den meist en Ort en unt er dem
arktische Luftmassen nach Mitteleuropa ein,
langjährigen Mittel, es regnete im Allgemei-
die nasskaltes Osterwetter mit Schnee- und
nen übernormal viel und die Sonne schien
Eisglätte bescherten. Ende des Monats herr-
entsprechend selten. Bis zum 10. April herr-
schte wieder eine westliche Str ömung vor,
schte zunächst eine südwestliche, dann eine
mit der
westliche Strömung vor, mit der wechselnd
Deutschland hinweg nach Osten zogen. Die
milde L uft s ubtropischen U rsprungs u nd
mitgeführten Luftmas sen war en t eils sub-
kühlere S
tropischen, teils subpolaren Ursprungs, ent-
ubpolarluft h
erangeführt
eingelagerte St örungen üb er
wurde. Die F olge war en Niederschläge an
sprechend endete der Monat überwiegend
den Luftmas sengrenzen, die vor allem im
niederschlagsreich und mild.
105
2001
2001
Witterungsrückblick
3. Mai in Nor drhein-Westfalen im Raum
Ahlen-Beckum und im Oberber
gischen
Kreis. In beiden R egionen z eigte die A uswertung des Niederschlagsr adars st ellenweise mehr als 100 l/ m2 Niederschlag innerhalb von zwei Stunden. Als Folge traten
viele k leinere G ewässer über die U fer, d ie
Kanalisation k onnte die
Wassermengen
nicht mehr abführen, und in etlichen Wohnhäusern und Gewerbeobjekt en stand das
Wasser auch im Erdgeschoss. Die Schäden
wurden auf insgesamt 40 bis 50 Mio. € geschätzt, wovon ca. 7 Mio. € auf eine einzige
Wohnungsbaugesellschaft entfielen.
Mai
Ganz anders als imApril dominierten im Mai
die Hochdruckwetterlagen. Sie bescherten
Deutschland über durchschnittlich sonniges und tr ockenes Wetter, das lediglich
Anfang und Mitt e des Monats
von t eils
heftigen Gewittern unterbrochen wurde.
Die Wetterlage zu Monatsbeginn war
dadurch gek ennzeichnet, das s sich vom
Nordmeer über Westeuropa bis zur Iberischen Halbinsel eine Z
one tief en Luft-
druckes erstr eckte, flankiert von hohem
Folgen des Gewitters am 03.05.2001 in Ahlen
(Quelle: Bauverein Glückauf, Ahlen)
Luftdruck über dem Atlantik und hohem
Luftdruck über Ost- und Südeuropa. Bei
106
dieser Konstellation gelangt e tr opische
Nach weit eren Gewitt ern Mitt e Mai, die
Festlandsluft a us s üdlicher Richtung n ach
ebenfalls Ü berschwemmungs- u nd H agel-
Mitteleuropa, die für sommerliche Tempe-
schäden in Nor drhein-Westfalen und in
raturen von bis zu 29,7 °C (Potsdam: 3. Mai)
Bayern verursachten, wur de die Hoch-
sorgte. Der feuchtwarmen subtr opischen
druckwetterlage erst Ende des Monats von
Festlandsluft f olgte
einer starken Str ömung aus westlicher
kalte
Meeresluft.
Im Grenzbereich beider Luftmassen kam es
Richtung abgelöst. Die eingelagert
en
zu Hebungseff ekten mit hochr eichender
atlantischen Störungen streiften allerdings
Quellbewölkung und stark en Gewitt ern,
lediglich den Nor den Deutschlands, so
teilweise verbunden mit Hagel. Besonders
dass auch dieser Abschnitt überwiegend
schwerwiegend war en die Gewitt er am
sonnig und niederschlagsarm war.
Witterungsrückblick
In Sachsen richtete ein Tornado am 31. Mai
im Raum Börnichen, L engefeld, B orstendorf, Zschopau und Krumhermersdorf
beträchtliche Schäden
von mehr eren
Millionen € an.
Juni
Bis zum 23. Juni lag Deutschland überwiegend in einer Strömung aus west licher
bzw. nor dwestlicher Richtung. Die einströmenden Luftmassen waren meist subpolaren Ursprungs und führten zu einer
kühlen Witterung. Vom 5. bis 17. Juni
sorgten eingelagert e atlantische St
rungen für
ö-
häufige Luftmassenwechsel
zwischen kalt er Meeresluft und warmer
Luft subtropischen Ursprungs. Verbreitete
27. Juni
Niederschläge und Gewitt er waren die
Gewitterübersicht vom 27.06.2001
Folge. So mus
(Datenbasis: Meteorological Office UK)
ste die B
erliner Feuer-
wehr am 17. Juni mehr
als 300 Mal
ausrücken, um vollgelaufene K eller leer
zu pumpen. Erst ab dem 24. Juni gelangte
Deutschland wieder
Juli
unter Hochdruck-
einfluss. B ei t eilweise ununt erbrochenem
In der ersten Juliwoche lag Deutschland
Sonnenschein und unt er dem Einf luss
unter Hochdruckeinfluss, so dass sich son-
subtropischer Festlandsluft wurden Tem-
niges und sehr warmes Wetter einstellte.
peraturen von bis zu 32,2 °C (Karlsruhe:
Danach folgte eine vierzehntägige wechsel-
26. Juni) err
eicht. Das F
rontensystem
hafte, überwiegend kühle und r egnerische
Irland und Gr
oßbritannien
Phase, die durch eine Westwetterlage her-
wandernden Tief druckwirbels bescherte
vorgerufen wur de. Zu B eginn z og vom 6.
am 27. Juni dem Westen und Südwest en
bis 8. Juli ein sehr großes Unwettersystem
von Deutschland zum
(300 bis 400 km Ausdehnung), das mit
eines über
Teil stark e Ge-
witter mit Starkr egen, Sturmböen und
Sturmböen bis zu 130 km/h sowie lokalen
bis zu „t ennisballgroßen“ Hagelk örnern.
Hagel- und Starkniederschlägen assoziiert
Besonders betr offen war en Nor drhein-
war, von Frankreich kommend in nordwest-
Westfalen und Baden-Württemberg: Bäume
licher Richtung über weite Teile Deutsch-
wurden entwurz elt, zahlr eiche K eller
lands hinweg. B ei der Gewitterfront des
mussten leer
Tiefs WILLY handelte es sich um eine so
gepumpt wer den, Blitz e
führten zu Br änden und Überspannungs-
genannte squalline, d. h. eine Aneinander-
schäden. Bis zum Monatsende unt
reihung mehr erer heftiger Gewitter, bei
er-
brachen weit ere atlantische Tiefausläufer
denen starke Winde mit Sp itzengeschwin-
den Hochdruck einfluss. An den Luft-
digkeiten bis 160 km/h auftr eten k önnen.
massengrenzen kam es zu Niederschlägen
Zu Sach- und Personenschäden kam es am
und am 30. Juni zu stark en Gewitt ern in
6. Juli in Ostfrankreich (Straßburg) und am
Nord- und Ostdeutschland.
7. Juli in Baden-Württ emberg und Bayern
107
2001
2001
Witterungsrückblick
Böenwalze des Gewitters vom 07.07.2001 im Raum München (Quelle: W. Stieglmair, München)
vor allem dur ch Windeinwirkung. Im weiteren Verlauf wurden Gebiet e in Ost- und
Norddeutschland heimgesucht, wobei
insbesondere Ü berschwemmungsschäden
durch Starkniederschläge hervor gerufen
wurden.
Am 23. Juli führte ein Gewit ter in der Westeifel zu starkem Hagelschlag (lokal Hageldecke bis 25 cm) und im Münst
erland
zu zahlreichen Überschwemmungen von
Kellerräumen. In der
letzten Juliwoche
stellte sich wie zu Monatsbeginn erneut
Hochdruckeinfluss und damit ein
herge-
hend niederschlagsfreies und sehr warmes
hochsommerliches W etter in Deutschland
ein. Im südlichen Polen führten z eitgleich
Hagelkörner des extremen Gewitters im Raum Rosenheim
verbreitete Starkniedersch läge zu stark en
am 03.08.2001 (Quelle: W. Stieglmair, München)
Überschwemmungen im Einzugsgebiet der
Weichsel, wodur ch, gemes sen an den
volkswirtschaftlichen Schäden, die gr ößte
August fort. Vom 3. bis 5. August
Naturkatastrophe des Jahres 2001 in Euro-
der Tiefdruckwirbel HAR TMUT, der
pa verursacht wurde.
der Iberischen Halbinsel in nordöstlicher
führte
von
Richtung nach Skandina vien z og, zu t eilweise
August
heftigen
Gewittern.
Besonders
betroffen in Deutschland war en Oberbayern und hier der Raum Bad Tölz sowie die
108
Der Hochdruckeinfluss der letzten Juli-
Landkreise Miesbach, R osenheim, Traun-
woche setzt e sich auch zu B
stein und Garmisch-P
eginn des
artenkirchen. Ein
Witterungsrückblick
Superzellengewitter (extremes Gewitt er
mit sehr hoch r eichendem, r otierendem
Aufwindbereich) führte hier am 3. August
innerhalb von etwa zwei Stunden zu abgedeckten Hausdächern, umgestürzt
en
Bäumen, überfluteten Kellern sowie zu
Stromausfällen und vor allem zu Hagelschäden an Häusern u nd Fahrzeugen. Insgesamt entstand bei diesem Er eignis ein
Schaden von über 200 Mio. €.
Am 6. August führte eine Windhose in Belm
(Landkreis Osnabrück) zu starken Schäden.
Innerhalb v on 90 Sekunden v erursachte
der Tornado eine 50 Met
er breite und
ca. 600 Meter lange Schadenspur in der Innenstadt des Ort es. Die Schäden, abgedeckte Dächer, geborstene Fensterscheiben, entwurzelte Bäume, etc., beliefen sich
laut Pr esseberichten schätzungsw eise auf
insgesamt 2,5 Mio. €.
Nachdem in der zweiten Augustwoche eher
Tornado über Belm (Landkreis Osnabrück)
wechselhaftes Wetter herrschte, setzte sich
am 06.08.2001 (Quelle: dpa)
zur Monatsmitte Hochdruckeinfluss durch,
und es kam in Deutschland zu einer Hitzewelle mit Temperaturen, die gebietsweise
über 35 °C lagen. Zum Ende der
September
zweiten
Dekade stellte sich über Mitteleuropa eine
Im Gegensatz zu den beiden Vormonaten
Grenzwetterlage zwischen sehr
warmer
war der September im V ergleich zum
Luft im Südosten und von Nordwesten ein-
langjährigen Mittel zu nass und um 1,6 °C
strömender kühlerer Meeresluft ein, wobei
zu kalt. Grund war die anhaltende Nord-
es teilweise zu starken Niederschlägen und
westlage und die damit verbundenen häu-
Gewittern kam. Abgesehen von den letzten
figen Vorstöße subpolarer Luftmassen aus
Tagen des August war der Rest des Monats
westlicher und nör dlicher Richtung, die
durch eine erneut e Hitz ewelle gek enn-
lediglich zum Monatsende dur
zeichnet, wobei örtlich starke Gewitter auf-
Warmlufteinschub unt erbrochen wur den.
traten, z. B. am 23./24. August im Raum
Die Tiefdruckgebiete, die fast während
Hamburg und am 26. in Niedersachsen.
des gesamten Monats in unregelmäßigen
ch einen
Abständen über unser Gebiet z ogen b zw.
Ebenso wie für den Vormonat war für den
zeitweise stabil über Mitteleuropa lagen,
August eine po sitive Abweichung der Mo-
brachten oft ausgedehnt e Niederschlags-
natsmitteltemperatur gegenüber der Refe-
felder mit. Dementspr echend fielen in
renzperiode 1961 bis 1990 zuverzeichnen.
Norddeutschland v erbreitet
Die Abweichung lag im Juli bei 1,6 °C und
300 % und in Süddeutschland zwischen
im August bei 1,8 °C. Der August 2001 war
100 und 200 % der mittleren R egenhöhe
damit der bis dahin achtwärmste seit 1901.
der Jahre 1961 bis 1990. Miteiner mittleren
mehr
als
109
2001
2001
Witterungsrückblick
Niederschlagshöhe von 134,5 mm für Ge-
November
samtdeutschland war dieser September der
bis dahin nasseste seit 1901. An Elementar-
Der Norden Deutschlands wurde zu Beginn
schäden war en, neben begr enzten Sturm-
des Novembers wiederholt von Kaltfronten
schäden am 9. Sept ember in F rankfurt am
erfasst, die mitTiefdruckgebieten überNor-
Main und in Thüringen, am 26. Sept ember
deuropa as soziiert war en. An der
Küste
im Raum Hambur g Überschwemmungs-
herrschte dabei am 1. und 4. Nov
ember
schäden dur ch Starkniederschläge inf olge
stürmisches Wetter mit Windgeschwindig-
schwerer Gewitter zu verzeichnen.
keiten bis zu 85 km/h. Ein Hochdruckgebiet
über dem südlichen Mitteleuropa verlagerte sich in der
Oktober
Folgezeit allmählich nach
Osten und ließ arktische Luftmas sen aus
nordwestlicher Richtung nach Süddeutsch-
In der
ömten
land nachstr ömen. Im Über gangsbereich
maritime Luftmas sen zwischen Tiefdruck-
ersten Monatsdekade str
der Luftmassen zogen flache Tiefdruck-
gebieten über dem Atlantik und k ontinen-
gebiete über
talem Hochdruck
führten zu einer niederschlagsreichen,
über Osteuropa nach
Deutschland hinweg und
Deutschland und führten zu sommerlichen
kühlen und windigen
Temperaturen. Im Gebiet südöstlich
8. Nov ember stürmte es dabei im Rhein-
von
Witterung. Am
Osnabrück entwickelte sich – wie bereits im
Main-Gebiet, und in den Gipf ellagen der
August – am 1. Okt ober eine Windhose, die
Berge wur den in diesem Zeitr aum Wind-
am Abend gegen 18 Uhr
geschwindigkeiten bis zur
innerhalb von
Orkanstärke
2 Minuten in Remsede und Hilter (Landkreis
beobachtet (z. B. 148 km/h auf
Osnabrück) c a. 50 Dächer
spitze). Ebenfalls am 8. November trat – wie
abdeckte und
somit Millionenschäden verursachte.
bereits im August und Okt
der Zug-
ober – zum
dritten Mal in diesem Jahr eine Windhose
Im Zeitr aum zwischen dem 10. und 20.
im Osnabrück er Land auf . Auch dieses
Oktober wurde die Witterung im überwie-
Mal wurden erhebliche Sachschäden durch
genden Teil Deutschlands dur
ca. 40 abgedeckte Dächer und beschädigte
ch Hoch-
druckeinfluss bestimmt, so das s sich für
Fahrzeuge verursacht, wobei der Schaden-
diese Jahr eszeit sehr warmes und nieder-
aufwand aber deutlich geringer ausfiel als
schlagsarmes Wetter einstellte. In der
bei dem Tornado in B elm am 6. August.
letzten Monatsdekade sorgten Tiefausläufer,
Betroffen war diesmal die Stadt Hagen süd-
die von Südwesten heranzogen, nördlich
westlich von Osnabrück.
der Donau für eine deutlich feuchtere sowie
kühlere Witterung. Im Süden Deutschlands
Um die Monatsmitte dehnte sich ein Hoch-
herrschte währ enddessen spätsommer-
druckkeil vom Atlantik bis nach Mitt el-
liches Wetter.
europa aus, so dass nach Norddeutschland
milde Luft maritimen Ursprungs geführt
Bemerkenswert für den Okt ober war, das s
wurde, währ end in Süddeutschland k onti-
die Temperaturen vielerorts und erstmals
nental geprägte Luftmassen vorherrschten.
seit 1901 auch im Mittel für Gesamtdeutsch-
Zu Beginn der letzten Monatsdekade dehn-
land höherlagen als im September. Mit einer
te sich Kaltluft aus Norden k ommend bis
Mitteltemperatur von 12,6 °C war
zu den Alpen aus und
dieser
Oktober der bis dahin wärmste seit 1901.
110
führte in ganz
Deutschland zu niedrigeren Temperaturen
Witterungsrückblick
und zu ergiebigen Niederschlägen. Ab dem
Die letzte Monatsdekade wurde durch eine
25. November setzte sich wiederum etwas
Nordwestwetterlage bestimmt, wobei ent-
mildere, aber
lang der über Mitteleuropa v erlaufenden
weiterhin niederschlags-
reiche Witterung durch.
Frontalzone einzelne Störungen in rascher
Folge i n R ichtung S üden u nd S üdosten
zogen. Es strömten kühle Luftmassen arkti-
Dezember
schen U rsprungs n ach D eutschland u nd
führten hier zu sehr ergiebigem Schneefall.
Durch eine Nor d-Süd-orientierte Luftmas-
Betroffen war das gesamt e Bundesgebiet,
sengrenze lag der östliche Teil Deutsch-
insbesondere abe r der süd- und o stdeut-
lands zu Monatsbeginn unter dem Einfluss
sche Raum und die Mittelgebirge. Durch die
kontinentalen Hochdrucks, währ end im
teilweise hohen Windgeschwindigkeiten
Westteil milde Meeresluft vorherrschte. Ein
kam es vielerorts zu Schneeverwehungen
Tiefdruckgebiet, das vom Nordatlantik he-
und dadur ch zu chaotischen Verkehrsver-
ranzog und am 6. Dezember mit Kern über
hältnissen.
Deutschland lag, führte im gesamten Bundesgebiet zu mildem, niederschlagsr ei-
Mit Ausnahme des äußersten Nordwestens
chem und stürmischem Wetter. In den Fol-
war es im Dez ember in ganz Deutschland
getagen etabliert e sich eine Hoch-
kälter als i m langjährigen Mittel. In Süd-
druckzone über
Nordeuropa und an-
deutschland lag die negative Temperatur-
schließend über
den Britischen Inseln,
abweichung dabei in weit en Gebieten
wodurch k ontinentale Luft aus Südo sten
zwischen 1 und 2 °C. Ein Temperaturrekord
nach Mitt eleuropa str ömte und hier vom
wurde in der
9. bis 20. Dezember zu einer überwiegend
Funtensee im Berchtesgadener Land aufge-
trockenen Frostperiode führte. Lediglich in
stellt: mit -45,9 °C wurde hier der niedrigste
das norddeutsche Tiefland drangen milde
Wert seit Beginn derWetteraufzeichnungen
und feuchte Luftmassen aus Norden vor.
in Deutschland gemessen.
Nacht zu Heiligab end am
111
2001
Witterungsrückblick und Sturmdokumentation des Jahres 2002
2002
Witterungsrückblick
1
Witterungsrückblick 2002
Das Jahr 2002 im Überblick
Betrachtet man die globalen Verhältnisse, so
war das Jahr 2002 das bis dahin zweitwärmste seit Beginn derAufzeichnungen 1860. Die
Winterstürme, serielle Gewitter und vor allem
Abweichung derOberflächentemperatur vom
das Augusthochwas ser machten 2002 zu
langjährigen Mittel betrug 0,5 °C. Neun der
einem extrem schadenträchtigen Jahr. Ende
zehn wärmst en Jahr e tr aten seit 1990 auf;
Januar sorgte das Sturmtief JENNIFER in
1998 war das bisher wärmste Jahr.
Norddeutschland für Schäden, deren Ausmaß
durch den Orkan ANNA am 26. Februar noch
deutlich übertroffen wurde. Im Juni waren es
Januar
Gewitterserien, die vor allem in Südwestdeutschland und auch in Norddeutschland zu
In der ersten Monatshälfte herrschte kaltes,
hohen Schäden durch Hagelschlag und Sturz-
ruhiges Winterwetter vor. Die dafür verant-
fluten führten. Zwei Starkniederschlag-
wortlichen Hochdruckwett erlagen blockt en
ereignisse in derersten Augusthälfte führten
die Tiefdruckgebiete der atlantischen Fron-
im Einzugsgebiet der
talzone ab, so das s diese Eur opa auf einem
Donau, vor allem
aber im Einzugsgebiet der Elbe zu katastro-
weit nach Nor
phalen Überschwemmungen, die den ganzen
passierten. Am 6./7. Januar
August andauert en und in Deutschland
Nordhälfte Deutschlands ein Int
volkswirtschaftliche Schäden in Höhe von
durch frontgebundene Niederschläge, die
ca. 11,5 Mr d. € verursachten. In der letzten
verbreitet vereiste F ahrbahnen und Kfz -
Oktoberdekade richteten die beiden Sturm-
Karambolagen nach sich z ogen. Mit B eginn
tiefs IRINA, v or allem aber JEANETTE sehr
der zweiten Monatshälfte etablierte sich eine
hohe Sachschäden an. Am 16. November kam
Westlage, bei derin kurzer Abfolge Tiefdruck-
es aufder Alpennordseite zu einem schweren
gebiete über
Föhnsturm.
Dabei wurde die Kaltluft durch milde, atlan-
den verschobenen Kurs
gab es in der
ermezzo
Deutschland hinwegz ogen.
tische Meer esluft ersetzt, und die NiederDas Jahr 2002 war in Deutschland mit einer
schlagsmengen nahmen stark
Jahresmitteltemperatur von 9,6 °C um 1,3 °C
letzten Monatstagen gelangte mit denWarm-
wärmer als im langjährigen Mitt el. In z ehn
sektoren der Tiefdruckgebiete IL ONA und
von zwölf Monaten lag die Mitteltemperatur
JENNIFER (27. bis 29. Januar) warme Sub-
deutlich über dem Wert der Klimavergleichs-
tropikluft nach Deutschland, die – wie häufig
periode, nur im Okt ober war es in ganz
bei starken Temperaturgegensätzen an den
Deutschland zu kühl. 2002 war das bis dahin
Fronten der Wirbel – für die St urmaktivität
niederschlagsreichste Jahrseit 1901. Im Mit-
dieser Tiefs mitverantwortlich war ( siehe
tel fielen mit 1018 l/m etwa 29 % mehr Nie-
Die Entwicklung der Sturmtiefs JENNIFER).
2
zu. In den
derschlag als im langjährigen Dur chschnitt.
Mitverantwortlich hierfür war die starke Ge-
Im Zuge der Westlage kam es verbreitet zu
witteraktivität in diesem Jahr – an 117 Tagen
Niederschlägen, die vom 28. bis 30. Januar
des Jahr es wur de in Deutschland Hagel-
besonders a n S aar und Rh ein z u H och-
schlag beobachtet.
wasser führten. Am 31. Januar traten in
113
2002
2002
Witterungsrückblick
Februar
Im Februar bestimmte ein verstärkter Druckund Temperaturkontrast zwischen dem nordatlantischen B ereich tief en Luft drucks in
der norwegischen See und dem Subtro-penhoch im B ereich der Azoren die Situation.
