Konstantin Neven DuMont

Transcription

Konstantin Neven DuMont
papergram
2 › 2007
G R A P H I C PA P E R
Estland
– goldener Medienmarkt
Konstantin Neven DuMont
– Verleger in der zwölften Generation
Magazine für Herrchen und Frauchen
Fanzine – wenn der Redakteur
kein Profi ist
sca papergram no 2 › 2007
4
Papergram. Das internationale Magazin für die Medienbranche und grafische Industrie. Herausgegeben von
SCA Forest Products AB, Box 846, 851 23 Sundsvall.
Telefon: +46-60-19 40 00. Telefax: +46-60-19 40 90.
22
25
Chefredakteurin und Herausgeberin
(nach schwedischem Recht für den Inhalt verantwortlich):
Anne-Sofie Cadeskog
Projekt- und Redaktionsleitung:
Luise Steinberger (luise.steinberger@bredband.net)
Grafikdesign: Mellerstedt Design
Repro und Druck: Prinfo Accidenstryckeriet,
Sundsvall
Titelfoto: IBL
Papergram wird auf GraphoCote
80 g gedruckt, der Umschlag
auf Reprint 150 g. Das
Papier ist FSC-zertifiziert.
Das Material in dieser Zeitschrift ist von der Redaktion
bestellt, durchgesehen und abgenommen. Das bedeutet
jedoch nicht, dass die Redaktion oder SCA die Meinungen der Autoren in jedem Fall teilen. Zitieren Sie uns
gerne, aber geben Sie bitte die Quelle an.
Inhalt › 2/2007
RFID, erleichtert die Kontrolle der Waren in der
Radio Frequency Identification,
Fertigungs- und Distributionskette. Große Papierrollen fordern die Technik heraus
4 RFID hält Ordnung
6 Ostsee-Tiger
12 Trends
Estland gehört zu den am schnellsten wachsenden Ökonomien Europas. Auch die
Medienbranche expandiert – und weist dabei Facettenreichtum auf
14 Rund um den Wauwau
Des Menschen bester Freund inspiriert zu vier Arten von Zeitschriften
18 Man muss auf Zack sein
Konstantin Neven DuMont hat das Zeitungmachen im Blut. Als Miteigentümer des
Familienverlages M. DuMont Schauberg gibt er in der zwölften Generation namhafte
Titel wie die Kölnische Rundschau heraus. Zum Verlag gehören auch die
Mitteldeutsche Zeitung und die Frankfurter Rundschau
20 Einwanderer mit Zukunft
Die Dreh-Kiefer, in den späten 1960er-Jahren aus Kanada importiert, behauptet
sich in schwedischen Wäldern. Derzeit wird geprüft, wofür sich ihr Holz eignet
23 Kolumne:
Claude-Jean Bertrand über die Verantwortung der Medien
24 Selbst gemachte Blätter
Fanzines sind Zeitungen, die die Leser selbst machen. Oft geht es um einen Künstler,
ein bestimmtes Phänomen oder ein Hobby
27 Trends
28 Waldbesitzer – warum eigentlich?
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Möchten Sie ein eigenes Gratisexemplar von Papergram,
oder möchten Sie die Zeitschrift für einen Kollegen
bestellen? Schicken oder faxen Sie Namen, Adresse
und eventuell den Namen Ihres Unternehmens an:
Birgitta Ulfsparre, SCA Graphic Sundsvall AB,
Box 846, 851 23 Sundsvall.
Telefon: +46-60-19 43 92.
Telefax: +46-60-15 24 50.
E-post: birgitta.ulfsparre@sca.com
SCA Forest Products produziert Druckpapier für
Zeitungen, Zeitschriften und Kataloge sowie Zellstoff,
Schnittholzwaren und Biobrennstoffe aus der Forstwirtschaft. SCA Forest Products verwaltet auch den
großen Waldbesitz der SCA, versorgt die schwedischen
Industriebetriebe des Konzerns mit Holzrohstoffen und
bietet den Geschäftseinheiten der SCA wirtschaftliche
Transportlösungen an.
Der Umsatz des Unternehmens beläuft sich auf
1,95 Milliarden Euro, die Mitarbeiterzahl auf 4 000.
Die Forstwirtschaft der SCA ist gemäß FSC
(Forest Stewardship Council) zertifiziert.
SCA › info
GraphoMatt in neuem Gewicht
SCA lanciert ein LWC-Papier in neuem Ge-
Zebrafische – wie der Fisch im
Wasser
Die Wasseremissionen des Zellstoffwerks Östrand sind mittlerweile so gering, dass bei normalem Betrieb keine negativen Effekte
für die Meeresumgebung erwartet werden können, in die das
Wasser eingeleitet wird. Das belegen 2006 durchgeführte Tests
auf neuen posten
JérÔme van Lidth ist als Sales Manager in Bel-
gien angestellt worden. Er nahm die Arbeit am 14.
Mai auf. Van Lidth arbeitete bisher in einem Familienbetrieb in der Offsetdruck- und Grafikdesignbranche.
Zuvor hatte er bei verschiedenen internationalen
Konzernen Erfahrungen in den Bereichen Logistik
und Telekom gesammelt.
S
Roi n e Mor i n ist zum
Umweltdirektor für SCA
Forest Products ernannt worden. Morin, der den
Umweltbeirat von SCA Forest Products leitet und
den Geschäftsbereich im Umweltrat des Gesamtkonzerns sowie in Geschäftsbereich-übergreifenden
Umweltfragen vertritt, trat sein neues Amt am 1. März
an. Außerdem behält Roine Morin die Leitung der
Umweltorganisation von SCA Graphic Sundsvall bei
und berät auch SCA Timber in Umweltfragen.
S
Ingela Ekebro, bisher kommissarische Produk-
tionsleiterin des Zellstoffwerkes Östrand, ist offiziell
auf diesen Posten berufen worden.
S
S
In den vergangenen zehn Jahren hat das Zellstoffwerk Östrand im schwedischen
Sundsvall eine Reihe von Umweltmaßnahmen durchgeführt. Insgesamt haben
eine völlig chlorfreie Bleiche, das nahezu völlig geschlossene Ablaufsystem der
Bleicherei und eine effiziente Bioklärung des Abwassers das beste Ergebis
erbracht, das jemals in der forstindustriellen Abwasserklärung vom IVL, dem
Labor des Schwedischen Umweltinstituts, gemessen wurde.
Die Untersuchung im Jahr 2006 bestand aus zwei Teilen. Zum einen ging es
um die chemische Analyse einer Reihe bekannter Stoffe, die zu Umweltschädigungen führen. EGOM (extrahierbar gaschronomatografierbares organisches
Material) und PBS (potenziell bioakkumulierbare Substanz) sind beispielsweise
Maßeinheiten für Stoffe, die in lebenen Organismen abgelagert sein können.
Sie sind gefährlich, weil sie in der Nahrungskette nach oben wandern und sich
dort konzentrieren. Erhöhte Konzentrationen können daher die Endkonsumenten,
wie Menschen oder auch Fisch fressende Vögel, schädigen. Im Abwasser
von Östrand konnte keiner dieser Stoffe nachgewiesen werden, was für eine
Zellstofffabrik äußerst ungewöhnlich ist.
Der zweite Teil der Untersuchung kontrollierte, wie das Abwasser auf Fische
und Schalentiere einwirkt. Getestet wurde eine populäre Aquariums-Gattung: der
Zebrafisch. Die Messungen umfassten Giftgehalt, Wachstumsgeschwindigkeit,
Geschlechterverteilung sowie das Reproduktionsvermögen der Fische. Um eine
eventuelle Reproduktionsstörung nachweisen zu können, wurden die Tests
an zwei Generationen durchgeführt. Es konnten aber keine entsprechenden
Tendenzen aufgezeigt werden – die Zebrafische lebten und gediehen während
der gesamten Testphase problemfrei im Abwasser.
GraphoMatt wird aus vollkommen chlorfreiem Zellstoff hergestellt, und die Produktion
ist gemäß den Qualitätsstandards ISO 9001 und
ISO 14001 zertifiziert. Die Rückverfolgbarkeit
der Rohstoffe ist nach den Regeln des FSC, Forest Stewardship Council, zertifiziert. GraphoMatt ist nun in den Oberflächengewichten 57,
60, 65 und 70 Gramm/Quadratmeter erhältlich.
Eine Broschüre, die die neue Qualität beschreibt,
kann auf www.publicationpapers.sca.com in
den Sprachen Deutsch, Französisch, Englisch
(britisch und amerikanisch), Spanisch, Polnisch,
Italienisch und Schwedisch bestellt werden.
S
wicht – GraphoMatt 70 Gramm ist ein leicht
lesbares, mattes, gestrichenes Druckpapier für
den Heatset Web Offset-Druck. „Die Qualität dieses Papiers wird deutlich, wenn große
Textmengen mit der Forderung nach einer
guter Bildwiedergabe kombiniert sind. Dank
der matten reflexiven Oberfläche wird das gedruckte Wort perfekt wiedergegeben, gleichzeitig
erlangen Illustrationen einen schönen Glanz“,
erklärt Jan Knuts, verantwortlich für den Produktb ereich Gestrichene Papiere bei SCA
Graphic Sundsvall.
Åke Westberg, ehemals
S
Produktionsleiter des Zellstoffwerkes Östrand, hat neue
Aufgaben als Projektleiter
übernommen. Sein letztes Projekt war die Implementierung des neuen Sodakessels
in Östrand. Derzeit leitet Westberg die Vorbereitungen
für die Kapazitätserweiterung zur Herstellung von
TMP sowie zur Installierung einer neuen Papiermaschine im Papierwerk Ortviken. Er leitet auch das Drehkiefernprojekt von
SCA Forest Products und steht dem Holz-Bezugsrat vor, der die Rohstoffversorgung der schwedischen Anlagen von SCA koordiniert.
Nachhaltigkeit und Umwelt
Die Umweltbilanz von SCA Graphic Sundsvall für
S
2006 ist nun veröffentlicht worden. Außerdem ist die
Jahresbilanz des gesamten SCA-Konzerns für 2006
erschienen. Sie wird gemeinsam mit dem Bericht über
Umwelt und soziale Verantwortung unter dem Titel SCA
Hållbarhetsredovisning 2006 (Nachhaltigkeitsbericht)
verbreitet. Sämtliche Dokumente sind auf Schwedisch
und Englisch unter www.sca.com beziehungsweise
www.publicationpapers.sca.com erhältlich.
