EMR_Gutachten_Satellit_GSDZ
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Gutachten Der Zugang zur digitalen Satellitenverbreitung Digitalisierung und Fernsehen ohne Grenzen Im Auftrag der Gemeinsamen Stelle Digitaler Zugang der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten Erstellt durch das Institut für Europäisches Medienrecht e.V. (EMR) Medienzentrum Nell-Breuning-Allee 6 66115 Saarbrücken Alexander Roßnagel/Werner Sosalla/Thomas Kleist Saarbrücken, im Mai 2003 2 Bearbeitet von RA Thomas Kleist (Direktor, Vorsitzender des Vorstands des EMR), Prof. Dr. Alexander Roßnagel (Wissenschaftlicher Direktor) und RA Werner Sosalla (Mitglied des Vorstands des EMR, Direktor der Landesmedienanstalt Saarland a.D.) sowie RA Alexander Scheuer (Geschäftsführer, Mitglied des Direktoriums des EMR), Rechtsassessor Jan Peter Müßig (wissenschaftlicher Mitarbeiter am EMR) 3 4 Inhalt Inhaltsverzeichnis 5 Management Summary 8 Einleitung 10 1. 12 2. 3. Fragestellung 1.1. Vielfaltssicherung 1.1.1 Ursprungskonzept 1.1.2 Herausforderungen 13 13 13 1.2 Europäische Integration – „Fernsehen ohne Grenzen“ 14 1.3 Zielsetzung und Gang der Untersuchung 15 Ausgangsbedingungen 17 2.1. Technik 2.1.1. Satellitenrundfunk in Europa 2.1.2 Verschlüsselung 2.1.3 Antennen 2.1.4 Receiver 2.1.5 Zusatzdienste 17 17 18 19 19 20 2.2 Wirtschaft 2.2.1 Die Satellitenbetreiber 2.2.2 Funktion des Satellitenempfangs 2.2.3 Europäische Rundfunkmärkte – Ausgangslage und Überblick 2.2.4 Der Vergleich ausgewählter Länder im Einzelnen 2.2.5 Offenheit im europäischen Binnenmarkt 2.2.6 Folgerungen für die Entwicklung eines europäischen Markts 20 20 25 25 31 46 46 2.3 47 Zusammenfassung Der Satellitenrundfunk im geltenden Recht 48 3.1 Europäisches und deutsches Verfassungsrecht 3.1.1 Zugangsrecht und Grundfreiheiten auf europäischer Ebene 3.1.2 Zugangsrecht und Grundrechte in Deutschland 3.1.3 Zusammenfassung 48 48 54 56 3.2 Zur Geschichte der Regulierung des Satellitenempfangs 3.2.1 Überblick über die verfolgten Regulierungsansätze 3.2.2 Schlussfolgerungen für die Situation heute 57 57 60 3.3 Gegenwärtige Rechtslage und bestehende Rechtsprobleme 3.3.1 Die neuen Kommunikations-Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft 3.3.2 Frequenzvergabe 3.3.3 Empfangsfreiheit 3.3.4 Zugang zum Satelliten 3.3.5 Verbreitung und Urheberrecht 3.3.6 Zusammenfassung 61 61 63 71 84 109 122 3.4 Regelungen in anderen Staaten 3.4.1 Rechtslage in den einzelnen Beispielsländern 3.4.2 Zusammenfassung 125 126 148 5 4. 5. 6. Veränderungen durch die Digitalisierung 150 4.1 Veränderungen 4.1.1 Transparenz der Transportwege 4.1.2 Vervielfachung der Übertragungskapazität 4.1.3 Verbreitungsgebiet 4.1.4 Conditional Access 4.1.5 Interaktivität 4.1.6 Neue Prozesse durch Digitalisierung 4.1.7 Abrechnungsverfahren 4.1.8 Nutzungsprofile und Zuschauerdaten 150 150 151 152 153 153 154 156 157 4.2 Marktentwicklung 4.2.1 Technische Verfügbarkeit 4.2.2 Der Markt für interaktive Angebote 157 157 158 4.3 Handlungsoptionen der Beteiligten 4.3.1 Satellitenbetreiber 4.3.2 Kabelnetzbetreiber 4.3.3 Programmveranstalter 4.3.4 Endgeräteindustrie 4.3.5 Rechteinhaber 4.3.6 Zuschauer 158 158 159 160 161 162 163 4.4 164 Fragestellungen 4.5 Mögliche Zukünfte 4.5.1 Trendszenario 4.5.2 Integrationsszenario 4.5.3 Dienstleistungsszenario 165 166 168 170 4.6 172 Zusammenfassung Neue Rechtsprobleme durch die Digitalisierung 174 5.1 Regelungsregime 174 5.2 Frequenzvergabe 175 5.3 Zugang des Empfängers 176 5.4 Zugang der Programmveranstalter 5.4.1 Rundfunkpolitische Ziele 5.4.2 Marktentwicklung 5.4.3 Endgeräte 177 177 178 182 5.5 Urheberschutz und Informationsfreiheit 5.5.1 Relevante Veränderungen durch die Digitalisierung 5.5.2 Gefährdung des europäischen Rundfunkmarkts 5.5.3 Beschränkung des individuellen Zugangs 5.5.4 Europaweit interessierende Sendungen 5.5.5 Rechtlicher Regelungsbedarf 183 183 184 185 185 186 5.6 187 Zusammenfassung Strategien zur Sicherung des Zugangs 188 6.1 Handlungsstrategien im Trendszenario 6.1.1 Herausforderungen für Vielfalt und Zugangsfreiheit 6.1.2 Auswirkungen auf die Regulierung 190 190 192 6.2 Handlungsstrategien im Integrationsszenario 6.2.1 Herausforderungen für Vielfalt und Zugangsfreiheit 6.2.2 Auswirkungen auf die Regulierung 194 194 195 6.3 Handlungsstrategien im Dienstleistungsszenario 6.3.1 Herausforderungen für Vielfalt und Zugangsfreiheit 201 201 6 6.3.2 6.4. 7. 8. Auswirkungen auf die Regulierung Zusammenfassung Strategien zur Sicherung der Verbreitung 202 203 205 7.1 Trendszenario 7.1.1 Gemeinsamer Rechteerwerb 7.1.2 Listenregelungen 7.1.3 Die Unterscheidung nach Sprachgebieten 7.1.4 Die frei beschränkbare Rechtevergabe bei europaweiter Zugangspflicht 7.1.5 Ergebnis 206 207 207 209 210 211 7.2 Integrationsszenario 7.2.1 Listenregelungen 7.2.2 Die Unterscheidung nach Sprachgebieten 7.2.3 Die Abgeltung der Rechte entsprechend der tatsächlichen Nutzung 7.2.4 Die frei beschränkbare Rechtevergabe bei europaweiter Zugangspflicht 7.2.5 Ergebnis 7.2.6 Auswirkungen der vertikalen Integration auf das Vergütungsmodell 212 213 213 214 215 215 215 7.3 Dienstleistungsszenario 7.3.1 Listenregelungen 7.3.2 Die Unterscheidung nach Sprachgebieten 7.3.3 Die Abgeltung der Rechte entsprechend der tatsächlichen Nutzung 7.3.4 Die frei beschränkbare Rechtevergabe bei europaweiter Zugangspflicht 7.3.5 Urheberrechtsprobleme durch Modularisierung von Produktion und Vertrieb? 216 217 217 217 218 218 7.4 218 Rechtsetzungskompetenz und Regelungsform 7.5 Vereinbarkeit der vorgeschlagenen Lösung mit Rechtspositionen der Urheber und Lizenznehmer 7.5.1 Eigentum 7.5.2 Berufsfreiheit 7.5.3 Ergebnis 219 220 221 222 7.6 Die Verortung im internationalen Urheberrecht 222 7.7 Zusammenfassung 223 Handlungsempfehlungen 224 Abkürzungsverzeichnis 229 Literaturverzeichnis 234 7 Management Summary 1. Die Beantwortung der Frage, ob die möglichen Auswirkungen der Digitalisierung der Satellitenübertragung auf einen freien und vielfältigen Rundfunk veränderte Regulierungskonzepte erfordern, setzt eine Analyse der wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen sowie Prognosen zu verschiedenen möglichen Zukunftsentwicklungen voraus. 2. Bei der Satellitenübertragung in Europa ist bisher weitestgehend das Anbieten von Inhalten und von Übertragungskapazitäten wirtschaftlich getrennt. Der Satellit hat sich als ein bedeutendes, gegenüber Inhalten neutrales und unter Vielfaltsgesichtspunkten förderliches Übertragungsmedium etabliert. 3. Sowohl das europäische als auch das deutsche Recht fordern einen vielfältigen, europaweit frei und chancengleich zugänglichen Rundfunk, ohne allerdings einzelnen Akteuren einen unmittelbar durchsetzbaren Anspruch auf Zugang zur Satellitenübertragung zu geben. Die jeweils zuständigen Gesetzgeber, Gerichte und Behörden verfügen über ausreichende Möglichkeiten, um durch Gestaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen die Zielsetzung eines vielfältigen Rundfunks ohne Grenzen zu verfolgen. 4. Die Digitalisierung könnte die beschriebene Entwicklung dahingehend verändern, dass neue Übertragungskapazitäten, Kommunikationsformen und Kooperationsmöglichkeiten geschaffen werden, die die Handlungsbedingungen für Satellitenbetreiber, Kabelnetzbetreiber, Programmveranstalter, Endgeräteanbieter, Rechteinhaber und Zuschauer nachhaltig beeinflussen . Dadurch könnte die Zugangsmöglichkeit der Programmveranstalter und der Zuschauer zum Verbreitungsweg Satellit beeinträchtigt werden. 5. Ob die Digitalisierung der Satellitenübertragung für einen freien und vielfältigen Rundfunk positive oder negative Auswirkungen hat, hängt unter anderem davon ab, welche neuen Organisationen, Prozesse, Technikanwendungen und Geschäftsmodelle sich durchsetzen. Die Untersuchung bezieht hier die Methode ein, künftige Entwicklungen idealtypisch durch Szenarien zu beschreiben. Das Trendszenario, das die wahrscheinlichste Entwicklung beschreibt, geht von der Vorgabe aus, dass – wie in der Vergangenheit – die Anbieter von Übertragungskapazitäten ihre Dienstleistungen zu fairen und chancengleichen Bedingungen allen Programmveranstaltern und Zuschauern bereit stellen. Das Integrationsszenario geht davon aus, dass – wie für das Kabelnetz diskutiert – Satellitenbetreiber auch am Angebot von Inhalten interessiert sind und daher der Wettbewerb um den Zugang zum Satelliten beeinträchtigt werden könnte. Das Dienstleistungsszenario unterstellt, dass neue Dienstleistungsangebote im Rahmen von Übertragungsplattformen entstehen, die den Vertrieb, das Marketing, die Verbreitung, den Schutz, die Abrechnung und die Verwaltung von Programmen anbieten und koordinieren. 6. Für die Sicherung des freien und chancengleichen Zugangs zum Satelliten ist insbesondere entscheidend, wie sich der Wettbewerb künftig entwickelt. Es sind vor allem drei Faktoren, die die Unabhängigkeit und Vielfalt des über Satellit verbreiteten Fernsehens beeinflussen können, nämlich die Trennung von Netzen und Inhalten, die Standardisierung der Empfangsund Zugangssicherungssysteme sowie die Entwicklung neutraler, von Inhalteanbietern unabhängiger Plattformen, die es auch kleineren Inhalteanbietern erlauben, die Grundfunktionen für ein digitalisiertes Angebot zu erbringen. Im Trendszenario sind keine, im Integrationsszenario stärkere und im Dienstleistungsszenario eventuell unterstützende regulatorische Eingriffe erforderlich. Um auf alle möglichen Zukunftsentwicklungen vorbereitet zu sein, sollten auf 8 europäischer Ebene wirksame Mechanismen vorgehalten werden, die die Entwicklung des Satellitenrundfunks beobachten und regulatorisch wirken, soweit, solange und sobald der Markt der Satellitenübertragung die Voraussetzungen eines chancengleichen und diskriminierungsfreien Zugangs nicht erfüllt. 7. Für die Sicherung der freien und europaweiten Verbreitung über Satelliten sind vor allem die territoriale Vergabe von Senderechten und deren technische Absicherung durch Verschlüsselung entscheidend. Dieses Ziel könnte auch bei territorialer Rechtevergabe durch eine Verpflichtung der Programmveranstalter und Plattformanbieter, jedem interessierten Zuschauer auf dessen Anfrage Zugang zu gewähren, in einer Form erreicht werden, die den Eingriff in die Rechte der Urheber so gering wie nötig hält. 8. Auch wenn kein akuter Handlungsbedarf festgestellt wird, schließt das Gutachten mit zehn konkreten Handlungsempfehlungen für die Landesmedienanstalten. Deren Umsetzung ist unabhängig von der konkreten Entwicklung des Satellitenrundfunks und ihrer Dynamik. Sie orientieren sich an dem Ziel, den weiteren Weg in die Digitalisierung vielfaltsorientiert und unter Beachtung einer ausgewogenen Marktentwicklung zu gestalten. Sie bieten Regulierungsoptionen, die hinsichtlich ihrer Umsetzung und Intensität vor allem von der Einschätzung abhängig sind, ob und inwieweit ein Szenario Realität wird, in dem starke Medienunternehmen auch im Bereich des Satellitenrundfunks nicht nur die Inhalte, sondern auch die Transportkapazitäten und Netze beherrschen. 9 Einleitung Die Satellitenbetreiber, allen voran SES-Astra und Eutelsat, haben sich im vergangenen Jahrzehnt in Europa, vor allem aber in Deutschland, eine starke Position erobert. Ein gutes Drittel der Haushalte in Deutschland wird über eine Parabolantenne direkt mit mehreren hundert Programmen versorgt – Tendenz weiter steigend. Wegen der technischen Parameter sind es heute noch vor allem Ein- und Zwei-FamilienHäuser, für die der Satellit unter dem Aspekt der Vielfalt, vor allem aber unter Kostengesichtspunkten eine Alternative zum Kabelanschluss bietet. Nicht zuletzt die Veränderungen im Kabelmarkt machen den Satelliten außerdem zunehmend attraktiv als Lieferant von Fernsehsignalen für kleine und mittlere Betreiber von BreitbandKabelnetzen. Mittlerweile rückt die Tatsache stärker ins Bewusstsein, dass der Satellitenempfang schon heute auch für diejenigen Haushalte, die in der Statistik als Kabelkunden ausgewiesen sind, ein unverzichtbares Glied in der Kette des Signaltransports darstellt: Das selbe Satellitensignal, das für den Direktempfang zur Verfügung steht, wird für die Zuführung der Programme in die Kabelnetze genutzt. Alle Kabelzuschauer sind daher letzten Endes auch Satellitenkunden. Ganz anders als das Breitbandkabelnetz, das von Beginn an Gegenstand politischer Gestaltung war und heute noch Objekt hoheitlicher Regulierung ist, hat sich der Transportweg Satellit weitestgehend frei von Regulierung unter Marktbedingungen entwickelt und etabliert. Zwar hat es auf nationaler wie auf europäischer Ebene zunächst verschiedene Versuche gegeben, die damals neue Technologie regulatorisch zu begleiten, wobei zumindest zeitweise der Schutz des Postmonopols das ausschlaggebende Motiv des Handelns war. Die Versuche sind allerdings allesamt gescheitert, weil die traditionellen Regulierungsmechanismen des Rundfunks letztlich mit der Realität der technischen und wirtschaftlichen Entwicklungen nicht Schritt halten konnten. Seither hat sich die Satellitentechnologie im TV-Segment unauffällig und nahezu ohne regulatorische Vorgaben entwickeln können. Wirkliche oder vermeintliche Missstände, die im Bereich des Breitbandkabels Anlass für grundlegende medienpolitische Diskussionen waren, hat man dem Satelliten nachgesehen: Vorübergehende Engpässe, eine unklare Vergabe- und Preispolitik, der faktische Ausschluss einzelner Anbieter – all dies wurde in der deutschen Medienpolitik kaum zur Kenntnis genommen. Angebot und Nachfrage bestimmten den Preis. Da die für die Satellitenverbreitung zu zahlenden Entgelte an der Reichweite orientiert sind, ist der Satellit im Wesentlichen ein überregionaler Distributionsweg geworden. Völlig selbstverständlich verhinderte der Preis lange Zeit, dass kleine oder regionale Veranstalter den Zuschauer erreichen, der nur noch die Parabolantenne benutzt. Obwohl dieser Umstand vor allem öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten mit ihren dritten Programmen überall dort erheblich zu schaffen machte, wo die Hausantenne einer Satellitenschüssel weichen musste, war dies von wenigen Ausnahmen abgesehen akzeptiert, während die Kabelnetzbetreiber – unabhängig von den jeweiligen technischen Strukturen – zum teilweise kostenfreien Transport regionaler und lokaler Angebote verpflichtet wurden. Während die Umsetzung eines elektronischen Programmführers (EPG) oder einer sonstigen Navigationshilfe für das digitale Kabel auch heute noch lebhafte Diskussionen auslösen können, sind derartige EPG’s im Bereich digitaler Satellitentechnik längst etabliert, ohne dass öffentliche Aufregung um die Positionierung von ARD und ZDF erkennbar gewesen wäre. 10 Insgesamt scheinen sich die Satellitenbetreiber eine Vertrauensposition erarbeitet zu haben, die trotz ihrer erheblichen und ständig wachsenden Bedeutung für die Versorgung des Landes mit Rundfunk kaum eine andere Reaktion hervorruft als Zufriedenheit. Es gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass sich dies demnächst ändern müsste – oder doch? Die fortschreitende Digitalisierung und mit ihr die Entwicklung neuer Angebote und Vermarktungsansätze wird alle Ebenen berühren: Veranstalter, Zuschauer und Transporteure. Sie wird neue Anforderungen an die technischen Plattformen stellen und die Notwendigkeit differenzierter Abrechnungstechnologien mit sich bringen. Zugleich entstehen – etwa mit DVB-T einerseits oder IP (Internet Protokoll)-basierten Diensten andererseits – neue Distributionsangebote, die das theoretische Potenzial haben, bisherige Strukturen zu verändern. Die tatsächlichen Auswirkungen denkbarer Veränderungen lassen sich nicht ohne weiteres absehen, zumal die schwerpunktmäßige Betrachtung eines einzelnen Distributionswegs nicht von den möglichen Entwicklungen alternativer Verbreitungsformen abgekoppelt werden kann. Zumindest eine Bestandsaufnahme und die Erörterung möglicher Perspektiven erscheinen aber schon heute möglich und angebracht: Die Diskussion um das Kabelnetz zeigt, wie rasch sich potenzielle Risiken realisieren können; die im Grunde immer noch offenen Fragen um die digitale Satellitenübertragung von Sportereignissen geben erste Hinweise darauf, dass sich auch im Umfeld der Satellitenübertragung die Parameter allmählich ändern. Die Europäische Union jedenfalls sieht zumindest im Bereich der Rechtesituation akuten Handlungsbedarf. Wie die Risiken und Chancen für einen offenen Zugang zu Wegen und Inhalten einzuschätzen sind, ob und inwieweit Handlungsbedarf besteht bzw. welche rechtlichen Gestaltungen denkbar sind, untersucht das vorliegende Gutachten vorrangig für den Bereich digitaler Satellitenübertragung. Dabei steht im Vordergrund, Entwicklungsperspektiven aufzuzeigen, die das bisherige Erfolgsmodell nicht behindern, sondern unterstützen. Das Gutachten soll einen Beitrag dazu leisten, eine sachliche Diskussion unter Umständen zu führen, die es erlauben, frühzeitig im Dialog mit allen Beteiligten die weitere Entwicklung zu gestalten. 11 1. Fragestellung Die Satellitenübertragung war und ist eine der tragenden technischen Säulen für die Entwicklung unserer vielfaltsorientierten Rundfunklandschaft. Sie wird künftig die wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen noch stärker prägen, als dies bisher der Fall war. Die Präsenz der Satellitenübertragung in den medienpolitischen Diskussionsforen als Gegenstand eigenständiger politischer und rechtlicher Gestaltungsansätze war und ist demgegenüber erstaunlich gering. Die positive Ordnung des Rundfunks scheint sich auch heute noch in inhaltlicher Hinsicht auf Fragen wie Lizenzierung und Grundversorgung und technisch auf die Rahmenbedingungen der Terrestrik und des Breitbandkabelnetzes im Zeichen der Digitalisierung zu beschränken. Dies mag seine Ursache nicht zuletzt in dem Umstand gehabt haben, dass sich Rundfunk via Satellit zumindest in der für Deutschland relevanten Konstellation rasch der nationalen Gestaltungshoheit entzogen hatte und zu europäischer Dimension gelangt war. Damit wurden die Mechanismen der regulatorischen Beeinflussung komplexer, denn sie berührten mit dem europäischen Rundfunk- und Telekommunikationsrecht zugleich jenen Bereich, in dem Bund wie Länder massive Steuerungsdefizite hatten und zum Teil noch heute haben. Erst die gelegentlich unübersichtliche Entwicklung während des versuchten Verkaufs der Breitbandkabelnetze an Liberty mit ihren potenziell weit reichenden Folgen für das bis dahin stabil geglaubte System inhaltlicher und technischer Verantwortung hat eine Sensibilisierung für die Dynamik bewirkt, die derartige Systeme entwickeln können. Der Ablauf des Geschäfts hat zugleich gezeigt, dass es zur Wahrung eines möglichst weiten politischen Gestaltungsrahmens darauf ankommt, konzeptionelle Grundüberlegungen zu einer Zeit anzustellen, die noch nicht von akutem Handlungsbedarf geprägt ist. Ebenso wie im Bereich der Breitbandkabelnetze sind auch im Rahmen der Satellitenübertragungstechnik erhebliche Veränderungen zu beobachten. Während die Digitalisierung der Terrestrik und der Kabelnetze vor allem durch die Diskussion um deren Probleme und Hemmnisse gekennzeichnet ist, haben die Satellitenbetreiber den Schritt zur Digitalisierung technisch wie inhaltlich bereits vollzogen. Zur Beurteilung der Frage, welche Auswirkungen die dadurch möglichen Entwicklungen im Bereich der Satellitenübertragung von Rundfunk haben können, sind unterschiedliche Faktoren, Ziele und Interessenlagen zu analysieren. Neben der wirtschaftlichen und rechtlichen Bestandsaufnahme und der Untersuchung der Folgen der Digitalisierung aus der möglicherweise divergierenden Sicht aller Beteiligten sind vor allem die Standortbestimmung und die Zieldefinition der deutschen Rundfunk- und Telekommunikationspolitik im internationalen, primär im europäischen Rahmen von Interesse1. Hieraus leiten sich unter Berücksichtigung unterschiedlicher potenzieller Entwicklungen notwendige Rahmenbedingungen und Handlungsschritte ab. 1 Die vorliegende Untersuchung basiert auf Grunddaten zur technischen und wirtschaftlichen Entwicklung sowie zum geltenden Rechts- und Gesetzesstand mit Datum 5.12.2002. Aktuellere Entwicklungen konnten zum Stichtag 1.3.2003 berücksichtigt werden und sind entsprechend gekennzeichnet. Der Redaktionsschluss wird, nachdem die Abnahme des Gutachtens durch den Auftraggeber zwischenzeitlich erfolgt ist, mit dem 15.3.2003 ausgewiesen. 12 1.1. Vielfaltssicherung Primäres Ziel der Rundfunkpolitik der vergangenen Jahrzehnte war die Schaffung und Erhaltung eines möglichst hohen Maßes an Vielfalt von Anbietern und Angeboten in einem dualen Rundfunksystem. Vielfaltssicherung verlangt dabei neben der breiten Verfügbarkeit inhaltlich unterschiedlicher Angebote für den Zuschauer auch eine Vielzahl von Anbietern. 1.1.1 Ursprungskonzept Voraussetzung für die Realisierung eines solchen Modells war – neben der Existenz eines stabilen und binnenpluralen öffentlich-rechtlichen Systems – die Verfügbarkeit hinreichend vieler Transportkapazitäten, um sicherzustellen, dass die Zuschauer tatsächlich eine verhältnismäßig große Zahl von Angeboten empfangen können. Das Ziel hinreichender Übertragungskapazitäten sollte zunächst durch eine flächendeckende Kabelinfrastruktur gesichert werden. Darüber hinaus wurden regulatorische Anforderungen definiert, die im Wesentlichen medienspezifische Konzentrationen verhindern, ein Mindestmaß an Binnenpluralität bei den privaten Anbietern gewährleisten und eine vielfaltsorientierte Vergabe knapper Übertragungskapazitäten sicherstellen sollten. Aus der organisatorischen Zuordnung der Transportwege bei der hoheitlich agierenden Deutschen Bundespost resultierte als selbstverständliche Folge außerdem die Trennung von Netz und Inhalten. Dadurch verhielt sich der Netzbetreiber völlig neutral gegenüber den transportierten Inhalten. Vielfalt konnte allein bereits dadurch gewährleistet werden, dass unterschiedliche Veranstalter auf dem Markt auftreten konnten und für diese die geringen Übertragungskapazitäten gerecht verteilt wurden. 1.1.2 Herausforderungen Das Ursprungskonzept hat seither in allen Bereichen deutliche Modifikationen erfahren, von denen für den Untersuchungsgegenstand vor allem drei Aspekte von Bedeutung sind: 1.1.2.1 Satellitenübertragung als Bestandteil der Vielfaltssicherung Nicht zuletzt als Folge der unerwartet rasch zunehmenden Verbreitung des Satellitendirektempfangs konnte das Konzept der flächendeckenden Verkabelung aufgegeben werden, ohne dass damit das Ziel der Versorgung der gesamten Bevölkerung mit vielfältigen Inhalten in Frage gestellt wurde2. Daraus resultiert allerdings, dass die breitbandigen Rundfunkübertragungssysteme Kabel und Satellit heute nicht gegenseitig substituierbar sind, sondern sich – zumindest in ihrer heutigen Struktur – ergänzen. Die Vielfalt des Angebots wird hier – trotz oligopolistischer Struktur des Satellitenmarkts – durch die faktische Trennung von Netz und Inhalt bewirkt. Besondere Beachtung verdient in diesem Zusammenhang allerdings die Frage, inwieweit die Vielfalt der deutschen Rundfunklandschaft von der technischen Verfügbarkeit der Satellitenübertragung bzw. den Dienstleistungen bestimmter Anbieter abhängig ist. Soweit sich solche Abhängigkeiten zeigen, muss geprüft werden, welche Mechanismen zur Sicherung von Vielfalt im Bereich der technischen Rundfunkversorgung zur Verfügung stehen oder geschaffen werden müssen. 2 Zur Positionierung der Satellitenanbieter s. Kap. 2.2.1.2. 13 1.1.2.2 Menge der Kapazität und Vielfaltssicherung Die Sicherung von Meinungsvielfalt beinhaltete für die nationalen Transportkapazitäten – Terrestrik, Kabel und zugewiesene Satellitenkapazitäten – zunächst die Regulierung des gesamten verfügbaren Kapazitätsbereichs. Die Vergabe der – knappen – Kapazitäten erfolgte im Kern unter dem Aspekt größtmöglicher Gewährleistung von Vielfalt. Erst die Vervielfachung von Kapazitäten durch die Digitalisierung des Kabels3 führte zu einer politisch aktiv gestalteten Reduzierung der von der strikten Regulierung erfassten Kapazitäten auf einen begrenzten „Must-Carry“-Bereich, die von einer eingeschränkten Missbrauchsaufsicht für einen weiteren Teilbereich begleitet wurde. Angesichts der Digitalisierung der Satellitenübertragung stellt sich die Frage, ob das politische Ziel der Vielfaltssicherung bereits durch Regulierung nur einer näher zu bestimmenden absoluten Zahl verfügbarer Übertragungskapazitäten erreicht werden kann. Konkretisierend ist für den Bereich der Satellitenübertragung von Rundfunk zu fragen, ob medienspezifische Anforderungen an Vielfaltssicherung lediglich einen Teil der zur Verfügung stehenden Kapazitäten betreffen müssten. Schließlich ist zu untersuchen, ob für das Erreichen dieses Ziels sogar allein die Trennung von Netz und Inhalt genügt. 1.1.2.3 Sicherung des Zugangs zu Übertragungskapazitäten Schließlich wurde die Trennung von Netzen und Inhalten als Folge organisatorischer Änderungen – der Privatisierung der Kabelnetze – obsolet, ohne dass hierzu allerdings eine aktive politische Meinungsbildung stattgefunden hat. Zudem gibt die Digitalisierung dem Betreiber der Übertragungsnetze neue Gestaltungs- und Einflussmöglichkeiten, die dieser im Rahmen privater Verfügungs- und Gestaltungsmacht nutzen kann. Hierdurch können neue Risiken für die Vielfalt des Angebots entstehen4. Für die künftige Sicherung von Vielfalt im Satellitenbereich kann die Frage der Verfügung sowohl über Netze wie auch über Inhalte von Bedeutung sein, wenn die medienspezifischen Anforderungen an den Zugang zu Übertragungskapazitäten beschrieben werden. Es bedarf der Untersuchung, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen unter den veränderten Bedingungen der Digitalisierung Anforderungen an die Diskriminierungsfreiheit und Chancengleichheit des Zugangs zu Satellitenkapazitäten zu definieren sind. Dabei ist zu prüfen, welche möglichen Auswirkungen auf Regulierungsdichte und -intensität ein funktionierender Wettbewerb einerseits oder die Zusammenfassung der Verfügung über Netze und Inhalte andererseits haben können und müssen. 1.2 Europäische Integration – „Fernsehen ohne Grenzen“ Vielfalt bedeutete zunächst die auf nationale Grenzen bezogene Gewährleistung eines möglichst breiten Meinungsspektrums. Die politische Gestaltung durch eine verfassungsrechtlich gesicherte Gesetzgebung richtete regulatorische Rahmenbedingungen zur Vielfaltssicherung nahezu vollständig territorial aus. Lediglich in grenznahen Regionen wurde Raum für die Rundfunkprogramme der Nachbarländer vorgesehen, wobei hier primär die „Ortsüblichkeit“ 3 Zur Auswirkung der Digitalisierung auf die Übertragungskapazität s. auch Kap. 4.1.2. 4 S. hierzu z.B. Dörr/Janik/Zorn, Zugang zu den Kabelnetzen, S. 182 ff.; Gersdorf, Regulierung des Zugangs, S. 353 ff.; Roßnagel/Hilger, MMR 2002, 445, 447 ff. 14 des Empfangs maßgeblich war. Informationsfreiheit wurde und wird gelegentlich auch heute noch über technische Parameter definiert; es war und ist nicht primär eine politische Vielfaltsentscheidung gewesen, die die Aufnahme grenzüberschreitender Komponenten in die Regulierungsrahmen bewirkte. Dem entsprach und entspricht auch heute noch vielfach die Rechtswirklichkeit des Rundfunkempfangs in Deutschland, wie die satzungs- und mietrechtlichen Einschränkungen bezüglich des Empfangs von Satellitensignalen zeigen. Mit zunehmender Bedeutung der europäischen Integration tritt das nationale Verständnis von Vielfaltssicherung zukünftig jedoch stärker in den Hintergrund. Neben den Fragen, die sich im Zusammenhang mit der Dienstleistungsfreiheit einerseits und dem Zugang zu Übertragungskapazitäten andererseits stellen, muss untersucht werden, ob und welche Regelungen erforderlich sind, um auf europäischer Ebene Vielfalt im Sinn des „Fernsehens ohne Grenzen“ zu gewährleisten. Das Ziel europaweiter Verfügbarkeit von Inhalten lässt vor allem Fragestellungen im Hinblick auf den Erwerb von Nutzungsrechten in den Vordergrund treten: Es bedarf der Prüfung, ob und welche neue(n) Regelungen vor allem im Zug der Digitalisierung erforderlich sind, die Möglichkeiten des Erwerbs von Rechten zur grenzüberschreitenden Nutzung generell sichern oder sogar Anreize hierzu schaffen. In diesem Zusammenhang ist andererseits die Frage von Bedeutung, ob und inwieweit die Digitalisierung wirtschaftliche Rahmenbedingungen schafft, die der grenzüberschreitenden Nutzung von Rechten im Hinblick auf Rechteinhaber, Rechteerwerber und Zuschauer entgegenstehen können. 1.3 Zielsetzung und Gang der Untersuchung Die Sicherung des bisherigen Maßes an Vielfalt auch unter den veränderten Bedingungen der Digitalisierung sowie möglicher neuer Geschäftsmodelle in einem europäischen Umfeld ist als zentrales Ziel Ausgangspunkt der Untersuchung. Die Studie analysiert die Bedeutung der Satellitenübertragung als eine Komponente der Vielfaltssicherung und prüft, welche Anforderungen an die Freiheit des Zugangs zu diesem Transportweg aus der Sicht von Veranstaltern und Zuschauern zu stellen sind. Aus der Analyse der Situation in verschiedenen europäischen Staaten werden in unterschiedlichen Szenarien mögliche Entwicklungen des Satellitenrundfunks in Europa modellartig dargestellt und rechtliche wie wirtschaftliche Empfehlungen abgeleitet, die die vorhandene Vielfalt dauerhaft gewährleisten sollen. Vor dem Hintergrund dieser europäischen Vielfaltsmodelle wird zudem geprüft, ob und in welchem Umfang die künftige Entwicklung Auswirkungen auf die tatsächliche, wirtschaftliche und rechtliche Situation des Erwerbs der erforderlichen Rechte hat und welche Maßnahmen erforderlich sind, um grenzüberschreitende europäische Rundfunkvielfalt zu bewahren. Um dieses Untersuchungsziel umzusetzen wird im folgenden Kapitel die gegenwärtige Nutzung des Satellitenempfangs im Vergleich zu konkurrierenden Übertragungswegen beschrieben, um einerseits die unterschiedliche Entwicklung der Regulierung in verschiedenen Staaten verstehen und um andererseits die faktische Bedeutung der Fragestellung für unterschiedliche Staaten erkennen zu können. Im dritten Kapitel werden die Entwicklung und der gegenwärtige Stand des europäischen und deutschen Rechts sowie des Rechts ausgewählter europäischer Staaten und der USA dargestellt, um prüfen zu können, ob diese Regelungen die gegenwärtigen Probleme zufriedenstellend regeln. Im vierten Kapitel wird dann untersucht, welche Veränderungen die Digitalisierung der Satellitenübertragung nach sich zieht und auf welche Weise sie die Handlungsbedingungen der Akteure beeinflusst. Dies berücksichtigend werden in Form dreier Szenarien mögliche Zukünfte beschrieben, vor deren Hintergrund al15 ternative Wege zur Bewältigung der skizzierten Herausforderungen erörtert werden können. Diese neuen Problembereiche werden im fünften Kapitel aus der Sicht der rechtlichen Zielsetzungen beschrieben. Dabei wird geprüft, wo alte Konzepte noch greifen und neue Lösungen gefunden werden müssen. Soweit neue Regulierungskonzepte erforderlich sind, werden für die drei Szenarien Lösungswege im sechsten Kapitel aus dem Blickwinkel des Vielfaltschutzes für das Zugangsproblem und im siebten Kapitel aus dem Blickwinkel des Urheberschutzes für das Verbreitungsproblem vorgestellt und erörtert. Diese Überlegungen werden im achten Kapitel zu rechtspolitischen Konzepten gebündelt und als alternative Regulierungsstrategien vorgestellt. 16 2. Ausgangsbedingungen Die Beschreibung der gegenwärtigen Satellitentechnik und ihrer wirtschaftlichen Nutzung ist der Ausgangspunkt der Untersuchung. Sie ist die Grundlage sowohl für die Untersuchung der gegenwärtigen Rechtslage in Kapitel 3 als auch für die Erörterung künftiger Entwicklungen in Kapitel 4, deren Probleme in Kapitel 5 und deren rechtspolitische Gestaltung in den Kapiteln 6 und 7. Hierfür werden im Folgenden die technischen (2.1) und wirtschaftlichen Grundlagen (2.2) der Satellitenübertragung vorgestellt. Dabei werden die Ausgangsbedingungen des europäischen Satellitenmarkts insgesamt und in seinen Entwicklungstendenzen dargestellt und die Bedeutung der Satellitenverbreitung im gesamten europäischen Rundfunkmarkt bestimmt (2.2.3). Um die Besonderheiten einzelner Märkte und die besondere Rolle, die der deutsche Markt einnimmt, erkennen zu können, wird die jeweils spezifische Situation in ausgewählten Vergleichsländern Europas und in den USA erläutert (2.2.4). Schließlich ist den Fragen nachzugehen, in welchem Umfang dem Anliegen von Zugangsoffenheit entsprochen wird (2.2.5) und welche Folgerungen aus möglichen Defiziten abzuleiten sind (2.2.6). 2.1. Technik In einem kurzen Überblick wird nachfolgend die technische Seite der (digitalen) Verbreitung und des Empfangs von Rundfunk über Satellit vorgestellt, soweit sie für das Verständnis und die Regulierung von Vielfalts- und Urheberrechtsfragen notwendig ist. 2.1.1. Satellitenrundfunk in Europa Der Satellit hat sich als Übertragungsmedium für Rundfunk weltweit etabliert. Die Funktionalität der Satelliten und die eingesetzten Standards variieren stark. Für Europa bedeutsam sind heute sowohl die analoge Übertragung von Rundfunksignalen sowie zunehmend auch die digitale Ausstrahlung von Rundfunk weit überwiegend nach dem europäischen DVBStandard5, der über das European Telecommunications Standards Institute (ETSI)6 koordiniert ist. Satelliten dienen im hier relevanten Zusammenhang – je nach technischer Spezifikation des Satelliten und Infrastruktur des Empfangsgebiets – der Zuführung von Programmen in Breitbandkabel-Anlagen, Gemeinschaftsantennenanlagen7 oder der direkten Versorgung einzelner Zuschauer8,9. Derzeit können in Deutschland Rundfunksignale via Satellit aus mehr als 35 Orbitalpositionen technisch direkt empfangen werden10. Die Programminhalte sind teilweise verschlüsselt. 5 Näheres zu den Standards: http://www.dvb.org/dvb_technology/framesets/standspecs.html, abgerufen am 17.2.2003. 6 www.etsi.org 7 International: SMATV – Satellite Master Antenna Television Systems. 8 Satellitendirektempfang, Direct-To-Home, DTH. 9 In diversen Staaten wird mit Blick auf die Möglichkeiten der inhaltlichen Kontrolle politisch der Kabelverbreitung der Vorzug gegenüber dem direkten Zugang der Bevölkerung zu Satellitensignalen gegeben. 10 Einen Überblick bietet zum Beispiel http://www.digitalfernsehen.de/Technik/15000, abgerufen am 17.2.2003. 17 Wegen der überwiegend hohen technischen Anforderungen an die Empfangsanlagen einerseits und angesichts des Umstands andererseits, dass die meisten Programme nicht für den deutschen Sprachraum bestimmt sind, ist die überwiegende Zahl dieser Satelliten für Deutschland wirtschaftlich und medienpolitisch nicht relevant. Mit durchschnittlichem technischen Aufwand sind von Zuschauern in Deutschland vor allem die Satelliten von SES-Astra und Eutelsat/Hotbird als Programmquellen zu nutzen; darüber hinaus hat der direkte Empfang von fremdsprachigen Programmen, die nicht über ASTRA oder Eutelsat/Hotbird abgestrahlt werden, in den jeweils unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen verstärkte Bedeutung. Dies betrifft beispielsweise rund 45 analog und digital über Eutelsat bzw. Türksat ausgestrahlte türkisch-sprachige Programme oder die spanischen Programme von Hispasat. Über die Orbitalposition SES-Astra 19,2 Grad Ost können derzeit unter anderen knapp 100 für den deutschen Markt bestimmte verschiedene Fernsehprogramme und Dienste sowie rund 150 Radioprogramme empfangen werden. Eutelsat bietet auf der Orbitalposition 13 Grad Ost rund 45 deutschsprachige Programme an. Darüber hinaus sind über diese Positionen zahlreiche digitale Programmpakete europäischer und außereuropäischer Anbieter zu empfangen. Zahl und Inhalt der empfangbaren Programme sind einem permanenten Wechsel unterlegen; auch heute noch steigt die Gesamtzahl der verfügbaren Programme stetig an. Auch wenn die Ausleuchtzonen der einzelnen Satelliten variieren und insbesondere am Rande der Ausleuchtzonen höherer technischer Empfangsaufwand11 erforderlich ist, ist die technische Empfangssituation in allen mitteleuropäischen Ländern vergleichbar. Soweit Unterschiede in den Entwicklungen der Märkte innerhalb Europas zu beobachten sind, können diese Unterschiede daher nicht maßgeblich auf eine unterschiedliche technische Verfügbarkeit der Programmsignale zurückgeführt werden. 2.1.2 Verschlüsselung Die über digitale Satelliten ausgestrahlten Programme sind aus wirtschaftlichen Gründen überwiegend so verschlüsselt, dass sie lediglich dann in Bild und Ton umgewandelt werden können, wenn neben der erforderlichen Geräteausstattung vertragliche Beziehungen zu denjenigen Gesellschaften oder Einrichtungen bestehen, die die verschlüsselten Programme oder Programmpakete anbieten12. Die Anbieter ganzer Pakete sind mit den einzelnen Veranstaltern der in den Paketen enthaltenen Programme nicht notwendig identisch13. In Vollzug der vertraglichen Beziehungen erhält der Vertragspartner des Anbieters eine „Smart-Card“, mit der sich der Empfänger gegenüber dem System als berechtigt identifiziert und die notwendigen Teilinformationen zur Entschlüsselung des jeweiligen Programm(paket)s zur Verfügung stellt. Es existieren Verschlüsselungstechnologien verschiedener Hersteller, die untereinander in aller Regel nicht austauschbar sind. Ein Teil der Anbieter – vor allem in Staaten, in denen mehrere Anbieter am Markt sind – verwendet mehrere Verschlüsselungstechnologien (i.d.R. zwei) parallel, um so die prinzipielle Verfügbarkeit des eigenen Angebots auch für Kunden 11 Größerer Empfangsaufwand bedeutet vor allem eine größere und u.U. qualitativ bessere Antennenanlage. 12 Es wird hier unterstellt, dass die Empfänger nur legale Empfangsmöglichkeiten nutzen. 13 So sind etwa im Premiere-Paket auch Angebote anderer Veranstalter wie Disney oder Discovery enthalten. 18 eines anderen Anbieters herzustellen, ohne dass zusätzliche Hardware erforderlich ist. Notwendig ist in diesen Fällen des „Simulcrypt“ allerdings der Erwerb einer Smart-Card des anderen Anbieters. 2.1.3 Antennen Der Satellitenempfang von Rundfunksignalen setzt derzeit eine auf eine bestimmte Orbitalposition ausgerichtete Parabolantenne voraus. Der Empfang von Satelliten in unterschiedlichen Orbitalpositionen erfordert in der Regel eine schwenkbare oder eine Mehrzahl unterschiedlich ausgerichteter Parabolantennen. Für verschiedene Satellitenpositionen, insbesondere für ASTRA 19,2° Ost und Hotbird 13° Ost, sind Techniken verfügbar, die den Empfang beider Positionen mit einer einzigen Parabolantenne erlauben. Ob und inwieweit die Notwendigkeit der Ausrichtung der Antennen auf exakte Orbitalpositionen Auswirkungen auf Markstrukturen hat, wird unten erörtert werden14. 2.1.4 Receiver Zur Umsetzung der analogen oder digitalen Signale ist ein Receiver erforderlich. Analoge und digitale Receiver sind nicht kompatibel, das heißt, es ist mit einem analogen Receiver nur der Empfang analoger Programme möglich, entsprechend nur der Empfang digital ausgestrahlter Programme mit einem Digitalreceiver. Die für den digitalen Empfang von Satellitensignalen erforderlichen Receiver werden derzeit in drei prinzipiell unterschiedlichen Varianten eingesetzt. 2.1.4.1 Receiver mit integrierter Conditional-Access-Technologie („embedded“). Diese Variante erlaubt den Empfang der codierten Programme eines einzelnen oder mehrerer Anbieter, die eine jeweils identische Verschlüsselungstechnologie einsetzen. Der Wechsel zwischen mehreren solchen Anbietern erfordert den Wechsel der Smart-Card. Ein Wechsel zu einem Anbieter mit anderer Verschlüsselungstechnologie erfordert einen Wechsel des Receivers oder einen zusätzlichen Receiver. Neben dem Empfang verschlüsselter Programme ist der Empfang der unverschlüsselt ausgestrahlten digitalen Programme möglich. 2.1.4.2 Receiver mit Common-Interface (CI) Diese Receiver verfügen anstelle oder zusätzlich zu einer fest eingebauten Dekodierungstechnik über eine oder mehrere Schnittstellen (in der Regel einen Einschub) für unterschiedliche Conditional-Access-Module (CAM). Die Module müssen zusätzlich erworben werden15 und enthalten die Hard- und Software für ein spezifisches Verschlüsselungsverfahren sowie eine Leseeinrichtung für eine Smart-Card. Der Wechsel zwischen Anbietern, die kein gemeinsames Verschlüsselungsverfahren einsetzen, erfordert den Erwerb eines weiteren Conditional-Access-Moduls sowie einer geeigneten Smart-Card, jedoch nicht den Wechsel des Receivers selbst. Der parallele Empfang unter- 14 S. Kapitel 2.2.4.4 und 6.1. 15 Kosten derzeit ca. 150 Euro mit sinkender Tendenz. 19 schiedlicher Anbieter ist prinzipiell möglich und von der Zahl der verfügbaren CommonInterface-Einschübe abhängig. Auch mit diesen Receivern ist der Empfang unverschlüsselter Programme möglich. 2.1.4.3 Free-To-Air-Receiver (FTA- oder Zapping-Boxen) Diese Receiver verfügen weder über eine integrierte Dekodierungstechnik noch über eine Schnittstelle, über die eine solche verfügbar gemacht werden kann. Diese Receiver dienen ausschließlich dem Empfang unverschlüsselt ausgestrahlter Programme. 2.1.5 Zusatzdienste Die Fähigkeit von Receivern, digitale Zusatzdienste und Applikationen nutzbar zu machen, sind prinzipiell unabhängig von einer eventuellen Codierung und den Decodierungstechnologien. Vielmehr setzt der Zugriff auf Zusatzdienste voraus, dass der Receiver mit geeigneter Hard- und Software ausgerüstet ist, die die angebotenen Applikationen verarbeiten kann. Die Steuerung von Applikationen kann entweder durch eine proprietäre (z.B. betanova der dbox) oder eine standardisierte Technologie (z.B. MHP16) erfolgen. Wird eine proprietäre Lösung eingesetzt, hängt die Möglichkeit des Angebots eigener Applikationen durch dritte Anbieter davon ab, dass der Systeminhaber zumindest einen wesentlichen Teil der Schnittstellen zur Technologie (Application Programming Interface – API) öffentlich oder begrenzt zugänglich macht. Der Rückgriff von Applikationen auf die eingesetzte Verschlüsselungstechnologie ist denkbar, aber nicht notwendig. 2.2 Wirtschaft 2.2.1 Die Satellitenbetreiber Im europäischen Satellitenmarkt sind angesichts ihrer Marktanteile derzeit vor allem die SESAstra und Eutelsat als Anbieter von Transportkapazitäten über Satellit relevant17. Amerikanische Anbieter sind zwar prinzipiell auf dem europäischen Markt präsent, verfügen derzeit aber entweder über keine (Echostar) oder nur über solche Kapazitäten, die nur für einen begrenzten Markt und schon wegen der erforderlichen Paraboldurchmesser nicht für ein nennenswertes DTH-Angebot geeignet sind. Nicht zuletzt hieraus erklärt sich das Interesse der weltweit umsatzstärksten Satellitenanbieter an einer Übernahme von Eutelsat. Anders als ASTRA oder Eutelsat zielen die amerikanischen Unternehmen als Anbieter von Komplettlösungen, auf die Wertschöpfung sowohl im Transportsektor wie auch im Contentbereich. So bewirbt etwa Echostar auch im europäischen Geschäftsumfeld, das derzeit im wesentlichen Empfangstechnik beinhaltet, seine Leistung wie folgt: 16 Das Europäische Parlament geht in seiner Entschließung zu MHP vom 26.9.2002 davon aus, dass derzeit allein MHP die Anforderungen eines offenen Standards im Sinn des Artikel 18 der Rahmenrichtlinie erfüllt, Text der Entschließung: http://sosalla.de/news/mhp.htm, abgerufen am 17.2.2003. 17 Zur Wettbewerbssituation s. auch Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht-Binder, RStV, § 51, Rn. 12, 50. 20 “In the field of satellite communication, EchoStar Communications Corporation is in a league of its own. No other Direct Broadcast Satellite (DBS) provider controls the full chain of both satellite services and products.”18 Insofern bedeutete eine verstärkte Aktivität amerikanischer Satellitenbetreiber im europäischen Markt eine deutliche Verschiebung der Akzente vom Transport zum gebündelten Angebot. 2.2.1.1 Gesellschaftsstrukturen SES-Astra ist eine 100 %-Tochter der Holding SES-Global Aktiengesellschaft. Die Stimmrechte an dieser Gesellschaft sind zu einem Drittel in luxemburgischem Besitz und werden gemeinsam von den drei luxemburgischen Aktieninhabern (Staat, BCEE19, SNCI20) ausgeübt. Rund 10 % der Stimmrechte liegen über Tochtergesellschaften bei der Deutschen Telekom AG, 20 % der Stimmen sind in einem „Voting Trust“ konzentriert, der proportional zum Stimmverhalten der restlichen stimmberechtigten Anteilseigner votiert. Den Rest der Aktien halten Finanzinvestoren, darunter rund 16 % im freien Verkehr. Eutelsat wird seit Mitte 2001 in der Form einer französischen Aktiengesellschaft betrieben, deren Aktien im Wesentlichen von Unternehmen aus dem Telekommunikations- und Medienbereich gehalten werden. Größte Aktionäre waren zunächst France Telecom (23,1 %), Telecom Italia (20,5 %) British Telecom (17,5 %) und die Deutsche Telekom (10,9 %)21. Die Deutsche Telekom AG hatte ihre Anteile Ende 2002 an die italienischen Verlagsgruppe De Agostini s.p.A verkauft22. France Telecom verkaufte seine Anteile im Januar 2003 an die französische Investorengruppe Eurazeo23. Der Jahresumsatz von Eutelsat übersteigt 500 Mio. Euro. Die im Laufe des Jahres 2002 zu beobachtenden Vermutungen über die feindliche Übernahme durch amerikanische Satellitenbetreiber24 haben sich vorerst nicht bestätigt25. Ende Januar 2003 wurde die Aufgabe der Übernahmeabsichten vermeldet26. Eutelsat ist primär Transportdienstleister, verfügt aber neben Anteilen an Hispasat über Beteiligungen an Unternehmen, die als Inhalteanbieter fungieren (11,59 % an der italienischen Sitcom S.p.a.). 18 http://www.echostar-int.com/us/home/profile/echostar/default.asp, abgerufen 17.2.2003 19 Banque et Caisse d’Epargne de l’Etat. 20 Société Nationale de Crédit et d’Investissement. 21 S. Pressemitteilung Eutelsat vom 26.3.2001, abrufbar unter http://www.eutelsat.it/deutsch/pdf/PM%20Eutelsat%20Aufsichtsrat%2026.pdf, abgerufen am 17.2.2003; Meldung Spaceflight now vom 4.7.2001, http://spaceflightnow.com/news/n0107/04eutelsat/, abgerufen am 17.2.2003. 22 Nach einer Pressemitteilung der Deutschen Telekom AG vom 13.12.2002, http://www.dtag.de/dtag/presse/index/0,1014,D,00.html, abgerufen am 17.2.2003. British Telecom hingegen hat derzeit keine Verkaufsabsichten, vgl. http://www.europemedia.net, Meldung v. 31.3.2003. 23 Pressemitteilung von Eurazeo vom 4.2.2003: actualites/pdf/comm_eutelsat_4fev03.pdf, abgerufen am 5.3.2003 24 S. z.B. F.A.Z. vom 9.12.2002, S. 15; Die Welt, Meldung http://www.welt.de/daten/2002/09/10/0910un355649.htx, abgerufen am 17.2.2003. 25 Die Übernahmeabsichten selbst bleiben lt. C.Kullmann, CEO von Intelsat, bestehen: http://www.kagan.com/archive/kagan/2002/12/11/20021211intelsat.shtml, abgerufen am 17.2.2003 26 Meldung Pressetext.at unter http://www.pressetext.at/pte.mc?pte=030124010&phrase=intelsat, abgerufen am 5.3.2003. http://www.eurazeo.com/html/7vom 10.9.2002, 21 2.2.1.2 Positionierung dieser Satellitenanbieter im Markt27 SES und Eutelsat verstehen sich bislang als globale Anbieter von Transportdienstleistungen. Eigene Inhalte wurden in der Vergangenheit lediglich in begrenztem Umfang zur Eigendarstellung verbreitet. Die Gewichtung der Marktanteile der wesentlichen Anbieter von Transportkapazitäten via Satellit im europäischen Markt ist von Land zu Land unterschiedlich. Auf den gesamten europäischen Markt bezogen sind beide Betreiber vergleichbar positioniert. SES-Astra dominiert allerdings das Segment des Satellitendirektempfangs in zunehmendem Maße: 1997 empfingen 70,52 Mio. Haushalte ASTRA-Dienste, darunter 24,78 Mio. Haushalte im Weg des Satellitendirektempfangs. Diese Zahlen stiegen bis 2001 auf 91,32, darunter 33,67 Mio. Haushalte Direct-To-Home28. Im Direktempfang steigt damit der Anteil der Haushalte, die von ASTRA versorgt werden, auf rund 80 % aller DTH-Haushalte. Der Anteil der ausschließlich von verbleibenden Anbietern versorgten Haushalte beträgt 6,9 Mio. Haushalte. Bezogen allein auf digitale Dienste erreicht ASTRA europaweit knapp 83 % der Haushalte29. Wird die Zahl der Gesamthaushalte betrachtet, die mit Satellitendiensten via Kabel oder Satellit erreicht werden, hat Eutelsat eine vergleichbare Position. Eutelsat/Hotbird erreicht rund 93 Mio. europäischer Haushalte, wobei hier vor allem die Versorgung der Breitbandkabelnetze mit Programmen, die über Eutelsat ausgestrahlt werden, eine wesentliche Rolle spielt. Im Direktempfang bleibt Eutelsat deutlich hinter ASTRA zurück: Insgesamt werden rund 45,5 % aller Haushalte erreicht, allerdings unter Einschluss kleinerer Satellitenkopfstationen. Bei der Bewertung der Zahlen muss berücksichtigt werden, dass eine Reihe der DTH-Haushalte sowohl Empfangseinrichtungen für ASTRA wie auch solche für Eutelsat vorhält und beide Anbieter einen beachtlichen Teil der Kabelnetze ebenfalls gemeinsam mit Programmen versorgen. Die genannten, auf Europa insgesamt bezogenen Zahlen haben wegen der hohen Schwankungsbreite in den einzelnen europäischen Staaten lediglich statistische Aussagekraft. Im unmittelbaren Ländervergleich sind erhebliche strukturelle Unterschiede zu verzeichnen, die erhebliche Auswirkungen auf die Bewertung der Marktpositionen der Betreiber haben. Unabhängig von den absoluten Größenordnungen der Satellitenverbreitung teilen sich ASTRA und Eutelsat/Hotbird damit den Markt, wobei ASTRA insbesondere im Bereich des 27 Alle nachstehenden Zahlen sind, soweit nicht auf einzelne Quellen verwiesen wird, konsolidierte Zahlen aus den Veröffentlichungen der Unternehmen und den statistischen Berichten innerhalb der EU; daraus können sich Abweichungen mit mit einzelnen veröffentlichten Werten ergeben. 28 http://www.ses-astra.com/corporate/market-research/eutrends.shtml, zuletzt abgerufen 17.2.2003 29 http://www.ses-astra.com/corporate/market-research/eutrends_d.shtml, abgerufen am 17.2.2003. Nach einer ASTRA-Pressemitteilung vom 7.3.2003 beläuft sich die ASTRA-Reichweite 2002 bei den digitalen Satellitenhaushalten im deutschsprachigen Markt auf insgesamt 2,4 Millionen (96%). 22 Satellitendirektempfangs sowohl im analogen wie im digitalen Bereich dominiert und vor allem im deutschsprachigen Raum eine monopolartige Dominanz erreicht hat30: Verhältnis ASTRA / Eutelsat bei SMATV und DTH 14 12 10 8 Satellit gesamt Mio HH ASTRA 6 Eutelsat 4 2 0 Deutschsprachige Länder Frankreich Spanien Polen Auch das Verhältnis unmittelbaren Direktempfangs zu der Versorgung über Gemeinschaftsantennenanlagen variiert innerhalb Europas erheblich31. Verhältnis SMATV/DTH 10 9 8 7 6 Mio HH SMATV 5 DTH 4 3 2 1 0 Deutschsprachige Länder Frankreich UK Spanien Polen 30 Der Umstand, dass ASTRA und Eutelsat/Hotbird insgesamt mehr als 100% der Haushalte abdecken, folgt aus der Tatsache, dass ein Teil der Haushalte – vor allem derjenige, der über Gemeinschaftsantennenanlagen versorgt wird – sowohl ASTRA wie auch Eutelsat empfangen können. 31 Deutschsprachige Länder beinhaltet Deutschland, Österreich und die Schweiz. 23 Dies verdeutlicht, dass bei der Beurteilung zukünftiger Marktentwicklungen nicht allein der Einzelhaushalt betrachtet werden darf, sondern auch die Entwicklungen im Bereich der Gemeinschaftsantennenanlagen, die zum Teil kommunale Anlagen sind, eine wesentliche Rolle spielen. 2.2.1.3 Entwicklung der Angebotsstruktur Das Portfolio der Satellitenanbieter unterliegt vor allem im Hinblick auf gesteigerte Anforderungen und Erwartungen im Multimediasektor bereits heute deutlichen Veränderungen. Insbesondere wird neben den DVB-basierten Angeboten der Bereich von IP-basierten Diensten aufgebaut. Während SES-ASTRA im klassischen Rundfunkbereich seine konventionelle Strategie als Transportdienstleister in den Vordergrund stellt, kündigt SES für multimediale Dienste das Broadband Interactive System (BBI) an, das ausdrücklich als offene und neutrale Technologie-Plattform für Anwendungen beworben wird, die auf dem IP-Protokoll basieren. Das System erlaubt die breitbandige Übertragung von Daten und ist demnach für Audio- und VideoStreaming geeignet, wobei derzeit lediglich die Übertragung fertig konfektionierter Ton- und Bilddaten beschrieben wird. Eutelsat, das im Bereich des Transports multimedialer Daten ein ähnliches Angebot vorhält, betont demgegenüber auch im konventionellen – digitalen – Rundfunk den Dienstleistungscharakter des Unternehmens deutlich. Mit „visAvision“ wird für den europäischen Markt ein Geschäftsmodell angeboten, das von Eutelsat selbst als „erste unabhängige und voll integrierte digitale Plattform für Kabelnetze in Europa“ beschrieben wird32. Eutelsat beschreibt sein Produkt wie folgt: „Eutelsat übernimmt im Sinne einer „One-Stop“-Lösung die – umfassende Klärung aller lizenz- und medienrechtlichen Fragen, – Verschlüsselung mit einem sicheren und gut eingeführten Crypto-Verfahren, – preisgünstige Signalübernahme an der Kabelkopfstelle, – zielgruppenorientierte Vermarktungsunterstützung, – (geringes Investitionsrisiko für den Netzbetreiber) und – internet-basierte Verwaltung der Abonnenten.