Daraus resultierten Westwetterlagen, die in
Deutschland – insbesondere in den Stauregionen derMittelgebirge – sowohlfür große
Niederschlagsmengen sor gten als auch
stürmische Böen mit sich br achten. Hochwasser gab es nach frontgebundenen Niederschlägen a m 1 3. u nd 1 4. F ebruar an
Lahn, F ulda, M osel, S aar und R hein. N ur
Durch den Sturm JENNIFER zerstörte Windkraft-
zwischen dem 14. und 18. Februar kam es
anlage nahe Husum (Quelle: dpa)
unter Hochdruckeinfluss und Zust
arktischer Meeresluft zu einer
rom
Rückkehr
kalten Winterwetters, das jedoch anschsubtropischer Festlandsluft nach einem
ließend erneut r egenreichen und stürmi-
Frontdurchgang sogar
außergewöhnlich
schen Nordwest- und Westwetterlagen wei-
starke Gewitter auf, die Sturmschäden verur-
chen musste. Am 21. Februar kam es an der
sachten. Die feuchte, milde zweit e Monats-
Ostseeküste z u e iner Sturmflut, n achdem
hälfte überk ompensierte die tr ocken-kalte
das Tief XANTHIA s tarke B öen aus n ördli-
erste Monatshälft e, so das s de r Januar be-
chen Richtungen gegen die Küst e geführt
sonders in der Nordhälfte gegenüber dem
hatte. Teile mehrerer Ostseestädte wurden
Mittelwert derKlimavergleichsperiode (1961
überflutet (Wismar, Rostock, Stralsund, Kiel,
bis 1990) um mehr als 3 °C zu warm ausfiel.
Lübeck). Aufgrund derhohen Niederschläge
2002
Wasserstandsganglinie am Pegel Bonn am Rhein
Wasserstand [cm ü. Pegelnullpunkt]
(Datenbasis: BFG 2002)
900
Hochwasser II: kein Schiffsverkehr; erste Überflutung
800
700
Hochwasser I:
eingeschränkter Schiffsverkehr
600
500
400
Mittlerer Wasserstand
im Winterhalbjahr (1987 - 1996)
300
200
100
0
26.
28.
Januar
114
30.
01.
03.
05.
07.
09.
11.
13.
15.
Februar
17.
19.
21.
23.
25.
27.
01.
03.
05.
07.
09.
11.
März
13.
15.
17.
19.
2002
Witterungsrückblick
März
Anders als im Februar wechselten sich sehr
unterschiedliche Wetterlagen ab. So führte
nach einem kalt en Monatsbeginn unt er
Hochdruckeinfluss eine Westlage stürmische Tiefs in Begleitung milder, atlantischer
Luftmassen nach Deutschland. Zu B eginn
der zweiten Dekade gelangt e an der Nordwestflanke eines Hochs über Südosteuropa
milde Subtropikluft zu uns; in Süddeutschland blieb es bis über die Monatsmitte hinaus mild und tr ocken. Mit der Westlage
zwischen dem 18. und 22. März k
am es
jedoch besonders im Südwesten und Süden
zur Akkumulation gr oßer Niederschlagsmengen (in F reudenstadt 248 l/ m2 in f ünf
Tagen). Einige Flüsse südlich des Mains,
z. B . d ie D onau, führten d araufhin H ochwasser. Die letzten Märztage standen unter
Hochdruckeinfluss mit Nachtfr östen und
stetig ansteigenden T agestemperaturen.
Auch im März lag dieTagesmitteltemperatur
gegenüber der Klimavergleichsperiode verDurch den Orkan ANNA zerstörtes Pultdach in
breitet um mindestens 1 °C zu hoch. In der
Hannover (Quelle: dpa)
Südhälfte Deutschlands tr at ein Niederschlagsplus von stellenweise 200 % auf.
waren Teile des Rheineinzugsgebiet es von
der dritten Hochwasserwelle in Folge be2002
troffen.
Am 26. Februar zog das Sturmböenfeld des
Niederschlagshöhen in Freudenstadt, Schwarzwald
Niederschlagshöhe [ l/m2]
Orkans ANNA durch den Nor den Deutsch-
90
lands und richt ete erhebliche Schäden an
80
( siehe Die Entwicklung des Orkans ANNA).
70
(Datenbasis: DWD, Witterungsreport Daten, März 2002)
60
Durch den Zustr om überwiegend
milder,
50
atlantisch geprägter Luftmassen lag die Mit-
40
teltemperatur im Februar in ganz Deutschland
30
etwa 5 °C über
dem Mitt elwert der Klima-
20
vergleichsperiode; die W estwetterlagen
10
brachten zudem kr äftige Überschr eitungen
0
der mittleren Februar-Niederschlagssumme
der Klimavergleichsperiode (240 bis 380 %).
1.
3.
5.
7.
9.
11.
13.
15.
17.
19.
21.
23.
25.
27.
29.
31.
März
115
2002
Witterungsrückblick
April
einer Hochdrucklage au s, die warme und
trockene Witterung br achte. Auch der Mai
Unter Hochdruckeinfluss gelangte im ersten
war gegenüber der Klimavergleichsperiode
Monatsdrittel a us n ordöstlicher Richtung
zu warm – im Osten um mehr als 2 °C.
kalte Festlandsluft zu uns, die trockene und
sonnige Witterung zur Folge hatt e. Zur
Monatsmitte zog ein Tiefdrucksystem längs
Juni
einer von Süd nach Nor d gerichteten Bahn
durch die Osthälft
e Deutschla nds und
Nach fünf Tagen zunehmender Erwärmung
führte dabei maritime Subpolarluft gegen
unter Hochdruckeinfluss wurden in dersehr
wärmere Subtr opikluft im Ost en. In der
warmen Subtropikluft am Abend des 5. Juni
labil geschicht eten Luft entstanden er gie-
durch ein F rontensystem in Baden-Würt-
bige S chauer- u nd G ewitterniederschläge
temberg und Bayern heftige Gewitt er mit
im Osten und Norden Deutschlands. Nach
Starkniederschlägen und Hagel ausgelöst.
einem sonnenscheinreichen Hochdruckab-
In den Landkr eisen Günzbur g, A ugsburg
schnitt zu Beginn des letzten Monatsdrittels
und Unterallgäu entstanden Überschwem-
stellte sich in den letzten Tagen des Monats
mungsschäden. Zu B eginn des zweit en
eine Westlage ein, die besonders im Norden
Monatsdrittels stellte sich eine Westlage
niederschlagsreich ausfiel.
ein, die F ronten mit Gewitt erbildung von
West nach Ost überdie Nordhälfte Deutschlands führte. Am 12. Juni entwick elte sich
Mai
aus einem dieser Gewitter ein Tornado, der
in Wittenberg und Umgebung eine 15 km
116
Eine niederschlagsreiche, mit Gewittern ver-
lange Spur der Verwüstung zog und volks-
bundene Grenze zwischen Subtropikluft im
wirtschaftliche Sc häden im me hrstelligen
Osten und kühler er Meeresluft im Westen
Millionenbereich anrichtete. Als die Fronten
zog sich währ end der ersten Maitage von
dieser für die Unwett er verantwortlichen
Süd nach Nor d dur ch D eutschland. Nach-
Wellentiefs am 15. Juni auch auf den Süden
dem sich die warme Subtropikluft bis gegen
Deutschlands über griffen, kam es dort zu
Ende d es e rsten M onatsdrittels in g anz
starken Gewittern. Ab dem 17. Juni bis weit
Deutschland ausgebreitet hatte, kam es bis
in das letzt e Mon atsdrittel hinein bildet e
zur Monatsmitte dur ch Tiefs, die aus Süd-
sich eine Wetterlage heraus, bei der heiße
westen auf Deutschland übergriffen, zu un-
tropische Luft aus Südwesten an der Nord-
beständigem und kühlem Wetter. Die Hoch-
westflanke eines Hochs nach Deutschland
druckbrücke, die sich bis zum B eginn des
transportiert wurde. An den F rontverläufen
letzten Monatsdritt els über Mitteleuropa
zur kühleren Meeresluft im Nordwesten kam
aufgebaut hatte, konnte den Über griff von
es vom 18. bis zum 24. Juni täglich zu
Fronten aus dem Nor den nicht völlig blo-
schweren Gewitt ern mit Hagels chlägen:
ckieren: Am Abend des 18. Mai kam es dur
ch
Am 18. war die Nor dhälfte Deutschlands
eine Kaltfront mit schweren (Hagel-) Gewit-
betroffen, am 19. stärk er der Süden, am
tern in Baden-Württemberg und Südbayern
20. Juni z ogen schwere Hagelgewitter aus
zur Verdrängung der Warmluft. Am 23. Mai
Südwesten über Deutschland hinweg mit
wurde erneut Subtr opikluft dur ch kühler e
Schäden in Nordbaden, im Main-Tauber-Ge-
Meeresluft hinter einer aus Südwesten her-
biet, in Nor drhein-Westfalen und Sachsen.
anrückenden Kaltfront ersetzt, wobei hefti-
Am 21. Juni kam es zu Schäden in Baden-
ge (Hagel-) Gewitter im Großraum Hannover
Württemberg und Bayern, ebenso bei den
Schäden verursachten. Der Monat klang mit
schweren (Hagel-) Gewittern am 23./24. Juni.
Witterungsrückblick
18. Juni
19. Juni
20. Juni
21. Juni
23. Juni
24. Juni
Serielle Gewitter im Juni mit Überschwemmungs-, Hagel- und Sturmschäden
(Datenbasis: Meteorological Office UK)
Juli
Im Zuge dieser Gewitterserien wur den bei
Der Julianfang war von T iefdruckgebieten
Calw, Heppenheim und Anschau/Eifel Torna-
dominiert, die vor allem Nor ddeutschland
dos b eobachtet. I nsgesamt verursachten
von West nach Ost über querten und ge-
die zahlreichen Gewitter durch Sturmböen,
bietsweise ergiebige Niederschläge br ach-
Hagel und Starkr egen Sachschäden von
ten. Erst am 7. Juli tr at Wetterberuhigung
mehr als 100 Mio. €.
ein. Die anschließend aus Südwest en nach
Deutschland einstr ömende schwülheiße
Das Wetter blieb bis zum Monatsende wech-
Luft tropischen Ursprungs traf auf kühle
selhaft. Gegenüber der Klimavergleichs-
Meeresluft. An den Luftmassengrenzen ent-
periode fiel der Juni in der Nordhälfte um
wickelten sich extreme Unwetter, die am 9.
mindestens 1 °C und im Süden um 2 bis 3 °C
und 10. Juli von Südwesten nach Nordosten
zu warm aus.
über Deutschland hinwegzogen.
117
2002
2002
Witterungsrückblick
9. Juli
10. Juli
Gewitterübersicht vom 09. und 10.07.2002
(Datenbasis: Meteorological Office UK)
werden, da ihre Standsicherheit nicht mehr
gewährleistet war . Die st arken Böe n und
gebietsweise extremen Niederschläge führten auch in anderen Teilen Deutschlands zu
beachtlichen Sachschäden.
Ab dem 13. Juli nahm die Höhenstr ömung
über Mitteleuropa einen v-förmigen Verlauf
an – eine so genannt e Trogwetterlage. In
dieser Strömung tr ansportierten Einz elstörungen, wie z. B. das
Tief CLAUDIA,
feucht-warme Luft vom Mitt elmeer östlich
um den Alpenbogen herum nach Nor den
und führten vom 16. bis 18. Juli in Niedersachsen, Sachsen-An halt, Schleswig-HolSturmschäden durch das Gewitter am 10.07.2002
stein und Hessen zu sintflutartigen Regen-
in Berlin (Quelle: ddp)
fällen. Die F olge waren zahlreiche Überf lutungen von Straßen und Kellern, hauptsächlich i m H arz u nd H arzvorland z wischen
Am 9 . J uli w aren h auptsächlich B ayern,
Hannover, Magdeburg und Nordhausen.
Nordrhein-Westfalen, N iedersachsen u nd
118
Schleswig-Holstein von heftigen Schauern,
Auch nach dem 19. Juli blieb das
Gewittern und böigen
vor allem im Nor den Deutschlands unbe-
Winden be troffen.
Wetter
Am 10. Juli tr aten vor allem in B erlin und
ständig und niederschlagsreich. Erst ab dem
Brandenburg stark e Gewitt erböen auf , bei
28. Juli gelangt e Mitt eleuropa unt er Hoch-
denen acht Menschen starben und 49 P er-
druckeinfluss mit warmerund trockener Fest-
sonen verletzt wur den – hauptsächlich
landsluft. Die folgende schwülwarme Witte-
durch umstürz ende Bäume. Die höchst en
rung bescherte am 30. Juli im Osnabrück er
Windgeschwindigkeiten der Böenfront wur-
Land – im Ost en von Melle – ein schwer es
den mit 152 km/h am Wannsee gemessen.
Unwetter verbunden mit einem Tornado, der
Insgesamt stürzt en entlang von St raßen
eine rund 7 km lange und 100 Meter breite
und in öffentlichen Parks rund 4 300 Bäume
Schneise schlug und Schäden von mehr en
um b zw. mus sten im Nachhinein gef ällt
Hunderttausend Euro verursachte.
Witterungsrückblick
2002
Niederschlagshöhe vom
16. bis 18.07.2002 in %
des mittleren Juliniederschlages 1961 bis 1990,
Datenbasis 300 Stationen
(Quelle: DWD 2002)
16. – 18. Juli 2002
August
Oderflut 1997 und die Weichselflut 2001
gingen auf solche Vb-Situationen zurück.
Zu Beginn des August 2002 führten inner-
Die gr oßräumige Niede rschlagstätigkeit
halb von zwölf Tagen z wei auf einander
von ILSE begann am 10. August in der Ost-
folgende Starkr egenereignisse zu extr e-
schweiz und in Sü dwestdeutschland und
men Überschwemmungen in Deutschland,
setzte sich am 11. August mit stark en Re-
Österreich und Tschechien. Vom 6. bis 7.
genfällen in Österreich und in Deutschland
August fielen gr oßräumig stark e Nieder-
fort. Am 12. August fielen aufgrund der ge-
schläge in Ostbayern, Böhmen und Öst er-
ringen V erlagerungsgeschwindigkeit des
reich. Sie führten zu einer Sättigung der
Niederschlagsgebietes vor allem im sächsi-
Böden und zu ersten Hochwasserwellen im
schen Osterzgebirge extreme Niederschlä-
Einzugsgebiet der Donau. Das zweit e Nie-
ge. An mehr eren Stationen wur den neue
derschlagsereignis, das für die katastropha-
Rekorde für den 24-Stunden-Niederschlag
le Entwicklung entscheide nd war , wur de
gemessen. In Dresden wurden 1 58 l/m2
durch das Tief ILSE verursacht: Mit dem Tief
registriert, das bisherige Maximum lag mit
wurde längs einer so genannt en Vb-Zug-
77,4 l/m2 (am 2. August 1998) deutlich dar-
bahn feuchte Luft vom Mittelmeerraum öst-
unter. Bis dat o un vorstellbar hohe Nieder-
lich um die Alpen herum nach
schlagsmengen gab es an der Station Zinn-
N orden in
Richtung P olen tr ansportiert. Auch die
wald-Georgenfeld, südlich von Dresden: In-
119
2002
Witterungsrückblick
nerhalb von 2 4 S tunden fielen d ort
3,3 Mrd. € (19 %) dieVersicherungswirtschaft
312 l/m , was dem Vierfachen des normalen
zu tr agen hatt e. Der überwiegende Ant eil
Niederschlages i m g anzen A ugust e nt-
mit ca. 11,5 Mrd. € volkswirtschaftlichem
spricht. Dieser Wert st ellt für Deutschland
Schaden – davon waren 1,8 Mrd. € versichert
den ab solut höchst en bisher gemessenen
– entfiel auf Deutschland und da von allein
Tagesniederschlag dar.
8,6 Mr d. € auf das Bundesland Sachsen. In
2
Sachsen hatten 20 % der Schäden die privaten Haushalte (Wohngebäude und Hausrat),
2002
Niederschlagshöhen in Zinnwald-Georgenfeld, Erzgebirge
22 % die gewerbliche
Wirtschaft (ohne
Berücksichtigung v on Betriebsunterbre(Quelle: DWD, Witterungsreport Daten, August 2002)
Niederschlagshöhe [ l/m ]
2
chung), 34 % die Kommunen, 20 % der Freistaat Sachsen und 4 % die Land- und F orst-
350
wirtschaft und der Katastrophenschutz zu
300
tragen (SÄCHSISCHE STAATSKANZLEI 2003, IKSE
250
2004).
200
Während in den betroffenen Bundesländern
150
Sachsen, Br andenburg und Niedersachsen
100
der Kampf gegen das Hochwas ser bis Ende
50
August an hielt, gelangt e Deutschland nach
0
1.
3.
5.
7.
9.
11.
13.
15.
17.
19.
21.
23.
25.
27.
29.
31.
August
Nach den zum Teil verheerenden Niederschlägen entstand in Deutschlandvor allem
im Einzugsgebiet derElbe eine dramatische
Hochwasserkatastrophe. Während i n B ayern an etlichen Mes sstellen im Einzugsgebiet des R egen neue R ekordwasserstände
gemessen wurden, entwickelten sich an der
Elbe in Sachsen und an ihren Zuflüssen aus
dem Erzgebirge Abflüsse, die das 200-jährliche E reignis g ebietsweise d eutlich ü berstiegen. Die Abf lussjährlichkeit am P egel
Dresden wur de von der
Internationalen
Kommission zum Schut z der Elbe (IKSE
2004) auf 100 bis 200 Jahr e geschätzt, die
Abflüsse an der Weißeritz im Osterzgebirge
überstiegen stellenweise deutlich das 200jährliche Ereignis (LFUG 2004). In der Folge
brachen weit über 100 Deiche.
In Eur opa entstand dur ch das Augusthoch-
120
wasser 2002 ein volkswirtschaftlicher Scha-
Zerstörtes Haus in Weesenstein an der Müglitz
den von rund 17,5 Mr d. €, von dem etwa
(Quelle: S. Duda, THW)
Witterungsrückblick
Überfluteter Zwinger in der Dresdner Innenstadt (Quelle: S. Duda, THW)
dem 13. August bis zum Monatsende unt er
tungen durch starke Gewitter und Hagel her-
Hochdruckeinfluss. Das überwiegend sonni-
vorgerufen. Bis zur
ge Wetter wurde vor allem vom 27. bis 29.
anschließend ein Hochdruckgebiet überNor-
August von zahlreichen schweren Gewittern,
deuropa Einf luss auf das Wettergeschehen,
besonders in Süd- undWestdeutschland, un-
und es flossen trockene und kühle kontinen-
terbrochen.
tale Luftmassen aus östlicher Richtung nach
Monatsmitte gewann
Deutschland. Am 15. Sept ember ereignete
sich in Neckarst einach (Hes sen) ein schwaSeptember
cher Tornado.
Bedingt dur ch eine Hochdruckbrück e über
Mit Ausnahme der letzten Tage des Septem-
Mitteleuropa herrschte in derersten Septem-
bers, die u nter Hochdruckeinfluss standen ,
berwoche überwiegend sonniges Spätsom-
wurde die zweite Monatshälfte durch West-
merwetter, jedoch dur chsetzt mit Schauern
wetterlagen b zw. eine Trogwetterlage be-
und Gewitt ern. Insbesonder e zum Monats-
stimmt. Es wurden überwiegend feuchte Luft-
wechsel fielen in einigenRegionen Sachsens,
massen subpolaren und polaren Ursprungs
im Erz gebirge und im
nach Deutschland geführt, und dieWitterung
Vogtland sowie in
Baden-Württemberg und Südbayern Stark -
war im Allgemeinen nas skalt. Ab dem 24.
niederschläge mit der Folge lokaler Über-
September kam es zu einem Kält eeinbruch,
schwemmungen. Ganz besonders stark war
und es fiel in den Mitt elgebirgen, den Alpen
die Ostschweiz betr offen, wo Niederschläge
und dem Alpen vorland verbreitet Schnee.
zahlreiche Hangrutschungen auslöst en. Mit
München verzeichnete am 25. September den
einzelnen Tiefdruckausläufern d rang in d er
frühesten Wintereinbruch seit über 70 Jah-
Folgezeit kühler e Meer esluft Richtung Nor-
ren. Nicht nur die letzt en Sept embertage,
dosten vor. Entlang der Luftmassengrenze
sondern d er Gesamtmonat w ar in der Süd-
wurden am 8. Sept ember im Allgäu und am
hälfte Deutschlands vergleichsweise zu kalt.
10. September im Raum Off enbach Überflu-
Im Nor den lag die Monatsmitt eltemperatur
121
2002
2002
Witterungsrückblick
hingegen über dem langjährigen Mittel.
Oktober
In der Monatsbilanz wies die Mitt e und
– noch stärk er – die Nor dhälfte De utsch-
Nach einem freundlichen Monatsbeginn mit
lands Temperaturen auf, die deutlich unt er
mildem Hochdruckwetter brachten ab dem
dem W ert der Klimavergleichsperiode
3. Oktober die Fronten von Tiefdruckwirbeln
lagen. Die Niederschläge zu Monatsbeginn
verbreitet R egen. Vom Ende des erst
en
und währ end der abschließenden West-
Monatsdrittels an gelangt e polar e Kaltluft
wetterlage führten jedoch in z entralen und
an der Ostflanke eines Skandina vienhochs
nördlichen Landest eilen zu meh r als der
nach Deutschland. Von Süden he r auf die
doppelten Menge der
Kaltluft aufgleitende feuchtwarme Luft aus
Klimavergleichsperiode.
dem Mitt elmeerraum führte im Ost
Niederschläge der
en
Deutschlands zu verbreitetem S chneefall
und Verkehrsbeeinträchtigungen. Ab Mo-
November
natsmitte dominiert en St örungen im Rahmen einer Südwestlage mit unbeständiger
Die seit dem 24. Oktober herrschende West-
und feuchter Witterung. Für die letzten sie-
wetterlage blieb für Deutschland bestim-
ben Monatstage stellte sich schließlich eine
mend, und auch das weitere Wettergesche-
reine Westlage ein, in deru. a. die Sturmtiefs
hen wur de im Nov ember hauptsächlich
IRINA und JEANETTE schnell über Mittel-
durch Tief druckgebiete über Westeuropa
europa hinweg verlagert wurden (26. bis 28.
geprägt. Lediglich der Nordosten Deutsch-
Oktober). In ganz Deutschland entstanden
lands stand überwiegend unt er dem Ein-
bei JEANETTE
fluss kontinentaler Polarluft. Entsprechend
Sturmschäden, weltweit
nahm der durch JEANETTE in Europa v er-
bildete sich ein deutliches Temperaturge-
ursachte Schadenaufwand sogar
den
fälle aus: Während im B erliner Raum die
dritten Rang unt
versicherten
Monatsmitteltemperaturen im B ereich des
Schäden des Jahr es 2002 ein ( siehe Die
langjährigen Mittels lagen, k onnte für den
Sturmtiefs IRINA und
Südwesten eine erhebliche positive Tempe-
Entwicklung der
er
den
JEANETTE).