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Die Sensor-Revolution
Radio Frequency Identification heißt eine Technologie mit Zukunft:
Sie bietet große Erleichterungen für die Logistik und für Produktionstechniken, bei denen man wissen muss, wo genau sich viele kleine
Dinge befinden. Hans-Erik Nilsson, Professor für Elektronikkonstruktion an der Universität Sundsvall, sieht weitere Anwendungsbereiche voraus
von Lena Sjödin foto Leif Milling, Mattias O Nils
Stellen Sie sich vor: Die Waren
im Einkaufswagen senden ihre Preise an
eine Registrierkasse – Kassenpersonal
ist nicht mehr nötig. Oder: Alle Kinder
sind mit einem Sender versehen, die
Eltern können immer sicher sein, dass
sie wohlbehalten in der Schule ankommen. Oder: Ihr Magen wird mit einem
elektronischen Chip ausgestattet, um berichten zu können, wie es ihm geht. „So
weit sind wir heute noch nicht, aber die
Entwicklung geht jetzt enorm schnell“,
sagt Hans-Erik Nilsson, Professor für
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Elektronikkonstruktion an der Universität Sundsvall.
Nilsson leitet eine RFID-Forschergruppe im Rahmen der dort ansässigen
Forschungsprogramme FSCN (Fibre
Science and Communication Network)
sowie STC@MIUN (Electronic Systems
for Sensible Things that Communicate).
RFID ist eine relativ alte Technologie im Bereich der Logistik. Sie wurde
bereits in den 1980er-Jahren entwickelt
und sorgt dafür, dass ein passiver Spei-
cher mit Antenne wie ein Etikett auf eine
Ware oder ein Produkt geklebt wird. Ein
Lesegerät überführt einen Stromfluss an
den RFID-Kreis, der wiederum den Inhalt des Speichers weitersendet. Auf diese
Weise können große Datenmengen rasch
und unproblematisch abgelesen werden.
Die Automobilindustrie beispielsweise
bedient sich dieser Technik seit langem,
um in den Montagelinien sicherzustellen, dass das richtige Automobilteil zum
Einbau an der richtigen Stelle aus dem
Lager herbeigeholt wird.
Effektive Lagerung
Eine weitere Herausforderung ist das
Studium der RFID-Technologie aus systemanalytischer Sicht, das heißt unter
der Fragestellung, wie eine Einführung
Verhalten und Strukturen in einer Organisation verändert. Unter anderem gilt
es zu zeigen, wie die Investition in
RFID-Technologie Einsparungen in
Form von effektiveren Arbeitsabläufen,
kürzeren Vorlaufzeiten, niedrigeren
Lagerniveaus und besserer Kontrolle
erbringen kann. „RFID kann bei der
Warenbeschaffung behilflich sein“,
betont Hans-Erik Nilsson. „Dank der
Gesamtkontrolle, die RFID bietet,
können Engpässe im Lager zeitlich verkürzt oder sogar völlig vermieden werden. Inventuren sind keine große Sache
mehr, sondern etwas, was fortlaufend
mehrmals täglich geschieht.“
Zurzeit bilden die Geschäftssysteme
der Unternehmen der „Flaschenhals“,
der die Einführung von RFID behindert – sie sind nicht für die neue Technologie ausgelegt. „Ob RFID Erfolg
haben wird, das hängt zu gleichen
Teilen von geschäftlichen und technischen Faktoren ab“, sagt Hans-Erik
Nilsson. „Damit es sich auszahlt, kann
man RFID zum Beispiel mit Mehrwert
füllen, statt Kosten zu jagen.“
S
Herausforderung Papierindustrie
In der Papierindustrie ist RFID in mehrerer Hinsicht interessant – unter anderem für die Lagerhaltung und für die
Logistik zur Qualitätskontrolle. Bei der
Hardware, also dem Etikett an sich, wie
auch bei der Bedienung bleiben bisher
aber noch Wünsche offen. Erforscht
werden muss vor allem, wie große Papierballen mit RFID ausgestattet werden
können. Da Papier an sich ein sensibles
Produkt ist, das mit Staplern bewegt
und laut Hans-Erik Nilsson oft verpackt
wird, ist der praktischste Platz für das
Etikett mitten im Ballen.
Die Energie der Radiowellen des Etiketts werde aber von organischem Material wie beispielsweise dicken Papierlagen
„konsumiert“, erklärt Hans-Erik Nilsson. Die Platzierung mitten in der Rolle
verschlechtert somit die Reichweite der
Radiowellen und erschwert das Ablesen
der Etiketten.
Bei einer Platzierung auf der Außenseite der Rolle braucht man mehrere
Etiketten, damit das Ablesen aus verschiedenen Richtungen möglich ist. Um
den schwierigen Bedingungen mit Staub,
Feuchtigkeit und Stößen standhalten zu
können, muss das Etikett zudem robuster
sein. Solche Etiketten sind daher teurer
in der Produktion. Andererseits können
sie mit weiteren Funktionen versehen
werden, beispielsweise zur Indikation
von falschem Handling.
Art aktive elektronische Etiketten auf Papier gedruckt werden können. Dies hätte
den großen Vorteil, dass nicht die gesamte
Energie vom Lesegerät kommen müsste.
Eine Möglichkeit ist die Verwendung
vorgedruckter Batterien, die das RFID-Etikett mit zusätzlicher Energie versehen. Auf
diese Weise könnte der Leseabstand stark
vergrößert und die Etikettierung der Papierrollen wesentlich vereinfacht werden.
Mit einer gedruckten Batterie kann der
Chip selbst seine Umgebung „erkennen“
und sich auf Faktoren wie Temperatur und
Feuchtigkeit einstellen. Außerdem kann
der Abstand zwischen Lesegerät und Etikett 15 bis 20 Meter betragen; bisher sind
nur drei bis vier Meter möglich.
„Inventuren sind keine
große Sache mehr,
sondern etwas, was fortlaufend
mehrmals täglich geschieht“
hans-erik nilsson
Smarte Stromversorgung
Viel Energie wird in die Erforschung billigerer Herstellungsmethoden investiert.
Die Wissenschaftler untersuchen derzeit,
wie effektive Batterien und Antennen
direkt mit elektronischer Farbe als eine
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Für alle die richti
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ige Zeitung
Die estnische Wirtschaft
boomt – das gilt auch für die Medienbranche. Als Estland Anfang
der 1990er-Jahre die Unabhängigkeit erlangte, wurden die ehemals
staatlichen Verlage rasch privatisiert. Danach folgte eine Phase
der Konsolidierung. Heute dominieren zwei große Akteure:
die Ekspress-Gruppe und Eesti Meedia
von Tadeusz Rawa foto Rauno Volmar, Rene Suurkaev, Rein Sikk, Raigo Pajula, Tadeusz Rawa
1,35 Millionen Einwohner des Landes
haben offenbar ein starkes Bedürfnis,
sich zu äußern und miteinander zu
kommunizieren. Darauf deutet die blühende Medienlandschaft hin. Der kleine
Markt bietet Platz für rund dreißig Zeitschriften und ebenso viele Zeitungen,
darunter viele kleine Lokalblätter, von
denen sich mehrere an die russischsprachige Minderheit wenden (siehe Artikel).
Die Morgenzeitung beziehen viele Esten
im Abonnement, während Wochenzeitungen und Magazine im Einzelverkauf
über die Ladentheke gehen.
Mart Kadastik, Geschäftsführer von
Eesti Meedia, blickt von seinem Bürofenster im zwölften Stock auf den Altstadtkern von Tallinn und die Wolkenkratzer, die heute das Stadtbild prägen.
Kadastik führt ein stark expandierendes
Unternehmen. „Grund dafür ist vor
allem die schnell wachsende estnische
Wirtschaft und der noch schneller wachsende Werbemarkt. Im vergangenen
Jahr stieg das Anzeigenvolumen von
Postimees im Vergleich zu 2005 um 29
Prozent, das von Kanal 2 um 30 Prozent,
und die Zeitschriften unseres Verlages
legten um 15 Prozent zu“, berichtet Mart
Kadastik, der seine berufliche Laufbahn
1977 als Journalist begann.
Eesti Meedia ist um die größte Morgenzeitung des Landes herum entstanden. Postimees (Der Postbote) ist Estlands
älteste Zeitung, gegründet schon 1856,
damals als Wochenzeitung. Nach einer
Fusion mit anderen Zeitungen wurde das
Blatt 1891 Estlands erste Tageszeitung.
Postimees, seit jeher ein Symbol für Estlands Unabhängikeit, war während der
ersten Republik in den 1920er-Jahren
Estlands wichtigste Tageszeitung. Nachdem das Land Teil der Sowjetunion geworden war, stellte man die Zeitung 1941
ein. Nach Erlangung der Unabhängigkeit
wurde sie 1991 neu gegründet.
Eesti Media besitzt heute allein oder
zu Anteilen acht Tageszeitungen – über­
regionale und lokale. Außerdem gehören
zum Verlag an die fünfzehn Zeitschriften,
der größte kommerzielle Fernsehkanal,
ein Radiosender sowie die Druckerei
Kroonpress.
Vor allem Qualität
Kroonpress folgt dem Aufwärtstrend des
Mutterkonzerns und steigerte im vorigen
Jahr seinen Umsatz um zehn Prozent.
Die verlagseigenen Zeitungen und Zeitschriften machen etwa 50 Prozent des
Auftragsvolumens aus. Der Rest sind
Zeitschriften, Kataloge und Direct Mailings für externe Kunden. „Wir machen
S
Estland ist klein, aber oho. Die
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alles, von der Vorstufe bis zum Vertrieb“,
erklärt Andres Kull, Geschäftsführer
von Kroonpress. „Weil die Druckerei in
Tartu liegt, haben wir knappe Deadlines,
vor allem bei den Morgenzeitungen, die
gleich am Morgen 190 Kilometer weit
nach Tallinn gefahren werden müssen.“
Estland hat keine eigene Papierindustrie.
Bereits 1993 begann Kroonpress daher,
Papier aus Finnland zu importieren. Et-
„Die klassische Aufteilung in
konservative, liberale oder
sozialistische Tageszeitungen
existiert in Estland nicht“
was Zeitungspapier wird auch aus Russland eingeführt, und seit einigen Jahren
gehören auch schwedische Hersteller wie
SCA, Stora und Holmen Paper zu den
Papierlieferanten. SCA liefert LWC- und
Zeitungsdruckpapier.