“ Die Verwaltung der Abonnenten setzt nach diesem Geschäftsmodell nicht voraus, dass Eutelsat als technischem Dienstleister die Identität der Endkunden bekannt ist. Lediglich die Zahl der Endkunden als Abrechnungsbasis ist Gegenstand der zwischen Eutelsat und dem Kabelnetzbetreiber bestehenden rechtlichen Beziehungen. Zugleich betritt Eutelsat mit diesem Angebot, das auf den deutschsprachigen Markt und den Benelux-Markt zielt, erstmals das Gebiet der inhaltlichen Steuerung von Angeboten. Die Programme – derzeit 19, im Jahre 2003 sind 36 Kanäle geplant – werden von Eutelsat gebündelt und den Kabelnetzbetreibern über zwei digitale Programmströme in derzeit sechs Paketen angeboten. Eutelsat setzt zur Verschlüsselung dieses Programmangebots „Nagravision“ ein. Auffallend ist, dass in der Kommunikation dieser Verschlüsselungstechnik zwar darauf hingewiesen wird, dass CI-Module für Set-Top-Boxen mit Common-Interface über Eutelsat zu beziehen 32 http://www.eutelsat.com/deutsch/1_2.html, abgerufen am 17.2.2003. 24 sind, in der Gesamtkommunikation jedoch Boxen mit fest eingebauten „Nagravision“-Units der Vorzug gegeben wird. Nagravision selbst bewirbt sein System als offenes ConditionalAccess-System33. Ein wesentlicher Aspekt der Marktkommunikation ist sowohl für SES-Astra wie für Eutelsat die volle Kompatibilität mit offenen Standards. 2.2.2 Funktion des Satellitenempfangs Die Verbreitung von Rundfunksignalen via Satellit kann funktional in dreierlei Hinsicht unterschieden werden: • der Satellit als Medium der verschlüsselten oder unverschlüsselten Zuführung von Rundfunksignalen in Kabelanlagen und Gemeinschaftsantennenanlagen (SMA TV), • der Satellit als Medium zum Direktempfang unverschlüsselter Programme, • der Satellit als Medium zur direkten Distribution verschlüsselter Programme. Die genannten Funktionen werden, wie oben dargestellt, in den europäischen Ländern unterschiedlich genutzt: Während in Deutschland die Satellitenverbreitung alle drei funktionalen Aspekte bedient, stellt der Satellitendirektempfang in den Ländern Belgien und Niederlande angesichts der nahezu vollständigen Versorgung via Kabel eine untergeordnete Programmzugangsquelle dar. Insofern ist Satellitenverbreitung dort nur für die Zuführung von Programmen in Kabelanlagen von Bedeutung. Die Verbreitung von Pay-TV-Programmen erfolgt ebenfalls über das Breitbandkabelnnetz, wobei die Zuführung der Programme in die Kabelnetze zum Teil verschlüsselt über Satellit erfolgt. Demgegenüber ist in anderen Ländern, etwa Spanien, Großbritannien, Frankreich oder Portugal, die Satellitenausstrahlung nicht primär als Medium für den Direktempfang unverschlüsselter Programme am Markt etabliert. Zwar werden etwa für den französischen Markt über ASTRA acht frei empfangbare analoge und digitale Programme ausgestrahlt, die insgesamt jedoch nur über eine geringe Gesamtreichweite verfügen und damit dem Markt für frei empfangbare Satellitenprogramme keine Impulse geben können. Die reichweitenstarken freien Programme wie TF1, FR2 oder FR3 werden zwar digital über Satellit verbreitet, sind dort jedoch verschlüsselt und ergänzen die Pakete der Pay-TV-Anbieter. Daraus resultiert für diese Länder zwar ein innovativer Satellitenmarkt, der allerdings – anders als in Deutschland – auf der verschlüsselten Ausstrahlung digitaler Programme basiert. 2.2.3 Europäische Rundfunkmärkte – Ausgangslage und Überblick Während die technische Empfangssituation in den europäischen Ländern prinzipiell vergleichbar ist, sind die Rundfunkmärkte innerhalb Europas äußerst heterogen. Insbesondere der Rundfunkmarkt im deutschen Sprachraum weist gegenüber anderen europäischen Märkten Besonderheiten auf, die der Erörterung bedürfen. 33 http://www.nagravision.com/pages/cas.htm, abgerufen am 17.2.2003. 25 Bereits die Untersuchung der dominierenden Verbreitungstechnologien verdeutlicht die unterschiedliche Ausgangslage für die Entwicklung des Satellitenmarktes in Europa: Verbreitungsw ege für Rundfunk 21 18 Mio Haushalte 15 12 Terrestrik 9 Kabel Sat gesamt 6 3 0 Polen Griechenland Spanien UK Frankreich Belgien Schweiz Österreich Deutschland Es ist zu erkennen, dass sich hinsichtlich der dominierenden Verbreitungswege derzeit drei grundlegende Varianten finden: • Dominanz der Terrestrik, • Dominanz des Kabels, • Mischformen zwischen Satellit und Kabel bei tendenziell geringerer Bedeutung der Terrestrik. 2.2.3.1 Terrestrik In den meisten europäischen Ländern hat die terrestrische Übertragung von Fernsehsignalen auch heute noch eine entscheidende Bedeutung. Dabei handelt es sich vor allem um diejenigen Länder, in denen wenige frei verfügbare Programme in der Sprache des Landes angeboten werden und Vielfalt darüber hinaus fast ausschließlich über die Anbieter von Pay-TV hergestellt wird. 2.2.3.2 Kabel Vor allem in den Beneluxländern ist eine im europäischen Vergleich außergewöhnlich hohe Kabelanschlussdichte zu verzeichnen. Dort werden zwischen ca. 80 bis 95 % der Haushalte über das Breitbandkabelnetz versorgt, während die terrestrische Versorgung rund 2 % der Haushalte erreicht und rund 5 % (Belgien, Niederlande) bzw. 19 % (Luxemburg) der Haushalte ihr Fernsehprogramm via Satellit beziehen. Dies hat zur Folge, dass auch prinzipiell frei empfangbare Programme verschlüsselt über Satellit ausgestrahlt und den Kabelnetzen zugeführt werden können. Mithin bietet der Satellitendirektempfang in diesen Ländern keine ver26 gleichbare Vielfalt, so dass dieser Transportweg zumindest in Belgien und den Niederlanden derzeit praktisch keine Rolle spielt. Die Situation in Luxemburg ist tendenziell ähnlich, wobei der höhere Anteil an Satellitendirektempfangsanlagen nicht entscheidend auf technische Infrastrukturunterschiede, sondern primär auf die besondere politische und geografische Situation zurückzuführen sein dürfte. 2.2.3.3 Mischform Die Mischformen finden sich vor allem dort, wo verhältnismäßig viele frei empfangbare Programme in der Landessprache verfügbar sind. Hier haben sich mit Blick auf die relativ hohe Vielfalt via Kabel und Satellit die analogen terrestrischen Empfangsstrukturen deutlich zurückentwickelt, während Kabel und Satellit im Vergleich zu Ländern mit geringer freier Vielfalt deutlich höhere Anteile erwerben konnten. Ob und inwieweit sich durch die Einführung digitaler Terrestrik (DVB-T) die Anteile verschieben, ist heute noch nicht absehbar. Der Erfolg von DVB-T als alternativer Transportweg dürfte im Wesentlichen bestimmt werden durch die Zusammenstellung der Programmpakete innerhalb der nur begrenzt verfügbaren Kapazitäten. Auf eine gewisse Abhängigkeit der Entwicklung bestimmter Vertriebswege von der Struktur der Programmangebote lässt sich auch bei einem Vergleich der Entwicklung der analogen und der digitalen Empfangstechnik schließen: Analoger und digitaler Satellitenempang in ausgewählten europäischen Ländern 12 10 8 Mio HH 6 SAT analog SAT digital 4 2 0 De uts chl and Öst err eic h Sc hw eiz Fra nkr eic h UK Sp ani en Pol en 27 Dort, wo eine hohe Zahl frei empfangbarer Programme im Bereich des analogen Satelliten verfügbar ist, überwiegt dieser Verbreitungsweg deutlich. Satellitenprogram m e im Vergleich 100 90 80 70 60 analog f r ei analog ver sch 50 digit al f r ei digit al ver sch 40 30 20 10 0 Deut schland Fr ankr eich UK Spanien Der Anteil digitaler Satellitenhaushalte in Europa steigt signifikant; der analoge Empfang überwiegt jedoch nach wie vor: 1997 waren es 1,94 Mio. Haushalte, die Fernsehen via digitalen Satelliten empfingen, dabei nahezu ausschließlich als Pay TV. 2001 sind es insgesamt 16,8 Mio. Haushalte, davon 14,34 Mio. als Pay TV und 2,54 Mio. Haushalte als Free TV. Bedeutsam ist die Steigerung der Empfangseinrichtungen für digitales Free-TV von 2000 auf 2001, die immerhin 1,2 Mio. Haushalte betrug und damit in absoluten Zahlen fast die Hälfte der Steigerung von Pay-TV-Empfängern erreichte. Dies kann einen Hinweis darauf geben, dass die Annahme, allein Pay-TV befördere die digitale Entwicklung, zumindest genauerer Analyse bedarf. Zugleich sinkt in dieser Zeit die Zahl analoger Satellitenhaushalte von 26,8 Mio. auf 23,7 Mio. Haushalte. Damit wird die Tendenz zur Digitalisierung auch im Satellitenmarkt deutlich. Schließlich bedarf die Situation der öffentlich-rechtlichen Programme bei digitaler Satellitenausstrahlung beispielhaft der Erwähnung: Öffentlich-rechtliche Programme werden in den meisten europäischen Staaten mittlerweile digital verbreitet34. In Deutschland (ARD und ZDF) sowie in Italien (RAI) werden diese Programme unverschlüsselt ausgestrahlt. In Frankreich sind FR2 und FR3 verschlüsselt und lediglich zusammen mit dem Abonnement eines Pay-TV-Anbieters erhältlich. In Österreich sind ORF1 und ORF2 einschließlich seiner regionalen Programme verschlüsselt. Smart-Cards 34 Zu den erstmals für das Digitalfernsehen ermittelten Zuschauerquoten epd medien Nr. 10 vom 8.2.2003. 28 zur Entschlüsselung dieser Programme sind außerhalb der territorialen Grenzen der jeweiligen Länder unter Hinweis auf die Urheberrechtslage nicht erhältlich. Eine Besonderheit hat die SRG in der Schweiz verwirklicht: Die digitalen Programme der SRG werden verschlüsselt ausgestrahlt. Gegen eine einmalige Pauschale und eine Jahresgebühr können allerdings Schweizer Bürger, die außerhalb der Schweiz wohnen, die erforderlichen Smart-Cards erwerben. Die europäischen Veranstalter nutzen digitales Satellitenfernsehen in unterschiedlicher Weise. Die Angebote der Pay-TV-Veranstalter werden nahezu ausschließlich digital verschlüsselt ausgestrahlt. Außerhalb Deutschlands bedient sich auch eine große Zahl sowohl privater wie öffentlich-rechtlicher Free-TV-Veranstalter der verschlüsselten digitalen Übertragung. Lediglich die für den deutschen Markt bestimmten Free-TV-Programme werden bislang unverschlüsselt über digitale Satelliten verbreitet. Einen lediglich beispielhaften Eindruck von der Angebotssituation in Europa, den unterschiedlichen eingesetzten Verschlüsselungsverfahren und der Frage, welche Programme außerhalb der nationalen Grenzen legal abonniert werden können, vermittelt auszugsweise folgende Tabelle: 29 Exemplarische Darstellung der Verschlüsselungssituation in div. europäischen Ländern35 Land Veranstalter P/ÖR Cod.-Verfahren Satellit Dänemark DR 1/236 P Conax/Viaccess Intelsat707 ja Deutschland Premiere P Wella TV B Betacrypt, ab Herbst 2003 Astra Nagravision Conax Hotbird Frankreich Canal Satéllite Digital P Seca/Viaccess Astra AB Sat P Viaccess/Seca Hotbird TPS P Viaccess/Seca Hotbird P Irdeto2 Hotbird unverschlüsselt Hotbird Griechenland Nova OTE Italien Niederlande Int.Abo - Telepiú Digitale P Seca/Videoguard Hotbird Stream TV P Irdeto/Videoguard/Seca Hotbird RAI unverschlüsselt Hotbird - Mediaset unverschlüsselt Hotbird - CanaalDigital P Irdeto/Mediaguard/Seca Astra RTL4/5/Veronica F Seca/Irdeto Astra N/Adresse Nederland1/3 TV2 F/ÖR Seca/Irdeto Astra N/Adresse TW1 F unverschlüsselt Astra - ORF1/2 ÖR Astra Nowa Cyfra+ P Betacrypt, ab 4/2003 Cryptoworks Seca/Cryptoworks Polsat Cyfrowy P Nagravision Hotbird Russland NTV P Viaccess Hotbird Schweiz Teleclub P Betacrypt Spanien Canal Satélite Digital P Seca Kopernikus/ Astra Astra Via Digital P Nagravision Hispasat SRG F/ÖR Viaccess Hotbird RTL Schweiz F Cryptoworks Hotbird BSkyB P Videoguard Astra 28,2 ja BBC Prime ÖR Viaccess Hotbird BBC P/ÖR Videoguard Österreich Polen Schweiz UK Hotbird ja Pass ja Astra 28,2 ja 35 Vgl. auch die Übersicht in: „Rechtlicher Schutz elektronischer Bezahldienste“, Bericht der Kommission über die Umsetzung der Richtlinie 98/84/EG, KOM(2003) 198 endg., v. 24.4.2003, S. 5. 36 http://www.dr.dk/omdr/teknik/satellit/index.htm 30 2.2.4 Der Vergleich ausgewählter Länder im Einzelnen Im Folgenden wird die Situation in Ländern beschrieben, für die die Vermutung bestand, dass ihre Marktsituation insgesamt einen Überblick über die Vielfalt der Entwicklungen ermöglicht. Für sie wird unten auch die regulatorische Situation dargestellt.37 2.2.4.1 Schweiz Die analoge Rundfunkübertragung in der Schweiz erfolgt derzeit hauptsächlich über den Übertragungsweg Kabel. Rund 2,4 Mio. oder über 90 % aller Schweizer Fernsehhaushalte (entspricht ca. 86 % aller Haushalte) sind an das Kabelnetz angeschlossen. Neben Cablecom mit einem Marktanteil von 50 % am Schweizer Kabelfernseh-Markt gibt es nur noch wenige Gesellschaften, die jeweils mehr als 20.000 Anschlüsse versorgen. Über 200 weitere kleine und mittelgroße Betriebe versorgen durchschnittlich noch je ca. 3.000 bis 4.000 Haushalte38. Durchschnittlich werden heute ca. 40 analoge TV-Progamme und 30 UKW-RadioProgramme angeboten. Dazu kommen noch einige digitale Radio-Programme39. Dagegen befindet sich die digitale Verbreitung von Fernsehprogrammen in der Schweiz zurzeit noch im Anfangsstadium40. Lediglich die Programme der SRF werden seit kurzem digital verschlüsselt über Eutelsats Hotbird verbreitet. Ausschließlich im digitalen Kabelnetz der Schweiz aktiv sind insbesondere die Kabel-Plattform „Swissfun“ vom Verband Swisscable und der ebenfalls ausschließlich über Kabel verbreitete Pay-TV-Sender „Teleclub“41. Swissfun ist eine digitale Radio- und TV-Plattform der schweizerischen Kabelnetzbetreiber mit 30 Fernseh- und 20 Radioprogrammen, die über eine eigene Set-Top-Box empfangen werden können. Der Teleclub ist ein Pay-TV-Programm und strahlt seit dem 1. Mai 2002 ein digitales Programmpaket aus. Kunden von Teleclub, die Satellitenempfang realisieren wollen, werden auf Premiere analog verwiesen42. Auf dem Receivermarkt sind zurzeit zwei verschiedene veranstaltereigene Set-Top-Boxen der beiden Programmanbieter Cablecom und Teleclub erhältlich. • Teleclub bietet seinen Kunden neben einem Basispaket auch Zusatzpakete wie Sport oder Specials zu einem zusätzlichen Abonnementspreis an. Die Mindestvertragsdauer für ein Basispaket beträgt ein Jahr, für ein Zusatzpaket jeweils drei Monate. Nachdem der schweizerische Bundesrat in einer Entscheidung vom 5. Juni 2001 eine proprietäre SetTop-Box der Teleclub AG verboten und einen offenen Standard gefordert hatte, stellt Te- 37 S. Kap. 3.4. 38 Küng/Eberhart, Rechtsgrundlagen von Kabelnetzen, S. 41. 39 Weber/Dörr, Digitale Verbreitung von Rundfunkprogrammen, S. 110. 40 Weber/Dörr, Digitale Verbreitung von Rundfunkprogrammen, S. 112. 41 In ihrer Pressemitteilung vom 18.12.2002 teilt die Teleclub AG mit, dass nunmehr ihr digitales Fernsehprogrammangebot mit 10 Kanälen in sämtlichen Kabelnetzen der Cablecom in der deutschen Schweiz aufgeschaltet ist. Abrufbar unter http://www.teleclub.ch/index.cfm?vDom=3&vRub=303&vID=211&vLevelID=0&vChannelID=0, abgerufen am 1.4.2003. 42 S. http://www.teleclub.ch/index.cfm?vDom=3&vRub=375&vID=163&vLevelID=0&vChannelID=0, abgerufen am 7.11.2002. Seit dem 1.3.2003 sendet Premiere ausschließlich digital. 31 leclub heute seinen Kunden die Set-Top-Box während der Vertragsdauer unentgeltlich zur Verfügung43. • Cablecom bietet seinen Kunden eine Set-Top-Box im Rahmen des Branchenverbands Swisscable zur Miete oder zum Kauf an, die nach der Philosophie von Cablecom ebenfalls eine offene Architektur aufweisen soll44. Swissfun wird mit NagraVision verschlüsselt. Verschiedene Programmpakete können einzeln oder zusammen in Anspruch genommen werden. Die Mindestvertragsdauer beträgt sechs Monate45. Um den Einsatz der Set-Top-Boxen herrscht zur Zeit heftiger Streit. Cablecom als größter Kabelnetzbetreiber in der Schweiz weigert sich, das digitale Teleclub-Angebot im Kabelnetz weiterzuverbreiten und fordert von Teleclub die Integration seines gesamten Angebots in die digitale TV-Plattform Swissfun (notabene mit eigener Set-Top-Box). Teleclub seinerseits stellt sich auf den Standpunkt, dass Swissfun-Kunden dieses Programm auch über die Teleclub-eigene Set-Top-Box empfangen könnten, da Teleclub diesen Kunden ein entsprechendes CA-Modul gratis zur Verfügung stelle. Mit ihrer Entscheidung vom 23.9.2002 verpflichtete die Wettbewerbskommission den Kabelnetzbetreiber Cablecom, die digitalen Fernsehsignale des Programmveranstalters Teleclub AG einzuspeisen. Eine Beschwerde der Cablecom wies die Rekurskommission für Wettbewerbsfragen am 29.10.2002 ab. Cablecom erklärte sich daraufhin bereit, den behördlichen Anordnungen Folge zu leisten und das digitale TeleclubProgramm einzuspeisen, behält sich aber vor, Rechtsmittel beim Bundesgericht einzulegen46. 2.2.4.2 Österreich In Österreich wird von 3 Mio. Fernsehhaushalten ausgegangen47. 39,5 % der Fernsehhaushalte haben Anschluss ans Kabelnetz, 45,1 % der Fernsehhaushalte eine Satellitenanlage, der restliche Teil (17,5 %) empfängt Fernsehen auf terrestrischem Weg. Der österreichische Rundfunkmarkt wird von den Radio- und Fernsehprogrammen des öffentlich-rechtlichen ORF sowie einigen privaten Rundfunkveranstaltern geprägt. Neben diesen über terrestrische Sendernetze verbreiteten Programmen ist auch die Einstrahlung von ausländischen TV-Programmen über Satelliten bzw. die Verteilung in Kabelnetzen als Teil des Rundfunkmarkts zu sehen. So können 80 % der österreichischen Haushalte mit Kabelanschluss oder Satellitenantenne die 43 S. http://www.teleclub.ch/index.cfm?vDom=3&vRub=370&vID=177&vLevelID=0&vChannelID=0. 44 S. http://www.swissfun.ch unter dem Menüpunkt Swissfun==>Philosophie, abgerufen am 7.11.2002 45 S. dazu http://www.swissfun.ch. 46 Hintergrund der Entscheidungen ist, dass die Cablecom den größten Anteil der Teleclub-Abonnenten in der deutschsprachigen Schweiz mit analogen Teleclub-Programmen versorgt, sich aber bisher weigerte, die digitalen Fernsehsignale der Teleclub AG einzuspeisen. Sie erklärte sich nur bereit, das digitale Programmangebot über die Cablecom-eigene SwissFun-Plattform unter Verwendung der zugehörigen SwissFunDekoder zu verbreiten. Die Wettbewerbskommission war der Auffassung, dass die Cablecom durch ihr Verhalten mit großer Wahrscheinlichkeit ihre marktbeherrschende Stellung missbrauche, indem sie Unternehmen diskriminiere, die zu ihrem eigenen Abonnementfernsehen im Wettbewerb stünden. Die aufschiebende Wirkung etwaiger Beschwerden schloss die Wettbewerbskommission aus, da für die Beseitigung dieses Wettbewerbshindernisses besondere Dringlichkeit geboten sei. Die Bevorzugung des eigenen Cablecom-Produktes habe aufgrund der Dynamik des Marktes für digitales Pay-TV weitreichende Folgen für dessen künftige Struktur. Mit Entscheidung vom 20.3.2003 wies die Rekurskommission die Beschwerde als unbegründet ab, abrufbar unter http://www.reko.admin.ch/Files/FB20025.pdf, abgerufen am 1.4.2003. 47 Dem Statistischen Jahrbuch 2002 der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle (EAI) in Straßburg lassen sich für das Jahr 2001 folgende Zahlen entnehmen: Anzahl der gesamten Fernsehhaushalte = 3,2 Mio.; angeschlossene Kabelhaushalte = 1,1 Mio.; Anzahl der Satelliten-TV-Haushalte = 1,4 Mio., s. Statistisches Jahrbuch 2002, Band 2, S. 33. 32 deutschen Programme empfangen. Schließlich werden zahlreiche TV-Programme in kleineren und größeren Kabelnetzen (meist bei eingeschränkter Aktualität) angeboten. Der Kabelmarkt in Österreich ist – anders als in Deutschland – sehr zersplittert. 1,2 Mio. Haushalte sind an ein Kabelnetz angeschlossen, aber es gibt 250 Kabelanbieter. Da viele nur regional operieren, haben nur 100 von ihnen mehr als 500 Kunden. Überwiegend sind Transport- und Inhalteanbieter getrennt. Die Telekabel Austria beispielsweise, wohl der wichtigste Kabelanbieter, trifft lediglich die Auswahl, welche Sender ins Kabelnetz eingespeist werden und in welchen Gebieten zu sehen sind. Eigene Programme gibt es von ihr nicht. Die kleinen Anbieter regionaler Kabelnetze machen dem gegenüber oft selbst Programm. Lange Zeit stand österreichisches Fernsehen unter dem Monopol des ORF, der durch ein Gesetz aus dem Jahr 1974 als alleiniger österreichischer Rundfunkveranstalter benannt wurde. Eine erste Öffnung erfuhr der Fernsehmarkt in Österreich durch das Kabel- und Satellitenrundfunkgesetz vom 20. März 199748. Danach war es österreichischen privaten Rundfunkveranstaltern erstmals erlaubt, über Kabel oder Satellit eigene Programme in Österreich auszustrahlen. Größter österreichischer Anbieter war der Sender Austria-TV (ATV)49, der sein Programm in einen Großteil der österreichischen Kabelnetze einspeist und mittlerweile laut eigenen Angaben über eine technische Reichweite von rund 1 Mio. Fernsehhaushalten verfügt. Er erzielt derzeit einen Marktanteil zwischen 2 % und 2,5 %. Deutsche Privat-Fernsehsender wie RTL und SAT 1 hatten bereits 1996 begonnen, im Kabelnetz Werbefenster für den österreichischen Markt zu platzieren, andere Sender wie Pro7 folgten später nach. Eigens für Österreich bestimmte Programmangebote werden von den deutschen Fernsehsendern jedoch nicht verbreitet. Privates terrestrisches Fernsehen hingegen existierte in Österreich aufgrund rechtlicher Unklarheiten lange Zeit nicht. Erst mit Erlass des Privatfernsehgesetzes vom 5. Juli 200150, in das auch die Bestimmungen des Kabel- und Satellitenrundfunkgesetzes integriert wurden, ist die Zulassung einer bundesweiten Frequenz und von Ballungsgebietssendern vorgesehen. In den Ballungsräumen Wien, Linz und Salzburg wird nicht-bundesweites Privatfernsehen durch Frequenz-Splitting ermöglicht. Dafür werden Frequenzen genutzt, die bisher ausschließlich dem ORF zur Verfügung standen. Der ORF muss nunmehr privaten Veranstaltern in diesen regionalen Gebieten eine zeitweise Nutzung seiner dortigen Frequenzen erlauben. Am 1. Februar 2002 erhielt ATV von der ebenfalls durch das Privatfernsehgesetz neu gegründeten Regulierungsbehörde „KommAustria“ die erste Lizenz (Zulassung) für bundesweit terrestrisch verbreitetes Privatfernsehen. Österreichweit sind neben ATV und den über Kabel oder Satellit verbreiteten ausländischen Programmen zwei Programme des ORF zu empfangen, ORF 1 und ORF 2 – wobei es neun Regionalfenster für die Sendung „Bundesland heute“ gibt. 1999 lag der ORF mit seinen Programmen in Haushalten mit Kabel und/oder Satellitenanlage bei 48 % Marktanteil. Seit dem Start des digitalen ORF-Satellitenangebotes im August 2000 nutzen rund 100.000 Österreicherinnen und Österreicher den Zugang über ASTRA 1G. Mit der Abstrahlung des komplet- 48 Kabel- und Satelliten-Rundfunkgesetz, BGBl. I Nr. 42/1997 idF BGBl. I Nr. 49/2000 (geändert durch BGBl I Nr. 194/1999, BGBl. I Nr. 49/2000 und Bundesgesetz BGBl. I Nr. 32/2001), außer Kraft seit 1.8.2001. Zum Urteil des EGMR vom 24.11.1993, Nr. 36/1992/381/455-459, EuGRZ 1994, 549, 550 – Informationsverein Lentia s. Kap. 3.1.1. 49 A-TV ging aus dem Wiener Sender Wien1 hervor und gehört zur Unternehmensgruppe des Filmhändlers Herbert Kloiber. 50 Bundesgesetz, mit dem Bestimmungen für privates Fernsehen erlassen werden (Privatfernsehgesetz – PrTVG), BGBl. I Nr. 84 v. 31.7.2001. 33 ten Programmangebots (ORF 1, ORF 2, TW 1 und alle Radioprogramme) hat der ORF die letzten Versorgungslücken geschlossen. Digitales Fernsehen in Österreich wird derzeit ausschließlich über Satellit und Kabel verbreitet51. Über Satellit können die Hörfunk- und Fernsehprogramme des ORF mit einer digitalen Satellitenempfangsanlage, einer Set-Top-Box und einer Smartcard zur Entschlüsselung seit August 2000 auch digital empfangen werden. Mehr als 100.000 digitale Satellitenboxen sind bereits im Einsatz. Binnen 18 Monaten wurden von der Bestell- und Infohotline, die der ORF für sein digitales Angebot eingerichtet hat, mehr als 100.000 Smart-Cards für den Empfang von ORF DIGITAL freigeschaltet. Die Freischaltung und Administration der Karten sowie das Multiplexing der Programme und das Überspielen des digitalen Datenstroms an den Satelliten ASTRA 1G erfolgen im Wiener ORF-Zentrum. Das digitale Angebot des ORF beinhaltet heute die beiden ORF-Fernsehprogramme ORF1 und ORF2, sowie den digitalen Spartenkanal TW1 und den ORF Teletext. ORF DIGITAL wird aus urheberrechtlichen Gründen verschlüsselt ausgestrahlt, um die Empfangbarkeit auf das Lizenzgebiet Österreich bzw. Südtirol zu beschränken52. Der ORF hat sich dabei für das Verschlüsselungsverfahren BetaCrypt entschieden, so dass der Empfang der digitalen Satelliten-Programme und Zusatzdienste nur unter Verwendung eines digitalen Satelliten-Receivers, der über ein BetaCrypt verfügt, möglich ist. Praktisch bedeutet dies, dass die Zuschauer von ORF auf die d-box angewiesen sind, solange BetaCrypt nicht auf ein CA-Modul ausgelagert werden kann, das die Common Interfaces anderer Boxen nutzbar macht. Im UPC-Kabelnetz „Telekabel Austria“, das zum 31. März 2002 insgesamt ca. 920.000 Haushalte erreichte, werden ausschließlich Pay-TV Dienste angeboten. Die Anzahl der BasisTV-Abonnenten beträgt österreichweit rund 498.400. Hinzu kommen rund 142.600 Teilnehmer im Bereich Telefondienste, rund 152.500 Breitband Internet-Abonnenten und rund 10.100 UPC Digital-Abonnenten53. Das Angebot von UPC Digital beinhaltet 50 digitale Programme, einen Pay-per-View-Dienst, 40 Musikkanäle, interaktives Fernsehen und einen EMail-Dienst54. Gegen eine Kaution von 70 Euro erhalten die Kunden von UPC DIGITAL einen sogenannten „Set-Top-Computer“, mit dem sie das digitale Angebot empfangen können. Ein weiteres digitales Angebot, das in Österreich von ungefähr 150.000 Kunden abonniert wird, ist das digitale Paket Premiere Austria des deutschen Pay-TV Senders Premiere55. Der Empfang von Premiere ist zur Zeit in Österreich per Kabelanschluss56 oder Satellitenempfang möglich. Zur Entschlüsselung des Premiere-Programms benötigt der Premiere-Abonnent einen Digital-Receiver, den er entweder zum Preis von 7,50 Euro monatlich mieten oder kaufen kann. Die Mehrzahl der österreichischen Fernsehzuschauer von Premiere abonnieren mehrere Pakete; kaum 5 % abonnieren ein einzelnes Paket. Die Entscheidung des ORF, die d-Box als Dekoder für seine digitalen Dienste zu verwenden, festigte die marktbeherrschende Stellung dieser Dekoder-Variante. Grundsätzlich wollte der 51 Anzahl der digitalen Haushalte insgesamt = 180.000 (5,6% der Gesamthaushalte), davon 5.000 über Kabel und 175.000 über Satellit, s. Statistisches Jahrbuch der EAI 2002, Band 2, S. 41. 52 Zu urheberrechtlichen Problemen Kap. 3.3.5. 53 Die Zahlen stammen von UPC, s. http://www.upc.at/presse/ueberupc.shtml. 54 Abrufbar unter http://www.telekabel.at/dienst/digital/fragen/f_0000000511.shtml. 55 epd medien Nr. 12 vom 15.2.2003, S. 23. 56 Premiere World wird derzeit über Kabel von 144 der insgesamt 250 Kabelnetzbetreiber an die Kunden vermittelt. 34 ORF der deutschen Entwicklung folgen und fasste daher die d-Box ins Auge. Die Verhandlungen scheiterten 1998 aber an der Forderung der Kirch-Gruppe, die mehr als 1,5 Millionen Euro pro Jahr als Lizenzentgelt verlangte. Die ersten Tests für digitalen Satelliten-Empfang von ORF1 und ORF2 wurden daher mit der Alternative CRYPTOWORKS ENCRYPTION57 gemacht. Im Februar 2000 einigte sich der ORF schließlich doch noch mit der KirchGruppe auf eine Lizenzierung der d-Box und den Einsatz der Verschlüsslung Betacrypt. Zu diesem Zeitpunkt setzten bereits 50.000 Abonnement-Kunden von Premiere in Österreich die d-Box ein. Die Diskussion, ob man die Ausgestaltung der digitalen Dekoder einfach dem freien Spiel des Markts und der Medienkonzerne überlassen soll, begann in Österreich etwas später als in Deutschland. In der öffentlichen Meinung wird durchaus die Gefahr gesehen, dass proprietäre Lösungen wie die d-Box den Erfolgszug des digitalen satellitengestützten Fernsehens behindern könnten. In den Printmedien (die aber ebenso eine große Konzentration bei so starker Beteiligung deutscher Medienkonzerne aufweisen)58 wird daher ein vom Staat vorgeschriebener Mindeststandard für Schnittstellen und Interface favorisiert. Nach einer Schätzung des Fachmagazins Set-Top-Box sehen über 100.000 Haushalte in Deutschland ORF 1 über Satellit. Dies ist entweder mit einer aus Österreich besorgten Originalkarte möglich oder mit einer illegalen Smart-Card. Set-Top-Box.de gab an, dass diese Karten mittlerweile bei fast allen wichtigen Sat-Händlern gegen ca. 50 Mark erhältlich seien. Der Seher benötigt dann nur noch die illegale Software zur Freischaltung, die meist aus dem Internet besorgt wird59. Die Kirch-Gruppe versuchte mehrfach, durch Änderungen in ihrem Codierungssystem Betacrypt diesen Missbrauch zu unterbinden. Doch bereits nach wenigen Tagen fanden sich aktuelle Updates im Internet. Der ORF verließ sich in Verschlüsselungsfragen bisher auf die KirchGruppe. Der genannten Schätzung zufolge sehen also mehr Deutsche die ORF-Programme über Satellit als Österreicher. Ab April 2003 wird der ORF sein digitales Satelliten-TV-Angebot mit dem System Philips CryptoWorks ausstrahlen. Bis Ende 2003 wird Betacrypt1 parallel weiter verwendet, so dass für bisherige Kunden der Betrieb so lange gesichert ist. Allerdings werden keine weiteren Karten für Betacrypt1 mehr hergestellt60. 2.2.4.3 Frankreich In Frankreich gibt es insgesamt 22,7 (94,6 % der gesamten französischen Haushalte) Mio. TV-Haushalte. 7,2 Mio. Haushalte sind an das Kabelnetz anschließbar, 5,8 Mio. hiervon an das digitalisierte Kabelnetz. Tatsächlich empfangen 2,8 (12,6 %) Mio. der Kabelhaushalte Fernsehen auf diesem Weg, 11,2 % von ihnen empfangen analoge und 1,4 % digitale Fernsehdienste. Über Satellit empfangen 2,36 Mio. Haushalte (10,4 %) ausschließlich digitales Pay-TV. Damit empfängt der überwiegende Teil (77 %) der französischen Fernsehhaushalte Fernsehen auf terrestrischem Weg61. 57 S. http://www.digitalnetworks.philips.com/InformationCenter/Global/FArticleSummary.asp?lNodeId= 656&channel=656&channelId=N656A1978. 58 S. Trappel/Meier/Schrape/Wölk, Medienkonzentration, S. 36 ff. 59 Meldung Set-Top-Box, http://www.set-top-box.de/news/010216_orf.php, abgerufen am 29.11.2002. 60 Abrufbar unter http://kundendienst.orf.at/digital/system.html, abgerufen am 4.3.2003. 61 Die Zahlen gelten für 1999, sie stammen von IDATE und aus dem „Le Guen“-Report – offizieller Report über digitales Fernsehen, März 2001. Laut Statistischem Jahrbuch 2002 der EAI gelten folgende Zahlen für 35 Der französische Rundfunk war lange Zeit traditionell zentralistisch organisiert und in erheblichem Maße staatlich kontrolliert. Anfang der 80er Jahre entstand jedoch auch in Frankreich kommerzieller Rundfunk. Die bedeutendsten nationalen Sender sind heute im öffentlichrechtlichen Bereich France 2, France 3, La Cinquième und das deutsch-französische Gemeinschaftsprogramm ARTE, sowie TF 1, M6 und Canal Plus (der größte Pay-TV-Anbieter Frankreichs) im privaten Bereich. Die privaten Sender gehören in Frankreich keinen Senderfamilien an, sondern stehen vielmehr im Eigentum verschiedener, voneinander unabhängiger Unternehmen, wie zum Beispiel Vivendi (wesentlicher Anteilseigner von Canal Plus), CLTUFA (wesentlicher Anteilseigner von M6), Bouyges (wesentlicher Anteilseigner von TF1)62. Der Satellitenfernsehmarkt wird ebenfalls von den Betreibern der führenden Sender dominiert. Derzeit existieren zwei miteinander konkurrierende Satellitenplattformen: CanalSatellite und TPS63. Die führende Plattform, CanalSatellite, ist ein Tochterunternehmen des Pay-TVSenders Canal Plus und wird zu 66 % von Canal Plus und zu 34 % von Lagardère Groups kontrolliert. Sie startete 1992 zunächst als analoge DTH-Plattform und strahlt ihre Programme über ASTRA aus. 1996 wurde aus CanalSatellite die erste digitale DTH-Plattform Europas. Die digitalen Fernsehprogramme von Canal Plus werden von der Tochtergesellschaft Canal Plus Numérique angeboten. Bis März 2002 konnte CanalSatellite 2 Mio. Pay-TV-Kunden verzeichnen. Daneben haben sich TF 1, M6, Suez SA, France Télévision und France Telecom 1997 zu einem Joint Venture zusammengeschlossen und die zweite digitale Plattform, Télévision Par Satellite (TPS), gegründet. France Télévison und France Télécom zogen sich inzwischen allerdings aus diesem Verbund zurück und traten ihre Beteiligung in Höhe von 25 % des TPSKapitals an TF1 ab64. Mittlerweile hat sich Suez SA ebenfalls dazu bereit erklärt, seine Anteile an TPS an TF1 und M6 abzutreten65. Über die Plattform wurden von Beginn an nur digitale Programmbouquets verbreitet. Sie werden über Eutelsat ausgestrahlt. Bis heute besitzt TPS das Exklusivrecht zur Verbreitung der öffentlich-rechtlichen Programme sowie zur Verbreitung von TF1, das mit einem Zuschaueranteil von rund 34 % das führende nationale Fern- 2001: Anzahl der gesamten Fernsehhaushalte = 22,9 Mio.; Anzahl der an das Kabelnetz angeschlossenen Haushalte = rund 3,2 Mio.; Anzahl der Satelliten-TV-Haushalte = 4,1 Mio.; Anzahl digitaler Haushalte = rund 4,3 Mio. (18,6%), davon 664.000 über Kabel und 3,6 Mio. über Satellit, s. Statistisches Jahrbuch 2002, Band 2, S. 34, 40 ff. Im JLM Consult-Gutachten "L'économie du câble en France" im Auftrag der ART vom Januar 2003, Band 1: "Contexte, marché et perspectives", S. 8 wird allerdings die Zahl der Satelliten-TV-Haushalte 2001 auf 2,9 Mio. beziffert. Band 1 abrufbar unter http://www.arttelecom.fr/publications/etudes/jlm/rap1-jlmjan03.pdf, abgerufen am 27.3.2003. 62 Eine Darstellung zu Vivendi findet sich unter http://www.kek-online.de/cgi-bin/resi/i-medien-fernsehengruppen/../../../kek/medien/beteiligung/8vivuni.pdf, abgerufen am 29.11.2002. Zu CLT-UFA etwa Entscheidung der Kommission, COMP/M.1889 – CLT-UFA vom 21.3.2000, ABl. C 134/13 vom 13.5.2000, abrufbar unter http://europa.eu.int/comm/competition/mergers/cases/decisions/m1889_en.pdf, abgerufen am 29.11.2002. S. zu TPS Entscheidung der Kommission (1999/242/EG) vom 3.3.1999, ABl. L 90/6 vom 2.4.1999, abrufbar unter http://europa.eu.int/cgi-bin/eur-lex/udl.pl?REQUEST=Seek-Deliver&COLLECTION=oj&SERVICE=eurlex&LANGUAGE=de&DOCID=1999l090p6&FORMAT=pdf, abgerufen am 29.11.2002. 63 Eine dritte, kleinere Satellitenplattform, AB Sat, stellte ihr Dienstangebot ein. 64 Die Kommission hat diese Umstrukturierung am 30. April 2002 genehmigt, vgl. Bulletin der EU 4-2002, Wettbewerb (11/42) unter: http://europa.eu.int/abc/doc/off/bull/de/200204/p103042.htm. Dadurch ergaben sich zunächst folgende Beteiligungsverhältnisse: TF1 50%, M6 und Suez SA jeweils 25%. 65 Siehe Pressemitteilung von TF1 vom 18. Juli 2002, abrufbar unter http://www.tf1.fr/ news/economie/0,,928326,00.html. Demnach werden TF1 66% und M6 34% der Anteile an TPS halten, was dem Beteiligungsverhältnis zwischen Canal Plus und Lagardère Groups an CanalSatellite entspricht. 36 sehprogramm darstellt. TPS bietet seinen Kunden insgesamt 5 Digitalbouquets mit unterschiedlichen Programmpaketen zu monatlichen Preisen von 17,5 Euro bis 33 Euro an. Derzeit hat TPS 1,1 Mio. Kunden. Zwischen beiden Satellitenplattformen herrscht ein starker Wettbewerb. Investitionen von Canal Plus in Spartenprogramme zwangen auch TPS dazu, ihr Angebot entsprechend zu erweitern. TPS schreibt derzeit Verluste und erwartet erst im Jahr 2003, eher 2004, wieder die Gewinnzone zu erreichen. CanalSatellite profitierte zunächst zwar von der bereits durch Canal Plus erlangten Kundschaft und von dem frühen Start seines Satellitenangebots, die Plattform stützt sich jedoch weiterhin lediglich auf die Kunden von Canal Plus. In letzter Zeit haben die Managements beider Plattformen ihr Interesse an strategischen Allianzen, einem Joint Venture oder sogar an einer Fusion bekundet. Ein derartiges Vorhaben wird jedoch voraussichtlich von den Wettbewerbsbehörden nicht ohne weiteres akzeptiert werden. Sowohl CanalSatellite als auch TPS vermieten ihren Kunden digitale Dekoder in Form von Set-Top-Boxen. CanalSatellite verlangt für die Dekodermiete eine Gebühr von 8 Euro pro Monat, TPS stellt seinen Dekoder für eine monatliche Gebühr von 11 Euro zur Verfügung. Ein direkter Verkauf von digitalen Dekodern seitens der Plattformanbieter oder Dritter findet in Frankreich praktisch nicht statt. Andererseits werden Satellitenschüsseln von den Plattformbetreibern weder angeboten, noch wird der Verkauf dieser Schüsseln von ihnen subventioniert. Beide Plattformbetreiber verwenden für die Ausstattung ihrer Set-Top-Boxen proprietäre Technologien in Bezug auf das Conditional Access Modul und die Programmschnittstelle API. Da sie ihre Angebote aber über unterschiedliche Satelliten ausstrahlen, bräuchte ein Zuschauer grundsätzlich zwei Dekoder und zwei Parabolspiegel um die Dienste beider Plattformen in Anspruch nehmen zu können. 2.2.4.4 Spanien In Spanien empfangen 98 % aller insgesamt 12 Mio. Haushalte analoges terrestrisches Fernsehen66. Das Signal des digitalen terrestrischen Fernsehens kann zwar in 80 % des Landesgebiets empfangen werden, aber kaum ein Haushalt besitzt die hierfür erforderliche technische Empfangsausstattung. An das Kabelnetz sind mehr als 3 Mio. Haushalte (ca. 25 %) angeschlossen, wobei aber nur 550.000 Haushalte (ca. 4,5 %) auch tatsächlich Kabelfernsehdienste in Anspruch nehmen67. Die Verbreitung von digitalem Rundfunk über Satellit gewann erst im Jahre 1997 an Bedeutung, als zwei digitale Satelliten-Pay-TV-Platformen (Canal Satélite Digital und Vià Digital) gestartet wurden. 2002 wird digitales Fernsehen von etwa 2,1 Mio. spanischen Haushalten (ca. 17 %) empfangen, von denen 2 Mio. Haushalte Satelliten-Pay-TV-Plattformen und 100.000 digitale Kabelnetzplattformen abonniert haben. Die Hälfte der Satellitenhaushalte 66 Laut Statistischem Jahrbuch der EAI 2002 gelten für das Jahr 2001 folgende Zahlen: Anzahl der gesamten Fernsehhaushalte = 13,2 Mio.; Anzahl der an das Kabel angeschlossenen Haushalte = 1,1 Mio. Anzahl der Satelliten-TV-Haushalte = 2,2 Mio.; Anzahl digitaler Haushalte = 2,3 Mio. (17,3%), davon 43.000 über Kabel, rund 2,1 Mio. über Satellit und 100.000 auf terrestrischem Weg, vgl. Statistisches Jahrbuch 2002, Band 2, S. 34, 40 ff. 67 S. Rodríguez de Paz, “Casi el 17% de los hogares españoles dispone de televisión por satélite“, in: La Vanguardia Digital, Ausgabe vom 20.4.2002. 37 nutzt einzelne Satellitenschüsseln zum Empfang, die andere Hälfte ist an Gemeinschaftsempfangsanlagen angeschlossen68. Canal Satélite Digital wird über ASTRA ausgestrahlt und vom terrestrischen Pay-TVUnternehmen Sogecable (Canal Plus und die spanische Mediengruppe PRISA) betrieben. Die Plattform hat 1,2 Mio. Abonnenten, von denen viele zuvor Abonnenten des früheren analogen Pay-TV-Anbieters Canal Plus waren. Vià Digital wird über Hispasat ausgestrahlt und vom spanischen Telekommunikationsunternehmen Téléfonica betrieben. Vià Digital wird von 800.000 Abonnenten empfangen. Beide Plattformen haben allerdings im Mai 2002 Fusionsabsichten verkündet, für die die Genehmigung vorliegt69. Im Pay-TV Markt hätte das aus einer solchen Fusion neu gegründete Unternehmen nur die Kabeldienstanbieter als Konkurrenten. Diese halten jedoch einen Marktanteil von lediglich 15 % und sind zudem weitestgehend von Satellitennetzbetreibern als Inhaltelieferanten abhängig. Im Bereich des digitalen Fernsehens ist neben dem Satellit auch die Terrestrik als Übertragungssystem von Bedeutung. Der staatliche Fernsehsender RTVE verbreitet seine beiden Programme sowohl analog als auch digital terrestrisch. Insgesamt könnten gegenwärtig insgesamt 21 digitale Programme auf terrestrischem Weg übertragen werden. Davon sind einige Kapazitäten, neben den von RTVE genutzten, für die drei bestehenden privaten Rundfunkveranstalter reserviert. 1999 wurden einem digitalen Pay-TV-Anbieter (QuieroTV) terrestrische Kapazitäten für insgesamt 14 digitale Programme zugeteilt. Im Jahr 2001 hatte diese Plattform 200.000 Abonnenten, ihr Betrieb wurde jedoch auf Grund einer Finanzkrise nach fehlgeschlagenen Verkaufsversuchen70 im April 2002 eingestellt. In Bezug auf das Verhältnis von Pay-TV- und Free-TV-Angeboten in Spanien ergibt sich folgende Situation: Pay-TV Anbieter verfügen über etwa 28 % der gesamten Fernseheinnahmen, Free-TV Anbieter über 72 % (sofern die Finanzierung aus Haushaltsmitteln außer Betracht bleibt). Gegenwärtig gibt es 3,35 Mio. Pay-TV-Abonnenten, davon empfangen 800.000 Abonnenten analoges terrestrisches Fernsehen, 2 Mio. digitales Satelliten-Pay-TV und 550.000 Abonnenten Kabelfernsehen71. Die Abonnementverträge für das Pay-TV werden privatautonom ausgestaltet, sie dürfen allerdings nicht gegen europäisches oder spanisches Recht und dabei insbesondere nicht gegen Verbraucherschutzbestimmungen72 verstoßen. Die „Comisión del Mercado de las Telecommunicaciones“ (CMT) soll die Einhaltung dieser Bestim- 68 Zur Marktsituation s. die Comisión del Mercado de las Telecomunicaciones, in: Informe Anual 2001, die Ausgabe für 2002 befindet sich in Vorbereitung. 69 Der geplanten Fusion der digitalen Pay-TV-Plattformen Canal Satélite Digital und Via Digital stimmte das spanische Kartellamt am 15.11.2002 unter Auflagen zu. Das neue Unternehmen dürfte danach u.a. die Fußballrechte der ersten spanischen Liga nur für jeweils drei Jahre erwerben. Ein durch die spanische Regierung zu bestimmender Teil der Kanäle der neuen Plattform müsste dritten Anbietern zur Verfügung gestellt werden. Der spanische Minister für Wissenschaft und Technologie Piqué deutete laut einer Meldung der epd medien an, Telefónica müsse sich entscheiden, ob sie ihre Beteiligung am Fernsehsender Antena 3 oder die an Vía Digital aufgebe, epd medien Nr. 91 vom 20.11.2002, S. 22. Am 29.11.2002 genehmigte die spanische Regierung die Fusion unter Auflagen. 70 Fornieles/Montaño,. “Quiero TV acuerda devolver la licencia al Gobierno tras una junta problemática“, in: El Mundo, Ausgabe vom 25.4.2002. 71 S. Comisión del Mercado de las Telecomunicaciones, in: Informe Anual 2001, die Ausgabe für 2002 befindet sich in Vorbereitung. 72 S. das Gesetz 26/1984 über den Verbraucherrechtsschutz. 38 mungen bei den Verträgen zwischen Verbrauchern und Pay-TV-Diensteanbietern überwachen73. Spanische Transportdienstleister, insbesondere Satellitenbetreiber, sind zum Teil gleichzeitig an Inhalteanbietern beteiligt oder selbst Anbieter von Inhalten, so dass die vertikale Integration auch in Spanien ordnungspolitisch von Bedeutung ist. So ist das etablierte Telekommunikationsdienstleistungsunternehmen „Telefònica“ Anteilseigner des Unternehmens Hispasat, das den Satelliten betreibt, der von der digitalen Satellitenplattform „Via Digital“ zur Übertragung ihrer Inhalte genutzt wird. Via Digital wiederum gehört mehrheitlich Telefónica. Darüber hinaus ist Telefònica auch Inhaltezulieferer von Via Digital. Die weitere digitale Satellitenplattform „Canal Satélite Digital“ agiert sowohl als technische als auch als wirtschaftliche Plattform und ist ebenfalls Inhalteanbieter bzw. Programmveranstalter. Hinsichtlich des Receivermarkts ist zu berücksichtigen, dass nahezu alle Satellitenhaushalte Abonnenten einer der beiden digitalen Satellitenplattformen sind. Die hierüber verbreiteten Inhalte und Dienste sind nur mittels Dekoder zu empfangen. Beide Plattformen vermieten an ihre Kunden entsprechende Dekoder in Form von Set-Top-Boxen. Diese Set-Top-Boxen basieren allerdings auf unterschiedlichen proprietären Technologien. Hinzu kommt, dass Via Digital in Bezug auf die Übertragung mit dem Satellitenbetreiber Hispasat kooperiert, während Canal Satélite Digital Verträge mit ASTRA abgeschlossen hat. Beide Satellitenbetreiber übertragen auf unterschiedlichen orbitalen Positionen, so dass ein Verbraucher, der die Angebote beider digitalen Plattformen gleichzeitig nutzen will, bereits technisch dazu gezwungen ist, zwei Dekoder und zwei Parabolspiegel zu installieren. 2.2.4.5 Großbritannien Der Fernsehmarkt in Großbritannien lässt sich in zwei Hauptfelder unterteilen. Dabei handelt es sich um das analoge terrestrische Free-TV mit den Programmen der BBC (BBC 1 und 2), des ITV (Channel 3) sowie mit dem „staatlichen“, werbefinanzierten Channel 4 und dem privaten, kommerziellen Channel 5 einerseits, und um das über Plattformen angebotene, größtenteils digitale Multikanal-Fernsehen andererseits. Bislang haben insgesamt 46,8 % (11,6 Mio.)74 aller britischen Fernsehhaushalte75 Zugang zum Multikanalfernsehen, der verbleibende Teil empfängt ausschließlich analog terrestrisch. Das Multikanalfernsehen wird über Satellit, Kabel und auf terrestrischem Wege verbreitet. Von den genannten Haushalten, die Zugang zum Multikanalfernsehen haben, entfällt ein Marktanteil von 27,7 % auf digitales Satellitenfernsehen, ein Marktanteil von 13,7 % auf Kabelfernsehen und ein Marktanteil von etwa 5,4 % auf digitales terrestrisches Fernsehen. Multikanalfernsehen wurde bis vor kurzem von vier Plattformbetreibern in Form von Pay-TV angeboten. Dabei handelte es sich um den Betreiber der gleichnamigen Satellitenplattform BSkyB, die beiden Kabelfernsehanbieter Telewest und NTL sowie den Anbieter digitalen terrestrischen Fernsehens ITV. Die Pay-TV-Programme des letztgenannten Betreibers (ITV 73 S. insbesondere die Art. 4, 7 und 9 des Gesetzes 17/1997, zur Umsetzung der Richtlinie 95/47/EG. 74 S. hierzu und zum Folgenden die vom ITC veröffentlichten Zahlen vom 4. Quartal 2002, abrufbar unter: http://www.itc.org.uk/uploads/ITC_multichannel_quarterly_Q4_2002.pdf, abgerufen am 27.3.2003. 75 Laut Statistischem Jahrbuch 2002 der EAI gelten folgende Zahlen für 2001: Anzahl der gesamten Fernsehhaushalte = rund 25 Mio.; Anzahl der angeschlossenen Kabelhaushalte = rund 3,6 Mio.; Anzahl der Satelliten-TV-Haushalte = rund 5,5 Mio.; Anzahl digitaler Haushalte = rund 9 Mio. (35,9%), davon rund 2 Mio. über Kabel, 5,8 Mio. über Satellit und rund 1,2 Mio. auf terrestrischem Weg, s. Statistisches Jahrbuch 2002, Band 2, S. 34, 40 ff.. 39 Digital) wurden jedoch im April 2002 aufgrund finanzieller Probleme eingestellt. Nach einem monatelangen Ausschreibungsverfahren teilte die Independent Television Commission (ITC) im August 2002 die Lizenzen für die frei gewordenen terrestrischen Kapazitäten der BBC und Crown Castle zu76. Beide Betreiber hatten den Schwerpunkt ihres Ausschreibungsgebots auf Free-TV-Dienste gelegt. Mit dem Zuschlag berücksichtigte die ITC die bis zu diesem Zeitpunkt andauernde Debatte, ob auf terrestrischem Weg künftig nur digitale Free-TV-Dienste verbreitet werden sollten. Die Befürworter dieses Vorschlags erhoffen sich dadurch, dass ein Großteil der britischen Bevölkerung sich dann für den Wechsel von analogem hin zu digitalem Fernsehen entscheidet, um den digitalen Switch-Off planmäßig zwischen 2006 und 2010 durchführen zu können. Tatsächlich weitet sich digitales Fernsehen bereits jetzt immer schneller aus. Derzeit empfängt über ein Drittel der britischen Gesamtbevölkerung das digitale Angebot von über 200 Fernsehprogrammen und anderen Diensten, wie zum Beispiel interaktives Fernsehen und Internet. Zwischen den einzelnen Übertragungsplattformen herrscht dabei starke Konkurrenz. Der starke Wettbewerb im Bereich des Digitalfernsehens macht sich auch auf dem Markt der Empfangsgeräte bemerkbar. Der Satellitenfernsehanbieter BSkyB sowie die Kabelfernsehanbieter stellen ihren Kunden Set-Top-Boxen mittlerweile sogar kostenlos zur Verfügung. Dabei handelt es sich um Empfangsgeräte, die überwiegend auf proprietären Technologien basieren. Im Bereich des digitalen terrestrischen Fernsehens kommen ebenfalls immer mehr niedrigpreisige digitale Set-Top-Boxen (für ca. 160 Euro) auf den Markt77. Damit soll den Zuschauern der Wechsel zur digitalen Empfangstechnik erleichtert werden. 2.2.4.6 Polen In Polen gibt es insgesamt rund 12,5 Mio. Fernsehhaushalte78. Schätzungsweise 4,5 Mio. Haushalte (Anzahl steigend) sind Abonnenten von Kabelfernsehdiensten, 2,5 Mio. Haushalte empfangen Fernsehen direkt über Satellit und sind mit individuellen Satellitenempfangsanlagen ausgestattet79. Der restliche Teil der Haushalte empfängt Fernsehen auf terrestrischem Weg. Digitales Fernsehen ist im Vergleich zu analogem Fernsehen derzeit noch nicht so weit verbreitet, in Bezug auf die Verbreitung digitaler Dienste über das Kabel befindet sich die Übertragung noch in der Experimentierphase. Den Kabelmarkt teilen sich ungefähr 600 Netzbetreiber, die zusammen mehr als 800 einzelne Kabelnetze betreiben. In diesen Netzen werden über 400 verschiedene Programme verbreitet, etwa 50 Programme hiervon in polnischer Sprachversion. Dennoch gibt es in Polen heute zwei Anbieter digitaler Satellitenplattformen: „CYFRA+“ und „POLSAT 2 CYFROWY“. Zunächst existierten sogar drei digitale Satellitenplattformen. So startete im September 1998 Wizja TV eine Plattform mit anfangs 18 thematischen und 70 anderen Kanälen. Im November folgte kurz darauf die Plattform Cyfra+, die auf einer gemeinsamen Initiative des polnischen öffentlich-rechtlichen Fernsehveranstalters (TVP), von 76 S. Pressemitteilung der ITC No. 62/02 vom 16.8.2002, abrufbar unter: www.itc.org.uk. 77 Price, Media Perspektiven 7/2002, 319 (321). 78 Laut Statistischem Jahrbuch der EAI gelten für 2001 folgende Zahlen: Anzahl der gesamten Fernsehhaushalte = 12,3 Mio.; Anzahl der angeschlossenen Kabelhaushalte = rund 5 Mio.; Anzahl der Satelliten-TVHaushalte = 2,8 Mio., der Anteil der digitalen Haushalte wird nicht dargestellt. S. Statistisches Jahrbuch 2002, Band 2, S. 35, 40. 79 Informacje o podstawowych problemach radiofonii i telewizji, marcec 2002; www.krrit.gov.pl. 40 Canal+, des privaten Veranstalters PTS Polsat S.A., und der Aktiengesellschaft „Polska Platforma Cyfrowa“ beruhte. Wegen einiger Zweifel in Bezug auf den rechtlichen Status von TVP konnte der öffentlich-rechtliche Veranstalter sich letztlich jedoch nicht an der Plattform beteiligen. Auf Grund eines starken Wettbewerbs unter den öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkveranstaltern kam es später zu einem Streit bezüglich der Verbreitung von Programmen über die digitalen Plattformen. Als Folge dieses Streits erließ die „Nationale Rundfunkbehörde (KRRiT)“ in ihrer Funktion als Rundfunkaufsichtsbehörde eine Entscheidung, durch die CYFRA+ die Lizenz entzogen wurde, die beiden privaten Programme Polsat und Polsat2 weiter über ihre Plattform zu verbreiten. Gleichzeitig musste Wizja TV die Verbreitung der öffentlich-rechtlichen Programme stoppen. Das Angebot der dritten digitalen Plattform „POLSAT 2 CYFROWY“ enthielt hingegen von Beginn an keine öffentlich-rechtlichen Programme. Schließlich fusionierten Ende 2001 die beiden Plattformen Wizja TV und Cyfra+ zu einer Plattform, die den Namen Cyfra+ beibehielt. Nach neuesten Zahlen80 konnte CYFRA+ bislang etwa 700.000 Kunden (Abonnenten) mit seinem Angebot anziehen, während POLSAT 2 CYFROWY nicht mehr als 240.000 Abonnenten hat. Beide Plattformen bieten ihren Kunden unterschiedliche Programmpakete zu variierenden Abonnementpreisen an. Das Gesamtangebot von CYFRA+ beinhaltet 30 polnische bzw. polnischsprachige Programme, verschiedene über Eutelsat verbreitete unverschlüsselte Programme sowie verschlüsselte Programme (z.B. Canal+, HBO, Sport-, Dokumentar- und Musikkanäle usw.). Das Angebot von POLSAT 2 CYFRROWY besteht aus den vom privaten Veranstalter Polsat TV produzierten Programmen sowie allen über ASTRA und Hot Bird ausgestrahlten Programmen. CYFRA+ verlangt für seine Programmpakete monatliche Abonnementgebühren von umgerechnet 13 bis 28 Euro. Außerdem wird für die Installation und Freischaltung eines Dekoders zusätzlich eine einmalige Gebühr von 71 Euro verlangt. POLSAT 2 CYFROWY bietet ein Basispaket für umgerechnet 6 Euro und ein zusätzliches Paket mit Programmen, die Erwachsenen vorbehalten sind (Adult Channels) für weitere 5 Euro an. Die Kosten für die Installation und Freischaltung des Dekoders belaufen sich bei POLSAT 2 CYFROWY ebenfalls auf 71 Euro. Darüber hinaus entstehen den Kunden beider Plattformen für den Satellitenempfang Anschaffungskosten von umgerechnet rund 140 Euro für den Kauf und die Installation einer Satellitenschüssel. Um ein attraktives Programmangebot gewährleisten zu können, sehen die Geschäftspläne der Plattformanbieter die subventionierte Vermietung oder den subventionierten Verkauf von SetTop-Boxen vor. Wenn Set-Top-Boxen kostenlos bereitgestellt werden, geschieht dies in der Absicht, weitere Abonnementeinnahmen zu erzielen. Im Hinblick auf die technische Ausstattung der Satellitenreceiver haben sich die beiden Plattformbetreiber jeweils für proprietäre Systeme entschieden, die Kunden können daher mit einem Receiver nur eines der beiden Plattformangebote empfangen. Schließlich bieten die Betreiber beider Plattformen neben den Programmpaketen auch zusätzliche Dienste an. CYFRA+ bietet heute bereits eine interaktive Wettervorhersage, Spiele und ein Internet-Portal an, das Angebot von POLSAT 2 CYFROWY beinhaltet Werbe-, Touris- 80 Informacje o podstawowych problemach radiofonii i telewizji, marcec 2002; www.krrit.gov.pl. 41 mus-, Shopping-, Homebanking-, und Tele-Learning-Dienste. Die von POLSAT 2 CYFROWY geplante Einführung eines Pay-per-View-Dienstes wurde allerdings trotz technischer Vorbereitungen wegen finanzieller Schwierigkeiten im März 2002 aufgegeben. 