Durch den Sturm JEANETTE herabgewehte Dachteile in Forchheim/Bayern (Quelle: THW Forchheim)
122
Witterungsrückblick
2002
raturabweichung von l okal b is ü ber 3 ° C
(z. B. Stuttgart) registriert werden. Die höchsten Temperaturwerte wur den mit über
22 °C zur Monatsmitte in den bayerischen
Alpentälern gemessen. Grund war eine ausgeprägte und extrem lang anhaltende Föhnwetterlage vom 14. bis 17. Nov ember. Das
starke Süd-Nord-gerichtete Druck gefälle,
das sich in F olge der großräumigen südlichen Anströmung des Alpenraums mit sehr
feuchter
und milder
Mittelmeerluft
ausbildete, hatte an derAlpennordseite insbesondere am 16. Nov ember einen schweren Föhnsturm mit Windgeschwindigkeiten
von bis zu 216 km/h (Sonnblick, Österreich)
zur Folge. Die Orkanböen führten an der
Vom Föhnsturm am 16.11.2002 zerstörte Hütte im Landkreis Garmisch-
gesamten Alpennor dseite und in
Partenkirchen (Quelle: W. Stieglmair, München)
Bayerns und Baden-Württ
Teilen
embergs zu
Forst- und Sachschäden in Höhevon mehreren Millionen Eur o, in Öst erreich sogar im
mitte mehrf ach dur ch Tiefdruckausläufer
dreistelligen Millionenber eich. Auf grund
bestimmt, die deutlich mildere und zum Teil
der hohen Windgeschwindigkeiten und der
feuchtere atlantische Luftmas sen mit sich
Dauer des F öhnsturmes ist dieses F öhn-
führten. Dementsprechend bildete sich eine
ereignis als eines der stärksten seit Beginn
quer über Deutschland v erlaufende Luft-
meteorologischer Messreihen zu werten.
massengrenze und ein deutlicher Temperaturgegensatz zwischen dem Nordosten und
Auf der Alpensüdseite führt e der Südstau
dem Südwest en Deutschlands, der
der feuchten Luftmas sen gleichz eitig zu
Heiligabend besonders extrem war: Am 24.
extremen Dauerniederschlägen (L ocarno/
Dezember betrugen die Tageshöchsttempe-
Tessin: > 400 l/m in 54 Stunden) und damit
raturen am Niederrhein lokal 14 °C, während
verbunden zu zahlr eichen Überschwem-
es in der Lausitz mit maximal - 5 °C um etwa
mungen, Erdrutschen und Schlammlawinen
19 ° C k älter war. Verursacht d urch m ilde
in der Schweiz und in Südostfrankreich.
Luftmassen in höheren Luftschichten fielen
2
am
nordöstlich der Luftmassengrenze die Niederschläge verbreitet als
Dezember
Regen, der
aufgrund der Minustemperaturen in Bodennähe sof ort gefr or und zu extr emer Glätte
Nach milden Witterungsbedingungen zu
führte. Es er
Monatsbeginn dehnte sich in der Folgezeit
Unfälle, und der Bahnverkehr wurde durch
ein stabiles Hoch überNord- und Osteuropa
vereiste Oberleitungen und umgestürzt e
bis nach Deutschland aus, und es kam zu
Bäume stark
einem Kälteeinbruch vor allem in nördlichen
betroffen war en die Gebiet e um Br emen,
und östlichen Landest eilen. Hier herrschte
Hamburg und entlang de
danach fast den gan zen Dez ember über
Monatsende weit ete sich die au s Westen
eine tr ockene und kalt e Witterung. Im
heranströmende milde Meeresluft bis nach
Gegensatz dazu wurde das Wetter im
Ostdeutschland aus, wodurch sich eine nie-
Westen und Südwest en ab der
derschlagsreiche Witterung in Deutschland
Monats-
eigneten sich zahlr
eiche
beeinträchtigt. B esonders
r Elbe. Gegen
123
2002
Sturmdokumentation
2
Sturmdokumentation 2002
Die Entwicklung des Sturmtiefs JENNIFER
vorgelagerten Warm sektor transportierte
(28. bis 29. Januar 2002)
JENNIFER mit südwestlich er Strömung
milde subtropische Meeresluft nach Deutsch-
Zwischen den Zentr en tief en Luft drucks
land, die einerseits hohe
über dem zentralen Nordatlantik (Tief
verursachte (z. B. B erlin-Dahlem: 15,2° C),
Temperaturen
HEIKE) und dem Nordmeer einerseits sowie
andererseits aber – wegen der Temperatur-
dem subtr opischen Hoch über dem südli-
differenz – auch
chen Nor datlantik und Spanien/Nor dafrika
turbulenten Starkwindphase nach der Kalt-
andererseits hatte sich zum 27. Januareine
frontpassage verantwortlich war. Nach dem
Wetterlage herausgebildet, bei derdie Fron-
Frontdurchgang bildeten sich aufgrund von
talzone a us w estsüdwestlicher Richtung
Hebungsvorgängen Gew itterzellen aus,
kommend über den Nordatlantik nach Mit-
die währ end des Nachmittags sch nell in
teleuropa verlief. Aufgrund derstarken Tem-
östlicher Richtung dur ch Mecklenbur g-
peraturkontraste zwischen den bet eiligten
Vorpommern, Ost-Niedersachsen, das nörd-
subpolaren und subtropischen Luft-massen
liche Sachsen-Anhalt u nd Berlin/Branden-
herrschte
für die Entst ehung der
Frontalzone
burg zogen ( siehe Gewitterübersicht vom
eine stark e, nach Ostnor dost gericht ete
28. J anuar). G ewitterbedingte S turmböen
Höhenströmung vor (160 km/h am 27. Ja-
führten b ereits a m s päten N achmittag
nuar, 1 Uhr MEZ, in 5,5 km Höhe über Brest/
mancherorts z u St urmschäden ( z. B . O st-
Bretagne). In dieser
längs
der
Strömung w urden
vorpommern). Wä hrend der Nachmittags-
mehrere Wellentiefs einer Zyklonenfamilie
und A bendstunden n ahm d er durch d as
schnell nach Mitteleuropa hinein verlagert,
Sturmtief erzeugte Wind in Niedersachsen,
die dort Sturmschäden und teilweise starke
Schleswig-Holstein, Mecklenbur g-Vorpom-
Niederschläge hervorriefen.
mern und B erlin-Brandenburg allmählich
zu. Der Höhepunkt der Böen war in Schles-
In den frühen Stunden des 27. Januar war
wig-Holstein in den Stunden um Mitternacht
zunächst das Zentrum des Wirbels IL ONA
erreicht – in Kiel (L euchtturm) wur de eine
über der zentralen Nor dsee angek ommen
maximale B öengeschwindigkeit von 1 52
und sorgte mit der Passage seiner Kaltfront
km/h registriert.
vor allem in Rheinland-Pf alz, Baden-Württemberg und Bayern für starke Böen und an
Die Pr esse bericht ete über das typisch e
vielen Stationen D eutschlands auch
für
Spektrum sturmbedingt er Schadwirkun-
Starkniederschlag. Vor allem in den Mitt el-
gen, die vor allem in Schleswig-Holstein, im
gebirgslagen (Schwarzwald, Schwäbische
Nordwesten M ecklenburg-Vorpommerns,
Alb) gab es u. a. forstliche Sturmschäden,
im Norden und Osten Brandenburgs und in
die sich jedoch in Grenzen hielten.
Berlin auftr aten. Am stärkst
en wur de
Schleswig-Holstein betr offen, wo abgeAuf ILONA folgte d as S turmtief JENNIFER,
knickte Bäume mehrf ach zu Gebäudeschä-
dessen Zentrum in der Nacht zu m 28.
den führten; viele Däche r und A ußenan-
Januar mit einem Kerndruck unter 955 hPa
lagen wie Schornsteine, Satellitenschüsseln
bereits nordwestlich von Schottland einge-
und Fassaden nahmen Schaden. In Husum
troffen war
wurde eine 28 m hohe
( siehe Bodenkarten v om
28. und 29. Januar). In seinem der Kaltfront
124
Windkraftanlage
umgeworfen. Insbesonder e auf der Insel
Sturmdokumentation
Bodenkarte
Sturmtief JENNIFER
27.01.2002
1 Uhr MEZ
Bodenkarte
Sturmtief JENNIFER
28.01.2002
1 Uhr MEZ
Bodenkarte
Sturmtief JENNIFER
29.01.2002
1 Uhr MEZ
125
2002
2002
Sturmdokumentation
Sylt gab es erheblichen Landabtr ag. Mehr
als 1200 sturmbedingte Einsätze wurden für
Gewitterübersicht
Feuerwehr und Polizei in Schleswig-Holstein
angegeben, davon entfielen 217 auf Kiel. In
Hamburg fuhr die Feuerwehr mehr als 300
Einsätze; das Zelt eines großen Zirkus wurde z errissen – ein Millionenschaden. Der
Windstau in der Elbemündung produzierte
am 29. Januar
um 3:35 Uhr
MEZ einen
Höchstwasserstand von 5 ,26 m ü . N N a m
Pegel St. Pauli (1962 waren es 5,70 Met er);
der Fischmarkt wurde überflutet. In den Seehäfen Emden, Kiel-Laboe
vemünde kam es dur
28. Januar
31. Januar
, L übeck-Tra-
ch Windschub zu
Berlin und Teile Brandenburgs am 31. Janu-
Schiffskarambolagen. Aller dings war das
ar erneut von starken Sturmböen getroffen.
Feld
Die Kaltfr ont des Tiefs KIRSTEN hatte sich
der Maximalböen JENNIFERs in Schleswig-
unter die am Vortag in Deutschland einge-
Holstein deutlich schwächer ausgeprägt als
flossene warme, subtropische Festlandsluft
bei dem OrkanANATOL am 3. Dezember 1999.
(im b ayerischen S chongau w ar ein Tagesmaximum von 2 1,0° C , i n B erlin von ü ber
Neben Schleswig-Holstein wur de auch der
11° C e rreicht w orden) g eschoben. D urch
Nordwesten Mecklenburg-Vorpommerns vom
Hebungsvorgänge kam es in der Folge zu
Sturm stärker berührt; hier waren zeitweise
intensiver Gewitterbildung. Diese Gewitt er
etwa 60 000 Haushalt e von Stromausfällen
waren in den frühen Mor genstunden über
aufgrund beschädigter Leitungen betroffen.
den B enelux-Staaten aktiv und err eichten
Ein weiterer Schwerpunkt der hohen Böen-
etwa um die Mittagsz eit B erlin ( siehe
geschwindigkeiten la g in B erlin sowie im
Gewitterübersicht für den 31. Januar). Die
Norden und Osten Brandenburgs. Am Mon-
Heftigkeit der Böen resultierte auch aus der
tagabend wurde in B erlin gegen 18:10 Uhr
hohen V erlagerungsgeschwindigkeit der
MEZ der Ausnahmezustand ausgerufen, der
Gewitterzellen. Auf ihrem Weg wurden be-
bis Mitt ernacht best ehen blieb. Der Sturm
reits im Landkreis Gifhorn und in Wolfsburg
warf ca. 250 Bäume um, insgesamt fuhr die
Bäume umgeworfen und Dächerabgedeckt.
Berliner Feuerwehr über 500 Einsätz e. In
In B erlin bestand zwischen 11:50 Uhr und
Bremen hoben Böen u. a. 3 000 m Hallen-
17:30 Uhr der Ausnahmezustand, wobei
dach i m G üterverkehrszentrum a b; i n d en
insgesamt 407 sturmbedingt
meisten Teilen Niedersachsens kam es je-
gefahren wur den.
doch nicht zu außer gewöhnlichen Sturm-
entstanden, Bäume und Äst
Massenschäden. In allen betroffenen Regio-
aus dem Wege ger äumt we rden, Stark -
nen führte der Sturm zu Verkehrsunfällen;
niederschlag und Hagel wurden registriert.
vor allem in Schleswig-Holstein waren Bahn-
Besonders betr offen war en neben B erlin
und Fährverbindungen zeitweise unterbro-
und Potsdam auch die Regionen um Rathe-
chen. In Deutschland kamen dr ei Personen
now, Neuruppin und Or
durch Starkwindeinwirk ung u ms L eben.
schnellste registrierte Böengeschwindigkeit
2
Viele Dach schäden
e mus sten
anienburg. Die
JENNIFER wütete darüber hinaus in Nor d-
in B erlin-Buch betru g 13 1 km/h. Für diese
irland, Schottland und Nor dengland sowie
Jahreszeit ist das Auftreten derartig starker
in Polen, wo zwölf Menschen ihr Leben ver-
Gewitter höchst ungewöhnlich.
loren. Nur drei Tage nach JENNIFER wurden
126
e Einsätz e
Sturmdokumentation
Maximalböenfeld
Sturmtief JENNIFER
28.-29.01.2002
127
2002
2002
Sturmdokumentation
Die Entwicklung des Orkans ANNA
MEZ. Im Nor
(26. bis 27. Februar 2002)
pommerns fand die se P assage – bei
dwesten Mecklenbur g-Vor-
etwas schwächer en Winden – etwa
fünf
Im Zeitraum 19. bis 25. F ebruar verlief die
Stunden später statt. Wie schon beim Sturm
Polarfront in einer Nordwest-Südost-Orien-
JENNIFER vom 28. bis 29. Januar
tierung überMitteleuropa. Von den in dieser
löste auch bei ANNA III die dem Hauptwind-
Strömung verlagerten Tiefdruckgebieten er-
feld v orauslaufende Kaltfront Gewitter
zeugte derWirbel XANTHIA, der in der Nacht
aus, die bereits während des Nachmittags –
zum 21. Februar starke Böen aus nördlichen
beispielsweise in B erlin und Neubr anden-
und n ordöstlichen Ri chtungen g egen d ie
burg – Sturmschäden hervorriefen ( siehe
deutsche Ostseeküst e führte, eine Sturm-
Gewitterübersicht
flut. Teile von Kiel und Lübeck wurden über-
Während d er Passage d es H auptwindfel-
flutet; in den Städten Wismar, Rostock, Stral-
des wurden in der Deutschen Bucht und an
sund, Wieck und Gr eifswald klett erten die
der Nordseeküste Schleswig-Holsteins hohe
Pegelstände i m M aximum b is a uf 2 m ü .
Orkangeschwindigkeiten gemessen (Leucht-
Normalmittelwasser. Fähren mussten ihren
turm Alt e Weser: 158 km/h, Helgoland:
Betrieb einstellen. An Gebäuden entstanden
148 km/h, List/Sylt: 137 km/h, St. P
keine gr avierenden Windschäden, jedoch
Ording: 140 km/h); schadenstift ende Böen
schätzte das zuständige Minist
traten vor allem in Niedersachsen, Bremen,
erium in
vom 2
2002
6. F ebruar).
eter-
Mecklenburg-Vorpommern die an den Kü-
Hamburg, ganz Schleswig-Holst
stenschutzanlagen e ntstandenen S chäden
im Nordwesten Mecklenburg-Vorpommerns
auf eine zweistellige Millionenhöhe.
auf. D ie b ei d er Station E lpersbüttel/
ein und
Meldorf angeblich g emessene BöengeZum 26. Februar hatte sich das Azorenhoch
schwindigkeit von 180 km/h (= 50 m/ s), die
auf eine südliche P osition verschoben. Es
als gr avierendes Char akteristikum des
lag einem im N ordatlantik angesiedelten
Orkans dur ch die Medien
Gebiet tief en Luft drucks gegenüber , das
worden war, entpuppte sich nach Rückfrage
aus einem R esttief nahe der
beim Deutschen Wetterdienst allerdings als
Südspitze
Grönlands und den Teilwirbeln ANNA I und
verbreitet
Fehlmessung.
ANNA II der Zyklonenfamilie ANNA bestand
128
( siehe Bodenkarte vom 26. F ebruar). Die
Schadenschwerpunkt bei derOrkanpassage
starke Westströmung, die sich zwischen
war Schleswig-Holstein, wo die Einsatz
dem subpolar en B ereich tief en Luft drucks
kräfte in Kiel und den Kr eisen Rendsburg-
und dem subtropischen Bereich hohen Luft-
Eckernförde sowie Ostholstein mehr als 700
drucks a usbildete, e ntsprach e iner klassi-
sturmbedingte E insätze fuhren. I m K reis
schen S turmwetterlage ( Westlage, z yklo-
Plön gab es mehr als 300 Einsätz e und die
nal). In ihrwurde ANNA III, eine weitere Wel-
Regionalleitstelle für die Kreise Pinneberg,
le derZyklonenfamilie, mit hoherGeschwin-
Dithmarschen und Steinburg nahm ca. 500
digkeit
Meldungen entgegen. Auch die Hamburger
innerhalb v on vierundzwanzig
-
Stunden von Südirland über England, die
Feuerwehr kam bis in die Nacht auf 1 200
zentrale Nordsee und Jütland hinweg nach
sturmbedingte E insätze; d ie P olizei ver-
Südschweden verlagert ( siehe Bodenkar-
zeichnete mit 839 Einsätzen ein Drittel mehr
te vom 27. F ebruar). Der tiefste Kerndruck
als sonst. In den dur ch die vorangegange-
bei der Orkanentwicklung über der zentra-
nen N iederschläge a ufgeweichten B öden,
len Nor dsee lag bei 968 hP a; das Haupt-
die den Wurzeln weniger Halt bot en, warf
windfeld passierte mit dem Trogbereich des
der Staudruck des Sturmes viele Bäume
Orkans den Westen Schleswig-Holsteins am
gegen Häuser bzw. Dächer, auf Fahrzeuge,
26. F ebruar zwischen 15 Uhr und 21 Uhr
Zäune, Straßen, Gleise und Freileitungen.
Sturmdokumentation
Bodenkarte
Orkan ANNA
26.02.2002
1 Uhr MEZ
Bodenkarte
Orkan ANNA
27.02.2002
1 Uhr MEZ
129
2002
2002
Sturmdokumentation
wurden Vordünen weggeris sen und Rand-
Gewitterübersicht
dünen stark beschädigt; besonder s an der
Süd- und Nor dspitze bei Hörn um und List
wurden mehr ere hunderttausend Kubik meter Sand abgetragen.
Das Orkanwindfeld rief auch in Niedersachsen das übliche Spektrum sturmbedingt er
Schäden
hervor,
wobei
insbesondere
Dachschäden in Hannov er-Kronsberg erwähnenswert sind: Das Dach einer Häuserzeile wurde auf einer Länge von 100 Metern
abgedeckt; in einer Parallelstraße gelang es
nur mit Mühe, die vollständige Ablösung bei
einem weit eren Flachdach zu verhindern.
Auch aus anderen Orten (z. B. HamburgHarburg) bericht ete die Pr
esse
von
größeren Schäden an Flachdächern und
bestätigte damit die vergleichsweise große
Sturmschadengefährdung dieses Dachtyps.
Insbesondere aus Wilhelmshaven berichtete
die P olizei von Dutz enden abgedeckt er
26. Februar
Dächer. Im o stfriesischen Landkr eis L eer
kam es zu einem Deichbruch am Ems-JadeIn derFolge waren in Schleswig-Holstein und
Kanal aufgrund sturmbedingter Aufstauung.
Hamburg 389 Nah- und F ernverkehrszüge
Im Emdener Außenhafen ris s sich – wie
von Ausf ällen und Verspätungen betr offen
schon beim St urm JENNIFER vier Wochen
(u. a. Sperrungen der Strecke Lübeck – Kiel
zuvor – erneut ein Aut ofrachter los, und
und der ICE-Strecke Hannover – Hamburg);
in der Elbemündung ha varierte ein bul-
zahlreiche F ahrzeuge kamen dur ch umge-
garischer Frachter, der noch v or Erreichen
stürzte Bäume oder abgebrochene Äste zu
der Küste v or Friedrichskoog Anker werfen
Schaden. Dur ch die Luft geschleudert
konnte.
e
Baustellenabsperrungen, Toilettenhäuschen
130
oder Verkehrsschilder beschädigten F ahr-
Wie ber eits beim
zeuge; in Westerland und Kiel warnt e die
28. bis 29. Januar2002 bewirkten die hohen
Polizei über den Rundfunk die Bürger davor,
Böengeschwindigkeiten im Nor
die Häuser zu verlassen. Fährverbindungen
Mecklenburg-Vorpommerns Str omausfälle
wurden eingest ellt, exponiert e Brück en
für
wurden gesperrt oder
grund beeintr ächtigter Freileitungen; an
waren blockiert
zeitweise 62
Sturm JENNIFER
vom
dwesten
000 Menschen auf-
(Fehmarnsundbrücke, R endsburger Hoch-
Gebäuden entstanden z. T. erhebliche Sach-
brücke über den Nord-Ostsee-Kanal, Leven-
schäden. B ereits am spät en Nachmittag
sauer Hochbrücke bei Kiel, St örbrücke bei
des 26. F ebruar führte die mit Gewitt ern
Itzehoe). In K ellinghusen wur de die Innen-
und Sturmböen verbundene Kaltfrontpassa-
stadt überflutet, nachdem die durch Stark-
ge in B erlin zu Schäden an Dächern sowie
regen und Schmelzwas ser angeschwollene
Fassadenverkleidungen und Werbetafeln.
Stör durch die zu knappen Durchlässe zwei-
Hagel- und Regenschauer beeinträchtigten
er Brücken aufgestaut worden war. Auf Sylt
den Verkehr.