Etwa 30 Prozent der Dienstleistungen führt Kroonpress für ausländische
Auftraggeber aus, vor allem aus Norwegen und Lettland. In der Kundenkartei
stehen aber auch Unternehmen aus
Schweden, Finnland, Russland und anderen Ländern. Kroonpress konkurriert
nicht nur mit niedrigeren Preisen. „Diese
Zeiten sind bald vorbei – man bedenke
den schnellen Anstieg von Löhnen und
Gehältern in Estland. Schon heute heißt
unser Trumpf vor allem Qualität“, betont Andres Kull.
Mart Kadastikik
Baltic Times überschreitet Grenzen
1992 entstanden im Baltikum zwei englischsprachige Zeitungen – der Baltic Independent in Tallinn und der Baltic Observer
in Riga. Sie fusionierten 1996 zur Baltic
Times, deren Eigentümer seit drei Jahren
ein russisch-amerikanischer Bankmann ist.
Insgesamt beschäftigt die Zeitung 20 Mitarbeiter in drei Redaktionen – in Tallinn, Riga
S
und Vilnius. Etwa 50 Prozent der 12 000 bis
15 000 Exemplare starken Auflage werden
in Lettland verkauft, jeweils 25 Prozent in
Estland und Litauen.
Die Leser sind vor allem im Baltikum
ansässige Ausländer. Chefredakteur seit
Februar dieses Jahres ist der Amerikaner
Steve Roman.
In Estland gibt es eine weitere englischsprachige Zeitung: City Paper erscheint aller
zwei Wochen.
Darüber hinaus erscheint in allen drei
baltischen Ländern die polnischsprachige
Zeitschrift Nasz Czas. Die Zahl der Polen
ist jedoch in Lettland und Litauen bedeutend
größer als in Estland.
Margus Liivamägi, Verkaufsleiter bei der Druckerei Printall, meint, dass die Dominanz der
beiden großen Medien- und Druckunternehmen in Estland den Wettbewerb nicht behindert
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Zeitungen auf Russisch
Im Unterschied zum Nachbarland Lettland,
wo ein aggressiverer Ton zwischen den Bevölkerungsgruppen herrscht, streben in Estland ganz
offenkundig alle Bevölkerungsgruppen ein Zusammenleben in freundschaftlicher Atmosphäre
an. Wohl auch deshalb werden einige politische
Themen in Molodjozh Estonii mit einer gewissen
Vorsicht behandelt. „Viele Esten fänden es nicht
Vladimir Fridljand,
stellvertretender
Chefredakteur von
Molodjozh Estonii
(oben). Zeitungen
werden für die Lieferung
vorbereitet (rechts)
so gut, wenn wir als Erste politische Ereignisse
im Lande kritisieren würden. Das ist aber unsere eigene Entscheidung, mit irgendwelchem
Druck von außen hat das nichts zu tun“, sagt
Fridljand.
Die Zeitung finanziert sich selbst, größtenteils durch Werbeeinnahmen. Am Zeitungsstand kostet sie sieben estnische Kronen
(etwa 50 Eurocent), die Wochenendausgabe
inklusive Fernsehzeitschrift kostet 15 estnische
Kronen (etwa 90 Eurocent). Das Jahresabo
kostet rund 1 200 estnische Kronen (etwa 75
Euro).
Insgesamt gibt es in Estland an die zehn
russischsprachige Zeitungen. Sie sind in Tallinn
und Pärnu sowie im Nordosten des Landes
angesiedelt − in Narva, Kohtla Järvi und Sillanmäe, wo die russischsprachige Bevölkerung
die Mehrheit der Einwohner
ausmacht. Die meisten dieser
Blätter erscheinen allerdings
nicht täglich. Sowohl Estlands größte Tageszeitung,
Postimees, als auch die Gratiszeitung Linnaleht geben
zudem russischsprachige
Ausgaben heraus ­ – auch
dies Beleg für das Bestreben
der verschiedenen Bevölkerungsgruppen, miteinander zu
kommunizieren.
S
zwei russischsprachige Tageszeitungen: das
Organ der kommunistischen Partei Estlands,
Sovjetskaja Estonia, und Molodjozh Estonii
(Estlands Jugend), herausgegeben vom kommunistischen Jugendverband Komsomol.
Erstere existiert nicht mehr, die zweite lebt und
gedeiht.
Mit einer Auflage von 7 000 Exemplaren
(13 000 am Wochenende) ist Molodjozh Estonii
heute die größte russischsprachige Tageszeitung in Estland. „Wir gehen davon aus, dass
wir etwa 60 000 bis 70 000 Leser haben, da
jedes Exemplar von mehreren Familienmitgliedern gelesen wird“, meint der stellvertretende
Chefredakteur, Vladimir Fridljand. Molodjozh
Estonii ging 1991 zunächst ins Eigentum von
30 angestellten Aktionären über. Anfang 2000
übernahm ein privater Investor sämtliche Aktien.
Die Zeitung erscheint fünf Tage pro Woche
jeweils mit 24 Seiten sowie samstags mit 48
Seiten. Das inhaltliche Spektrum reicht von Politik und Wirtschaft über Sport bis hin zur Kultur.
Von den 60 Mitarbeitern sind zwölf Journalisten.
„Ebenso wie alle anderen estnischen Medienunternehmen sind wir frei und unabhängig in
unserer Berichterstattung. In den 1990er-Jahren
beteiligten wir uns am Kampf der russischen
Minorität für eine bessere Stellung in Estland.
Seither sind die meisten dieser Probleme gelöst
worden“, sagt Vladimir Fridljand.
S
Zum Ende der Sowjet-Ära gab es in Estland
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Postimees, Morgenzeitung
Eigentümer: Eesti Meedia
Auflage: rund 63 000
Einzelpreis: 12 estnische Kronen
(75 Cent)
Abonnement: 90 Prozent
„Innerhalb von 48 Stunden nach der
Bestellung können wir in nahezu sämtliche
Länder Europas liefern“
Margus Liivamägi
SL Öhtuleht, Abendzeitung
Eigentümer: Eesti Meedia und
Ekspress Group
Auflage: rund 65 000
Einzelpreis: 9 estnische Kronen
(60 Cent)
Abonnement: 50 Prozent
Eesti Ekspress, größte
Wochenzeitung Estlands
Eigentümer: Ekspress Group
Auflage: 50 000
Einzelpreis: 18 estnische Kronen
(1,15 Euro)
An der Petersburger Straße, gleich außerhalb des Stadtzentrums von Tallinn,
residiert in einer glänzenden neuen Halle
Estlands zweites großes Druckereiunternehmen, Printall. Verkaufsleiter Margus
Liivamägi berichtet, warum die Druckerei im Jahr 2004 aus der Innenstadt an
den Stadtrand umzog. „Hier verfügen
wir über die modernste Ausrüstung“,
sagt er. „Wir drucken vor allem hochqualitative Zeitschriften, sowohl für unseren
eigenen Verlag als auch für andere einheimische und ausländische Kunden.“ Etwa die Hälfte der Produktion geht
in den Export, vor allem nach Russland,
aber auch unter anderem nach Schweden,
Finnland und Norwegen. „Eine unserer
Stärken ist Flexibilität. Innerhalb von
48 Stunden nach der Bestellung können
wir drucken und in die meisten europä-
machtfaktor
in rosa
Die Wirtschaftszeitung Äripäev
Äripäev, Wirtschafts­zeitung
Eigentümer: Bonnier
Auflage: 20 000
Einzelpreis: 19 estnische Kronen
(1,20 Euro)
10
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(Schwester der schwedischen Dagens
Industri; Bonnier) ist mit einer Auflage
von 20 000 Exemplaren das wichtigste
publizistische Finanzorgan Estlands.
ischen Regionen liefern“, sagt Liivamägi.
Sein Papier bezieht Printall größtenteils
aus Finnland und Russland. Auf Platz
drei unter den Zuliefererländern steht
Schweden, wobei SCA LWC- und Zeitungsdruckpapier liefert.
Die Dominanz der beiden großen
Medien- und Druckereiunternehmen in
Estland behindert die Konkurrenz auf
dem Markt nicht, meint Margus Liivamägi. „Wir müssen wettbewerbsfähige
Preise machen, auch für die Zeitungen
und Zeitschriften unseres eigenen Konzerns“, betont er.
Konkurrenz und Kooperation
Printall ist eine Tochter von Estlands
zweitem großen Medienkonzern: Ekspress Group. Ekspress Group hält 50
Prozent der Anteile an der zweitgrößten Morgenzeitung, Eesti Päevaleht. Die
andere Hälfte ist Eigentum des Privatinvestors Jaan Manitski, der lange in
Schweden ansässig war und dort unter
anderem als Wirtschaftsberater der weltbekannten Popgruppe Abba arbeitete.
Ein weiteres Flaggschiff der EkspressGruppe ist die Wochenzeitung Eesti
Ekspress, gegründet vor 16 Jahren als allererste unabhängige Zeitung Estlands.
Gründer Hans H. Luik ist heute Eigentümer der Ekspress-Gruppe.
Frühmorgens werden Tageszeitungen
190 Kilometer von der Druckerei in
Tartu zu den Lesern in Tallinn gefahren
Aufteilung in konservative, liberale oder
sozialistische Tageszeitungen existiert in
Estland nicht.“
Es sei allerdings nicht leicht, gute
Journalisten anzuheuern, meint Kadastik. Und das, obgleich Journalisten
überdurchschnittlich gut verdienen
– etwa 15 000 estnische Kronen (rund
960 Euro) brutto im Monat, davon geht
eine Einheitssteuer (so genannte „Flat
Tax“) von 22 Prozent ab. „Die einzige
Journalismus-Ausbildung, an der Universität Tartu, absolvieren nur etwa 20
Studierende jährlich. Viele von ihnen
ergreifen aber letztlich andere Berufe“,
erklärt Mart Kadastik.
Die rasch wachsende estnische Wirtschaft bietet kommunikativ begabten
jungen Leuten unbegrenzte Möglichkeiten – nicht nur in den Medien.
S
Eesti Media und Ekspress sind Konkurrenten – aber auch Partner: Ein gemeinsames Tochterunternehmen gibt
rund 25 Zeitschriften heraus, deren
Gesamtauflage etwa 70 Prozent aller
Zeitschriften in Estland repräsentiert.
Es handelt sich vor allem um Frauenzeitschriften, Lifestyle-Magazine, Automobilzeitschriften und Zeitungen für
Kinder.
Auch Estlands zwei große Abendzeitungen, SL Öhtuleht und die Gratiszeitung Linnaleht, sind im gemeinsamen
Besitz von Eesti Media und Ekspress.