2.2.4.7 USA Die Zahl der gesamten Fernseh-Haushalte in den USA lag im Dezember 2000 nach Angaben der zuständigen Regulierungsbehörde Federal Communications Commission (FCC) bei 102,2 Mio.81. In diesen Haushalten stehen insgesamt rund 267 Mio. Fernseher. Die bedeutendste Empfangsart ist Kabelfernsehen, gefolgt vom Satellitenfernsehen. Im Juni 2001 hatten 69,9 Mio.82 oder 64 %83 aller Fernsehhaushalte ein Kabel-Abonnement, eine Steigerung um 2 Mio. gegenüber dem Vorjahr. 37,2 Mio. davon hatten ein PremiumAbonnement, das einen oder mehrere Pay-TV-Kanäle und teilweise auch Pay-per-View- oder Video-on-Demand-Kanäle einschließt.84 Die beiden größten Satelliten-TV-Betreiber DirecTV und Echostar85 hatten im Juni 2001 zusammen 16 Mio. Abonnenten, ein Zuwachs um 19 Prozent im Vergleich zum Juni 2001. Im März 2002 war die Zahl der Abonnenten der beiden Anbieter auf 17,6 Mio. gestiegen. Neben Echostar und DirecTV besitzen zwei weitere Unternehmen Lizenzen zum Vertrieb von TVProgrammen per Satellit: Dominion Video Satellite und R/L DBS Company86. Beide nehmen jedoch nur Nischenplätze ein. Von den 102,2 Mio. Fernsehhaushalten hatten im Juni 2001 88,6 Mio. einen jener Dienste abonniert, die die FCC als „Multichannel Video Programming Services” (MVPS) beschreibt, also einen Anbieter von Fernsehen und/oder Radio per Kabel, Satellit, Glasfaserleitung oder drahtlosen Breitbandanschluss, der mehr Programme liefert als die frei über Antenne empfangbaren Stationen. Etwa 14 Mio. Haushalte empfangen Fernsehen auf allen Geräten ausschließlich über Antenne und damit frei. Der Anteil der Pay-TV-Haushalte liegt damit bei etwa 85 %. Viele dieser Haushalte empfangen Pay-TV jedoch nur auf einem ihrer Geräte und nutzen auf anderen ausschließlich frei empfangbare Sender, so dass der Marktanteil der frei 81 Laut dem Fünften Jahresbericht der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) (Berichtszeitraum 1.1. bis 1.7.2002) ist die Anzahl mittlerweile auf 107,1 Mio.Haushalte angestiegen. 82 73 Mio. laut KEK, Fünfter Jahresbericht, 2002. 83 69,2% laut KEK, Fünfter Jahresbericht, 2002. 84 Federal Communications Commission: Eighth Annual Assessment of the Status of Competition in the Market for the Delivery of Video Programming, CS Docket No. 01-129, Washington 2002. 85 Die FCC hat die Fusion der Satelliten-TV-Betreiber Echostar und DirecTV am 10.10.2002 untersagt (Pressemitteilung FCC abrufbar unter http://hraunfoss.fcc.gov/edocs_public/attachmatch/DOC-227263A1.pdf, abgerufen am 8.11.2002). Das US-Justizministerium hat aus den gleichen Gründen am 31.10.2002 eine kartellrechtliche Klage gegen die Fusion vor dem U.S. District Court in Washington, D.C., erhoben. Die Pressemitteilung des US-Justizministeriums ist abrufbar unter http://www.usdoj.gov/opa/pr/2002/October/02_at_631.htm, abgerufen am 21.11.2002. Nach aktuellen Pressemeldungen ist Rupert Murdochs News Corporation (wieder) an einer Übernahme von DirecTV interessiert. Z.B. http://media.guardian.co.uk/broadcast/story/0,7493,846235,00.html, abgerufen am 28.11.2002. 86 Dominion vertreibt unter dem Markennamen Sky Angel ein christliches, familienorientiertes Programm, das über Transponder der DirecTV-Satelliten ausgestrahlt wird und für 9 Dollar pro Monat abonniert werden kann. R/L DBS Company hat derzeit kein aktives Programmangebot. 42 empfangbaren Sender am Anteil der Zuschauer höher liegt als am Anteil der Fernsehhaushalte. Digitales Fernsehen in den USA wird zum überwiegenden Teil von den Satelliten- und KabelBetreibern angeboten, mit weitem Abstand gefolgt vom frei empfangbaren terrestrischen Fernsehen. Die beiden großen Satelliten-TV-Betreiber DirecTV und Echostar übertragen ihr Signal ausschließlich digital. Beide bieten derzeit einige Sender im High Definition Television-Format (HDTV) an, darunter den Abonnementsender HBO und mehrere Pay-per-ViewKanäle. Um HDTV nutzen zu können, müssen Kunden allerdings einen zweiten, separaten Dekoder und eine zweite Satelliten-Antenne aufstellen. Bei Echostar wird zudem eine zusätzliche Gebühr von 5,99 $ je Monat fällig. Darüber hinaus enthält das Angebot beider Anbieter einen breitbandigen Internetanschluss per Satellit, der zum Jahresende 2001 insgesamt 140.000 Abonnenten zählte. Zum Vergleich: 7,5 Mio. Menschen in den USA bezogen zum gleichen Zeitpunkt einen breitbandigen Internetzugang per Kabel-TV, weitere 4,2 Mio. per DSL über die Telefonleitung. Die TV-Kabelbetreiber der USA haben in den vergangenen zwei Jahren 30 Mrd. $ investiert, um ihre Netze für digitale Übertragung aufzurüsten87. Etwa 87 % aller Kabelhaushalte sind an Netze angeschlossen, die über eine Bandbreite von 550 Mhz oder mehr verfügen, drei Viertel der Abonnenten haben Zugang zu Netzen mit 750 Mhz-Bandbreite oder mehr. Die Betreiber nutzen die Digitalisierung jedoch vor allem, um mehr Kanäle mit herkömmlicher Auflösung unterzubringen. Nur eine kleine Zahl von Kanälen wird im HDTV-Format ausgestrahlt. Genaue Zahlen über die tatsächliche Nutzung von HDTV sind schwer erhältlich. Der Absatz von Fernsehgeräten und Dekodern zum Empfang von HDTV blieb jedoch weit hinter den Erwartungen zurück. Der Verband der Konsumelektronik-Hersteller CEA (Consumer Electronics Association) schätzt, dass im Jahr 2001 1,46 Mio. Geräte von der Fabrik an die Händler geliefert wurden. Seit Beginn der Statistik 1998 wurden damit in den USA 2,5 Mio. Geräte für digitales Fernsehen ausgeliefert, unter ihnen 360.000 Fernseher mit integriertem HDTVEmpfänger und Set-Top-Boxen, der Rest größtenteils HDTV-Monitore, die zum Empfang von HDTV-Signalen per Kabel, Satellit oder Antenne zusätzlich noch eine Set-Top-Box benötigen. Zahlreiche Kabelbetreiber wie etwa der drittgrößte Anbieter Comcast vermieten die nötige Set-Top-Box an ihre Kunden. Comcast bietet derzeit 1,6 Mio. seiner 8 Mio. ein HDTV-Angebot für 10,95 $ zusätzlich im Monat. Ähnliche Angebote machen AT&T Broadband und AOL Time Warner, die Nummern 1 und 2 unter den TV-Kabelbetreibern, jeweils einem kleinen Teil ihrer Kunden. Von den frei empfangbaren Sendern hat eine Minderheit bisher auf HDTV aufgerüstet. Eine Frist der FCC zum 1. Mai 2002, die es den 1600 Stationen vorschrieb, digitale Technik in Betrieb zu nehmen, ließen 877 Stationen mit der Bitte um Verlängerung verstreichen. Satellitenfrequenzen werden in den USA von der FCC vergeben. Die Frequenzen wurden anfangs ausgeschrieben, inzwischen werden sie überwiegend versteigert. An die Frequenzen sind Nutzungsbedingungen geknüpft, die sicherstellen sollen, dass die Unternehmen, die die Frequenzen erhalten, diese tatsächlich innerhalb eines technisch zumutbaren Zeitraums zur Übertragung von Programminhalten nutzen und nicht brachliegen lassen88. 87 S. Cahners InStat, 2002 U.S. Cable Operator Survey: Infrastructure Upgrades Deliver Digital Services to the Home, Scottsdale/Arizona, 2002. 88 Erst kürzlich nahm die FCC ein zuvor vergebenes Frequenzband wieder in ihren Besitz, nachdem Echostar es versäumt hatte, fristgerecht den Betrieb auf der Frequenz, dem so genannten Ka-Band, aufzunehmen. 43 Allerdings werden Frequenzen und Transponder-Kapazität nicht an Rundfunkanstalten oder Programmanbieter vergeben, sondern an die Betreiber von Satelliten-TV-Infrastruktur. Diese Betreiber, in den USA Echostar und DirecTV mit einem Marktanteil von zusammen 97 % aller Satelliten-TV-Anschlüsse, kaufen dann wiederum Programme von den Sendern, bündeln sie zu Programmpaketen und verkaufen diese Pakete an ihre Kunden weiter. Zusätzlich sind sie verpflichtet, lokale Sender kostenlos zu übertragen. Aus diesem Grund besteht ein Vertragsverhältnis zu den Endkunden in den USA überwiegend seitens der Infrastrukturbetreiber, also der TV-Kabel- und Satelliten-TV-Betreiber89. Die Sender hingegen profitieren durch die höhere Zuschauerzahl von einer Steigerung der Werbeumsätze oder, im Fall von Pay-TVSendern, der Abonnementeinnahmen. Im Gegensatz zu Kabelbetreibern ist es Satelliten-TVBetreibern erlaubt, mit Programmanbietern Exklusivverträge abzuschließen. Einige Sportkanäle sind in den USA daher ausschließlich per Satellit empfangbar. Sowohl Satelliten- als auch Kabelbetreiber bieten typischerweise ein Basispaket an, das alle landesweiten frei empfangbaren Sender sowie einen Grundstock an reinen Kabelkanälen und Pay-TV-Sendern enthält. Ein solches Basis-Paket, das 110 Kanäle umfasst, kostet etwa bei DirecTV 31,99 $ pro Monat, bei den meisten Kabelbetreibern liegt der Preis zwischen 29,99 und 39,99 $. Die wirtschaftliche Verflechtung zwischen Programmanbietern (Fernsehsendern) und -verteilern (vor allem TV-Kabelbetreibern) ist in den USA eng. Vier der sieben größten Kabelbetreiber besitzen Fernsehsender, die auch über Satellit ausgestrahlt werden90. Andererseits sind von den 20 Programmanbietern mit den höchsten Abonnentenzahlen neun im Besitz von Unternehmen, die auch TV-Kabelnetze betreiben. Eine ähnliche Entwicklung bei den Satelliten-TV-Anbietern ist noch in ihren Anfängen. Im Dezember 2001 vereinbarte der Medienkonzern Vivendi Universal eine Kapitalbeteiligung in Höhe von 1,5 Mrd. $ an Echostar. Im Gegenzug wird Echostar 5 Vivendi-Kanäle ausstrahlen und weitere 8 Kanäle für Pay-per-View-Angebote von Vivendi zur Verfügung stellen, über die der Konzern seine Filme oder Musik verbreiten kann. Vivendi erhält 10 % der Anteile an Echostar und 2 % der Stimmrechte und ist über einen Sitz im Aufsichtsrat in dem Unternehmen vertreten. Die Vereinbarung ist nicht-exklusiv: Echostar wird weiterhin andere Sender ausstrahlen und Vivendi Universal seine Programme auch anderen Infrastrukturbetreibern anbieten. Insgesamt wird das Programmangebot der Satelliten-TV-Betreiber dominiert von Sendern, die vertikal mit großen Kabel-Betreibern integriert sind. Von den 294 landesweiten Programmen, die per Satellit ausgestrahlt werden, sind 104 oder 35 % vertikal mit mindestens einem der großen Kabelbetreiber verflochten. Die Verflechtung ist um so schwerwiegender, als zu diesen vertikal integrierten Programmanbietern mehrere der großen Sender gehören, etwa TBS Superstation, mit 80 Mio. Abonnenten in den USA der populärste AbonnementSender, der AOL Time Warner gehört91. 89 Eine Ausnahme bilden reine Pay-TV-Sender wie etwa HBO, die als Zusatzpaket an Kabel- und Satellitenkunden verkauft werden und deren einzige Einnahmequelle ihr Anteil aus der Abonnementgebühr darstellt. 90 So besitzt z.B. AOL Time Warner Anteile an 39 landesweiten Fernsehsendern (13% aller Sender). Unter ihnen sind mehrere Sender mit hohen Einschaltquoten wie CNN, TBS Superstation und HBO. Cox Communications hält Anteile an 24 landesweiten Sendern, Comcast an 17 und Cablevision an 10. 91 „Es scheint, dass ein bedeutender Teil des Programmangebots von nur 14 Unternehmen kontrolliert wird, die Kabel-Betreiber, Rundfunkanstalter und andere Medienunternehmen einschließen. Die 14 Unternehmen sind: AOL Time Warner, Cablevision, Comcast, Cox, Disney, E. W. Scripps Co., General Electric, Hearst, Liberty Media, MGM, Newhouse, News Corp., Viacom und Vivendi.” – P. K. Assocs., Major Owners of Cable Networks: Sept. 2001, Cable Program Investor, Sept. 11, 2001. 44 2.2.4.8 Zusammenfassung Der Blick auf die Marktentwicklung in einzelnen Ländern zeigt deutlich unterschiedliche Ausgangslagen und Zielsetzungen bei der Rundfunkversorgung. Während etwa Frankreich und Großbritannien maßgebliche Weichenstellungen im digitalen (Satelliten-)Fernsehen im Wesentlichen den Marktteilnehmern überlassen und damit proprietäre Strukturen begünstigen, zeigen die Bemühungen um das digitale Kabelfernsehen in der Schweiz den politischen Willen, durch offene Standards zumindest Grundvoraussetzungen für Wettbewerb zu schaffen. Es wird deutlich, dass die zu beobachtenden Entwicklungen primär durch zwei Faktoren bestimmt sind: Die Frage, ob digitales Fernsehen als eigenständiges und komplementäres Angebot zur bisherigen Rundfunklandschaft oder aber als in die bestehenden Strukturen zu integrierender Faktor verstanden wird, ist maßgeblich bestimmt durch die jeweilige nationale Rundfunktradition. In Ländern mit bislang eher wenigen frei verfügbaren Programmen – dies ist die Mehrzahl der europäischen Staaten – ist die Tendenz erkennbar, digitales Fernsehen als unabhängiges Aliud zum traditionellen Rundfunk einzustufen. Die Angebote, die folgerichtig fast ausschließlich Pay-TV-Modelle sind, werden als wirtschaftliche Aktivität bewertet, was proprietäre Entwicklungen erkennbar begünstigt. Die Diskussion um offene Standards ist, soweit sie überhaupt intensiv geführt wird, vor allem an wirtschaftlichen Aspekten der Marktentwicklung orientiert. Allenfalls wird – wie etwa in Frankreich – sichergestellt, dass traditionelle Programme zusätzlich transportiert werden. Damit ist die Frage der Entwicklung digitalen Fernsehens in diesen Ländern tatsächlich vor allem eine Frage der Entwicklung von Pay TV. Dagegen zeichnet sich vor allem im deutschsprachigen Raum ab, dass digitales Fernsehen als integrierter Bestandteil der Rundfunklandschaft betrachtet wird, der zwar auch neue Geschäftsmodelle erlaubt, prinzipiell jedoch den Regeln des traditionellen Rundfunks unterliegen soll. Dies begünstigt den Ansatz, offene Standards nicht allein als Instrument der Wirtschafts- und Wettbewerbspolitik zu verstehen, sondern auch unter dem Aspekt der Gestaltung einer vielfaltsorientierten Rundfunklandschaft zu betrachten. Als Folge dieses Aspekts haben sich in den einzelnen Ländern unterschiedliche Modelle der Versorgung der Zuschauer mit der erforderlichen Empfangstechnik für digitalen (Satelliten-) Rundfunk herausgebildet, die erhebliche Auswirkungen auf die Wettbewerbssituation und damit auf die zu erwartende Marktentwicklung haben. Auch hier zeigt sich der Einfluss des traditionellen Rundfunkmarkts. In den Ländern, in denen digitales Fernsehen nahezu vollständig mit Pay-TV gleichgesetzt werden kann, haben sich proprietäre Receivertechnologien etabliert. Receiver werden dem Abonnenten miet- oder leihweise für die Vertragslaufzeit zur Verfügung gestellt. Dies entlastet den Zuschauer von eigenen Investitionen und beschleunigt unter gewissen Voraussetzungen zunächst die Entwicklung einer digitalen Basisausstattung, verhindert zugleich aber, dass ein Endgerätemarkt entsteht, der Wettbewerb auch hinsichtlich der Inhalte erlaubt und offen ist für zukünftige Entwicklungen, die unabhängig vom Anbieter des Programmpakets zur Verfügung gestellt werden könnten. Proprietäre Systeme erschweren überdies den Empfang von Angeboten aus anderen europäischen Ländern. Dynamischer verläuft die Entwicklung des Receivermarkts im deutschsprachigen Raum. Zwar hatte sich dort – vor allem in Deutschland und Österreich – mit der d-box zunächst ebenfalls eine dominierende proprietäre Technologie etabliert. Zugleich hat sich – begünstigt 45 durch eine große Zahl frei verfügbarer, für den deutschen Sprachraum bestimmter digitaler Programme und erkennbarer Vorbehalte gegen die d-box – ein zunächst kleiner, mittlerweile aber stetig wachsender Markt für FTA92-Receiver entwickelt. Ob sich dieser Kaufmarkt qualitativ entwickelt – hin zu Receivern, die mit Common-Interfaces und/oder MHP-Fähigkeiten ausgestattet sind, ist derzeit noch offen und von Faktoren abhängig, die nachfolgend erörtert werden sollen. Für Österreich kann sich ein zusätzlicher Marktimpuls aus dem Wechsel der Verschlüsselungstechnik bei PremiereWorld ergeben, nachdem sich die enge Kopplung der digitalen Entwicklung der ORF-Programme an die proprietäre d-box als problematisch erweisen könnte. Insgesamt zeigt sich der digitale Rundfunkmarkt in Europa derzeit als äußerst heterogen. Die nicht nur divergierenden, sondern zum Teil gegenläufigen Entwicklungen können derzeit allerdings nicht als stabil und abgeschlossen eingestuft werden. Vielmehr lassen wirtschaftliche wie technologische Aspekte erwarten, dass die Märkte in allen europäischen Ländern weiterhin einer Entwicklung unterliegen werden, deren Richtung und Endpunkt heute noch als offen gelten und damit auch prinzipiell der Gestaltung unterliegen kann. 2.2.5 Offenheit im europäischen Binnenmarkt Alle Länder setzen für die digitale Distribution den DVB-Standard ein, wobei unterschiedliche Verschlüsselungstechniken Verwendung finden. Dies hat zur Folge, dass die Empfangseinrichtungen weder innerhalb Europas noch innerhalb eines europäischen Landes ohne weiteres den Wechsel zwischen den Anbietern von Pay-TV erlauben. Dies bedeutet für diejenigen Länder, in denen auch die ohne unmittelbare Vergütung empfangbaren „freien“ Programme verschlüsselt ausgestrahlt werden, dass deren Empfang via Satellit den Besitz der spezifischen Decodierungseinrichtungen (Decodierungssoftware und Smart-Card) voraussetzt. Zugleich bewirken die unterschiedlichen Empfangstechnologien, dass die Märkte faktisch territorial abgegrenzt sind. Dabei sind zwei Faktoren von Bedeutung: • Zum einen sind die Möglichkeiten, die für die Decodierung erforderliche Smart-Card zu erwerben, überwiegend begrenzt auf den Abschluss eines Vertrags im Zielland des jeweiligen Anbieters. • Zum andern sind nicht für die Produkte aller Anbieter Conditional-Access-Module erhältlich bzw. Receiver mit solchen Features nicht in allen Ländern im Markt verfügbar. Dies gilt vor allem für solche Anbieter, die ausschließlich Boxen mit EmbeddedVerschlüsselungs-Technologien einsetzen. 2.2.6 Folgerungen für die Entwicklung eines europäischen Markts Für die Entwicklung neuer Angebote und Geschäftsmodelle im digitalen Rundfunk folgt aus den strukturellen Unterschieden innerhalb Europas und der technologischen Zersplitterung zumindest derzeit, dass sie entweder grundsätzlich lediglich für europäische Teilmärkte geeignet sind oder aber erhebliche inhaltliche und technologische Anpassungen der Produkte erforderlich sind. Die damit verbundenen Kosten verhindern, dass der potenzielle Markt für neue Anwendungen optimal und damit rasch erschlossen wird. 92 FTA: Free-To-Air, Receiver, mit denen lediglich die unverschlüsselt nach dem DVB-Standard ausgestrahlten Programme empfangen werden können. 46 Aus diesen Erwägungen folgt – unabhängig von den weiteren Fragen im Hinblick auf den Zugang zu den Märkten – die Forderung nach einer raschen Umsetzung einheitlicher Standards, die die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle nicht von einer vollständigen technologischen Migration abhängig machen, sondern die Voraussetzungen für modulare Weiterentwicklungen schaffen. Dies bedeutet als Mindeststandard den europaweiten Verzicht auf „Embedded“-Lösungen für Verschlüsselungstechnologien sowie die Ausrüstung der Receiver mit MHP-Fähigkeiten. Die rasche Verbreitung von preiswerten Zapping-Boxen kann zwar den prinzipiellen Umstieg auf digitale Empfangstechnik beschleunigen, vermindert in der Folge jedoch die Chancen, die digitale Technologie mit ihren erweiterten Möglichkeiten effizient zu nutzen. 2.3 Zusammenfassung Die Ausgangsbedingungen für die Entwicklung des Satellitenrundfunks in Europa sind geprägt von historisch eigenständigen, rundfunkpolitisch wie wirtschaftlich unterschiedlichen Entwicklungen. Zwar stimmen die Grundstrukturen der technischen Verbreitung, etwa DVB als Standard der Ausstrahlung, noch weitgehend überein, die Frage aber, ob digitaler Satellitenrundfunk primär als Wirtschaftsfaktor betrachtet wird oder zumindest auch als integrale Komponente einer einheitlichen Rundfunkordnung, wird von Land zu Land unterschiedlich beantwortet. Dies führt zugleich zu unterschiedlicher Gewichtung der Risiken proprietärer Systeme. Während vor allem die deutschsprachigen Staaten Aspekten der Standardisierung einen hohen Stellenwert einräumen und damit einen möglichst offenen Zugang verschiedener Anbieter zu den Verbreitungswegen bzw. des Zuschauers zu unterschiedlichsten Inhalten anstreben, haben sich digitale Satellitenrundfunksysteme in anderen Staaten völlig proprietär entwickelt. Folge davon sind hohe Hürden für den Marktzutritt Dritter in diesen Ländern und eine Abschottung gegenüber Angeboten aus anderen europäischen Staaten. Zur Vermeidung territorial begrenzter Märkte, die der Binnenmarktentwicklung entgegenstehen und zudem Integrationswirkungen des Rundfunks verhindern, sind zumindest die Etablierung und Förderung von Standards dort notwendig, wo sowohl aus Sicht von Veranstaltern wie Zuschauern der Zugang zu den Verbreitungswegen und Empfangstechniken betroffen ist. Angesichts des Umstands, dass in den europäischen Staaten längst Fakten geschaffen sind, muss dies bedeuten, proprietäre Technologien schrittweise für standardisierte Systeme zu öffnen, etwa auf „Embedded“-Lösungen zugunsten modularer Techniken zu verzichten oder generell die Möglichkeit des Betriebs standardisierter Applikationen, etwa auf MHP-Basis, zur Verfügung zu stellen. Dadurch kann sichergestellt werden, dass sich Märkte und Rundfunkangebote unabhängig von territorialen Grenzen bedarfsgerecht entwickeln lassen und etablieren können. 47 3. Der Satellitenrundfunk im geltenden Recht Um Regelungsbedarfe und Regelungsmöglichkeiten erkennen zu können, ist es erforderlich, das geltende Recht daraufhin zu untersuchen, ob es die bestehenden Rechtsfragen befriedigend beantwortet. Ein Regelungsbedarf kann sich dann dadurch ergeben, dass bereits heute Regelungsprobleme unzureichend gelöst sind. Die Untersuchung des geltenden Rechts ist aber auch erforderlich als Grundlage für die Prüfung, welche Rechtsprobleme die zu erwartenden Veränderungen durch die Digitalisierung bringen werden. Regelungsbedarf kann sich bei dieser Prüfung ergeben, wenn das geltende System für diese neuen Rechtsfragen keine ausreichenden Antworten enthält. Um also die gegenwärtige Rechtslage zu überprüfen und um die Grundlage für die weitere Untersuchung zu legen, werden in diesem Kapitel zuerst die Grundlagen des primären Gemeinschaftsrechts und des deutschen Verfassungsrechts vorgestellt (3.1). Sodann wird ein kurzer Überblick über die Geschichte der Regulierung des Satellitenrundfunks gegeben (3.2) und anschließend das geltende sekundäre Gemeinschaftsrecht und deutsche Gesetzesrecht mit Blick auf die aktuellen Probleme vorgestellt (3.3). Abschließend werden die einschlägigen Regelungen aus mehreren europäischen Staaten und den USA beschrieben (3.4), um eine Vergleichsmöglichkeit mit dem deutschen Recht zu bieten. 3.1 Europäisches und deutsches Verfassungsrecht Ein Recht auf Zugang zu Kommunikationsnetzen, also ein Recht, sowohl Inhalte mittels eines bestimmten Netzes zu verbreiten als auch zu empfangen, könnte zum einen den Diensteanbietern und zum anderen den Zuschauern zustehen. Um zu prüfen, ob sich solche Rechte im Bereich des Rundfunks aus den Grundrechten der Meinungs- und Informationsfreiheit oder der Rundfunkfreiheit ableiten lassen, sind sowohl das europäische als auch das deutsche Verfassungsrecht zu betrachten. 3.1.1 Zugangsrecht und Grundfreiheiten auf europäischer Ebene Auf europäischer Ebene haben die Mitgliedstaaten des Europarats diese Freiheiten in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK)93 verankert. Diese bindet die Vertragsstaaten des Europarats, ist aber auf Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft nicht unmittelbar anwendbar. Dennoch findet die EMRK auch im Recht der Europäischen Union Anwendung. Hierfür gibt es zwei Gründe. Zum einen sind die einzelnen EU-Mitgliedstaaten zugleich Mitgliedstaaten des Europarats. Sie können aber bei ihrem mitgliedstaatlichen Handeln in Rechtsetzungsverfahren innerhalb der Union ihre Pflichten aus der Mitgliedschaft im Europarat nicht verleugnen, sondern müssen auch in diesem Kontext die EMRK beachten94. Zum anderen wird ihre Anwendung vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) gefordert. Zwar enthält das Gemeinschaftsrecht keine eigenen ausformulierten Grundrechte, gewährleistet diese aber in dem Maß, wie es den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der 93 (Europäische) Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) vom 4.11.1950, BGBl. II 1952, 686 (zuletzt geändert mit BGBl. II 1994, 593). 94 EGMR, Urteil vom 18.2.1999, Nr. 24833/94 – Matthews. 48 Mitgliedstaaten entspricht95. Zu ihrer Konkretisierung orientiert sich der EuGH sowohl an der gemeinsamen Verfassungsüberlieferung der Mitgliedstaaten als auch an internationalen Verträgen über den Schutz der Menschenrechte, an deren Abschluss die Mitgliedstaaten beteiligt sind. Hierzu zählt vorrangig die EMRK96. Diese Rechtsprechung wurde insofern im Vertrag über die Europäische Union (EUV) von Maastricht anerkannt, als in Art. 6 Abs. 2 EUV ausdrücklich auf die EMRK als Quelle für die vom EuGH abgeleiteten Grundrechte Bezug genommen wurde97. Gemäß Art. 46 Buchstabe d EUV ist diese Bestimmung auch für den EGV maßgebend98. Ebenso ist die anlässlich des Europäischen Rates von Nizza vom 7. bis 11. Dezember 2000 proklamierte Grundrechtecharta der Europäischen Union nicht unmittelbar Bestandteil des Gemeinschaftsrechts. Sie wird aber – wie auch die EMRK – vom EuGH als Bestandteil der gemeinsamen Verfassungsüberlieferung der Mitgliedstaaten99 anerkannt und in Gerichtsverfahren angewendet100. Ihre Aufgabe wurde vom Europäischen Rat von Köln als Visualisierung und Zusammenführung der Grundrechte der europäischen Bürger beschrieben101. Diese Funktion wird auch dadurch deutlich, dass die einschlägige Vorschrift des Art. 11 der Charta in ihrem Absatz 1 nahezu wortgleich wie die entsprechende Gewährleistung in Art. 10 Abs. 1 EMRK formuliert ist102. Art. 10 Abs. 1 EMRK: Jeder hat Anspruch auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Freiheit der Meinung und die Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten oder Ideen ohne Eingriffe öffentlicher Behörden und ohne Rücksicht auf Landesgrenzen ein. Dieser Artikel schließt nicht aus, daß die Staaten Rundfunk-, Lichtspiel- oder Fernsehunternehmen einem Genehmigungsverfahren unterwerfen. Art. 11 Grundrechtecharta von Nizza: (1) Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben. (2) Die Freiheit der Medien und ihre Pluralität werden gewährleistet. 95 EuGH, Rs. 29/69, Slg. 1969, 419 – Stauder, Rn. 7; Maunz/Dürig-Scholz, Art. 23, Rn. 13 ff. Zur Geltung dieses Grundsatzes im Rahmen des Art. 220 EGV s. auch Lenz-Borchardt, Art. 220, Rn. 31. 96 S. Lenz-Borchardt, Art. 220, Rn. 31. 97 So erstmals durch den Vertrag von Maastricht in Art. F Abs. 2 EUV. Über die Rechtsprechung des EuGH hinaus bietet jedoch auch der EUV keinen eigenständigen Grundrechtsschutz. 98 Siehe auch: Geiger, EGV, Art. 220, Rn. 34. 99 Geiger, EGV, Art. 6, Rn. 9; Stock, K&R 2001, 289. Anlässlich der Vorstellung der Gliederung einer Verfassung der Europäischen Union durch den Präsidenten des Verfassungskonvents, Giscard d'Estaing, am 28.10.2002 in Brüssel, erzielten die Konventsmitglieder mehrheitlich jedoch Konsens dahin gehend, dass die Grundrechtecharta formell Teil des Unions- bzw. Gemeinschaftsrechts werden solle; lediglich ihre Stellung im Verfassungstext scheint demnach noch umstritten, s. Süddeutsche Zeitung vom 30.10.2002. Letztlich ist dies durch die Regierungskonferenz im Jahre 2004 zu entscheiden. 100 Etwa Schlussanträge des Generalanwalts Tizzano vom 18.2.2001 in der Rechtssache C-173/99 – BECTU, Nr. 26: „Noch bedeutsamer scheint mir jedoch die Tatsache, dass dieser Anspruch in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union feierlich bestätigt worden ist, die am 7. Dezember 2000 vom Europäischen Parlament, vom Rat und der Kommission proklamiert wurde.“ 101 Der Europäische Rat trat am 3. und 4.6.1999 in Köln zusammen, um nach Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam wichtige Zukunftsfragen zu erörtern. Schlussdokument abrufbar unter http://europa.eu.int/council/off/conclu/june99/june99_de.htm, abgerufen am 31.10.02. 102 Siehe Borchardt, EU- und EG-Vertrag, S. 367 ff., 375f. 49 An die durch den EuGH entwickelten Gemeinschaftsgrundrechte, zu denen auch die Meinungs- und Informationsfreiheit zählt103, sind die Gemeinschaften und ihre Organe gebunden104, auch die Auslegung des primären Gemeinschaftsrechts hat im Licht dieser Grundrechte zu erfolgen105. Daneben binden sie die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung und dem administrativem Vollzug des Gemeinschaftsrechts. Lediglich das Bestehen einer unmittelbaren Drittwirkung im Sinn einer Wirkung im Verhältnis Privater untereinander ist bislang noch umstritten106. In der Normenhierarchie stehen die Gemeinschaftsgrundrechte dem Vertragsrecht gleich. Sie zählen zum primären Gemeinschaftsrecht107. Für den Zugang zu Rundfunkübertragungsnetzen ist auf europäischer Ebene somit Art. 10 EMRK von zentraler Bedeutung. Er dient dem EuGH als wesentlicher Orientierungsmaßstab für die Anerkennung und Konkretisierung des Rechts auf Meinungs- und Informationsfreiheit. Nach Art. 10 Abs. 1 EMRK hat jeder Bürger das Recht auf freie Meinungsäußerung. Gemäß dem weiteren Wortlaut dieser Bestimmung schließt dieses Recht die Freiheit der Meinung und die Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten oder Ideen ohne Eingriffe öffentlicher Behörden und ohne Rücksicht auf Landesgrenzen ein. Art. 10 EMRK schützt demnach sowohl die aktive als auch die passive Informationsfreiheit einschließlich der Rundfunkfreiheit. Die freie Vermittlung und der freie Empfang von Informationen werden unabhängig von ihrer technischen Übermittlung gewährleistet108. Ebenso beinhaltet die Informationsfreiheit in Art. 10 EMRK das Recht, sich aller verfügbaren Kommunikationsmittel zu bedienen109. Dieses Verständnis der Meinungs- und Informationsfreiheit nach Art. 10 EMRK wurde vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in mehreren Entscheidungen bestätigt. In der „Autronic“-Entscheidung110 stellte der EGMR für die Satellitenkommunikation ausdrücklich fest, dass der Schutz des Art. 10 Abs. 1 EMRK sich nicht nur auf den Informationsinhalt, sondern auch auf die Empfangsmittel bezieht. Beschränkungen in Bezug auf die Empfangsmittel sind gleichzeitig auch Eingriffe in das Recht zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten111. Dabei kommt es weder auf den Inhalt der Informationen noch auf 103 Bleckmann, Europarecht, Rn. 110, m.w.N. 104 Lenz-Borchardt, Art. 220, Rn. 35. 105 EuGH, Rs. C-260/89, Slg. 1991, I-2925 – ERT, Rn. 41 ff.; s. auch Mitteilung der Kommission über die Anwendung der allgemeinen Grundsätze des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs – Art. 28 und 49 EGV – auf dem Gebiet der Nutzung von Parabolantennen, KOM(2001) 531 endg. vom 27.6.2001, S. 11. 106 Lenz-Borchardt, Art. 220, Rn. 35. Unter Hinweis auf EuGH, Rs. C-281/98 , Slg. 2000, I-4139 – Angonese, und EuGH, Rs. C-415/93, Slg. 1995, I-4921 – Bosman, bejahend Dörr, K&R 2001, 608 m.w.N., eingeschränkt ablehnend z.B. Charissé, INFOSAT 9/2002, 81, der darauf hinweist, dass der EuGH die unmittelbare Wirkung zwischen den Parteien ausdrücklich auf die Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit bezieht. 107 Lenz-Borchardt. Art. 220, Rn. 38; Geiger, EGV, Art. 220, Rn. 21. 108 So auch Zuleeg, ZUM 1997, 778, 782. 109 S. Dörr, Zugang zu den Kabelnetzen, S. 107. 110 EGMR, Urteil vom 22.5.1990, Nr. 17/1989/175/231, EuGRZ 1990, 261 ff. – Autronic. 111 Gegenstand des Verfahrens war die Inbetriebnahme einer Parabolspiegelantenne mit dem Zweck, zur Demonstration der Leistungsfähigkeit der Anlage bei Verkaufsmessen in der Schweiz sowjetische Programme über einen sowjetischen Satelliten empfangen zu können. 50 den Zweck ihres Sendens oder Empfangens an. Auch ein rein wirtschaftlicher Nutzungszweck ist durch die Freiheit geschützt, sich bestimmter technischer Empfangsmittel zu bedienen. Grundsätzlich kann daher ein generelles Zugangsrecht von Empfängern und Rundfunkveranstaltern zu den einzelnen Kommunikationsnetzen aus Art. 10 EMRK abgeleitet werden. Dieser gilt für die Empfangsfreiheit genauso wie für die Freiheit, Informationen zu verbreiten. Sowohl Rundfunkempfänger als auch Rundfunkveranstalter werden vom Schutz des Art. 10 Abs. 1 EMRK umfasst. Er gilt für alle Kommunikationswege und „Übertragungs- und Empfangsmittel“112, nicht nur für die zum Empfang von Informationen, sondern auch für die zur Übertragung erforderlichen technischen Anlagen113. Diese Grundsätze wandte der EGMR nicht nur auf die Übertragung durch Satelliten, sondern in der Entscheidung „Informationsverein Lentia“114 und in der „TELE 1 Privatfernseh GmbH“115 auch auf terrestrischen Hörfunk und Kabelfernsehen an. Allerdings handelt es sich nicht um einen uneingeschränkten Weiterverbreitungs- oder unbedingten Zugangsanspruch116. Denn Art. 10 EMRK gebietet den Vertragsstaaten den gesamten Kommunikationsprozess nicht nur zur individuellen Freiheitsentfaltung, sondern auch zu einem weitergehenden Zweck zu schützen. Sie sollen eine Rechtsordnung schaffen, die Kommunikationsinhalte, Kommunikationsmittel und Kommunikationswege schützt, um einen Pluralismus der Meinungen zu gewährleisten117. Um beide Ziele zu erreichen, muss der Gesetzgeber den Zugang zu den einzelnen Bestandteilen des Kommunikationsprozesses ausgestalten118. Die Austarierung der beiden Facetten des Art. 10 EMRK – einerseits die individuelle Veranstalterfreiheit, andererseits die institutionell-rechtlichen Aspekte119 – muss demnach im Einzelfall erfolgen und eröffnet den Mitgliedstaaten einen gewissen Beurteilungsspielraum (margin of appreciation)120. Daher war es zum Beispiel im Fall „TELE 1 Privatfernseh GmbH“ nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip vertretbar, wenn Österreich aus Pluralismuserwägungen heraus ein Monopol des ORF für die terrestrische Ausstrahlung von Rundfunkveranstaltungen vorsah, wenn zugleich mit diesem Eingriff in die Rundfunkfreiheit aus 112 EGMR, Urteil vom 22.5.1990, Nr. 17/1989/175/231, EuGRZ 1990, 261 ff. – Autronic. 113 EGMR, Urteil vom 28.3.1990, Nr. 14/1988/158/214, EuGRZ 1990, 255 ff. – Groppera. 114 EGMR, Urteil vom 24.11.1993, Nr. 36/1992/381/455-459, EuGRZ 1994, 549, 550 – Informationsverein Lentia. Andere Beschwerdeführer in diesem Verfahren hatten um die Zuteilung einer Frequenz oder die Genehmigung für terrestrisch zu verbreitende Hörfunkprogramme nachgesucht. 115 EGMR, Urteil vom 21.9.2000, Nr. 32240/96 – TELE 1. 116 S. Dörr/Janik/Zorn, Zugang zu den Kabelnetzen, S. 108f. 117 EGMR, Urteil vom 24.11.1993, Nr. 36/1992/381/455-459, EuGRZ 1994, 549, 550 – Informationsverein Lentia, Rn. 38. 118 Entsprechende Regelungen sind grundsätzlich an den (materiellen) Voraussetzungen des Art. 10 Abs. 2, ggf. i.V.m. Abs. 1 Satz 3 EMRK, zu messen. 119 Schulz/Jürgens, Content-Richtlinie; Umdruck S. 12f., verstehen den Genehmigungsvorbehalt gemäß Art. 10 Abs. 1 Satz 3 EMRK in erster Linie dahin, dass sich die mitgliedstaatliche Ausgestaltung der Rundfunkordnung an der Pluralismussicherung zu orientieren habe. S. zum Streitstand ebenda sowie Engel, Privater Rundfunk, S. 439, einerseits und Petersen, Rundfunkfreiheit, andererseits. 120 Siehe hierzu Graber, Bröckelndes Monopol des ORF, Anm. z. Urt. des EGMR, TELE 1, abrufbar unter http://www.weblaw.ch/jusletter/Artikel.jsp?ArticleNr=828&Language=1, abgerufen am 31.10.2002; Streit, Medien & Recht 2000, 209, 210f. 51 Art. 10 Abs. 1 EMRK privater Rundfunk in Form aktiven Kabelfernsehens ermöglicht wurde121. Der EuGH hat in mehreren Entscheidungen zwar auf Art. 10 EMRK Bezug genommen122, Fragen der Zugangs- und Empfangsfreiheit allerdings vorrangig über eine Auslegung der in Art. 49 EGV123 gewährleisteten Dienstleistungsfreiheit beantwortet124. Nach dieser Rechtsprechung ist der freie Dienstleistungsverkehr nur dann berührt, wenn die Ausstrahlung von Fernsehsendungen auch grenzüberschreitend wirkt125. Um die Dienstleistungsfreiheit ausüben zu können, ist für den Rundfunkveranstalter ein Recht auf Zugang zu Kommunikationsnetzen anzuerkennen126. Dies wurde konkret für den Weiterverbreitungsanspruch hinsichtlich des Zugangs zu Kabelfernsehnetzen bejaht127. Das gleiche gilt für die Empfangsfreiheit als Möglichkeit, grenzüberschreitende Rundfunkdienstleistungen annehmen zu können. Daher hat der EuGH für eine Beschränkung der Dienstleistungsempfänger in ihrer Freiheit, über Satellit ausgestrahlte Programme von Veranstaltern aus anderen Mitgliedstaaten zu empfangen, einen Verstoß gegen die Grundfreiheit des Art. 49 EGV bejaht128. Einschränkungen dieser Grundfreiheit hat der EuGH dann anerkannt, wenn sie durch Gründe nichtwirtschaftlicher Art, die im öffentlichen Interesse liegen, gerechtfertigt sind. Daher hat er in einem frühen Urteil festgestellt, dass ein Fernsehmonopol als solches nicht gegen das Gemeinschaftsrecht verstößt129, in einem späteren Urteil aber dargelegt, dass die Ausgestaltung und Ausübung eines solchen Monopols gegen die Gewährleistung des freien Dienstleistungsverkehrs verstoßen kann130. Ein Verstoß kann insbesondere dann vorliegen, wenn ein Monopol dazu führt, dass Fernsehsendungen aus anderen Mitgliedstaaten gegenüber inländischen Sendungen diskriminiert werden. Vorschriften mit diskriminierender Wirkung können gemäß Art. 55 und Art. 46 EGV131 allenfalls aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigt sein. Solche Beschränkungen sind allerdings ihrerseits unter Beachtung der aus Art. 10 EMRK abgeleiteten Meinungsfreiheit zu beurteilen132. 121 EGMR, Urteil vom 21.9.2000, Nr. 32240/96 – TELE 1, Rn. 38, 40 f. In Anbetracht der Versorgungssituation in der Region Wien, die von einer hohen Penetrationsrate von Kabelanschlüssen (auch in Haushalten mit terrestrischem Empfang) geprägt sei, liege eine weniger restriktive Lösung vor. 122 Als Beispiel für den Bereich des Rundfunks insbesondere: EuGH, Rs. C-260/89, Slg. 1991, I-2925 – ERT, Nr. 41 ff. 123 Art. 49 EGV n.F. entspricht Art. 59 EGV a.F. 124 S. jüngst EuGH, Rs. C-17/00, Slg. 2001, I-9445 – de Coster; EuGH, Rs. C-23/93, Slg. 1994, I-4795 – TV 10; EuGH, Rs. 52/79, Slg. 1980, 833 – Debauve; EuGH, Rs. 155/73, Slg. 1974, 409 – Sacchi. 125 EuGH, Rs. 52/79, Slg. 1980, 833 – Debauve; bestätigt durch EuGH, Rs. C-23/93, Slg. 1994, I-4795 – TV 10, Rn. 14, 26. 126 EuGH, Rs. C-17/00, Slg. 2001, I-9445 – de Coster, Rn. 34. 127 So z.B. EuGH, Rs. C-353/89, Slg. 1991, I-4069 – Kommission/Niederlande; EuGH, Rs. C-11/95, Slg. 1996, I-4115 – Kommission / Belgien. 128 EuGH, Rs. C-17/00, Slg. 2001, I-9445 – de Coster, Rn. 29 ff., 33. 129 EuGH, Rs. 155/73, Slg. 1974, 409 – Sacchi, Rn. 6. 130 EuGH, Rs. C-260/89, Slg. 1991, I-2925 – ERT, Rn. 12, 20, 24f. 131 Art. 55 EGV n.F. entspricht Art. 66 EGV a.F., Art. 46 EGV n.F. entspricht Art. 56 EGV a.F. 132 Dies fordert ebenfalls die Kommission, siehe die Mitteilung der Kommission über die Anwendung der allgemeinen Grundsätze des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs – Art. 28 und 49 EGV – auf dem Gebiet der Nutzung von Parabolantennen , KOM(2001) 531 endg. vom 27.6.2001, Teil II, 2., S. 11. 52 Ob aus der Meinungsfreiheit ein Zugangsrecht der Rundfunkveranstalter abgeleitet werden kann, hat der EuGH allerdings noch nicht ausdrücklich entschieden. Insbesondere blieb die Frage, ob aus Art. 10 EMRK – gegebenenfalls in Verbindung mit den Bestimmungen über die Dienstleistungsfreiheit des EG-Vertrags – ein Zugang ausländischer Rundfunkanbieter zum nationalen Rundfunkmarkt hergeleitet werden kann, unbeantwortet. Das Gericht nahm bisher auch keine Abwägung vor zwischen der aus Art. 10 EMRK ableitbaren individuellen (subjektiven) Rundfunkveranstalterfreiheit133 und dem Ziel des Art. 10 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 EMRK134, die freie Meinungsäußerung mittels der Wahrung der Meinungsvielfalt zu schützen. Die Bedeutung des Art. 10 EMRK beschränkte sich für den EuGH vielmehr auf die Auslegung der gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten und die Rechtfertigung der diese einschränkenden mitgliedstaatlichen Bestimmungen. Er entnahm Art. 10 EMRK, dass der Schutz des Pluralismus ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel und damit grundsätzlich einen anzuerkennender Grund darstellt, die Dienstleistungsfreiheit einzuschränken135. Art. 11 der EU-Grundrechtecharta schützt die Meinungsfreiheit und die Freiheit der Medien. Die Bestimmung basiert auf Art. 10 EMRK und entspricht in ihrem Abs. 1 nahezu dessen Wortlaut. Einen wesentlichen Unterschied enthält allerdings Art. 11 Abs. 2 der Charta, der ausdrücklich hervorhebt, dass die Freiheit der Medien und ihre Pluralität geachtet werden. Auch wenn unterschiedliche Auslegungen dieser Bestimmung für möglich erachtet werden und sie in ihrer durch Art. 10 EMRK geprägten Aussage unterschiedlich interpretiert wird136, ist ihr jedenfalls zu entnehmen, dass ein kulturell vielfältiges und plurales Mediensystem in Europa gewünscht wird137. Zugleich wird hierzu – soweit ersichtlich – eine Auslegung favorisiert, die unter Bezugnahme auf das Protokoll zum Amsterdamer Vertrag über den öffentlichrechtlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten und die EuGH-Rechtsprechung138 eine Ausgestaltungshoheit des mitgliedstaatlichen Gesetzgebers bezüglich seines Rundfunksystems anerkennt139. Vielfalts- und Pluralismussicherung werden wesentlich durch die Zugangsoffenheit der einzelnen Medien und ihrer Übertragungsmittel bedingt. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sich aus Art. 10 EMRK, Art. 11 der Grundrechtecharta sowie Art. 49 EGV das normative Ziel, das den Mitgliedstaaten vorgegeben ist, entnehmen lässt, zur Sicherung individueller Freiheiten wie auch des Allgemeininteresses der Meinungspluralität den freien Zugang zu allen Übertragungswegen und den freien Empfang auf allen Übertragungswegen zu gewährleisten. Ein direkter Zugangsanspruch Einzelner lässt sich daraus allerdings nicht ableiten. 133 EGMR, Urteil vom 24.11.1993, Nr. 36/1992/381/455-459, EuGRZ 1994, 549, 550 – Informationsverein Lentia; Probst, Art. 10 EMRK, S. 41, 47f., 51f.; Astheimer, Rundfunkfreiheit, S. 136. 134 EGMR, Urteil vom 24.11.1993, Nr. 36/1992/381/455-459, EuGRZ 1994, 549, 550 – Informationsverein Lentia, Rnr. 38.; EuGH, Rs. C-23/93, Slg. 1994, I-4795 – TV 10, Rnr, 24f. 135 EuGH, Rs. C-23/93, Slg. 1994, I-4795 – TV 10, Rn. 25; EuGH, Rs. C-353/89, Slg. 1991, I-4069 – Kommission/Niederlande, Rn. 30. 136 Zur Entstehungsgeschichte und den verschiedenen Auslegungsmöglichkeiten Stock, K&R 2001, 289 ff., sowie Leinen, Charta, S. 15 ff. 137 S. hierzu Schulz/Jürgens, Content-Richtlinie, S. 16 ff. m.w.N.; Bröhmer, Medienordnung, S. 89 ff. 138 EuGH, Rs. C-353/89, Kommission/Niederlande, Slg. 1991, I-4069, Rn. 39 ff.; vgl. ferner Erwägungsgrund Nr. 8 i.V.m. Nr. 13 und 16 der Fernseh-Richtlinie 89/552/EWG, Erwägungsgründe Nr. 15 und 44 der Fernseh-Richtlinie i.d.F. der Richtlinie 97/36EG. 139 S. Borchardt, EU- und EG-Vertrag, S. 367 ff., 375f.; Schulz/Jürgens, Content-Richtlinie, S. 16. 53 3.1.2 Zugangsrecht und Grundrechte in Deutschland Im Verfassungsrecht der Bundesrepublik Deutschland kann ein Recht auf Zugang zu Kommunikationsnetzen aus Art. 5 Abs. 1 GG hergeleitet werden. Insbesondere die Informations-, Meinungs- und Rundfunkfreiheit bieten hierfür Anhaltspunkte und Maßstäbe. Die Gewährleistung aller drei Freiheiten gilt als Grundvoraussetzung für eine lebendige Demokratie. Durch sie wird ein freier Kommunikationsprozess garantiert, in dem jeder Meinungen empfangen, bilden und äußern kann. Die Rundfunkfreiheit wird als ein der individuellen und öffentlichen Meinungsbildung „dienendes Freiheitsrecht“ verstanden140. Freie Meinungsbildung ist auf Medien angewiesen, die Meinungen verbreiten und über die Meinungen geäußert werden können. Die Ordnung dieser Medien und der Zugang zu ihnen ist für den demokratischen Kommunikationsprozess von entscheidender Bedeutung. Dies gilt für den Rundfunk wegen seiner Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft in besonderer Weise141. Um die Teilnahme am Rundfunk sicherzustellen, fällt sowohl die Freiheit des Rundfunkveranstalters, Rundfunk zu verbreiten142, als auch die Freiheit des Empfängers, Rundfunk in der beschriebenen Breite zu empfangen143, unter den Schutzbereich der Rundfunkfreiheit. Um die Rundfunkfreiheit nach diesem Verständnis sicherzustellen, ist der Gesetzgeber nach der Rechtsprechung des BVerfG verpflichtet, sie durch eine positive Ordnung auszugestalten144. Diese soll sicherstellen, dass die innerhalb der Gesellschaft existierende Meinungsvielfalt im „Medium“ Rundfunk in voller Breite Ausdruck findet. Gefordert wird die Ausgewogenheit des Gesamtangebots. Durch die Grundversorgung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, dessen Ausgewogenheit durch einen „Binnenpluralismus“ gesichert wird, und durch ein ergänzendes Angebot privater Rundfunkveranstalter, dessen Ausgewogenheit durch die Breite und Vielfalt der zugelassenen Anbieter in Form eines „Außenpluralismus“ gewährleistet wird, kann den Anforderungen an eine solche Ordnung entsprochen werden145. Die geforderte positive Ordnung verlangt vom Gesetzgeber nicht nur den Erlass materiellrechtlicher Programmgrundsätze, sondern auch organisationsrechtliche Maßnahmen wie die Sicherung eines angemessenen Zugangs146. Das BVerfG präzisierte seine Anforderungen an die Ausgewogenheit des Rundfunkangebots in Bezug auf einzelne Übertragungswege. Die gebotene Meinungsvielfalt und Ausgewogenheit muss für jeden Übertragungsweg gesichert sein, damit auch jeder Bürger unabhängig von technischen Infrastrukturen das Gesamtangebot des Rundfunks nutzen kann147. Ansonsten wäre die Meinungsvielfalt für die Bürger eingeschränkt, die auf bestimmte Übertragungswege 140 BVerfGE 90, 60, 87 ff.; 87, 181, 197; 83, 238, 295; 57, 295, 319; s. auch Dörr, Zugang zu den Kabelnetzen, S. 130 ff.; Gersdorf, Chancengleicher Zugang zum digitalen Fernsehen, S. 21. 141 BVerfGE 90, 60, 87. 142 BVerfGE 10, 118, 121; 91, 125, 134f.; Charissé, Rundfunkveranstaltungsfreiheit, S. 80 ff. 143 BVerfGE 57, 295, 319. 144 BVerfGE 57, 295, 319. Aus der jüngsten Literatur zu den verschiedenen Funktionen der kommunikativen Freiheitsrechte aus Art. 5 GG und ihrer verfassungsdogmatischen Bedeutung s. Kübler, AfP 2002, 277; Stürner, AfP 2002, 283; Bethge, DÖV 2002, 674, 680. 145 BVerfGE 57, 295, 319f. 146 Maunz/Dürig-Herzog, Art. 5, Rn. 216. 147 BVerfGE 73, 118, 162; s. zur Grundversorgung im Sinn dieses Urteils auch Hartstein/Ring/Kreile/ Dörr/Stettner, RStV, Allgemeine Erläuterungen, Rn. 28; Stürner, AfP 2002, 283, 289. 54 angewiesen sind. Dieser Grundsatz gilt für den Rundfunkempfang sowohl über Kabelnetze148 als auch über Satellit149. Hieraus ist der Schluss zu ziehen, dass korrespondierend auch den Rundfunkveranstaltern ein offener Zugang zu jedem einzelnen Übertragungsweg gewährt werden muss. In diesem Sinn gewährleistet die Rundfunkfreiheit Veranstaltern und Empfängern einen Anspruch auf Schutz durch die Rechtsordnung, begründet allerdings selbst keinen direkten Anspruch gegenüber privaten Dritten im Sinn einer unmittelbaren Drittwirkung150. Für den Schutzbereich der Informationsfreiheit, die das Recht umfasst, sich aus möglichst vielen allgemein zugänglichen Quellen informieren zu können, gelten ähnliche Maßstäbe. Unter „allgemein zugänglichen“ Informationsquellen sind solche Quellen zu verstehen, die geeignet und bestimmt sind, der Allgemeinheit, also einem individuell nicht bestimmbaren Personenkreis, Informationen zu verschaffen, weshalb gerade der Rundfunk als Massenkommunikationsmittel zu ihnen zählt. Ebenso wie der EGMR stellte das BVerfG fest, dass sich der Schutzbereich der Informationsfreiheit auf die zur Erschließung der Informationsquellen erforderlichen technischen Voraussetzungen erstreckt151. Dennoch gibt auch das Grundrecht der Informationsfreiheit keinen Individualanspruch auf Einspeisung bestimmter Programme in einen bestimmten Verbreitungsweg. Soweit es zu einer Konkurrenz zwischen den Grundrechten der Gemeinschaft und deutschem Verfassungsrecht und zwischen der Rechtsprechungstätigkeit des EuGH und dem BVerfG kommt, hat das BVerfG in seinem „Solange II-Beschluss“152 festgestellt, dass der EuGH durch richterliche Rechtsfortbildung einen adäquaten Grundrechtsschutz gewährleistet und das BVerfG Normenkontrollverfahren in Bezug auf das Gemeinschaftsrecht daher mangels Zuständigkeit als unzulässig abweist. In seinem „Maastricht-Urteil“153 stellte das BVerfG klar, dass es seine Gerichtsbarkeit über die Anwendbarkeit von abgeleitetem Gemeinschaftsrecht in Deutschland in einem „Kooperationsverhältnis“ zum EuGH dergestalt ausübt154, dass der EuGH den Grundrechtsschutz im Einzelfall garantiert und das BVerfG sich deshalb auf eine generelle Gewährleistung der unabdingbaren Grundrechtsstandards beschränken kann155. 148 BVerfGE 73, 118, 162. 149 Vielfach ist auf Grund einer besonderen geografischen Beschaffenheit (z.B. Gebirge) oder Lage (z.B. große Entfernung von Ballungszentren mit anderen Übertragungsmöglichkeiten) nur Satellitenempfang möglich. 150 S. Maunz/Dürig-Herzog, Art. 5, Rn. 27 ff. 151 S. BVerfGE 90, 27 ff. sowie BVerfGE 93, 381 ff. 152 BVerfGE 73, 339 ff. 153 BVerfGE 89, 155 ff. 154 Dies schließt nicht aus, dass in Anwendung dieser Grundsätze die Grundrechte beachtet werden müssen. So BVerfG, EuZW 1995, 126, zur Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG. Der VGH Kassel hatte unter Hinweis auf geringe Erfolgsaussichten eines Verfahrens vor dem EuGH nach Art. 177 EGV (Art. 234 EGV n.F.) den vorläufigen Rechtsschutz verweigert. Nach Auffassung des BVerfG hätte sich der VGH trotz der Annahme geringer Erfolgsaussichten damit auseinandersetzen müssen, ob Grundrechte des Beschwerdeführers verletzt sind. 155 BVerfGE 89, 155, 175; beachte aber auch BVerfGE 102, 147 ff. Teile der Literatur sehen hierin eine Relativierung der Maastricht-Entscheidung und Rückkehr zu Solange II – vgl. statt vieler Maunz/Dürig-Scholz, Art. 23, Rn. 13 ff. 55 3.1.3 Zusammenfassung Die Schutzbereiche der Grundfreiheiten und Grundrechte erstrecken sich sowohl auf europäischer Ebene als auch in Deutschland auf das Recht des Zugangs zu den einzelnen Kommunikationsnetzen. Ein individueller unmittelbarer Anspruch auf direkten und uneingeschränkten Zugang zu einem bestimmten Netz, sei es zum Zweck der Weiterverbreitung oder des Empfangs von Informationen, lässt sich aus diesem Schutzauftrag jedoch nicht ohne weiteres ableiten. Sowohl in Bezug auf Art. 10 EMRK als auch auf Art. 5 GG hob die Rechtsprechung bislang die Abwehrfunktion der in ihnen verbrieften Freiheitsrechte hervor. Sie verpflichtete den betroffenen Staat, in der Aufstellung und Anwendung seiner Rechtsordnung dieses Zugangsrecht zu beachten, ohne einen allgemeinen unmittelbaren Leistungsanspruch eines Bürgers auf Zugang zu einem bestimmten Netz explizit anzunehmen. Relevant wird der grundrechtliche Schutz des Zugangs zu Übertragungsnetzen allerdings als Auftrag an den nationalen und europäischen Gesetzgeber, diesen Schutz in der Rechtsordnung auszugestalten, und als Maßstab für die Auslegung einfachen Rechts156. Art. 10 EMRK, Art. 11 der Grundrechtecharta sowie Art. 49 EGV geben den Mitgliedstaaten das Ziel vor, zur Sicherung individueller Freiheiten wie auch des Allgemeininteresses der Meinungspluralität den freien Zugang zu allen Übertragungswegen und den freien Empfang auf allen Übertragungswegen zu gewährleisten. Sowohl mit dem Auftrag an den Gesetzgeber als auch als Maßstab für die Rechtsauslegung ist das Ziel zu verwirklichen, die Kommunikations- und Meinungsbildungsprozesse zur Gewährleistung eines Meinungspluralismus insgesamt vor ungerechtfertigten Eingriffen zu schützen. Für das Verständnis des Schutzauftrags ist demnach nicht nur das Individualinteresse einzelner Veranstalter und Empfänger zu berücksichtigen, sondern auch und vor allem der Gestaltungsauftrag der Grundrechte zu beachten. Zugangsfreiheit und Pluralismussicherung müssen in einer Rechtsordnung verwirklicht werden. 