Sturmdokumentation
Maximalböenfeld
Orkan ANNA
26.-27.02.2002
131
2002
2002
Sturmdokumentation
Die Entwicklung der Sturmtiefs
Kaltfront und der Warmfront eines Tiefs und
IRINA und JEANETTE
liegt auf der Bodenkarte vom 27. Okt ober
(26. bis 28. Oktober 2002)
über Südwest-England sowie Westfrankreich
und der Biskaya). Die tr opische Meer esluft
Ab dem 24. Okt ober lag zwischen einem
setzte bei der Kondensation im Zuge der
Gebiet tiefen Luftdrucks im subpolaren Nor-
aufsteigenden Luftbewegung sehr viel Wär-
datlantik und einem Gürtel hohen Luftdrucks
meenergie frei und bewirkt e damit eine in-
in den niedrigeren Breiten (Azorenhoch) ein
tensivierte Entwicklung zum Sturmtief . Ent-
breites Band starker, von West nach Ost ge-
sprechend dieserwarmen Luftmasse wurden
richteter Höhenströmung, das sich bis über
vor der Kaltfront JEANETTEs am Alpennor-
West- und Mitt eleuropa hinweg erstr eckte.
drand bis zu 23,8 °C Lufttemperatur gemes-
In dieser Strömung wur den in 5 bis 6 km
sen (Garmisch-P artenkirchen). JEANETTE
Höhe über Grund hohe Windgeschwindig-
kam aufgrund der starken, ostwärts gerich-
keiten erreicht – etwa 213 km/h über Paris
teten Höhenströmung sehr schnell voran: In
am 26. Oktober und 176 km/h über Cornwall
der Nacht zum 27. Okt ober überquerte der
am 27. Okt
Kern des Sturmtiefs Nor dengland, lag um
ober. Damit war
eine klas sische Sturmwett erlage gegeben
13:00 Uhr MEZ über der zentralen Nordsee
(zyklonale Westlage), die ihr e Ursachen in
und dr ei Stunden spät er im Nor den Däne-
einem starken Temperatur- und Druckunter-
marks, wo mit 974 hPa der tiefste Kerndruck
schied zwischen den kühlen subpolar
en
gemessen wurde. Sechs Stunden später wur-
und den viel wärmeren subtropischen Luft-
de Südschweden erreicht. Da derKorridor der
massen hatte. Eine solche Wetterlage weist
stärks-ten Böen in unseren Breiten in derRe-
meist e in so g enanntes „ steuerndes“ Tief-
gel
druckzentrum auf, zumeist zwischen Island
südlich des
und Norwegen po sitioniert (ex KYLE in der
zunächst Südengland, Nor dfrankreich und
Bodenkarte vom 26. Okt ober), an des sen
die B eneluxländer von hohen
Windge-
Südflanke in der oben beschriebenen West-
schwindigkeiten betr offen; den
Westen
strömung randliche Tiefdruckgebiete schnell
Deutschlands erreichten die Starkwinde ge-
über West- und Mitt eleuropa hinweg ver-
gen
lagert werden und demzufolge am Boden
Mittag des 27. Oktober. Mit der Passage des
stürmische Windgeschwindigk eiten her-
südwestlichen Sektors des Sturmtiefs traten
vorrufen.
am Nachmittag und – weiter östlich – in der
Tiefzentrums liegt, wur
den
Nacht zum 28. Oktober die maximalen Böen
Mit dem Tiefdruckwirbel IRINA erreichte der
über Deutschland auf. In diesem Sturmsek-
erste dieser Herbststürme Deutschland am
tor herrschte das stärkste Druckgefälle zum
25. Oktober. Die stärkst en Böen tr aten erst
Zentrum des Tiefs hin, das auf der Boden-
nach der Kaltfrontpassage in den erst en
karte vom 28. Oktober an der relativ großen
Stunden des 26. Okt ober auf. Der Korridor
Drängung der Isobaren über Deutschland
größter Windgeschwindigkeiten lag südlich
zu erkennen ist. Das Druck gefälle bewirkt –
der Mosel sowie zwischen Main und Donau.
in Gestalt der so genannten Druckgradientkraft – die stürmischen Winde. Der Effekt
132
Als nächstes Tiefin der Zyklonenfamilie folg-
wurde dur ch die Nähe des über Frankreich
te am 27. Okt ober der kompakte Sturmwir-
gelegenen Bereichs hohen Luftdrucks noch
bel JEANETTE vom Atlantik her, der durch
verstärkt („Zusammendr ängen“ der Isoba-
die Einbeziehung tr opischer Meeresluft in
ren), so das s, vom äußerst en Südwest en
seinem Warmsektor sehr energiereich war
abgesehen, fast ganz Deutschland unter den
(dieser Sektor befindet sich zwischen der
Einfluss des steilen Druckgefälles und
Sturmdokumentation
Bodenkarte
IRINA und JEANETTE
26.10.2002
1 Uhr MEZ
Bodenkarte
IRINA und JEANETTE
27.10.2002
1 Uhr MEZ
Bodenkarte
IRINA und JEANETTE
28.10.2002
1 Uhr MEZ
133
2002
2002
Sturmdokumentation
entsprechender hoher Windgeschwindig-
In NRW lag somit ein Schadenschwerpunkt;
keiten kam.
hier starben a llein fünf von b undesweit e lf
Die größten Windgeschwindigkeiten wurden
Personen.
naturgemäß an B ergstationen r egistriert
rheinwestfälische Zugstr ecken auf grund
(Fichtelberg: 184 km/h, Br ocken: 176 km/h,
gefallener Äste und Bäume unt erbrochen,
Wendelstein: 173 km/h, Hohenpeißenber g:
u. a. die linksrheinische Str ecke Mainz – K o-
140 km/h), aber auch an Küsten- und Flach-
blenz – Köln, die ICE-Neubaustr ecke Frank-
landstationen wurden starke Böen gemessen
furt – Köln oder Zugverbindungen in die Nie-
(List/Sylt: 126 km/h, R ostock/Warnemünde:
derlande. Für ganz Deutschland, wo tausen-
126 km/h, Lüdenscheid: 122 km/h, Gießen:
de Reisende nachts festsaßen, mussten zu-
122 km/h, Gera: 119 km/h, Frankfurt/M.: 115
sätzlich 2 000 Bahnmitarbeit
km/h, Weißenburg: 112 km/h).
Bewältigung der Lage eingesetzt wer den.
Zeitweise war en 30
nord-
er
zur
Auch Autobahnen – in NRW insbesondere die
Der erste der beiden Herb ststürme, IRINA
A1 und die A3 – mussten abschnittsweise
(25. bis 26. Okt ober), führte vor allem in
aufgrund von Windwurf gesperrt werden.
der Südhälfte Deutschlands zu st ellenweise
großen Schäden. Wesentlich höhere Schäden
An der Nordseeküste wurden Fährverbin-
jedoch produzierte in weiten Teilen Europas
dungen eingest ellt; erhebliche Schäden
der zweite Herb ststurm JEANETTE (27. bis
entstanden an Yachten, Mot orbooten und
28. Okt ober). In Gr oßbritannien galt dieser
Anglerkähnen in den Sportboothäf en der
Sturm als schwerst er seit 15 Jahr en; der
Ostseeküste Mecklenbur g-Vorpommerns.
Sachschaden wur de dort zunächst auf
80
Auf dem Rhein bei Düsseldorf trieb derSturm
Mio. € geschätzt. Europaweit verursachte
ein Containerfrachtschiff auf Grund; bei Rees
JEANETTE einen Gesamtschaden von c a.
am Rhein sowie im R ostocker Hafen kam es
1,6 Mrd. €, wov on etwa 0,85 Mr d. € an ver-
zu sturmbedingten Schiffskarambolagen.
sicherten Schäden anfielen (S
WISS
RE 2003).
Daneben waren auch Frankreich, die Nieder-
Auch historische Gebäude nahmen Schaden:
lande, B elgien, die Schweiz, Öst
Vom Kölner Dom wur den St eine abgeweht
erreich,
Tschechien und Polen betroffen; europaweit
und dar aufhin der Domplatz gesperrt; in
verloren 28 Menschen ihr
Stotternheim bei Erfurt sowie in Großdobritz
Leben dur ch
Sturmeinwirkung. Die erst en Pr esseüber-
bei Meißen kippt en Kir chturmspitzen ins
sichten enthielt en Schadenmeldungen aus
Kirchenschiff, u nd b ereits a m S amstag r iss
allen Teilen Deutschlands, entspr echend
der Sturm IRINA die Hauptkuppelspitze der
bestätigt die Kart e der Maximalböen von
Neumünsterkirche in Würzburg ab, die sich in
JEANETTE den Char akter eines gr oßflächi-
das Kuppeldach bohrte.
gen, in weiten Teilen Deutschlands aufgetre-
134
tenen Starkböenfeldes. Bundesweit wur den
Exponierte Str omversorgungsanlagen ka-
zahlreiche Dächer abgedeckt, Baugerüst e
men in Westmecklenburg zu Schaden, wo
ramponiert oder umgeworfen, Äste ab- und
zeitweise 25 000 Haushalt e auf grund ge-
Bäume umgeris sen, Aut os verbeult, Schei-
rissener Leitungen ohne Strom waren, sowie
ben eingedrückt, Schilder verbogen und
in Nordbayern und Thüringen, wo hunderte
insgesamt über 50 Menschen verletzt. Von
Gemeinden von Str omausfällen betr offen
über 50 000 Feuerwehreinsätzen entfielen in
waren. Im Kreis Vechta wurde eine 70 m hohe
Deutschland allein 17 000 auf Nordrhein-
Windkraftanlage samt ihrem Betonfunda-
Westfalen (NRW), ebenso kamen von insge-
ment umgeris sen; der Schaden wur de auf
samt 3 200 Helf erInnen des Technischen
0,75 Mio. € geschätzt. B ereits dur ch IRINA
Hilfswerkes über 2 000 in NRW zum Einsatz.
war am 26. Oktober in einem Windpark nahe
Sturmdokumentation
Maximalböenfeld
Sturmtief JEANETTE
27.-28.10.2002
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2002
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Witterungsrückblick und Sturmdokumentation des Jahres 2003
2003
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Witterungsrückblick
1
Witterungsrückblick 2003
Das Jahr 2003 im Überblick
schien die Sonne 2014 St unden – etwa ein
Drittel mehrals im statistischen Normaljahr.
Global gesehen lag d ie mittler e Oberf lä-
Das Jahr2003 bescherte Deutschland einen
chentemperatur im Jahr 2003 um 0,49 °C
Rekordsommer – den heißest en Sommer
über der des langjährigen Mittels. Damit war
seit mindestens 250 Jahren. In Mitteleuropa
2003 weltweit das drittwärm ste Jahr seit
forderten die sehr hohen Temperaturen in
Beginn der instrumentellen Aufz eichnun-
den Monat en Juni, Juli und August zahl-
gen 1860. Alle der
reiche Menschenleben. Die ext reme Tro-
traten nunmehr seit Beginn der neunziger
ckenheit wirkt e sich sehr negativ auf die
Jahre des 20. Jahrhunderts auf.
zehn wärmst en J ahre
Landwirtschaft und die Bi nnenschifffahrt
aus.
Januar
Sturmschäden wur den dur ch das
Tief
CALVANN zu Beginn des Januars vor allem
Das neue Jahr
in S üddeutschland
Am 2. Januar hatte sich über dem östlichen
verursacht. E inige
2003 begann stürmisch:
schadenträchtige G ewitter waren i m M ai,
Nordatlantik und M itteleuropa eine süd-
Juni und Juli zu verzeichnen. Im Juni ver-
liche Westlage a usgebildet, in der
wüstete ein Tornado das Dorf Acht in d er
Tiefdruckgebiete ALBAN,
Eifel. Gewitt er im Zusammen hang mit der
BERNOLD nacheinander von West nach Ost
Passage des Tiefs NAPOLE ON führten im
über Mittel- und Ost europa hin weg ver-
die
CALVANN und
Juli in Bayern zu starken Schäden. Kurz vor
lagert wur den. CALVANN verursachte v or
Weihnachten überquerte das Sturmtief JAN
allem in Rheinland-Pf alz, Baden-Württ em-
Deutschland.
In Deutschland war es in 2 003 mit ein er
Jahresmitteltemperatur von 9,4°C um 1,1 °C
wärmer als im langjährigen Mitt el. Nur die
Monate F ebruar und Okt ober waren im
Vergleich zur
Referenzperiode zu kühl.
Da die Monat e F ebruar und Okt ober in
Deutschland deutlich zu kalt war en, belegt
das Jahr2003 trotz des Rekordsommers nur
Rang neun der bis dahin wärmst en Jahr e
seit Beginn des 20. Jahrhunderts. Bezüglich
der Niederschlagshöhe war
2003 ein
deutliches Defizit festzustellen. Es fielen in
Deutschland etwa 23 % weniger
Nieder-
schlag als in der Referenzperiode. Herv or-
Durch den Sturm CALVANN zerstörte Festzelte
zuheben ist die absolut überdurchschnittli-
des Weihnachtsfestivals in München
che Sonnenscheindauer. Im Gebietsmitt el
am 02./03.01.2003 (Quelle: ddp)
137
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Witterungsrückblick
berg und Bayern nennenswerte Sturmschä-
ausgebildet, in d eren B ereich es immer
den. So entstand allein dur ch den Einsturz
wieder zu ergiebigen Niederschlägen kam.
zweier Festzelte in München ein Schaden
Die Speicherkapazität der Böden war des-
von über einer Million Euro ( siehe Die
halb nahezu erschöpft, und die Starkr egen
Entwicklung des Sturmtiefs CALVANN).
vom 29. Dezember 2002 bis zum 4. Januar
2003 wurden direkt abflusswirksam. Hochwasserwellen an zahlreichen Flüssen waren
2003
Niederschlagshöhen in Bad Kissingen
die F olge. B rennpunkte d er Überschwem-
(Datenbasis: DWD, Witterungsreport Daten,
Niederschlagshöhe [ l/m2]
Dezember 2002 und Januar 2003)
mungen waren Koblenz und Köln am Rhein,
Wertheim am Zusammenf luss von Main
35
und Tauber sowie Bad Kis singen an der
30
Fränkischen Saale. Hierwurden Abflüsse mit
einer Wiederkehrperiode von mehr als 100
25
Jahren erreicht.
20
15
Etwa ab dem 7. Januar
10
Hochdruckgebiet durch, und es trat Wetterberuhigung mit meist tr
5
setzte sich ein
ockenem F rost-
wetter ein. Erst ab Mitte des Monats verlagerte sich die Hochdruckzone nach Süden,
0
8.
10.
12.
14.
16.
18.
20.
22.
24.
26.
28.
30.
1.
Dezember
3.
5.
7.
und es gelangte von Westen und Nordwesten mildere Luft nach Mitteleuropa. Die
Januar
Folge war Tauwetter. Bis Ende des Monats
Die Wetterlage um den Jahr
eswechsel
blieb das Wetter wechselhaft bei über-
bescherte jedoch nicht nur Sturm: B ereits
wiegend milder Temperatur. Erst die letzten
im Dezember hatte sich eine markante Luft-
drei Tage des Monats standen wieder unter
massengrenze zwischen wärmerer Meeres-
dem Einf luss kalt er, t eilweise arktischer
luft im Südwesten/Süden und kälterer Polar-
Meeresluft. Die F
luft im Nor den/Nordosten Deu tschlands
Schauerwetter und verbreitet Schneefall.
2003
olge war
stürmisches
Wasserstandsganglinie am Pegel Bad Kissingen an der Fränkischen Saale
Wasserstand [cm ü. Pegelnullpunkt]
(Datenbasis: BFG 2003)
500
469 cm, 03.01.2003 gegen 13 Uhr
450
400
350
Meldestufe 4:
bebaute Gebiete in größerem
Umfang überflutet
300
250
200
150
Mittlerer Wasserstand
im Winterhalbjahr (1993 - 2002)
100
50
0
30.12.2002
138
31.12.2002
01.01.2003
02.01.2003
03.01.2003
04.01.2003
05.01.2003
06.01.2003
07.01.2003
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Witterungsrückblick
Überschwemmung am 02./03.01.2003 in Bad Kissingen an der Fränkischen Saale (Quelle: THW Forchheim)
Februar
Magnitude 5,4 auf der Richterskala ging
vom Epizentrum bei Epinal am Westrand der
Die Schneef älle setzt en sich be i ü ber-
Vogesen in F rankreich aus und wur de in
wiegend winterlich kalter Witterung in der
einem Umkr eis von etwa 200 km gespürt.
ersten F ebruardekade fort. A b d em 8 .
Für diese Region war es das stärkste Beben
Februar stellte sich bis zum Ende des
seit 25 Jahren.
Monats eine ungewöhnlich beständi
ge
Hochdrucklage ein. Die Witterung wu rde
überwiegend von trockener und kalter Fest-
März
landsluft aus Ost europa be stimmt. Die
Folge warwinterliches Bilderbuchwetter mit
Das stabile Hoch druckgebiet, das im F e-
tiefen Temperaturen, geringen Nieder-
bruar für ausgesprochen gutes W etter
schlägen und neuen Rekorden für die Son-
gesorgt hatt e, z og sich allmählich nach
nenscheindauer. Die astronomisch maximal
Osten zurück, und Tiefdruckgebiete k onn-
mögliche Sonnenscheindauer von etwa 10
ten von Südwest en auf Deutschland über-
Stunden pro Tag wurde in Westdeutschland
greifen. Im Westen und im Süden stiegen
an zehn aufeinander folgenden Tagen nahe-
die Temperaturen aufgebietsweise mehrals
zu ausgeschöpft. Gegenüber der Klimaver-
10 °C an (Freiburg i. Br: 14,7 °C), während im
gleichsperiode war der Februar signifikant
Norden und Ost en die kalt e Oststr ömung
zu kalt – im Alpenvorland um etwa 4 °C.
zunächst erhalt en blieb. Bis Mitt
e des
Monats war das Wetter unbeständig. AtlanWährend Sturm- und Überschwemmungs-
tische Tiefausläufer brachten vor allem dem
schäden im Februar weitgehend ausblieben,
Norden Deutschlands Niederschläge, wäh-
verursachte ein Erdbeben am 22. Februar in
rend der Süden überwiegend unt er dem
Süd- und Mitt elbaden relativ viele, gering-
Einfluss eines Hochs über dem Mittelmeer
fügige Gebäudeschäden. Das B eben der
stand. Ab dem 13. bildet
e sich bis zum
139
2003
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14.06.2005
19:37 Uhr
Seite 140
Witterungsrückblick
Monatsende erneut eine stabile Hochdrucklage aus. Das
Wetter war überwiegend
2003
sonnig und tr ocken. Insgesamt z eichnete
Niederschlagshöhen in Greven
Niederschlagshöhe [ l/m2]
Station Münster-Osnabrück Flughafen
sich der März durch eine überdurchschnitt-
(Datenbasis: DWD, Witterungsreport Daten, April 2003)
liche Sonnenscheindaue r und um bis zu
3,4 °C zu hoheTemperaturen aus. Am 22. März
sorgte ein Er dbeben der Magnitude 4,4 in
Südwürttemberg für Aufregung. Das Epizen-
25
20
15
trum lag bei Alb stadt-Ebingen im Z ollernAlb-Kreis und war
in e inem Um kreis
von 75 km – also auch in der Landeshauptstadt Stuttgart – deutlich zu spüren. E s
10
5
0
entstanden wenige Sachschäden, die sich
1.
3.
5.
7.
9.
11.
13.
15.
auf heruntergefallene Dachziegel und
17.
19.
21.
23.
April
beschädigte Scheiben beschränkten.
Trotz der Niederschläge am Monatsende
April
war der April gegenüber der Klimavergleichsperiode nicht nur etwas zu warm,
Der Monat begann mit typischem April-
sondern auch
wetter – Schauerniederschläge , Gr aupel,
meisten Gebieten fiel weniger als die Hälfte
Schnee in den höheren Lagen und Gewitter.
des üblichen Niederschlages.
viel zu t
rocken. In den
Ursache war ein Hoch über den britischen
Inseln und ein Tief über Nordostrussland,
zwischen denen kalt
e Luf tmassen ark -
Mai
tischen Ursprungs nach Deutschland gelangten. Dabei wurden an einigen Stationen
Durch die an haltende zyklonale Sü dwest-
neue R ekordwerte der
lage gelangten zu Beginn des Monats mari-
Tiefsttemperatur
registriert. Gebiets weise führten diese
time L uftmassen a tlantischen U rsprungs
starken Nachtfr öste zu einer nachhaltigen
nach Mitteleuropa. Insbesondere im Norden
Schädigung der Obstblüte.
Deutschlands herrschte stürmische und mit
Regenschauern
Ab dem 5. Mai wur
de unt er Hochdruck-
erst ab dem 12. April ein. An der Westseite
einfluss aus Nor
dafrika stammende,
eines H ochdruckgebietes ü ber der Ostsee
tropische F estlandsluft nach D eutschland
wurde zunächst Warmluft aus dem Mitt el-
geführt. Die Folge waren verbreitet Tempe-
meer herangeführt, spät er bestimmte
raturen über 30 °C. Am 8. und 9. Mai wur de
warme F estlandsluft aus Ost europa die
die w arme L uft i n R ichtung S üdosten
Witterung in Deutschland. Bis zum 26. April
verdrängt, und es kam im B ereich des Tiefs
war das Wetter überwiegend niederschlags-
ERHARD zu heftigen Gewitt
frei. Die Waldbrandgefahr stieg dadur ch
Starkregen war en besonders Gebiet e im
regional auf die höchst e Stuf e an. Nieder-
südlichen Baden-Württ emberg, in
schläge br achte dan n d er Tiefdruckwirbel
bayern und Unt erfranken sowie in Thürin-
WINFRIED, der in einer ausgeprägten Süd-
gen und Sachsen betroffen. In Oberbayern
westströmung Mit teleuropa über querte.
und im Raum Münchenfiel vielerorts starker
Gebietsweise fielen mehr als 20 l/m inner-
Hagel (K orndurchmesser bis zu 5 cm).
halb von 24 Stunden.
Nördlich von Reutlingen ereignete sich am
2
140
durchsetzte Witt erung.
Frühlingshafte Temperaturen s tellten s ich
ern. Dur ch
Nord-
25.
27.
29.