Den ethischen und professionellen
Standard des Journalismus in Estland
beschreibt Mart Kadastik als „skandinavisch“. „Estnische Medien sind frei und
unabhängig. Die Zeitungen sind politisch völlig ungebunden. Die klassische
Estland
Anteil Wald an der
Gesamtfläche: Davon staatlicher Wald: Privater Wald: 48 Prozent
91 Prozent
9 Prozent
BIP pro Kopf (2005): 16 400 USD
BIP-Wachstum (2006): 10,5 Prozent
Export (2005): 7, 44 Milliarden USD
Import (2005): 9,2 Milliarden USD
Inflation (2006): 4,6 Prozent
Arbeitslosenquote (2005): 6,8 Prozent
Steuersatz (Einheitssteuer,
„Flat Tax“): Unternehmenssteuer: Arbeitgeberabgaben: Mehrwertsteuer: Fläche: 45 226 Quadratkilometer
Bevölkerung: 1 350 000 Einwohner
Staatsform: Republik
Präsident: Toomas Hendrik Ilves
Ministerpräsident:Andrus Ansip
(Reformpartei)
Esten:
Russen:
Ukrainer: Weißrussen:
Finnen:
67,9 Prozent
25,6 Prozent
2,1 Prozent
2,1 Prozent
0,9 Prozent
22 Prozent
0 Prozent
33 Prozent
18 Prozent
Grösste Exportpartner (2005):
1. Finnland: 26,2 Prozent
2. Schweden: 13,1 Prozent
3. Lettland: 8,8 Prozent
4. Russland: 6,5 Prozent
5. Deutschland: 6,2 Prozent
Grösste Importpartner (2005):
1. Finnland: 19,7 Prozent
2. Deutschland: 14,0 Prozent
3. Russland: 9,2 Prozent
4. Schweden:
8,7 Prozent
5. Litauen:
6,0 Prozent
6. Lettland:
4,7 Prozent
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11
trends
von Luise Steinberger
Antibakterielles Papier
Jetzt geht es den Bürobakterien an den Kragen.
S
Auf dem amerikanischen Markt ist ein antibakterielles Papier lanciert worden. Es ist mit einer Silbermischung ähnlich der in einigen Pflastersorten gestrichen, die das Papier vor Bakterien, Gerüchen, Schimmel und Feuchtigkeit schützt. Gedacht ist dieses Papier
zur Anwendung im Gesundheitswesen, in Labors, in
Bildungs- und anderen öffentlichen Einrichtungen.
Das Papier lässt sich auch bedrucken, ohne dass die
antibakteriellen Eigenschaften verloren gehen.
Nachrichten
für Kinder
Die Mitteldeutsche Zeitung in Halle hat eine
¸
bald Standard?
Das Softwareunternehmen Adobe will
den Code seiner Software PDF 1.7 der Branchenorganisation AIIM (Enterprise Content Management Association) übergeben, damit diese
sie an die internationale Standardisierungskommission ISO weiterleitet. Damit könnte PDF ein
allgemeiner Standard werden, der nicht länger
dem Markenschutz unterliegt. Adobe hatte zuvor
schon Teile seiner Software an ISO übergeben,
beispielsweise Archivierungsprogramme sowie
Software für verschiedene technische Anwendungen.
S
S
Nachrichtenzeitung für Kinder ins Leben gerufen. Galaxo erscheint zwei Mal pro Woche,
zunächst als PDF-Zeitung, die man über das
Internet herunterladen kann. Obgleich Galaxo
also eine Art PDF-Newsletter ist, orientiert
sich das Layout an dem der Tageszeitung
– aus gutem Grund, meint Chefredakteur Jörg
Biallas. „Die Idee dabei ist, die Kinder mit der
Tageszeitung vertraut zu machen und gleichzeitig
ihre Neugier zu wecken.“
Kinder zwischen acht und zwölf Jahren interessieren sich für die Dinge, für die sich die Eltern
interessieren. Viele schauen auch ab und zu in
eine herkömmliche Tageszeitung. Eine eigene
Zeitung werde das Interesse weiterentwickeln,
hofft die Redaktion. „Natürlich muss man die
Sprache anpassen, ohne deswegen kindisch
zu werden“, sagt Jörg Biallas. Galaxo ist nicht
gratis, nur Abonnenten der Mitteldeutschen
Zeitung können die Kinderzeitung beziehen.
¸
Die älteste Zeitung der Welt – nur noch online
Post- och Inrikes Tidningar, gegründet 1645, wurde seit jeher auf Papier
gedruckt. Nun ist damit Schluss. Seit dem Jahreswechsel erscheint PoIT,
das offizielle Amtsblatt des schwedischen Staates, nur noch im Internet.
„Wir halten das für eine Kulturkatastrophe“, sagt Hans Holm, Chefredak-
S
teur seit 20 Jahren. „Es ist schade um eine Zeitung, bei der man
so lange gearbeitet hat und die
es schon so lange gibt.“
Post- och Inrikes Tidningar
wurde einst von Königin Kristina
gegründet, um alle Bürger über
die Geschehnisse im Staat
auf dem Laufenden zu halten.
Zunächst wurde das Blatt als
eine Art Wandzeitung an verschiedenen Orten öffentlich verbreitet, später dann konnten Abonnements
erworben werden. In den letzten Jahren war jedoch die Zahl der Abonnenten
kräftig gesunken und der Druck damit zu teuer geworden. Die Auflage lag
zum Schluss nur noch bei 1 000 Exemplaren.
12
sca papergram no 2 › 2007
Konferenz gegen
Missverständnisse
Hallo Indien!
Im schweizerischen Lugano fand Mitte März unter dem Motto
„Tausend und ein Missverständnis“ eine Konferenz über die Kommunikationsprobleme statt, mit denen arabische und westliche Medien insbesondere seit dem 11. September 2001 und der Veröffentlichung der
umstrittenen Mohammed-Karikaturen in der dänischen Jyllands-Posten
zu kämpfen haben. Journalisten und Publizisten von Nachrichtenmedien
in Nahost und im Westen berichteten über ihre Arbeit. Dabei wurde unter
anderem deutlich, dass sich Nachrichtenredaktionen im Nahen Osten
oftmals im Besitz privater Interessensphären befinden und von Sicherheitsdiensten überwacht werden, was die unabhängige Berichterstattung
erschwert. Nahostkorrespondenten westlicher Medien berichteten,
ihre Heimatredaktionen verlangten oftmals eine Berichterstattung, die
Vorurteile bestätige. Zudem seien einige Kollegen nicht willens oder in
der Lage, sich in die Kultur und den Alltag islamisch geprägter Länder
zu vertiefen. Dies führe zu falschen Analysen in der Berichterstattung.
Positiv konnte vermerkt werden, dass in der digitalen Welt offenbar
ein lebendiger Dialog zwischen westlichen und arabischen Bloggern
besteht. Für die Teilnehmer ist dieser Dialog allerdings nicht selten mit
Lebensgefahr verbunden
(Quelle: spiegel.de).
Das b r iti sch e Prom i magaz i n Hello! hat den
S
indischen Markt betreten. Die erste Ausgabe einer
indischen Version erschien im März – ebenso wie die
britische Ausgabe mit dem Coverfoto der Schauspielerin Liz Hurley, die den indischen Geschäftsmann Arun
Nayar geheiratet hat. Laut Chefredakteur Ruchika Mehta
werden etwa 80 Prozent der Zeitschrift aus Berichten
über indische Prominente bestehen, um Hello! in Indien
zu verankern.
Die Lancierung von Hello! ist ein weiteres Indiz dafür,
dass der indische Markt ein wichtiges Expansionsgebiet
für europäische und amerikanische Magazinverlage
darstellt. Seit einiger Zeit existieren bereits indische
Ausgaben von Cosmopolitan, Marie Claire, Seventeen,
Maxim, Time Out und OK. Laut MediaGuardian.co.uk
war die Etablierung bisher jedoch etwas zögerlich, da
die Verlage zumeist nicht selbst investierten, sondern
Lizenzen an einheimische Verlage vergaben. Diese
Vorsicht entspringt der Tatsache, dass der indische
Medienmarkt stark fragmentiert ist und viele Zeitungen
in kleinen, lokalen Sprachen erscheinen.
S
Leser bestimmen Inhalt
Künftig werden die Leser immer mehr Einfluss auf den Inhalt von Zeitungen nehmen.
S
Das sagte Alan Rusbridger, Chefredakeur des britischen The Guardian, auf einem Seminar
unter dem Titel „Changing Media Summit“ in London voraus. „Wir
vollführen einen ständigen Seiltanz zwischen dem, was im Web
passiert und dem, was in die Druckausgabe der Zeitung kommt“,
sagte Rusbridger und führte zur Beschreibung, wie ein großer Teil der
Inhalte – zumindest der Webausgaben – künftig vom Leser gesteuert
würde, den Begriff „user-generated“ (Anwender-geschaffen) ein.
Der Redakteur betonte jedoch, dass auch weiterhin Bedarf an
traditionellem Journalismus bestehe: „Die Rolle der Journalisten
hat sich im Multimedia-Zeitalter letztlich nicht verändert. Inhalt, der
user-generated ist, wird nur eine Ergänzung ihrer Arbeit sein.“
sca papergram no 2 › 2007
13
Ein Hundeleben
als Le
Schäfer, Bombenschnüffler, diamantenbestreutes
Mannequin, Gesellschafter oder ganz einfach
eine Speise auf dem Teller – die Sicht auf Wert
und Funktion eines Hundes unterscheidet sich
vielerorts beträchtlich. Wir im Westen schätzen
vor allem seine Treue. Das zeigen auch die
Hundemagazine, die es zu kaufen gibt
von Henrik Emilson foto Robert Matton, Olle Melkerhed
14
sca papergram no 2 › 2007
In der Welt der Hunde hat sich in den
letzten Jahren einiges getan. In China hat
man Hunde lange Zeit gegessen, aber
seit 1990 sind sie auch dort als Haustiere
zugelassen. Allerdings gibt es Einschränkungen: So ist pro Haushalt höchstens
ein Hund erlaubt, der wiederum nicht
mehr als 35 Zentimeter Rückenhöhe
messen darf. In der westlichen Welt
steigt die Liebe zum Hund stetig, und
der Haustiermarkt in den USA, Kanada
und Westeuropa wird auf fast 40 Milliarden Euro geschätzt.
Das Interesse an den vierbeinigen
Freunden spiegelt sich auch in der Art
und Weise wider, wie die Verlage ihre
verschiedenen Hundemagazine profilieren. Man kann das Angebot in vier
chens Persönlichkeit, die das Sprichwort
„Wie der Herr, so der Hund“ bestätigt.
Hier geht es um den Luxusartikel Hund.