156 Zum Recht auf Aufstellen einer Parabolantenne siehe unten 3.3.3.2. 56 3.2 Zur Geschichte der Regulierung des Satellitenempfangs Zur Beurteilung regulatorischer Ansätze im Bereich des Satellitenmarkts ist es aufschlussreich, einige Aspekte unterschiedlicher Regulierungsbemühungen der Vergangenheit darzustellen. Einige der damaligen Rahmenbedingungen – etwa der Wandel der Übertragungstechniken, der Versuch der Standardisierung oder die Suche nach geeigneten rechtlichen Rahmenbedingungen – weisen in Teilen Parallelen zur heutigen Situation des Übergangs in ein vollständig digitalisiertes Rundfunksystem auf. Dagegen sind die stark polarisierenden, medienpolitischen Grundsatzfragen der siebziger und achtziger Jahre weitgehend beantwortet; anders als in den Anfängen des Satellitenrundfunks sind der prinzipiell freie Zugang zu den Informationsquellen und die dadurch mögliche inhaltliche Vielschichtigkeit der Angebote akzeptiert. Einige der Regulierungsbemühungen müssen zumindest auch unter dem Gesichtspunkt der Bewahrung nationaler Einflüsse und der seinerzeit hoheitlich geprägten Strukturen – etwa im Bereich der Postverwaltungen – betrachtet werden. Andere Aspekte – zum Beispiel eine Tendenz zur Sicherung bestehender Breitbandkabelstrukturen – sind damals wie heute aktuell. 3.2.1 Überblick über die verfolgten Regulierungsansätze Die Regulierung des Satellitenrundfunks erstreckte sich ab Mitte der siebziger Jahre zunächst auf vier Kernbereiche157, nämlich auf • die internationale Zuordnung von geostationären Orbitalpositionen, • die Zuordnung von Übertragungskapazitäten, • die Festlegung technischer Normen, • die Regelungen der Voraussetzungen des Empfangs von Satellitensignalen. Diese Kernbereiche sollen zusammenfassend in ihrer Entwicklung dargestellt werden158. 3.2.1.1 Internationale Zuordnung von geostationären Orbitalpositionen Den Grundstein für die Entwicklung der Satellitenkommunikation legte Anfang 1977 die „World Adminstrative Radio Conference (WARC oder WRC)“ in Genf159. Neben den jeweils verfügbaren Frequenzbändern wurden in den damaligen Verhandlungen geostationäre Satellitenpositionen für insgesamt 112 antragstellende Länder vereinbart. Das Abkommen trat 1979 für eine Dauer von 15 Jahren in Kraft. Eine gemeinsame Orbitalposition auf 19 Grad 157 Daneben gab es z.B. für den Bereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks programmliche Aufträge im Zusammenhang mit der Verbreitung via Satellit: So ermächtigte und verpflichtete etwa Art. 2 RStV von 1987 ARD und ZDF, jeweils „über Satelliten ein zusätzliches Fernsehprogramm mit kulturellem Schwerpunkt zu veranstalten“. 158 Angesichts zahlreicher chronologischer Darstellungen im Internet http://www.gfu.de/pages/history/his_sat.html) wird auf eine eigene Zeittafel verzichtet. 159 S. auch Kap. 3.3.2.1. (z.B. 57 West wurde der Bundesrepublik Deutschland mit Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden, Italien, Österreich und der Schweiz zugewiesen. Die Zuordnung erlaubte den antragstellenden Staaten, jeweils bis zu fünf ihnen zugeordnete, analoge Fernsehprogramme auszustrahlen. Diese fünf analogen Kapazitäten waren später Gegenstand der Regelungen zum Beispiel des Art. 1 RStV 1987 oder der Staatsverträge der sogenannten Nord-, Süd- oder Westschiene160. Auf verschiedenen Folgekonferenzen wurden die Parameter jeweils angepasst, wobei die Konferenzen den Grundsatz des freien und gleichmäßigen Zugangs zu den Orbitalpositionen zum Maßstab hatten. Zuletzt sah die WRC 2000 für Rundfunksatelliten die Zuordnung je einer Orbitalposition pro europäischem Land mit jeweils 10 analogen Rundfunkkanälen vor. Für Deutschland, Österreich, die Schweiz und Liechtenstein ist nunmehr eine gemeinsame Orbitalposition auf 19 Grad West mit erweiterter Ausleuchtzone vorgesehen, die den Betrieb eines gemeinsamen Systems mit bis zu 40 Kanälen erlaubt. 3.2.1.2 Zuordnung von Kapazitäten Auf der Basis der Festlegungen der WRC 1977 standen der Bundesrepublik mit Wirkung ab 1979 fünf analoge Fernsehkanäle zur Nutzung zur Verfügung, deren Vergabe die Länder in eigener Kompetenz vornehmen wollten. Anlässlich einer Konferenz im Juni 1981 stellten die Ministerpräsidenten der Länder ausdrücklich fest, dass die Entscheidung über die Nutzung von Satelliten für Rundfunkzwecke ausschließlich in der Zuständigkeit der Länder liegt. Der RStV 1987 enthält in Art. 1 Regelungen, wonach drei der fünf durch WRC 1977 zugeordneten Satellitenkanäle aufgrund von Staatsverträgen zwischen Ländern nach Länderquoten von verschiedenen privaten Veranstaltern genutzt werden können, die beiden anderen werden ARD und ZDF für Fernsehen bzw. zumindest teilweise auch für die Ausstrahlung digitalen Hörfunks zugewiesen. Bereits 1986 waren der Nord- und Südschienenstaatsvertrag geschlossen worden. Zur Nordschiene zählten die Länder Berlin, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Die Südschiene bildeten Baden-Württemberg, Bayern und Rheinland-Pfalz. In einer Präambel war im Nordschienenstaatsvertrag festgehalten worden, dass es „angesichts der raschen nationalen und internationalen Entwicklung neuer Techniken zur Übertragung von Hörfunk und Fernsehen und angesichts des Umstandes, daß es den Ländern insgesamt zur Zeit nicht gelingt, sich über gemeinsame Rahmenbedingungen zur Neuordnung des Rundfunks zu einigen“, notwendig sei, für die vertragsschließenden Länder sozusagen im Vorgriff auf einen Rundfunkstaatsvertrag „diesen Entwicklungen Rechnung zu tragen“. Erst 1989 wird der Westschienen-Staatsvertrag zwischen den Ländern Bremen, Hessen, Nordrhein-Westfalen und dem Saarland geschlossen. Gegenstand aller Verträge waren die Konkretisierung der Länderquote sowie die Verfahren der Auswahl und Aufsicht der Veranstalter, die über einen Deutschland zugeordneten Rundfunksatelliten verbreitet werden sollten. Diese Zuordnungsregelungen waren unter den Ländern zwar intensiv diskutiert worden, blieben jedoch ohne große praktische Relevanz für die Verbreitung von Rundfunk über Satellit. Zum einen waren die deutschen Rundfunksatelliten wirtschaftlich nicht erfolgreich: Die dominierende Rolle auf dem europäischen Markt übernahmen ASTRA und Eutelsat, die dem 160 Dazu sogleich Kap. 3.2.1.2. 58 Recht Luxemburgs bzw. Frankreichs unterworfen und damit dem Zugriff deutscher Medienpolitik entzogen waren. Damit waren die lediglich für deutsche Kapazitäten geltenden Zuordnungsregeln praktisch von immer geringerer Bedeutung. Zum anderen wurde die Unterscheidung zwischen Rundfunk- und Fernmeldesatelliten, die ursprünglich streng beachtet worden war, immer stärker aufgelöst. Dies wurde insbesondere durch den Umstand begünstigt, dass die direktstrahlenden, erfolgreich im Markt positionierten ASTRA-Satelliten formal als Fernmeldesatelliten betrieben werden. 3.2.1.3 Die Festlegung von Normen Während Satellitenrundfunk zunächst lediglich als Medium der Zuführung zu Kabelnetzen geplant war und für diesen Zweck ohnehin spezifische Empfangstechnik erforderlich war, stellte sich mit zunehmendem Direktempfang die Frage nach europaweit geltenden technischen Übertragungsstandards für den Satellitenempfang mit dem Ziel, den Empfang aller über Satellit ausgestrahlter Programme überall in Europa zu ermöglichen. Insbesondere die Inkompatibilität des deutschen PAL- und des französischen SECAM-Verfahrens wurden beanstandet. Diese beiden Normen sollten von dem einheitlichen, in den achtziger Jahren entwickelten MAC-Standard (MAC=Multiplexed Analogue Components) abgelöst werden. 1986 wurde die europäische MAC-Richtlinie161 beschlossen, die MAC als Übertragungsstandard für das Satellitenfernsehen festschrieb. In der Folge legte Deutschland TV SAT 2 und Frankreich TDF 1 für die Variante D2-MAC aus. Die Richtlinie wurde 1992 fortgeschrieben; dabei wurde die Stringenz der Standardisierung wegen der zunehmenden Kritik an der analogen MAC-Norm deutlich reduziert, bis schließlich die an Stelle der MAC-Richtlinie tretende Fernsehsignal-Richtlinie für die digitale Übertragung darauf verzichtete, einen bestimmten Standard ausdrücklich zu benennen. Vielmehr beschränkte sich die Richtlinie auf die Forderung nach dem Einsatz einer normierten Technik schlechthin, als die derzeit der DVBStandard gilt. 3.2.1.4 Die Voraussetzungen des Zugangs zu Satellitenrundfunk Im Mai 1990 betonte der EGMR in seiner „Autronic-Entscheidung“162, dass Art. 10 EMRK den freien, auch grenzüberschreitenden Empfang von Rundfunk schütze. Nicht zuletzt in der Folge dieser Entscheidung stellte das Bundesministerium für Post und Telekommunikation im Januar 1991 fest, dass das Aufstellen von Parabolantennen zum Empfang von Satellitenanlagen nicht länger einer Einzelgenehmigung bedurfte oder gebührenpflichtig sei. Zuletzt hat sich die Europäische Kommission in einer Mitteilung vom 27. Juni 2001163 „über die Anwendung der allgemeinen Grundsätze des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs – Art. 28 und 49 EG Vertrag – auf dem Gebiet der Parabolantennen“ zu den regulatorischen Voraussetzungen der Einschränkungen des Zugangs zu Satellitenantennen geäußert. 161 Richtlinie 86/529/EWG des Rates vom 3.11.1986 über die Annahme gemeinsamer technischer Spezifikationen der MAC/Pakete-Normenfamilie für die Direktausstrahlung von Fernsehsendungen über Satelliten (MAC-Richtlinie), ABl. 1986 L 311/28 vom 6.11.1986. 162 EGMR, Urteil vom 22.5.1990, Nr. 17/1989/175/231, EuGRZ 1990, 261 ff. – Autronic. S. dazu Kap. 3.1.1. 163 Mitteilung der Kommission über die Anwendung der allgemeinen Grundsätze des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs – Art. 28 und 49 EGV – auf dem Gebiet der Nutzung von Parabolantennen, vom 27.6.2001, KOM(2001)351 endg. S. dazu Kap. 3.3.3.2.2. 59 3.2.2 Schlussfolgerungen für die Situation heute Dieser kurze Überblick zeigt die verschiedenen Regulierungsansätze der Vergangenheit. Sowohl die Zuordnungen der Orbitalpositionen wie auch die ursprünglichen Bemühungen der Länder, Satellitenkapazitäten zuzuweisen, haben ihren Ursprung im Mangel der verfügbaren Ressourcen. Während die Situation im Bereich geostationärer Orbitpositionen auch heute noch die Regulierung notwendig macht, sind die Versuche, deutsche Satellitenkapazitäten in einem mehrstufigen Mechanismus der Mangelverwaltung zuzuordnen, relativ rasch obsolet geworden. Die Erwartung, auf längere Sicht nur über eine sehr begrenzte Zahl von Kapazitäten zu verfügen, wurde mit dem Markteintritt von ASTRA im Jahre 1988/89164 ins Gegenteil verkehrt. Für einige Zeit standen für deutsche Anbieter mehr Kapazitäten zur Verfügung, als nachgefragt wurden. Die Marktentwicklung machte einerseits Verfahren zur Mangelverwaltung bereits aus Kapazitätsgründen entbehrlich. Sie führte andererseits aber auch dazu, dass deutsche Regulierungsmechanismen nur auf solche Satellitenkapazitäten Anwendung hätten finden können, die mangels Zuschauerreichweite allenfalls für die Signalzuführung in Kabelnetze relevant waren. Als Folge dieser Entwicklung beschäftigte sich die Medienpolitik mit Fragen der Satellitenverbreitung allenfalls noch am Rande. Sie konzentrierte sich bis zur Diskussion um die Rechte der digitalen Satellitenausstrahlung der Fußball-WM Mitte 2002165 fast ausschließlich auf die Situation des Breitbandkabelnetzes. Ähnliches gilt für den Bereich der europäischen Medienpolitik, wo nach den Erfahrungen mit D2-MAC oder HDTV eine deutliche Zurückhaltung zumindest hinsichtlich der Definition von Standards festzustellen war. Explizite Ansätze, den Zugang zu Übertragungskapazitäten zu regulieren, finden sich in der Geschichte des Satellitenrundfunks nicht. Grund hierfür dürfte die über lange Zeit relativ offene Vergabepolitik der Satellitenbetreiber und die mittlerweile hohe Zahl verfügbarer digitaler Kapazitäten sein. Allerdings schließt nunmehr die Rahmenrichtlinie vom 7. April 2002166 Satellitennetze in den Begriff der elektronischen Kommunikationsnetze ein und schafft so Mechanismen, die den Zugang zu diesen Kapazitäten thematisieren. 164 http://www.ses-astra.com/corporate/company/history/index.shtml, abgerufen am 21.11.2002. 165 Der Sachverhalt ist ausführlich dargestellt in Kap. 3.3.5.2. 166 Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 7.3.2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und –dienste (Rahmenrichtlinie), ABl. L 108/33 vom 24.4.2002. 60 3.3 Gegenwärtige Rechtslage und bestehende Rechtsprobleme Die dargestellte Entwicklung der Rundfunkregulierung hat zu der heute geltenden Rechtslage geführt. Diese wird im Folgenden beschrieben, um zum einen erkennen zu können, wie die europäischen und nationalen verfassungsrechtlichen Vorgaben in Europa und Deutschland in einfaches Recht umgesetzt wurden, und um prüfen zu können, wie dieses der geschilderten gegenwärtigen Situation der Rundfunkverbreitung über Satellit gerecht wird. Dabei richtet sich das Augenmerk auch auf die Frage, welchen Spielraum die jeweiligen Rechtsvorschriften für gesetzgeberische und interpretatorische Fortentwicklungen bieten, um künftigen Herausforderungen, die mit der Digitalisierung entstehen, gerecht werden zu können. Sachlich werden folgende Problembereiche untersucht: Um Satelliten für die Rundfunkübertragung nutzen zu können, müssen den Satelliten für diesen Zweck geeignete Frequenzen zugeteilt worden sein. Erfolgt die Vergabe der Frequenzen in ausreichender und diskriminierungsfreier Weise167? Um Rundfunk über Satellit empfangen zu können, benötigt der Zuschauer eine Parabolantenne und einen Receiver. Können beide auf einem europaweiten Markt ohne rechtliche Probleme angeboten, erworben und genutzt werden168? Um Rundfunk über Satelliten senden zu können, müssen die Veranstalter Zugang zu diesem Übertragungsweg haben. Sind die rechtlichen Regelung so gestaltet, dass sie jedem interessierten Veranstalter zu angemessenen Bedingungen einen solchen Zugang gewähren169? Schließlich kann Rundfunk über Satelliten nur verbreitet werden, wenn für den Empfangsbereich des Satelliten die erforderlichen Urheberrechte bestehen. Ermöglichen der Rechtsrahmen und die Vertragspraxis in Europa eine grenzüberschreitende Ausstrahlung von Rundfunk170? Für die künftige Rechtslage ist das im Jahr 2002 von der Europäische Gemeinschaft verabschiedete „Kommunikations-Paket“ aus sechs Richtlinien zu beachten, die zum 24. Juli 2003 in Kraft treten und bis dahin von den Mitgliedstaaten umzusetzen sind171. Diese neuen Richtlinien werden für einige der im Folgenden beschriebenen Rechtsregeln eine Anpassung erzwingen oder Änderungen ermöglichen. Diese werden im jeweiligen inhaltlichen Zusammenhang dargestellt. „Vor die Klammer gezogen“ werden soll aber ein erster Überblick über das Richtlinien-Paket. 3.3.1 Die neuen Kommunikations-Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft Die neuen Richtlinien sollen dem Kommunikationsrecht der Europäischen Gemeinschaft einen einheitlichen rechtlichen Rahmen geben. Im groben Überblick sind aus Sicht des Satellitenrundfunks folgende Zielsetzungen und Aufgaben der sechs Richtlinien festzustellen: 167 Dazu Kapitel 3.3.2. 168 Dazu Kapitel 3.3.3. 169 Dazu Kapitel 3.3.4. 170 Dazu Kapitel 3.3.5. 171 Ladeur, K&R 2002, 110; Scherer, K&R 2002, 273; Schütz/Attendorn, MMR-Beilage 4/2002, 1; Bartosch, EuZW 2002, 389. 61 • Die Rahmenrichtlinie172 legt den Geltungsbereich des Richtlinienpakets fest und definiert grundlegende Begriffe. Sie enthält Anforderungen an die nationalen Regulierungsbehörden sowie Regeln zur Zusammenarbeit untereinander und mit der Kommission. Daneben werden Regelungen zur Bestimmung „beträchtlicher Marktmacht“ aufgestellt173. • Die Zugangsrichtlinie174 behandelt die Beziehungen zwischen Netzbetreiber und Diensteanbieter und legt fest, unter welchen Voraussetzungen diese durch die nationalen Behörden reguliert werden können. Die Richtlinie enthält Befugnisse der Regulierungsbehörden gegenüber Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht175. • Die Genehmigungsrichtlinie176 betrifft die Genehmigung für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste. Darunter fallen auch Satellitennetze. Die Genehmigung betrifft jedoch nur die Bereitstellung der Netze und Dienste, nicht die verbreiteten Inhalte. • Die Universaldienstrichtlinie177 zielt auf die Bereitstellung von Kommunikationsnetzen und -diensten für den Endnutzer. Sie enthält auch Bestimmungen zur Regulierung der Diensteangebote von Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht178. • Die Wettbewerbsrichtlinie179 passt die Vorgaben der bisherigen Wettbewerbsrichtlinie 1990 zur Liberalisierung der Telekommunikation an die neueste technologische Entwicklung und an die Verschmelzung von Informationstechnologie, Medienbranche und Telekommunikationsindustrie an. • Die Kommunikations-Datenschutzrichtlinie180 schließlich konkretisiert die allgemeinen Vorgaben der europäischen Datenschutzrichtlinie von 1995181 für die spezifischen Fragen der Verarbeitung personenbezogener Daten in Kommunikationsdiensten. 172 Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 7.3.2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und –dienste (Rahmenrichtlinie), ABl. L 108/33 vom 24.4.2002. 173 Art. 15f. Rahmenrichtlinie. 174 Richtlinie 2002/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7.3.2002 über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung (Zugangsrichtlinie), ABl. L 108/21 vom 24.4.2002. 175 Art. 8 Zugangsrichtlinie. 176 Richtlinie 2002/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7.3.2002 über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und –dienste (Genehmigungsrichtlinie), ABl. L 108/21 vom 24.4.2002. 177 Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7.3.2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten (Universaldienstrichtlinie), ABl. L 108/51 vom 24.4.2002. 178 Art. 16 ff. Universaldienstrichtlinie. 179 Richtlinie 2002/77/EG der Kommission vom 16.9.2002 über den Wettbewerb auf den Märkten für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste, ABl. L 249/21 vom 17.9.2002 (Wettbewerbsrichtlinie 2002) – s. dazu unten 3.3.4.1. 180 Richtlinie 2002/58/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 12.7.2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Kommunikations-Datenschutzrichtlinie), ABl. L 201/37 vom 31.7.2002. 181 Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24.10.1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (Datenschutzrichtlinie 1995), ABl. L 215/4 vom 25.8.2000. 62 Mit diesem Richtlinienpaket zum Kommunikationsrecht wird mit Ablauf der Umsetzungsfrist am 24. Juli 2003 gemäß Art. 28 Abs. 1 und Art. 26 der Rahmenrichtlinie der alte Telekommunikations-Rechtsrahmen aufgehoben182. 3.3.2 Frequenzvergabe Rundfunkprogramme werden zum Zuschauer über terrestrische Signale, das Kabelnetz oder den Satellitendirektempfang übertragen. Dabei erfolgt die Sendung der Programme auf bestimmten „Frequenzen“ (z.B. § 44 TKG), „Kanälen“ (z.B. § 51 RStV) oder „Transpondern“183. 3.3.2.1 Internationaler Rechtsrahmen Die Übertragung von Fernsehprogrammen über Satellit setzt dessen Positionierung in der Erdumlaufbahn voraus. Daher stellt sich die Frage, welche rechtlichen Vorgaben für die Nutzung des Weltalls bestehen. Nach den völkerrechtlichen Grundsätzen des Weltraumrechts besitzen alle Staaten freien Zugang zum Weltraum, sie dürfen ihn auf der Grundlage der Gleichheit und der Nichtdiskriminierung frei nutzen184. Der Betrieb eines Satelliten ist ein Tatbestand der Raumfahrt, der den Bestimmungen des Weltraumvertrags von 1967185 unterliegt. Dieser gewährt unter anderem die Freiheit der friedlichen wirtschaftlichen Nutzung186. Die Staatenlosigkeit des Weltraums macht es notwendig, die im Orbit die Erde umkreisenden Satelliten bestimmten Staaten zuzuordnen. Um dies zu ermöglichen, verpflichtet das Übereinkommen über die Registrierung von in den Weltraum gestarteten Gegenständen vom 14. Januar 1975187 jeden „handelnden Staat“, ein nationales Register zu führen. Für den europäischen Raum von besonderem Interesse sind die Satelliten des ASTRA-Systems, die die luxemburgische Staatszugehörigkeit besitzen, und die des Eutelsat-Systems, die die französi- 182 Aufgehoben werden: • Richtlinie 90/387/EWG des Rates vom 28.6.1990 zur Verwirklichung des Binnenmarktes für Telekommunikationsdienste durch Einführung eines offenen Netzzugangs, ABl. L 192/1 vom 24.7.1990, • Richtlinie 92/44/EWG des Rates vom 5.6.1992 zur Einführung des offenen Netzzugangs bei Mietleitungen, ABl. L 165/27 vom 19.6.1992, • Richtlinie 95/47/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 24.10.1995 über die Anwendung von Normen für die Übertragung von Fernsehsignalen, ABl. L 281/51 vom 23.11.1995, • Richtlinie 97/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10.4.1997 über einen gemeinsamen Rahmen für Allgemein- und Einzelgenehmigungen für Telekommunikationsdienste, ABl. L 117/15 vom 7.5.1997, • Richtlinie 97/33/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30.6.1997 über die Zusammenschaltung in der Telekommunikation im Hinblick auf die Sicherstellung eines Universaldienstes und der Interoperabilität durch Anwendung der Grundsätze für einen offenen Netzzugang, ABl. L 199/32 vom 26.7.1997. 183 Z.B. SES ASTRA, http://www.ses-astra.com/tv-radio/guide/lineup/markets/D_digitalfree_d.htm, abgerufen am 15.11.2002. 184 Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, RStV, § 51, Rn. 2; Koenig/Neumann, MMR 2000, 151, 156f. 185 Vertrag über die Grundsätze zur Regelung der Tätigkeiten von Staaten bei der Erforschung und Nutzung des Weltraums einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper vom 27.1.1967, BGBl. 1969 II, 1967. 186 Art. III Weltraumvertrag, dazu Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, RStV, § 51, Rn. 2. 187 Übereinkommen über die Registrierung von in den Weltraum gestarteten Gegenständen vom 14.1.1975, BGBl. 1979 II, 615. 63 sche Staatszugehörigkeit besitzen. Die deutsche Staatszugehörigkeit besitzt zum Beispiel der Satellit Kopernikus, der jedoch für Rundfunkübertragungen nicht mehr genutzt wird188. Damit die Staaten Satellitenkanäle vergeben können, müssen diese ihnen zugeteilt werden. Die Frequenzplanung und -verwaltung auf internationaler Ebene erfolgt durch die seit 1992 bestehende Internationale Fernmeldeunion (ITU)189, die für die Umsetzung des internationalen Fernmeldevertrags (IFV) von 1982190 zuständig ist. Die ITU gehört dem System der UNOrganisationen an191. In der ITU werden auf Weltfunkkonferenzen (World Radio Conferences, WRC)192 bestimmten Frequenzbereichen Nutzungsarten zugewiesen. Aufgrund der Zuweisung werden dann die entsprechenden Frequenzen für die nach Maßgabe der Zuweisungsentscheidung vorgesehene Nutzungsart an bestimmte Fernmeldeverwaltungen vergeben. Diese sind dann für die Zuteilung der Frequenzen an Nutzer (Funkstellen) zuständig193. Die WRC beschließt die als Vollzugsordnungen bezeichneten Verordnungen und Pläne zur Frequenzzuteilung und -nutzung194. In der Bundesrepublik Deutschland werden die Vollzugsordnungen durch Ratifizierung geltendes Recht195. Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang der Internationale Frequenzbereichsplan, der sich aus den Zuweisungen von Funkdiensten zu bestimmten Frequenzbändern zusammensetzt. Er ist als Bestandteil der Vollzugsanordnung für den Funkdienst (VO Funk) für die Mitgliedstaaten der ITU verbindlich196. Die Vergabe durch die Mitgliedstaaten der Europäischen Union wird von der Gemeinschaft harmonisiert. Zu diesem Zweck setzt die Gemeinschaft auf das Mittel der technischen Harmonisierung durch die 1959 gegründete Europäische Konferenz der Verwaltungen für Post und Fernmeldewesen (European Conference of Postal and Telecommunications Administrations, CEPT)197. Bereits in einer Entschließung des Rates vom 19. November 1992198 sagten die Mitgliedstaaten zu, sich an der Erarbeitung von CEPT-Beschlüssen199 zu beteiligen und diese umzusetzen. In der Funkfrequenzentscheidung des Europäischen Parlamentes und des 188 Auch für kurzfristige Außenübertragungen wird Kopernikus nicht mehr genutzt, da er jederzeit seine Orbitposition verlassen kann. Zur Ersetzung durch ASTRA 3A Pressemitteilung SES-ASTRA vom 30.5.2002, abrufbar über http://www.ses-astra.com/press-info/news/astra_pr_d.shtml, abgerufen am 5.11.2002. Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht-Binder, RStV, § 51, Rn. 7. 189 Konstitution und Konvention der Internationalen Fernmeldeunion von Genf vom 22.12.1992, BGBl. 1992 II 1996, 1306, abrufbar unter http://www.itu.int/aboutitu/Basic_Text_ITU-e.pdf, abgerufen am 15.11.2002; Koenig/Neumann, MMR 2000, 151, 152f. 190 Internationaler Fernmeldevertrag vom 6.11.1982, BGBl. 1985 II, 425. 191 Abrufbar unter http://www.unsystem.org/, abgerufen am 15.11.2002. 192 Die ITU beruft alle 2 Jahre diese Weltfunkkonferenzen ein, anlässlich derer internationale Fragen der Frequenzzuteilung erörtert werden. Auch die Einberufung regionaler Konferenzen unter dem Dach der ITU ist möglich, auf ihnen werden Fragen ausschließlich regionaler Frequenzplanung erörtert; Holznagel/Enaux/Nienhaus, Telekommunikationsrecht, § 12, 144. S. Kap. 3.2.1. 193 Scherer, K&R Beilage 2 zu Heft 11/99, 3. 194 Holznagel/Enaux/Nienhaus, Telekommunikationsrecht, § 12, 144. 195 Holznagel/Enaux/Nienhaus, Telekommunikationsrecht, § 12, 144. 196 Holznagel/Enaux/Nienhaus, Telekommunikationsrecht, § 12, 145. 197 Koenig/Neumann, MMR 2000, 151, 153f. 198 Entschließung des Rates vom 19.11.1992 zur Anwendung der Beschlüsse des European Radiocommunications Committee in der Gemeinschaft (92/C 318/01), ABl. C 318/1 vom 4.12.1992. 199 Bezieht sich noch auf das ERC (European Radiocommunication Committee), das in der ECC aufging. 64 Rates vom 7. März 2002200 wird das Bestreben nach weiterer Harmonisierung der gemeinschaftlichen Frequenzpolitik, unter anderem in den Bereichen Telekommunikation und Rundfunk, formuliert. Ausdrücklich wird dabei die Funkfrequenzpolitik der Gemeinschaft und die technische Harmonisierung als ein Mittel dargestellt, das das Recht auf freie Meinungsäußerung unterstützt201. Der CEPT gehören derzeit 44 Staaten an. Sie erarbeitet technische Harmonisierungsmaßnahmen mit dem Ziel, die Harmonisierung der Nutzung des Frequenzspektrums über die Grenzen der Gemeinschaft hinaus auszudehnen. Dies ist vor allem für diejenigen Mitgliedstaaten wichtig, bei denen die Nutzung des Frequenzspektrums dadurch beeinflusst werden kann, dass es auch durch nicht der Europäischen Gemeinschaft angehörende CEPT-Mitglieder benutzt wird202. Innerhalb der CEPT werden die Beschlüsse zur Harmonisierung der Frequenzvergabe von dem im Oktober 2001 gegründeten Electronic Communications Committee (ECC)203 getroffen. Alle Maßnahmen der CEPT sind von den Mitgliedstaaten auf freiwilliger Basis umzusetzen204, das heißt, sie sind rechtlich nicht verbindlich und die CEPT hat keine rechtliche Handhabe, ihre Mitgliedstaaten zur Umsetzung zu verpflichten. Demnach werden auf internationaler Ebene durch die ITU, auf europäischer Ebene innerhalb der CEPT Frequenzbereiche zugewiesen. Die Vergabe von Frequenzen im Einzelfall findet auf einzelstaatlicher Ebene statt. Will die Bundesrepublik Deutschland Rundfunk über Satelliten verbreiten (lassen), ist sie darauf angewiesen, im Rahmen der Orbitkonferenzen Orbitpositionen zugeteilt zu bekommen und im Rahmen der weltweiten Funkverwaltungskonferenz Frequenzzuweisungen für Rundfunk über deutsche Satelliten zu erlangen, damit auf internationaler Ebene eine optimale nationale Frequenzversorgung erreicht wird205. Für die Rundfunkverbreitung in Deutschland sind in Bezug auf die erforderlichen Orbitalpositionen in besonderem Maß das ASTRA- und das Eutelsat-Satellitensystem von Bedeutung. Daher ist zusätzlich die Rechtslage in Luxemburg und Frankreich zu betrachten. 3.3.2.2 Nationaler Rechtsrahmen 3.3.2.2.1 Deutschland Innerhalb der Bundesrepublik Deutschland richtet sich die Aufteilung der Gesetzgebungsund der Verwaltungskompetenz zwischen Bund und Ländern nach der Unterscheidung zwischen Telekommunikation und Rundfunk206. Die Gesetzgebungs- und die Verwaltungskompetenz der Telekommunikation ist nach Art. 73 Nr. 7, 87f GG Sache des Bundes, während die Gesetzgebungs- und die Verwaltungskompetenz für den Rundfunk nach der grundsätzlichen 200 Entscheidung des Europäischen Parlamentes und des Rates über einen Rechtsrahmen für die Funkfrequenzpolitik in der Europäischen Gemeinschaft vom 7.3.2002 (676/2002/EG), ABl. L 108/1 vom 24.4.2002 (Funkfrequenzentscheidung). 201 So heißt es in Erwägungsgrund 3 der Frequenzentscheidung: „die Funkfrequenzpolitik in der Gemeinschaft sollte zur Gewährleistung des Rechtes auf freie Meinungsäußerung beitragen, das“ u. a. auch das Recht auf Zugang zu bzw. zur Weitergabe von Informationen über Grenzen hinweg enthält. 202 Erwägungsgründe 13 der Entscheidung des Europäischen Parlamentes und des Rates Nr. 676/2002/EG vom 7.3.2002; die EU ist nicht Mitglied der CEPT, hat jedoch Beraterstatus. 203 Abrufbar unter http://www.eto.dk/ceptectra/eccinfo.htm, abgerufen am 15.11.2002. 204 Holznagel/Enaux/Nienhaus, Telekommunikationsrecht, § 12 , 147. 205 Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, RStV, § 51, Rn. 3. 206 BVerfGE 12, 205, 225 ff.; s. hierzu auch Scherer, K&R Beilage 2 zu Heft 11/1999, 6. 65 Länderzuständigkeit gemäß Art. 30, 70 Abs. 1, 83 GG den Ländern zusteht. Zwischen diesen Kompetenzbereichen zog das BVerfG eine deutliche Trennlinie. Zur Telekommunikation gehören die technischen Voraussetzungen, deren Regelung für einen geordneten Ablauf des Betriebs der Rundfunksender und des Empfangs ihrer Sendungen unerlässlich ist207. Dies schließt die Frequenzverteilung ein. Die wechselseitige Abstimmung der Frequenzen und die Festlegung von Standort und Sendestärke der Sendeanlagen erfolgt nach funktechnischen Gesichtspunkten208 und ist somit Aufgabe des Bundes. Die Wahrnehmung der Bundeskompetenz hat nach der Rechtsprechung des BVerfG aber der dienenden Funktion der Telekommunikation Rechnung zu tragen209. Die Vergabe von Frequenzen für die terrestrische und Satellitensendung erfolgt nach §§ 45 ff. TKG. Nach § 45 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 TKG beschließt die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates eine Rechtsverordnung (Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung), durch die einzelne Frequenzbereiche den einzelnen Funkdiensten und anderen Anwendungen zugewiesen werden. Daraufhin erstellt die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post nach § 46 Abs. 1 TKG einen Frequenznutzungsplan, der eine weitere Aufteilung der Frequenzbereiche enthält. Für nicht den Rundfunk betreffende Funkfrequenzen erfolgt die Zuteilung nach § 47 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 TKG durch die Regulierungsbehörde. Für die Rundfunknutzung gilt § 47 Abs. 3 TKG. Diese Vorschrift lautet: § 47 Abs. 3 TKG: „Voraussetzung für die Zuteilung von Frequenzen zur Übertragung von Rundfunkprogrammen im Zuständigkeitsbereich der Länder ist das Vorliegen einer medienrechtlichen Genehmigung der zuständigen Landesbehörde für die zu übertragenden Rundfunkprogramme.“ Eine medienrechtliche Genehmigung kann jedoch nur für eine Frequenz (einschließlich ergänzender Nutzungsvorgaben) erfolgen, die telekommunikationsrechtlich der Mediennutzung zugewiesen ist210. Daher stellt sich die Frage, was mit „medienrechtlicher Genehmigung“ in § 47 Abs. 3 TKG gemeint ist. Für die Beantwortung dieser Frage ist zwischen privatem und öffentlich-rechtlichem Rundfunk zu unterscheiden. Die Veranstaltung privaten Rundfunks setzt eine Zulassung nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Rundfunkstaatsvertrag211 (RStV) voraus. Die Zulassungsvoraussetzungen bestimmen sich nach den §§ 21 ff. RStV und dem jeweiligen Landesrecht. Für die Verbreitung über Terrestrik, Kabel oder Satellit ist außerdem die Zuweisung einer Frequenz (terrestrisch oder über Satellit) oder eines Kabelplatzes an den Programmveranstalter erforderlich. Nach dem Grundsatz des § 50 RStV entscheiden die Länder über die Zuordnung und Nutzung der Übertragungskapazitäten. Für die Zuordnung von Satellitenplätzen für Rundfunkzwecke gelten die Vorgaben des § 51 RStV. Diese Regelung gilt allerdings nur für die Zuweisung einer Frequenz für Satelliten, die Deutschland zugeordnet sind212. Da kein 207 BVerfGE 12, 205, 227. 208 Scherer, K&R Beilage 2 zu Heft 11/99, 7. 209 S. BVerfGE 12, 205, 225 ff. 210 Trute/Spoerr/Bosch, § 47 Rn. 31; Schulz/Waser, ZUM 1999, 526. 211 Rundfunkstaatsvertrag vom 31.8.1991 in der Fassung des 6. Rundfunkänderungsstaatsvertrages, in Kraft seit dem 1.7.2002. 212 Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, RStV, § 51, Rn. 2. 66 Rundfunksatellit Deutschland zugeordnet ist, bleibt § 51 RStV derzeit ohne praktische Bedeutung213. Für privaten Rundfunk umfasst die „medienrechtliche Genehmigung“ in § 47 Abs. 3 TKG demnach die rundfunkrechtliche Zulassung der Landesmedienanstalt und die Erlaubnis zur Veranstaltung von Rundfunk auf einem bestimmten Übertragungsweg, zum Beispiel einer Funkfrequenz214. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist durch Gesetz eingerichtet und bedarf keiner rundfunkrechtlichen Zulassung. Die Entscheidung, welche Frequenzen oder Kanäle ein öffentlichrechtlicher Sender nutzen kann, ist landesrechtlich unterschiedlich ausgestaltet. § 47 TKG ist auf diese Entscheidung nicht anwendbar. Im Bereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist § 47 TKG jedoch insoweit von Bedeutung, als die Entscheidung über den zu nutzenden Übertragungsweg in Verbindung mit der gesetzlichen Einrichtungsanordnung die medienrechtliche Genehmigung im Sinne von § 47 Abs. 3 TKG darstellt215. Nach der neuen telekommunikationsrechtlichen Genehmigungsrichtlinie216 soll die Zuteilung von Frequenzen künftig per Allgemeingenehmigung erfolgen. Eine solche sieht die Genehmigungsrichtlinie in Art. 3 Abs. 2 für die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste vor. Nach Art. 5 Abs. 1 und 2 Genehmigungsrichtlinie soll eine individuelle Zuteilung „soweit möglich“ nicht erfolgen. Dies betrifft grundsätzlich auch die Frequenzzuteilung. Insofern könnte § 47 TKG einer Anpassung bedürfen. Allerdings sieht Art. 5 Abs. 2 Unterabsatz 2 Genehmigungsrichtlinie ausdrücklich Ausnahmen für den Rundfunk vor217: 213 Der Beschluss der Ministerpräsidenten vom 20.2.1992 über die Verfahrensgrundsätze für die Zuordnung von Satellitenkanälen nach § 51 Abs. 5 RStV – s. Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, RStV, § 51, Rn. 10 – geht davon aus, dass der Bedarf deutscher Veranstalter an Satellitenkanälen für Rundfunkzwecke durch die Errichtung deutscher Satellitensysteme oder die Anmietung europäischer oder internationaler Satellitenkanäle gedeckt wird. 214 Herrmann, Rundfunkrecht, § 17 Rn. 47 ff.; Schulz/Wasner, ZUM 1999, 526. 215 Schulz/Wasner, ZUM 1999, 526. 216 Richtlinie 2002/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7.3.2002 über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste (Genehmigungsrichtlinie), ABl. L 108/21 vom 24.4.2002. Zum neuen Richtlinienpaket s. Kap. 3.3.1. Zur Frequenzvergabe in Europa im Lichte des neuen Telekommunikations-Richtlinienpakets s. Eurostrategies, „Study on the assessment of the Member States measures aimed at fulfilling certain general interest objectives linked to broadcasting, imposed on providers of electronic communications networks and services, in the context of the new regulatory framework“, im Auftrag der Europäischen Kommission, März 2003, abrufbar unter http://www.europa.eu.int/information_society/topics/telecoms/regulatory/studies/documents/finrep_18_mar ch_2003.pdf, abgerufen am 27.3.2003, S. 25 ff, 60 ff, 103 ff. 217 Scherer, K&R 2002, 332; s. auch Erwägungsgrund 12 der Genehmigungsrichtlinie: „Mit dieser Richtlinie wird keine Vorentscheidung darüber getroffen, ob Funkfrequenzen unmittelbar den Anbietern elektronischer Kommunikationsnetze oder -dienste oder den Rechtsträgern zugewiesen werden, die diese Netze oder Dienste nutzen. Bei diesen Rechtsträgern kann es sich um Anbieter von Rundfunk- oder Fernsehinhalten handeln. ... Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs müssen nationale Beschränkungen der durch Artikel 49 des Vertrags gewährleisteten Rechte objektiv gerechtfertigt und verhältnismäßig sein und dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung der von den Mitgliedstaaten im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht festgelegten Ziele des Allgemeininteresses erforderlich ist. Die Verantwortung für die Einhaltung der mit dem Recht zur Nutzung einer Funkfrequenz verbundenen Verpflichtungen und der mit der Allgemeingenehmigung verbundenen Bedingungen sollte unter allen Umständen bei dem Unternehmen liegen, dem das Recht zur Nutzung der Funkfrequenz gewährt wurde.” 67 Art. 5 Abs. 2 Unterabsatz 2 Genehmigungsrichtlinie: „Unbeschadet der von den Mitgliedstaaten festgelegten besonderen Kriterien und Verfahren für die Vergabe von Nutzungsrechten für Funkfrequenzen an die Anbieter von Rundfunk- oder Fernsehinhaltsdiensten zur Verfolgung von im allgemeinen Interesse liegenden Zielen im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht, werden diese Nutzungsrechte im Wege eines offenen, transparenten und nichtdiskriminierenden Verfahrens erteilt. Bei der Erteilung von Nutzungsrechten geben die Mitgliedstaaten an, ob und – im Fall von Funkfrequenzen – unter welchen Bedingungen diese Rechte auf Veranlassung des Rechteinhabers gemäß Artikel 9 der Richtlinie 2002/21/EG (Rahmenrichtlinie) übertragen werden können. Erteilen die Mitgliedstaaten die Nutzungsrechte für eine begrenzte Zeit, muss die Dauer für den betreffenden Dienst angemessen sein.“ Demnach wäre eine Anpassung des deutschen Rechts bezüglich der Zuteilung von Frequenzen allein in Bezug auf die Rundfunknutzung nicht zwingend erforderlich218, wird jedoch diskutiert219. Die Zuteilung von Frequenzen nach § 47 Abs. 1 TKG erfolgt gemäß § 47 Abs. 5 TKG auf Antrag oder von Amts wegen durch Verwaltungsakt der Regulierungsbehörde. Begünstigter ist der Betreiber der Sendeanlagen, über die ein Rundfunkprogramm verbreitet werden soll. Betreiber von Sendeanlagen kann auch ein Rundfunkveranstalter sein. Die rundfunkrechtliche Frequenzverwaltung ist streng von der telekommunikationsrechtlichen Frequenzplanung und -verwaltung zu trennen. Telekommunikationsrechtlich wird nur über die generelle Verfügbarkeit und Nutzbarkeit einer Frequenz zu Rundfunkzwecken entschieden. Die Entscheidung über ihre konkrete Nutzung erfolgt dagegen nach Maßgabe des Rundfunkrechts220. Die Frequenzzuteilung nach Landesrecht gestattet die Benutzung der Frequenz unter Berücksichtigung rundfunkrechtlicher Kriterien, die telekommunikationsrechtliche Frequenzzuteilung nach § 47 Abs. 5 TKG bescheinigt, dass die Frequenznutzung mit sendetechnischen Erfordernissen in Einklang steht221. Beide Regelungen betreffen die Benutzung derselben Frequenz. Aus der Funkfrequenzentscheidung des Europäischen Parlamentes und des Rates222 vom März 2002 entsteht kein Umsetzungsbedarf, da die Entscheidung lediglich den organisations- und verfahrensrechtlichen Rahmen für eine künftige europäische Frequenzpolitik absteckt223. Demnach erfolgt die Frequenzvergabe nach deutschem Recht in einem Zusammenspiel von telekommunikationsrechtlicher und rundfunkrechtlicher Zulassung. Sie ist für die Satellitenverbreitung derzeit mangels eines deutschen Rundfunksatelliten allerdings ohne praktische Bedeutung. 218 Open Network Provision Committee Working document, The 2003 regulatory framework for electronic communications – Implications for broadcasting, vom 14.6.2002, abrufbar unter http://europa.eu.int/information_society/topics/telecoms/regulatory/maindocs/miscdocs/documents/onpcom 02_14rev1_14062002.pdf, abgerufen am 26.11.2002, 3.1. S. Husch, Breitbandpolitik, Digitale Breitbanddienste in Europa – Geschäftsmodelle und ihr europäischer und nationaler Rechtsrahmen –, Schriftenreihe des Instituts für Europäisches Medienrecht (Band 27) Baden-Baden 2003, i.E. 219 S. Husch/Kemmler/Ohlenburg, MMR 2003, 139, 142. 220 Engels, ZUM 1997, 106, 108. 221 Schulz/Wasner, ZUM 1999, 526. 222 Entscheidung des Europäischen Parlamentes und des Rates über einen Rechtsrahmen für die Funkfrequenzpolitik in der Europäischen Gemeinschaft vom 7.3.2002 (676/2002/EG), ABl. L 108/1 vom 24.4.2002 (Funkfrequenzentscheidung). 223 Scherer, K&R 2002, 386, 397. 68 3.3.2.2.2 Luxemburg Die Zuteilung von Frequenzen für das ASTRA-Satellitensystem unterliegt luxemburgischem Recht. Die Ausstrahlung und Verbreitung der elektronischen Medien über luxemburgische Satelliten ist in Art. 20 ff. des Gesetzes über elektronische Medien vom 27. Juli 1991224 geregelt, das auch der Umsetzung der Fernsehrichtlinie225 dient. Nach Art. 2 Nr. 16 des Gesetzes ist ein luxemburgisches Satellitensystem ein System, das einen oder mehrere Satelliten umfasst, die Luxemburg nach internationalem Recht bzw. nach internationalen Vereinbarungen zur Frequenzverwaltung zugewiesen wurden. Art. 20 Abs. 1 des Gesetzes bestimmt, dass ohne vorherige Genehmigung durch die luxemburgische Regierung kein Satellitensystem errichtet oder betrieben werden darf. Eine solche Genehmigung kann nach Art. 20 Abs. 2 des Gesetzes unter anderem die Zuweisung bestimmter Frequenzen oder die Zuteilung einer bestimmten Position im Orbit enthalten226. Welche Frequenzpositionen zur Verteilung bereitstehen, wird in einer aufgrund von Art. 2 und Art. 4 des Gesetzes erlassenen Verordnung mittels einer Liste aufgezählt227. Nach Art. 20 Abs. 5 des Gesetzes über elektronische Medien umfasst die Genehmigung auch das Recht, die Satellitenkapazitäten luxemburgischen oder ausländischen Nutzern zur Verfügung zu stellen, um Programme auszustrahlen. Eine vorherige Genehmigung ist nicht erforderlich. Gegen die Frequenznutzer und gegen Bestimmungen der Verträge kann die Regierung jedoch Einspruch erheben228. Die Aufsicht über die gesendeten Inhalte ist im Gesetz über elektronische Medien229 geregelt. Danach hat sich die Regierung vor der Übertragung eines neuen Programms über ASTRA zu vergewissern, ob das Programm der Rechtshoheit eines Mitgliedstaats der Europäischen Gemeinschaft unterworfen ist, und ob eine Ausstrahlungsgenehmigung durch diesen Mitgliedstaat erteilt wurde. Wenn ja, kann das Programm übertragen werden, die Verantwortung für den Inhalt der Programme liegt bei dem Land, aus dem das Programm stammt. Ein Programm stammt aus dem Land, das die Erlaubnis erteilt hat, es zu übertragen, oder von dessen Territorium aus der Rundfunkveranstalter sendet. Will ein Sender seine Programme unter Aufsicht eines Nichtmitgliedstaats der EU über ASTRA senden, sind die luxemburgischen Behörden dazu berufen, über die Ausstrahlung im Einklang mit der Fernsehrichtlinie zu wachen. 224 Loi du 27 juillet 1991 sur les medias électroniques, modifiée par la loi du 2 avril 2001 portant modification de la loi du 27.7.1991 sur les medias electroniques et transposition de la directive 97/36/CE du Parlement Européen et du Conseil du 30.6.1997. 225 Richtlinie des Rates vom 3.10.1989 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit (89/552/EWG), ABl. L 298/23 vom 17.10.1989, geändert durch Richtlinie 97/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30.6.1997, ABl. L 202/60 vom 30.7.1997 (Fernsehrichtlinie). 226 Wortlaut des Gesetzes: „Art. 20. – Systèmes de satellites luxembourgeois: ... (2) Une telle concession peut comporter, si des impératifs d'ordre commercial et financier le requièrent ou le rendent souhaitable dans l'intérêt du pays, des éléments d'exclusivité, notamment pour l'usage de certaines bandes de fréquences ou de certaines positions orbitales ou pour certains types d'applications dans le domaine des communications par satellite.“ 227 Règlement de la liste de fréquences de radiodiffusion luxembourgeoises visée à l‘ article 2 de la loi du 27.7.1991 sur les médias électroniques du 10.1.1992 (in der Fassung der Änderungsverordnung vom 24.5.1998). 228 Wortlaut des Gesetzes, Art. 20 Abs. 5 Satz 2: „L‘identité des utilisateurs et les dispositions des contrats sont sujettes à opposition de la part du Gouvernement.“ 229 Loi du 27 juillet 1991 sur les médias électroniques, modifiée par la loi du 2 avril 2001 portant modification de la loi du 27.7.1991 sur les médias électroniques et transposition de la directive 97/36/CE du Parlement Européen et du Conseil du 30.6.1997. 69 In Deutschland zugelassene Programmveranstalter, die ihre Programme über luxemburgische Satelliten verbreiten wollen, haben sich also inhaltlich nach deutschem Recht zu richten. Sie bedürfen einer Sendeerlaubnis nach deutschem Recht, müssen für eine Übertragung über luxemburgische Satelliten aber keine luxemburgische Genehmigung einholen. 3.3.2.2.3 Frankreich Die Zuteilung von Frequenzen für das Eutelsat-Satellitensystem unterliegt französischem Recht. Rundfunkveranstalter, die der französischen Rechtshoheit im Sinn des Art. 2 der Fernsehrichtlinie230 unterworfen sind und die ihre Dienste über Satelliten verbreiten möchten, jedoch keine Lizenz für eine andere Art der Verbreitung besitzen, müssen mit der Rundfunkaufsicht, dem Conseil Supérieur de l’Audiovisuel (CSA), ein Übereinkommen (Convention) über die wesentlichen Bedingungen einer solchen Erlaubnis im Rahmen der gesetzlich vorgegebenen Kriterien schließen231. Die Betreiber von Satellitenplattformen232 dagegen (z.B. TPS, Canal Satellite) sind nach Art. 34-2 Kommunikationsfreiheitsgesetz (KFG) lediglich verpflichtet, sich vor Aufnahme ihrer Tätigkeit beim CSA anzumelden233. Satellitenbetreiber wie Eutelsat benötigen keine Lizenz des CSA und für die Übertragung von Fernsehen auch keine der Autorité de Régulation des Télécommunications (ART). Jedoch muss Eutelsat für die Telekommunikation über Satellit wie zum Beispiel die E-Mail-Kommunikation eine Lizenz der ART einholen. Die Agence Nationale des Fréquences plant und koordiniert das Frequenzspektrum. Die Vergabe von Lizenzen für die Nutzung einer Frequenz erfolgt durch die ART, für Fernsehdienste durch den CSA. Die Frequenzen werden nur von den Satellitenbetreibern (also vor allem SES-Astra und Eutelsat), nicht von Plattformbetreibern angeboten. Die Aufsicht über die Programminhalte obliegt dem CSA, wenn der Veranstalter seinen Sitz in Frankreich hat234. Ausländische Veranstalter, die ihr Programm nicht terrestrisch verbreiten, müssen dies nach Art. 43-6 KFG beim CSA anmelden235. In Deutschland zugelassene Programmveranstalter haben sich also inhaltlich nach deutschem Recht zu richten und müssen für eine Übertragung über Satelliten mit französischer Staatszu- 230 Die Fernsehrichtlinie in ihrer Fassung der Richtlinie 97/36/EG vom 30.6.1997 wurde durch Gesetz vom 1.8.2000 (Loi n° 2000-719) in französisches Recht umgesetzt, das das Kommunikationsfreiheitsgesetz (KFG) von 1986 (Loi n° 86–1067 vom 30.9.1986) ändert. 231 Diese Kriterien wurden in der Kabel- und Satelliten-Verordnung n° 2002-140 vom 4.2.2002 niedergelegt. 232 Der Begriff der Plattform ("distributeur de services") ist in Art. 2-1 KFG definiert: „[...] toute personne qui établit avec des éditeurs de services des relations contractuelles en vue de constituer une offre de services de communication audiovisuelle mise à disposition auprès du public par voie hertzienne terrestre, par câble ou par satellite. Est également regardée comme distributeur de services toute personne qui constitue une telle offre en établissant des relations contractuelles avec d'autres distributeurs.“ 233 Plattformen, die vor der Gesetzesänderung bestanden, mussten die Anmeldung nach Art. 89 II des Gesetzes n° 2000-719 vom 1.8.2000 nachholen. 234 Wortlaut Art. 43-2 KFG: „La présente loi est applicable aux services de télévision dont l'exploitant est établi en France selon les critères prévus à l'article 43-3 ou qui relève de la compétence de la France en application des critères prévus à l'article 43-4.“ 235 Wortlaut Art. 43-6 KFG: „Les exploitants des services relevant de la compétence d'un autre Etat membre de la Communauté européenne ou partie à l'accord sur l'Espace économique européen effectuent, préalablement à la mise à disposition du public d'un service de télévision par un autre moyen de télécommunication que la voie hertzienne terrestre, une déclaration auprès du Conseil supérieur de l'audiovisuel, selon une procédure fixée par décret.“ 70 gehörigkeit keine französische Genehmigung einholen. Sie müssen ihr Vorhaben jedoch beim CSA anmelden. 3.3.3 Empfangsfreiheit Die praktische Wahrnehmung der Empfangsfreiheit setzt beim Rundfunkempfang über Satelliten die Möglichkeit voraus, eine geeignete Parabolantenne zu nutzen und die empfangenen Signale in einem Receiver für die Darstellung im Fernsehgerät umzuwandeln. Beide Möglichkeiten können durch rechtliche Regulierung befördert oder behindert werden. Daher stellt sich vor allem die Frage, ob Receiver und Antennen frei angeboten, erworben und genutzt werden können. 3.3.3.1 Vertrieb von Receivern 3.3.3.1.1 Gemeinschaftsweiter Vertrieb von Endgeräten Da das Telekommunikationsrecht früher eigenständige Produktzulassungstatbestände vorsah236, zielte das europäische Recht darauf, die damit verbundenen Beschränkungen aufzuheben. Einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Liberalisierung der Regulierung von Telekommunikationsendgeräten stellt die Richtlinie 88/301/EWG237 dar. Durch sie sollte der Markt für Endgeräte geöffnet werden. Ihr Ziel war laut Erwägungsgrund Nr. 4, jede Diskriminierung in den Versorgungs- und Absatzbedingungen auszuschließen. Art. 3 der Richtlinie 88/301/EWG stellt allgemein fest, dass die Mitgliedstaaten den Wirtschaftsbeteiligten das Recht zu gewähren haben, Endgeräte in vollem Umfang als Wirtschaftsgüter zu nutzen. Endgeräte sind nach Art. 1 der Richtlinie Geräte zum Aussenden, Verarbeiten oder Empfangen von Nachrichten. Ausdrücklich werden Satellitenfunkanlagen mit ihren Geräten umfasst. Nach der Definition im letzten Spiegelstrich der Norm sind dies Sendeanlagen, Sende- und Empfangsanlagen, oder Empfangsanlagen, die über Satelliten oder andere Raumsysteme laufen. Trifft ein Mitgliedstaat durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften Regelungen, die eine begrenzte Anzahl von Unternehmen bezüglich der Einfuhr, Vermarktung, Errichtung, Inbetriebsetzung und Wartung von Telekommunikationsendgeräten begünstigen238, ohne sich an nicht-diskriminierende Kriterien zu halten, wirken solche „besonderen Rechte“ wie mengenmäßige Beschränkungen, und verstoßen damit gegen die Warenfreiheit nach Art. 28 EGV (Art. 30 EGV a.F.). Diesem Schluss liegt die Überlegung zugrunde, dass der Warenverkehr dadurch beschränkt wird, dass entweder bestimmte Geräte nicht in den Handel gelangen oder ein bestehendes Monopol keinen Anreiz hat, bestimmte Dienstleistungen zu erbringen oder seine Preise an den Kosten zu orientieren, solange kein Wettbewerb herrscht. 