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Witterungsrückblick
9. ein Tornado, der jedoch zu keinen Sach-
und b ei S teinheim ( Baden-Württemberg)
schäden führte.
beobachtet w urden. E rst i n d er letzten
Monatsdekade setzte sich wieder eine süd-
Nahezu pünktlich zu den Eisheiligen
liche Str ömung dur ch, un d es gelangt e
(12. bis 14. Mai)
feuchte subtr opische Warmluft nach Süd-
wurde das Wetter in
Deutschland deutlich kühler und wechsel-
deutschland. Nach zwi
hafter. Grund war
die Zufuhr subpolarer
Hochdruckeinfluss kam es zum Monatsende
Meeresluft aus nor dwestlicher Richtung.
im Bereich eines in östlicher Richtung
Mit Dur chzug einer atlantischen Kaltfr ont
ziehenden K urzwellentroges zu k räftigen
kam es auf grund hoher Temperaturunter-
Gewittern und Hagelunwett ern im Westen
schiede a m 1 9. M ai i n S üddeutschland z u
und Süden Deutschlands.
schenzeitlichem
starken frontgebundenen Gewitt ern mit
unwetterartigen Starkr egenfällen, Hagel -
Die Mitteltemperatur für das gesamte
schlag und Sturmböen. B
Bundesgebiet betrug im Mai 14,1 °C und lag
esonders be-
troffen waren die bayerischen Landkreise
damit etwa 2 °C übe
Deggendorf, S traubing, L andshut u nd
Durchschnitt. Die Niederschlagsbilanz war
Passau s owie d ie L andkreise A mberg u nd
mit 94 % des langjährigen Mitt els leic ht
Sulzbach-Rosenberg. Im St uttgarter Stadt-
negativ.
r dem langjährigen
teil Heslach wur den dur ch einen r äumlich
Juni
Der Hochdruckeinfluss der letzten Maitage
setzte sich fort und war in der ersten Junihälfte überwiegend wetterbestimmend. Die
Zufuhr schwülwarmer tropischer Luft aus
südlichen Richtungen führte dabei zu ungewöhnlich hohen Temperaturen (10. und 12.
Juni: > 35 °C am Oberrhein) und verstärkte
die Gewitt eraktivität. So kam es am 2./3.
Juni in Hes sen und Nor drhein-Westfalen,
am 5. in Süd- und Ost deutschland und am
8./9. in Nordrhein-Westfalen, Hessen, Brandenburg und Thüringen zu unwetterbedingten Schäden. Im Kr eis Lippe führten am 8.
Juni Starkniederschläge mit bis zu 120 l/m2
Tornado bei Reutlingen am 09.05.2003
(innerhalb von 4 St unden) zu zahlr eichen
(Quelle: M. Kaschuba, Reutlingen)
Überschwemmungsschäden. I m Z usammenhang mit schweren Gewittern (vor allem
Hessen, Rheinland-Pf alz) er eignete sich
sehr eng begrenzten Gewittersturm mehre-
am 10. Juni in der Eifel ein für deutsche
re Dächer abgedeckt. Vermutlich handelte
Verhältnisse seltener Tornado der Stufe F3
es sich um einen schwache
auf der Fujita-Skala (Windgeschwindigk eit
n Tornado.
Hierfür spricht das Schadenbild und die
ca. 254 bis 332 km/h). Der
Tatsache, dass weitere schwache Tornados
eine Spurlänge von ca. 4 km, dauerte etwa
Tornado hatt e
an d erselben G ewitterfront i n S ulzemoos
2 bis 4 Minut en und verwüstete mehr ere
(Landkreis D achau) a m S tarnberger See
Gebäude in dem Dorf Acht bei Mayen.
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Beginn der Messungen auf gestellt. Extr em
war darüber hinaus die Dauer der Hitzeperiode (z. B. Karlsruhe: 17 Heiße Tage > 30 °C;
Konstanz: 30 Sommertage > 25 °C) und die
durchschnittliche Sonnenscheindauer von
240 Stunden (Landsberg am Lech: 331 Stunden). Abgesehen von lokalen Niederschlagsüberschüssen dur ch Starkr egenereignisse
fielen, wie auch in den Vormonaten, meist
deutlich weniger Niederschläge als normal.
Auch am 12. und 14. Juni richteten schwere
Gewitter mit S turmböen, S tarkregen u nd
Hagel unzählige Gebäudeschäden in (Nord-)
Bayern und Baden-Württemberg (vor allem
Zollern-Alb-Kreis, Tübingen, Reutlingen) an.
Die beiden Unwetter verursachten allein in
Baden-Württemberg Schäden von mehr als
10 Mio. €.
Nach einem k urzen Intermezzo subpolarer
Meeresluft wur de ab dem 22. Juni erneut
heiße tropische Luft aus südlicherRichtung
nach Deutschland geführt. Am 23. err eichten die Temperaturen Maximalwert e von
Ein Tornado richtete am 10.06.2003 in dem Dorf Acht (Eifel)
bis zu 37,2 °C (Karlsruhe). Im Nor den und
schwere Verwüstungen an (Quelle: M. Habel, Bonn).
Nordosten führte an diesemTag derVorstoß
kühlerer Meeresluft zu Gewittern mit Sturmböen, so auch in Norderstedt bei Hamburg,
Juli
wo dur ch einen kleinr äumigen Böenwirbel
Dächer abgedeckt wur den. Zum Monats-
Ein Tiefdruckgebiet, d as von d er Biskaya
ende gewann eine ausgedehnte Hochdruck-
über die N ordsee n ach S üdschweden z og,
zone über der Nordsee an Einf luss, u nd
war zu Monatsbeginn W etter bestimmend
es str ömte mäßig warme Luft polar
und verursachte eine kühle, mit Schauern
en
Ursprungs nach Deutschland.
und Gewitt ern dur chsetzte Witterung.
Während bis zum 13. Juli relativ kühle Luft-
142
Mit einer bundesweiten T agesmitteltem-
massen in das nördliche und östliche Mittel-
peratur von 19,1 °C war der Juni 2003 der
europa gelangt en, gerie t der Süden ver-
heißeste Juni seit Beginn der flächen-
stärkt unt er den Einf luss des sich nach
deckenden Mes sungen im Jahr 1901. Die
Mitteleuropa ausdehnenden Az orenhochs,
positiven Abweichungen zur Klimaver-
das sich zur Monatmitte mit einem Hoch
gleichsperiode 1961 bis 1990 betrugen in
über Nordskandinavien v erband. Dadurch
Norddeutschland 1,5 bis 3 °C und in Süd-
strömten warme tr ockene Luftmas sen aus
deutschland bis zu 6,5 °C. Auchfür das Mittel
östlicher Richtung nach Deutschland, und
über die einzelnen Tagesmaxima in Freiburg
die T emperatur stieg verbreitet auf über
i. Br. wurde mit 30,6 °C ein neuerRekord seit
30 °C. Zwar
blieb Deutschland in der
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Witterungsrückblick
Folgezeit überwiegend im Z ustrom sub-
schen Buchstaben Omega. Unt
tropischer Warmluft, die hochsommerliche
Wellenrücken etabliert e sic h, wie es
Wetterlage wur de aber
diese Wetterlage typisch ist, ein äu ßerst
zeitweise dur ch
er dem
für
Kaltfronten atlantischer Randtiefs unt er-
stabiles B odenhoch (MICHAELA), das
brochen, die feuchtlabile Luftmas sen vom
wolkenarmes Wetter und damit für unge-
Ostatlantik heranführten. Besonders starke,
hinderte Sonneneinstrahlung und Erwär-
zum Teil von S turmböen u nd S tarkregen
mung der bodennahen Luftschicht en in
begleitete Gewitter ereigneten sich im Zu-
Deutschland sorgte. Regenbringende atlan-
sammenhang mit den St örungspassagen
tische Tiefs wurden blockiert und nor dost-
am 16./17 (Süden und Mitte Deutschlands),
wärts abgelenkt.
für
am 21./22. (Nor drhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz sowie Teile Hessens und Niedersachsens), am 24./25. (Nor ddeutschland)
und am 27. Juli (Süddeutschland).
Auch wenn nicht so extr em wie der Juni,
so war auch der Juli im Vergleich zu den
langjährigen Durchschnittswerten um 1,3 °C
(Südosten) bis 2,8 °C (Norden) zu warm und
im Mittel um etwa 10 % zu trocken.
August
Die erst e Hälft e des August war in Mitt eleuropa dur ch eine extr
eme Hit zewelle
gekennzeichnet. Das seit B eginn der Messungen 1901 r egistrierte Temperaturmaximum von 40,2 °C (27.07.1983: Gärmersdorf
bei Amberg) wurde mehrfach eingestellt
und am 8. August in Perl-Nennig (Saarland)
um 0,1 °C überschritten. Vielerorts herrschten so genannte „Tropennächte“ (Tempera-
Schematische Darstellung einer so genannten
turminimum > 20 °C), wobei in der
Omega-Wetterlage
zum 13. August an der
Nacht
Station Weinbiet
(Pfälzer Wald) mit minimal 27,6 °C ein neuer
Rekord aufgestellt wurde.
Zur Monatsmitte beendet e der Zustrom
maritimer Luftmassen au s Nor dwest, ver-
Der Grund für die extr eme Witterung war
ursacht dur ch ein
eine so genannte Omega-Wetterlage über
Südskandinavien, die extr eme Hitz ewelle.
Mitteleuropa. Bei diesem Zirkulations-
Es st ellte sich sommerlich warmes, aber
muster entsteht in der Höhenströmung ein
zum Teil wechselhaftes Wetter ein. Am 18.
markanter, quasi-stationär er Wellenrücken
August zog der Tiefdruckwirbel NAPOLEON
(Hochdruckrücken), der von W ellentälern,
über Deutschland hinweg und verursachte
einem Trog über dem Atlantik und ein em
lokal schwere Gewitter und entsprechende
Trog über Osteuropa, flankiert wir d. Die
Schäden. Insbesonder e der Landkreis Ro-
Form der Luftströmung ähnelt dem griechi-
senheim war stark betroffen.
Tiefdruckgebiet über
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Witterungsrückblick
Im Monat August war en nicht nur
neue
Rekorde der Tageshöchsttemperatur, sondern auch neue R ekordwerte der Tagesmittel (30,4 °C Freiburg i. Br. am 10. August)
und derMonatsmitteltemperatur (vielerorts
in Mittel- und Süddeutschland) zu verzeichnen. Bundesweit lagen die
Temperaturen
um etwa 4 °C überder Referenzperiode 1961
bis 1990. Die Niederschlagsmenge lag fast
überall unter 50 % des sonst üblichen
Monatsniederschlags. Der
Minimalwert
wurde in Görlitz mit 3,0 l/ m , entsprechend
2
4 % der üblichen Regenmenge, registriert.
Insbesondere im Osten Deutschlands führte die an haltende Dürr e zu gr oßen Ernt eeinbußen. Die Flüs se verzeichneten hist orische Niedrigstände. Der Rheinpegel an
der deutsch-niederländischen Grenze bei
Emmerich unterschritt ab der Monatsmitte
den alt en R ekordtiefststand von 54 cm
(September 1991). Au ch an der Elbe und
der Donau mus ste der Schiffsverkehr an
weiteren Abschnitten eingestellt werden.
Der Sommer 2003 (Monate Juni, Juli, August)
war mit einer mittleren Tagestemperatur von
19,6 °C um 3,4 °C wärmer
als die mittler e
Sommertemperatur der Periode 1961 bis
1990. Damit wardieser Sommer der heißeste
Sommer seit B eginn der flächendeckenden
Temperaturaufzeichnung im Jahre 1901 und
sogar der heißeste seit 1761, dem B eginn
Schweres Unwetter am 18.08.2003 im westlichen
der Flächenmittelabschätzungen der monat-
Landkreis Rosenheim
lichen bodennahen Luftt emperatur (SCHÖN-
(Quelle: W. Stieglmair, München)
WIESE et al. 2004).
In der letzten Monatsdekade herrscht e bis
zum 28. August unter Hochdruckeinfluss
meist sonniges Sommerwett er. Erst in den
letzten Augusttagen gelangte auf der Rückseite eines nor dostwärts ziehenden Tiefdruckgebietes kühlere Meeresluft nach ganz
Deutschland. In der Nacht zum 29. August
verursachte ein Tornado in Kr essbronnGohren (B odensee) Schäden in Höhe von
etwa 1 Mio. €.
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Temperaturanomalien in °C
Witterungsrückblick
Zeit in Jahren
Polynominaler Trend (lineare Trends 1761-2003: 0,44 °C; 1913-2003: 1,31 °C; 1980-2003: 1,77 °C)
Abweichungen des Flächenmittels der bodennahen Lufttemperatur (in °C) der Sommermonate (Mittel Juni,
Juli, August) vom Mittelwert 1961 bis 1990 für die Jahre 1761 bis 2003 in Deutschland
(Quelle: SCHÖNWIESE et al. 2004)
Die Auswertung von Chroniken lässt für das
September
südliche Bayern vermuten, das s der letzte
ebenso heiße Sommer wohl d er Sommer
Die kühler en Luftmas sen maritimen Ur-
(PAESLER 2003).
sprungs, die ber eits Ende August wett er-
Anhand e iner statistisch k limatologischen
bestimmend waren, beeinf lussten auch zu
Analyse kann abgeleit
Beginn des Septembers das Wettergesche-
des Jahr es 1540 war
et wer den, das s
die Eintrittswahrscheinlichkeit für
eine
hen. Ein von Westen heranziehendes Hoch
Sommeranomalie von ≥ 3,4°C wie im Jahr
führte ab dem 4. September zu einer Erwär-
2003 in den letzten Jahrzehnten enorm an-
mung, und gebietsweise wur de die 25 °C -
gestiegen ist. Grund ist derfür Deutschland
Marke überschritten. Anschließend strömte
festzustellende, dur ch globale Umweltver-
feuchte Meer esluft aus Südwest en her an,
änderungen hervor gerufene Erwärmungs-
und es kam im Üb ergangsbereich zu den
trend. Die Wahrscheinlichkeit betr ägt zum
warmen Luftmassen zu verbreiteten Nieder-
heutigen Zeitpunkt p = 0,022, was einer
schlägen, im Großraum Heilbronn/Ludwigs-
Jährlichkeit von 455 Jahren entspricht und
burg sogar mit unwetterartigem Charakter.
damit immernoch ein sehrseltenes Ereignis
darstellt (SCHÖNWIESE et al. 2004).
Ab dem 11. September etablierte sich abermals eine Hochdruckbrück e übe r Mittel-
Die extr em heißen Sommert
emperatu-
europa, und der Altweibersommer stellte
ren war en nicht nur auf Deutschland be-
sich ein. Hierbei stiegen die Temperaturen
schränkt, sondern herrscht
um den 20. selb st in Nor ddeutschland auf
en in ganz
Europa. Schätzungen zu F olge forderte die
über 30 °C. Erst am 23. Sept ember sanken
Hitzeperiode im Somm er 2003 in Eur opa
die Temperaturen s ehr deutlich d urch
insgesamt etwa 35 000
die Z ufuhr arktischer Meeresluft a uf der
Menschenleben
(EARTH POLICY INSTITUTE 2003).
Rückseite eines atlantischen Randtiefs über
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Nordeuropa. Vor bzw. an der von Westnord-
heranziehenden T iefdruckgebiete blockier-
west einschwenk enden Kaltfr ont bildet en
te und den Weg freimachte für trockene,
sich k onvektive Zellen, und es entwick elte
kalte Luftmassen polaren Ursprungs. Es war
sich in der Nacht zum 23. ein Tornado, der
dementsprechend sonnig und kalt, wobei ab
in Stuhr bei Br emen Sachschäden an Häu-
dem 13. Okt ober gebietsweise die erst en
sern und Aut os in der Größenordnung von
Nachtfröste auftraten. Zu Beginn der dritten
0,5 Mio. € verursachte.
Monatsdekade überquerten Tief druckgebiete Deutschland, und anschließend stieß
erneut arktische Kaltluft aus Nor den vor.
Mit Ausnahme der Gebiete in unmittelbarer
Küstennähe herrschte in der Nacht zum 24.
Oktober überall in Deutschland stark
er
Bodenfrost. In Niedersachsen, Nor drheinWestfalen, Bayern und Baden-Württemberg
kam es zu Schneef all. Die außergewöhnlich
frühe Kält eperiode wur de in den letzt en
Oktobertagen dur ch den Zustr
om sehr
milder, feuchter Meeresluft aus westlicher
Richtung beendet.
Paragraf § Praxis
Gegenüber den Dur chschnittswerten der
Referenzperiode wichen die Oktobertemperaturen um 2,1 bis 3,4 °C nach unt
en ab.
Die Serie der zu warmen Monat e März bis
September wurde somit beendet. Vor allem
Niedrigwasser am Rhein bei Düsseldorf im
aufgrund der sehr niederschlagsreichen Pe-
Sommer 2003 (Quelle: ddp)
riode zu Monatsbeginn war für den Oktober
verbreitet ein um den Faktor 1,3 bis 1,5 über
den langjährigen Mittelwerten liegender
Vor allem aufgrund dersehr warmen Periode
zur Monatsmitte wich die
Temperatur in
Deutschland auch im Sept
ember positiv
von den langjährigen, klimat
ologischen
Niederschlagsüberschuss zu verzeichnen.
November
Durchschnittswerten ab (um 0,8 bis 1,8 °C).
e
Die seit Ende Okt ober herrschende West-
Flächenmittel, so war auch der September zu
strömung hielt weit er an, und erwärmt e
trocken.
Meeresluft wurde nach Deutschland geführt.
Betrachtet man das deutschlandweit
Am 3. Nov ember kam es zu Schauern und
Gewittern. Aus einer der Gewitterzellen
Oktober
entwickelte sich ein
Tornado (F1 bis F2
auf der Fujita-Skala), der in Kirchhain bei
Im ersten Monatsdrittel herrschte aufgrund
Marburg die Dächer mehrerer Häuser und
zyklonaler Westwetterlagen überwiegend
Gewerbebetriebe abdeckt e und zahlr eiche
wechselhaftes, kühles und t
Autos beschädigte.
eilweise
stürmisches Wetter mit verbreiteten Nieder-
146
schlägen. A nschließend e tablierte s ich e in
Ein Hochdruckgebiet, das sich ab dem 4.
ausgedehntes Hochdruckgebiet über Skan-
November über Frankreich und Süddeutsch-
dinavien, das die aus westlicher
land entwick elte, wandert e in Richt ung
Richtung
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Witterungsrückblick
Skandinavien und beschert e Deutschland
bis fast zur Monatsmitte tr ockenes Wetter.
Anschließend griff das Frontensystem eines
nordatlantischen Tiefs aufDeutschland über,
und es kam verbreitet zu Niederschlägen.
Vom 21. bis 26. November gelangte am
Rande eines Hochs sehr milde subtropische
Luft aus südlicher
Richtung in unser en
Raum. Vielerorts wurden Tagesmaxima von
deutlich über 15 °C gemes sen. Die sehr
milde Witterung hielt, wenn auch in abgeschwächter Form, bis zum Monatsende an.
Sturmtief JAN richtete auf vielen Weihnachtsmärken Schäden an (Quelle: dpa).
Gebietsweise, vor allem im Westen und
Norden, war der November deutlich milder
als der
Vormonat. Die höchst en Abwei-
die südliche Nor dsee bis in den baltischen
chungen der Monatsmitteltemperatur von
Raum. Das assoziierte Sturmfeld über-
den W erten der Klimavergleichsperiode
strich Deutschland am Nachmittag des 21.
konnten für das Niederrheingebiet abgelei-
Dezember ( siehe Die Entwicklung des
tet werden (2,5 bis 3,0 °C). F ür das gesamte
Sturmtiefs JAN). Die Feuerwehr musste
Bundesgebiet betrug die po sitive Abwei-
u. a. in Hambur g, Hannov er und B erlin zu
chung 1 bis 2 °C. Im
zahlreichen Einsätzen ausrücken.
Bundesdurchschnitt
fielen nur 38 mm Niederschlag, was 58 % der
mittleren Niederschlagsmenge entspricht.
Die auf der Rückseite JANs v on Skandinavien nach Mitt eleuropa einstr ömende
Kaltluft führte verbreitet zu Schneef all. Der
Dezember
starke auflandige Wind aus nördlichen Richtungen drückt e das Ostseewas ser in die
Die Zufuhr warmer Luftmassen durch südli-
Lübecker Bucht, und es wur den Wasser-
che Strömungen hielt zu Beginn des Dezem-
stände von bis zu 1,50 m ü. NN erreicht. Ent-
bers an und wurde am Alpennordrand durch
sprechend wur den in Lübeck tiefliegende
starken Föhn verstärkt. Ab dem 6. Dezember
Bereiche überflutet.
stellte sich dur ch den Vorstoß kalt er arktischer Luftmassen überwiegend trockenes,
Über die Feiertage herrschte im Norden mil-
sonnenscheinreiches Wetter ein.
des, trübes und im Süden kalt es, sonniges
Wetter. Nachdem ganz Deutschland k urz-
Zu Beginn des zweiten Monatsdrittels setzte
zeitig unter dem Einfluss milder Luftmassen
sich eine westliche Str ömung durch, in der
stand, floss gegen Monatsende auf der Ost-
sich eingelagert e Tiefdruckgebiete mit
seite eines skandina vischen Hochs Kaltluft
Zwischenhochs abwechselt en. Die F olge
aus Nor dosteuropa nach Deutschland, und
war wechselhaftes Wetter, zum
es stellte sich winterliches Wetter ein.
Teil mit
Schneefall, Glatteis und Sturmböen.
Die Monatsmitt eltemperatur lag im DeAb dem 19. Dezember entwickelte sich unter
zember fast überall, zumindest geringfügig,
Kaltlufteinfluss nahe Island ein Höhentr og.
über dem R eferenzwert. Mit Ausnahme
Das zugehörige Tief JAN wanderte, gesteu-
des Emseinzugsgebiet es im Nor dwesten
ert von einem Tiefdruckzentrum über Spitz-
Deutschlands wares überall deutlich nieder-
bergen, in den Folgetagen über Schottland,
schlagsärmer als üblich.