Die amerikanischen Schwester-Publikationen The New York Dog und The
Hollywood Dog bieten alles, um einen
Hund – oder zumindest dessen Besitzer – froh zu machen. Jeden zweiten
Monat können die Leser Mode- und
Ausstattungsseiten mit Kleidchen aus
Wildleder, Seide oder Leder betrachten; zu bewundern sind auch schottisch-karierte Kreationen, komplett mit
Mütze und kleinem Dudelsack. Es gibt
diamantenbesetzte Halsbänder, Schuhe
(zwischen 7 und 55 Euro für vier Stück),
einen kinderwagenähnlichen Hundekarren, damit der Herr den Hund
mit auf Joggingtour nehmen kann
(Kostenpunkt: 170 Euro, Maximalgewicht 32 Kilo Hund) und nicht zuletzt
Hundewindeln in fröhlichen Farben
und Stoffen. Neben Fragen und Expertenantworten sind Porträts zu lesen, in
denen Prominente mit ihren gestylten
ektüre
„Wir wenden uns an einen neuen Typ
von Hundebesitzern, die ihren Hund
wie ein Familienmitglied behandeln“
Leslie Padgett
Eine Klasse für sich
In der dritten Kategorie sieht man Hunde
als eine Art Accessoire ihres Besitzers, als
Verlängerung von Herrchens oder Frau-
Für alle Hundeliebhaber
Die vierte Kategorie von Hunde­
magazinen ist im breiten Mittelfeld
zwischen Wettkampftabellen und Diamanthalsbändern angesiedelt. Diese
Magazine wenden sich an ganz normale Hundefreunde. Die monatlich
erscheinende britische Dogs Today ist ein
Hochglanzmagazin für alle Hundeliebhaber, erklärt Chefredakteurin Beverley
Cuddy. „Wir haben ganz wunderbare
S
Hauptkategorien einteilen: Zunächst
gibt es Zeitschriften über bestimmte
Rassen, wie die amerikanischen Titel
Boxers, Chihuahuas, Golden Retrievers, Jack
Russel Terriers, Saint Bernards und Schnauzers. Andere Zeitschriften konzentrieren
sich auf Wettbewerbe, auf Stammtafeln,
Tabellen und gemeinsame Aktivitäten
von Mensch und Hund. Ein Beispiel
hierfür ist die fast 20-jährige kanadische
Zeitschrift Mushing, in der es um verschiedene Wintersportarten mit Schlittenhunden geht.
und gestriegelten Lieblingen posieren.
„Wir wenden uns an einen neuen Typ
von Hundebesitzern, die ihren Hund
wie ein Familienmitglied behandeln“,
beschreibt Chefredakteurin Leslie
Padgett ihren Leserkreis. „Wir kennen
sie, denn wir sind wie sie. Unsere Hunde
essen biodynamisches Futter, werden
im besten Hundeshampoo und Balsam
gebadet, tragen Designerkleidung und
sind umfassend krankenversichert.“
sca papergram no 2 › 2007
15
Hunde-Trends
S
„Der letzte Schrei in der Welt der Hunde
sind Rassenmischungen“, sagt Beverley
Cuddy von Dogs Today.
Sie berichtet, dass für besondere Mischungen mit witzigen Namen wie Labradudel oder Cockerdudel viel Geld bezahlt
wird. In Großbritannien lassen erfahrene
Haustierbesitzer bei rassereinen Hunden
Vorsicht walten, da Gesundheitskontrollen
nicht obligatorisch sind. Daher können Überzüchtung und andere Gesundheitsrisiken
bei Rassehunden vorkommen. Eine neue
Mischung zweier Rassen mindert diese
Risiken; daher sind diese Mischungen sehr
begehrt. „Die Züchter verlangen für Mischlinge
mehr als für Hunde mit Stammtafel.
Eine Reihe von Prominenten hat solche
Mischlinge zu hohen Preisen gekauft.
Jennifer Aniston besitzt beispielsweise
einen Labradudel. Der Nachteil ist,
dass bei den Mischrassen eine Überproduktion entstehen kann. Da landen
dann rasch neue herrenlose Hunde im
Tierheim. Wenn Mode und Trends die
Hundebesitzer beeinflussen, werden wir
etwas unruhig. Filme wie 101 Dalmatiner
und Beethoven, über einen Bernhardiner,
führten zu einer Überproduktion, die für die
Tiere schreckliche Konsequenzen hatte.“
und loyale Leser. Vor kurzem verloren
wir bei einer Überschwemmung unser
gesamtes Archiv. Man stelle sich vor: 15
Leser meldeten sich und boten uns ihre
komplette Sammlung an. Normalerweise
behalten nur wenige Leser jede einzelne
Ausgabe einer Zeitschrift. Dass so viele
16
sca papergram no 2 › 2007
sämtliche 17 Jahrgänge von Dogs Today
aufgehoben haben, freute uns sehr, als
wir bis zu den Kniekehlen im Wasser
standen.“ In Schweden hat die neu gegründete Härliga hund, die sich gleichfalls an eine breite Leserschaft wendet,
ebenfalls eine deutliche Bestätigung der
Loyalität ihrer Leser erhalten: Laut einer kürzlich erstellten Statistik konnte
die Hundezeitschrift im Laufe des Jahres
2006 unter allen Publikationen die meisten festen Abonnenten anwerben. „Das
zeigt, dass wir ein Magazin machen, mit
dem die Leute rechnen und von dem sie
annehmen, dass es Bestand haben wird.
Die meisten schließen Ganzjahresabonnements ab“, freut sich Chefredakteur
Karl Zetterberg.
Familienmitglieder
Neben praktischen Ratschlägen und
pädagogischen Tipps zu Pflege und Erziehung bringen beide Zeitschriften auch
Reportagen beispielsweise über Hunde in
verschiedenen Ländern, über Hundeakupunktur als Schmerzlinderung, Impfungen oder darüber, wann Hunde bei-
spielsweise für kleine Kinder gefährlich
werden können. Die Interaktion mit den
Lesern ist wichtig. Viele Leser verschlingen jede Zeile, heben die Zeitschrift auf
und schicken Fragen und Kommentare an
die Redaktion und deren Experten. Aber
weshalb ist gerade der Hund das Haustier, das den Menschen so stark berührt?
Beverley Cuddy meint: „Da besteht eine
100 000-jährige Freundschaftstradition.
Den Menschen lieben, egal wie der sie behandelt – das tun nur wenige Tierarten:
Delfine, Pferde und Hunde. Das Zusammenleben mit den Hunden ist dabei am
einfachsten. Die Grundeinstellung des
Hundes ist, mit uns übereinzukommen.
In unserer modernen Zeit hat sich der
terentwickeln, ein Mehr an Empathie
gewinnen. „Wer einen Hund hat, der
muss sich in dessen Persönlichkeit einfühlen. Es ist, als ob man zehn Jahre lang
ein zweijähriges Kind hat. Sich gebraucht
zu fühlen, das lässt uns Menschen wachsen.“
S
Freunde und Helfer
Doch ein Hund gibt nicht nur Liebe.
Neben dem Pferd ist er zugleich auch
das Tier, das dem Menschen am meisten hilft und Nutzen bringt. Ob auf der
Jagd, beim Hüten von Tieren, bei der
Bewachung, bei Polizei und Zoll oder als
Blindenhund – überall ist der Hund gefragt. Daher ist es im Grunde kein Wunder, dass es über dieses Tier die meisten
Zeitschriften gibt. „Neulich half ich
einer Kollegin, die Zeitschrift Cats today
zu lancieren“, erzählt Beverley Cuddy.
„Ich hatte so meine Bedenken; und die
erwiesen sich auch als richtig. Ob man
eine Katze hat oder einen Hund, das ist
ein großer Unterschied. Mit Geschichten
über den Mut von Katzen oder darüber,
wie sie ihrem Menschen helfen, kann
man keine Seiten füllen. Das Gleiche gilt
für Fische und Kaninchen… Über des
Menschen besten Freund gibt es dagegen
enorm viel zu erzählen, denn Hunde tun
so viele unglaubliche Dinge.“
„Wer einen Hund hat, der muss sich
in dessen Persönlichkeit einfühlen“
Karl Zetterberg
angepasste Hund aus dem Garten ins
Haus geschlichen. Zur Beschaffung von
Lebensmitteln brauchen wir seine Hilfe
nicht mehr, aber bei vielen Menschen,
die zunehmend einsam und weit enfernt
von ihren Familien leben, füllt er eine
Leere aus. Hunde heißen heute auch
nicht mehr Fido oder Harras, sondern
tragen normale Menschennamen. Sie
sind zu den Familienmitgliedern geworden, nach denen wir uns sehnen.“
Wird ein Hund gut behandelt, dann
strahlt er rund um die Uhr Liebe aus, betont Zetterberg. Im Kontakt mit einem
Hund könne sich auch der Mensch wei-
Die beliebtesten Hunde
1. Mischungen
2. Labrador
3. Pitbull
4. Shih-tzu
5. Schäferhund
6. Yorkshireterrier
7. Chiuhuahua
8. Pudel
9. Malteser
10. Cockerspaniel
sca papergram no 2 › 2007
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Zum Verleger
geboren
Konstantin Neven DuMont, geboren 1969 in Bergisch Gladbach, Verleger in der 12. Generation, Mitinhaber des Verlages M. DuMont Schauberg.
Ehrenämter: Verwaltungsrat 1. FC Köln, Aufsichtsrat Deutsche Presseagentur, Mitglied des deutschen Presserates, Beirat der NRW-Bank, Ehrenamtlicher Richter am Landgericht Köln, aktiv in verschiedenen Museen der Stadt Köln
18
sca papergram no 2 › 2007
Verlegertum ist genetisch bedingt. Jedenfalls zum
Teil; den Rest kann man lernen. Das meint scherzhaft Konstantin Neven DuMont, aber er weiß, dass
darin auch ein Körnchen Wahrheit liegt. Schließlich
ist der gelernte Journalist selbst in der 12. Generation Mitinhaber und einer von vier Geschäftsführern
des Verlages M. DuMont Schauberg
von Luise Steinberger foto M. DuMont Schauberg
Als Konstantin Neven DuMont 1969
in Bergisch Gladbach geboren wurde,
lag neben ihm in der Wiege auch gleich
ein Verlag. Als Sohn von Alfred Neven
DuMont, heute Aufsichtsratsvorsitzender des 200 Jahre alten Verlages M. DuMont Schauberg, wurde von dem Kleinen
schon irgendwie... vielleicht nicht gerade
erwartet, aber doch erhofft, dass er in die
Fußstapfen früherer Generationen treten möge. „Es stimmt schon, die Kinder
wurden gezielt darauf vorbereitet, diese
Tätigkeit zu übernehmen“, erzählt Neven
DuMont in seinem hellen, freundlichen
Büro im neuen Neven DuMont Haus in
Köln-Niehl. Aber Druck sei auf ihn nicht
ausgeübt worden. Das will er auch bei seinen eigenen, heute noch kleinen Kindern
so halten. Sie sollen selbst entscheiden, ob
sie Lust auf Familientradition haben.