236 Ursache ist das ehemalige Fernmeldemonopol, Trute/Spoerr/Bosch-Spoerr, FTEG Einführung, Rn. 6. 237 Richtlinie 88/301/EWG der Kommission vom 16.5.1988 über den Wettbewerb auf dem Markt für Telekommunikations-Endgeräte, ABl. L 131/73 vom 27.5.1988, geändert durch Richtlinie 94/46/EG der Kommission vom 13.10.1994 zur Änderung der Richtlinien 88/301/EWG und 90/388/EWG, insbesondere betreffend die Satelliten-Kommunikation, ABl. L 268/15 vom 19.10.1994. 238 Ausgeführt in Erwägungsgrund 6 der Richtlinie 94/46/EG Richtlinie 94/46/EG der Kommission vom 13.10.1994 zur Änderung der Richtlinie 88/301/EWG und 90/388/EWG, insbesondere betreffend die Satelliten-Kommunikation, ABl. L 268/15 vom 19.10.1994. 71 Einen weiteren Schritt der Liberalisierung der Regulierung von Telekommunikationsendgeräten stellt die Richtlinie 1999/5/EG239 dar. In Deutschland ist die Richtlinie durch das Gesetz über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen (FTEG)240 umgesetzt. Nach § 10 FTEG241 bedürfen Endgeräte keiner Zulassung. Sie müssen aber ein Konformitätsbewertungsverfahren nach § 7 FTEG durchlaufen haben, das deren Konformität mit den grundlegenden Anforderungen des § 3 FTEG und europäischen Normen erfüllen242. § 3 FTEG enthält unter anderem Anforderungen zum Schutz der Gesundheit, zur Sicherheit des Benutzers, zur elektromagnetischen Verträglichkeit und bei Satelliten zusätzlich zur effektiven Nutzung der Orbitressourcen. Weitere Anforderungen an das Inverkehrbringen der Endgeräte sind nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 1999/5/EG ausgeschlossen. Sind die Receiver reine Empfangsanlagen, die nur für den Empfang von Rundfunk- und Fernsehsendungen bestimmt sind, werden sie nach § 1 Abs. 3 Nr. 4 FTEG (Anhang I Nr. 4 der Richtlinie 1999/5/EG) vom Anwendungsbereich des FTEG ausgenommen. Als Zwischenergebnis bleibt festzuhalten, dass der gemeinschaftsweite Vertrieb von Endgeräten ohne besondere Zulassung möglich ist, wenn die allgemeinen Anforderungen wie zum Beispiel zum Gesundheitsschutz erfüllt sind. Für reine Empfangsanlagen entfällt sogar jede Anforderung243. Damit folgt das deutsche Recht den genannten Richtlinien, durch die der europäische Gesetzgeber den Endgerätemarkt frei von Handelsbeschränkungen halten möchte. Weitere Anforderungen können sich jedoch aus technischen Anforderungen an einzelne Leistungsmerkmale ergeben. 3.3.3.1.2 Technische Spezifikationen Anforderungen technischer Art zu Lasten der Wirtschaftsbeteiligten können die Mitgliedstaaten nach Art. 3 Spiegelstrich 2 der Richtlinie 88/301/EWG244 nur vorschreiben, wenn derartige Qualifikationen objektiven, nichtdiskriminierenden und veröffentlichten Kriterien folgen. 239 Richtlinie 1999/5/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 9.3.1999 über Funkanlagen und Telekommunikationseinrichtungen und die gegenseitige Anerkennung ihrer Konformität, ABl. L 91/10 vom 7.4.1999. Diese Richtlinie hebt gemäß ihrem Art. 20 Abs. 1 die Richtlinie 98/13/EG auf, die der Zusammenfassung und Kodifizierung der Richtlinien 93/97/EG und 91/263/EWG diente, so Erwägungsgrund 1 der Richtlinie 98/13/EG. 240 Gesetz über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen (FTEG) vom 31.1.2001 (BGBl. 2001 I, 170); geändert durch Gesetz vom 7.5.2002 (BGBl. 2002 I, 1529, in Kraft getreten 11.5.2002). 241 § 10 FTEG dient der Umsetzung von Art. 6 der Richtlinie 1999/5/EG. 242 Zu den weiteren Voraussetzungen siehe § 10 FTEG. § 3 FTEG setzt Art. 3 der Richtlinie 1999/5/EG um. 243 S. auch Trute/Spoerr/Bosch-Spoerr, FTEG § 1, Rn. 4 ff. zu Vorgaben zur elektromagnetischen Verträglichkeit u.a. 244 Richtlinie 88/301/EWG der Kommission vom 16.5.1988 über den Wettbewerb auf dem Markt für Telekommunikations-Endgeräte, ABl. L 131/73 vom 27.5.1988, geändert durch Richtlinie 94/46/EG der Kommission vom 13.10.1994 zur Änderung der Richtlinie 88/301/EWG und 90/388/EWG, insbesondere betreffend die Satelliten-Kommunikation, ABl. L 268/15 vom 19.10.1994. 72 Voraussetzungen für Kundengeräte werden, unabhängig vom Übertragungsweg, im Fernsehsignalübertragungsgesetz245 aufgestellt, das die TV-Normenrichtlinie246 auf Bundesebene umsetzt247. Das Fernsehsignalübertragungsgesetz dient dem Ziel, fortgeschrittene Fernsehdienste, insbesondere Breitbildschirm-Fernsehdienste und Fernsehdienste, die volldigitale Übertragungssysteme verwenden, voranzutreiben248. So müssen Geräte nach § 5 Abs. 3 Nr. 1 Fernsehsignalübertragungsgesetz die Fähigkeit zum Decodieren von Signalen besitzen (Art. 4a) der Richtlinie). Weitere Anforderungen zur Ausrüstung von Fernsehgeräten mit offenen Schnittstellen enthält § 5 Fernsehsignalübertragungsgesetz: § 5 Fernsehsignalübertragungsgesetz: „(1) Alle zum Verkauf oder zum Abschluss eines Mietvertrages angebotenen Fernsehgeräte mit einem integrierten Bildschirm, dessen sichtbare Bildschirmdiagonale 42 Zentimeter überschreitet, müssen mindestens mit einer von einer anerkannten europäischen Normungsorganisation genormten Anschlussbuchse für offene Schnittstellen ausgerüstet sein, die den einfachen Anschluss von Peripheriegeräten, insbesondere von zusätzlichen Dekodern und Digitalempfängern, ermöglicht. (2) Fernsehempfänger mit einem integrierten digitalen Dekoder müssen den Einbau von mindestens einer von einer anerkannten europäischen Normungsorganisation genormten Steckbuchse erlauben, die den Anschluss von Zugangsberechtigungssystemen und anderen Elementen eines digitalen Fernsehdienstes an den digitalen Dekoder ermöglichen. (3) Alle Geräte der Unterhaltungselektronik, die verkauft, vermietet oder in anderer Weise zur Verfügung gestellt werden und die verwürfelte digitale Fernsehsignale dekodieren können, müssen in der Lage sein, 1. solche Signale entsprechend einem Verwürfelungs-Algorithmus zu dekodieren, der innerhalb des gemeinsamen europäischen Marktes allgemein verwendbar ist und dem Stand der Technik entspricht, und 2. Signale, die unverschlüsselt übertragen worden sind, wiederzugeben. Bei vermieteten Geräten muss dies nur gegeben sein, wenn der Mieter den Mietvertrag einhält. ...“ Den Anbietern von Diensten zur Kontrolle der Zugangsberechtigung werden Verpflichtungen gegenüber den Rundfunkveranstaltern auferlegt, die sich auf die technischen Anforderungen an die Dekoder beziehen. Solche Anforderungen ergeben sich zum einen aus § 7 Abs. 1 Nr. 1 Fernsehsignalübertragungsgesetz, der Art. 4 c) der TV-Normenrichtlinie umsetzt: § 7 Abs. 1 Nr. 1 Fernsehsignalübertragungsgesetz: „Anbieter und Verwender von Zugangsberechtigungssystemen, die, unabhängig vom Übertragungsweg, Zugangsdienste zu digitalen Fernsehdiensten herstellen und vermarkten, müssen 1. allen Rundfunkveranstaltern zu chancengleichen, angemessenen und nichtdiskriminierenden Bedingungen technische Dienste anbieten, die es gestatten, dass deren digitale Fernsehdienste von zugangsberechtigten Fernsehzuschauern mit Hilfe von Dekodern, die von den Anbietern von Diensten verwaltet werden, empfangen werden können ...“ 245 Gesetz über die Anwendung von Normen für die Übertragung von Fernsehsignalen (Fernsehsignalübertragungsgesetz) vom 14.11.1997 (BGBl. 1997 I, 2710); zuletzt geändert durch Gesetz vom 7.5.2002 (BGBl. 2002 I, 1529, in Kraft getreten 11.5.2002). 246 Richtlinie 95/47/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 24.10.1995 über die Anwendung von Normen für die Übertragung von Fernsehsignalen, ABl. L 281/51 vom 23.11.1995 (TVNormenrichtlinie). 247 Zur Umsetzung auf Länderebene s. im Folgenden. 248 Dies ergibt sich aus Art. 1 der TV-Normenrichtlinie. 73 Inhaltlich gleiche Anforderungen enthält zum anderen § 53 Abs. 1 Satz 1 RStV249, der die TVNormenrichtlinie auf Länderebene umsetzt: § 53 Abs. 1 RStV: „Anbieter von Diensten mit Zugangsberechtigung, die Zugangsdienste zu Fernsehdiensten herstellen oder vermarkten, müssen allen Veranstaltern zu chancengleichen, angemessenen und nichtdiskriminierenden Bedingungen technische Dienste anbieten, die es gestatten, dass deren Fernsehdienst von zugangsberechtigten Zuschauern mit Hilfe von Dekodern, die von den Anbietern von Diensten verwaltet werden, empfangen werden können. Die Diskriminierungsfreiheit ist nur dann gewährleistet, wenn die Dekoder über zugangsoffene Schnittstellen verfügen, die Dritten die Herstellung und den Betrieb eigener Anwendungen erlauben. Die Schnittstellen müssen dem Stand der Technik, insbesondere einheitlich normierten europäischen Standards entsprechen.“ Interaktive Dienste (z.B. Video-on-Demand, E-Mail) sind weder von der TVNormenrichtlinie, dem Fernsehsignalübertragungsgesetz noch von § 53 RStV erfasst250. Die bisherige TV-Normenrichtlinie verliert gemäß Art. 26 Rahmenrichtlinie mit dem 24. Juli 2003 ihre Gültigkeit, da sie mit In-Kraft-Treten des neuen Richtlinienpakets251 aufgehoben wird. Die Anforderungen an die Kundengeräte werden dann in der Universaldienstrichtlinie festgelegt. Deren Art. 24 bestimmt, dass die Mitgliedstaaten die Interoperabilität der für den Verbraucher bestimmten Digitalfernsehgeräte sicherstellen. Die Anforderungen in Anhang VI der Universaldienstrichtlinie übernehmen im Wesentlichen die Art. 3f. der TVNormenrichtlinie252: Anhang VI der Universaldienstrichtlinie: „1. Einheitlicher Verschlüsselungsalgorithmus und unverschlüsselter Empfang Alle für den Empfang von Digitalfernsehsignalen vorgesehenen Verbrauchergeräte, die in der Gemeinschaft zum Verkauf, zur Miete oder anderweitig angeboten werden und in der Lage sind, Digitalfernsehsignale zu entschlüsseln, müssen über die Fähigkeit verfügen, 249 S. zu den Anforderungen des § 53 Abs. 1 RStV z.B. Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, RStV, § 53, Rn. 12 ff.; Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht-Schulz, RStV, § 53, Rn. 31 ff., Holznagel, CR 1998, 151, 155. 250 Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, Siebter Bericht über die Umsetzung des Reformpakets für den Telekommunikationssektor, KOM(2001)706 endg., vom 26.11.2001, Annex 2, SEC(2001)1922, S. 88; zu § 53 RStV s. Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, RStV, § 53, Rn. 9, 14. 251 S. Kap. 3.3.1. 252 Der Wortlaut von Art. 3 der TV-Normenrichtlinie lautet: „In der Gemeinschaft zum Verkauf oder zur Miete angebotene Fernsehgeräte mit einem integrierten Bildschirm, dessen sichtbare Bildschirmdiagonale 42 cm überschreitet, müssen mindestens mit einer (von einer anerkannten europäischen Normungsorganisation genormten) Anschlußbuchse für offene Schnittstellen ausgerüstet sein, die den einfachen Anschluß von Peripheriegeräten, insbesondere von zusätzlichen Dekodern und Digitalempfängern, ermöglicht.“ Art. 4 der TV-Normenrichtlinie hat folgenden Wortlaut: „Hinsichtlich der Zugangsberechtigung der Fernsehzuschauer zu digitalen Fernsehdiensten in der Europäischen Gemeinschaft gilt, unabhängig vom Übertragungsweg, folgendes: a) Alle Kundengeräte, die in der Europäischen Gemeinschaft verkauft, vermietet oder in anderer Weise zur Verfügung gestellt werden und die verwürfelte digitale Fernsehsignale dekodieren können, müssen in der Lage sein, - solche Signale entsprechend dem gemeinsamen europäischen Verwürfelungs-Algorithmus, für den eine anerkannte europäische Normenorganisation als Verwalter fungiert, zu dekodieren; - Signale, die unverschlüsselt übertragen worden sind, wiederzugeben, vorausgesetzt, daß der Mieter bei gemieteten Geräten die einschlägige Mietvereinbarung einhält. ...“ 74 - Signale zu entschlüsseln, die dem einheitlichen europäischen Verschlüsselungsalgorithmus entsprechen, wie er von einer anerkannten europäischen Normenorganisation, derzeit ETSI, verwaltet wird; - Signale anzuzeigen, die unverschlüsselt übertragen wurden, sofern bei Mietgeräten die mietvertraglichen Bestimmungen vom Mieter eingehalten werden. 2. Interoperabilität von Geräten für Analog- und Digitalfernsehen ... Jedes Digitalfernsehgerät mit integriertem Bildschirm mit einer sichtbaren Diagonale von mehr als 30 cm, das in der Gemeinschaft zum Verkauf oder zur Miete in Verkehr gebracht wird, muss mit mindestens einer offenen Schnittstellenbuchse (die entweder von einer anerkannten europäischen Normenorganisation genormt wurde oder einer von ihr festgelegten Norm entspricht oder einer branchenweiten Spezifikation entspricht), beispielsweise der einheitlichen DVBSchnittstelle, ausgestattet sein, die den einfachen Anschluss von Peripheriegeräten ermöglicht und für alle Komponenten eines digitalen Fernsehsignals einschließlich der Informationen durchlässig ist, die sich auf interaktive und zugangskontrollierte Dienste beziehen.“ Die Normierung (unter anderem von Endgeräten) ist in Art. 17 und 18 Rahmenrichtlinie geregelt. Die Erwägungsgründe in Nr. 30 machen deutlich, dass die Normierung vorrangig ein marktorientierter Vorgang sein soll. In der TV-Normenrichtlinie seien weder ein bestimmtes digitales Fernsehübertragungssystem noch spezielle Dienstanforderungen vorgeschrieben. Es könne jedoch notwendig sein, die Einhaltung bestimmter Normen auf Gemeinschaftsebene zu fordern, um die Interoperabilität auf dem Binnenmarkt zu gewährleisten. Nach Art. 17 Abs. 1 Rahmenrichtlinie soll die Kommission ein Normenverzeichnis aufstellen. „Bei Bedarf“ kann sie die Erstellung von Normen durch die europäischen Normungsorganisationen (Comité Européen de Normalisation (CEN), Comité Européen de Normalisation Electrotechnique (Cenelec), European Telecommunications Standards Institute (ETSI)253 veranlassen. Die Mitgliedstaaten sollen die Anwendung dieser Normen nach Art. 17 Abs. 2 Rahmenrichtlinie „fördern“. Daraus wird deutlich, dass keine verbindlichen Maßnahmen durch die Mitgliedstaaten erlassen werden sollen. Nach Art. 17 Abs. 4 Rahmenrichtlinie kann die Kommission allerdings die Anwendung bestimmter Normen oder Spezifikationen auch verbindlich vorschreiben, indem sie die Normen bei deren Veröffentlichung im Amtsblatt als verbindlich kennzeichnet. Voraussetzung ist eine nicht sachgerechte Anwendung der Normen im Sinn des Art. 17 Abs. 1 Rahmenrichtlinie und die Durchführung eines Verfahrens nach Art. 17 Abs. 4 Rahmenrichtlinie: Rahmenrichtlinie Art. 17: „(1) Die Kommission erstellt nach dem in Artikel 22 Absatz 2 genannten Verfahren ein Verzeichnis von Normen und/oder Spezifikationen, die als Grundlage für die Förderung der einheitlichen Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste sowie zugehöriger Einrichtungen und Dienste dienen, und veröffentlicht es im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften. Bei Bedarf kann die Kommission gemäß dem in Artikel 22 Absatz 2 genannten Verfahren und nach Anhörung des durch die Richtlinie 98/34/EG eingesetzten Ausschusses die Erstel- 253 Das ETSI wurde 1988 als eine nichtkommerzielle Einrichtung geschaffen. Die Organisation hat die Aufgabe, zur weltweiten Standardisierung im Bereich der Telekommunikation und der Ausstrahlung von Programmen sowie der Informationstechnologie beizutragen. Dies soll vor allem durch die Entwicklung umfassender Standards erreicht werden. Mitglieder sind Behörden, Netzbetreiber, Hersteller, Diensteanbieter und Nutzer. Die Mitglieder legen die Aufgaben des ETSI nach Markterfordernissen fest. Mit der Europäischen Kommission, anderen europäischen Standardisierungsorganisationen und nationalen Regulierungsbehörden arbeitet ETSI auf der Basis von Kooperationsabkommen und Absprachen zusammen (Cooperation Agreements and Memoranda of Understandings). Das ETSI veröffentlichte seine Politik und Zielvorstellungen bezüglich des geistigen Eigentums an den Standards unter http://www.etsi.org/frameset/ home.htm?/legal/home.htm; abgerufen am 6.11.2002. 75 lung von Normen durch die europäischen Normungsorganisationen [CEN, Cenelec und ETSI] veranlassen. ...“ (3) Wurden die in Absatz 1 genannten Normen und/oder Spezifikationen nicht sachgerecht angewandt, so dass die Interoperabilität der Dienste in einem oder mehreren Mitgliedstaaten nicht gewährleistet ist, so kann die Anwendung dieser Normen und/oder Spezifikationen nach dem Verfahren in Absatz 4 verbindlich vorgeschrieben werden, soweit dies unbedingt notwendig ist, um die Interoperabilität zu gewährleisten und den Nutzern eine größere Auswahl zu bieten. (4) Beabsichtigt die Kommission, die Anwendung bestimmter Normen und/oder Spezifikationen verbindlich vorzuschreiben, so veröffentlicht sie eine Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften und fordert alle Beteiligten zur Stellungnahme auf. Sie schreibt die Anwendung der einschlägigen Normen gemäß dem in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verfahren verbindlich vor, indem sie diese in dem im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlichten Verzeichnis der Normen und/oder Spezifikationen als verbindlich kennzeichnet.“ Ziel des Art. 18 Rahmenrichtlinie ist die Interoperabilität von Fernsehdiensten: Art. 18 Abs. 1 Rahmenrichtlinie: „Um den freien Informationsfluss, die Medienpluralität und die kulturelle Vielfalt zu fördern, setzen sich die Mitgliedstaaten gemäß den Bestimmungen von Artikel 17 Absatz 2 dafür ein, a) dass die Anbieter digitaler interaktiver Fernsehdienste, die für die Übertragung an die Öffentlichkeit in der Gemeinschaft vorgesehen sind, unabhängig vom Übertragungsmodus eine offene API verwenden; b) dass die Anbieter aller erweiterter digitaler Fernsehgeräte, die für den Empfang digitaler interaktiver Fernsehdienste auf interaktiven digitalen Fernsehplattformen bestimmt sind, die Mindestanforderungen der einschlägigen Normen und Spezifikationen einer offenen API erfüllen.“ Durch diese Vorgaben soll der Verbraucher in der Lage sein, alle digitalen interaktiven Fernsehdienste unabhängig vom Übertragungsmodus zu empfangen. Der Wechsel von bestehenden Application Programming Interfaces (API) zu neuen offenen API soll gefördert werden, zum Beispiel durch Vereinbarungen zwischen den relevanten Markteilnehmern. Die Erwägungsgründe führen aus, dass die europäischen Marktteilnehmer mit der Digital Video Broadcasting (DVB) Group eine Familie von Fernsehübertragungssystemen entwickelt haben, die vom ETSI genormt und in Empfehlungen der internationalen Fernmeldeunion umgesetzt wurden. Die obligatorische Anwendung derartiger Normen solle jedoch erst nach einer umfassenden Anhörung vorgeschrieben werden254. Die vom ETSI erarbeiteten Normen sind nicht verbindlich. Im deutschen Recht schreibt die Fernsehdienstnormenverordnung255 des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie für Übertragungssysteme für voll digitale Fernsehdienste die Anwendung bestimmter Normen256 des ETSI vor, nicht jedoch den DVB Multimedia Home Platform (MHP) Standard. 254 Erwägungsgründe Nr. 30 der Rahmenrichtlinie. 255 Verordnung zur Anwendung von Normen für voll digitale Fernsehdienste (Fernsehdienstnormenverordnung) vom 4.2.1999 (BGBl. 1999 I, 85), Verordnung auf Grund des § 3 Abs. 1 Satz 2 des Fernsehsignalübertragungs-Gesetzes vom 14.11.1997 (BGBl. 1997 I, 2710) in Verbindung mit Art. 56 des Zuständigkeitsanpassungs-Gesetzes vom 18.3.1975 (BGBl. 1975 I, 705), dem Organisationserlass vom 17.12.1997 (BGBl. 1998 I, 68) und dem Organisationserlass vom 27.10.1998 (BGBl. 1998 I, 3288). 256 Für Satelliten-Übertragungssysteme in § 1 Abs. 1 b) Fernsehdienstnormenverordnung: DIN ETS 300 421 “Digitale Rundfunk-Systeme für Fernsehen, Ton und Datendienste; Rahmenstruktur, Kanalcodierung und Modulation für Dienste über Satellit bei 11/12 GHz”. 76 MHP ist ein Standard für digitale TV-und Multimediaübertragungen, ein offenes Betriebssystem für alle Typen von Empfangsgeräten. Mit dem Ziel, dass alle Set-Top-Boxen ein einheitliches API besitzen, wurde MHP im Rahmen des DVB-Projekts entwickelt. Im Juli 2000 erhob das ETSI MHP in der Version 1.0 zur offiziellen Norm. In der „Mainzer Erklärung“ vom 19. September 2001257 verpflichteten sich ARD, ZDF, RTL und die KirchGruppe zusammen mit der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) zur Unterstützung von MHP258. In seiner Entschließung vom 26. September 2002 fordert das Europäische Parlament die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, Maßnahmen zur Erleichterung einer „Migration zu einer offenen API auf der Grundlage der MHP“ zu erläutern259. Derzeit ist MHP der einzige Standard, der die Anforderungen von Art. 18 Rahmenrichtlinie erfüllt. Bereits das geltende Recht stellt demnach Anforderungen an Geräte auf, die verkauft oder vermietet werden sollen, oder legt in §§ 5 und 7 Fernsehsignalübertragungsgesetz sowie § 53 Abs. 1 RStV den Anbietern von Diensten gegenüber den Rundfunkveranstaltern Pflichten auf, die sich auf die technischen Anforderungen an die Dekoder beziehen. Die TVNormenrichtlinie, auf der diese Regelung beruht, ist in dieser Hinsicht in den Anhang VI der Universaldienstrichtlinie aufgenommen worden. Ein spezifischer Anpassungsbedarf besteht somit nicht. Die technische Normung von Endgeräten sieht der europäische Gesetzgeber ausdrücklich als marktorientierten Vorgang. Der Fortschritt der Technik soll nicht durch starre Regeln behindert werden. Dementsprechend spielen Vereinbarungen wie die „Mainzer Erklärung“ und Festlegungen des ETSI für technische Spezifikationen eine große Rolle. 3.3.3.2 Das Anbringen von Parabolantennen Neben Recievern sind Parabolantennen die wichtigsten Endgeräte, die für den Empfang von Satellitenrundfunk erforderlich sind. Sie können ebenso wie Reciever frei angeboten und erworben werden. Ihre freie Nutzung wird jedoch derzeit noch durch die Rechtsprechung zum Recht der Wohnraummiete und des Wohnungseigentums eingeschränkt. Europäische Rechtsentwicklungen deuten jedoch darauf hin, dass sich diese Rechtsprechung ändern muss. 3.3.3.2.1 Rechtslage in Deutschland Die deutsche Zivilrechtsprechung wurde mit einer Vielzahl von Fällen befasst, die das Anbringen von Parabolantennen betrafen. Die Problematik dieser Fälle wird durch die widerstreitenden, grundrechtsrelevanten Interessen der Beteiligten bestimmt. Auf der einen Seite macht der Mieter sein Recht auf Informationsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, auf der anderen der Vermieter sein Eigentumsrecht aus Art. 14 GG geltend. Zwar gewähren diese Grundrechte in erster Linie einen Freiraum gegen staatliche Eingriffe, sie erschöpfen sich 257 Gemeinsame Erklärung der deutschen Programmveranstalter und der Landesmedienanstalten zur zügigen Einführung von MHP vom 19.9.2001, http://www.dvb-mhp.org/membership_list/Mainz.html, abgerufen am 15.11.2002. 258 Für den Zeitraum der CeBIT 2003 startete die ProSiebenSat.1-Gruppe ein interaktives TV-Angebot unter Verwendung von MHP, s. edp medien Nr. 19 vom 12.3.2003, S. 13. 259 Entschließung des Europäischen Parlaments vom 26.9.2002, Dok.-Nr. B5-0488/2002, Protokoll abrufbar unter http://www3.europarl.eu.int/omk/omnsapir.so/pv2?PRG=DOCPV&APP=PV2&LANGUE=DE&SDOCTA =12&TXTLST=1&POS=1&Type_Doc=RESOL&TPV=PROV&DATE=260902&PrgPrev=TYPEF@B5|P RG@QUERY|APP@PV2|FILE@BIBLIO02|NUMERO@488|YEAR@02|PLAGE@1&TYPEF=B5&NU MB=1&DATEF=020926, abgerufen am 24.10.2002. 77 jedoch nicht in der Abwehr staatlicher Einflussnahme260. Die Grundrechte finden vielmehr auch Ausdruck in der Auslegung zivilrechtlicher Normen261. Der Schutz durch das Grundrecht auf Informationsfreiheit erstreckt sich auf alle öffentlich zugänglichen Informationen – unabhängig von ihrem Gehalt, ihrer Herkunft und der Form ihrer Kenntnisnahme. Sein Schutzbereich erstreckt sich auch auf die technischen Voraussetzungen seiner Wahrnehmung. Das Bundesverfassungsgericht schließt sogar ausdrücklich den Empfang von Satellitenrundfunk über eine Parabolantenne in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG ein262: „Für die Persönlichkeitsentfaltung des Einzelnen und die Aufrechterhaltung der demokratischen Ordnung ist die Informationsfreiheit nicht minder wichtig als die Freiheit der Meinungsäußerung und der Medienberichterstattung, da es diese aus der Empfängerperspektive ergänzt und Teil eines geschützten Kommunikationsprozesses ist. Geschützt sind Informationen, die via Satellitenanlage empfangen werden, dann, wenn sie als aus allgemein zugänglichen Quellen stammend anzusehen sind. Allgemein zugänglich ist eine Informationsquelle, wenn sie geeignet und bestimmt ist, der Allgemeinheit, also einem individuell nicht bestimmbaren Personenkreis, Informationen zu verschaffen. Diese Eignung richtet sich allein nach den tatsächlichen Gegebenheiten. Einen Unterschied zwischen in- und ausländischen Informationsquellen macht das Grundgesetz nicht. Allgemein zugänglich sind deshalb auch ausländische Rundfunkprogramme, deren Empfang in Deutschland möglich ist. Soweit hierbei der Empfang von technischen Anlagen wie Parabolantennen abhängt, die eine an die Allgemeinheit gerichtete Information erst individuell erschließen, erstreckt sich der Grundrechtsschutz auch auf die Beschaffung und die Nutzung solcher Anlagen, da andernfalls das Grundrecht gerade durch technischen Fortschritt ausgehöhlt werden könnte“263. Da Regelungen, die die Errichtung von Parabolantennen betreffen, weder im BGB noch im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) enthalten sind, leiten die klagenden Mieter ihren Anspruch auf Zustimmung durch den Vermieter aus §§ 535, 536 BGB her264. Danach ist der Vermieter verpflichtet, dem Mieter während der Mietzeit den vertragsgemäßen Gebrauch zu gewähren. Was zum vertragsgemäßen Gebrauch gehört, bedarf der Auslegung. Der Mieter kann nach der Rechtsprechung des BVerfG dann einen Anspruch aus §§ 535, 536 i.V.m. 242 BGB auf Zustimmung zur Einrichtung einer Parabolantenne geltend machen, wenn sein Recht auf Information im konkreten Fall bei einer Abwägung mit den Rechten der Eigentümer oder Vermieter überwiegt265. Das entgegenstehende Interesse des Eigentümers zielt auf das Erscheinungsbild des Hauses. Letztlich das gleiche Problem stellt sich im Verhältnis zwischen dem Wohnungseigentümer und anderen Mit-Wohnungseigentümern. Ein Unterschied besteht nur im rechtlichen Anknüpfungspunkt. Der Eigentümer will von seinem Recht auf wunschgemäße Nutzung nach § 903 BGB i.V.m. Art. 14 GG Gebrauch machen. Das Anbringen einer Parabolantenne am Gebäude ist als bauliche Veränderung im Sinn des §§ 22, 21 WEG anzusehen. Daher ist das Anbringen 260 Dörr/Janik/Zorn, Zugang zu den Kabelnetzen, S. 182 ff. 261 Zur Drittwirkung der Grundrechte s. z.B. Palandt-Heinrichs, § 242 Rn. 7 ff.; Maunz/Dürig-Dürig, Art. 1, Rn. 102 ff. 262 BVerfGE 90, 27. 263 BVerfGE 90, 27. 264 BVerfGE 90, 27, 33. 265 BVerfGE 90, 27, 33. 78 von der Zustimmung der übrigen Eigentümer abhängig. Diese können sich für die Verweigerung der Zustimmung ebenfalls auf § 903 BGB i.V.m. Art. 14 GG berufen. Für beide Seiten besteht letztlich der gleiche Konflikt wie in den Mietverhältnissen, weshalb die im Verhältnis von Vermieter zu Mieter ergangene Rechtsprechung grundsätzlich auf die Wohnungseigentümergemeinschaft übertragen werden kann266. Die Mehrheit der deutschen Gerichte vertrat bisher überwiegend eine restriktive Haltung zugunsten des Vermieters: Schon eine geringfügige Beeinträchtigung des Aussehens des Gebäudes genügte, die Maßnahme von der Zustimmung des Vermieters abhängig zu machen. Im Vordergrund stehen für die Rechtsprechung besonders die Verunstaltung des Gebäudes sowie die Gefährdung von Menschen durch Sturmgefahr. Eine rechtserhebliche Beeinträchtigung des Vermieters wurde in der Regel nur bei kumulativem Vorliegen folgender Gesichtspunkte verneint: – keine ästhetische Beeinträchtigung infolge mangelnder Einsehbarkeit, – keine feste Verbindung mit dem Baukörper, – hinreichende Standfestigkeit der Anlage. Wurde eine Beeinträchtigung des Vermieters festgestellt, wurden die gegensätzlichen grundrechtlichen Interessen im Regelfall durch eine Abwägung in Einklang gebracht. Das Interesse des Mieters an Information kann das Interesse der Vermieters an seinem unbeeinträchtigten Eigentum nur dann überwiegen, wenn der Mieter sich ohne Parabolantenne nur unzureichend informieren kann. Dies wird nicht angenommen, wenn der Mieter die Möglichkeit hat, Fernsehen über Kabel zu empfangen267. Besteht ein Anschluss an ein Breitbandkabelnetz, stehen im Regelfall ausreichende Informationsmöglichkeiten zur Verfügung und ein Anspruch des Mieters, zusätzlich eine Parabolantenne am Haus anbringen zu dürfen, wird grundsätzlich abgelehnt. In diesem Sinn urteilte zum Beispiel das Bayerische Oberste Landesgericht in einer Entscheidung vom 30. November 2000268: „Verfügt eine Wohnanlage über einen Kabelanschluss, so gibt das Grundrecht auf Informationsfreiheit einem deutschen Wohnungseigentümer grundsätzlich nicht das Recht, ohne Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer an der Außenmauer eine Parabolantenne anzubringen.“ Eine andere Abwägung erfolgt nur dann, wenn in der Person des Mieters Gründe vorliegen, die ein besonderes Informationsinteresse rechtfertigen. Ein solches ist für das BVerfG bei einem ausländischen Mieter regelmäßig dann gegeben, wenn er mit der Parabolantenne Sender seines Heimatlands empfangen will269. Dieses Ergebnis hat die Frage veranlasst, ob in der Gewährung eines Anspruchs des ausländischen Mieters auf Zustimmung eine verfassungswidrige Bevorzugung gegenüber deutschen Staatsbürgern zu sehen ist, die das Gleichheitsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Diesen Einwand lehnte das BVerfG jedoch mit der Feststellung ab, dass der ausländischer Mieter nicht wegen seiner Heimat bevorzugt wird, wenn ein Gericht seine gesteigerten Informationsinteressen berücksichtigt. Dies ist vielmehr ein Faktor in einem Abwägungsprozess270. Ausländische Mieter sollen die Möglichkeit erhalten, sich auf diese Weise über das heimatli- 266 Palandt-Bassenge, § 22 WEG, Rn. 11. 267 BVerfGE 90, 27, 344. 268 BayObLG, Urteil vom 30.11.2000, Az. 2 Z BR 92/00. 269 BVerfGE 90, 27, 36. 270 BVerfGE 90, 27, 36. 79 che Geschehen unterrichten und die kulturelle und sprachliche Verbindung aufrecht erhalten zu können. Der ausländische Mieter kann daher nicht auf ausländische Zeitungen, ausländischen Hörfunk oder die in Deutschland von den Hörfunksendern ausgestrahlten Programme in den Landessprachen verwiesen werden271. Vielmehr ist Inhalt des Grundrechts auf Informationsfreiheit gerade auch die Wahl zwischen den Mitteln der Informationsbeschaffung. Da der Status als Ausländer und das daraus folgende Informationsbedürfnis nur ein Abwägungsfaktor unter mehreren ist, sind auch bei deutschen Mietern außergewöhnliche Umstände, die den spezifischen Fall vom Durchschnittsfall unterscheiden, bei der Abwägung zu berücksichtigen. Der Inländerstatus führt nicht notwendig zur Versagung des Anspruchs272. Allein die Begründung, mit der Parabolantenne könne er noch mehr Programme empfangen, genügt der deutschen Rechtsprechung als überwiegendes Interesse jedoch nicht, wenn bereits ein Kabelanschluss vorhanden ist273. Bei der Beurteilung einer vom typischen Durchschnittsfall abweichenden Interessenlage274 stellt das Bayerische Oberste Landesgericht strenge Anforderungen an die Darlegungspflicht seitens des Anspruchstellers275. Daher wurde der Anspruch eines Deutschen mit Wohnsitzen im Inland und in der romanischen Schweiz abgelehnt, der die Aufrechterhaltung der kulturellen und sprachlichen Verbindung zum romanischen Sprachkreis geltend machte und auf seine Zugehörigkeit zum angelsächsischen Kulturkreis durch langjährige Auslandsaufenthalte und eine Tätigkeit bei den alliierten Streitkräften verwies. Diese Gründe wurden als nicht ausreichend angesehen, da zumindest in gleichem Maße die Identität mit seinem deutschen Heimatstaat fortbestehe276. Gegen die Fortführung dieser Rechtsprechung sprechen die technische Entwicklung und die Bedeutungszunahme des Satellitenfernsehens. Viele der ablehnenden Entscheidungen der Zivilgerichte gingen von einem Durchmesser der Parabolantennen von ca. zwei Metern aus. Die Parabolantennen werden jedoch immer kleiner und damit verliert das Argument der ästhetischen Beeinträchtigung zunehmend an Gewicht. Dementsprechend finden sich sogar Urteile, die ein besonderes Informationsinteresse für das Anbringen der Satellitenanlage nicht mehr für notwendig halten, wenn von vornherein das Erscheinungsbild des Hauses nur unwesentlich beeinträchtigt ist277. Die Einschränkung der Informationsfreiheit kann jedoch nur dadurch gerechtfertigt werden, dass die Beeinträchtigung auf Seiten des Vermieters substanzielles Gewicht hat. Kann die Beeinträchtigung gering gehalten werden, ist dementsprechend auch die Hürde für die Durchsetzung der Informationsfreiheit des Mieters niedriger. 3.3.3.2.2 Europarechtliche Beurteilung In der deutschen Rechtsprechung wurde der europarechtliche Bezug der Nutzung von Parabolantennen bisher kaum gesehen. Er wurde jedoch von der Europäischen Kommission in ihrer Mitteilung über die Anwendung der allgemeinen Grundsätze des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs auf dem Gebiet der Nutzung von Parabolantennen vom 27. Juni 271 BVerfGE 90, 27, 38. 272 BVerfGE 90, 27, 36. 273 BerlVerfGH, NJW 2002, 2166; OLG Naumburg, WM 1994, 17. 274 S. hierzu auch OLG Frankfurt, NJW 1992, 2490. 275 BayObLG, Urteil vom 30.11.2000, Az. 2 Z BR 92/00, S. 9. 276 BayObLG, Urteil vom 30.11.2000, Az. 2 Z BR 92/00, S. 9; ähnlich Berl.VerfGH, NJW 2002, 2166. 277 AG Herne-Wanne, Wohnungswirtschaft und Mietrecht 2001, 277. 80 2001278 ausdrücklich betont. In dieser wird der Schutz der Nutzung von Parabolantennen durch die Grundfreiheiten des EGV konkretisiert. Die Berücksichtigung dieser Überlegungen muss in Deutschland zu einer Revision der bisherigen Rechtsprechung führen. Parabolantennen ermöglichen den Empfang von Satellitenrundfunk aus vielen oder allen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft279. Sie sind Waren, über die Dienste mit grenzüberschreitendem Charakter angeboten werden. Der Handel mit sämtlichen Materialien und Geräten, die für die Ausstrahlung von Fernsehsendungen benutzt werden, unterfallen den Bestimmungen über den freien Warenverkehr. Bei Fernsehsendungen handelt es sich um Dienstleistungen im Sinne des Art. 50 EGV280. Sie werden in der Regel gegen Entgelt erbracht und haben durch ihre oft europaweite Ausstrahlung einen grenzüberschreitenden Bezug281. Parabolantennen unterfallen somit der Freiheit des innergemeinschaftlichen Warenverkehrs nach Art. 28 EGV und die mit ihnen empfangbaren Fernsehsendungen der Freiheit des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs nach Art. 49 EGV. Für beide Freiheiten gilt, dass die Behinderung ihrer Ausübung grundsätzlich verboten ist. Eine solche Behinderung ist nur dann zulässig, wenn diese nicht nach Staatsangehörigkeit oder Niederlassungsort diskriminiert und dem Allgemeininteresse dient, zur Erreichung ihres Zwecks geeignet und notwendig sowie verhältnismäßig ist282. Aufgrund des grundsätzlichen Vorrangs des Europarechts283 ist unerheblich, ob sich die beschränkende Regelung in einem formellen Gesetz wiederfindet oder durch einen Administrativakt erfolgt. Die Folge ist, dass jede entgegenstehende Bestimmung des bestehenden staatlichen Rechts ohne weiteres unanwendbar wird. Aus der Geltung dieser gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten für die Nutzung von Parabolantennen schließt die Europäischen Kommission, dass die Möglichkeit, eine Parabolantenne zu nutzen, – auch mit Blick auf Art. 10 EMRK – jedem Bürger zusteht. Die Wahl seines Empfangsmittels muss der Empfänger selbst treffen können. Dies verbietet grundsätzlich Regelungen, die die Nutzung von Antennen beeinträchtigen oder die den Einsatz alternativer Empfangssysteme begünstigen. Aus dem Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs ergibt sich somit eine Verpflichtung für die nationalen Instanzen, sich gegenüber den verschiedenen technischen Mitteln, die den Nutzern zur Verfügung stehen, neutral zu verhalten284. Zwar ist es Sache der Mitgliedstaaten, ob sie in ihren jeweiligen Rechtsordnungen Bedingungen festlegen, die bei der Montage und Nutzung von Parabolantennen zu beachten sind. Problematisch können diese Vorschriften jedoch werden, wenn sie auf die Empfangsmöglich- 278 Mitteilung der Kommission über die Anwendung der allgemeinen Grundsätze des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs – Art. 28 und 49 EGV – auf dem Gebiet der Nutzung von Parabolantennen, KOM(2001)351 endg., vom 27.6.2001. 279 Mitteilung der Kommission über die Anwendung der allgemeinen Grundsätze des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs – Art. 28 und 49 EGV – auf dem Gebiet der Nutzung von Parabolantennen, KOM(2001)351 endg., vom 27.6.2001, S. 5. 280 EuGH, Rs. 155/73, Slg. 1974, 409 – Sacchi. 281 Streinz, Europarecht, Rn. 666; EuGH, Rs. 352/85, Slg. 1988, 2085 – Bond van Adverteerders. 282 Geiger, EUV/EGV § 50 Rn. 13; siehe hierzu auch Lenz-Hakenberg, Art. 49/50 Rn. 25 ff. 283 Lenz-Hetmeier, Art. 249 Rn. 22 ff; EuGH, Rs. 6/64, Slg. 1964, 1251 – Costa/Enel. 284 Mitteilung der Kommission über die Anwendung der allgemeinen Grundsätze des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs – Art. 28 und 49 EGV – auf dem Gebiet der Nutzung von Parabolantennen, KOM(2001)351 endg., vom 27.6.2001, S. 12, 18f. 81 keiten und damit auch auf die Verbreitung der Dienstleistung Satellitenfernsehen Einfluss nehmen. Dies ist etwa der Fall, wenn in manchen Mitgliedstaaten nur Geräte vermarktet und genutzt werden dürfen, die einen bestimmten technischen Stand aufweisen. Hierdurch kann die Dienstleistungsfreiheit betroffen werden, wenn die in Frage stehenden Vorschriften sich indirekt behindernd auswirken. Vorschriften bezüglich des Durchmessers oder der Empfangsfrequenzbänder einer Parabolantenne könnten zur Folge haben, dass das Empfangen derjenigen grenzüberschreitenden Fernsehprogramme, zu deren Empfang zum Beispiel ein ausreichender Durchmesser der Anlage nötig ist, erschwert wird. Erst recht wäre eine obligatorische285 Genehmigungspflicht286 oder eine Abgabe287 für das Aufstellen solcher Antennen europarechtswidrig, weil solche Maßnahmen einen noch stärkeren Eingriff in die Grundfreiheiten darstellen. In seinem Urteil vom 29. November 2001 stellte auch der EuGH fest, dass Art. 49, 50 und 55 EGV einer Sonderabgabe für Parabolantennen entgegenstehen288. Städtebauliche Anliegen können nach Ansicht der Kommission wirksam durch Maßnahmen berücksichtigt werden, die darauf ausgerichtet sind, die optischen Auswirkungen von Antennenanlagen weitgehend zu begrenzen, ohne das Recht der betroffenen Personen auf die Antenne zu beeinträchtigen und ihnen übermäßige Kosten zu verursachen289. Vor allem kommunale Regelungen (z.B. Altstadtsatzungen zur Erhaltung des geschützten Stadtbildes) schreiben in denkmalschutzrechtlichen oder architektonischen Regelungen die Anbringung der Antennen an bestimmten Stellen oder die Untersagung vor. Hier ist nach Auffassung der Kommis- 285 Etwas anderes mag für kommunale Satzungen gelten, die für eine beschränkte Zahl von Gebäuden eine solche Genehmigung z.B. zum Ensembleschutz vorsehen. 286 Mitteilung der Kommission über die Anwendung der allgemeinen Grundsätze des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs – Art. 28 und 49 EGV – auf dem Gebiet der Nutzung von Parabolantennen, KOM(2001)351 endg., vom 27.6.2001, S. 14f. In Deutschland fällt die Parabolantenne gemäß den jeweiligen Landesbauordnungen – s. z.B. § 64 Abs. 1 Nr. 2i SaarLBO – unter die genehmigungsfrei zu errichtenden Vorhaben. Der Genehmigungsvorbehalt des Art. 10 Abs. 1 Satz 3 EMRK gilt nur für Veranstalter, nicht für Zuschauer. 287 Mitteilung der Kommission über die Anwendung der allgemeinen Grundsätze des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs – Art. 28 und 49 EGV – auf dem Gebiet der Nutzung von Parabolantennen, KOM(2001)351 endg., vom 27.6.2001, S. 17 ff. Zwar anerkennt die Kommission, dass die Abgabenordnung nach derzeitigem Stand des Gemeinschaftsrechts in den Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten fällt, doch müssten diese ihre Kompetenzen unter Wahrung des Gemeinschaftsrechts ausüben. Als besonders schädlich beurteilt die Kommission die Folgen für die Verwirklichung des Binnenmarkts unter dem Gesichtspunkt der grenzüberschreitenden Kommunikation sowie für die technologische Entwicklung der über Satellit übertragenen Dienste. 288 EuGH, C-17/00, ZUM-RD 2002, 1 – De Coster, Nr. 31. Eine solche Abgabe sei eine unzulässige Beschränkung und stelle somit eine Behinderung sowohl für die Zuschauer als auch für die auf Satellitenübertragung angewiesenen Anbieter dieser Anlagen dar. Der EuGH stellt in den Entscheidungsgründen fest, dass die Einführung einer Abgabe auf Parabolantennen den Empfang über Satellit ausgestrahlter Fernsehsendungen mit einer Belastung belegt, der Kabelempfang aber keiner entsprechenden Abgabe unterliege. Weiter wurde ausgeführt, dass die in der Gemeinde Watermael-Boitsfort wohnhaften Empfänger von Fernsehdienstleistungen durch die Handhabung der Abgabenverordnung davon abgehalten werden können, Zugang zu Fernsehsendungen aus anderen Mitgliedstaaten anzustreben, da der Empfang derartiger Sendungen mit einer Abgabe belastet ist, der Sendungen in Belgien niedergelassener Rundfunkanbieter, die regelmäßig im Kabel verbreitet werden, nicht unterliegen (Nr. 32, 33). Zum von der Gemeinde vorgebrachten Rechtfertigungsgrund, sich einer ungezügelten Vermehrung von Parabolantennen erwehren zu wollen und so die Qualität der Umwelt zu verbessern, meint der EuGH, dass zumindest eine Unverhältnismäßigkeit bezüglich der angewandten Mittel bestehe (Nr. 37, 38). 289 Mitteilung der Kommission über die Anwendung der allgemeinen Grundsätze des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs – Art. 28 und 49 EGV – auf dem Gebiet der Nutzung von Parabolantennen, KOM(2001)351 endg., vom 27.6.2001, S. 15 ff. 82 sion das „Recht auf die Parabolantenne“ mit den städtebaulichen Vorgaben abzuwägen. Die Kommission schlägt Regelungen zur Vereinbarung der widerstreitenden Interessen vor, die – bei Einzelantennen eine diskrete Anbringposition vorschreiben, – Gemeinschaftsantennen fördern, bei Neubauten vorschreiben, – bei gerechtfertigten Erfordernissen Form und Farbe vorschreiben. Auch weitere Behinderungen seien unzulässig. Die Kommission ist der Auffassung, dass einzelstaatliche Abgaben, die gegenüber anderen Empfangsmitteln speziell Parabolantennen belasten, gemeinschaftswidrig sind. Die Mitteilung der Kommission hat keine für die einzelnen Mitgliedstaaten unmittelbar oder mittelbar geltende Rechtswirkung. Eine solche Handlungsform ist in Art. 249 EGV nicht genannt290, Art. 249 EGV enthält jedoch auch keine abschließende Aufzählung von Handlungsformen291. Die Mitteilung der Kommission stellt immerhin die Interpretation der geltenden Rechtslage durch ein kompetentes Organ der Gemeinschaft dar. Sie dient – ähnlich der Stellungnahme oder der Empfehlung – dazu, den Mitgliedstaaten die Rechtsauffassung der Kommission zu einem bestimmten Problem darzulegen. Sowohl die Mitteilung der Kommission als auch das Urteil des EuGH vom 29. November 2001 betriffen die rechtlichen Beziehungen des einzelnen Bürgers gegenüber seinem Mitgliedstaat. Dagegen handelt es sich bei den in Deutschland entschiedenen Fällen um einen Streit zwischen Privatpersonen. Daher ist zu fragen, ob sich im Licht der Kommissionsentscheidung am Anspruch des deutschen Mieters auf Zustimmung zur Aufstellung einer Parabolantenne etwas ändert. Auch wenn sich in den Gerichtsverfahren Privatpersonen um Rechte aus ihrem Miet- oder Wohnungseigentumsverhältnis stritten, sind die Beschränkungen des Mieters oder Miteigentümers durch die Gerichtsurteile der Bundesrepublik Deutschland zuzurechnen. Sie sind ebenso wie Gesetze und Verwaltungsakte Ausübung von Staatsgewalt, die die gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten zu beachten hat. Dieses Ergebnis wird außerdem mit der Drittwirkung der Grundfreiheiten292 und der Garantenpflicht aus der Informationsfreiheit des Art. 10 EMRK293 begründet. Daher wird vertreten, die deutsche Rechtsprechung könne keinen Bestand haben. Auch wenn einem Mieter andere Informationswege zur Verfügung stünden, könne das Anbringen einer Parabolantenne nicht weiter versagt werden294. Nach anderer Auffassung liege eine solche „Freiheitsvermutung“ der deutschen Rechtsprechung bereits zugrunde. Es bestehe eine grundrechtlich geschützte Position, die aber nicht schrankenlos gewährleistet sei. So weise auch die Kommission in ihrer Mitteilung auf 290 Eine solchermaßen verbindliche Wirkung haben nur die in Art. 249 Abs. 2 bis 4 EGV genannten Handlungsformen der Verordnung, der Richtlinie und der Entscheidung. Weiterhin genannt sind in Art. 249 EGV nur noch die nicht verbindlichen Empfehlungen und Stellungnahmen. 291 Lenz-Hetmeier, Art. 249, Rn. 3. 292 Dörr/Janik/Zorn, Zugang zu den Kabelnetzen, S. 124 ff., 226f.; EuGH, C-415/93, Slg. 1995, I-4921 – Bosman; EuGH, C-281/98, Slg. 2000, I-4139 – Angonese. 293 Dörr/Janik/Zorn, Zugang zu den Kabelnetzen, S. 226f. 294 Dörr/Janik/Zorn, Zugang zu den Kabelnetzen, S. 226f. 83 Schranken wie zum Beispiel den Verbraucher- und Umweltschutz hin. Im Ergebnis bringe die Mitteilung für die Interessenabwägung der deutschen Rechtsprechung nichts Neues295. Der letzten Schlussfolgerung kann jedoch nicht gefolgt werden. Selbst wenn die in der Kommissionsmitteilung vertretene Rechtsauffassung die Betrachtung des Einzelfalls nicht entbehrlich macht und weiter zwischen den widerstreitenden grundrechtlich geschützten Interessen eine Abwägung vorzunehmen ist, so muss diese bei Beachtung der gemeinschaftlichen Grundfreiheiten doch in anderer Weise durchgeführt werden. Sie muss umgekehrt wie die bisherige Rechtsprechung bei der Empfangsfreiheit des Mieters oder Wohnungseigentümers ansetzen und fragen, ob es überwiegende Interessen des Vermieters oder der Miteigentümer gibt, die eine Verweigerung ihrer Zustimmung rechtfertigen. Diese sind abzulehnen, wenn deren Interessen – wie von der Kommission angedeutet – durch Wahl der Antenne, des Standorts, der Anbringungsform, der Farbgebung oder ähnliche Maßnahmen befriedigt oder stark verringert werden können. Ist dies nicht möglich, muss eine Abwägung stattfinden, in der die besondere Bedeutung der Empfangsfreiheit zum Tragen kommt. Im Zweifel wird ihr der Vorzug zu geben sein. 3.3.4 Zugang zum Satelliten Vielfalt im Rundfunk ist nicht nur von den Empfangsmöglichkeiten der Zuschauer, sondern auch von den Möglichkeiten der Programmveranstalter abhängig, die angebotenen Verbreitungswege nutzen zu können. Das Gleiche gilt für den Anbieter einer Rundfunkplattform, der Programmveranstaltern im Rahmen von Programmpaketen Vermarktungsmöglichkeiten anbietet. Für die reale Vielfalt im Fernsehen ist entscheidend, ob beide, Programmveranstalter und Plattformanbieter, Zugang zu dem Verbreitungsweg Satellit haben. Bisher ist die Wettbewerbslage so, dass faktisch keine Probleme des Zugangs von Programmveranstaltern und Plattformanbietern bestehen. Es werden ausreichend Übertragungskapazitäten angeboten, so dass jeder, der über die erforderliche Finanzkraft verfügt, seine Programme über Satellit verbreiten kann296. Veranstaltern mit nicht ausreichender Finanzkraft bleibt der Übertragungsweg allerdings bisher verwehrt. Eine erste Ausnahme bildet das DVB-SPilotprojekt bayerischer Lokalfernsehprogramme vom 11. Juni 2002 bis 31. Mai 2004297. In diesem Projekt werden Sendungen aus verschiedenen Regionen im Wechsel digital über ASTRA ausgestrahlt. Die großen kommerziellen Veranstalter haben bisher jedoch keine Probleme ihre Programme über Satellit zu verbreiten. Diese Marktsituation kann sich jedoch – insbesondere durch die Digitalisierung – ändern. Der zurzeit gegebene Zugang zum Verbreitungsweg Satellit ist allein durch den Wettbewerb nicht dauerhaft gesichert. Daher wird im Folgenden untersucht, welche rechtlichen Vorkehrungen bestehen, um Programmveranstaltern und Plattformanbietern den Zugang zu diesem Verbreitungsweg sicher zu stellen. 295 Charissé, INFOSAT 9/2002, 80. In seinem Urteil vom 27.1.2003 (Az. 62 S 382/02) entschied das LG Berlin nach Abwägung der Interessen, dem Recht auf Informationsfreiheit sei dadurch Genüge getan, dass der Vermieter dem Mieter anbietet, auf Kosten des letztgenannten eine Parabolantenne auf dem Dach anstatt an der Balkonbrüstung zu montieren. 296 S. zur wirtschaftlichen Ausgangslage Kap. 2.2. 297 Pressemitteilung der BLM vom 16.5.2002, abrufbar unter http://www.blm.de/aktuell/presse/200228.htm, abgerufen am 15.11.2002. 84 Aufgrund der großen Bedeutung des französischen Eutelsat- und des luxemburgischen ASTRA-Systems ist die Relevanz des deutschen Rechts bei der Frage nach dem Zugang von Programmveranstaltern und Plattformanbietern zu den zurzeit angebotenen Satellitenkapazitäten gering298. Daher ist insbesondere der gemeinschaftsrechtliche Rahmen zu untersuchen. Das deutsche Recht kann jedoch auf Plattformen Anwendung finden, die in Deutschland angeboten werden. Für diesen Fall sind ergänzend die Vorgaben des deutschen Rechts Gegenstand der Erörterung. Grundlage für den freien Dienstleistungsverkehr von Fernsehdiensten in der Gemeinschaft ist die Fernsehrichtlinie299. Sie will die Entwicklung eines europäischen Fernsehmarkts fördern und hierfür Freizügigkeit und Wettbewerb sicherstellen. Das Angebot grenzüberschreitender Sendungen wird in den Erwägungsgründen als ein wichtiges Mittel genannt, um die Ziele der Gemeinschaft zu verfolgen. Daher verpflichtet Art. 2a Abs. 1 der Richtlinie die Mitgliedstaaten, den freien Empfang von Fernsehsignalen aus anderen Mitgliedstaaten zu gewährleisten. Diese Verpflichtung hat Rückwirkungen auf die rechtliche Absicherung grenzüberschreitender Verbreitung von Programmen. Das Recht eines Programmveranstalters auf Zugang zu einem bestimmten Verbreitungsweg fordert die Richtlinie allerdings nicht. Im Folgenden ist zu untersuchen, ob sich ein solches Recht aus anderen Regelungen des Gemeinschaftsrechts und daneben auch des deutschen Rechts ergibt. 3.3.4.1 Sektorspezifische Regelungen Bezogen auf die Frage des Zugangs zum Vertriebsweg Satellit gibt es bereits im geltenden Recht einige einschlägige Regelungen. Diese werden durch das neue Paket der Kommunikationsrichtlinien teilweise verändert und erweitert300. 3.3.4.1.1 Geltendes Recht In der Wettbewerbsrichtlinie 1990301 werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, besondere und ausschließliche Rechte von bestimmten Unternehmen bei der Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen aufzuheben. Ausgenommen waren ursprünglich noch die Satellitendienste. Dies wurde mit der Richtlinie 94/46/EG302 geändert. Sie sieht in Satellitenfunkdienstleistungen für die Übertragung von Rundfunk- und Fernsehprogrammen einen Telekommunikationsdienst und unterwirft diese damit den Bestimmungen der Richtlinie. Damit ist auch für die Satellitenverbreitung verboten, diesen Verbreitungsweg etwa bestimmten Programmveranstaltern vorzubehalten. Einen Zugangsanspruch begründen diese Regelungen jedoch nicht. 298 Zum luxemburgischen und französischen Recht oben 3.3.2.2.2 und 3.3.2.2.3. 299 Richtlinie 89/552/EWG des Rates vom 3.10.1989 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit, ABl. L 298/23 vom 17.10.1989, geändert durch Richtlinie 97/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30.6.1997, ABl. L 202/60 vom 30.7.1997 (Fernsehrichtlinie). 300 Zum Verhältnis von allgemeinem und sektorspezifischen Kartellrecht im Lichte des neuen Richtlinienpakets Klotz, K&R Beilage 1/2003, 3 ff. 301 Richtlinie 90/388/EWG der Kommission vom 28.6.1990 über den Wettbewerb auf dem Markt für Telekommunikation, ABl. L 192/10 vom 24.7.1990, in der Fassung der Richtlinie 1999/64/EG (Wettbewerbsrichtlinie 1990). Die Richtlinie tritt nach Art. 10 der Richtlinie 2002/77/EG der Kommission vom 16.9.2002 über den Wettbewerb auf den Märkten für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste, ABl. L 249/21 vom 17.9.2002 (Wettbewerbsrichtlinie 2002), am 25.7.2003 außer Kraft. 