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Die Entwicklung des Sturmtiefs CALVANN
tiefs trug bei, dass es in seinem Warmsektor,
(2. bis 3. Januar 2003)
der sich auf der Bodenkarte vom 2. Januar
zwischen Kalt- und Warmfront über West-
Am 2. Januar 2003 hatte sich über dem öst-
frankreich und der Biskaya befindet, sehr
lichen Nor datlantik und Mitt eleuropa eine
milde Subtr opikluft enthielt, die über
südliche Westlage ausgebildet, in der die
Deutschland zu Temperaturen bis 14 °C
Tiefdruckgebiete BERNOLD, ALBAN und
führte. Der Temperaturkontrast zur kühle-
CALVANN von West n ach O st ü ber Mittel-
ren Luftmasse nördlich des Frontenverlaufs
und Ost europa hinweg verlagert wur den
war somit im F
( siehe B odenkarte vom 2. Januar).
ausgeprägt und das
Steuerndes Zentrum war ein im z entralen
Am frühen Abend des 2. Januar erreichte
Nordatlantik gelegener Wirbel, der mari-
der Bereich des Sturmes, in dem das
time P olarluft weit nach Süden tr anspor-
größte Druck gefälle hin zum Zentrum
tierte. Dadurch wurde der für die schnelle,
herrschte und dementspr echend die höch-
nach Ost en gericht ete Str ömung verant-
sten Windgeschwindigkeiten auftraten, den
wortliche Temperatur- und Druckgradient zu
Südwesten Deutschlands. Im Verlauf der
den subtr opischen Luftmas sen im Süden
Sturmpassage entwick elte sich ein
Tief energiereich.
von
(Azorenhoch) auf gebaut. Im eur opäischen
West nach Ost gericht eter Böenkorridor
Bereich lag nördlich des Frontenzuges, der
durch Süddeutschland; der
die Tiefdruckkerne BERNOLD und ALBAN
Kern CALVANNs z og über die Nor dhälfte
verband (entspr echend einer Linie Schott-
Deutschlands hinweg.
land – Nor dostdeutschland – Polen), kontinentale P olarluft, die ebenf alls einen
großen Temperaturkontrast zu dersüdlicher
gelegenen erwärmten Meeresluftmasse aufwies. Im B ereich dieser Luftmassengrenze,
die bereits während der letzten Dezemberdekade des alt en Jahr es bestand, war es
über Deutschland immer wieder zu starken
Frontniederschlägen gek ommen. In der
schnellen Westströmung, die sich
vom
Atlantik nach Mitteleuropa hineinzog, kam
CALVANN zügig voran ( siehe Bodenkarte
vom 3. Januar). ZurIntensität dieses Sturm-
148
alle CALVANNs stark
zugehörige
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Sturmdokumentation
Bodenkarte
Sturmtief CALVANN
02.01.2003
1 Uhr MEZ
Bodenkarte
Sturmtief CALVANN
03.01.2003
1 Uhr MEZ
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Wie die Kart e des Maximalböenf elds be-
Im Bereich der Luftmassengrenze zwischen
stätigt, kam es vor allem in Rheinland-
wärmerer Meeresluft im Südwest en/Süden
Pfalz, Baden-Württ emberg und Bayern zu
und kälterer Polarluft im Norden/Nordosten
nennenswerten Sturmschäden. Darunt er
Deutschlands war es im Lauf e der letzten
waren mehr ere schwer e Verkehrsunfälle
Dezemberdekade ber eits zu mehr
aufgrund Straßen und Schienen blockieren-
ergiebigen Niederschlägen aus Frontensys-
der Äste sowie umge fallener Bäume. Im
temen gek ommen. Das Wasserspeicher-
bayerischen Wiesau entstand an
einem
vermögen der nassen Böde n w ar deshalb
Zug, der einen umgestürzt en Baum ge-
erschöpft, und die stark en Niederschläge,
rammt hatte, Totalschaden; ein weiterer Zug
die vom 29. bis 30. Dezember 2002 und –
verunglückte bei Freudenstadt. In München
mit der Passage CALVANNs – vom 2. bis
wurden zwei Zelt
3. Januar 2003 über dem Westen, der Mitte
e eines
Weihnachts-
festivals zum Einsturz gebracht. Es entstand
und dem Süden Deutschlands nieder-
ein Schaden von ca. 1,5 Mio. €. Die F euer-
gingen, k onnten unmitt elbar abflusswirk-
wehr rückte in München zu 130 Einsätz en
sam werden. Hochwasserwellen an zahlrei-
aus. Im Raum F reiburg i. Br . war en 300
chen Flüssen waren die Folge. Brennpunkte
sturmbedingte Einsatzfahrten erforderlich.
der Gefährdung waren Koblenz und Köln am
Im Großraum Heilbronn mussten zahlreiche
Rhein, Wertheim am Zusam menfluss von
Haushalte z eitweise o hne St rom aus-
Main und Tauber und Bad Kissingen an der
kommen. Es entstanden etwa 0,5 Mio. m
3
Sturmholz – weit wenigerals die 29 Mio. m3,
die der Orkan LOTHAR im Jahr 1999 allein in
Baden-Württemberg verursacht hatte.
Während d er Sturmpassage k am e s n ach
dem Einfließen der Kaltluft zur Entstehung
von Gewittern. Eine über der Schwäbischen
Alb südwestlich
von Ulm entstandene
Gewitterzelle führte zur Ausbildung eines
Tornados, der nach einem Augenz eugenbericht innerhalb von 30 Sek unden dur ch
die Ortschaft Pfr aunstetten z og, dort 16
Dächer abdeckte, die F
enster heraus-
drückte, Bäume entwurz elte und in den
nahe gelegenen Wald eine Schneise schlug.
Der Korridor der stärksten Schäden hatt e
eine Breite bis maximal 150 Met er. Gemäß
einer Rekonstruktion hatte der Tornado insgesamt nur etwa 5 Minuten Bodenkontakt.
150
eren
Fränkischen Saale.
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Sturmdokumentation
Maximalböenfeld
Sturmtief CALVANN
02.-03.01.2003
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Sturmdokumentation
Die Entwicklung des Sturmtiefs JAN
Das S turmfeld ü berstrich D eutschland a m
(21. bis 22. Dezember 2003)
Nachmittag des 21. Dez ember, wobei die
stärksten Böen in Niedersachsen, in Ham-
Ab dem 19. Dezember war ein Ausbruch von
burg und in einem Band, das sichvon Teilen
sehr kalten Luftmassen von Grönland aus in
Thüringens über
Richtung a uf Island u nd S chottland z u
Anhalts und Sachsen bis nach Brandenburg
beobachten. Unt er diesem Kaltluft einfluss
und Berlin hinzog, auftraten ( siehe Karte
formte sich in der
Höhenströmung nahe
des Maximalböenf eldes). In B erlin veran-
Island ein nach Süden ausgebauchter Trog,
lassten abgerissene oder lose Dach-, Bau-,
dem das in der Bodenkarte vom 20. Dezem-
Reklame- u nd G erüstteile s owie Windwurf
ber sichtbare Tief JAN zugehörte. Dieser
von Bäumen und Äst en rund 200 F euer-
Trog mit dem Tief JAN wurde gegen den
wehreinsätze, wobei für zwei Stunden der
Uhrzeigersinn um das im hohen Norden ge-
Ausnahmezustand ausgerufen wurde. Auch
legene, k alte Tiefdruckzentrum HANFRI ED
in Hambur g kam es zu et wa 200 wet ter-
herum verlagert. D. h., der Kern von JAN
bedingten Feuerwehreinsätzen, in Hanno-
wanderte in einem leichten Bogen von dem
ver waren es noch 50. In diesen Städt en
Seegebiet südlich Island über Schottland in
wurden Weihnachtsmärkte vorübergehend
die südliche Nor dsee ( siehe Bodenkarte
geschlossen; darüber hinaus führten auch
vom 21. Dez ember). Neben der arktischen
andernorts die wenig sturmtauglichen
Meeresluft auf seiner nordwärtigen Seite
Weihnachtsbaum-Arrangements zu Schä-
bezog dieser Wirbel auch die aus dem
den bzw. erhöhten Risiken auf Weihnachts-
Azorengebiet
märkten (u. a. Aurich , Erfurt, Licht enfels
stammende f euchtwarme
Subtropikluft in se ine Zirk ulation ein, die
i. Oberfranken). I n ganz Nordrhein-West-
im Warmsektor der Welle I GOR enthalt en
falen rückte die Polizei zu rund 700 wetter-
war ( siehe B odenkarte vom 2 0. D ezem-
bedingten Einsätzen aus.
ber). Aufgrund des Temperaturkontrasts der
beteiligten Luftmas sen und der
bei den
Kondensations- und Gefrierpr ozessen freiwerdenden Wärme verstärkte sich der
Wirbel über der Nordsee zum Sturmtief .
Der Kerndruck lag am 21. Dez ember, 1 Uhr
MEZ, bei < 975 hP a. In den frühen Morgenstunden des 21. kam es im Nor
dwesten
Deutschlands dur ch gr oßflächige Hebung
im Bereich des Tiefs auch zur Bildung von
Gewittern mit Graupelschauern.
152
den Süden Sachsen-
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Sturmdokumentation
Bodenkarte
Sturmtief JAN
20.12.2003
1 Uhr MEZ
Bodenkarte
Sturmtief JAN
21.12.2003
1 Uhr MEZ
Bodenkarte
Sturmtief JAN
22.12.2003
1 Uhr MEZ
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Sturmdokumentation
Die Schäden hielt en sich zumeist in Gr en-
Die auf der Rückseite JANs v on Skandina-
zen; die Presse erwähnte Windschäden aus
vien her nach Mitt eleuropa einstr ömende
Niedersachsen, in sbesondere für die O rte
Kaltluft ließ die Niederschläge – besonders
Hannover, W olfenbüttel, W olfsburg, Stade
am 22. Dezember – als Schnee und Eis wirk-
und den Landkreis Harburg. Auch aus Sach-
sam wer den. Es kam zu
sen-Anhalt und Sachsen wurden Schäden an
Verkehrsunfällen u nd z u m ehreren l angen
Strommasten, Dächern und Bäumen ge-
Autobahnstaus. D ie i m Zuge d er Sturm-
meldet. Böen und Gr aupelschauer führten
passage JANs veröffentlichte Sturmflutwar-
zu Unf ällen auf der A 27 bei
Walsrode
nung für die deutsche Nordseeküste wurde
(Niedersachsen) und auf der A 61 in Rhein-
am 21. wieder zurückgenommen. Hingegen
land-Pfalz. In Güt ersloh und dem o stwest-
wurden am 22. Dez ember durch die aus
fälischen Umland waren stundenweise
nördlichen Richtungen gegen die deutsche
ca. 350 000 Menschen ohne Str
om, weil
Ostseeküste gericht ete Anstr ömung Was-
ein Strommast, der allerdings in Sabotage-
serstände von bis zu 1,50 m ü. NN err eicht
absicht mit einem Trennschleifer präpariert
und entspr echend etwa in Lübeck
worden war, vom Sturm umgeworfen wurde.
plätze und eine Straße überflutet.
Wegen der
ausfallenden elektrisch en
Pumpen br ach auch die Gas- und Wasserversorgung zusammen, Alarmanlagen
sprangen an, Notstr omaggregate in Kr ankenhäusern nahmen den Betrieb auf, Türen
von Banken und Supermärkten öffneten sich
trotz der sonntäglichen Geschäftsruhe.
Zahlreiche F ährverbindungen w aren b ei 7
bis 9 Meter hohen Wellen in der Deutschen
Bucht eingest ellt wor den. Vor der niederländischen Küst e k am de r Giftfrachter
„Andinet“ bei schwer er See in B edrängnis
und verlor 630 Fässer mit Pestiziden.
154
Hundert en von
Park-
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Sturmdokumentation
Maximalböenfeld
Sturmtief JAN
21.12.2003
155
2003
Witterungsrückblick und Sturmdokumentation des Jahres 2004
2004
Witterungsrückblick
1
Witterungsrückblick 2004
Das Jahr 2004 im Überblick
Weltweit betrachtet lag die mittler e Oberflächentemperatur im Jahr 2004 um 0,44 °C
über dem Wert der Klimavergleichsperiode.
Trotz einiger
esbeginn
2004 war damit das viertwärmste Jahr
sowie einiger Tornados und Hagelschläge
seit Beginn der Messungen 1860. Lediglich
in den Sommermonat en – die witterungs-
die Jahr e 1998, 2002 und 2003 war en im
bedingten Schäden hielt en sich 2004 in
globalen Mittel noch wärmer.
Grenzen.
In
Stürme zu Jahr
Süddeutschland
kam
es
während der Passage der Tiefs GERDA und
HANNE am 12./13. Januar lokal zu St urm-
Januar
schäden und Überflutungen. In der Nacht
zum 1. F ebruar war vor allem Nor drhein-
Ein Hoch über
Westfalen d urch die S turmböen d es Tiefs
Jahresbeginn für die Zufuhr arktischer Kalt-
QUEENIE betroffen. F ür nennenswerte
luft aus Nordosten. Ab dem 6. Januar über-
Schäden in den küst
querte die Warmfront eines Nor dmeertiefs
ennahen Bundes-
Skandinavien sor gte zu
ländern waren die beiden Sturmtiefs NINA
Deutschland von West n ach O st und ver-
und ORALIE (19. bis 21. März)
drängte das Kält ehoch nach Südo sten. Die
wortlich. Aus einer
verant-
Gewitterzelle ent-
aufgleitende, milde Meer esluft s orgte im
Tornado,
Westen für Eisregen, im Osten für Schnee-
der in Micheln (Sachsen-An halt) schwer e
fall. Der sich verschärfende T emperatur-
Zerstörungen anricht ete. Unwetter mit
kontrast an derPolarfront bescherte Europa
Starkniederschlägen, Blitz und Hagel ver-
in den folgenden Tagen eine st ürmische,
ursachten am 8./9. Juli im Südwesten und
regnerische Westwetterlage. Den Höhe-
Osten Deutschlands vor allem in der Land-
punkt bildet en die Sturmtiefs GERDA und
wirtschaft betr ächtliche Schäden. Am
HANNE am 12. und 13. Januar , die jedoch
Abend des 18. Juli war en es zwei weit ere
nur vergleichsweise geringe Schäden ver-
Tornados, die am Niederrhein und im west-
ursachten ( siehe Die Entwicklung der
wickelte sich am 23. Juni ein
lichen Ruhr gebiet zu erheblichen Sach-
Sturmtiefs GERDA und HANNE). Durch die
schäden führten.
teils erheblichen Niederschläge ereigneten
sich in einigen Gebiet en Süddeutschlands
Mit einer Mitteltemperatur von 8,9 °C war
lokale Überflutungen, so unt er anderem in
es i n D eutschland i m J ahr 2004 u m e twa
Baden-Baden. Am Oberrhein entwick elte
0,7 °C wärmer als im langjährigen Mitt el
sich eine Hochwas serwelle, welche die
(1961 bis 1990). Die positive Temperatura-
Schifffahrt zwischen Iff ezheim und Maxau
nomalie fiel damit aber deutlich niedriger
beeinträchtigte. In der hinter dem Sturmtief
aus als in den Vorjahren. Überwiegend zu
einfließenden erwärmten Meeresluft traten
kalt war es in den Monat en Mai, Juni und
aufgrund l abiler Schichtung S chauer und
Juli. Die mittler e Niederschlagshöhe war
Gewitterzellen auf. In der Ortschaft Drocht-
2004 absolut durchschnittlich. Mit 790 l/m2
ersen-Assel (Niedersachsen) beschädigt e
entsprach sie quasi der Menge des lang-
am 13. Januar ein Tornado acht Häuser zum
jährigen Mittels.
Teil erheblich.
157
2004
2004
Witterungsrückblick
Februar
In der Nacht zum 1. Februar griffen die Fronten d es S turmtiefs QUEENIE auf Deutschland über ( siehe Die Entwicklung d er
Sturmtiefs QUEENIE und URSULA). Nennenswerte Schäden gab es da
bei vor
allem in Nordrhein-Westfalen. Nachfolgend
verblieb Deutschland im Zustr
om sehr
milder Meeresluft mit Tageshöchsttemperaturen zwischen 10 und 15 °C. Das Sturmtief
URSULA beendete am 8. F ebruar die milde
Das Kreuzfahrtschiff „Pride of America“ wurde
Phase ( siehe Die Entwicklung der Sturm-
durch die Sturmtiefs GERDA und HANNE in Schief-
tiefs QUEENIE und URSULA). Die auf seiner
lage gebracht (Quelle: ddp).
Rückseite eingeflossene subpolare Kaltluft
führte verbreitet zu Schnee- und Gr aupelschauern, örtlich auch kurzen Gewittern.
Zu B eginn der letzten Monatsdekade bestimmte eine von Skandinavien bis zur
Ein sich
Biskaya r eichende Hochdruckbrück e das
über den Britischen Inseln beschert
Wettergeschehen, und es herrschte vor
Deutschland zurMonatsmitte ruhiges, meist
allem im Ost en Deutschlands Dauerfr ost.
trockenes, anfangs aberauch sonnenschein-
In Oderwitz in der Oberlausitz ging die
armes Wetter. Am 21. F ebruar wurde im
Temperatur in den Morgenstunden des 24.
Alpenvorland, bedingt durch eine Föhnlage,
Januar bis auf - 28 °C zurück. Am letzt en
kurzzeitig Sahar astaub herantransportiert,
Monatstag st ellte sich die Wetterlage um,
der den Himmel orange färbte. Ab dem
und Mitteleuropa geriet unter eine schnelle
23. Februar änderte sich die Großwetterlage,
westliche Str ömung mit mas siver Warm-
und bis zum Monatsende bestimmt en at-
luftzufuhr.
lantische Tief druckgebiete das Wetterge-
verstärkendes Hochdruck gebiet
schehen in Mitt eleuropa. Die sehr
milde
Aufgrund d er zahlreichen N iederschläge
Witterung in der
war der Januar verbreitet z u n ass. I n
führte dazu, dass im Februar die Mittelwerte
Augsburg-Mühlhausen fielen e twa 3 50 %
der Temperatur etwa zwischen 1,5 und 2,5 °C
der Niederschlagsmenge d er Klimaver-
über denen der
gleichsperiode.
lagen.
ersten Monatsdekade
Klimavergleichsperiode
Saharastaub färbte am 20.02.2004 den Himmel über den Alpen orange (Quelle: S. Riedl, Hall/Tirol).
158
e
Witterungsrückblick
März
Zu B eginn des Monats str ömte arktisch e
Kaltluft aus Nord bis Nordost nach Deutschland, und es kam wiederholt zu Schneefällen. Erst am 4./5. März, als sich ein Hochdruckgebiet am B oden nach M itteleuropa
hin verlagerte, schien verbreitet die Sonne.
Ab dem 13. März führte ein Tiefdruckgebiet
südlich von Island mit westlicher Strömung
milde Meer
esluft nach Deutschland.
Während in den F olgetagen die Nor dhälfte
von atlantischen F ronten mit etwas R egen
gestreift wurde, war es im Süden sonniger.
Ein Hoch über dem Mitt elmeer führte mit
südwestlicher Strömung warme, tr ockene
Teile des Daches des im Bau befindlichen Terminal 2
Subtropikluft nach Deutschland, die die
am Hamburger Flughafen wurden vom Sturm am
Temperaturen am 17. März verbreitet über
21.03.2004 weggerissen (Quelle: ddp).
20 °C st eigen ließ. Vielerorts wurden neue
Dekadenhöchstwerte auf gestellt. B endorf
am Rhein schrammte mit 24,6 °C nur knapp
April
am ersten Sommertag (ab 25 °C) vorbei.
Nach zwei Tagen ruhigen, sonnigen HochDie sich zwischen nördlichen und südlichen
druckwetters w urde a b de m 3. A pril e in
Breiten
verschärfenden T emperaturge-
Witterungsumschwung eingeleitet. Ein Tief
gensätze führten zur Ausbildung einer kräf-
bei Island verlagerte sich nach Mitteleuropa
tigen F rontalzone über dem Nor datlantik
und führte auf seiner Rückseite subpolar e
mit einem stark en Westwindband. So war
Kaltluft nach Deutschland, inder sich immer
Deutschland in den F olgetagen von den
wieder teils kr äftige R egen-, Sch nee- und
Fronten der Sturmtiefs NINA (19. März) und
Graupelschauer entwickelten. Ab Ost er-
ORALIE (20./21. März) betr offen ( siehe
montag (12. April) wur de die Witterung
Die Entwicklung der Sturmtiefs NINA und
immer mehr von einem K eil des Az oren-
ORALIE). ORALIE, der stärkere der beiden
hochs bestimmt – es wur
Stürme, führte vor allem in den küstennahen
sonniger und wärmer.
de zunehmend
Bundesländern zu Schäden.
Ein scharf ausgeprägtes Tief westlich der
Die nachf olgende kühle, in südlichen und
Britischen Inseln gestalt ete ab dem 18.
östlichen Höhenlagen t eils niederschlags-
April das Wetter wieder wechselhaft. Auf
reiche Witterung wurde erst in den letzt en
seiner Vorderseite str ömte warme Luft
Märztagen durch trockenes sonnenschein-
subtropischen Ursprungs ein, in der sich am
reiches Hochdruckwetter abgelöst.
22. April vor allem im Westen teils kräftige
Schauer und Gewitt er entwickelten. Im
In der Monatsstatistik war der März in der
Großraum Köln liefen nach Starkregenfällen
Nordhälfte um etwa 1 °C zu warm, in Süd-
mehrere K eller voll. Zuvor wurde in sub-
deutschland war die Bilanz ausgeglichen.
tropischer Warmluft im Oberrheingr aben
Der Niederschlag lag nahezu bundesweit
vielerorts der erste Sommertag des Jahr es
unter den Werten des langjährigen Mittels.
registriert.
159
2004
2004
Witterungsrückblick
Vom 24. bis 27. April stand Deutschl
and
unter Einfluss einer sich über Mitteleuropa ausweitenden Hochdruckbrücke. Zum
Monatsausklang wur de es inf olge eines
Tiefs über
Westeuropa wieder
wechselhafter. In der
deutlich
vorderseitig einge-
flossenen Warmluft ent wickelten sich im
Westen teils kräftige Schauer und Gewitter,
die am 30. April in Nor
drhein-Westfalen
einige Schäden durch Starkregen, Hagel und
Sturmböen verursachten.
Bundesweit fiel der April um 1 bis 2 °C, in
Norddeutschland sogar um 2 bis 3 °C zu
warm aus. Mit Ausnahme von Vorpommern
und T eilen Nordrhein-Westfalens fielen
meist nur 50 bis 80 % der monatsüblichen
Niederschlagsmenge.