Langsam wachsen
Gestützt wird dies von den publizistischen Grundsätzen, Missstände aufzeigen zu wollen und den Lesern und
„Die Kinder wurden gezielt darauf
vorbereitet, diese Tätigkeit zu
übernehmen“
mittlerweile schätzen die Kollegen meine
Meinung eben auch wegen meiner fachlichen Qualifikation.“ Diese Achtung hat
er sich in einer verlegerisch schwierigen
Zeit erarbeitet. „Der Unternehmensbereich Köln hat, wie alle Tageszeitungsverlage, starke Umsatzeinbußen hinnehmen
müssen. Einerseits haben wir das auf der
Kostenseite kompensiert, andererseits
haben wir aber auch sehr viele innovative
Produkte auf den Markt gebracht.“ Neben Online-Auftritt, Fernseh- und Radiotätigkeit ist der Verlag unter anderem ins
Briefgeschäft und in den Ticketverkauf
eingestiegen.
Unternehmensphilosophie
Besonders stolz ist Neven DuMont
darauf, diese schwierige Zeit ganz ohne
betriebsbedingte Kündigungen über-
Kunden zu dienen, sie zu begleiten und
somit Demokratie zu fördern.
Natürlich können Aktiengesellschaften
schneller wachsen, weil sie über die Börse
Zugriff auf externes Kapital haben. Da
stoße ein Familien-Verlag schon an Grenzen, meint Konstantin Neven DuMont.
Trotzdem ist er sehr zufrieden. „Wir
haben jetzt kürzlich auch akquiriert,
den Bundesanzeiger, wir haben in Israel
in den Haaretz-Verlag investiert und wir
haben die Mehrheit an der Frankfurter
Rundschau übernommen. Wir wachsen
eben in dem Tempo, wie es für ein reines
Familienunternehmen verträglich ist.“
Das sei vielleicht ein wenig mehr Arbeit
als anderswo, aber es mache auch viel
Spaß.
S
Von der Pike auf
Konstantin Neven DuMont selbst begann
als Fünfzehnjähriger, in den Schulferien
bei verschiedenen Zeitungen Praktika zu
machen. Mit 18, 19 entschloss er sich, auf
das elterliche Unternehmen zu setzen. Er
fuhr nach Amerika, um an der School of
Journalism and Communication in Oregon von der Pike auf zu lernen, worum es
beim Zeitungmachen geht. „In Amerika
gibt es sehr gute Journalismusschulen, die
Ausbildung ist sehr praxisbezogen. Mir
war auch wichtig, Auslandserfahrungen
zu sammeln, und man sagt ja, in Sachen
Technologie sind die Amerikaner Europa
immer ein Stück voraus.“ Computer und
Internet kommen schließlich aus den
USA – und die Entwicklung von Strategien in diesem Geschäft gehört heute
zu den zahlreichen Arbeitsbereichen von
Konstantin Neven DuMont.
Der junge Verleger steht dem Unternehmensbereich Köln vor, dazu zählen
die traditionsreichen Tageszeitungen
Kölner Stadt-Anzeiger, Kölnische Rundschau
und das Boulevardblatt Express. In den
ersten Jahren im Verlag hatte er es nicht
immer leicht. Zum einen wegen seines
Hintergrundes: „Als ich hier anfing, bin
ich schon auf Vorbehalte bei den Kollegen
gestoßen, weil die zum Teil dachten, der
ist doch aufgrund seiner Familie in diese
Position gekommen. Dann habe ich aber
im Laufe der Jahre dazugelernt, habe mir
meine eigene Kompetenz aufgebaut, und
standen zu haben. Denn den Wert der
Mitarbeiter schätzt man im Hause M.
DuMont Schauberg hoch. „Ganz wichtig
ist uns der sozial verträgliche Umgang
mit unseren Mitarbeitern. Wir versuchen, mit ihnen auch in Krisenzeiten
gemeinsame Lösungen zu finden“, sagt
Konstantin Neven DuMont und hält das
schon für eine kleine Besonderheit. Alte
Print-Hasen haben umgelernt und sind
heute für Online-Auftritte zuständig,
oder sie machen, unterstützt von jungen
TV-Spezialisten, Fernsehbeiträge. Alle
wissen jedenfalls, dass der Verlag sie nicht
einfach hängen lässt, auch wenn man das
Portemonnaie freilich nicht vergessen
darf. „Natürlich wollen auch wir jedes
Jahr gute Gewinne machen. Allerdings
ist unsere Strategie langfristig ausgelegt“,
erklärt Neven DuMont. „Was zählt, ist
nicht nur die Rendite in diesem Jahr ,
sondern dass der Verlag auch in fünf oder
zehn Jahren noch mithalten kann.“
sca papergram no 2 › 2007
19
Rohstoff
In etwa zehn Jahren wird ein „Einwanderer“ im schwedischen
Wald einen Teil des Holzrohstoffs liefern. Die Dreh-Kiefer
wurde in den 1970er-Jahren aus Kanada importiert. Nun wird
intensiv getestet, für welche Zwecke ihr Holz am besten
geeignet ist
von Mats Wigardt foto Per-Anders Sjöquist, Olle Hedvall
In Schweden sind heute etwa 600 000
Hektar Fläche mit Dreh-Kiefern bepflanzt, knapp die Hälfte davon ist im
Besitz von SCA. Nun wird intensiv
geforscht, wie diese Baumart am besten
verwendet werden kann. Zellstoff oder
Bretter, das ist die Frage. „Ein spannender Rohstoff“, fasst Projektleiter Åke
Westberg zusammen.
Die schnell wachsende Dreh-Kiefer
wurde Anfang der 1970er-Jahre ange-
20
sca papergram no 2 › 2007
pflanzt, um den damals herrschenden
Mangel an 50- bis 70-jährigem Wald
auszugleichen, der ein Ernte-Loch zu
verursachen drohte.
Schon damals war die Dreh-Kiefer
keine völlig unbekannte Art. Bereits in
den 1920er- und 1930er-Jahren waren an
mehreren Orten in Schweden kleinere
Bestände gepflanzt worden. „Die meisten Förster, die im Heimatland der
Dreh-Kiefer, in Kanada, herumgereist
der Zukunft
waren, kehrten heim mit Taschen voller
Samen, die sie auf irgendeiner Lichtung
aussäten“, erzählt Åke Westberg.
„Die Dreh-Kiefer hat eine dünnere
Pionier Stig Hagner
SCA ging systematischer vor. Der damalige Leiter der Forstwirtschaft, Stig
Hagner, unternahm mehrere Reisen in
die westlichen Teile Nordamerikas, um
Samen für umfassende Pflanzversuche
an verschiedenen Orten in Norrland
zu erwerben. Verglichen mit der schwedischen Kiefer ist die Dreh-Kiefer widerstandsfähiger und wächst um 40 Prozent
schneller. Außerdem finden Elche sie
weniger lecker; und auch im Konkurrenzkampf gegen das Laubgebüsch hält
sie sich tapfer.
Der ausgewachsene Baum kann allerdings anfällig für Schnee und Wind
sein, und die Bestände müssen etwas
früher gelichtet werden als schwedische
Nadelwälder.
Die Tatsache, dass eine fremde Art
in der schwedischen Flora angesiedelt
wurde, stieß zwar zeitweise auf harte
und flexibler“
Rinde und ihre Fasern sind schlanker
Kritik; gleichwohl existieren heute umfassende Dreh-Kiefern-Plantagen in
Schweden. Etwa 280 000 Hektar sind im
Besitz von SCA, dem Forstunternehmen,
das in Sachen Aufforstung und Anwendung von Dreh-Kiefern am weitesten
gekommen ist. Und nach gut 35 Jahren
sind die ältesten Dreh-Kiefernbestände
nun reif für das erste Lichten.
Ein bis zwei Millionen pro Jahr
Allein im vorigen Jahr entnahm SCA seinen Wäldern durch Lichten rund 80 000
Kubikmeter Dreh-Kiefern-Holz. In zehn
Jahren kann diese Menge auf 300 000
Kubikmeter jährlich angestiegen sein.
In 40 bis 50 Jahren werden Mengen von
ein bis zwei Millionen Dreh-Kiefernholz
jährlich erwartet. „Deshalb ist es jetzt an
der Zeit, ernsthaft zu überlegen, wie wir
diesen Rohstoff am besten verwenden“,
betont Åke Westberg. Dabei müssen
viele Fragen beantwortet werden. Bretterholz oder Zellstoff? Und wenn Zellstoff, für welche Art von Zellstoff eignet
sich das Holz am besten?
Im SCA Research & Development
Center hat man unter anderem untersucht, wie die Dreh-Kiefern-Fasern den
Zellstoff je nach Wachstumsort und
Alter bei der Ernte verändern. „Die
Dreh-Kiefer ist der schwedischen Kiefer
recht ähnlich, sie hat aber auch ein paar
artspezifische Eigenschaften“, sagt Åke
sca papergram no 2 › 2007
21
S
Åke Westberg
Westberg. „So ist zum Beispiel ihre Rinde
dünner und die Fasern sind schlanker und
flexibler.“
„Wir hatten kleinere Mengen
gesägt und wussten daher, dass
sich die Dreh-Kiefer sehr gut
als Bretterholz eignet“
Åke Westberg
Dreh-Kiefer-Fakten
Die Dreh-Kiefer ist im westlichen Nordamerika beheimatet.
S
Mitte des 19. Jahrhunderts wurde sie nach Großbritannien
gebracht. Die ersten Versuchsplantagen entstanden 1910 in
Finnland, was zu weiteren Versuchen sowohl in Finnland als
auch in Schweden anregte. SCA und Iggesund waren ab Ende
der 1960er-Jahre Pioniere bei der Anpflanzung der Dreh-Kiefer
in der großflächig angelegten schwedischen Forstwirtschaft.
Die Dreh-Kiefer wächst schneller und produziert mehr Stammvolumen als die schwedische Kiefer. Im Pflanzen- und Jungwaldstadium überlebt sie auch in höherem Maße, allerdings
sterben ausgewachsene Bäume etwas häufiger.