302 Richtlinie 94/46/EG der Kommission vom 13.10.1994 zur Änderung der Richtlinien 88/301/EWG und 90/388/EWG, insbesondere betreffend die Satelliten-Kommunikation, ABl. L 268/15 vom 19.10.1994 85 Spezifische Zugangsfragen werden auf Bundesebene durch das – bereits vorgestellte303 – Fernsehsignalübertragungsgesetz und auf Länderebene durch § 53 RStV geregelt. Diese Regelungen sollen Art. 4 b) und c) der TV-Normenrichtlinie304 umsetzen, die den Wettbewerb im digitalen Rundfunkmarkt sichern will305. Die TV-Normenrichtlinie befasst sich mit verschiedenen Aspekten des Zugangs zu digitalem Fernsehen und Zugangsberechtigungssystemen im weitesten Sinn, wie der Interoperabilität von Zugangskontrollsystemen mit Verbraucherhardware (Empfangsgeräte), und dem Zugang von Rundfunkveranstaltern zu Zugangsberechtigungssystemen. Zugangsrechte werden Rundfunkveranstaltern nach § 53 Abs. 1 RStV jedoch nur gegenüber Anbietern von Diensten mit Zugangsberechtigung, nach § 53 Abs. 2 RStV gegenüber Anbietern von Navigationsdiensten gewährt. § 53 Abs. 3 RStV verbietet die Benachteiligung von Wettbewerbern durch Anbieter mit marktbeherrschender Stellung, die Programme bündeln und vermarkten306. Die Überwachung der Einhaltung des § 53 Abs. 1 bis 4 RStV obliegt gemäß Abs. 5 der zuständigen Landesmedienanstalt. Auch §§ 6f. Fernsehsignalübertragungsgesetz307 gewähren Rundfunkveranstaltern und Anbietern digitaler Fernsehdienste lediglich ein Recht gegenüber Anbietern und Verwendern von Zugangsberechtigungssystemen. Dieses Recht besteht unabhängig davon, ob der Anbieter eine dominante Stellung auf dem Markt inne hat. Hintergrund der Regelung war das Anliegen, die Entwicklung missbräuchlicher beherrschender Positionen durch Conditional-AccessSystem-Anbieter zu verhindern308. Die genannten Vorschriften betreffen demnach die Dienstleistungsfunktionen von Dekodern und Navigatoren sowie die Bündelung und Vermarktung von Programmen309. Zumindest der Zugangsanspruch des Programmveranstalters zum Verbreitungsweg „Satellit“ ist als solcher nicht Gegenstand der Regelungen im RStV und Fernsehsignalübertragungsgesetz. 3.3.4.1.2 Richtlinienpaket zum Kommunikationsrecht Mit dem neuen Richtlinienpaket zum Kommunikationsrecht werden die alten Telekommunikations-Richtlinien zum 25. Juli 2003 aufgehoben und durch die neuen Regelungen ersetzt310. Daher stellt sich die Frage, was sich dadurch für den Zugang der Programmveranstalter zum 303 S. Kap. 3.3.3.1.2. 304 Richtlinie 95/47/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 24.10.1995 über die Anwendung von Normen für die Übertragung von Fernsehsignalen, ABl. L 281/51 vom 23.11.1995 (TVNormenrichtlinie). 305 Hierunter ist in erster Linie der Markt für digitale Fernsehdienste zu verstehen, Helberger/Scheuer/ Strothmann, IRIS plus 2001-2: 2. 306 Auf Dienstleister, die lediglich Programme und Dienste technisch bündeln, findet nicht § 53 RStV, sondern das TKG Anwendung, Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, RStV, § 53, Rn. 23. 307 §§ 6f. Fernsehsignalübertragungsgesetz setzen Art. 4 b) und c) der TV-Normenrichtlinie um. 308 Mitteilung der Kommission, Die Entwicklung des Marktes für digitales Fernsehen in der EU, Bericht im Zusammenhang mit der Richtlinie 95/47/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24.10.1995 über die Anwendung von Normen für die Übertragung von Fernsehsignalen, KOM (1999)540 endg., vom 9.11.1999, S. 8. 309 S. Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, RStV, § 53, Rn. 3. 310 Zum neuen Richtlinienpaket oben 3.3.1. 86 Satelliten ändert und welche Anpassungen des deutschen Rechts zur Umsetzung dieser Änderungen erforderlich sind. Den neuen Richtlinien liegt die Erwägung zugrunde311, dass von dem Übergang zu einer digitalen wissensbasierten Wirtschaft starke Impulse für Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigungsmöglichkeiten ausgehen werden. Um diesen Effekt möglichst breit zu fächern, müssen europäische Unternehmen und Bürger Zugang zu einer kostengünstigen Kommunikationsinfrastruktur von internationalem Rang und zu einer weiten Dienstleistungspalette haben. Wird dieser gewünschte Zugang zur Kommunikationsinfrastruktur auch rechtlich als Anspruch ausgestaltet? Um die Reichweite des neuen Richtlinienpakets einschätzen zu können, ist es notwendig, sich den grundlegenden Regulierungsansatz deutlich zu machen. Er wird in Erwägungsgrund 5 der Rahmenrichtlinie dahingehend formuliert, dass es notwendig ist, die Regulierung der Übertragung von der Regulierung von Inhalten zu trennen312. Dies spiegelt sich in der grundlegenden Begriffsbildung des Richtlinienpakets wider. Um der technischen Konvergenz Rechnung zu tragen, will der europäische Gesetzgeber einen einheitlichen Rechtsrahmen für alle Übertragungswege schaffen. Die Begriffe des Telekommunikationsnetzes und -dienstes werden ersetzt durch die Begriffe des Kommunikationsnetzes und –dienstes313. Die Definition der Kommunikationsnetze in Art. 2 a) Rahmenrichtlinie beschränkt alle Regelungen des Pakets ausdrücklich auf die Regulierung der Übertragung: Art. 2 Rahmenrichtlinie: „Für die Zwecke dieser Richtlinie gelten folgende Begriffsbestimmungen: a) ,elektronisches Kommunikationsnetz‘: Übertragungssysteme ..., die die Übertragung von Signalen über Kabel, Funk, optische oder andere elektromagnetische Einrichtungen ermöglichen, einschließlich Satellitennetze, ... unabhängig von der Art der übertragenen Informationen.“ Das Gleiche gilt für die Definition der Kommunikationsdienste. Diese sind nach Art. 2 c) Rahmenrichtlinie gewöhnlich gegen Entgelt erbrachte Dienste, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über elektronische Kommunikationsnetze bestehen. Zu diesen gehören ausdrücklich nicht die Dienste der Informationsgesellschaft, die nicht ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über elektronische Kommunikationsnetze bestehen. Vom Reformpaket erfasst werden somit nur solche Dienste der Informationsgesellschaft, die nur im Signaltransport bestehen. Das selbe Unternehmen, zum Beispiel ein Internet-Diensteanbieter, kann laut Erwägungsgrund 10 der Richtlinie sowohl elektronische Kommunikationsdienste, wie den Zugang zum Internet, als auch nicht unter diese Richtlinie fallende Dienste, wie die Bereitstellung von internetgestützten Inhalten, erbringen. Entscheidend für die Qualifizierung als Kommunikationsdienst ist der Transportcharakter der Dienstleistung. Nicht erfasst sind die transportierten Inhalte314. Das Richtlinienpaket lässt alle Maß- 311 Erwägungsgrund 4 der Rahmenrichtlinie. 312 Bereits die TV-Normenrichtlinie konzentriert sich auf technische Zugangsfragen, ohne sich mit Fragen des inhaltlichen Zugangs zu befassen, Helberger/Scheuer/Strothmann, IRIS plus 2001-2: 2f. 313 Zur Konvergenz s. Holznagel, JZ 2001, 905 ff., ders., NJW 2002, 2351, 2353f. 314 Art. 2 (Begriffsbestimmungen) lit. c) der Rahmenrichtlinie formuliert die Ausnahmen vom Anwendungsbereich in Bezug auf “elektronische Kommunikationsdienste” wie folgt: “... ausgenommen Dienste, die Inhalte über elektronische Kommunikationsnetze und -dienste anbieten oder eine redaktionelle Kontrolle über sie ausüben ...”. S. auch Art. 1 Abs. 3 Rahmenrichtlinie: „Die von der Gemeinschaft oder den Mitgliedstaaten im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht getroffenen Maßnahmen zur Verfolgung von Zielen, die 87 nahmen unberührt, die auf Gemeinschaftsebene in Bezug auf diese inhaltlichen Dienste getroffen werden, um die kulturelle und sprachliche Vielfalt und den Medienpluralismus zu fördern. Inhalte von Fernsehprogrammen fallen weiterhin unter die oben dargestellte Fernsehrichtlinie. Diese Trennung lässt sich allerdings angesichts der vertikalen Integration nicht konsequent durchsetzen. So regt der europäische Gesetzgeber in Erwägungsgrund 5 der Rahmenrichtlinie auch an, die Verbindungen zwischen beiden zu berücksichtigen, insbesondere um Einschränkungen des Pluralismus zu vermeiden. Die derzeit noch geltende Wettbewerbsrichtlinie 1990 wird zum 25. Juli 2003 durch die Wettbewerbsrichtlinie 2002315 ersetzt werden. Diese setzt aber – für die neu definierten „elektronische Kommunikationsdienste und -netze“ – den bisherigen Regulierungsansatz fort. Sie will – wie bereits die Vorläuferregelung – Wettbewerbsbehinderung durch ausschließliche oder besondere Rechte einzelner Unternehmen verhindern. „Ausschließliche Rechte“ sind nach Art. 1 Nr. 5 der Richtlinie solche, die ein Mitgliedstaat einem Unternehmen mittels Rechts- oder Verwaltungsvorschriften auf Erbringung elektronischer Kommunikationsdienste oder Ausübung einer Tätigkeit in einem bestimmten geografischen Raum einräumt. „Besondere Rechte“ sind nach Art. 1 Nr. 6 Rechte, die einer begrenzten Anzahl von Unternehmen von einem Mitgliedstaat in einem bestimmten Gebiet eingeräumt werden, wenn die Zahl der Unternehmen begrenzt wird, ohne sich dabei an objektive, angemessene und diskriminierungsfreie Kriterien zu halten, oder rechtliche Vorteile, durch die Konkurrenten erheblich beeinträchtigt werden. Damit verbietet das Gemeinschaftsrecht – künftig in einem weiteren Geltungsbereich – die Bevorzugung einzelner Unternehmen auf dem Markt für Kommunikationsdienstleistungen. Für die Frage des Zugangs zum Satelliten von besonderem Interesse ist in diesem Zusammenhang die Zugangsrichtlinie. Art. 1 Abs. 1 Zugangsrichtlinie sieht vor, dass Zugangs- und Zusammenschaltungsbedingungen künftig zwischen den Diensteanbietern vorrangig ausgehandelt werden sollen. Zugang definiert die Zugangsrichtlinie in Art. 2 wie folgt: Zugangsrichtlinie Art. 2: „a) ,Zugang‘: [ist] die ausschließliche oder nicht ausschließliche Bereitstellung von Einrichtungen und/oder Diensten für ein anderes Unternehmen unter bestimmten Bedingungen, zur Erbringung elektronischer Kommunikationsdienste. Darunter fallen unter anderem: Zugang zu Netzkomponenten und zugehörigen Einrichtungen, wozu auch der feste oder nicht feste Anschluss von Einrichtungen gehören kann (dies beinhaltet insbesondere den Zugang zum Teilnehmeranschluss sowie zu Einrichtungen und Diensten, die erforderlich sind, um Dienste über den Teilnehmeranschluss zu erbringen); Zugang zu physischen Infrastrukturen wie Gebäuden, Leitungen und Masten; Zugang zu einschlägigen Softwaresystemen, einschließlich Systemen für die Betriebsunterstützung; Zugang zur Nummernumsetzung oder zu Systemen, die eine gleichwertige Funktion bieten; Zugang zu Fest- und Mobilfunknetzen, insbesondere um Roaming zu ermöglichen; Zugang zu Zugangsberechtigungssystemen für Digitalfernsehdienste und Zugang zu Diensten für virtuelle Netze.“ Vor dem gewünschten Hintergrund des Aushandelns der Bedingungen zwischen den Diensteanbietern stellt die Zugangsrichtlinie technologieneutrale, wettbewerbsrechtliche Rahmenbe- im Interesse der Allgemeinheit liegen, insbesondere in Bezug auf die Regulierung von Inhalten und die audiovisuelle Politik, bleiben von dieser Richtlinie und den Einzelrichtlinien unberührt.“ 315 Richtlinie 2002/77/EG der Kommission vom 16.9.2002 über den Wettbewerb auf den Märkten für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste, ABl. L 249/21 vom 17.9.2002 (Wettbewerbsrichtlinie 2002). 88 dingungen auf. Allerdings wird in den Erwägungsgründen zur Richtlinie anerkannt, dass die allgemeinen Wettbewerbsregeln unter Umständen nicht ausreichen, um die kulturelle Vielfalt und den Pluralismus in den Medien im Bereich des Digitalfernsehens sicherzustellen316. Mit der TV-Normenrichtlinie sei ein erster Rechtsrahmen für die entstehende Digitalfernsehindustrie geschaffen worden, der insbesondere im Hinblick auf die Verpflichtung zur Gewährung der Zugangsberechtigung zu fairen, angemessenen und nichtdiskriminierenden Bedingungen beibehalten werden sollte, um ein breit gefächertes Angebot an Programmen und Diensten zu gewährleisten. Daher werden insoweit die Vorgaben der aufzuhebenden TVNormenrichtlinie gemäß Art. 6 Abs. 1 der Zugangsrichtlinie als deren Anhang I in den neuen Rechtsrahmen integriert. Die technische Ausgestaltung von Übertragungswegen ist jedoch Voraussetzung für die Verbreitung und damit letztlich auch für das Empfangen von Inhalten. Auch die Kommission erkannte dies bereits in ihrem Kommunikationsbericht317, so dass hier von einer Schnittstelle zwischen den verschiedenen Regulierungsbereichen auszugehen ist318. Ein Anspruch eines Programmveranstalters auf Zugang zu einem bestimmten Verbreitungsweg, hier Satellit, folgt aus den Bestimmungen der Zugangsrichtlinie nicht unmittelbar. Art. 3 Abs. 1 Zugangsrichtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten lediglich, das freie Aushandeln von Zugangsvereinbarungen zwischen Unternehmen zu gewährleisten319. Nach Art. 4 Abs. 1 Zugangsrichtlinie sind die Betreiber von öffentlichen Kommunikationsnetzen jedoch verpflichtet, anderen320 Unternehmen Zugang zu Bedingungen zu gewähren321, die den Vorgaben der nationalen Regulierungsbehörden nach den Art. 5 ff. Zugangsrichtlinie entsprechen. Die Ziele nationaler Regulierung ergeben sich nach Art. 5 Abs. 1 Unterabsatz 1 Zugangsrichtlinie aus Art. 8 Rahmenrichtlinie. Zu diesen Zielen gehören vor allem ein angemessener Zugang, Interoperabilität und Wettbewerb. Nach Art. 5 Abs. 1 Unterabsatz 2 Zugangsrichtlinie können die nationalen Regulierungsbehörden zur Durchsetzung dieser Ziele einem Dienstbetreiber Verpflichtungen auferlegen – und zwar unabhängig davon, ob der Dienstbetreiber ein Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht ist322. Die Vorschrift zählt „insbesondere“ Maßnahmen betreffend den Zugang zu den Endnutzern und zu API und EPG auf. Wenngleich der Zugang des Programmveranstalters zum Verbreitungsweg nicht ausdrücklich genannt ist, bleibt der nicht abschließende Charakter der Aufzählung zu beachten. Daneben ist für den Zugang des Programmveranstalters zum Verbreitungsweg Art. 5 Abs. 4 Zugangsrichtlinie von Interesse. Auch hiernach sollen die nationalen Regulierungsbehörden ermächtigt sein, Maßnahmen unabhängig vom Vorliegen beträchtlicher Marktmacht zu tref- 316 Erwägungsgrund 10 Zugangsrichtlinie. 317 Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Ministerrat, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über die Entwicklung neuer Rahmenbedingungen für elektronische Kommunikationsinfrastrukturen und zugehörige Dienste, Kommunikationsbericht 1999, KOM (1999) 539 endg., vom 10.11.1999, 31. 318 Bonin, K&R 2002, 565. 319 Erwägungsgrund 5 Zugangsrichtlinie. 320 Art. 4 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 Zugangsrichtlinie spricht von „befugten“ Unternehmen. Dies ist unter Heranziehung des Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Zugangsrichtlinie („Unternehmen, die Zugang ... wünschen ...“) weit auszulegen, steht aber freilich in Abhängigkeit von Maßnahmen der nationalen Regulierungsbehörden nach Art. 5 ff. Zugangsrichtlinie. 321 Die Verhandlungspflicht auf Antrag in Art. 4 Abs. 1 Satz 1 Zugangsrichtlinie betrifft nicht den Zugang, sondern nur die Zusammenschaltung. 322 Zu den Regulierungsmaßnahmen gegenüber Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht 3.3.4.2. 89 fen. Bei der Festlegung von Regulierungsbefugnissen aufgrund von Art. 5 Abs. 4 Zugangsrichtlinie sind die Mitgliedstaaten jedoch nicht frei. Vielmehr unterliegen Maßnahmen ihrer Behörden dem Konsultationsverfahren nach Art. 6 Rahmenrichtlinie und dem Konsolidierungsverfahren nach Art. 7 Rahmenrichtlinie323. Des Weiteren umfasst Art. 5 Abs. 4 Zugangsrichtlinie lediglich Maßnahmen der Behörde „in begründeten Fällen aus eigener Initiative“ oder auf Ersuchen einer beteiligten Partei. Demnach ist weder Art. 5 Abs. 1 Unterabsatz 2 noch Abs. 4 Zugangsrichtlinie dahin gehend auszulegen, dass ihnen unmittelbar ein Anspruch des Programmveranstalters auf Zugang zum Verbreitungsweg Satellit entnommen werden könnte. Jedoch kommt in Betracht, dass Rechte der Programmveranstalter im Zuge der Umsetzung durch den mitgliedstaatlichen Gesetzgeber zu berücksichtigen sind. Hierfür spricht die Formulierung in Art. 4 Abs. 1 Satz 2 Zugangsrichtlinie: „Die Betreiber bieten den Unternehmen den Zugang ... zu Bedingungen an, die mit den von der nationalen Regulierungsbehörde gemäß den Artikeln 5, 6, 7 und 8 auferlegten Verpflichtungen in Einklang stehen“. Diesbezüglich sind die den nationalen Regulierungsbehörden gemäß Art. 5 Abs. 1 Unterabsatz 2 und Abs. 4 Zugangsrichtlinie einzuräumenden Befugnisse von Belang324. Diese könnten verpflichtet sein, die ihnen so in die Hand gegebenen Instrumente zu nutzen, um den Zugang des Programmveranstalters zu den Verbreitungswegen sicherzustellen („garantieren“, Art. 5 Abs. 1 Zugangsrichtlinie). Dies setzt zum einen voraus, dass der Zugang von Inhalteanbietern von Art. 5 Zugangsrichtlinie umfasst ist. Zum anderen müsste ein Anspruch eines Programmveranstalters auf Zugang zu einem Transportweg Ziel nationaler Regulierung i.S.v. Art. 5 Abs. 1 Unterabsatz 1 Zugangsrichtlinie sein. Das bisher gültige Gemeinschaftsrecht enthält keinen Anspruch eines Programmveranstalters auf Zugang zu einem Transportweg und auch keine Legaldefinition des Zugangs. Die TVNormenrichtlinie verpflichtet in Art. 4 c) die Anbieter von Zugangsdiensten für digitale Fernsehdienste, allen Rundfunkveranstaltern chancengleiche, angemessene und nichtdiskriminierende Bedingungen zu bieten. Weitere Regelungen zur Bereitstellung von Kommunikationseinrichtungen finden sich nur für den Zugang zu Telekommunikationsnetzen325. Das neue Richtlinienpaket definiert den Zugang in Art. 2 a) Zugangsrichtlinie als die „... Bereitstellung von Einrichtungen und/oder Diensten für ein anderes Unternehmen ... zur Erbringung elektronischer Kommunikationsdienste“. Fraglich ist, ob Programmveranstalter elektronische Kommunikationsdienste in diesem Sinne erbringen. Bei einer ersten Betrachtung ist, wie oben ausgeführt, zu berücksichtigen, dass Art. 2 c) Rahmenrichtlinie festlegt, dass Dienste, die Inhalte anbieten oder redaktionelle Kontrolle über sie ausüben, keine elektronischen Kommunikationsdienste sind. Programmveranstalter bieten jedoch Inhalte an und üben redaktionelle Kontrolle aus. Danach wären ihre Dienste von der Regelung nicht umfasst. Hintergrund des gesamten Richtlinienpakets ist die Trennung der Regulierung der Übertragung von der Regulierung von Inhalten. Dies verdeutlicht Erwägungsgrund Nr. 5 der Rahmenrichtlinie: 323 Zu Art. 7 Abs. 4 Rahmenrichtlinie s. z.B. Bonin, K&R 2002, 565, 568. 324 Zu Maßnahmen nach Art. 8 ff. Zugangsrichtlinie s. 3.3.4.2.1. 325 Etwa Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.6.1997 über die Zusammenschaltung in der Telekommunikation im Hinblick auf die Sicherstellung eines Universaldienstes und der Interoperabilität durch Anwendung der Grundsätze für einen offenen Netzzugang (97/33/EG), ABl. L 199/32 vom 26.7.1997 (ONP-Richtlinie): „Die zur Bereitstellung der ... öffentlichen Telekommunikationsnetze und für die Öffentlichkeit zugänglichen Telekommunikationsdienste befugten Organisationen mit beträchtlicher Marktmacht haben allen begründeten Anträgen auf Netzzugang ... stattzugeben.“ 90 Erwägungsgrund Nr. 5 Rahmenrichtlinie: „... Es ist notwendig, die Regulierung der Übertragung von der Regulierung von Inhalten zu trennen. Dieser Rahmen betrifft daher nicht die Inhalte von Diensten, die über elektronische Kommunikationsnetze und -dienste bereitgestellt werden, wie Rundfunkinhalte .... Inhalte von Fernsehprogrammen fallen unter die Richtlinie 89/552/EWG ....“ Die Regulierung der Inhalte ist vom Richtlinienpaket demnach nicht umfasst. Dagegen gehören zum Regelungsgegenstand die nicht inhaltsbezogenen Aspekte elektronischer Kommunikationsdienste. Die Frage nach der Regulierung von Inhalten ist also von der Frage nach dem Zugang zu einem Kommunikationsnetz zu trennen. Bei der hier untersuchten Frage nach dem Zugang eines Programmveranstalters auf Nutzung bestimmter Übertragungskapazitäten steht nicht die inhaltliche Regulierung im Raum, sondern es geht um den Zugang zu einem Transportweg. Darauf, welche Inhalte der Nachfrager von Kapazitäten transportiert, soll es nach Erwägungsgrund Nr. 5 der Rahmenrichtlinie gerade nicht ankommen. Nach dieser Maßgabe folgt demnach kein Ausschluss des Programmveranstalters vom Zugangsbegriff aus Art. 2 a) Zugangsrichtlinie326. Dafür, dass auch Programmveranstalter als Nachfrager von Transportkapazitäten vom Zugangsbegriff des Art. 2 a) Zugangsrichtlinie umfasst sind, spricht auch, dass die Norm am Ende den Zugang zu Conditional-Access-Systemen als Beispiel aufführt. Als Berechtigte sind Endnutzer ausgeschlossen, wie Art. 1 Abs. 2 Satz 3 Zugangsrichtlinie ausdrücklich bestimmt327. Nach Art. 2 n) Rahmenrichtlinie sind Endnutzer Nutzer, die keine elektronischen Kommunikationsdienste bereitstellen328. Bereits das geltende Recht sieht zugunsten der Programmveranstalter in Art. 4 c) TV-Normenrichtlinie Zugangsansprüche vor329. Diese Regelungsmaterie der TV-Normenrichtlinie wird nach Art. 6 Abs. 1 Zugangsrichtlinie als deren Anhang I Teil I in den neuen Rechtsrahmen integriert. Im Richtlinienpaket sind demnach Programmveranstalter als mögliche Berechtigte auf Gewähr von Zugang grundsätzlich angesprochen. Sollen sie Zugang zu Conditional-Access-Systemen i.S.d. Art. 2 a) Zugangsrichtlinie a.E. beanspruchen können, können sie nicht durch Art. 1 Abs. 2 Satz 3 Zugangsrichtlinie vom Anwendungsbereich ausgeschlossen sein. Daraus folgt, dass das Tatbestandsmerkmal „zur Erbringung elektronischer Kommunikationsdienste“ in Art. 2 a) Zugangsrichtlinie nicht zum Ausschluss von Rundfunkveranstaltern vom Zugangsbegriff führt. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass der Richtliniengesetzgeber eine kohärente Regelung schaffen wollte und sich die Pflichten der Diensteanbieter aus dem Anhang I Teil I der Zugangsrichtlinie in das Richtlinienpaket einfügen. Die Aufnahme von Teilen der TVNormenrichtlinie spricht demnach dafür, dass auch der Zugang von Rundfunkveranstaltern vom Zugangsbegriff erfasst ist. 326 Scherer/Schimanek, Diskriminierungsfreier Zugang, S. 36 ff. 327 Art. 1 Abs. 2 Satz 3 Zugangsrichtlinie: „Der Zugang für Endnutzer fällt nicht unter den Begriff ‚Zugang‘ im Sinne dieser Richtlinie.“ 328 Art. 2 n) Rahmenrichtlinie: „‚Endnutzer‘: ein Nutzer, der keine öffentlichen Kommunikationsnetze oder öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdienste bereitstellt“. 329 Dazu Erwägungsgrund Nr. 14 der TV-Normenrichtlinie: „Für die Kunden und Anbieter von "Pay-TV"Diensten sowie für die Inhaber der Urheberrechte von Sendungen ist die Frage der Zugangsberechtigung wichtig.“ 91 Gegen ein Zugangsbegehr der Programmveranstalter ließe sich aber die allgemeine Ausrichtung der Zugangsrichtlinie auf das Verhältnis zwischen Wettbewerbern anführen330. Danach könnten nur im Wettbewerb stehende Anbieter von Transportkapazitäten331 untereineinander Art. 5 Abs. 1 Unterabsatz 2 und Abs. 4 Zugangsrichtlinie geltend machen. Ein Ausschluss der Programmveranstalter folgt aus der allgemeinen Ausrichtung jedoch noch nicht. Fraglich ist, ob Programmveranstalter „Unternehmen“ i.S.d. Art. 2 a) Zugangsrichtlinie sein können. Im Richtlinienpaket ist der Begriff des Unternehmens nicht definiert332. Art. 1 Abs. 2 und Art. 4 Zugangsrichtlinie etwa, die Pflichten von [Netz-] „Betreibern“ zugunsten von „Unternehmen“ vorsehen, zeigen jedoch, dass zwischen Netzbetreibern und Unternehmen zu unterscheiden ist, und zwischen ihnen nicht zwingend Wettbewerb herrschen muss. Programmveranstalter können demnach „Unternehmen“ i.S.d. Art. 2 a) Zugangsrichtlinie sein. Für eine enge Auslegung des Anwendungsbereichs des Zugangsbegriffs könnte schließlich angeführt werden, dass die Verpflichtung von Netzbetreibern zur Übertragung bestimmter Inhalte an anderer Stelle des Richtlinienpakets explizit geregelt ist: Nach Art. 31 Abs. 1 Universaldienstrichtlinie können die Mitgliedstaaten den Unternehmen, die für die öffentliche Verbreitung von Hör- und Fernsehrundfunkdiensten genutzte elektronische Kommunikationsnetze betreiben, Übertragungspflichten auferlegen. Der Richtliniengesetzgeber hat das Problem der Verpflichtung von Netzbetreibern zugunsten von Programmveranstaltern also gesehen, ausdrücklich aber nur in der Universaldienstrichtlinie geregelt. Jedoch sind Übertragungspflichten mit der Gewähr von Zugang nicht identisch, zumal sich Art. 31 Abs. 1 Universaldienstrichtlinie nur auf die „Übertragung bestimmter Hör- und Fernsehrundfunkkanäle“ bezieht. Darüber hinaus sieht Art. 5 Zugangsrichtlinie Maßnahmen der Regulierungsbehörden vor, während Art. 31 Universaldienstrichtlinie lediglich den Mitgliedstaaten gestattet, Übertragungspflichten aufzuerlegen. Darüber hinaus kann das Nebeneinander der Regelung von Zugangsverpflichtungen und Übertragungspflichten durch die allgemeine Abgrenzung der Anwendungsbereiche der Zugangs- und Universaldienstrichtlinie erklärt werden. Während die Zugangsrichtlinie Vorleistungsmärkte betrifft333, regelt die Universaldienstrichtlinie Endkundenmärkte334. Aus Art. 31 Abs. 1 Universaldienstrichtlinie folgt demnach nicht, dass Programmveranstalter von jedem anderweitigen Zugangsbegriff ausgeschlossen sind. Die Frage, ob Programmveranstalter Rechte auf Zugang zu einem bestimmten Verbreitungsweg aus Art. 5 Abs. 1 Unterabsatz 2 und Abs. 4 Zugangsrichtlinie herleiten können, wird demnach vom Richtlinienpaket nicht ausdrücklich beantwortet. Insbesondere die bisherige Regelung in Art. 4 c) TV-Normenrichtlinie und ihre Übernahme in Anhang I Teil I der Zugangsrichtlinie führt jedoch zur Bejahung dieser Frage. Dies gilt auch gerade im Hinblick auf die Neutralität des Richtlinienpakets bezüglich der transportierten Inhalte, auf die es bei der Regulierung der Transportwege nicht ankommen soll. Weiter ist zu prüfen, ob die Gewähr von Zugang zu einem Transportweg zugunsten eines Programmveranstalters Ziel nationaler Regulierung i.S.v. Art. 5 Abs. 1 Unterabsatz 1 Zugangsrichtlinie sein kann. Die Vorschrift verweist insoweit auf Art. 8 Rahmenrichtlinie. 330 Siehe etwa Erwägunsggrund Nr. 1 der Zugangsrichtlinie: „... Diese Richtlinie betrifft Zugangs- und Zusammenschaltungsvereinbarungen zwischen Diensteanbietern. ...“ 331 Etwa verschiedene Kabelnetzbetreiber. 332 Zum Begriff des Betreibers Art. 2 c) Zugangsrichtlinie. 333 S. etwa Erwägungsgrund Nr. 6 der Zugangsrichtlinie. 334 S. etwa Erwägungsgrund Nr. 4 ff. der Universaldienstrichtlinie. 92 Ein Zugangsanspruch zugunsten eines Programmveranstalters für einen bestimmten Verbreitungsweg ist den sich aus Art. 8 Rahmenrichtlinie, Art. 5 Zugangsrichtlinie ergebenden Zielen dienlich. Der nationale Gesetzgeber ist demnach nicht gehindert, Programmveranstaltern einen Zugangsanspruch für einen bestimmten Verbreitungsweg zu gewähren. Art. 8 Rahmenrichtlinie legt in seinem Abs. 1 Unterabsatz 1 lediglich den Rahmen für die Regulierungsmaßnahmen fest: Art. 8 Abs. 1 Unterabsatz 1 Rahmenrichtlinie: „Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die nationalen Regulierungsbehörden bei der Wahrnehmung der in dieser Richtlinie und den Einzelrichtlinien festgelegten regulatorischen Aufgaben alle angezeigten Maßnahmen treffen, die den in den Absätzen 2, 3 und 4 vorgegebenen Zielen dienen. Die Maßnahmen müssen in angemessenem Verhältnis zu diesen Zielen stehen.“ Die nationalen Regulierungsbehörden haben nach Art. 8 Abs. 2 Rahmenrichtlinie auch die Aufgabe, den Wettbewerb bei der Bereitstellung zugehöriger Einrichtungen zu fördern. Zugehörige Einrichtungen sind nach Art. 2 e) Rahmenrichtlinie solche, die die Bereitstellung von Diensten ermöglichen oder unterstützen. In Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Anhang I Teil I bzw. in Art. 5 Abs. 1 b) i.V.m. Anhang I Teil II Zugangsrichtlinie werden die nationalen Regulierungsbehörden dazu ermächtigt, den Betreibern von Zugangsberechtigungsdiensten bzw. zugehörigen Diensten Zugangsverpflichtungen aufzuerlegen, um einen Zugang zu fairen, ausgewogenen und nichtdiskriminierenden Bedingungen zu ermöglichen. Unter die „zugehörigen Dienste“ fallen insbesondere elektronische Programmführer (EPG) und Anwendungsprogrammschnittstellen (API)335. Durch Art. 6 Abs. 1 und Anhang I Teil I der Zugangsrichtlinie werden so Regelungen der aufzuhebenden TV-Normenrichtlinie in das neue Richtlinienpaket übernommen. Daher besteht für diesen Bereich auch kein Umsetzungsbedarf in deutsches Recht. Entsprechende Regelungen finden sich in § 53 RStV i.V.m. der Satzung über die Zugangsfreiheit zu digitalen Diensten336. Weder Art. 5f. Zugangsrichtlinie noch deutsches Recht setzen das Vorliegen beträchtlicher Marktmacht voraus. Ein Vergleich der Regelungen des Richtlinienpakets zeigt, dass der Begriff des Telekommunikationsnetzes in § 3 Nr. 21 TKG im deutschen Recht enger ist. Dazu gehören nur die technischen Einrichtungen, die zur Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Netzbetriebs unerlässlich sind, zum Beispiel die Übertragungswege und Vermittlungseinrichtungen337. Der „Übertragungsweg“ in § 3 Nr. 22 TKG ist bereits technologieneutral gefasst, die zugehörigen Einrichtungen beschränken sich allerdings auf übertragungstechnische Einrichtungen, EPG und API werden hiervon nicht erfasst. Auch der Begriff des Telekommunikationsdienstes in § 3 Nr. 18 TKG ist enger, da er auf technische Aspekte beschränkt bleibt338. Der Begriff des Zugangs in Art. 2 a) Zugangsrichtlinie ist weit gefasst, und geht über den des § 3 Nr. 9 TKG hinaus339. Hier sind definitorische Anpassungen an die neuen Begriffe erforderlich. Einer ei- 335 S. Anhang I Teil II Zugangsrichtlinie. 336 Satzung über die Zugangsfreiheit zu digitalen Diensten gemäß § 53 Abs. 7 RStV in der von der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) am 26.6.2000 beschlossenen Fassung, dazu Kibele, MMR 2002, 370. Zur Regelung des § 53 RStV siehe bereits oben in diesem Abschnitt. 337 Beck‘scher TKG-Kommentar-Piepenbrock, Glossar S. 1139 ff. 338 Dies folgt aus dem Begriff der Telekommunikation in § 3 Nr. 16 TKG, der nur den technischen Vorgang des Aussendens, Übertragens und Empfangens von Nachrichten umfasst; Scherer, K&R 2002, 273, 277. 339 Wortlaut § 3 Nr. 9 TKG: „Im Sinne dieses Gesetzes ... ist ‚Netzzugang’ die physische und logische Verbindung von Endeinrichtungen oder sonstigen Einrichtungen mit einem Telekommunikationsnetz oder Teilen desselben sowie die physische und logische Verbindung eines Telekommunikationsnetzes mit einem ande- 93 genen Umsetzung in deutsches Recht bedarf die Regulierungsbefugnis nach Art. 5 Zugangsrichtlinie340. Die Kommission erhält nach Art. 17 Abs. 1 Rahmenrichtlinie die Befugnis, Normen und Spezifikationen als Grundlage für die Förderung der einheitlichen Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste und zugehöriger Einrichtungen zu setzen. Diese kann sie nach Art. 17 Abs. 3 und 4 Rahmenrichtlinie sogar verbindlich vorschreiben. Dies gilt auch für offene API. Nach Art. 18 Abs. 1 Rahmenrichtlinie sind die Mitgliedstaaten gehalten, für die Verwendung offener API durch die Anbieter digitaler interaktiver Fernsehdienste und erweiteter digitaler Fernsehgeräte zu sorgen. Ist Interoperabilität und Wahlfreiheit innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten der Richtlinie nicht gewährleistet, wird die Kommission nach Art. 18 Abs. 3 Rahmenrichtlinie ermächtigt, Normen verbindlich vorzuschreiben. Derzeit erfüllt nur der MHP-Standard die Anforderungen341. Must-Carry-Vorschriften für die Satellitenverbreitung finden sich im deutschen Recht in § 51 RStV. Wie bereits ausgeführt wurde342, ist § 51 RStV jedoch nur auf die Zuordnung von Kanälen für deutsche Satelliten anwendbar, somit ist die praktische Bedeutung der Norm gering343. Von größerem Interesse ist daher die gemeinschaftsrechtliche Regelung. Die neue Universaldienstrichtlinie enthält mit Art. 31 Universaldienstrichtlinie eine Bestimmung, die es den Mitgliedstaaten erlaubt, den Netzbetreibern unter bestimmten Voraussetzungen Übertragungspflichten in Bezug auf Rundfunkdienste aufzuerlegen344. Solche Must-CarryVorschriften sollen auf nationaler Ebene aber nur erlaubt sein, wenn sie zur Erreichung klar umrissener Ziele von allgemeinem Interesse345 erforderlich, verhältnismäßig und insbesondere zumutbar sind346. Die Mitgliedstaaten sollen bestehende Übertragungsverpflichtungen künftig ren Telekommunikationsnetz oder Teilen desselben zum Zwecke des Zugriffs auf Funktionen dieses Telekommunikationsnetzes oder auf die darüber erbrachten Telekommunikationsdienstleistungen“. 340 Dies gilt auch für die Möglichkeit der Behörde nach Art. 5 Abs. 4 Zugangsrichtlinie, aus eigener Initiative tätig werden zu können, was sich nicht mit § 37 Abs. 2 Satz 1 TKG deckt. S. auch Husch/Kemmler/Ohlenburg, MMR 2003, 139, 145f. 341 Zu Art. 18 Abs. 3 Rahmenrichtlinie siehe Erwägungsgrund Nr. 31 der Rahmenrichtlinie. 342 S. Kap. 3.3.2.2.1. 343 Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, RStV, § 51, Rn. 2. 344 S. dazu Bonin, K&R 2002, 565, 570; Open Network Provision Committee Working document, The 2003 regulatory framework for electronic communications – Implications for broadcasting, vom 14.6.2002, abrufbar unter http://europa.eu.int/information_society/topics/telecoms/regulatory/maindocs/miscdocs/documents/onpcom 02_14rev1_14062002.pdf, abgerufen am 26.11.2002, S. 10 ff. 345 Aus der Begründung zum Richtlinienentwurf wird teilweise gefolgert, Art. 31 Universaldienstrichtlinie ermögliche nur Übertragungspflichten zugunsten von Sendungen, die den öffentlichen Rundfunkauftrag erfüllen, Scherer, K&R 2002, 385, 394, unter Verweis u.a. auf den Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten, KOM(2000)392 vom 12.7.2000, in dem es heißt: „doch beschränkt der Artikel diese Verpflichtung auf bestimmte Sendungen, mit denen ein öffentlicher Rundfunkauftrag erfüllt wird.“ Dieser Auffassung ist zumindest insoweit zu folgen, als Übertragungspflichten zugunsten öffentlich-rechtlicher Veranstalter möglich sind. Warum dies privaten Veranstaltern, ggf. mit service-public-Verpflichtungen, verwehrt werden soll, ist jedoch im Hinblick auf das Ziel eines vielfältigen Angebots nicht ersichtlich. 346 Eine Analyse der europäischen Must-Carry-Vorschriften im Lichte des neuen Richtlinienpakets findet sich in Eurostrategies, „Study on the assessment of the Member States measures aimed at fulfilling certain general interest objectives linked to broadcasting, imposed on providers of electronic communications networks and services, in the context of the new regulatory framework“, im Auftrag der Europäischen Kom- 94 regelmäßig auf diese Anforderungen hin überprüfen. In Art. 31 Abs. 2 Universaldienstrichtlinie ist die Möglichkeit der Festlegung eines Entgeltes für die betroffenen Netzbetreiber vorgesehen; ob hiervon Gebrauch gemacht wird, bleibt den Mitgliedstaaten überlassen. Art. 31 der Universaldienstrichtlinie betrifft nur Netzbetreiber, nicht Plattformbetreiber347. 3.3.4.1.3 Zusammenfassung Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das Gemeinschaftsrecht verbietet, einzelne Unternehmen auf dem Markt für Kommunikationsdienstleistungen zu bevorzugen. Es existieren bereits Vorschriften, die das Recht auf chancengleichen Zugang aufstellen; dieses besteht jedoch nicht gegenüber Anbietern von Übertragungskapazitäten, sondern betrifft Dekoder, Navigatoren und die Bündelung und Vermarktung von Programmen. Das neue Richtlinienpaket verpflichtet die Mitgliedstaaten, das freie Aushandeln von Zugangsvereinbarungen zwischen Unternehmen zu gewährleisten348, sieht jedoch auch die Möglichkeit vor, den Betreibern von Netzen oder Zugangsberechtigungsdiensten Zugangsverpflichtungen aufzuerlegen349. Dies gilt auch für „zugehörige Dienste“ wie EPG, API350. Der einzige API-Standard, der die Anforderungen des Art. 18 Abs. 1 Rahmenrichtlinie erfüllt, ist derzeit MHP. Der nationale Gesetzgeber ist nicht gehindert, Programmveranstaltern einen Zugangsanspruch für einen bestimmten Verbreitungsweg zu gewähren. Begehrt ein Programmveranstalter oder Plattformanbieter Zugang zum ASTRA- oder Eutelsat-Satellitensystem, kann er sich auf Art. 4 Abs. 1 Zugangsrichtlinie berufen, der die Betreiber verpflichtet, anderen Unternehmen Zugang zu Bedingungen zu gewähren, die den Vorgaben der nationalen Regulierungsbehörden nach den Art. 5 ff. Zugangsrichtlinie entsprechen351. Wird dem Programmveranstalter oder Plattformanbieter der Zugang entgegen diesen Vorgaben verweigert, können die nationalen Regulierungsbehörden nach Art. 5 Abs. 1 Unterab satz 2 Zugangsrichtlinie einem Betreiber Verpflichtungen auferlegen, und zwar unabhängig davon, ob der Betreiber ein Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht ist. Die Programmveranstalter können sich gegenüber der Regulierungsbehörde auf Art. 5 Abs. 1 Zugangsrichtlinie berufen. Diese sind verpflichtet, die ihnen in die Hand gegebenen Instrumente zu nutzen, um den Zugang des Programmveranstalters zu den Verbreitungswegen sicherzustellen. Daneben sollen die nationalen Regulierungsbehörden nach Art. 5 Abs. 4 Zugangsrichtlinie ermächtigt werden, Maßnahmen „in Bezug auf Zugang“ zu ergreifen, „in begründeten Fällen aus eigener Initiative oder ... auf Ersuchen einer [Partei]“, ebenso unabhängig vom Vorliegen beträchtlicher Marktmacht. Die Maßnahmen unterliegen jedoch dem Konsultationsverfahren nach Art. 6 Rahmenrichtlinie und dem Konsolidierungsverfahren nach Art. 7 Rahmenrichtli- mission, März 2003, abrufbar unter http://www.europa.eu.int/information_society/topics/telecoms/regulatory/studies/documents/finrep_18_mar ch_2003.pdf, abgerufen am 27.3.2003, S. 34 ff., 74 ff., 106 ff. 347 Erwägungsgrund Nr. 45 Universaldienstrichtlinie: „Dienste, die die Bereitstellung von Inhalten wie das Angebot des Verkaufs eines Bündels von Hörfunk- oder Fernsehinhalten umfassen, fallen nicht unter den gemeinsamen Rechtsrahmen .... Die Anbieter dieser Dienste sollten in Bezug auf diese Tätigkeiten keiner Universaldienstverpflichtung unterliegen. Mit dem Gemeinschaftsrecht zu vereinbarende einzelstaatliche Maßnahmen in Bezug auf diese Dienste bleiben von dieser Richtlinie unberührt.“ 348 Art. 3 Abs. 1 Zugangsrichtlinie, Erwägungsgrund Nr. 5 Zugangsrichtlinie. 349 Art. 4 ff. Zugangsrichtlinie. 350 S. Anhang I Teil 2 der Zugangsrichtlinie. 351 Zu Maßnahmen nach Art. 8 ff. Zugangsrichtlinie siehe unten 3.3.4.2.1. 95 nie, wodurch die Kommission eingebunden wird352. Auch durch ein solches – umständliches – Verfahren könnte also ein Programmveranstalter oder Plattformanbieter Zugang zum ASTRA- oder Eutelsat-Satellitensystem erlangen. 3.3.4.2 Wettbewerbsrechtliche Regelungen Neben sektorspezifischen Regelungen ist das allgemeine Wettbewerbsrecht für den Zugang von Programmveranstaltern zur Verbreitung über Satellit von Interesse. Aufgrund der großen Bedeutung des französischen Eutelsat- und des luxemburgischen ASTRA-Systems ist zunächst auf das Gemeinschaftsrecht einzugehen353. Für (deutsche) Plattformanbieter kann das deutsche Recht von Interesse sein. 3.3.4.2.1 Europäische Wettbewerbsregeln Das Gemeinschaftsrecht verbietet in Art. 81 EGV wettbewerbsbeschränkende Absprachen, in Art. 82 EGV den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung. Die Art. 81f. EGV gelten für Unternehmen, der EuGH fordert jedoch von den Mitgliedstaaten, keine Maßnahmen zu ergreifen oder beizubehalten, die die praktische Wirksamkeit der Art. 81f. EGV beeinträchtigen354. Die Vorschriften kennen keine Anspruchsberechtigten, Schutzobjekt ist der Gemeinsame Markt355. Art. 81 Abs. 1 EGV ist unmittelbar anwendbar. Die Vorschrift ist dementsprechend in den Mitgliedstaaten geltendes Recht. Sie geht widersprechenden nationalen Gesetzen vor356. Art. 81 Abs. 1 EGV: „Mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar und verboten sind alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken [...].“ Art. 82 EGV: „Mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar und verboten ist die mißbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Gemeinsamen Markt oder auf einem wesentlichen Teil desselben durch ein oder mehrere Unternehmen, soweit dies dazu führen kann, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. [...]“ Zuständig für die Anwendung der Art. 81f. EGV in Kartellsachen sind hauptsächlich die Kommission und die nationalen Gerichte357. Das Verfahren, nach dem die Kommission die Art. 81f. EGV im Einzelfall anwendet und durchsetzt, ist in der Ersten Durchführungsverordnung zu Art. 81f. EGV geregelt. Nach Art. 85 Abs. 1 Satz 3 EGV kann die Kommission ge352 Die nationale Regulierungsbehörde kann einstweilige Maßnahmen nach Art. 7 Abs. 6 Rahmenrichtlinie erlassen. 353 Zum luxemburgischen und französischen Recht s. Kap. 3.3.2.2.2 und 3.3.2.2.3. 354 EuGH, Rs. 13/77, Slg. 1977, 2115 – INNO/ATAB, ständige Rechtsprechung; Lenz-Grill, Vorbem. Art. 81, Rn. 38. 355 EuGH, Rs. 127/73, Slg. 1974, 51 – BRT/SABAM. 356 EuGH, Rs. 127/73, Slg. 1974, 51 – BRT/SABAM. 357 Lenz-Grill, Art. 83, Rn. 3. Nach Art. 9 Abs. 3 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6.2.1962, ABl. 1962/204, zuletzt geändert durch Beschluss des Rates vom 1.1.1995, ABl. 1995 L 1/1 vom 1.1.1995 (Erste Durchführungsverordnung zu Art. 81f. EGV) sind die nationalen Kartellbehörden für die Anwendung der Art. 81f. EGV zuständig, solange die Kommission kein Verfahren eingeleitet hat. 96 eignete Mittel vorschlagen, nach mangender Abhilfe gemäß Art. 85 Abs. 2 EGV die Zuwiderhandlung feststellen und die Mitgliedstaaten zu Handlungen ermächtigen. In ihrer bisherigen Spruchpraxis geht die Kommission für die verschiedenen Übertragungswege Terrestrik, Kabel und Satellit von sachlich getrennten Märkten aus358. Eine Änderung dieser Praxis könnte sich durch das neue Richtlinien-Paket ergeben. Die Leitlinien der Kommission, die diese aufgrund von Art. 15 Abs. 2 Rahmenrichtlinie erließ, führen auf, dass die Kabel- und Satellitenübertragungswege, wenn sie für denselben Zweck verwendet werden (im dort gegebenen Beispiel Zugang zu Internetdiensten), zum gleichen Markt gehören können359. Die Leitlinien verweisen dabei auf den Prozess der Digitalisierung, der eine steigende Ähnlichkeit von Leistungsfähigkeiten und Netzdienstmerkmalen auf der Angebotsseite zur Folge habe360. In ihrer Empfehlung nach Art. 15 Abs. 1 Rahmenrichtlinie über relevante Produktund Dienstmärkte des elektronischen Kommunikationssektors stellt die Kommission die Festlegung eines (einheitlichen) Markts der „Rundfunkübertragungsdienste und -verteilnetze zur Bereitstellung von Rundfunkinhalten für Endnutzer“ zwar in den Raum361. Jedoch führt die Kommission in ihrem erläuternden Bericht aus, dass die Empfehlung keinen Markt für Endkunden festlegt. Die Beschreibung von Endkundenmärkten diene vielmehr lediglich der Ableitung und Feststellung von Großkundenmärkten für Übertragungsdienste362. Darüber hin358 Entscheidung der Kommission (96/177/EG) vom 19.7.1995, ABl. L 53/20 vom 2.3.1996 – Nordic Satellite Distribution, Nr. 55 ff.: „Die Verteilung von Fernsehsignalen über Satellit (Transponder) unterscheidet sich vom Markt der Verteilung von Fernsehprogrammen über terrestrische Verbindungen, da diese beiden Arten der Programmverteilung sowohl technisch als auch finanziell starke Unterschiede aufweisen.” Entscheidung der Kommission (1999/154/EG) vom 27.5.1998, ABl. L 53/31 vom 27.2.1999 – Deutsche Telekom/BetaResearch, Nr. 19 ff.; Entscheidung der Kommission (94/922/EG) vom 9.11.1994, ABl. L 364/1 vom 31.12.1994 – MSG-Media Service, Nr. 39 ff.; s. auch Entscheidung der Kommission (1999/781/EG) vom 15.9.1999, ABl. L 312/1 vom 6.12.1999 – British Interactive Broadcasting/Open, Nr. 34 ff. zur Marktabgrenzung u.a. nach Fernsprech-, Kabelfernseh-, drahtlosen Netzen im Bereich von Telekommunikationsdiensten; s. auch die Entscheidung des Bundeskartellamts (B 7 - 168/01) vom 22.2.2002 – Liberty, Nr. 35 ff. 359 Leitlinien der Kommission zur Marktanalyse und Ermittlung beträchtlicher Marktmacht nach dem gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste vom 11.7.2002 (2002/C 165/03), Nr. 45 ff.; Die Leitlinien sind offenbar auch motiviert durch die Schlussfolgerungen der SquireSanders-Studie im Auftrag der Kommission “Market definitions for regulatory obligations in communications markets” vom Mai 2002, S. 29. Dort wird ein Ansatz favorisiert, der zumindest in Bezug auf die Situation zwischen Kabel und Satellit mit Blick auf deren annähernd ubiquitäre Verfügbarkeit für “pointto-multipoint”-Anwendungen von einer Substituierbarkeit und damit einem einheitlichen sachlichen Markt ausgeht. 360 Leitlinien der Kommission zur Marktanalyse und Ermittlung beträchtlicher Marktmacht nach dem gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste vom 11.7.2002 (2002/C 165/03), Nr. 47. 361 Empfehlung der Kommission über relevante Produkt- und Dienstmärkte des elektronischen Kommunikationssektors, die aufgrund der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und –dienste für eine Vorabregulierung in Betracht kommen (Anhang, Ziffer 18, für Großkundenmärkte), vom 11.2.2003 (C(2003)497), abrufbar unter http://europa.eu.int/information_society/topics/telecoms/regulatory/maindocs/documents/recomde.pdf, abgerufen am 19.3.2003. Gleichzeitig erkennt sie an, dass in Anbetracht der Nachfrage- und Angebotsmerkmale und der Ersatzmöglichkeiten eine zusätzliche Aufgliederung gerechtfertigt sein kann. 362 Erläuternder Bericht der Kommission zur Empfehlung über relevante Produkt- und Dienstmärkte des elektronischen Kommunikationssektors, die aufgrund der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und –dienste für eine Vorabregulierung in Betracht kommen vom 11.2.2003 (C(2003)497), abrufbar unter http://europa.eu.int/information_society/topics/telecoms/regulatory/maindocs/documents/explanmemode.pd f, abgerufen am 19.3.2003, S. 36 ff. 97 aus ist in den Leitlinien anerkannt, dass unterschiedliche Verbrauchervorstellungen von Leistung und Endzweck die Aufteilung in getrennte Märkte rechtfertigen können363. Ob die Rundfunkübertragungswege aus Zuschauersicht substituierbar sind, ist von den jeweiligen inhaltlichen Angeboten und Kosten für den Zuschauer abhängig364. Die wirtschaftlichen Bedingungen sind europaweit uneinheitlich und Veränderungen unterworfen365, daher lässt sich die Frage nicht allgemein beantworten. Der räumlich relevante Markt ist geografisch abzugrenzen. Die Kommission verweist in ihren Leitlinien für den Bereich der elektronischen Kommunikation unter anderem auf die Abgrenzung nach dem von einem Netz erfassten Gebiet366. Bei der Satellitenausstrahlung ist von einem europaweiten Ausstrahlungsbereich auszugehen. Damit kommt sowohl für das Angebot von Satellitenkapazitäten als auch für Plattformen, die Kapazitäten kaufen oder mieten und Inhalteanbietern oder Endkunden anbieten, räumlich ein europaweiter Markt in Betracht. Eine weitere Aufteilung kommt jedoch in Frage, wenn der Nachfragemarkt von Veranstaltern oder Zuschauern dies bedingt. Demnach kann nicht für alle Formen der Verbreitung von Rundfunk über Satellit eine einheitliche Regel in Bezug auf die räumliche Marktabgrenzung aufgestellt werden. Daneben stellt sich die Frage, ob für weitere Merkmale (sog. „andere Einrichtungen“), wie Conditional-Access-Systeme, EPG oder API, ein eigener Markt, also getrennt von dem der Rundfunkverbreitung, angenommen werden kann367. Ein sachlich relevanter Markt liegt vor, 363 Leitlinien der Kommission zur Marktanalyse und Ermittlung beträchtlicher Marktmacht nach dem gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste vom 11.7.2002 (2002/C 165/03), Nr. 45, als Beispiel für letzteren Fall nennen die Leitlinien den Austausch von Kurznachrichten über Funkruf- und Sprachtelefondienste. 364 IRIS Spezial 2001, Fernsehen und Medienkonzentration, S. 70. 365 Zum europäischen Rundfunkmarkt s. Kap. 2.2.3. 366 Leitlinien der Kommission zur Marktanalyse und Ermittlung beträchtlicher Marktmacht nach dem gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste vom 11.7.2002 (2002/C 165/03), Nr. 55 ff. 367 Die Empfehlung der Kommission über relevante Produkt- und Dienstmärkte des elektronischen Kommunikationssektors, die aufgrund der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und –dienste für eine Vorabregulierung in Betracht kommen, vom 11.2.2003 (C(2003)497), http://europa.eu.int/information_society/topics/telecoms/regulatory/maindocs/documents/recomde.pdf, abgerufen am 19.3.2003, merkt an: “Die nationalen Regulierungsbehörden haben bei der Analyse des Marktes für Zugangsberechtigungssysteme für digitale Fernseh- und Rundfunkdienste gemäß Artikel 6 Absatz 3 der Zugangsrichtlinie Ermessensfreiheit. Nach Artikel 6 Absatz 3 der Zugangsrichtlinie können die Mitgliedstaaten ihren nationalen Regulierungsbehörden gestatten, den Markt für Zugangsberechtigungssysteme für digitale Fernseh- und Rundfunkdienste unabhängig von der Art der Übertragung zu überprüfen.“ Im Erläuternden Bericht der Kommission zur Empfehlung über relevante Produkt- und Dienstmärkte des elektronischen Kommunikationssektors, die aufgrund der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und –dienste für eine Vorabregulierung in Betracht kommen vom 11.2.2003 (C(2003)497), abrufbar unter http://europa.eu.int/information_society/topics/telecoms/regulatory/maindocs/documents/ explanmemode.pdf, abgerufen am 19.3.2003, S. 38f., stellt die Kommission fest, dass die Empfehlung keinen (Großkunden-) Markt für zugehörige technische Rundfunkdienste festlegt. Die Marktabgrenzung hänge jedoch von den tatsächlichen Substitutions- und Wechselmöglichkeiten ab. Der Bericht führt auf S. 39 aus: „Als relevanter Markt für die von einem Mitgliedstaat beschlossene Vorab-Marktanalyse gilt daher der Großkundenmarkt für zugehörige technische Rundfunkdienste an allen relevanten Übergabeplattformen, sofern nicht spezifische nationale Gegebenheiten, d.h. Wechselkosten und verfügbare Übergabeplattformen, eine engere Marktdefinition rechtfertigen.“ Für die Annahme eines eigenen Marktes spricht sich die SquireSanders-Studie im Auftrag der Kommission “Market definitions for regulatory obligations in communications 98 wenn die einzelnen Leistungen austauschbar sind. Bestehen ausschließlich proprietäre Systeme, liegt kein eigener Markt für die einzelnen Leistungen, sondern für die Systeme vor. Insofern ist das Vorliegen von interoperabler Technik von Bedeutung368. Bestehen nicht ausschließlich proprietäre Systeme, ist davon auszugehen, dass Unternehmen, die über keine beträchtliche Marktmacht verfügen, Conditional-Access-Systeme, EPG und API offen und nichtdiskriminierend ausgestalten wollen. Kommt es jedoch zu einer vertikalen Integration technischer Dienstleistungen, kann sich die Interessenlage eines Marktteilnehmers entgegengesetzt darstellen. Aus diesem Grund sollte für Conditional-Access-Systeme, EPG oder API ein eigener Markt angenommen werden. Die vertikale Integration von Transport- und Inhalteanbietern wiederum bleibt zwar aufgrund der im Richtlinienpaket verfolgten Trennung von Transportweg und Inhalten zunächst außer Betracht. In Erwägungsgrund 5 der Rahmenrichtlinie wird jedoch gefordert, bestehende Verbindungen zu berücksichtigen, insbesondere um Einschränkungen des Pluralismus, der kulturellen Vielfalt und des Verbraucherschutzes zu vermeiden. Unter Hinweis auf Erwägungsgrund 5 der Rahmenrichtlinie kann der Aspekt der vertikalen Verflechtung von Transportund Inhalteanbietern in die Marktdefinition einfließen. Im Ergebnis ist die Annahme eines eigenen Markts für weitere Merkmale wie Conditional-Access-Systeme, EPG oder API zu befürworten369. Hat die Kommission die marktbeherrschende Stellung auf einem Markt festgestellt, prüft sie die Frage, ob diese durch die Verringerung oder Beschränkung des Zugangs zu einer wesentlichen Einrichtung missbräuchlich ausgenutzt wird370. Im Rahmen der Vorschrift kann die aus dem US-Recht stammende Essential Facilities Doctrine zur Feststellung und Begründung eines Verstoßes gegen das Missbrauchsverbot herangezogen werden371. Die Essential Facilities Doctrine stellt eine Ausnahme vom Grundsatz der Vertragsfreiheit dar. Diese Doktrin verpflichtet Unternehmen, die eine wesentliche, das heißt für das Fortbestehen von Wettbewerbern auf dem relevanten Markt notwendige, Einrichtung kontrollieren, diesen Zugang zu angemessenen Bedingungen zu gewähren. Voraussetzung ist, dass die Möglichkeit besteht, einen Zugang einzuräumen, die Einrichtung nicht substituiert werden kann und keine sachlichen Gründe die Verweigerung rechtfertigen. markets” vom Mai 2002 aus, S. 29f. Zu den Fragen, ob die Regulierung von CAS-Anbietern an die Voraussetzung beträchtlicher Marktmacht geknüpft werden soll und ob sie auch auf API und EPG auszudehnen ist, nimmt die Ovum-Studie “Study on the Development of Competition for Electronic Communications Access Networks and Services, A report to the European Commission, Information Society Directorate, on the Regulation of Conditional Access Systems and Related Facilities”, Februar 2001, Stellung. 