Tornado in Kreinitz /Sachsen am 05.05.2004
(Quelle: M. Eppler, Villingen-Schwenningen)
Mai
Die wechselhafte Witterung setzte sich zu
Maibeginn fort. Die Okklusionsfr ont eines
hochreichenden Tiefs über den Britischen
Inseln lag am 5. Mai quer über Deutschland
und tr ennte subtr opische Warmluft im
Osten von kühler Meeresluft im Westen. An
der Luftmassengrenze kam es am Abend in
Sachsen und Brandenburg zu teils kräftigen
Gewittern mit Starkregen. In Kreinitz an der
Am 09.06.2004 wurde diese Windkraftanlage durch
Elbe wurde ein Tornado beobachtet.
Blitzeinschlag in Brand gesetzt (Quelle: dpa).
In den F olgetagen verlagerte sich das Tief
nach Mitt eleuropa. Die int ensive Schauer-
tische Kaltluft nach Ostdeutschland geführt,
tätigkeit hielt an. In starklabil geschichteter
so dass in der Nacht zum 14. Mai die Tempe-
Luft entwickelten sich östlich derElbe in den
raturen örtlich unt er 0 °C ab sanken, womit
Nachmittags- u nd A bendstunden de s 1 0.
die so genannt en Eisheiligen (12. bis 14.
Mai t eils h eftige G ewitter. I n d er Region
Mai) ihrem Namen alle Ehre machten.
Oschatz w urden d urch S tarkregenfälle
Keller überschwemmt. Vi elerorts wurden
Ab dem 20. Mai führte tiefer Luftdruck über
Straßen überflutet.
Skandinavien arktische, maritime Kaltluft in
die Nor dhälfte Deutschlands, währ end der
160
Ab dem 13. Mai gelangt e in den höher en
Süden zunächst noch von einem Hoch über
Schichten der Atmosphäre mit nor dwestli-
Frankreich beeinf lusst w urde. An dieser
cher Strömung kühle Meeresluft in unseren
Luftmassengrenze gab es in Sü ddeutsch-
Raum. B odennah wur de aus Nor dost ark -
land am 21. einige Schaue r und Gewitt er.
Witterungsrückblick
Die sich danach ü ber ganz Deutschland
lage, die im Wesentlichen bis zum Monats-
ausbreitende Kaltluft arktischen Ursprungs
ende anhielt und für wechselhaftes Wetter
ließ die Tageshöchsttemperaturen teilweise
sorgte. Am 22. J uni h atte sich über dem
unter 15 °C bleiben. Eine Hochdruckbrücke,
Ostatlantik der Tiefdruckwirbel YASNA ge-
die sich ab dem 28. Mai über Mitteleuropa
bildet, der
aufbaute, beendete die für diese Jahreszeit
Deutschland err eichte. An dieser Kaltfront
ungewöhnlich kalte Witterung.
entstanden im Westen Deutschlands t eils
am 23. mit
seine r Kaltfront
kräftige Schauer und Gewitt er, die r asch
Vor allem die sehr kalte Witterung während
nach Osten zogen und am Abend die Oder
der letzten Maidekade drückte die Tempera-
erreichten. B ei der Passage der Unwetter
turbilanz des Monats nach unt en. Die Mit-
kam es vor allem aufgrund von Sturmböen,
teltemperaturen lagen rund 1 °C unt er de-
aber auch d urch S tarkniederschlag u nd
nen des langjährigen Mittelwertes.
Hagel, zu einigen Schäden. L okal schwer e
Schäden entstanden durch drei Tornados.
Juni
Die auf der Rückseite eines kleinr äumigen
Tiefs eingef lossene mäßig warme Meer esluft sor gte zu B eginn des Juni wiederholt
für Schauer und Gewitter mäßiger Intensität. Ab dem 7./8. Juni etablierte sich unt er
Hochdruckeinfluss sonniges Sommerwetter,
und es wur de im Westen und Südwest en
der erste heiße Tag (ab 3 0 ° C) r egistriert.
Aufgrund eines Tiefs, das sich von Skandinavien nach Nor
dosteuropa verlagerte,
lagen die Höchstwe rte im Küst enbereich
von Nord- und Ostsee dagegen meist unter
20 °C. An der
ausgeprägten Luftmas sen-
grenze entwick elten sich in Nor ddeutschland in den
Der Tornado von Micheln/Sachsen-Anhalt am
23.06.2004 (Quelle: T. Fritz, Köthen)
frühen Mor genstunden des
9. J uni u nwetterartige G ewitter. Vor allem
durch Blitzeinschläge wurden in SchleswigHolstein, H amburg, N iedersachsen u nd
Mecklenburg-Vorpommern S chäden
in
Millionenhöhe verursacht. Die Bahn musste
Züge von Hamburg nach B erlin, Kiel sowie
Westerland/Sylt umleiten.
In den Folgetagen beendete eine westliche
bis nordwestliche Strömung die heiße
Periode. In feuchter Meersluft bildeten sich
immer wieder einzelne Schauer. Eine hochreichende Tiefdruckzone über Skandinavien
und dem Nordatlantik führte ab 18. Juni zur
Der Ort Micheln, nachdem der Tornado gewütet hatte
Ausprägung einer klassischen Westwetter-
(Quelle: R. Scheibe, Halle)
161
2004
2004
Witterungsrückblick
In Sachsen-Anhalt entwickelte sich aus einer
8. und 9. Juli teils k räftige Unwetter mit
Gewitterzelle ein Tornado, der gegen 18:45
Starkniederschlägen, Blitz und Hagel, die im
Uhr über die Gemeinde Mich eln u nd den
Süden und Ost en Deutschlands Schäde n
dazugehörigen Ortst eil Trebbichau hin-
verursachten. In Südwestsachsen mus sten
wegzog. 275 Gebäude wur den beschädigt.
Straßen w egen Ü berflutung g esperrt u nd
Dächer wurden – in vielen Fällen komplett –
Keller ausgepumpt w erden. B ezogen a uf
abgedeckt, F reileitungen z erstört, Bäume
die landwirtschaftlichen Schäden in Baden-
umgeworfen. Telefonnetz und Str omver-
Württemberg war
sorgung brachen zusammen. Sechs Häuser
eines der stärksten der letzten 20 Jahre.
dieses Hagele reignis
wurden so starkzerstört, dass sie nicht mehr
bewohnbar waren; außerdem wurden Lager-
Das mittlerweile nach Südskandinavien ver-
hallen auf einem Fabrikgelände beschädigt.
lagerte Tiefdruckgebiet blieb in den F olge-
Sechs Menschen wur
tagen quasistationär und sorgte somit wei-
den verletzt, ein e
Person, die gegen eine Hauswand ge-
terhin für wechselhaftes, kühles Wetter.
schleudert wurde, schwer.
Ein weiterer Tornado wütete im schleswigholsteinischen Marne und deckt e dort das
Dach einer Grund- und Hauptschule ab und
beschädigte eine Turnhalle. Zudem hob der
Tornado das Dach einer Realschule ab und
setzte es anschließend wieder auf. Dachziegel wur den auf Autos geschleudert, 14
Wohnhausdächer abgedeckt, P arkanlagen
verwüstet, Schauf ensterscheiben eingedrückt.
Ein dritter Tornado wurde auf der Nordseeinsel B orkum b eobachtet. E r riss e ine
Hütte d er Deutschen L ebens-Rettungs-
8. Juli
Gesellschaft vom F undamentsockel. E ine
Gewitterübersicht vom 08.07.2004 (Datenbasis: Meteo-
Mitarbeiterin wurde aufgrund der Sogkräfte
rological Office UK)
durch ein Fenster geschleudert und schwer
verletzt.
Ab dem 16. Juli gelangte mit südwestlicher
Strömung feuchte, subtr opische Luft nach
Juli
Deutschland. Am 17. und 18. Juli gingen
infolge eines sich bildenden
schwere, t eils unw etterartige Gewitt er in
bestehende Westwetterlage setzt e sich zu
weiten Teilen des Landes nieder. Im westli-
Julibeginn fort. Am 6. Juli verlagerte sich
chen Ruhr gebiet rich teten zwei Tornados
das Tief CHRISTINE von der Biskaya in den
am Abend des 18. Juli Millionenschäden an.
Ärmelkanal. Der Frontverlauf über Deutsch-
Teile d es K reises Viersen a m N iederrhein
land tr ennte dabei subtr opische Warmluft
und Teile d er Stadtgebiete von D uisburg,
im äußerst en Ost en und Südo sten von
Oberhausen u nd E ssen w aren b etroffen.
kühlerer Meeresluft im
Zu w eiteren U nwetterschäden k am e s an
Westen. An der
Luftmassengrenze entwick elten sich a m
162
Wellentiefs
Die seit B eginn der letzten Ju nidekade
den F olgetagen am 19., 20. und 21. Juli
Witterungsrückblick
Der Tornado am Niederrhein in der Nähe von Tönisvorst
...verursachte einige extreme Gebäudeschäden
am Abend des 18. Juli...
(Quelle: K. Kremers, Tönisvorst).
große Hagelkörner, die die Gewächshäuser
von mehr als 70 Gartenbaubetrieben durchschlugen.
Hinsichtlich der Temperatur gliederte sich
der Juli in eine signifikant
nach unt en
abweichende erst e Monatshälft e und eine
über dem Dur chschnitt liegende zweit e
Hälfte. In der
Gesamtbilanz war der Juli
dann geringfügig kühlerals im langjährigen
Mittel. Nör dlich der Mittelgebirge war es
vergleichsweise zu nas s, während die Niederschlagsbilanz i m S üden a usgeglichen
war.
Hagelschlag zerstörte am 31.07.2004 zahlreiche
Gewächshäuser südöstlich von Hamburg
August
(Quelle: T. Schwarz, Hamburg).
In der ersten Augustdekade setzte sich das
vor allem in der Osthälfte D eutschlands
sonnige, heiße Wetter der letzten Julitage
und am 23. Juli im Rhein-Main-Gebiet
fort. Am 12. August griff das Frontensystem
und Süddeutschland.
eines hoch r eichenden Tiefdruckgebiets
über den Britischen Inseln auf Deutschland
Ab dem 24. Juli gelangte wieder deutlich
über und brachte längeranhaltenden Regen
kühlere Meeresluft nach Deutschland, aber
und einen markanten Temperaturrückgang.
in d en l etzten J ulitagen e tablierte s ich
Vor allem Südbayern wur de von heftigen
trockenes, h ochsommerliches Wetter. I n
Gewittern h eimgesucht. I n d er Nacht vom
Norddeutschland k am e s a m 3 1. i nfolge
14. auf den 15. August führten Starknieder-
eines Höhentiefs zu einzelnen Schauern und
schläge in Münst
Gewittern. Dabei
reichen überf luteten K ellern. Nach k urzem
fielen südöstlich
von
Hamburg etwa zehn Minuten lang taubenei-
er/Westfalen zu zahl-
Zwischenhocheinfluss am 15. August ge-
163
2004
2004
Witterungsrückblick
langte feuchtwarme Subtropikluft aus südli-
gelangte mit nor dwestlicher bis nördlicher
cher Richtung nach Deutschland. Dabei kam
Strömung Luft polaren Ursprungs nach Mit-
es immer wieder zu kräftigen Schauern und
teleuropa. Ein kleines, sich nach Südo s-ten
Gewittern. B esonders betr offen war
verlagerndes Tie
der
fdruckgebiet führt
e
Raum Frankfurt am Abend des 18. August.
im Westen und Süden Deutschlands am
Ab dem 24. August wurde die Witterung
22./23. Sept ember zu länger anhaltendem
durch eine an
haltende Westwetterlage
Regen, der in den St aulagen der Mittel-
geprägt, u nd a tlantische Tiefdruckgebiete
gebirge r echt er giebig w ar – im Spes sart
überquerten Deutschland. Dabei kam es
liefen Keller voll, und Straßen wurden über-
wieder zu Schauern, verbreitet auch zu ge-
flutet. Die Witterung ändert e sich in den
wittrigen R egenfällen, die örtlich sehr
darauf folgenden Tagen nicht, und mit nord-
intensiv waren.
westlicher Höhenströmung wurden weitere
Tiefs n ach M itteleuropa g eführt. E rst a m
Im V ergleich zur Klimavergleichsperiode
30. September setzte W etterberuhigung
fiel der August deutschlandweit um ca. 2 °C
ein.
zu warm aus. Von der Niederschlagsbilanz
war der Monat meist zu nas s, nur in weiten
Wie der Vormonat war auch der September,
Teilen von Bayern und Sachsen trockener als
vor allem aufgrund der sehr warmen ersten
im langjährigen Mittel.
Monatsdekade, deutschlandweit wärmerals
im langjährigen Mitt el (c a. 0,5 bis 1,5 °C).
Der Sommer 2004 (Juni, Juli, A
ugust)
Von den im Sept ember üblichen mittler en
war insgesamt gese hen in der Südhälfte
Niederschlagsmengen traten keine gravie-
Deutschlands um etwa 1 °C zu warm, im Nor-
renden Abweichungen auf.
dosten dagegen geringfügig zu kühl. Nördlich derMittelgebirge warder Sommer überdurchschnittlich niederschlagsreich.
Oktober
Aufgrund des Zustr oms sehr milder sub-
September
tropischer Luft zu Monatsbeginn kletterten
die Temperaturen am 5. Oktober in der Süd-
164
In der gesamten erst en Sept emberdekade
hälfte Deutschlands
bescherte eine ausgedehnt e Hochdruck -
25 °C. Bereits am 6. Oktober wurde die sehr
zone über weiten Teilen West- und Mitt el-
milde Luft dur ch maritim e P olarluft ver-
europas Deutschland sonniges, tr ockenes
drängt. Ab dem 9. O ktober gelangte von
Spätsommerwetter. Mit Verlagerung des
Norden her
Hochdruckgebietes nach Südosten drangen
Norddeutschland, währ end der Süden im
atlantische Tie fausläufer vor, darunter
Bereich derAusläufer des ehemaligen tropi-
auch der ehemalige tropische Wirbelsturm
schen Wirbelsturmes J EANNE l ag. A n d er
FRANCES, und führten kühle Meeresluft mit
Luftmassengrenze kam es in Baden-Würt-
Regen nach Deutschland. Das Tief QUEEN,
temberg und Bayern zu int ensiven Regen-
welches sich mit straffer Westströmung mit
fällen. Auch in der
seinem K ern vom Nor dostatlantik nach
Tiefdruckgebiete das Wettergeschehen,
Skandinavien verlagerte, sorgte vom 19. bis
und vor allem im Süden Deutschlands kam
21. September für stürmisches W etter in
es immer wieder zu Niederschlägen. Ein
Deutschland. Es kam zu sehr kräftiger
umfangreiches Höhentief
Schauer- und Gewitt ertätigkeit, vor allem
Britischen Inseln führte ab 20. Okt ober mit
im Hambur ger Großraum. Anschließend
südwestlicher Strömung wieder
verbreitet auf
über
subpolare M eeresluft nach
Folgezeit bestimmt en
westlich de r
warme
Witterungsrückblick
subtropische Luft nach Deutschland . Die
In der Nacht zum 19. br
anhaltende Warmluftzufuhr ließ am 24.
QUIMBURGA, welches sich quer über
Oktober in weiten Teilen Süd- und West-
Deutschland mit Ostkurs verlagerte, neben
deutschlands die Höchsttemperaturen über
Sturmböen auch t eils kräftige Schneef älle.
20 °C steigen, in Freiburg i. Br. wurden sogar
Die Schäden hielt en sich au ch diesmal
noch einmal 25,2 °C erreicht. Danach geriet
in Grenzen. Nach k urzer Wetterberuhigung
Deutschland unt er schwachen Hochdruck -
erfasste am 22./23. November mit ROSELIES
einfluss mit mäßig warmer Luft.
das d ritte S turmtief Deutschland. A n d er
achte das Tief
mecklenburgischen Ostseeküste kam es zu
Der Oktober war bundesweit um etwa 0,5
einer Sturmflut, schwer e Schäden tr aten
bis 1,5 °C wärmerals im langjährigen Mittel,
aber nicht auf.
im Süden sogar um bis zu 2,6 °C (GarmischPartenkirchen). Die Niederschläge war en
überwiegend unterdurchschnittlich, mit
Ausnahme von Bayern und Baden-Württemberg, wo örtlich das Zweiein halb- bis Dr eifache der sonst üblichen Menge fiel.
November
Zu M onatsbeginn b estimmte e in s ich von
den B ritischen I nseln na ch O steuropa
verlagerndes Hochdruckgebiet das Wettergeschehen in Deutschland. Unterhalb einer
Temperaturinversion (Zunahme der Temperatur mit der Höhe) herrscht e dabe i me ist
trübes Wetter, während in den Gipf ellagen
der Mittelgebirge die Son ne sch ien. So
war es z. B. am 2. Nov
ember auf dem
Wendelstein (1832 m ü. NN) mit 16,0 °C
deutschlandweit am wärmst en. Am 9./10.
Aufgewühlte Ostsee im Hafen von Lietzow/Mecklen-
November sorgte ein von Italien zur Nord-
burg-Vorpommern am 18.11.2004 (Quelle: ddp)
see ziehendes Tief für teils er giebige Niederschläge, die im Süden bis ins Flachland
als Schnee niedergingen.
Bis zum Monatsende verblieb Deutschland
meist unter schwachem Hochdruckeinfluss.
Am 1 7. N ovember und i n d en F olgetagen
Es h errschte n ach a nfänglichem S onnen-
verlagerte sich eine ausgeprägte Frontal-
schein trübes Wetter mit Nebel und Hoch-
zone vom N ordostatlantik nach M ittel-
nebel, zeitweise mit Nieselregen.
europa und sor gte für stürmisches Wetter.
In der Nacht zum 18. Nov ember wurde vor
Die Temperaturen wichen im November nur
allem Norddeutschland von den Fronten des
wenig von denen des langjährigen Mitt els
Sturmtiefs P IA e rfasst. E s w urden B äume
ab. In derNordhälfte war es überwiegend zu
entwurzelt, einige Dächer beschädigt und
nass, im Süden meist zu trocken.
einzelne Straßen überflutet.
165
2004
2004
Witterungsrückblick
Dezember
vielerorts fürchaotische Straßenverhältnisse. Nach k urzem Zwischen hocheinfluss
Abgesehen von den ersten drei Dezember-
drangen am 22./23. Dezember die Ausläufer
tagen stand Mitt eleuropa bis zur Monats-
eines weit eren Tiefs nach Deutschland
mitte unt er Hochdruckeinfluss. B ei der
vor. Die nor dwestliche Höhenstr ömung
klassischen Inversionswetterlage schien in
drehte jetzt auf
den höher en Lagen der Mittelgebirge in
Durchzug mehrerer Tiefs da s Weihnachts-
milder Luft verbreitet die Sonne, w ährend
wetter relativ mild und wechselhaft ge-
sich im Flachland bei d eutlich niedrigeren
staltete.
West, so das s sich mit
Temperaturen eine zähe Nebel- oder
Hochnebeldecke hielt. Auf der Zugspitze
Am 26./27. Dez ember brachte ein nor d-
(2962 m ü. NN) wurde so am 12. Dezember
ostwärts ziehendes
mit 5,2 °C die höchst
Deutschlands verbreitet Schneef all, am
e je gemes sene
Tief
dem Ost en
Dezembertemperatur seit dem Jahr 1900
28. schneit e es k urzzeitig im
registriert.
Am Silvestertag führt e ein Tief ausläufer
mit westlicher
Westen.
Strömung erneut milde
Meeresluft nach Deutschland und sor gte
so für einen regnerischen Jahresausklang.
Aufgrund der Inversionswetterlage in der
ersten M onatshälfte w iesen d ie G ipfel d er
Mittelgebirge deutlich positive Temperaturabweichungen im Dez ember auf. Auch im
norddeutschen Tief land
war
es
ver-
breitet um etwa 1 bis 2 °C zu warm, während
es in Süddeutschland geringfügig kält er
als im langjährigen Mittel war.
Inversionswetterlage – Blick vom Großen Arber
Als besonders bemerk enswertes Elemen-
am 12.12.2004
tarereignis im Dez ember 2004 ist ein
(Quelle: S. Engl, www.bayerwaldnatur.de)
Erdbeben zu nennen, das sich am 5. Dezember um 2:52 Uhr im süd lichen BadenWürttemberg er eignete. Das Epizentrum
Ab dem 17. Dez ember dehnte sich eine
lag etwa 15 km nor döstlich von F reiburg
Frontalzone v om Nordostatlantik nach
bei Waldkirch im Südschwarzwald. Mit
Westeuropa aus und Deutschland geriet
einer Magnitude von 5,4 auf der Richter-
unter eine nordwestliche Höhenströmung,
skala war dieses B eben das stärkst e mit
in der en F olge atlantische
Tiefdruck-
einem Epiz entrum in Bade n-Württemberg
unseren Raum über griffen.
seit dem Alb stadt-Beben 1978. Trotz der
gebiete auf
166
Am 18. Dez ember zog so das Sturmtief
für deutsche Verhältnisse gr oßen B eben-
DAGMAR von Irland über Nordfrankreich
stärke waren erstaunlicherweise nur relativ
und Deutschland hinweg zum Baltik
um.
geringe Sachschäden zu verzeichnen. Diese
Schwere Schäden entstanden in Nordfrank-
beschränkten sich aufRisse in Hauswänden
reich, während sich in Deutschland, wo vor
und herunt ergefallene Dachziegel in den
allem der Südwesten betr offen war , die
Landkreisen Emmendingen und Breisgau-
Schäden in Gr enzen hielt en. Schnee- und
Hochschwarzwald. P ersonen kamen nicht
Hagelschauer sorgten laut Presseberichten
zu Schaden.
Sturmdokumentation
2
Sturmdokumentation 2004
Die Entwicklung der Sturmtiefs
In Süddeutschland behindert e der Sturm
GERDA und HANNE
massiv den Verkehr. In Baden-Württemberg
(12. bis 13. Januar 2004)
waren z eitweise 100 Str aßen blockiert;
Sperrungen wegen entwurz elter Bäume
Nachdem es ab dem 7. Januar
zu einem
oder herabgestürzter Äste betr afen die
Ausbruch sehr kalter Luftmassen v on
Autobahnen A 5, A 6, A 8, A 9, A 81 und A 95.