22
sca papergram no 2 › 2007
Milchtüten
Die kleineren Mengen Dreh-Kiefer, die
bisher anfielen, sind vor allem in der
Zellstofffabrik Östrand bei Sundsvall
verarbeitet worden. Dank der Nutzung
der einzigartigen Eigenschaften der
Dreh-Kiefer konnte ein Spezialzellstoff gewonnen werden, der seit August
2006 als Zwischenlage unter anderem
in Milchtüten verwendet wird. „Daraus
lässt sich ein formstabiler Karton mit
geringem Gewicht und guter Wirtschaftlichkeit herstellen. Wir sind damit sehr
zufrieden“, sagt Åke Westberg.
Im Laufe des Sommers wird in einem
großen Probelauf die Herstellung von
Sulfatzellstoff ausschließlich aus DrehKiefer getestet. Der Zellstoff wird von
ausgewählten Kunden verwertet, und
das Ergebnis wird als Ausgangspunkt für
die weitere Entwicklungsarbeit dienen.
„Wenn wir erst einmal ausreichende
Mengen an Rohstoff haben, dann wird
auch sein Verwendungszweck klar sein“,
sagt Åke Westberg voraus.
­
Wichtiger Rohstoff
Åke Westberg möchte allerdings die Erwartungen dämpfen – der Nutzen wird
sich zeigen, wenn die Dreh-KieferBestände erntereif sind.
Dass die Dreh-Kiefer künftig eine
wichtige Rolle in der Rohstoffversorgung
spielen wird, für Zellstoff wie auch für
Bretterholz, steht aber fest. Ansehnliche
Mengen werden zur Verfügung stehen,
und die Zeichen stehen gut.
Mit Ausnahme der Milchtüten gibt
es bisher aber keine konkreten Anwen-
Medien – reißt Euch am Riemen!
Prestige der Journalisten hängen davon
ab, was sie anbieten. Könnten sich die
Journalisten auf einen gemeinsamen Weg
für die weitere Entwicklung einigen, dann
wäre schon viel gewonnen. Leider sind
sie aber weiterhin eine Schar von Individualisten.
Der Öffentlichkeit fehlen das Wissen,
die Motivation, die Zeit und die Voraussetzungen zur Einflussnahme. Die Menschen fühlen sich machtlos und müssen
zum Engagement mobilisiert werden.
Um Qualität in den Medien zu erreichen, braucht es nicht eine, zwei oder
drei der vier Gruppen. Alle müssen
zusammenarbeiten. Regeln, denen die
Journalisten im Konsens folgen, werden
von der Öffentlichkeit akzeptiert. Um
die Glaubwürdigkeit der Medien kontrollieren zu können, habe ich eine Methode
entworfen. Es handelt sich um ein System
für Medienverantwortung, das ich M*A*S
(Media Accountability System) nenne.
Ein M*A*S kann unterschiedlich aussehen, aber Ziel ist es stets, Medien
und Journalisten dazu zu bringen, ihre
ethischen Regeln zu befolgen. Das kann
beispielsweise durch Nachrichten-Ombudsmänner geschehen oder mithilfe einzelner Kontrollen, eines Presserates, eines
vereinbarten Regelwerks – die Liste ist
lang. Ich habe bisher 120 Maßnahmen in
einem „Werkzeugkasten zur Verbesserung
der Medienethik“ gesammelt.
S
Immer mehr Menschen fürchten,
die abendländische Zivilisation könne
durch eine Katastrophe ausgelöscht
werden – durch Kernwaffen, biologische
Kampfstoffe, Umweltschäden oder einen
Kollaps der finanziellen Systeme. Viele
haben verstanden, dass nur Demokratie
die Menschheit schützen kann. Damit
Demokratie funktionieren und sich
entwickeln kann, müssen die Bürger
gut informiert sein und an der öffentlichen Debatte teilnehmen. Qualitativ
guter Journalismus ist dafür eine Voraussetzung.
Aber die journalistische Praxis ist
heute zum ernsthaften Hindernis für
Qualität geworden. Infolge von Überarbeitung, Müdigkeit, starren Routinen
und mangelnder Fantasie berichtet man
über einige Dinge überhaupt nicht mehr
und schreibt stattdessen ständig dasselbe.
Billig und leicht verdaulich
Der journalistische Alltag trägt daran
große Schuld. Drei Beispiele illustrieren
typische redaktionelle Arbeitsweisen:
1.Eisbergjournalismus – nur der sicht-
bare Teil der Wirklichkeit wird wiedergegeben.
2.Journalismus des „halben Glases“ – fokussiert auf Konflikte, Misser-
folge, Gewalt und Katastrophen.
3.Infotainment – unterscheidet nicht zwischen Interessantem und Wichtigem.
Weshalb diese Art von Journalismus?
Ganz einfach: Sie ist einfacher, billiger
und leichter verdaulich.
Um Qualität zu erreichen, müssen
sich vier Gruppen am Riemen reißen:
die Journalisten, die Öffentlichkeit, die
Medieneigentümer und die Politiker.
An Letzteren hängt viel. Denn sie haben
Macht: Die Eigentümer von Medienhäusern, deren Erfolg, politischer Einfluss
und soziales Prestige darauf aufbauen,
dass sie Qualitätsprodukte anbieten. Und
die gewählten Politiker, von denen – in
einer Demokratie – erwartet wird, dass
sie das Wohl der Öffentlichkeit im Blick
haben.
CLAUDE-JEAN BERTRAND
foto: Privat
Im November 2006 wurden 1 600
Kubikmeter Dreh-Kiefernholz im SCASägewerk Graningebruk probegesägt.
„Wir hatten schon zuvor kleinere Mengen gesägt und wussten daher, dass sich
die Dreh-Kiefer sehr gut als Bretterholz
eignet“, erklärt Westberg.
Die Probe fiel zu großer Zufriedenheit
aus. Die Dreh-Kiefer hat sich als formstabil und leicht zu trocknen erwiesen, mit
weniger Deformationen und Rissen als
die schwedische Kiefer oder Tanne.
Weil darüber hinaus keine schwarzen
Astlöcher vorkommen und die Äste ohnehin weit voneinander entfernt sitzen,
eignet sich das Holz gut für Innenvertäfelungen, für Leisten sowie für Leimfugen mit astlochfreien Komponenten.
kolumne
­
Kooperation ist die Rettung
Aber die wichtigsten Akteure sind die
Journalisten und die Öffentlichkeit.
Glaubwürdigkeit, Einfluss und soziales
Claude-Jean Bertrand ist Professor Emeritus
am französischen Presseinsitut IFP. Er hat mehrere
Bücher über Medienethik veröffentlicht, darunter:
Media Ethics and Accountability Systems (2000)
sowie An Arsenal For Democracy (2003). Weitere
Informationen: www.media.accountability.org
S
dungsbeispiele. „Wir arbeiten derzeit
intensiv daran, die einzigartigen Eigenschaften der Dreh-Kiefer zu definieren,
um die besten Anwendungen zu finden.
Aber erst in zehn Jahren haben wir Mengen, die groß genug sind für eine umfassende Veredelung“, erklärt Projektleiter
Åke Westberg.
sca papergram no 2 › 2007
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Im Schatten von Zeitungsständen, coolen
amateure
Magazinen und den unendlichen Kommunikationsmöglichkeiten des Internet sprudelt in den Werkstätten alternativer
Zeitungsmacher die Kreativität. So genannte Fanzines,
Magazine von Fans für Fans, entstehen in Kellern
und an Heimcomputern
von Josefin Ekman illustration Daniel Egneus foto Privat
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amateure
mit Ambitionen
Zuerst Science fiction
Das Phänomen entstand in den 1930erJahren als einfach produziertes Forum
für eingefleischte Liebhaber von Science
fiction-Erzählungen. Ende der 1920erJahre gab es in den USA zwei Abenteuerzeitschriften, Amazing Stories und Astoun-
ding Science Fiction, die sich im Grenzbereich zwischen Wissenschaft und Fiktion
bewegten. Über die Leserbriefspalten
dieser Zeitschriften kamen die Leser miteinander in Kontakt und starteten Clubs
mit zugehörigen Mitgliederzeitschriften.
Anfangs wurden diese Publikationen
„Fan-Mag“ genannt, eine Abkürzung von
„Fan-Magazine“. In den 1940er-Jahren
setzte sich der wohlklingendere Name
„Fanzine“ durch.
Als erstes Fanzine überhaupt gilt allgemein The Comet, das 1930 unter Federführung des Redakteurs Ray Palmer
erschien. In den 1940er-Jahren kamen die
amerikanischen Science fiction-Fanzines
nach Schweden, und ein Jahrzehnt später, 1954, erblickte das erste schwedische
Fanzine, Cosmo News, das Licht der Welt.
Vertrieben werden die Fanzines schon seit
langem über so genannte Amateur Press
Associations, APA. Privatpersonen hatten
das System im 19. Jahrhundert in den
USA gegründet, um ihre Texte außerhalb
der etablierten Kanäle zu verbreiten. Jeder
eingeschickte Text und jede Zeitschrift
wird dabei gedruckt und an die Mitglieder
des Netzwerks vertrieben. Eine weitere
Möglichkeit, an ein Fanzine zu kommen,
ist die Direktbestellung beim Herausgeber
– oder der Tausch einer eigenen Publikation gegen die eines anderen Fans.
Do it yourself
In den 1950er-Jahren verbreitete sich die
Fanzine-Kultur unter Comiczeichnern,
die nunmehr eine Möglichkeit sahen, ihre
Werke selbst zu verlegen. Den wirklichen
Durchbruch brachte allerdings erst die
Punk-Kultur der 1970er-Jahre. Ein Grundpfeiler dieser Musik war es, die Menschen
zur Schöpfung eigener Kultur zu ermuntern. Die meisten Punkbands existierten
außerhalb der etablierten Musikszene – sie
nahmen ihre Platten im eigenen Studio auf
und verkauften sie auf Konzerten oder in
kleinen alternativen Plattenläden. Engagement und der persönliche Beitrag wurden
höher bewertet als Professionalismus und
Objektivität. In Sniffin Glue, einem der
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Obgleich das Internet dem freien
Wort mehr Möglichkeiten gebracht hat als
je zuvor, entstehen Fanzines nach wie vor
im stillen Kämmerlein, mit sehr einfachen
Mitteln, rein ehrenamtlich und ohne wirtschaftlichen Gewinn. Dennoch wächst die
Fanzine-Gemeinde.