368 So die SquireSanders-Studie im Auftrag der Kommission “Market definitions for regulatory obligations in communications markets” vom Mai 2002, S. 29f. Zur Frage der erforderlichen Regelungen in Bezug auf die Interoperabilität siehe die Oxera-Studie im Auftrag der Kommission „Study on interoperability, service diversity and business models in digital broadcasting markets“ vom Februar 2003, abrufbar unter http://www.europa.eu.int/information_society/topics/telecoms/regulatory/studies/documents/oxera_final_re port_volume_1_report1.pdf, abgerufen am 12.3.2003. 369 In diesem Zusammenhang sei nochmals auf Art. 5 Abs. 1 Buchstabe b der Zugangsrichtlinie hingewiesen, der Maßnahmen betreffend API und EPG unabhängig vom Vorliegen beträchtlicher Marktmacht ermöglicht. 370 Trute/Spoerr/Bosch-Trute, § 33 Rn. 29. 371 Trute/Spoerr/Bosch-Trute, § 33 Rn. 29. 99 Im Gemeinschaftsrecht fand diese Doktrin in Entscheidungen der Kommission zu Art. 82 EGV vor allem im Verkehrsbereich (sog. Hafenfälle372) Anwendung. Die Kommission wendet die Doktrin mit Modifikationen an, da sie sich, anders als im US-Recht, nur gegen die Ausnutzung einer bereits erlangten Machtstellung, nicht aber gegen den Erwerb und die Verteidigung dieser Macht durch unangemessene Mittel wendet. Wesentlich ist eine Einrichtung nach Auffassung der Kommission nicht schon dann, wenn die Zugangsverweigerung dazu führt, dass die beabsichtigten Aktivitäten gar nicht durchgeführt werden können oder auf unvermeidbare Weise in hohem Maß unwirtschaftlich werden, sondern erst, wenn weder ein tatsächlicher noch ein potenzieller Ersatz vorhanden ist (Duplizierbarkeit der Einrichtung)373. Der EuGH verfolgt eine restriktive Rechtsprechung zu Art. 82 EGV und hat bisher auf eine ausdrückliche Erwähnung der Essential Facilities Doctrine verzichtet. Grundlegend ist die Bronner-Entscheidung374. Antragstellerin des nationalen Ausgangsverfahrens war die Bronner GmbH, die die österreichische Zeitung „Standard“ herstellte und vertrieb, Antragsgegnerin die Mediaprint Zeitungs- und Zeitschriftenverlag Gesellschaft mbH & Co KG, die die „Kronenzeitung“ und den „Kurier“ verlegt. Im Rechtsstreit ging es darum, das Hauszustellungssystem der Mediaprint gegen angemessenes Entgelt zu nutzen, mit der Begründung, das System sei eine essential facility. Der Anspruch wurde vom EuGH abgelehnt. Der EuGH bewertete die Frage nach der Duplizierbarkeit der Einrichtung nach objektiven Kriterien: Nicht auf den konkreten Nachfrager kommt es an, sondern darauf, ob es unrentabel wäre, die entsprechende Einrichtung mit derselben Kapazität zu duplizieren375. Die Verweigerung der Dienste muss geeignet sein, jeglichen Wettbewerb auf dem Markt durch denjenigen, der die Dienste begehrt, auszuschalten. Weiterhin darf die Leistungsverweigerung nicht objektiv gerechtfertigt sein und letztens muss die Leistung unentbehrlich sein, das heißt, es darf keine zumutbare Ersatzmöglichkeit bestehen376. Da Art. 82 EGV bereits bei einer objektiven Marktbeherrschung und Diskriminierung einschlägig ist, ist eine restriktive Auslegung geboten. Aus dem amerikanischen Ausnahmefall darf im Europarecht kein Grundsatz werden, denn die Zugangsverweigerung wäre regelmäßig missbräuchlich. Der Anspruchsgegner wird letztendlich verpflichtet, seine Infrastruktur der Konkurrenz zur Verfügung zu stellen, er ist also zur Förderung seiner eigenen Konkurrenz zum Wohl eines übergeordneten Ziels, des Wettbewerbs im Binnenmarkt (Art. 3 g) EGV), verpflichtet. Der Netzbetreiber soll nicht grundsätzlich mittels der Essential Facilities Doctrine dazu gezwungen werden, gegen ihn gerichteten Wettbewerb zu subventionieren. Es soll vielmehr verhindert werden, dass Wettbewerber vom Dienstleistungsmarkt vollständig ausgeschlossen werden. Haben deutsche Programmveranstalter nach Art. 82 EGV Anspruch auf Zugang zu den luxemburgischen und französischen Satellitensystemen? Begehrt ein Programmveranstalter oder Plattformanbieter Zugang zum ASTRA- oder Eutelsat-Satellitensystem, kann er wettbewerbsrechtlich377 einen Anspruch geltend machen, wenn es sich bei dem Betreiber um ein 372 Entscheidung der Kommission 94/119/EG vom 21.12.1993, ABl. 1994 L 55/52 vom 26.2.1994; Entscheidung der Kommission 94/19/EG vom 21.12.1993, ABl. 1994 L 15/8 vom 18.1.1994. 373 Entscheidung der Kommission 94/119/EG vom 21.12.1993, ABl. 1994 L 55/52 vom 26.2.1994, Nr. 7 ff.; Trute/Spoerr/Bosch-Trute, § 33 Rn. 25 ff.; Beck‘scher TKG-Kommentar-Piepenbrock, § 33 Rn. 19 ff. 374 EuGH, C- 7/97, Slg. 1998, I-7791 – Bronner. 375 Koenig/Loetz, EWS 9/2000, S. 377. 376 EuGH, C- 7/97, Slg. 1998, I-7791 – Bronner 377 Nach Art. 9 Abs. 3 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6.2.1962, ABl. 1962/204, zuletzt geändert durch Beschluss des Rates vom 1.1.1995, ABl. 1995 L 1/1 vom 1.1.1995 (Erste Durchführungsverordnung zu Art. 81f. EGV) sind die nationalen Kartellbehörden für die Anwendung der Art. 81f. EGV zuständig, so- 100 marktbeherrschendes Unternehmen handelt, und der Zugang unter Missbrauch der beherrschenden Stellung verweigert wird. Zunächst ist die Marktdefinition vorzunehmen. Entsprechend der bisherigen Spruchpraxis der Europäischen Kommission stellt die Rundfunkverbreitung über Satellit einen eigenen sachlich relevanten Markt dar. Der räumlich relevante Markt ist bei der Satellitenverbreitung zunächst nur durch den Ausleuchtbereich begrenzt. Eine weitere Aufteilung kommt in Frage, wenn der Nachfragemarkt von Veranstaltern oder Zuschauern dies bedingt. Für den Satellitendirektempfang ist die in Deutschland übliche Antennenausrichtung der Zuschauer zu betrachten. Die Antennen im deutschsprachigen Raum sind zum überwiegenden Teil auf ein einziges System, nämlich ASTRA, ausgerichtet378. Damit kann hier ein enger räumlich relevanter Markt angenommen werden. Auf dem Markt „Satellitenrundfunkverbreitung für den deutschsprachigen Raum“ hätte ASTRA demzufolge eine beherrschende Stellung. Weiter ist zu prüfen, ob diese beherrschende Stellung durch Beschränkung des Zugangs zu einer wesentlichen Einrichtung missbräuchlich ausgenutzt wird. Die Kommission nimmt eine wesentliche Einrichtung nicht schon an, wenn die Zugangsverweigerung dazu führt, dass die beabsichtigten Aktivitäten gar nicht oder in hohem Maß unwirtschaftlich durchgeführt werden können, sondern erst, wenn weder ein tatsächlicher noch ein potenzieller Ersatz vorhanden ist. Der EuGH fordert, die Verweigerung der Dienste müsse geeignet sein, jeglichen Wettbewerb auf dem Markt durch denjenigen, der die Dienste begehrt, auszuschalten. Die Leistung von Satellitenbetreibern ist zwar nur unter erheblichem finanziellen Aufwand aufzubauen, denn es müsste ein Satellitensystem platziert werden. Unmöglich machen dies solche Umstände jedoch nicht. Allerdings ist hierbei zweierlei zu bedenken: Die Vorstellung, (einzelne) Rundfunkveranstalter würden selber unter enormem finanziellen und technischen Aufwand, der quantitativ und damit wahrscheinlich auch qualitativ nicht mit einem „Verbreitungssystem“, wie es in der Bronner-Entscheidung des EuGH mit einem Printmediendistributions-Verfahren in Rede stand, vergleichbar sein dürfte, in den Markt des Satellitennetzbetriebs einsteigen, erscheint wenig wahrscheinlich. Hierbei sähen sie sich zudem dem Problem ausgesetzt, dass eine neue und damit andere Orbitalposition erforderlich würde. Dies würde auf Empfängerseite die Neuausrichtung der Empfangsanlage erforderlich machen. Hinzu käme erheblicher Marketingaufwand, um einen dementsprechenden Wechsel zu befördern. Außerdem müsste es sich bei dem über eine solche neue Position zu empfangenden Angebot insgesamt, das heißt über die konkreten Inhaltedienste der Veranstalter hinaus, um eine aus Empfängersicht so interessante Alternative handeln, dass auch für die auf größtmögliche Reichweite angewiesenen Veranstalter ein entsprechender Ansatz vorhanden wäre. Demnach kann ein Anspruch der Programmveranstalter oder Plattformanbieter auf Zugang zum ASTRA-Satellitensystem wettbewerbsrechtlich in Betracht kommen. Auch das Verschlüsselungsverlangen eines Rechteinhabers gegenüber einem Programmveranstalter kann missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung durch ein Unternehmen sein, wenn der Rechteinhaber auf einem bestimmten Markt eine beherrschende Stellung inne hat und das Verlangen als Missbrauch zu werten ist. Werden Rechte für herausragende Inhalte wie z.B. Sportübertragungsrechte379 gehandelt, die aus Zuschauersicht nicht lange die Kommission kein Verfahren eingeleitet hat. Im Fall von ASTRA und Eutelsat wären dies die luxemburgischen bzw. französischen Behörden. Beachte jedoch die vom Rat Ende November angenommene Verordnung zur Reform des Kartellrechts, http://europa.eu.int/rapid/start/cgi/guesten.ksh?p_action.gettxt=gt&doc=IP/02/1739|0|RAPID&lg=DE&disp lay=, abgerufen am 29.11.2002. 378 S. Kap. 2.2.1.2. 379 Zur Rechtsnatur von Sportübertragungsrechten s. Kap. 3.3.5.1.1. 101 ersetzt werden können380, ist die Marktabgrenzung eng zu ziehen, zum Beispiel für die Fernsehübertragung von Fußball-Europapokal-Spielen381. Der Inhaber exklusiver Rechte ist auf einem solchen Markt auch marktbeherrschend382. Ein Missbrauch kommt in Betracht, wenn der Rechteinhaber seine Position ausnutzt, um sie ohne objektive Rechtfertigung auf einen anderen Markt auszudehnen383. Dies wird zum Teil für die Verwertung der Senderechte für die Fußball-WM 2002 angenommen384, indem zwar sachlich von einem europaweiten, räumlich jedoch von nationalen Märkten ausgegangen wird. Die Kirch Gruppe habe ihr Verschlüsselungsverlangen gegenüber deutschen Programmveranstaltern unter anderem eingesetzt, um ihre Verkaufsposition auf ausländischen Märkten zu verbessern385. Darüber hinaus habe sie ihre Stellung dadurch missbraucht, dass sie Kundenzuwächse des eigenen Senders auf dem nicht identischen Markt des deutschen Pay-TV bezweckte386. Für das europäische Wettbewerbsrecht werden im Sektor Telekommunikation die wettbewerbsrechtlichen Regelungen des neuen Richtlinienpakets387 besondere Bedeutung erlangen. Um der technischen Konvergenz Rechnung zu tragen, erstreckt Art. 2 a) Rahmenrichtlinie seinen Anwendungsbereich auf alle elektronischen Kommunikationsdienste und -netze388. Deren Rechtsrahmen soll dadurch vereinheitlicht werden, dass die neue Rahmenregelung keine Rücksicht auf die technische Plattform nimmt. Daher sind vom Richtlinienpaket sämtliche Kommunikationsnetze umfasst – auch satellitengestützte Übertragungswege für Rundfunk. Verfügt ein Unternehmen im Telekommunikationsmarkt über eine beträchtliche Marktmacht, sind nach den Wettbewerbsregeln des Richtlinienpakets vor allem die nationalen Regulierungsbehörden und die Kommission gefragt. Für die nationalen Regulierungsbehörden ist eine solche beträchtliche Marktmacht (Significant Market Power, SMP)389 die zentrale Voraussetzung für die ihnen einzuräumenden wettbewerbsrechtlichen Befugnisse. Befugnisse, die auch ohne diese Voraussetzung eingeräumt werden, dienen nicht nur wettbewerblichen, sondern auch kulturellen oder Zwecken der sprachlichen Vielfalt oder Meinungspluralität390. Den Befugnissen der nationalen Regulierungsbehörden steht nach Art. 7 Abs. 2 und 3 Rahmen- 380 Wer das Endspiel der Fußball-WM sehen möchte, wird sich nicht z.B. auf ein anderes Sportereignis vertrösten lassen. 381 So der BGH im Jahre 1997, BGHZ 137, 297. Das EuG legt sich in seiner aktuellen Entscheidung vom 8.10.2002, verb. Rs. T-185/00, T-216/00, T-299/00, T-300/00 – M6 u.a./Kommission, Nr. 51, weder auf einen sachlichen, noch auf einen geografisch relevanten Markt fest. 382 Konkurrierende Anbieter in einem so ereignisbezogenen Markt sind denkbar, wenn der (ursprüngliche) Rechteinhaber die Rechte weiter aufteilt, z.B. nach Verbreitungswegen. In einem solchen Fall wären sie sendeinhaltebezogen nicht mehr exklusiv, im Beispiel sehr wohl aber für die jeweiligen Verbreitungswege. Die Beurteilung hat fallbezogen zu erfolgen. 383 EuGH, Rs. 311/84, Slg. 1985, 3261 – CBEM/CLT; Lenz-Grill, Art. 82, Rn. 43 m.w.N. 384 Der Sachverhalt ist ausführlich dargestellt in Kap. 3.3.5.2. 385 Mailänder, ZUM 2002, 706, 709 ff. Eine missbräuchliche Lieferverweigerung sieht Mailänder im Verschlüsselungsverlangen für die digitale Ausstrahlung dagegen nicht, da die analoge Ausstrahlung den Zugang zu den Zuschauern gewährleistete. 386 Mailänder, ZUM 2002, 706, 709 ff. 387 Zum Überblick über das neue Richtlinienpaket s. Kap. 3.3.1. Zur Marktabgrenzung Krüger, K&R Beilage 1/2003, 9 ff. 388 Schütz/Attendorn, Beilage MMR 4/2002, 5. 389 S. hierzu Scherer, K&R 2002, 273, 283. 390 Z.B. Art. 5 und 6 Zugangsrichtlinie, Art. 12 Abs. 2 Rahmenrichtlinie, Art. 29 ff. Universaldienstrichtlinie. 102 richtlinie ein „Gegengewicht“391 in Form der Koordination zwischen Regulierungsbehörden untereinander und mit der Kommission gegenüber. Die Mitgliedstaaten haben nach Art. 19 Abs. 1 Rahmenrichtlinie dafür Sorge zu tragen, dass ihre nationalen Regulierungsbehörden Empfehlungen der Kommission über die Durchführung der Richtlinien „weitgehend“ Folge leisten. Das besondere Gewicht der Kommission zeigt sich auch im Verfahren zur Bestimmung des Vorliegens beträchtlicher Marktmacht. Zunächst erlässt die Kommission Leitlinien nach Art. 15 Abs. 2 Rahmenrichtlinie392. Nach Art. 16 Abs. 1 Rahmenrichtlinie legen die nationalen Regulierungsbehörden die relevanten Märkte nach Art. 15 Abs. 3 Rahmenrichtlinie unter „weitestgehender“ Beachtung der Leitlinien fest und analysieren diese. Ob ein Unternehmen über beträchtliche Marktmacht verfügt, bestimmen die nationalen Regulierungsbehörden. Nach Art. 14 Abs. 2 Rahmenrichtlinie ist dies der Fall, wenn es allein oder mit anderen Unternehmen eine der Beherrschung gleichkommende Stellung einnimmt, das heißt, sich in beträchtlichem Umfang unabhängig von Mitbewerbern, Kunden und Verbrauchern verhalten kann. Diese Beurteilung wird ex ante vorgenommen393. Wird ein Unternehmen als Betreiber mit beträchtlicher Marktmacht eingestuft, steht der nationalen Regulierungsbehörde nach den Vorgaben von Art. 8 Abs. 2 Zugangsrichtlinie kein Entschließungs-, aber ein Auswahlermessen zu. Optionen zum Einschreiten bestehen zum Beispiel in der Auferlegung von Gleichbehandlungsverpflichtungen nach Art. 10 Zugangsrichtlinie394, der Zugangspflicht zu Netzeinrichtungen nach Art. 12 Zugangsrichtlinie, der Entgeltkontrolle nach Art. 13 Zugangsrichtlinie und Art. 17 Universaldienstrichtlinie. Die Gleichbehandlungsverpflichtungen des Art. 10 Zugangsrichtlinie gelten laut Erwägungsgrund 17 der Zugangsrichtlinie „insbesondere“ für vertikal integrierte Unternehmen. Art. 12 Zugangsrichtlinie zielt unmittelbar auf die Gewährung von Zugang. Danach können Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht dazu verpflichtet werden, Anträgen auf Nutzung von Netzkomponenten oder zugehörigen Einrichtungen stattzugeben. Die nicht abschließende Liste des Art. 12 Abs. 1 Zugangsrichtlinie nennt unter e) die Verpflichtung, offenen Zugang zu technischen Schnittstellen oder „anderen Schlüsseltechnologien“ zu gewähren395. Die Ent- 391 Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Ministerrat, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über die Entwicklung neuer Rahmenbedingungen für elektronische Kommunikationsinfrastrukturen und zugehörige Dienste, Kommunikationsbericht 1999, KOM (1999) 539 endg., vom 10.11.1999, S. 59; s. auch Immenga, EuZW 2002, 673, der den verbleibenden Spielraum der nationalen Regulierungsbehörden als tatsächlich in Recht und Rechtspraxis gemeinschaftsrechtlich geprägt ansieht. 392 Leitlinien der Kommission zur Marktanalyse und Ermittlung beträchtlicher Marktmacht nach dem gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste vom 11.7.2002 (2002/C 165/03). Davon zu unterscheiden sind die Empfehlungen nach Art. 15 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie in Bezug auf relevante Produkt- und Dienstmärkte, Empfehlung über relevante Produkt- und Dienstmärkte des elektronischen Kommunikationssektors, die aufgrund der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und – dienste für eine Vorabregulierung in Betracht kommen vom 11.2.2003 (C(2003)497). Ein Verzeichnis derjenigen Märkte, die aufgrund vorangegangener Analysen auf der Basis des bisherigen Telekommunikationsrechts definiert wurden und in die zu erstellende Empfehlung aufzunehmen sind, finden sich im Anhang der Empfehlung. 393 Leitlinien der Kommission zur Marktanalyse und Ermittlung beträchtlicher Marktmacht nach dem gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste vom 11.7.2002 (2002/C 165/03), Nr. 70 ff. 394 Zur Auferlegung von Pflichten gegenüber Kabelnetzbetreibern s. Bonin, K&R 2002, 565, 569. 395 Zu den Regulierungsmaßnahmen gegenüber Unternehmen unabhängig vom Vorliegen beträchtlicher Marktmacht s. Kap. 3.3.4.1. 103 scheidungen der nationalen Regulierungsbehörden unterliegen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wie in Art. 8 Abs. 1 Satz 2 Rahmenrichtlinie festgeschrieben. Auf Art. 8 Rahmenrichtlinie wird in Art. 8 Abs. 4 und Art. 12 Abs. 2 Zugangsrichtlinie verwiesen. Die in Art. 12 Abs. 2 Zugangsrichtlinie genannten Kriterien decken sich teilweise mit Entscheidungen zur Essential Facilities Doctrine396. 3.3.4.2.2 Deutsche Wettbewerbsregeln Im deutschen Recht kommt für die Frage nach dem Zugang eines Programmveranstalters zu einem Verbreitungsweg zunächst die Anwendung des TKG in Betracht. Mit §§ 33 und 35 TKG stehen nicht allein Tatbestände für die Missbrauchsaufsicht, sondern auch Anspruchsnormen für Wettbewerber zur Verfügung. Dabei nimmt das TKG auf die Essential Facilities Doctrine Bezug397. Nach § 33 TKG hat ein Anbieter, der auf einem Markt für Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit über eine marktbeherrschende Stellung gemäß § 19 GWB verfügt, Wettbewerbern diskriminierungsfreien Zugang zu seinen intern genutzten und am Markt angebotenen Leistungen, soweit sie wesentlich sind, zu Bedingungen zu ermöglichen, die er sich selbst bei der Nutzung einräumt, es sei denn sachliche Gründe rechtfertigen Beschränkungen. Folge der marktbeherrschenden Stellung ist also die Pflicht zum Gewähren von Zugang des Wettbewerbers zu wesentlichen Leistungen398. § 33 Abs. 1 TKG: „Ein Anbieter der auf einem Markt für Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit über eine marktbeherrschende Stellung nach § 19 [GWB] verfügt, hat Wettbewerbern auf diesem Markt diskriminierungsfrei den Zugang zu seinen intern genutzten und zu seinen am Markt angebotenen Leistungen, soweit sie wesentlich sind, zu den Bedingungen zu ermöglichen, die er sich selbst bei der Nutzung dieser Leistungen für die Erbringung anderer Telekommunikationsdienstleistungen einräumt, es sei denn, daß die Einräumung ungünstigerer Bedingungen, insbesondere die Auferlegung von Beschränkungen, sachlich gerechtfertigt ist. ...“ § 35 TKG hingegen gebietet die Gewährung des Zugangs an einen Nutzer399. Der Anspruch richtet sich auch hier gegen ein Unternehmen mit beherrschender Marktmacht. § 35 Abs. 1 Satz 1 TKG: „Der Betreiber eines Telekommunikationsnetzes, der Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit anbietet und auf einem solchen Markt über eine marktbeherrschende Stellung nach § 19 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen verfügt, hat anderen Nutzern Zugang zu seinem Telekommunikationsnetz oder zu Teilen desselben zu ermöglichen. ...“ Die §§ 33, 35 TKG sind nur für Satelliten mit deutscher Staatszugehörigkeit relevant, da deutsches Recht nur auf solche Satelliten anwendbar ist. Gesteigerte Bedeutung im Bereich des Satellitenmarkts könnte das Problem jedoch dadurch bekommen, dass sich Plattformen als 396 EuGH, C-241/91, Slg. 1995, I-743 – Magill; Entscheidung der Kommission 94/119/EG vom 21.12.1993, ABl. L 55/52 vom 26.2.1994; Schütz/Attendorn, Beilage MMR 4/2002, 13f. 397 Trute/Spoerr/Bosch-Trute, § 33 Rn. 27. 398 Zur Bedeutung des TKG für den Zugang zu Kabelnetzen Gersdorf, Zugang zu Kabelnetzen, S. 304 ff., Libertus, K&R 1999, 259, 263f.; Zimmer/Büchner, CR 2001, 164, 167. 399 Nutzer i.S.d TKG sind „Nachfrager nach Telekommunikationsdienstleistungen“, § 3 Nr. 11 TKG. 104 Ebene zwischen den Inhabern von Übertragungskapazitäten und den Programmveranstaltern bilden, die Kapazitäten ausländischer Satelliten nutzen und anbieten400. Die Essential Facilities Doctrine arbeitet mit dem Begriff der Einrichtung (= facilities), der auf den wesentlichen Anwendungsbereich hinweist, nämlich den der Infrastruktureinrichtungen401. Der Leistungsbegriff des § 33 TKG ist weiter gefasst, da nur von Leistungen gesprochen wird, zu denen Zugang zu gewähren ist. Durch diese weite Interpretation ist man in der Lage, auf künftige Veränderungen zu reagieren und damit Engpässe einzubeziehen, deren Bedeutung für die Marktöffnung heute noch nicht erkennbar ist402. Es fehlt zwar an einer allgemein akzeptierten Definition des Begriffs der Wesentlichkeit. Fest steht jedoch, dass über den Begriff der Wesentlichkeit eine Begrenzung des Leistungsbegriffs des § 33 TKG erfolgt. Die Zugangsverweigerung muss eine erhebliche Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit des Konkurrenten zur Folge haben. Der Wettbewerber muss auf die Leistung angewiesen sein, es dürfen ihm keine Alternativen offen stehen, als dritte Voraussetzung wird die fehlende Duplizierbarkeit der Leistung gesehen403. Wesentlich ist nach der deutschen Rechtssprechung eine Leistung, die für die Erbringung anderer Telekommunikationsdienstleistungen unabdingbar, das heißt unverzichtbar, und deren Neuanschaffung für den Zugangswilligen wegen des unangemessen hohen Aufwands – verglichen mit den Kosten der Mitbenutzung – unzumutbar ist404. Im Bereich der Satellitensysteme ist bereits das Vorliegen der ersten Voraussetzung fraglich. Der Nachfragende von Übertragungskapazitäten müsste auf die Leistung des Plattformbetreibers angewiesen sein, um auf dem Markt überhaupt tätig sein zu können. Die Verweigerung des Zugangs müsste geeignet sein, jeglichen Wettbewerb auszuschalten405. Zugangsansprüche an einen Plattformbetreiber könnten somit nur geltend gemacht werden, wenn er eine solche Monopolstellung erreicht, dass die Verbreitung des Programms über Satellit nur unter der Voraussetzung möglich ist, dass der Programmveranstalter eine eigene Plattform errichten würde und dies von ihm unter keinen Umständen zu leisten ist. Da der Aufbau einer Plattform einfacher zu realisieren ist als der Aufbau eines Satellitensystems, dürften für die Leistungen eines Plattformanbieters, der Satellitenkapazitäten nutzt und anbietet, die Voraussetzungen mit geringerer Wahrscheinlichkeit vorliegen als für Satellitenbetreiber. Da auch § 35 TKG auf § 19 GWB verweist, der wiederum auf die Essential Facilities Doctrine Bezug nimmt, wird teilweise befürwortet, die Grundsätze auch auf § 35 TKG anzuwenden406. Sind die §§ 33, 35 TKG auf Rundfunkveranstalter anwendbar? § 35 TKG regelt den Zugang von Nutzern zu Netzen, § 33 TKG den Zugang von Wettbewerbern zu Dienstleistungen, die 400 Als aktuelles Anschauungsobjekt bietet sich die Plattform visAvision von Eutelsat an. Der Pay-TVAnbieter Premiere bietet nicht nur selbst veranstaltete Programme an, sondern dient kleineren Programmveranstaltern als Plattform (z.B. dem Jagd- und Fischerkanal Seasons, inzwischen eingestellt). 401 Trute/Spoerr/Bosch-Trute, § 33 Rn. 32. 402 Trute/Spoerr/Bosch-Trute, § 33 Rn. 32. 403 Trute/Spoerr/Bosch-Trute, § 33 Rn. 35 ff.; das OVG Münster, ZUM-RD 2002, 314, 318 führt aus: „Dafür, dass das Merkmal der Wesentlichkeit im Sinne der amerikanisch-rechtlichen essential facilities doctrine zu interpretieren sei, bieten die Gesetzesmaterialien des TKG keine Anhaltspunkte.“ 404 OVG Münster, ZUM-RD 2002, 314; OVG Münster NVwZ 2000, 697. 405 Trute/Spoerr/Bosch-Trute, § 33 Rn. 36. 406 Trute/Spoerr/Bosch-Trute, § 33 Rn. 4, 14, 27, § 35, Rn. 1. 105 von einem marktbeherrschenden Unternehmen für die Öffentlichkeit angeboten werden. Wie bereits erörtert, ist das TKG nur auf Satelliten mit deutscher Staatszugehörigkeit und auf Plattformanbieter anwendbar, die in Deutschland niedergelassen sind, scheidet also für den Zugang zu ausländischen Satelliten aus. Da § 33 TKG nur die Wettbewerber des marktbeherrschenden Anbieters von Telekommunikationsdienstleistungen schützt, können die Rundfunkveranstalter in der Regel keinen Anspruch auf Netzzugang gemäß 33 TKG geltend machen407. Als Anspruchsinhaber kommt nur in Betracht, wer selbst Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit anbietet408. Selbst wenn die Rundfunkveranstalter eigene technische Dienstleistungen/Telekommunikationsdienstleistungen409 erbringen, werden sie nur zu Wettbewerbern im Sinn der Vorschrift, wenn sie diese Dienstleistungen nicht nur zu eigenen Zwecken erbringen, sondern diese auch anderen zur Verfügung stellen410. Anders sieht es in Bezug auf § 35 TKG aus. Die Programmveranstalter sind Nutzer, die Telekommunikationsdienstleistungen nachfragen, und der (deutsche) Betreiber eines Satellitennetzes oder einer Plattform ist Betreiber eines Telekommunikationsnetzes, der diese Dienstleistungen für die Öffentlichkeit anbietet. Ein Telekommunikationsnetz ist nach § 3 Nr. 21 TKG die Gesamtheit der technischen Einrichtungen, die entweder der Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen oder nichtgewerblichen Telekommunikationszwecken dienen. Da Satellitenfunkdienstleistungen nach § 3 Nr. 14 TKG Telekommunikationsdienstleistungen sind, erstreckt sich die Definition des § 3 Nr. 21 TKG auch auf den Übertragungsweg für Satellitendienstleistungen, der von der Bodenstation, die die Verbindung zum Satelliten herstellt, vom Satelliten und von der Empfangsstation gebildet wird411. Die satellitengestützte Funkkommunikation fällt auch dann unter das TKG, wenn sie der Rundfunkverbreitung dient, da der Inhalt der Telekommunikation für den Begriff des Telekommunikationsnetzes irrelevant ist412. Gegen eine Anwendung des § 35 TKG auf Programmanbieter könnten jedoch die Richtlinien 90/387/EWG und 90/388/EWG sprechen, deren Umsetzung das TKG bezweckt. Diese schließen nämlich den Rundfunk explizit aus ihrem Anwendungsbereich aus. Dies bedeutet jedoch nicht, dass ein Mitgliedstaat die Regeln über den offenen Netzzugang nicht auch auf die Übertragung von Rundfunk- und Fernsehprogrammen anwenden dürfte. Ebensowenig kann aus der Trennung von Bund- und Länderkompetenzen bezüglich der Rechtsgebiete der Telekommunikation und des Rundfunks gefolgert werden, dass die gesetzgeberische Kompetenz des Bundes für Telekommunikation den Rundfunk nicht berühren kann. Die bundesrechtlichen Regelungen haben nicht die Sicherung der Meinungsvielfalt oder anderer rund- 407 Gersdorf, Regulierung des Zugangs, S. 304f., s. auch Libertus, K&R 1999, 259, 263f. 408 Gersdorf, Regulierung des Zugangs, S. 304f. 409 Z.B. Multiplexing, Betrieb von Navigationssystemen, Betrieb des Systems der Zugangskontrolle. § 33 TKG schützt Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager „einer bestimmten Art von Waren oder Leistungen“. Andere Produkte sind bei der Bestimmung des sachlich relevanten Markts beachtlich, wenn es sich bei ihnen um „dieselbe Art von Waren oder Leistungen“ i.S.d. § 26 Abs. 1 Satz 2 GWB handelt. Nach dem Prinzip der funktionellen Austauschbarkeit bei der Bestimmung des sachlich relevanten Markts ist das Bild des verständigen Abnehmers ausschlaggebend, Beck‘scher TKG-Kommentar-Piepenbrock, §§ 33 Rn. 8f., 32 Rn. 12 ff. 410 Gersdorf, Regulierung des Zugangs, S. 304f. 411 Es handelt sich auch bei einer Empfangsanlage um einen Bestandteil des Übertragungsweges, Trute/Spoerr/Bosch-Spoerr, § 3 Rn. 103. 412 Zu dem gleichen Ergebnis gelangen Beck‘scher TKG-Kommentar-Schütz, § 6 Rn. 42, bezogen auf die Satellitenfunklizenz nach § 6 Abs. 2 Nr. 1b TKG, und Libertus, K&R 1999, 259, 263, bezogen auf den Wortlaut des § 35 TKG. 106 funkrechtlicher Fragen zum Ziel, sondern die Gewährleistung von wirtschaftlichem Wettbewerb413. Im Zusammenhang mit dieser Frage ist auch das neue Richtlinienpaket relevant. Dessen Anwendungsbereich erfasst alle elektronischen Kommunikationsdienste und –netze und somit auch die Satellitensysteme, die Rundfunk verbreiten414. Die Bindungswirkung von Richtlinien vor Ablauf der Umsetzungsfrist beschränkt sich darauf, dass die Mitgliedstaaten keine entgegenstehenden Maßnahmen ergreifen dürfen415. Demnach ist bereits nach geltendem deutschen Recht davon auszugehen, dass auch die satellitengestützte Infrastruktur für die Rundfunkübertragung von § 35 TKG umfasst ist. Entscheidende Voraussetzung für einen Zugangsanspruch nach § 35 TKG ist eine marktbeherrschende Stellung. Für deren Feststellung ist entscheidend, ob eine weite oder enge Marktabgrenzung vorgenommen wird. Das Bundeskartellamt und die Kommission sehen terrestrische Frequenzen, Breitbandkabelnetze und Satellitenverbreitung als je eigene Märkte an416. Diese Übertragungswege seien nicht austauschbar, und es bestünden Unterschiede bezüglich deren Finanzierung417. Neben dem TKG bietet auch das GWB einen Anspruch auf Zugang zu Netzen. Nach § 19 Abs. 1 GWB ist die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung durch ein Unternehmen verboten. Nach § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB liegt ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung vor, wenn sich ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter und Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder Leistungen weigert, einem anderen Unternehmen gegen angemessenes Entgelt Zugang zu eigenen Netzen oder Infrastruktureinrichtungen zu gewähren. Dies gilt nicht, wenn ein sachlicher Grund für die Zugangsverweigerung besteht. Dabei nimmt auch § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB auf die Essential Facilities Doctrine Bezug418. Es ist umstritten, ob die Zugangsregelungen des TKG denen des GWB vorgehen oder ob sie nebeneinander anwendbar sind419. Davon hängt unter anderem ab, ob die Verhaltensaufsicht der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (§ 82 TKG) oder dem Bundeskartellamt obliegt. Nach § 2 Abs. 3 TKG bleiben die Vorschriften des Gesetzes gegen Wett- 413 Libertus, K&R 1999, 259, 263. 414 S. Kap. 3.3.4.2.1. 415 EuGH, C-129/96, Slg. 1997, I-7411 – Inter-Environement. 416 Entscheidung des Bundeskartellamts (B 7 - 168/01) vom 22.2.2002 – Liberty, Nr. 35 ff.; Entscheidung der Kommission (96/177/EG) vom 19.7.1995, ABl. L 53/20 vom 2.3.1996 – Nordic Satellite Distribution, Nr. 55 ff.; Entscheidung der Kommission (1999/154/EG) vom 27.5.1998, ABl. L 53/31 vom 27.2.1999 – Deutsche Telekom/BetaResearch, Nr. 19 ff.; Entscheidung der Kommission (94/922/EG) vom 9.11.1994, ABl. L 364/1 vom 31.12.1994 – MSG-Media Service, Nr. 39 ff.; s. auch Entscheidung der Kommission (1999/781/EG) vom 15.9.1999, ABl. L 312/1 vom 6.12.1999 – British Interactive Broadcasting/Open, Nr. 34 ff. 417 Legt man bei den Übertragungswegen die weite Marktabgrenzung zu Grunde, würde selbst dem luxemburgischen Satellitenbetreiber SES mit der Familie der Astra-Satelliten eine solche marktbeherrschende Stellung nicht zukommen, da er der Konkurrenz der Kabelnetze und der terrestrischen Frequenzen ausgesetzt ist, so Trafkowski, Medienkartellrecht, S. 52 ff. und 78. 418 Trute/Spoerr/Bosch-Trute, § 33, Rn. 27. 419 Für einen Vorrang des TKG z.B. Wallenberg, K&R 1999, 152 ff., nach Schroeder, WuW 1999, 14f. zunächst auch das Bundeskartellamt; für eine parallele Anwendung sprechen sich Schroeder, ebenda, und Piepenbrock/Schuster, CR 2002, 98 ff. aus. 107 bewerbsbeschränkungen unberührt. Der Wortlaut dieser Vorschrift spricht also für eine parallele Anwendung der Zugangsregelungen. Dagegen spricht nach einer Ansicht jedoch die Gesetzesbegründung, die von einem Vorrang des TKG ausgehe420. Hiergegen wird jedoch zu recht eingewandt, dass eine nur der Begründung zu entnehmende Vorstellung an der Gesetzgebung beteiligter Personen nicht dazu führen kann, dass der Gesetzeswortlaut in sein Gegenteil verkehrt wird421. Daher ist nur bei rein telekommunikationsrechtlichen Fragestellungen, die keinen kartellrechtlichen Bezug haben, Telekommunikationsrecht vorrangig anwendbar422. Das GWB wird also grundsätzlich nicht verdrängt. Ist man nicht der Auffassung, dass sich Zugangsrechte von Veranstaltern in Bezug auf satellitengestützten Rundfunk aus § 35 TKG ergeben, ist ein Anspruch auf Zugang zum Satelliten nach §§ 19, 20 GWB zu prüfen. Inhaltlich bezwecken beide Gesetze den Schutz des Wettbewerbs und kommen zu gleichen Resultaten423. Im Ergebnis ist das TKG vorrangig anzuwenden, wenn ein rein telekommunikationsrechtlicher Sachverhalt vorliegt. Für den Zugang von Plattformanbietern zur Verbreitung von Rundfunk ergeben sich auf den ersten Blick keine Unterschiede. Neben dem direkten Verhältnis von Programmveranstalter und Satellitenbetreiber sind vielfältige Beziehungen zwischen Plattformanbietern, die Übertragungskapazitäten kaufen, mieten, weiterverkaufen oder weitervermieten, und Programmveranstaltern denkbar. Tritt eine Plattform bezüglich des Verbreitungswegs als Makler auf, ist sie nur Mittler. Nach § 53 Abs. 3 RStV ist es Anbietern mit marktbeherrschender Stellung, die Programme bündeln und vermarkten, verboten, andere Anbieter unbillig zu behindern424. Anbieter, die Inhalte lediglich, zum Beispiel in Form einer Bündelung, „bereitstellen“, sollen nach Erwägungsgrund 45 Universaldienstrichtlinie nicht unter den neuen Rechtsrahmen fallen. So betreffen die Übertragungspflichten des Art. 31 Universaldienstrichtlinie nur Netz-, nicht jedoch Plattformbetreiber425. Nationale Vorschriften sind nach Erwägungsgrund 45 Universaldienstrichtlinie jedoch ausdrücklich möglich: Universaldienstrichtlinie Erwägungsgrund 45: „Dienste, die die Bereitstellung von Inhalten wie das Angebot des Verkaufs eines Bündels von Hörfunk- oder Fernsehinhalten umfassen, fallen nicht unter den gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste. Die Anbieter dieser Dienste sollten in Bezug auf diese Tätigkeiten keiner Universaldienstverpflichtung unterliegen. Mit dem Gemeinschaftsrecht zu vereinbarende einzelstaatliche Maßnahmen in Bezug auf diese Dienste bleiben von dieser Richtlinie unberührt.“ Wie wird sich das neue Richtlinienpaket426 auf die wettbewerbsrechtlichen Regelungen auswirken? Der Vergleich der neuen Richtlinien mit dem deutschen Recht ergibt, dass zumindest im Telekommunikationsrecht Anpassungen notwendig sind. So fehlt es bisher an einer Regelung, die der Verpflichtung der Art. 9 ff. Zugangsrichtlinie für Betreiber mit beträchtlicher 420 Wallenberg, K&R 1999, 153. 421 Schroeder, WuW 1999, 15. 422 Beck‘scher TKG-Kommentar-Schuster § 2 Rn. 32 ff.; Piepenbrock /Schuster, CR 2002, 101. 423 Möschel, K&R 2002, 161, 163; Zimmer/Büchner, CR 2001, 164, 168 ff.; Irion/Schirmbacher, CR 2002, 61, 67f.; die unterschiedlichen Zuständigkeiten verbunden mit unterschiedlichen Gerichtszweigen bergen jedoch die Gefahr unterschiedlicher Rechtspraxis – s. Beck‘scher TKG-Kommentar-Schuster § 2 Rn. 32 ff. 424 Auf Dienstleister, die lediglich Programme und Dienste technisch bündeln, findet nicht § 53 RStV, sondern das TKG Anwendung, Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, RStV, § 53, Rn. 23. 425 Schütz/Attendorn, Beilage MMR 4/2002, 23. 426 Zum Überblick über das neue Richtlinienpaket s. Kap. 3.3.1. 108 Marktmacht entspricht. Auch bleibt die Gleichbehandlungsverpflichtung nach § 33 TKG hinter der des Art. 10 Abs. 1 Zugangsrichtlinie zurück. Die weitreichenden Zugangsverpflichtungen des Art. 12 Zugangsrichtlinie finden sich im TKG nicht. Schließlich ist auch der Zugangsbegriff des § 3 Nr. 9 TKG427 enger gefasst als der des Art. 2 a) Zugangsrichtlinie. Kein Umsetzungsbedarf ergibt sich dagegen für den in Art. 5 und 6 i.V.m. Anhang I Teil II der Zugangsrichtlinie geregelten Zugang zu API und EPG. Entsprechende Regelungen finden sich in § 53 RStV i.V.m. der Satzung über die Zugangsfreiheit zu digitalen Diensten gemäß § 53 RStV428 und § 5 Fernsehsignalübertragungsgesetz. Art. 5 Zugangsrichtlinie und §§ 33, 35 TKG, 19 GWB, 53 Abs. 3 RStV, nicht jedoch § 7 Fernsehsignalübertragungsgesetz, setzen das Vorliegen beträchtlicher Marktmacht voraus. Die Definition der beherrschenden Stellung des § 19 GWB (gegebenenfalls i.V.m. TKG) entspricht der Definition der beträchtlichen Marktmacht in Art. 14 Abs. 2 Rahmenrichtlinie, es besteht also kein Umsetzungsbedarf in deutsches Recht429. 3.3.4.2.3 Zusammenfassung Zusammenfassend ist festzustellen, dass europarechtliche und deutsche Wettbewerbsregelungen Rundfunkveranstaltern einen Zugangsanspruch zum Verbreitungsweg Satellit eröffnen können. Ob ein solcher Anspruch im Einzelfall besteht, hängt von der Situation am Markt und dabei insbesondere von der Marktabgrenzung ab. Im Verfahren zur Bestimmung des Vorliegens beträchtlicher Marktmacht nach dem neuen Richtlinienpaket erlangt die Stellung der Kommission durch Erlass von Empfehlungen und Leitlinien nach Art. 15 Abs. 1 und 2 Rahmenrichtlinie besonderes Gewicht. Ob ein Unternehmen über beträchtliche Marktmacht verfügt, bestimmen nach Art. 15 Abs. 3 und 16 Abs. 1 Rahmenrichtlinie die nationalen Regulierungsbehörden, haben aber die Leitlinien und Empfehlungen der Kommission „weitestgehend zu berücksichtigen“. Nimmt man die umfangreichen Vorgaben zur Ausgestaltung der nationalen Behörden430 hinzu, bleibt der nationale gesetzgeberische Spielraum für den Bereich des Wettbewerbsrechts gering. 3.3.5 Verbreitung und Urheberrecht Verbreitet werden sollen Inhalte, die überwiegend von Urhebern geschaffen worden sind. Deren Urheberrechte können die Verbreitung behindern. Entscheidend ist daher, welche Rechte das Urheberrecht dem Inhaber von Rechten an einer Sendung gibt. Für deren Ausgestaltung ist zu prüfen, wie ihre praktische Wahrnehmung die Verbreitung von Rundfunk über Satelliten beeinflussen kann. Das Urheberrecht ist ein Ausschließlichkeitsrecht, ein absolutes Recht, das dem Urheber die freie Entscheidung überlässt, ob, wem und wie er anderen die Nutzung seines Werks gestat- 427 Wortlaut § 3 Nr. 9 TKG: „Im Sinne dieses Gesetzes ... ist ‚Netzzugang’ die physische und logische Verbindung von Endeinrichtungen oder sonstigen Einrichtungen mit einem Telekommunikationsnetz oder Teilen desselben sowie die physische und logische Verbindung eines Telekommunikationsnetzes mit einem anderen Telekommunikationsnetz oder Teilen desselben zum Zwecke des Zugriffs auf Funktionen dieses Telekommunikationsnetzes oder auf die darüber erbrachten Telekommunikationsdienstleistungen“. 428 Satzung über die Zugangsfreiheit zu digitalen Diensten gemäß § 53 Abs. 7 RStV in der von der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) am 26.6.2000 beschlossenen Fassung. 429 Zum Umsetzungsbedarf s. auch Husch/Kemmler/Ohlenburg, MMR 2003, 139, 146f. 430 Art. 3 ff. und 8 ff. Rahmenrichtlinie. 109 tet431. Im deutschen Recht fußt es auf Art. 14 GG, sowie, in seiner persönlichkeitsrechtlichen Komponente, auf Art. 1, 2 GG432. Unter den Urheberrechtsbegriff fallen auch das Senderecht sowie Leistungsschutzrechte. Einen Sonderfall stellt der Vertrag zwischen Sportveranstalter und Produzent/Programmveranstalter zur Gestattung von Aufnahmen und Übertragungen dar. Für einen Überblick soll im Folgenden der Rechtsrahmen des rundfunkrelevanten Urheberrechts dargestellt und anschließend auf die Vertragspraxis der Rechtevergabe eingegangen werden. 3.3.5.1 Rechtsrahmen Urheberrechtliche Regelungen auf völkerrechtlicher Ebene finden sich vor allem in folgenden Verträgen: Die „Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst“ wurde in ihrer Fassung aus dem Jahr 1886 als Staatsvertrag zwischen neun Staaten geschlossen (revidiert „Revidierte Berner Übereinkunft“, RBÜ433). Heute gehören der RBÜ 149 Vertragsstaaten an (Stand 15. Oktober 2002434). Grundprinzip der Übereinkunft ist nach Art. 5 Abs. 1 RBÜ die Pflicht zur Inländerbehandlung. Ausländische Urheber sind in jedem Vertragsstaat den inländischen gleichzustellen. Auf diese Weise ist der Schutz ausländischer Urheber stets auf aktuellem Stand. Daneben setzt die RBÜ Mindestrechte fest, unter anderem das Senderecht in Art. 11bis RBÜ. Auf diese Mindestrechte können sich die Urheber unmittelbar berufen435. Art. 5 Abs. 1 RBÜ: “Die Urheber genießen für die Werke, für die sie durch diese Übereinkunft geschützt sind, in allen Verbandsländern mit Ausnahme des Ursprungslands des Werkes die Rechte, die die einschlägigen Gesetze den inländischen Urhebern gegenwärtig gewähren oder in Zukunft gewähren werden, sowie die in dieser Übereinkunft besonders gewährten Rechte.“ Der World Intellectual Property Organisation Copyright Treaty (WCT) enthält Ergänzungen und Klarstellungen zur RBÜ. Er trat am 6. März 2002 in Kraft. Art. 6 ff. WCT sehen unter anderem Mindestrechte für die Verbreitung und die öffentliche Wiedergabe vor, einschließlich der Online-Übermittlung. Der World Intellectual Property Organisation (WIPO) Broadcasting Treaty befindet sich noch im Vorbereitungsstadium, am 28. September 2001 unterbreiteten die EG und ihre Mitgliedstaaten der WIPO einen Vertragsvorschlag436. In Art. 2 Nr. 1 des Vorschlags ist das Sendelandprinzip ausgestaltet437. Die Europäische Konvention über urheber- und leistungsschutzrechtliche Fragen im Bereich des grenzüberschreitenden 431 Fromm/Nordemann-Nordemann, § 1, Rn. 4.; Schack, Urhebervertragsrecht, Rn. 4. 432 Diesbach, ZUM 2002, 680, 683. 433 BGBl. 1973 II, 1071, BGBl. 1985 II, 81. 434 Mitgliederübersicht abrufbar abgerufen am 15.11.2002. 435 BGHZ 11, 135, 138; Schack, Urhebervertragsrecht, Rn. 849. 436 Vorschlag der EG und ihrer Mitgliedstaaten an die WIPO vom 28.9.2001, abrufbar unter http://europa.eu.int/comm/internal_market/en/intprop/news/treatylang_en.pdf, abgerufen am 7.11.2002. 437 Wortlaut des Entwurfs Art. 2 Nr. 1: “Contracting Parties shall accord the protection provided under this Treaty to broadcasting organisations, which meet either of the following conditions: (a) the headquarters of the broadcasting organisation is situated in another Contracting Party, or (b) the broadcasts are transmitted from a transmitter situated in another Contracting Party. In the case of satellite broadcasts, the relevant place shall be that at which, under the control and responsibility of the broadcasting organisation, the program–carrying signals intended for reception by the public are introduced into an uninterrupted chain of communication leading to the satellite and down towards the earth.“ unter http://www.wipo.org/treaties/documents/english/word/e-berne.doc, 110 Satellitenrundfunks vom 11. Mai 1994 formuliert ein an den Wortlaut der Richtlinie 93/83/EWG angelehntes Harmonisierungsbestreben des materiellen Rechts438. Urheberrechtliche Bestimmungen finden sich auch im Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights (TRIPS-Abkommen). Leistungsschutzrechte betrifft der WIPO Performances and Phonograms Treaty (WPPT)439. Die Europäische Gemeinschaft hat keine eigene Rechtsetzungskompetenz auf dem Gebiet des Urheberrechts, dessen Ausgestaltung ist also Sache der Mitgliedstaaten. Um dennoch auf dem Gebiet tätig werden zu können, greift die Gemeinschaft auf die Kompetenz zur Angleichung von Rechtsvorschriften zur Erreichung des Binnenmarkts in Art. 95 EGV zurück. Ebenso wie im deutschen Recht geht die Kommission dabei vom Urheberrecht als einem Ausschließlichkeitsrecht aus. Bereits in ihrem Grünbuch über die Errichtung des Gemeinsamen Markts für Rundfunk, insbesondere über Satellit und Kabel440 erklärt sie nicht die Ausschließlichkeit als Hindernis für den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr, wohl aber die unterschiedliche Ausgestaltung des Urheberrechts in den einzelnen Mitgliedstaaten. In der Kabel- und Satellitenrichtlinie findet sich diese Aussage in Erwägungsgrund 5. Das Urheberrecht erfährt besondere Bedeutung für den Rundfunk im Vertragsrecht. Im Folgenden soll daher dargestellt werden, auf welche rechtlichen Grundlagen sich Verträge über zu sendende Inhalte stützen. 3.3.5.1.1 Werkbegriff Als erstes stellt sich die Frage, ob der Erwerb von Senderechten Vertragsgegenstände betrifft, die von urheberrechtlicher Relevanz sind. Damit ist zunächst zu untersuchen, welche Werke von nationalen wie internationalen urheberrechtlichen Normen erfasst sind. In der RBÜ werden in Art. 2 Abs. 1 als geschützte Werke „alle Erzeugnisse auf dem Gebiet der Literatur, Wissenschaft und Kunst“ genannt. Voraussetzung für den Werkbegriff des Art. 2 Abs. 2 RBÜ ist eine persönliche geistige Schöpfung. Inhalte, die über Satellit verbreitet werden, sind demnach dann vom Anwendungsbereich der RBÜ umfasst, wenn sie persönliche geistige Schöpfungen darstellen. Dies trifft jedenfalls für die im nicht abschließenden Katalog der Norm genannten Filmwerke zu. Strittig ist, ob zur Beantwortung der Frage, ob ein nicht im Katalog genanntes Werk eine persönliche geistige Schöpfung ist, das Recht des Ursprungs- oder des Schutzlandes herangezogen wird441. Fehlt es bei einer Arbeit an einer persönlichen geistigen Schöpfung, greift die RBÜ nicht. Der Schutz von so genannten Laufbildern ist in der RBÜ nicht vorgesehen. Als Laufbilder werden Bilder bezeichnet, bei denen es an einer persönlichen geistigen Schöpfung fehlt, die also keine Werkqualität haben. Für die europäische Ebene ist festzustellen, dass es ein europäisches Urheberrecht nicht gibt442, es gilt das Territorialitätsprinzip, das zu einem Bündel zahlreicher nationaler Urheberrechte an einem Werk führt. Der Werkbegriff des deutschen UrhG setzt in seinem § 2 Abs. 2 438 Walter-Dreier, Satelliten- und Kabel-RL, vor Art. 1, Rn. 16 und Art. 1, Rn. 23. 439 Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights (TRIPS) vom 15.4.1994, Text abrufbar unter http://www.wto.org/english/tratop_e/trips_e/t_agm0_e.htm, abgerufen am 7.11.2002; WIPO Performances and Phonograms Treaty (WPPT) vom 20.12.1996, http://www.wipo.org/eng/diplconf/distrib/95dc.htm, abgerufen am 7.11.2002; s. den Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft der Bundesregierung vom 31.7.2002, abrufbar unter http://www.bmj.bund.de/images/11476.pdf, abgerufen am 7.11.2002. 440 Grünbuch über die Errichtung des Gemeinsamen Marktes für Rundfunk, insbesondere über Satellit und Kabel, KOM (84)300 eng., vom 14.6.1984; insb. 5. Teil, VII., 1. 441 Schack, Urhebervertragsrecht, Rn. 840, 907. 442 Dazu Müßig/Scheuer, IRIS plus 2003-4. 111 eine persönliche Schöpfung voraus, also die schöpferische Tat eines Menschen. Das Werk muss einen geistigen Gehalt aufweisen, das heißt, als Ausdruck des individuellen Geistes gewollt und empfunden werden. Über den Gesetzeswortlaut hinaus muss der schöpferischen Idee eine Form gegeben werden. Dabei genügt die Wahrnehmbarkeit, eine dauerhafte Form ist nicht Voraussetzung443. Filmwerke genießen Urheberrechtsschutz, sie sind ausdrücklich im Katalog des § 2 Abs. 1 UrhG als Nr. 6 aufgenommen. Dies betrifft Inhalte, die im Rundfunk gesendet werden dann, wenn sie persönliche geistige Schöpfungen sind. Davon sind unproblematisch Spielfilme abgedeckt, unabhängig von deren Bedeutung für die Kunst444. Anders sieht es aus, wenn es an einer persönlichen geistigen Schöpfung fehlt, also Bilder ohne Werkqualität vorliegen. Das UrhG bezeichnet diese in § 95 UrhG als Laufbilder. Laufbilder liegen zum Beispiel bei bloßem Aufnehmen chronologischer Abfolgen vor. Die Abgrenzung bereitet allerdings Schwierigkeiten. Dies gilt um so mehr, wendet man den nicht im Bereich der Filmwerke entwickelten Grundsatz der „kleine Münze“ an, nach dem bereits für Leistungen mit sehr geringer Schöpfungshöhe Urheberschutz gewährt wird. So kommt der Schutz als Filmwerk schon durch Bearbeitungen wie den Schnitt oder durch Unterlegen mit anderen Tonspuren in Betracht. Beispiele für Laufbilder sind dagegen die bloßen Aufzeichnungen von Sport- und politischen Veranstaltungen oder Talkshows445. Für Laufbilder besteht zwar kein Urheberrecht, jedoch ein Leistungsschutzrecht nach §§ 95 i.V.m. 88 ff. UrhG. Die Unterscheidung zwischen Filmwerk und Laufbildern spielt im UrhG auf der Rechtsfolgenseite keine Rolle, so lange die Rechte entsprechend § 91 UrhG zur filmischen Verwertung oder entsprechend § 94 UrhG zur Vervielfältigung, Verbreitung, Vorführung und Funksendung in Rede stehen. Ob ein Urheberrecht vorliegt, ist jedoch sehr wohl auf der Ebene internationaler Verträge von Bedeutung. So umfasst die RBÜ lediglich Filmwerke446. Im Zusammenhang mit dem Werkbegriff stellt sich auch die Frage, wer bei einer Sportübertragung als Urheber zu gelten hat. Sportler führen kein Werk auf, es mangelt bereits an der schöpferischen Handlung, aber auch am Ausdruck des individuellen Geistes. Bei der Übertragung zum Beispiel eines Fußballspiels können die Spieler folglich keine Urheberrechte an ihrem Spiel geltend machen447. Eine andere Frage ist, welche Rechte derjenige geltend machen kann, der Aufnahmen einer Sportveranstaltung erstellt. Die Frage dürfte jedoch nicht anders als bei sonstigen Filmaufnahmen zu beurteilen sein. Wer das Filmmaterial erstellt, ist Urheber. Dabei kommt es nicht darauf an, ob das erstellte Produkt angefasst werden kann. Wie bei einer Video-Kunst-Installation setzt der urheberrechtliche Werkbegriff nur voraus, dass dem Werk eine wahrnehmbare Gestalt gegeben ist448. Grundsätzlich ist hiervon die Überlegung zu unterscheiden, wer Veranstalter ist und welche Rechte er geltend machen kann. Veranstalter ist, wer eine Wiedergabe veranlasst und in organisatorischer und finanzieller Hinsicht verantwortlich ist449. In einem Urteil von 1990 ent- 443 Schack, Urhebervertragsrecht, Rn. 152 ff. 444 Schack, Urhebervertragsrecht, Rn. 210. 445 Schack, Urhebervertragsrecht, Rn. 214, 652; Fromm/Nordemann-Nordemann/Vinck, § 2, Rn. 77; Fromm/Nordemann-Hertin, § 95, Rn. 3. Eine Verwandtschaft zum Recht des geistigen Eigentums im Bereich des Profisports sieht Stettner, Rechtsfragen § 5a Rundfunkstaatsvertrag, II. 1.1.1. 446 Schack, Urhebervertragsrecht, Rn. 840, a.A. OLG Hamburg GRUR 90, 127, 128. 447 Schack, Urhebervertragsrecht, Rn. 667; Urteil des Landgerichts Hamburg vom 26.4.2002, Az. 308 O 415/01, S. 12f.; zur Situation in den USA siehe Schack, a.a.O., Rn. 667, Fn. 66. 448 BGHZ 37, 1, 7; KG GRUR 1984, 507, 508. 449 Fromm/Nordemann-Hertin, § 52, Rn. 5, § 81, Rn. 2. 112 schied der BGH, die Erlaubnis zur Fernsehübertragung stelle keine Übertragung von Rechten, sondern den Verzicht auf die Ausübung von Verbotsrechten aus dem Hausrecht, deliktischen oder wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen dar450. Das Landgericht Hamburg verortete in seinem Urteil vom 26. April 2002 die Frage, ob Hörfunkveranstalter ein Recht auf kostenfreie Berichterstattung aus den Fußballstadien haben, nicht im Urheberrecht. Es sprach dem Veranstalter (hier den Vereinen) vielmehr aus dem Hausrecht nach §§ 858, 1004 BGB das Recht zu, den Zugang zum Stadion privat-autonom zu regeln. Davon sei auch das Recht umfasst, eine Vergütung zu erheben. Die Entscheidung bezieht sich allerdings ausdrücklich auf die LiveBerichterstattung aus den Stadien, der Besuch zum Zweck eines späteren Berichts ist dem Reporter nicht verwehrt451. Informationen weisen die nach § 2 Abs. 2 UrhG erforderliche Schöpfungshöhe nicht auf, für ihre Zusammentragung besteht also kein Urheberschutz452. Davon geht auch § 49 Abs. 2 UrhG aus, in dem der Gesetzgeber nur eine Ausnahmeregelung sah. Nachrichten und Tagesneuigkeiten sind in der Regel frei. Sollte ein reiner Tatsachenbericht, etwa durch seine Formulierung, dennoch Werkcharakter haben, ist die Vervielfältigung nach § 49 Abs. 2 UrhG gestattet. Zusammenfassend kommen als geschützte Werke im Bereich des Rundfunks fast alle übertragenen Inhalte in Betracht. Die Definition der Filmwerke und Laufbilder umfasst einen Großteil des üblichen Programms. Nicht geschützt werden reine Informationen. Davon zu unterscheiden sind jedoch Filmbeiträge mit Nachrichtenwert, die geschützt sein können. 