Kanada aus südo stwärts in Richtung auf
Der Regionalexpress Aalen-Stuttgart fuhr
den westlichen und z entralen Nordatlantik
bei Schorndorf auf einen umgestürzt en
gekommen war, wurde dadurch der Tempe-
Baum; eine weit ere Bahnstr ecke zwischen
raturkontrast zu den weiter südlich gelege-
Stuttgart und Nürnber g war durch Äst e
nen warmen Luftmas sen im subtr opischen
lahmgelegt. Mehrere Kommunen verzeich-
Nordatlantik sehr stark. Die F olge war die
neten Str omausfall (u. a. F
Ausbildung
akzentuierten
Ansbach, Heidelberg, Leimen, Sindelfingen,
Polarfront überdem Nordatlantik und damit
Calw, Künz elsau). Insbesonder e in Mitt elf-
eines kräftigen, von West nach Ost gerichte-
ranken flogen Fassadenteile, Wandtafeln,
ten Grundstroms, in dem immerwieder Tief-
Dachziegel, Bauzäune, Toilettenhäuschen
druckgebiete nach Nor d- und Mitt eleuropa
durch die Luft, in Nör dlingen wur de ein
verlagert wur den. St euerndes Zentrum
Kirchturm abgedeckt. E twa zwei Pr ozent
dieser Verlagerung von Randtiefs war ein
des für das Jahr 2004 geplant en Holz -
zeitweise mehrkerniger Bereich tiefen Luft-
einschlags fielen in Baden-Württ emberg
drucks im Seegebiet um Island. In dieser
als Schadholz an (160 000 m 3), wobei die
klassischen Westwetterlage wur den auch
Schwerpunkte in den Schwarzwald-Hoch-
die Wirbel GERDA und – unmittelbar nach-
lagen, im B ereich Ostalb und im Odenwald
folgend – HANNE nach Eur opa hinein ver-
lagen.
einer
stark
ürth, Raum
lagert ( siehe B odenkarten vom 12. und
Die er giebigen Niederschläge, die an der
13. Januar).
Kaltfront GERDAs im Südwesten und Süden
GERDA zog am Abend und in der Nacht vom
Deutschlands niedergingen, fanden mit der
12. zum 13. Januar über Deutschland hin-
Passage der
weg, wobei das Zentrum des
HANNE über Deutschlands Süden am 13.
Tiefs einer
Fronten des Sturmwirbels
Bahn über die Mitt e Deutschlands folgte.
Januar eine Fortsetzung. Auch hier waren
Die milde Meer esluft subtr opischer Her-
bei der Niederschlagsentwicklung feucht-
kunft, die imWarmsektor des Tiefs zwischen
warme, subtropische Luftmassen beteiligt,
Warmfront und Kaltfront enthalten war und
zudem wur de die F
im Südwesten Deutschlands milde Tempe-
Wellenbildung verzögert, so das s sich
raturen zwischen 12 und 14 °C zur
rontpassage dur ch
Folge
große Niederschlagsmengen akkumulieren
hatte, bewirkte ergiebige Niederschläge an
konnten (24-Stunden-Niederschlag: F reu-
der nachrückenden Kaltfr ont. Der Korridor
denstadt 102 l/ m2, Baier sbrunn 82,5 l/ m2).
der stärksten Böen führte über Süddeutsch-
Überflutungen dur ch Sturzr egen wur den
land, d. h. Baden-Württemberg und Bayern,
aus dem Ortenaukreis, dem Kreis Freuden-
hinweg, wo etwa in Öhringen 119 km/h
stadt, dem bayerischen Landshut sowie aus
gemessen wurden ( siehe Karte des Maxi-
Baden-Baden gemeldet. In der
malböenfeldes).
genannten Stadt schwollen Bäche zu
zuletzt
167
2004
2004
Sturmdokumentation
reißenden Str ömen an – der
Bach Oo s
wasserwelle, die am Pegel Karlsruhe-Maxau
erreichte einen Wasserstand von 2,12 m ü.
einen Scheit el von 8,30 Met er erreichte
Pegelnullpunkt und über stieg damit den
– die Schifff ahrt zwischen Iff ezheim und
mittleren Wasserstand von 0,4 Meter deut-
Maxau wur de eingest ellt. Auch an Neckar ,
lich. Ganze Ortsteile derStadt standen unter
Mosel, Lahn und Donau stiegen die P egel;
Wasser; von F euerwehr und P olzei war en
die Schifffahrt wurde an der Mosel bei Trier
rund 350 Personen im Einsatz. Etwa 30 Per-
und an der Donau zwischen Str aubing und
sonen konnten ihre Häuser nicht mehr er-
Passau eingest ellt. Die von HANNE ver-
reichen und wurden in Notquartieren unter-
ursachten S turmschäden fielen i nsgesamt
gebracht.
eher gering aus.
In der Folge der starken Niederschläge
entwickelte sich im Oberrhein eine Hoch-
Bodenkarte
GERDA und HANNE
12.01.2004
1 Uhr MEZ
Bodenkarte
GERDA und HANNE
13.01.2004
1 Uhr MEZ
168
Sturmdokumentation
Maximalböenfeld
Sturmtief GERDA
12.01.2004
169
2004
2004
Sturmdokumentation
Die Entwicklung der Sturmtiefs
am Kai liegenden zweit
QUEENIE und URSULA
Auch aus den R egierungsbezirken Weser-
(31. Januar bis 1. Februar
Ems, Hannov er, Lünebur g wur den Sturm-
bzw. 8. Februar 2004)
schäden gemeldet.
In der Nacht zum 31. Januar hatte sich an
Etwa eine Woche nach QUEENIE nahte der
der Polarfront im Grenzbereich von polarer
nächste Sturm. Zum 7. Februar hatte sich im
und tr opischer Meeresluft westlich
von
Seegebiet südöstlich von Island nach einem
Irland der Wirbel QUEENIE gebildet. Nicht
Ausbruch we iter nördlich g elegener arkti-
en F rachtschiff.
zuletzt wegen der feuchtwarmen Luftmasse
scher Kaltluft das Tief URSULA zu einem
in seinem Warmsekt or durchlief er eine
zweikernigen Druck gebilde verstärkt. Zum
schnelle Entwicklung zum Sturmtief . In der
8. Februar verlagerte es sich nach Südosten
Nacht vom 31. Januar zum 1. Februar über-
über die z entrale Nor dsee, wobei sich ein
querte das S turmfeld QUEENIEs Deutsch-
erheblicher Temperatur- und Druckgradient
land.
zu der
südwestlich über
der Biskaya
nachfolgenden Hochdruckz elle ausbildet e
Obgleich es sich bei QUEENIE insgesamt
( siehe B odenkarte vom 8. F ebruar). Die
betrachtet nicht um einen starken, scha-
hohen Druck unterschiede auf
denintensiven Sturm handelte, kam es lokal
Raum über den Britischen Inseln und Teilen
zu einigen Schäden. Insbesonder e Nor d-
Mitteleuropas hatt en auf grund der damit
rhein-Westfalen (Rheinland), das südliche
verbundenen gr oßen Druck gradientkraft
Niedersachsen und Nor
stürmische Windgeschwindigk eiten aus
dhessen war en
betroffen. Neben sturmbedingt
kleinem
en Ver-
Nordwest bis West zur Folge. Nach der
kehrsunfällen dr ohte in Neus s ein ganz er
Passage der Kaltfront von URSULA kam es
Dachstuhl abgehoben zu werden. In Krefeld
in dereingeflossenen kalten Meeresluft, die
stürzte ein ca. 1 Meter langes Zierstück aus
zuvor über dem Nordseewasser Wärme auf-
einem Kir chturm auf den Vorplatz. Wei-
genommen und eine labile Schicht
tere Schäden und Gef ahren dur ch her ab-
angenommen hatt e, zu stark er Schauer-
stürzendes Fassadenmaterial sowie dur ch
und Gewitt ertätigkeit ( siehe Gewitterü-
herumfliegende Bauzäune, Dachziegel und
bersicht vom 8. Februar). Der Niederschlag
Äste b zw. Bäume entstanden in B ochum,
kam – verstärkt am 9. F ebruar – bis in die
Mönchengladbach und Neus
Niederungen als Schnee und Graupel an.
s, wo die
ung
Einsatzkräfte jeweils zu über 70 Einsätzen
170
ausfuhren. Auch aus den Kr eisen Reckling-
Ein Teil der
hausen, Coesfeld, Borken, Lippe sowie
im Einflussbereich v on URSULA kam aus
aus Hagen, Wuppertal, Oberhausen und
Gewitterböen, wobei die Sturmwirk
Mühlheim wur den typische Sturmschäden
URSULAs besonders in den B
wie gestürzte Bäume und Äste, Dach-
Rheinland-Pfalz, Südhes sen/Rhein-Main,
und Fassadenschäden, Schornsteinschäden
Nordrhein-Westfalen sowie Bayern zu
oder verdrehte Ampelmast en gemeldet.
spüren war. Nach einem stark en Gewitt er
In Nor dhessen wur den mehr ere Bäume
kam es zu Str omausfall in Worms und in
entwurzelt. Auch in Nor ddeutschland kam
den La ndkreisen Alz ey-Worms und Ma inz-
es zu vereinzelten Schäden. In Bremerhaven
Bingen. Block B des Kernkraftwerkes Biblis
verursachte Winddruck die Karambolage
musste deshalb herunt ergefahren werden,
zwischen einem Autofrachter, der durch den
denn die L eistung k onnte nicht mehr ins
Hafen geschleppt werden sollte, und einem
Netz gespeist wer den. Ein weit erer Folge-
bodennahen Sturmwirk ung
ung
ereichen
Sturmdokumentation
der Schweiz tr aten einige sturmbedingt e
Gewitterübersicht
Sachschäden auf . Insgesamt gesehen
handelte es sich bei URSULA trotz der lokal
aufgetretenen Einz elschäden aber nicht
um einen starken Sturm.
Die in den Sturm eingelagert en Schneeund Graupelschauer führten zu teilweise
chaotischen V erkehrsverhältnissen.
Nordrhein-Westfalen kam es auf
In
glatten
Straßen zu 95 Unf ällen; u. a. auch zur Vollsperrung einiger Autobahnen (A 3, A 31, A
52). Auch in Bayern blieben die Autos auf
der A 3 nahe Würzburg und auf der A 9 im
Altmühltal in den Schneemas sen st ecken;
zahlreiche Unfälle ereigneten sich.
8. Februar
schaden war ein Br and in einer Umspannanlage, dur ch den diese stark beschädigt
wurde. Aus Rheinland-Pfalz und Südhessen
wurden weit ere typische Sturmschäden
gemeldet: Die F euerwehr musste umgestürzte Bäume beseitigen; in B
ensheim
wurde u. a. ein Hochhausdach abgedeckt;
in Frankfurt/Main kam es zu 25 F euerwehreinsätzen wegen abgedeckt er Dächer und
umgerissener
Bäume,
Bauzäune und
Plakatwände. Nahe Mainz ris s der Sturm
ein Festzelt aus der Verankerung und
schleuderte es auf die Gleise der Bahnstrecke Mainz -Worms. 61 F euerwehrleute
waren im Einsatz; es kam zu erheblichen
Verspätungen im Zugverkehr. Auch in Nordrhein-Westfalen, in Oberbayern und
im südlichen Sachsen traten Sturmschäden
auf. Im belgischen Haf en Seebrügge ris s
der Sturm eine Fähre los, die von Schleppern
wieder an ihren Liegeplatz gebracht werden
konnte. Auch in Ober
österreich und in
171
2004
2004
Sturmdokumentation
Bodenkarte
Sturmtief QUEENIE
01.02.2004
1 Uhr MEZ
Bodenkarte
Sturmtief URSULA
08.02.2004
1 Uhr MEZ
172
Sturmdokumentation
Maximalböenfeld
Sturmtief QUEENIE
31.01.-01.02.2004
173
2004
2004
Sturmdokumentation
Maximalböenfeld
174
Sturmtief URSULA
08.02.2004
Sturmdokumentation
Die Entwicklung der Sturmtiefs
kühlen Meer esluft entwick elten sich vor
NINA und ORALIE
allem im Nordwesten Deutschlands Schauer
(19. bis 21. März 2004)
und Gewitt erzellen ( siehe Gewitterübersicht vom 21. März).
Bereits ab dem 17. März verstärkten sich
die Temperaturgegensätze überdem westli-
ORALIE (20. bis 21. März), der zweite und
chen und mittler en Nor datlantik zwischen
stärkere der Stürme, betraf den Norden und
polarer Kaltluft, die sich aus dem Raum
Teile der
Westkanada/Ostgrönland nach Südo sten
schwerpunkte lagen in Niedersachsen im
bewegte, und subtr opischer Warmluft aus
Gebiet um Bremen, in Hamburg, Schleswig-
der Zirkulation des Az orenhochs. Dadur ch
Holstein und Mecklenbur g-Vorpommern
entstand über dem Nordatlantik ein starker,
sowie im Nor dosten Brandenburgs (Ucker-
von West nach Ost gerichteter Grundstrom,
mark). In Hambur g rückt en die Einsatz -
der zum 19. März ber eits bis in die Nor d-
kräfte zwischen Samstagabend und Sonn-
see und nach Mitt eleuropa hineinr eichte.
tagnachmittag über 400 Mal aus, um vor
Diese Westdrift zwischen dem steuernden
allem gestürzt e Bäume und gef
Tief MELITTA bei Island im Nor
den und
Äste zu beseitigen, beschädigt e Dächer
dem kr äftig ausgepr ägten Az orenhoch
oder Verkehrsschilder bzw. Ampelanlagen
im Süden ergab am 19. das Bild einer
zu sichern. Am Flughaf en F uhlsbüttel ent-
klassischen Sturmwett erlage (zyklonale
stand Schaden am Dach des im Bau befind-
Westlage; siehe B odenkarte v om 19.
lichen Terminals 2, das t
März). Entsprechend wurden die über dem
Sturm abgedeckt wur de. In Br emen drück-
westlichen Nor datlantik
entstehenden
ten Windböen an der A 27 eine kurze Lärm-
Wellentiefs, die aufgrund der herrschenden
schutzwand um; im ganzen Stadt gebiet
Luftmassenkontraste das Potenzial zur Ent-
wurden Bäume und Ampelmasten geknickt
wicklung stark er Stürme besaßen, in der
sowie Baust ellenabsperrungen wegge-
Westdrift sehr schnell in den europäischen
rissen. Die Bahnstrecke Bremen-Hannover
Raum hinein verlagert.
war zeitweise aufgrund eines großen Metall-
Mitte Deutschlands. Schaden-
allene
eilweise vom
gestells, das auf die Gleise fiel, unterSo erreichten uns die unmittelbar auf-
brochen. Im Nor dhafen von Br emerhaven
einander folgenden Wellen einer Zyklonen-
riss der Sturm die L einen eines 174 Met er
familie: Das erst e dieser Randtiefs mit
langen Aut otransporters lo s, der
Namen NINA überquerte Deutschland mit
Wind getrieben eine Containerbrück e und
seinen Fronten und Böen in der Nacht vom
eine Verladerampe schwer beschädigte. In
19. auf den 20. März, wobei der Kerndruck
Niedersachsen waren den Pr esseberichten
des Tiefs über der Nordsee knapp unter 980
zufolge Sturmschäden im Raum südwest-
hPa lag und das Hauptsturmf eld Dänemark
lich und südlich von Bremen (z. B. Ahlhorn,
betraf. Unmitt elbar gefolgt wur de es von
Wildeshausen), Hannov er (65 F euerweh-
dem zweiten RandtiefORALIE, dessen Kern-
reinsätze), Gifhorn (mehrals 100 Feuerweh-
druck über der Nordsee auf unter 970 hPa
reinsätze) und P eine zu verzeichnen. Aus
sank und dessen Fronten und Starkwindfeld
Schleswig-Holstein wur den 1 400 sturm-
Deutschland in der Nacht vom 20. auf den
bedingte Feuerwehreinsätze gemeldet. In
21. März überstrichen. In diesem Zeitr aum
Lübeck riss der Sturm u. a. die frisch reno-
erreichte die Str ömung über dem Westen
vierte Fassade eines Hochhauses herunt er.
Deutschlands in 6 km Höhe st ellenweise
Auf der Insel Sylt kam es – insbesondere an
Geschwindigkeiten von etwa 190 km/h.
der Südspitze nahe Hörnum – zu mas siven
In d er hinter der Kaltfront e ingeflossenen
Uferabbrüchen. Als gef ährlich erwiesen
vom
175
2004
2004
Sturmdokumentation
Bodenkarte
NINA und ORALIE
19.03.2004
1 Uhr MEZ
Bodenkarte
NINA und ORALIE
20.03.2004
1 Uhr MEZ
Bodenkarte
NINA und ORALIE
21.03.2004
1 Uhr MEZ
176
Sturmdokumentation
sich auch leere Anhänger, die – vielerorts zu
Werbezwecken am Fahrbahnrand abgestellt
Gewitterübersicht
– vom Sturm auf die Fahrbahnen geworfen
wurden. Auch in Mecklenburg-Vorpommern
entstanden zahlreiche Sturmschäden. Böen
deckten das Dach des SchwerinerBildungsministeriums aufeiner Länge von 40 Metern
ab, wodur ch 18 Bür os der Kulturabteilung
vorerst unbr auchbar gemacht wur den.
Beschädigte Str omleitungen br achten für
einige tausend Haushalte in Westmecklenburg z eitweise Str omausfall. Aus Wismar
wurden mehr ere sturmbedingt e Verkehrsunfälle gemeldet, oft durch gestürzte
Bäume verursacht. In Berlin rückte die Feuerwehr wegen des Sturms ORALIE insgesamt über 200 Mal aus, wobei 67 % der
Einsätze umgestürzten Bäumen und herabgewehten Äst en, die r estlichen F ahrten
beschädigten Dacht eilen galt en. Im Nor dosten Br andenburgs war besonders die
Uckermark betroffen, wo die Feuerwehr über
21. März
20 Sturmeinsätze fuhr und u. a. ein Schuldach in Schwedt komplett abgedeckt wurde.
Außer in den küst ennahen Bundesländern
gab es auch in Nordrhein-Westfalen sturmbedingte Schäden; in Es
Polizei zu über
sen rückt e die
40 sturmbedingt en Ein-
sätzen aus. Auch aus Teilen der deutschen
Mittelgebirge wurden Schäden gemeldet: In
Rheinland-Pfalz kam es zu sturmbedingten
Unfällen und Sachschäden; im
Wester-
wald knickt en zahlr eiche Bäume um und
blockierten Str aßen; in Nor d- und Mitt elhessen knickt en Bäume um, und auch im
sächsischen Chemnitz war en F euerwehreinsätze z ur Beseitigung von u mgestürzten Bäumen erf orderlich. Tragisch wüt ete
der Sturm ORALIE im Ausland: In England
starben dr ei Menschen. In P olen mus sten
mehrere hundert Ortschaft en z eitweise
ohne Str om ausk ommen. In Deutschland
wurden durch den Sturm mehrere Menschen
verletzt, die meist en auf grund von sturmbedingten Verkehrsunfällen.
177
2004
2004
Sturmdokumentation
Maximalböenfeld
178
Sturmtiefs NINA und ORALIE
19.-21.03.2004
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Quellenverzeichnis
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Legenden
Erläuterungen zu den Karten
Bodenkarte
Isobaren
Maximalböenfeld
Böenrichtung
Gewitterübersicht
Zeitskala
(Linien gleichen
Luftdrucks in hPa)
0 Uhr
Häufigkeit
registrierter Blitze
1
Impressum
2- 3
Herausgeber:
1 Uhr
2 Uhr
Warmfront
3 Uhr
Warmluft gleitet langsam auf
bodennahe Kaltluft auf:
großflächige Schichtbewölkung,
z.T. Dauerniederschlag.
4 Uhr
Kaltfront
Kaltluft schiebt sich wie ein Keil
unter Warmluft und zwingt diese
zum raschen Aufsteigen:
hochreichende Bewölkung, Schauer,
böiger Wind, z. T. Gewitter, Hagel.
0 – 20 m / s
(0 – 72 km/h)
20 – 25 m / s
(72 – 90 km/h)
25 – 30 m / s
(90 – 108 km/h)
Okklusionsfront
Die rascher fortschreitende Kaltfront hat die Warmfront eingeholt,
der Warmsektor wird über die
Kaltluft gehoben: häufig Niederschläge.
H
Tiefdruckgebiet
Hansaallee 177
30 – 35 m / s
(108 – 126 km/h)
35 – 40 m / s
126 – 144 km/h
40 – 45m / s
(144 – 162 km/h)
45 – 50 m / s
(162 – 180 km/h)
> 50m / s
(> 180 km/h)
6 Uhr
40549 Düsseldorf
9 - 15
7 Uhr
8 Uhr
16 -24
Verfasser:
9 Uhr
10 Uhr
Steffen Fietze
11 Uhr
12 Uhr
Meike Müller
36 -48
Manuel Prechtl
13 Uhr
14 Uhr
15 Uhr
16 Uhr
17 Uhr
18 Uhr
19 Uhr
20 Uhr
49 -63
Redaktion:
64 -80
Datenbasis: Berliner Wetterkarte
Pro Rasterzelle ist die abgeleitete
Maximalböe in m/s für den angegebenen Zeitraum dargestellt.
Die Erstellung erfolgt mit dem Sturmschadenmodell der Deutschen Rück.
Datenbasis: DWD
Abteilung Technik + Service
geo@deutscherueck.de
Abteilung Kommunikation + Presse
> 81
presse@deutscherueck.de
keine Angabe
21 Uhr
Gestaltung/Layout: ergo Kommunikation
22 Uhr
Köln/Frankfurt am Main
23 Uhr
Hochdruckgebiet
Momentaufnahme der Luftdruckverteilung in
Hektopascal (hPa) am Boden in der Regel um
1 Uhr MEZ.
Thomas Axer
Dr. Thomas Bistry
25 -35
Häufigkeit registrierter Blitze (vorwiegend Wolke-Erde-Blitze) für das 30Minuten Intervall vor der angegebenen vollen Stunde.
Räumliche Auflösung: 0,5° geographische Länge und Breite.
Datenbasis: Meteorological Office UK
Copyright 2005 RSGB, University of Bern and NOAA, Courtesy of A. Hauser and D. Oesch
T
Aktiengesellschaft
4 - 8
5 Uhr
Geschwindigkeit
der Maximalböen
Deutsche Rückversicherung
Druck:
Sieprath Druckservice
Karl-Friedrich-Straße 76
52072 Aachen
Düsseldorf, März 2006
Aktiengesellschaft
Düsseldorf und Berlin
Hansaallee 177, 40549 Düsseldorf
Postfach 290110, 40528 Düsseldorf
Telefon: (02 11) 45 54-3 77
Telefax: (02 11) 45 54-3 39
www.deutscherueck.de
Sturmdokumentation Deutschland 1997 – 2004
Deutsche Rückversicherung