Einfach ausgedrückt ist ein Fanzine
eine Amateurzeitschrift, die von hingebungsvollen Fans produziert wird – ohne
nennenswerte Ressourcen oder drucktechnische Ausrüstung. Meist organisieren die
Gründer Druck wie auch Vertrieb selbst.
Im Gegensatz zu kommerziellen Magazinen steht hinter Fanzines kein Gewinninteresse, sondern die ungeteilte Liebe
zum jeweiligen Thema.
ersten und heute legendären Punkfanzines,
forderte der Redakteur die Leser auf: „All
you kids out there who read Sniffin Glue
– don’t be satisfied with what we write. Go
out and start your own fanzines.“ (An alle,
die Sniffin Glue lesen: Gebt Euch nicht zufrieden mit dem, was wir schreiben. Macht
Eure eigenen Fanzines.) Zeitgleich kam
damals zudem der Fotokopierer auf den
Markt, was den Druckprozess erleichterte.
Bald verbreiteten sich die Fanzines immer
rascher.
Heute treibt die 19-jährige Jemma
Morgan das persönliche Engagement.
Seit einem Jahr gibt sie gemeinsam mit
vier Freunden monatlich das Kunstfanzine On The Rag Zine heraus. „Keiner von
uns erhebt Anspruch auf Professionalität,
und wir sind auch keine guten Layouter.
Aber so wollen wir das haben. Ein bisschen
Chaos und Rechtschreibfehler verleihen
einen persönlichen Touch. Das Beste an
einem Fanzine ist die totale Freiheit. Ich
kann genau das schreiben, was ich will,
ohne dass es jemand anderem gefallen
muss“, sagt Jemma Morgan.
Langlebiger Enthusiast
Dass Fanzines von marginalisierten Gruppen herausgegeben werden, die in den
„Ein bisschen Chaos und Rechtschreibfehler
verleihen einen persönlichen Touch“
Jemma Morgan
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Immer mehr Nischen
Seit es das Internet gibt, werden viele Fanzines elektronisch publiziert und können
auf diese Weise noch mehr Leser erreichen
– nun unter der Bezeichnung Webzine
oder Netzine. Das Spektrum der Zeitschriften ist explosionsartig gewachsen,
und die Themenpalette reicht von Rollenspielen und Handarbeiten über Fußballclubs, Musikstile und Comics bis hin zur
Lyrik. Dank der technischen Entwicklung
hat sich auch die Produktionsweise der
gedruckten Ausgaben verändert. Heute
werden die einst hand- oder maschinengeschriebenen Papiere fast sämtlich mit Textverarbeitungs- und Layoutprogrammen
hergestellt. Scanner und Digitalkamera
haben die Bildbearbeitung revolutioniert
– viele Fanzines sehen heute aus wie professionelle Magazine.
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Jemma Morgan (links) und Dolf Hermannstaedter
(rechts) betreuen ihre Fanzines mit Enthusiasmus
etablierten Medien keine Stimme haben,
unterschreibt Dolf Hermannstaedter ohne
Umschweife. Seit 21 Jahren gibt der Bremer das Punkrockfanzine Trust heraus.
„Anfang 1986 gab es kein Medium, das
über die Musik und die Ideen schrieb, die
mich interessierten. Auf einem Treffen in
Heidenheim beschlossen wir, ein Fanzine
zu starten. Übrig sind heute nur noch
Mitch, der das Layout macht, und ich“,
sagt Hermannstaedter. Er investiert viele
Stunden täglich in sein Fanzine. Dafür hat
er sich einen Leserkreis von etwa 3000
Personen geschaffen, die die Zeitschrift
alle zwei Monate beziehen. „Unsere Leser sind Menschen, die sich nicht von den
etablierten Medien einschüchtern lassen.
Als der Hardcore-Punkrock Anfang der
1980er-Jahre in Deutschland aufkam, war
er eine wunderbare Alternative zur Mainstreammusik. Heute ist das Genre genau
wie jede andere Musik zum Marketingwerkzeug geworden, aber für mich sind
die Ideen des Hardcore-Punkrock noch
genauso aktuell wie damals“, sagt Dolf
Hermannstaedter.
Trust publiziert vor allem Interviews
mit Bands sowie Musikrezensionen, enthält aber auch sozialpolitische Reportagen,
wie beispielsweise ein Interview mit einem
ehemaligen UN-Soldaten in Afghanistan.
Seit zehn Jahren werden Teile des Fanzines
auch ins Internet gestellt.
von Luise Steinberger
trends
Werbung am besten in internationalen
Nachrichtenmagazinen
Unternehmen, die das öffentliche Bewusstsein für
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ihre Marken stärken möchten, sollten Anzeigen in internationalen Nachrichtenpublikationen schalten. Das zeigt
eine europäische Studie des Marktforschungsinstituts ICD
Research im Auftrag der World Press Group.
Zwei Mappen mit ausgewählter Unternehmensreklame
wurden in Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Italien,
Spanien und der Schweiz insgesamt 2 114 Personen gezeigt, die
jeweils ein Jahreseinkommen von mehr als 45 000 Euro haben.
Der Studie zufolge fanden 24 Prozent der Befragten, internationale Medien passten besser zum Image des Unternehmens,
während 13 Prozent meinten, nationale Medien funktionierten
besser als Imageträger.
Die Studie zeigte auch, dass 77 Prozent der Befragten den Journalismus in internationalen Medien für glaubwürdiger halten.
Die World Press Group ist eine Dachorganisation für acht führende
internationale Publikationen: The Economist, Financial Times, Fortune,
International Herald Tribune, National Geographic, Newsweek, Time und
Wall Street Journal Europe.
Prinzessin
Diana-Archiv
Kidnappingopfer
erhält Sprachpreis
Natascha Kampusch , weltbekanntes österreichisches
Die Fotoagentur Getty Images hat das ge-
S
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samte Fotoarchiv mit Bildern von Prinzessin Diana
erworben. Das so genannte Princess Diana Memorial Trust Archive enthält unter anderem Fotos, die
eine enge Freundin der Prinzessin, Jayne Fincher, in
den 1980er- und 1990er-Jahren bis zum Tode der
Prinzessin 1997 gemacht hat. Das Archiv mit über
20 000 Fotos – in Schwarzweiß und Farbe – wird
im Getty Images-Archiv in Hulton aufbewahrt.
Kidnappingopfer, ist von der Zeitschrift Deutsche Sprachwelt
zur „Sprachhüterin des Jahres“ gekürt worden. Dieser Preis
wird seit 2000 von den Lesern der Zeitschrift an Personen
vergeben, die Besonderes für die deutsche Sprache geleistet haben. Negativ bewerten Redaktion und Leser vor allem
Anglizismen in der deutschen Sprache.
Natascha Kampusch erhält die Auszeichnung, weil sie
extrem wenig Englisch in ihrem Deutsch verwendet – während
der achtjährigen Gefangenschaft in einem Keller ging der umfassende Einzug des Englischen ins Deutsche an ihr vorbei.
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Der Wald ruft
Weshalb wird man
Waldbesitzer? Für Benny Gustafsson in Lycksele
ging damit ein Traum in Erfüllung. Die Waldwirtschaft war für ihn nicht Beruf, sondern Berufung
Text Mats Wigardt foto Jörgen Wiklund
Im luftigen Kiefernwald kann
man schon Lust auf einen eigenen Wald
bekommen. Halbhohe Bäume, ein weicher Teppich aus Preiselbeersträuchern,
zartes Moos…
Benny Gustafsson ist auf einem kleinen Bauernhof in der Nähe von Lycksele
in Nordschweden aufgewachsen. Der
Wald gleich vor der Tür gehört für ihn
zum Alltag. „Als ein größeres Waldgebiet zum Verkauf stand, machten meine
Freundin und ich ein Angebot“, erzählt
Gustafsson. Die beiden erhielten den
Zuschlag: 405 Hektar Wald, dazu ein
renovierungsbedürftiges Wohnhaus, gehörten ihnen.
Mehr Spaß als mit Aktien
Sichere Zukunft
Wichtig sind auch betriebs- und waldwirtschaftliche Grundkenntnisse. Da habe er
selbst einige Fehler gemacht, sagt Benny
Gustafsson. „Aber man lernt ja nach und
nach dazu“, stellt er fest. „Und der Wald
wächst 150 Jahre lang, zum Dazulernen
ist also Zeit genug.“ Noch mehr Wald zu
kaufen, ist ein verlockender Gedanke, allerdings fehlt bislang das richtige Objekt.
„Auf lange Sicht ist Waldbesitz niemals
ein schlechtes Geschäft“, fasst Gustafsson
zusammen. „Auf zehn Jahre gesehen ist
es gut, auf 20 Jahre noch besser und auf
30 Jahre hervorragend. Außerdem hält
es gesund.“
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Ein ausreichender Teil des Waldes war reif
zum Roden. Der Ertrag half bei der Tilgung
einiger Kredite. Der restliche Waldbestand
soll die Zukunft der Familie sichern. „Als
Waldbesitzer muss man an die Zukunft
denken“, erklärt Benny Gustafsson. „Waldbesitz ist das genaue Gegenteil von Aktien,
wo Gewinne – und Verluste – viel schneller
entstehen. Einen Wald zu haben, macht
außerdem mehr Spaß. Aktien sind ja nur
Papier und Zahlen.“
Er rät anderen, die über den Kauf von
Wald nachdenken, sehr genau aufs Geld
zu achten – und bereit zu sein, Zeit und
Arbeit zu investieren. Kein neues Auto,
kein Motorscooter nach dem Holzverkauf, solange die Steuer nicht bezahlt ist
– das ist die Grundregel. Wie viel Wald
man kauft, hängt ganz davon ab, welche
Beweggründe man hat und wie groß das
Interesse ist.
SCA-Wälder
Mit einem Waldbesitz von 2,6 Millionen Hektar ist SCA
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Europas größter privater Waldbesitzer. Zwei Millionen Hektar
werden für die Produktion von Holz vor allem als Holzrohstoff
für die schwedischen Industrien der SCA genutzt. Die Forstwirtschaft erfolgt nach den strengen Regeln des FSC (Forest
Stewardship Council) für eine nachhaltige Forstwirtschaft,
daher kann SCA FSC-zertifizierte Druckpapiere, Zellstoff,
Holzprodukte und Pellets anbieten.
SCA kauft auch Holzprodukte von privaten Waldbesitzern
in Nordschweden ein. Diese können Hilfestellungen und Rat
von den bei SCA angestellten Forstwirtschaftsexpterten in
Anspruch nehmen. Sie haben außerdem die Möglichkeit, an
Gruppenzertifizierungen nach FSC teilzunehmen.
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