3.3.5.1.2 Senderecht Das Senderecht ist eine Form der Verwertung eines Werks und kann als solches vom Urheber auf andere übertragen werden, Art. 11bis Abs. 1 Nr. 2 RBÜ, Art. 2 der Kabel- und Satellitenrichtlinie (für die Satellitensendung), Art. 3 Abs. 1 Richtlinie Urheberrecht in der Informationsgesellschaft 453, § 15 Abs. 2 UrhG. Nach Art. 11bis Abs. 1 Nr. 2 RBÜ steht dem Urheber das Recht zu, „jede öffentliche Wiedergabe des durch Rundfunk gesendeten Werkes (zu erlauben)“. Art. 11bis Abs. 2 RBÜ: „Der Gesetzgebung der Verbandsländer bleibt vorbehalten, die Voraussetzungen für die Ausübung der in Abs. 1 erwähnten Rechte festzulegen; doch beschränkt sich die Wirkung dieser Voraussetzungen ausschließlich auf das Hoheitsgebiet des Landes, das sie festgelegt hat. ...“ Dem entsprechend sah die Europäische Gemeinschaft das Erfordernis der Angleichung nationalen Rechts. Nach Art. 2 Kabel- und Satellitenrichtlinie „sehen die Mitgliedstaaten für den Urheber das ausschließliche Recht vor, die öffentliche Wiedergabe von urheberrechtlich geschützten Werken über Satellit zu erlauben“. Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie sieht vor, dass das Senderecht ausschließlich vertraglich erworben werden kann. Nach Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie Urheberrecht in der Informationsgesellschaft steht den Urhebern das ausschließliche 450 BGHZ 110, 371. 451 Urteil des Landgerichts Hamburg vom 26.4.2002, Az. 308 O 415/01, S. 10, 12, 14f.; Ory, AfP 2002, 195, 197f., stimmt insoweit zu, dass das Hausrecht anzuwenden ist, meint aber, bei der Radioübertragung stehe die journalistische Berichterstattung im Vordergrund, die in ihrer Freiheit grundrechtlich geschützt sei. Zum Recht auf Kurzberichterstattung im Fernsehen BVerfGE 97, 228. 452 Schack, Urhebervertragsrecht, Rn. 663. 453 Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22.5.2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft, ABl. L 167/10 vom 22.6.2001. 113 Recht zu, die drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Wiedergabe ihrer Werke zu erlauben oder zu verbieten454. Nach § 15 Abs. 2 UrhG hat der Urheber das ausschließliche Recht, sein Werk in unkörperlicher Form öffentlich wiederzugeben. Dieses Recht umfasst ausdrücklich das Senderecht, das in § 20 UrhG als das Recht definiert wird, „das Werk durch Funk wie ... Satelittenrundfunk ... der Öffentlichkeit zugänglich zu machen“. Funk ist jede Übertragung von Zeichen, Tönen oder Bildern durch elektromagnetische Wellen, die von einer Sendestelle an beliebig viele Empfangsstellen ausgesandt werden. Eine Sendung im Sinn des § 20 UrhG liegt jedenfalls dann vor, wenn die Ausstrahlung der Inhalte in ihrer Reihenfolge allein vom Willen des Sendenden abhängt. Ob eine Ausstrahlung tatsächlich von jemandem empfangen und wahrgenommen wird, ist irrelevant455. 3.3.5.1.3 Problem der Territorialität Im Fall grenzüberschreitender Rundfunksendungen stellt sich die Frage, für welche Territorien der Programmveranstalter Urheberrechte erwerben muss. Genügt der Erwerb der Rechte des Sendelands, oder sind die Rechte für jedes Land erforderlich, in dem die Sendung empfangen werden kann456? Nach dem Territorialitätsprinzip457 ist die räumliche Wirkung des Urheberrechts beschränkt, jeder Staat gewährt Urheberrechte innerhalb seines Staatsgebiets. Zwar entsteht das Urheberrecht nahezu weltweit kraft Schöpfung eines Werks, bedarf also keines staatlichen Akts zur Anerkennung seiner Entstehung. Der Urheberschutz auf internationaler Ebene stellt jedoch nichts weiter als ein Bündel an selbständigen nationalen Rechten dar. In jedem Land kann stets nur ein inländisches Schutzrecht gewährt und verletzt werden, ausländische Schutzrechte bleiben nach dem Territorialitätsprinzip außer Betracht458. Nach dem Prinzip der Inländerbehandlung wird ein Ausländer im Schutzland wie ein Inländer behandelt. Dies folgt aus internationalen Abkommen wie der RBÜ, innerhalb der Europäischen Gemeinschaft auch aus dem Diskriminierungsverbot des Art. 6 Abs. 1 EGV459. Zu unterscheiden sind Kollisions- und Fremdenrecht. Während das Kollisionsrecht die Frage behandelt, welches Recht auf einen Sachverhalt mit Auslandsberührung anzuwenden ist (z.B. Art. 3 - 46 EGBGB), regelt das Fremdenrecht, wie ein Ausländer nach nationalem Recht zu 454 Walter-Lewinski, Info-RL, Rn. 13. Auf die Übertragung von Sportveranstaltungen finden die Richtlinien keine Anwendung, da eine Sportveranstaltung – wie bereits in Kap. 3.3.5.1.1 beschrieben – kein urheberrechtliches Werk darstellt – s. Schack, Urhebervertragsrecht, Rn. 838 ff. Gegenstand eines Vertrags über eine Übertragung können jedoch das Hausrecht, deliktische oder wettbewerbsrechtliche Ansprüche sein – s. BGHZ 110, 371; LG Hamburg, Urteil vom 26.4.2002, Az. 308 O 415/01, zur Live-HörfunkBerichterstattung. 455 Fromm/Nordemann-Nordemann, § 20, Rn. 1; Schack, Urhebervertragsrecht, Rn. 408. Zur Abgrenzung der Sendung von der Telekommunikation bei Online-Angeboten, die interaktiv über Satelliten verteilt werden, s. z.B. Schack, Urhebervertragsrecht, Rn. 419f., 885b; Fromm/Nordemann-Nordemann, § 20, Rn. 2. 456 Darüber hinaus sind weitere Varianten denkbar, z.B. die Pflicht zum Erwerb der Rechte für alle Gebiete, in denen der Erwerber empfangen werden will. 457 Für die Ersetzung des Territorialitätsprinzips durch das Universalitätsprinzip, das das Urheberrecht unabhängig von der Ausgestaltung des nationalen Rechts als einheitliches Ganzes sieht, Schack, Urhebervertragsrecht, Rn. 806 ff. 458 Schack, Urhebervertragsrecht, Rn. 798 ff. 459 Fromm/Nordemann-Nordemann, vor § 120, Rn. 2; EuGH, C-92/92 und C-326/92, Slg. 1993, 5145 – Phil Collins. 114 behandeln ist (z.B. §§ 120 ff. UrhG)460. Neben den Regelungen der §§ 120 ff. UrhG, die nur festlegen, wer sich in Deutschland auf das UrhG berufen kann, kennt das deutsche Urheberrecht keine ausdrückliche gesetzliche Regelung zum Kollisionsrecht. Die deutsche Rechtsprechung beurteilt das Urheberrecht in allen Fragen nach dem Recht des Schutzlands461. In ausländischen Normen finden sich zum Teil entsprechende Regelungen, so zum Beispiel in Österreich. § 34. Abs. 1 IPRG Österreich: „Das Entstehen, der Inhalt und das Erlöschen von Immaterialgüterrechten sind nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem eine Benützungs- oder Verletzungshandlung gesetzt wird.“ Eine entgegengesetzte Bestimmung findet sich zum Beispiel in Portugal, wo in Art. 48 Abs. 1 Código Civil das Recht des Ursprungslandes für maßgeblich erklärt wird. Die Rechtsprechung in Frankreich kam auf eine differenzierende Lösung und beurteilt einerseits die Frage der Entstehung des Urheberrechts nach dem Recht des Ursprungslands, andererseits die Frage nach seinem Inhalt nach dem Recht des Schutzlands462. In Deutschland gibt § 31 Abs. 1 S. 2 UrhG die Möglichkeit beliebiger räumlicher Aufspaltung des Senderechts463. Eine solche Praxis kann die von Art. 49 EGV garantierte Dienstleistungsfreiheit berühren. Eine Verletzung der Dienstleistungsfreiheit wurde jedoch 1980 vom EuGH in seiner Coditel I-Entscheidung464 abgelehnt. Ihre Beschränkung durch nationales Urheberrecht ist durch den Schutz des geistigen Eigentums gerechtfertigt465. Die Aufspaltung von Senderechten nach Territorien stellt eine Möglichkeit zum Schutze des Urheberrechts dar. Eine Erschöpfung des Urheberrechts trete bei wiederholbaren Vorführungen durch die Vergabe von räumlich begrenzten Nutzungsrechten – im Gegensatz zur Vergabe von Rechten zum körperlichen Inverkehrbringen urheberrechtlich geschützter Werke466 – nicht ein467. Die territoriale Aufspaltung durch den Rechteinhaber führt jedoch außerdem zu dem Problem, ob der Inhaber eines Immaterialgüterrechts durch die Ausübung des Rechts gegen Wettbewerbsrecht verstößt. In der Entscheidung Coditel II vom 6. Oktober 1982468 prüfte der EuGH, ob die Gewährung eines ausschließlichen, territorial begrenzten Senderechts eine unerlaubte Kartellabsprache nach Art. 81 EGV469 darstellt. Allein in der Einräumung eines solchen Rechts sah das Gericht noch keinen Fall des Art. 81 EGV. Eine territoriale Lizenz sei nicht 460 Schack, Urhebervertragsrecht, Rn. 795, 887; ob das Territorialitätsprinzip kollisionsrechtliche Aussagen trifft, ist strittig, dagegen Schack, a.a.O., Rn. 805, dafür Schricker-Katzenberger, vor § 120, Rn. 120. 461 OLG Hamburg GRUR 1979, 235; OLG Karlsruhe GRUR 1984, 521. 462 C.A. Paris GRUR Int. 1989, 937; ob Kollisionsregelungen aus internationalen Verträgen (z.B. Art. 5 RBÜ) herausgelesen werden können, ist strittig, vgl. Schack, Urhebervertragsrecht, Rn. 891 ff. 463 Schack, Urhebervertragsrecht, Rn. 127. 464 EuGH, Rs. 62/79, Slg. 1980, 881 – Coditel I. 465 Der Bericht der Europäischen Kommission über die Anwendung der Richtlinie 93/83/EWG des Rates zur Koordinierung bestimmter urheber- und leistungsschutzrechtlicher Vorschriften betreffend Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung, KOM(2002)430 endg. vom 26.7.2002 befasst sich nicht mit der Rechtsprechung des EuGH zur Vereinbarkeit der territorialen Rechtevergabe mit Art. 49 EGV, Christmann, MMR 10/2002, XI, XII. 466 EuGH, Rs. 78/70, Slg. 1971, 487 – Deutsche Grammophon. 467 Ebenso Fromm/Nordemann-Nordemann, § 17, Rn. 8; Schack, Urhebervertragsrecht, Rn. 389. 468 EuGH, Rs. 262/81, Slg. 1982, 3381 – Coditel II. 469 Entspricht Art. 85 EGV a.F. 115 geeignet, den Wettbewerb zu verhindern, einzuschränken oder zu verfälschen. Die Ausübung des Urheberrechts stelle grundsätzlich keinen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung im Sinn des europäischen Wettbewerbsrechts dar. Ein Missbrauch komme erst bei außergewöhnlichen Umständen in Betracht470. Solch außergewöhnliche Umstände nahm das Gericht bei dem Verhindern jeglichen Wettbewerbs auf dem Fernsehprogrammführermarkt an, das objektiv nicht zu rechtfertigen war471. Das Urheberrecht als Immaterialgüterrecht verhilft dem Urheber somit zu einem ausschließlichen Nutzungsrecht, das zu einer zulässigen Beschränkung des Wettbewerbs führt472. Die Aufteilung von Senderechten nach nationalem Urheberrecht könnte jedoch gegen europäisches Sekundärrecht verstoßen. Durch die urheberrechtlich relevanten Richtlinien wird jedoch kein EG-Urheberrecht geschaffen. Das Prinzip der Territorialität bleibt vielmehr bestehen. Der Urheber verfügt in der Europäischen Gemeinschaft über ein Bündel nationaler Urheberrechte an seinem Werk473. Um über Satelliten eine Sendung verbreiten zu können, müsste der Programmveranstalter eigentlich über die Senderechte für all diejenigen Empfangsländer verfügen, in denen durch die Ausstrahlung eine öffentliche Wiedergabe stattfindet474. Die Kabel- und Satellitenrichtlinie trifft in ihrem Art. 1 Abs. 2 lit. a, b, d (i) und (ii) jedoch die Entscheidung gegen diese Schlussfolgerung und für das Sendelandprinzip475. Art. 1 Abs. 2 lit. b) Kabel- und Satellitenrichtlinie: „Die öffentliche Wiedergabe über Satellit findet nur in dem Mitgliedstaat statt, in dem die programmtragenden Signale unter der Kontrolle des Sendeunternehmens und auf dessen Verantwortung in eine ununterbrochene Kommunikationskette eingegeben werden, die zum Satelliten und zurück zur Erde führt.“ Indem die Richtlinie in allen potenziellen Sendeländern der Gemeinschaft das Senderecht harmonisiert476, spielt es für die Frage nach dem Sendeland letztlich keine Rolle, welches nationale Recht laut internationalem Privatrecht anzuwenden ist. Der Richtlinie liegt nach Erwägungsgründen 3 und 4 das Bestreben zugrunde, die Verbreitung von Rundfunk über Satelliten zu fördern. Dass jede Ausstrahlung in ganz Europa zugänglich sein muss, folgt daraus noch nicht. Die Förderung der Satellitenverbreitung erschöpft sich vielmehr darin, den Rechteerwerb durch die Harmonisierung nationaler Normen zu erleichtern. Diese Auslegung der Richtlinie wird durch die ausdrückliche Betonung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit in 470 Bereits in der Entscheidung vom 13.7.1966 – EuGH, Rs. 56/64, Slg. 1966, 321 – Grundig/Consten, stellte der EuGH fest, dass der reine Bestand eines Schutzrechtes noch nicht gegen EG-Recht verstoße, es komme vielmehr auf die Umstände der Ausübung an. In der Entscheidung Magill vom 6.4.1995 – EuGH, C241/91, Slg. 1995, I-743 – Magill, gibt der EuGH diese Zweiteilung der Prüfung auf, danach stellt auch die Ausübung des Urheberrechts grundsätzlich kein missbräuchliches Verhalten i.S.d. Art. 82 EGV dar. Mailänder, ZUM 2002, 706. 471 S. EuGH, C-241/91, Slg. 1995, I-743 – Magill, und EuGH, C- 7/97, Slg. 1998, I-7791 – Bronner. 472 S. hierzu auch Schlussantrag Gulmann, Slg. 1995, I-743 – Magill, Rn. 11. 473 Schack, Urhebervertragsrecht, Rn. 127. 474 Sog. Bogsch-Theorie – s. zu dieser z.B. Schack, Urhebervertragsrecht, Rn. 932; Walter-Dreier, Satellitenund Kabel-RL, vor Art. 1, Rn. 10.; Castendyk/Albrecht, GRUR Int. 1993, 300. 475 Walter-Dreier, Satelliten- und Kabel-RL, vor Art. 1, Rn. 22; Art. 1, Rn. 7. 476 Schwarze, MMR 2000, 779, 793f; Walter-Dreier, Satelliten- und Kabel-RL, Art. 1, Rn. 7. 116 Erwägungsgrund 16 gestützt. Der Bericht der Kommission über die Anwendung der Kabelund Satellitenrichtlinie vom 26. Juli 2002477 führt aus: Bericht der Europäischen Kommission KOM(2002)430 endg., vom 26.7.2002, S. 7: „Demnach ist das Recht des Mitgliedstaats anzuwenden, in dem die programmtragenden Signale ausgestrahlt werden, wobei sich seine Anwendung über die Staatsgrenzen hinaus auch auf die Mitgliedstaaten erstreckt, in denen die Signale empfangen werden ... . Durch diesen Grundsatz wird die kumulative Anwendung verschiedener nationaler Rechtsvorschriften entsprechend den im Ausleuchtbereich des Satelliten liegenden Mitgliedstaaten verhindert.“ Von der Frage, an welchem Ort die öffentliche Wiedergabe im Sinn des Urheberrechts stattfindet, ist die Frage zu unterscheiden, ob und wie der Rechteinhaber Lizenzen aufteilen und beschränken kann478. Der Bericht der Kommission über die Anwendung der Kabel- und Satellitenrichtlinie bezeichnet die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht als insgesamt zufriedenstellend, „die Beteiligten“ wendeten das nationale Recht im Bereich der Satellitenverbreitung jedoch nicht nach dem in Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie enthaltenen Grundsatz des Ursprungslands an479. Die Praxis der Zersplitterung von Senderechten nach den Territorien der Mitgliedstaaten widerspreche dem Grundsatz der Richtlinie. Der Zugang des Zuschauers zu Programmen werde etwa behindert, wenn ein Zuschauer ein Pay-TV-Programm aus einem anderen Mitgliedstaat abonnieren wolle, der Programmveranstalter jedoch mit der Begründung ablehne, die entsprechenden Senderechte nicht zu besitzen480. Bericht der Europäischen Kommission KOM(2002)430 endg., vom 26.7.2002, S. 8: „In der Praxis widerspricht die Übertragung der Rechte auf einzelstaatlicher Basis, die eine Zersplitterung des Markts bewirkt, dem Grundsatz der Richtlinie. ... Unabhängig davon, ob die Verbreitung frei empfangbar oder kodiert erfolgt, muss der Ausleuchtbereich als Grundlage für die Verwertung der Rechte dienen.“ Eine exklusive territoriale Vergabe mit dinglicher Wirkung ist nach dem in Art. 1 Abs. 2 Kabel- und Satellitenrichtlinie verankerten Sendelandprinzip nicht mehr möglich481. Zum Teil wird vertreten, dies schließe eine schuldrechtliche Abrede, die die unverschlüsselte Ausstrahlung für bestimmte Gebiete untersage, nicht aus482. Führt eine solche Abrede jedoch zur Zugangsverweigerung selbst bei Zahlungsbereitschaft, kann dem nicht gefolgt werden. Der Kommissionsbericht wendet sich ausdrücklich gegen eine Anwendung nationalen Rechts, mit der der grenzüberschreitende Zugang des Zuschauers zu Programmen beeinträchtigt wird. 477 Bericht der Europäischen Kommission über die Anwendung der Richtlinie 93/83/EWG des Rates zur Koordinierung bestimmter urheber- und leistungsschutzrechtlicher Vorschriften betreffend Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung, KOM(2002)430 endg., vom 26.7.2002. 478 § 20a UrhG, der der Umsetzung der Kabel- und Satellitenrichtlinie dient, befindet sich systematisch unter den Vorschriften über die öffentliche Wiedergabe. § 31 Abs. 1 S. 2 UrhG, der die beliebige Beschränkung der Nutzungsrechte gestattet, findet sich in den Vorschriften zum Rechtsverkehr. 479 Bericht der Europäischen Kommission über die Anwendung der Richtlinie 93/83/EWG des Rates zur Koordinierung bestimmter urheber- und leistungsschutzrechtlicher Vorschriften betreffend Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung, KOM(2002)430 endg., vom 26.7.2002, S. 6f. 480 Bericht der Europäischen Kommission über die Anwendung der Richtlinie 93/83/EWG des Rates zur Koordinierung bestimmter urheber- und leistungsschutzrechtlicher Vorschriften betreffend Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung, KOM(2002)430 endg., vom 26.7.2002, S. 7f. 481 Walter-Dreier, Satelliten- und Kabel-RL, Art. 1, Rn. 17; Diesbach, ZUM 2002, 680, 688. 482 Diesbach, ZUM 2002, 680, 688, a.A. Kreile/Becker, GRUR Int. 1994, 901. 117 Aus dem Umstand, dass eine Sendung nur nach dem Recht des Sendelands rechtmäßig sein muss, kann jedoch nicht gefolgert werden, dass es genügen müsse, die Senderechte nur für das Territorium zu erwerben, von dem aus gesendet wird483. Für eine solche Auslegung der Kabel- und Satellitenrichtlinie spricht zwar, dass sie die Verbreitung von Rundfunk über Satellit fördern will484. Auch nennt die Richtlinie in Erwägungsgrund 16 nur Beispiele für Beschränkungen, die nicht die territoriale Aufteilung der Senderechte betreffen: Kabel- und Satellitenrichtlinie Erwägungsgrund 16: „Der Grundsatz der Vertragsfreiheit, auf den sich diese Richtlinie stützt, gestattet weiterhin eine Einschränkung der Verwertung dieser Rechte, insbesondere was bestimmte Übertragungstechniken oder bestimmte sprachliche Fassungen anbelangt.“ Andererseits sind diese Einschränkungen nur beispielhaft genannt und in Erwägungsgrund 19 wird die Aufteilung von Nutzungsrechten nach territorialen Gesichtspunkten erwähnt, ohne sie zu beanstanden485. Auch fordert die Förderung des Satellitenrundfunks nicht eine solch starke Einschränkung der Vertragsfreiheit. Vielmehr kann diese bereits durch die Harmonisierung der relevanten Vorschriften erfolgen. Der Kabel- und Satellitenrichtlinie kann daher weder ausdrücklich noch implizit entnommen werden, dass sie die Vergabe von Senderechten für ein bestimmtes Territorium verbietet. Ein Free-Flow-Gedanke dergestalt, dass den Rechteinhabern eine territoriale Beschränkung nicht möglich sein soll, kann der Kabel- und Satellitenrichtlinie nicht entnommen werden486. Ebenso wenig fordert die Richtlinie, dass Senderechte nur noch für den gesamten Ausstrahlungsbereich vergeben werden können487. Eine solche Regelung ist dem Wortlaut nicht zu entnehmen. Sie würde zu einer starken Einschränkung der Vertragsfreiheit führen und hätte erhebliche Nachteile für den Rechtehandel, weil die Senderechte für die gesamte Gemeinschaft im Regelfall erheblich teurer wären als die Rechte für einen bestimmten Mitgliedstaat. Ohne ausdrückliche Anordnung kann ein solch harter Eingriff nicht angenommen werden. Ihre Grenze findet eine freie vertragliche Beschränkung von Senderechten jedoch in der Behinderung grenzüberschreitenden Zugangs zu Inhalten, sobald die Behinderung mit fehlenden Senderechten begründet wird. Ist ein gemeinschaftsweiter Zugang des Zuschauers zu allen in der Gemeinschaft ausgestrahlten Inhalten gewährleistet, steht einer Vergabe nach Territorien aber nichts im Weg. Eine territoriale Exklusivität schließt dies freilich aus. Sind die Zuschauer über Verschlüsselungssysteme einzeln ansprechbar, ergeben sich daraus für den Urheber nicht notwendig finanzielle Nachteile bei der Verwertung. 483 Rumphorst, GRUR Int. 1992, 910, 910 ff.; derselbe, GRUR Int. 1993, 934, 934f. A.A. Walter-Dreier, Satelliten- und Kabel-RL, Art. 1, Rn. 8; Mailänder, ZUM 2002, 706, 714; Castendyk/Albrecht, GRUR Int. 1993, 300. 484 Erwägungsgründe 3 und 4 der Kabel- und Satellitenrichtlinie. Walter-Dreier, Satelliten- und Kabel-RL, Art. 1, Rn. 12. 485 S. hierzu auch Diesbach, ZUM 2002, 680, 688. 486 S. Diesbach, ZUM 2002, 687f.; derselbe, zitiert in Zorn, K&R 2003, 130, 131; Rumphorst, GRUR Int. 1992, 910, 910 ff.; derselbe, GRUR Int. 1993, 934, 934f.; OLG Stuttgart ZUM 2003, 146. 487 S. Diesbach, ZUM 2002, 680, 687 ff.; Schwarze, MMR 2000, 779, 793f. 118 3.3.5.1.4 Verschlüsselung Die Veröffentlichung oder Verwertung einer Bearbeitung oder Umgestaltung eines Werks unterliegt nach Art. 12 RBÜ488, § 23 Satz 1 UrhG dem Zustimmungserfordernis des Urhebers. Bei der Verschlüsselung bleibt der Inhalt des Werks jedoch unberührt, sie ist daher nicht als Umgestaltung im Sinn des § 23 Satz 1 UrhG anzusehen489. Dieses Ergebnis hindert Lizenzvertragsparteien jedoch nicht, Abreden zur verschlüsselten Sendung zu treffen. Die Kommission erkannte bereits in ihrem Grünbuch „Der rechtliche Schutz verschlüsselter Dienste im Binnenmarkt“ vom 6. März 1996 an, dass sich Urheberrechtsinhaber zum Schutz ihrer Nutzungsrechte der Verschlüsselung bedienen490. 3.3.5.2 Vertragspraxis Mit dem Sendevertrag erlaubt der Urheber dem Sendeunternehmen, sein Werk zu Rundfunkzwecken zu nutzen491. Bei der Rechtevergabe unterscheidet die Praxis nach Fiction- und NonFiction-Inhalten. Im Bereich Fiction (z.B. Spielfilme) werden ausschließliche Rechte für ein bestimmtes Territorium verkauft. Ist die Ausstrahlung in angrenzenden Gebieten des gleichen Sprachraums zu empfangen, werden Senderechte teilweise nur mit der Verpflichtung zur Verschlüsselung vergeben, oder für die größere Reichweite ein Aufpreis vereinbart. Je nach dem Größenverhältnis der in Frage stehenden Zuschauerzahlen fällt ein Aufpreis nicht ins Gewicht. Zum Teil verkauft der Erstkäufer die Rechte auch an Abnehmer in angrenzenden Gebieten weiter. Können Fiction-Inhalte in Gebieten anderer Sprachräume empfangen werden, hindert das die wirtschaftliche Verwertung in der Regel nicht, da das Interesse der Zuschauer an den meisten fremden Sprachfassungen gering ist492. Werden Lizenzen für ein bestimmtes (Sprach-)Gebiet vergeben, ohne dass Abreden über den Overspill in anderen Sprachgebiete getroffen werden, ist davon auszugehen, dass die Parteien den Overspill stillschweigend tolerieren. Neben der territorialen Beschränkung werden Rechte im Bereich Fiction quantitativ, etwa für eine bestimmte Anzahl an Ausstrahlungen, oder zeitlich, etwa im Hinblick auf eine Verwertungskette (Kino – Video/DVD – Pay-TV – Free-TV), beschränkt. Im Bereich Non-Fiction gibt es so gut wie keine exklusiven Verkäufe, gehandelt werden ausschließlich bestimmte Zeitfenster, in denen etwa ein bestimmter Filmbeitrag gesendet werden darf. Einen Sonderfall stellen Sportrechte dar. Attraktiv ist hier in besonderem Maße die LiveÜbertragung. Dennoch ist die Aufteilung zwischen der Erstverwertung im Pay-TV und der Zweitverwertung im Free-TV üblich. Die Sprache spielt eine untergeordnete Rolle. In diesem 488 Zur Auslegung Schack, Urhebervertragsrecht, Rn. 423 ff. 489 S. Fromm/Nordemann-Nordemann § 16 Rn. 2. 490 Grünbuch der Kommission „Der rechtliche Schutz verschlüsselter Dienste im Binnenmarkt“, KOM (96) 76 endg., vom 6.3.1996. Zur kartellrechtlichen Zulässigkeit eines Verschlüsselungsverlangens Mailänder, ZUM 2002, 706, der insbesondere das Verbot wettbewerbsbeschränkender Verwendungsbindung, der Diskriminierung von Programmveranstaltern und Zuschauern, des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung und der Vereinbarung zur Marktabschottung nennt. Das Verschlüsselungsverlangen der KirchGruppe für die digitale Satellitenausstrahlung der Fußball WM 2002 sieht Mailänder insofern als problematisch an, als die KirchGruppe so ihre Stellung auf dem benachbarten Markt des Pay-TV stärken wollte. 491 Schack, Urhebervertragsrecht, Rn. 1075 ff. 492 Diesbach, ZUM 2002, 680, 682; Hauptmann, ZUM 2002, 698, 703; Castendyk, Das Urheberrecht und sein Einfluss auf die Gestaltung der digitalen Satellitenübertragung, in: LfM (Hrsg.), 4. Medienrechtskolloquium, Berlin 2003, i.E. 119 Zusammenhang sind die Listenregelungen der Art. 3a Fernsehrichtlinie und § 5a RStV zu nennen: Art. 3a Abs. 1 Fernsehrichtlinie gestattet den Mitgliedstaaten, Maßnahmen gegen Fernsehveranstalter bzw. Rechteinhaber zu ergreifen, durch die bestimmte Ereignisse mit erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung in das frei zugängliche Fernsehen gezwungen werden. Voraussetzung ist eine Liste der als bedeutend erachteten Ereignisse. Art. 3a Abs. 3 der Richtlinie regelt den grenzüberschreitenden Sachverhalt. Er verpflichtet zur Durchsetzung des Listenprinzips gegenüber den der eigenen Rechtshoheit unterliegenden Fernsehveranstaltern in Bezug auf das für einen anderen Mitgliedstaat ausgestrahlte Programm gemäß der dort gültigen Liste493. Fernsehrichtlinie Art. 3a: „(1) Jeder Mitgliedstaat kann im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht Maßnahmen ergreifen, mit denen sichergestellt werden soll, daß Fernsehveranstalter, die seiner Rechtshoheit unterliegen, nicht Ereignisse, denen der betreffende Mitgliedstaat eine erhebliche gesellschaftliche Bedeutung beimißt, auf Ausschließlichkeitsbasis in der Weise übertragen, daß einem bedeutenden Teil der Öffentlichkeit in dem Mitgliedstaat die Möglichkeit vorenthalten wird, das Ereignis im Wege direkter oder zeitversetzter Berichterstattung in einer frei zugänglichen Fernsehsendung zu verfolgen. ... (3) Die Mitgliedstaaten stellen im Rahmen des innerstaatlichen Rechts durch geeignete Maßnahmen sicher, daß die ihrer Rechtshoheit unterliegenden Fernsehveranstalter die von ihnen nach der Veröffentlichung dieser Richtlinie erworbenen ausschließlichen Rechte nicht in der Weise ausüben, daß einem bedeutenden Teil der Öffentlichkeit in einem anderen Mitgliedstaat die Möglichkeit vorenthalten wird, die von diesem anderen Mitgliedstaat gemäß den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Ereignisse ... zu verfolgen, wie dies von dem anderen Mitgliedstaat gemäß Absatz 1 festgelegt worden ist.“ Im deutschen Recht ist die Regelung in § 5a RStV umgesetzt494. § 5a Abs. 1 RStV: „Die Ausstrahlung im Fernsehen von Ereignissen von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung (Großereignisse) in der Bundesrepublik Deutschland verschlüsselt und gegen besonderes Entgelt ist nur zulässig, wenn der Fernsehveranstalter selbst oder ein Dritter zu angemessenen Bedingungen ermöglicht, dass das Ereignis zumindest in einem frei empfangbaren und allgemein zugänglichen Fernsehprogramm in der Bundesrepublik Deutschland zeitgleich oder, sofern wegen parallel laufender Einzelereignisse nicht möglich, geringfügig zeitversetzt ausgestrahlt werden kann. Besteht keine Einigkeit über die Angemessenheit der Bedingungen, sollen die Parteien rechtzeitig vor dem Ereignis ein schiedsrichterliches Verfahren nach §§ 1025 ff. der Zivilprozessordnung vereinbaren; kommt die Vereinbarung eines schiedsrichterlichen Verfahrens aus Gründen, die der Fernsehveranstalter oder der Dritte zu vertreten haben, nicht zustande, gilt die Übertragung nach Satz 1 als nicht zu angemessenen Bedingungen ermöglicht. Als allgemein zugängliches Fernsehprogramm gilt nur ein Programm, das in mehr als zwei Drittel der Haushalte tatsächlich empfangbar ist.“ Für Deutschland ist eine Verschlüsselung der Zweitsendung ausgeschlossen, solange nicht mehr als zwei Drittel der Haushalte über die tatsächliche Möglichkeit verfügen, das Sendesignal zu entschlüsseln. Ob dies auch für die Satellitenübertragung gilt, ist jedoch fraglich, weil 493 S. auch das „Diskussionspapier Überprüfung der Richtlinie ‚Fernsehen ohne Grenzen‘“ der Kommission zur öffentlichen Anhörung am 4.4.2003, abrufbar unter http://europa.eu.int/comm/avpolicy/regul/reviewtwf2003/twf2003-theme1_de.pdf, abgerufen am 27.3.2003. 494 Zur Umsetzung von Art. 3a Fernsehrichtlinie s. Helberger, AfP 2002, 292. 120 der Ausstrahlungsbereich weit über den deutschsprachigen Raum hinaus geht. Allerdings würde eine Verschlüsselung der Satellitenübertragung dazu führen, dass die meisten der ca. 10 Mio. Haushalte in Deutschland, die das Satellitensignal direkt empfangen, von diesem Großereignis ausgeschlossen wären. Dies würde der Intention des § 5a RStV widersprechen. Daher muss das Kriterium der angemessene Bedingung im Sinn des § 5a RStV dahin gehend verstanden werden, dass der Konflikt zwischen der gewünschten unverschlüsselten Verbreitung in Deutschland und der über Deutschland oder den deutschsprachigen Raum hinausgehenden tatsächlichen Verbreitung über andere Maßnahmen gelöst wird als dem Verlangen, die Satellitensignale zu verschlüsseln495. Ein Beispiel für ein Verschlüsselungsverlangen für die Ausstrahlung über Satellit ist der Streit um die Ausstrahlung der Fußball WM 2002496. ARD und ZDF hatten von der KirchGruppe Live-Ausstrahlungsrechte in einem bestimmten Umfang für Deutschland erworben. Unstreitig umfasste die Lizenz die unverschlüsselte Verbreitung über Kabel und Terrestrik. ARD und ZDF planten auch die analoge und digitale Satellitenausstrahlung, die europaweit zu empfangen gewesen wäre. Die KirchGruppe hatte sich jedoch gegenüber Lizenznehmern in anderen Staaten verpflichtet, deren exklusive Ausstrahlung durch solche Empfangsmöglichkeiten nicht zu gefährden. Insbesondere der spanische Rechteerwerber und Pay-TV-Anbieter Vía Digital wehrte sich gegen eine unverschlüsselte Satellitenverbreitung. Die praktische Lösung des Problems löste die rechtlichen Fragen nicht. Vía Digital tolerierte die analoge Ausstrahlung und damit die Empfangsmöglichkeit für spanische analoge Satellitenhaushalte und erhielt im Gegenzug einen Preisnachlass beim Erwerb der Rechte für die WM 2006. Bei der digitalen Ausstrahlung über Satellit kam es zu keiner gemeinsamen Lösung. Das gegenüber ARD und ZDF vorgetragene Angebot, die KirchGruppe von eventuellen Schadensersatzforderungen ausländischer Lizenznehmer freizustellen, lehnten ARD und ZDF ab. Eine digitale Satellitenausstrahlung der WM erfolgte nicht. Der Versuch eines Zuschauers mit digitalem Satellitenempfänger, die ARD zur digitalen Ausstrahlung per einstweiliger Verfügung zu verpflichten, schlug fehl497. Die analoge Ausstrahlung wird mit fortschreitender Digitalisierung an Relevanz verlieren. Beispielsweise verständigten sich ARD, ORB, SFB, ZDF, ProSiebenSat.1 und RTL sowie die Medienanstalt Berlin-Brandenburg am 13. Februar 2002 darauf, den terrestrischen Fernsehempfang in Berlin bis Mitte 2003 auf das digitale DVB-T-Format umzustellen498. Eine ähnliche Entwicklung zeichnet sich in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Köln/Bonn und im Ruhrgebiet ab. Laut einem Beschluss des Bundeskabinetts vom 24. August 1998 soll DVB-T bis 2010 bundesweit eingeführt sein499. 495 A.A. Diesbach, ZUM 2002, 680, 691, der ein nichtdiskriminierendes Verschlüsselungsverlangen als eine angemessene Bedingung ansieht. S. Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht-Altes, RStV, § 5a, Rn. 99 ff. 496 Hauptmann, ZUM 2002, 698, 700; Hege, Zugangsoffenheit, S. 45 ff. 497 Beschluss VG Köln vom 4.6.2002, Az. 6 L 1308/02, dazu Müßig, IRIS 2002-8: 8. 498 Am 31.10.2002 wurde im Ballungsraum Berlin-Brandenburg die erste Umstellungsphase eingeleitet, indem zwei bisher analog genutzte Kanäle für DVB-T in Betrieb genommen wurden. Pressemitteilung der MABB vom 31.10.2002, http://www.mabb.de/start.cfm?content=Presse&template=pressemeldungsanzeige&id=573, abgerufen am 7.11.2002. Die zweite Phase begann am 28.2.2003, Pressemitteilung der MABB vom 26.2.2003, http://www.mabb.de/start.cfm?content=presse&template=pressemeldungsanzeige&id=600, abgerufen am 3.3.2003. Zur Entwicklung auch Hege, Lagebericht, S. 118 ff. 499 Müßig, IRIS 2002-4: 6. 121 3.3.5.3 Fazit Das Konzept des Fernsehens ohne Grenzen ist zum einen wirtschaftlich motiviert, Ziel ist der freie Dienstleistungsverkehr. Zum anderen spielt der kulturelle Aspekt einer europäischen Rundfunklandschaft eine Rolle. Der grenzüberschreitende Zugang zu Inhalten ist geeignet, eine europäische Identität zu fördern. Die Frage, welche Rechtsprobleme in der gegenwärtigen Praxis durch das Urheberrecht nicht gelöst sind, ist dahingehend zu beantworten, dass sich zurzeit alle aufkommenden rechtlichen Probleme vertraglich lösen lassen, und in der Praxis auch gelöst werden. Gesetzliche Regelungslücken, die das Vertragsrecht schließen müsste, gibt es nicht500. Nach dem Bericht der Kommission über die Anwendung der Kabelund Satellitenrichtlinie vom 26. Juli 2002501 wird nationales Recht zum Teil nicht richtlinienkonform angewendet. Danach dürfte im deutschen Recht § 31 Abs. 1 S. 2 UrhG, der dem Urheber die beliebige, auch territoriale, Beschränkung von Nutzungsrechten gestattet, nicht mehr so ausgelegt werden, dass es zu Zugangsverweigerungen im europäischen Binnenmarkt kommen kann, die auf fehlenden Senderechten beruhen. Weitere Konsequenzen für die Beschränkung von Senderechten ergeben sich aus dem Sendelandprinzip der Kabel- und Satellitenrichtlinie jedoch nicht. Sichert man den gemeinschaftsweiten Zugang, bleibt die Vergabe nach Territorien möglich, wenn auch nicht mehr exklusiv. Das Urheberrecht sieht derzeit keine Möglichkeiten vor, aus Gründen der Vielfalt bestimmte Inhalte in den Rundfunk zu zwingen. Lediglich das Rundfunkrecht sieht in Art. 3a Fernsehrichtlinie und § 5a RStV Listenregelungen für nationale Ereignisse vor. Daneben ist auf Anbieter von Senderechten das Wettbewerbsrecht anwendbar. Auch der Zugang zu bestimmten Programminhalten oder zu einem breit gefächerten Angebot an Inhalten im Sinn der Vielfaltssicherung ist derzeit im Urheberrecht nicht verortet. Die allen Güterrechten immanenten Beschränkungen zugunsten des Allgemeinwohls finden sich zwar auch im Urheberrecht (§§ 45 ff. UrhG), enthalten jedoch keine Regelung des Zugangs im Rundfunkbereich. 3.3.6 Zusammenfassung Wettbewerbsrechtlich verbietet das Gemeinschaftsrecht, einzelne Unternehmen auf dem Markt für Kommunikationsdienstleistungen zu bevorzugen. Das Recht auf chancengleichen Zugang ist bereits in einigen sektorspezifischen Vorschriften enthalten. Es kann nach hier vertretener Auffasung gegenüber Anbietern von Übertragungskapazitäten bestehen und betrifft daher nicht nur Dekoder, Navigatoren und die Bündelung und Vermarktung von Programmen. Das neue Richtlinienpaket verpflichtet die Mitgliedstaaten, das freie Aushandeln von Zugangsvereinbarungen zwischen Anbietern von Kommunikationsnetzen oder Zugangsberechtigungsdiensten zu gewährleisten502, sieht jedoch auch die Möglichkeit der nationalen Regulierungsbehörden vor, den Betreibern Zugangsverpflichtungen aufzuerlegen503. Dies gilt auch für „zugehörige Dienste“ wie EPG, API504. Der einzige API-Standard, der die Anforderungen des Art. 18 Abs. 1 Rahmenrichtlinie erfüllt, ist derzeit MHP. Die Frage, ob Pro- 500 Auch das Beispiel der Satellitenausstrahlung der WM 2002 durch ARD und ZDF bildet hier keine Ausnahme. Denn es lag keine urheberrechtliche, sondern eine vertragliche Lücke vor. 501 Bericht der Europäischen Kommission über die Anwendung der Richtlinie 93/83/EWG des Rates zur Koordinierung bestimmter urheber- und leistungsschutzrechtlicher Vorschriften betreffend Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung, KOM(2002) 430 endg., vom 26.7.2002. 502 Art. 3 Abs. 1 Zugangsrichtlinie, Erwägungsgrund Nr. 5 Zugangsrichtlinie. 503 Art. 4 ff. Zugangsrichtlinie. 504 S. Art. 5 Abs. 1 b) i.V.m. Anhang I Teil II der Zugangsrichtlinie. 122 grammveranstalter Rechte auf Zugang zu einem bestimmten Verbreitungsweg aus Art. 4 i.V.m. Art. 5 Abs. 1 Unterabsatz 2 und/oder Abs. 4 Zugangsrichtlinie herleiten können, wird vom Richtlinienpaket zwar nicht ausdrücklich beantwortet. Ebensowenig, ob sich ein entsprechender Anspruch, in Abhängigkeit von der Feststellung der Marktgegebenheiten durch die nationalen Regulierungsbehörden, u.U. aus den Art. 8 ff. Zugangsrichtlinie herleiten lässt. Die Untersuchung hat jedoch gezeigt, dass den Programmveranstaltern über die den nationalen Regulierungsbehörden aus Art. 5 Abs. 1 Unterabsatz 2 Zugangsrichtlinie und den Mitgliedstaaten aus Art. 5 Abs. 4 Zugangsrichtlinie auferlegten Verpflichtungen möglicherweise schützenswerte Rechtspositionen eingeräumt werden. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, ihre Regulierungsbehörden so zu stellen, dass diese die ihnen an die Hand gegebenen Instrumente nutzen können, um den Zugang des Programmveranstalters zu den Verbreitungswegen sicherzustellen. Programmveranstalter oder Plattformanbieter, die Zugang zum ASTRA- oder Eutelsat-Satellitensystem begehren, können darüber hinaus (indirekt) von den Must-CarryVorschriften des Art. 31 Abs. 1 Universaldienstrichtlinie profitieren. Daneben kann sich Programmveranstaltern der Zugang zum Verbreitungsweg Satellit aus allgemeinen Wettbewerbsregelungen eröffnen. Dies hängt im Einzelfall von der Situation am Markt und dabei insbesondere von der Marktabgrenzung ab. Mit Blick darauf, dass die Satelliteninfrastruktur eine wesentliche Einrichtung für Rundfunkveranstalter und Plattformanbieter darstellen kann, lässt sich aus dem Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung im Lichte der essential-facilities-Doktrin die Verpflichtung herleiten, Zugang zu angemessenen Bedingungen einzuräumen. Im Verfahren zur Bestimmung des Vorliegens beträchtlicher Marktmacht nach dem neuen Richtlinienpaket (sektorspezifisches Wettbewerbsrecht) kommt der Kommission durch den Erlass von Empfehlungen und Leitlinien nach Art. 15 Abs. 1 und 2 Rahmenrichtlinie besonderes Gewicht zu. Die Beurteilung, ob ein Unternehmen über beträchtliche Marktmacht verfügt, obliegt nach Art. 15 Abs. 3 und 16 Abs. 1 Rahmenrichtlinie den nationalen Regulierungsbehörden, die jedoch die Leitlinien und Empfehlungen der Kommission „weitestgehend zu berücksichtigen“ haben. Hinzu kommen umfangreiche Vorgaben zur Ausgestaltung der nationalen Behörden505, so dass der nationale gesetzgeberische Spielraum für den Bereich des Wettbewerbsrechts gering bleibt. Urheberrechtliche Belange werden tangiert, wenn im Rundfunk urheberrechtlich geschützte Inhalte verbreitet werden sollen. Dies ist beim überwiegenden Teil der Sendeinhalte der Fall. Das Urheberrecht ist ein Ausschließlichkeitsrecht, ein absolutes Recht, das dem Urheber die freie Entscheidung überlässt, ob, wem und wie er die Nutzung seines Werks gestattet. Durch die Ausübung der Urheberrechte kann also die Verbreitung behindert werden. Ein besonderes Problem bei der Satellitenausstrahlung ist das der Territorialität. Urheberrechte bestehen jeweils national, dem Urheber steht also ein Bündel an national begrenzten Rechten zu. Die Satellitenausstrahlung ist dagegen europaweit ausgerichtet. Dies stellt sich dann als Problem dar, wenn Senderechte nicht europaweit, sondern, wie in der Vertragspraxis üblich, nach nationalen Grenzen vergeben werden. Das in Art. 1 Abs. 2 b) Kabel- und Satellitenrichtlinie aufgenommene Sendelandprinzip bestimmt, dass die öffentliche Wiedergabe einer Satellitensendung nur in dem Land stattfindet, von dem sie ausgeht. Der Ort der öffentlichen Wiedergabe hat dagegen keine Auswirkungen auf die Frage, ob und nach welchen Kriterien der Rechteinhaber Lizenzen aufteilen und beschränken kann. Mit den Grundgedanken des Binnenmarktes ist es jedoch nur schwer vereinbar, dass dem (zahlungswilligen) Zuschauer der Zugang zu Inhalten mit dem Argument verwehrt wird, es bestünden 505 Art. 3 ff. und 8 ff. Rahmenrichtlinie. 123 keine Senderechte für das Territorium seines Wohnsitzlandes. Das Urheberrecht sieht derzeit außerhalb der rundfunkrechtlichen Listenregelung in Art. 3a Fernsehrichtlinie506 keine Möglichkeiten vor, bestimmte Inhalte in den Rundfunk zu zwingen. 506 In Deutschland umgesetzt in § 5a RStV. 124 3.4 Regelungen in anderen Staaten Nachfolgend sollen die rechtlichen Rahmenbedingungen einiger Beispielsländer in Bezug auf die Satellitenverbreitung von Rundfunk, sowie deren Bedeutung für ein zukünftiges Regulierungsmodell untersucht werden. Herangezogen werden die Rechtsordungen zunächst der Schweiz, die nicht EU-, aber EWR-Mitglied ist und über ein interessantes Reformvorhaben verfügt, des EU-Mitgliedstaats Österreich, dessen Rechtssystem mit dem deutschen einen gewissen Verwandtschaftsgrad aufweist, folgend Frankreichs, Spaniens und Großbritanniens, des Beitrittskandidaten Polen und außereuropäisch der USA. Dabei wird in einem ersten Schritt die rechtliche Ausgangssituation des Satellitenmarktes in den einzelnen Ländern dargestellt507. An diese Beschreibung schließt sich eine Gesamtbetrachtung an, in der Gemeinsamkeiten oder Trends dargestellt werden, die für ein zukünftiges Regulierungsmodell wegweisend sein könnten. Fraglich ist, ob urheberrechtlichen Bestimmungen auch im hiesigen Kontext von Interesse sein könnten. Wie unter 3.3.4.1.3 heraus gearbeitet, ist nach dem urheberrechtlichen Territorialitätsprinzip die räumliche Wirkung des Urheberrechts beschränkt, jeder Staat gewährt Urheberrechte innerhalb seines Staatsgebietes. Der Urheberschutz auf internationaler Ebene stellt ein Bündel an selbständigen nationalen Rechten dar508. Im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft wird das nationale Urheberrecht durch die Richtlinie 2001/29/EG harmonisiert509, auf internationaler Ebene verpflichtet die RBÜ zur Gewährung bestimmter Mindestrechte510. Hier von Interesse ist jedoch die Rechtslage bei der Satellitenverbreitung urheberrechtlich geschützter Werke über Grenzen hinweg511. Insoweit ist für den Bereich des Urheberrechts auf die Ausführungen in den Kapiteln 3.3.4 und 7 zu verweisen. Soweit erforderlich oder angezeigt, soll vorliegend nurmehr auf urheberrechtliche Besonderheiten im weiteren Sinne, wie z.B. Vorschriften zur Kurzberichterstattung, eingegangen werden. 507 Ausführungen zu den nationalen Marktlagen finden sich oben unter 2.2.1. 508 Schack, Urhebervertragsrecht, Rn. 798ff. 509 Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22.5.2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft, ABl. L 167/10 vom 22.6.2001; die Richtlinie ist bis zum 21.12.2002 umzusetzen, Art. 13 Abs. 1. 510 Dazu oben 3.3.4.1. 511 Eine entsprechende Regelung findet sich in der Kabel- und Satellitenrichtlinie (Richtlinie 93/83/EWG des Rates vom 27.9.1993 zur Koordinierung bestimmter urheber- und leistungsschutzrechtlicher Vorschriften betreffend Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung, ABl. L 248/15, vom 6.10.1993, Art. 1 und 2). Zur Umsetzung in nationales Recht schreibt der Bericht der Europäischen Kommission über die Anwendung der Richtlinie 93/83/EWG des Rates zur Koordinierung bestimmter urheber- und leistungsschutzrechtlicher Vorschriften betreffend Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung, KOM(2002) 430 endg., vom 26.7.2002, S. 5: “Die Bestimmungen der Artikel 2 und 3 der Richtlinie, die die Übertragung der Urheberrechte und verwandten Schutzrechte für den Satellitenrundfunk regeln, wurden in allen Mitgliedstaaten korrekt in nationales Recht umgesetzt.” Zur Anwendung des Sendelandprinzips in den Mitgliedstaaten jedoch oben 3.3.4.1.3. 125 3.4.1 Rechtslage in den einzelnen Beispielsländern 3.4.1.1 Schweiz 3.4.1.1.1 Rechtliche Rahmenbedingungen 3.4.1.1.1.1 Verfassungsrechtliche Vorgaben In der neuen Bundesverfassung der schweizerischen Eidgenossenschaft (BV), die am 1. Januar 2000 in Kraft getreten ist, sind für den Rundfunk relevant512: Art. 16 (Meinungs- und Informationsfreiheit), Art. 17 (Medienfreiheit) und Art. 93 (Radio und Fernsehen) BV. Art. 16 und 17 BV kodifizieren die Meinungs- und Informationsfreiheit, die bisher als Teilgehalt der Pressefreiheit in der alten Verfassung verankert war. Die Verfassungsbestimmung über Radio und Fernsehen enthält einen Leistungsauftrag an ein Rundfunksystem, in dem Radio und Fernsehen zur Bildung und kulturellen Entfaltung, zur freien Meinungsbildung und zur Unterhaltung beitragen soll. Zudem sollen die Ereignisse sachgerecht und vielfältig dargestellt werden. Ausdrücklich gewährleistet wird auch die Autonomie in der Programmgestaltung. Der Rundfunk hat aber auf die Stellung und Aufgabe anderer Medien, vor allem der Presse, Rücksicht zunehmen. Schließlich können Programmbeschwerden an eine unabhängige Beschwerdeinstanz zur Beurteilung vorgelegt werden. 3.4.1.1.1.2 Einfachgesetzliche Bestimmungen Regelwerke oder Vorschriften, die explizit die Verbreitung von Rundfunkdiensten über Satellit betreffen, existieren in der Schweiz nicht. Zu erinnern ist diesbezüglich an die schweizerische Marktsituation, wonach die analoge Rundfunkübertragung in der Schweiz derzeit hauptsächlich über den Übertragungsweg Kabel erfolgt. Rund 2,4 Mio. oder über 90% aller Schweizer Fernsehhaushalte (entspricht ca. 86% aller Haushalte) sind an das Kabelnetz angeschlossen. Durchschnittlich werden heute insgesamt ca. 40 analoge TV-Progamme und 30 UKW-Radio-Programme angeboten. Dazu kommen noch einige digitale Radio-Programme513. Die Verbreitung des Rundfunks über verschiedene Übertragungswege (einschließlich Satellit), das Bereithalten von Programmen, in die sich die Abonnenten eines Leitungsnetzes einschalten können, die zeitgleiche, vollständige und unveränderte Weiterverbreitung von Programmen, die von in- oder ausländischen Veranstaltern an die Allgemeinheit gerichtet sind und drahtlos ausgestrahlt werden, sowie der Empfang514 werden im schweizerischen Radiound Fernsehgesetz (RTVG)515 sowie in der zugehörigen Radio- und Fernsehverordnung (RTVV) umfassend geregelt. Zentrales Element des Gesetzes ist das Ebenenmodell, in dem das Konzessionierungssystem für drei Ebenen (lokal/regional, sprachregional/national und international) unterschiedlich ausgestaltet wird. Ziel dieses Modells ist, unter Berücksichtigung der medienspezifischen Gegebenheiten und der politischen, kulturellen und geographischen Realitäten der Schweiz, die Grundversorgung von Radio- und Fernsehprogrammen im 512 Zu den verfassungsrechtlichen Grundlagen Weber/Dörr, Digitale Verbreitung, S. 93 ff. 513 Weber/Dörr, Digitale Verbreitung, S. 110. 514 Vgl. Art. 1 und 2 RTVG. 515 Zum RTVG Weber/Dörr, Digitale Verbreitung, S. 96 ff. 126 ganzen Land in ausreichendem Maße zu gewährleisten516. Diese Grundversorgung stellt auf nationaler und sprachregionaler Ebene vor allem die SRG SSR Idée Suisse (SRG) sicher, die gegenüber anderen Veranstaltern eine Vormachtstellung genießt. "Im Übrigen soll aber Wettbewerb bestehen."517 Damit soll eine "vertikale Konkurrenz zwischen den Veranstaltern verschiedener Ebenen" ermöglicht werden518. • Rundfunkaufsicht Die Programmaufsicht wird von der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen ausgeübt. Gemäß Art. 65 RTVG entscheidet sie im Beschwerdeverfahren, ob Programmbestimmungen des RTVG, seiner Ausführungsvorschriften oder der Konzession verletzt worden sind. Die Verbreitung von Rundfunkprogrammen obliegt grundsätzlich den Veranstaltern selbst. Für die Weiterverbreitung, ob terrestrisch oder über Kabelnetze, ist eine Konzession erforderlich (Art. 39 ff. RTVG). Die Kabelnetzkonzession beispielsweise verleiht dem Konzessionär eine Reihe von Rechten (Programme zu empfangen, zu übernehmen oder weiter zu verbreiten, Informationen über Leitungen zu verbreiten) und überträgt ihm eine Anzahl an Pflichten. So enthält Art. 42 Abs. 2 auch Weiterverbreitungsverpflichtungen für die Konzessionäre, diese beziehen sich jedoch nur auf die Kabelübertragung. Hinsichtlich der Weiterverbreitung von Programmen im Kabelnetz kommt der SRG eine Privilegierung zu, da gemäß Art. 42 RTVG alle terrestrisch verbreiteten sprachregionalen Radioprogramme sowie alle Fernsehprogramme der SRG weiterverbreitet werden müssen. • Zulassungsregime Neben der SRG, die gemäß Art. 26 RTVG von Gesetzes wegen eine Rundfunkkonzession erhält, können gemäß Art. 31 RTVG auch andere Veranstalter eine Konzession für nationale und sprachregionale Programme erhalten, wenn die technischen Verbreitungsmöglichkeiten nach den Sendernetzplänen bestehen und die Möglichkeit der SRG sowie der lokalen und regionalen Veranstalter, ihre Leistungen zu erbringen, nicht wesentlich beeinträchtigt werden. Dem SRG wird dadurch eine besondere Stellung eingeräumt und es ist zu erwarten, dass aus wirtschaftlichen (finanziellen) Gründen nur eine kleine Zahl von Veranstaltern auf dieser Ebene tätig sein wird. Insofern dürfte der Rundfunkmarkt auf dieser Ebene "für klassische Radio- und Fernsehsendungen oligopolistisch strukturiert bleiben"519. Veranstalter von Radio- und Fernsehprogrammen können auch auf lokaler und regionaler Ebene tätig werden. Ihr Versorgungsgebiet umfasst Gebiete, die politisch oder geographisch eine Einheit bilden oder in denen die kulturellen oder wirtschaftlichen Kontakte besonders eng sind. In der Regel verfügen diese Gebiete über ausreichende Finanzierungsmöglichkeiten für die Veranstaltung von Programmen. Die Verbreitung der Programme übernimmt der Veranstalter selbst, oder lässt sie durch Dritte verbreiten. Auf der lokalen und regionalen Ebene herrscht im Rahmen von Gesetz und Verordnung der freie Wettbewerb unter den Veranstaltern. Veranstalter von internationalen Radio- und Fernsehprogrammen können eine Konzession für ein internationales Radio- oder Fernsehprogramm erhalten, sofern sie die Anforderungen nach Art. 11 RTVG erfüllen. Die Konzession kann Auflagen enthalten über die Pflichten des Veranstalters, die sich aus völkerrechtlichen Verpflichtungen der Schweiz ergeben, sowie 516 Mühlemann, Medienpolitik, S. 144. 517 Botschaft RTVG, BGBl. 1987 III 719. 518 Ebd. 519 Weber, Neuordnung, S. 151. 127 bezüglich des Anteils von Eigenproduktionen und schweizerischen Produktionen. Eine zahlenmäßige Beschränkung der Veranstalter ist nicht vorgesehen, aber auch nicht notwendig, da wegen der spezifischen Eigenheiten dieses Marktes (hoher Finanzbedarf etc.) ohnehin nicht viele Programmanbieter auf dieser Ebene tätig sein werden. • Zugang Das Radio- und Fernsehgesetz kennt keine Norm, die den Zugang der Zuschauer zum Programm und dabei insbesondere zu digitalen Programmpaketen explizit regelt. Immerhin lassen sich jedoch Art. 3 Abs. 1 Buchstabe b RTVG und Art. 11 Abs. 1 Buchstabe g RTVG für diese Problematik heranziehen. Demnach soll das Fernsehen die Vielfalt des Landes und seiner Bevölkerung berücksichtigen und der Öffentlichkeit näher bringen. Die Erfüllung dieses Integrationsauftrags setzt voraus, dass die Bevölkerung einer Sprachregion auch Zugang zu Programmen der anderen Sprachregionen hat. Gemäß Art. 11 Abs. 1 Buchstabe g RTVG darf ein Rundfunkveranstalter im Sinne einer Konzessionsvoraussetzung die Meinungs- und Angebotsvielfalt nicht gefährden. Diese Norm will den publizistischen Wettbewerb sicherstellen, der in erster Linie durch das Vorhandensein einer Vielzahl konkurrierender Inhalte gekennzeichnet ist520. Eine Beurteilung des Zugangs der Zuschauer zum Programm hat somit unter den rundfunkrechtlichen Gesichtspunkten des Integrationsauftrags und der Meinungs- und Angebotsvielfalt sowie den allgemeinen wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten, soweit anwendbar, zu erfolgen. Neben den Bestimmungen des RTVG sind die allgemeinen kartellrechtlichen Normen wie unzulässige Wettbewerbsabreden (Art. 5 KartellG) oder unzulässige Verhaltensweisen marktbeherrschender Unternehmen (Art. 7 KartellG) auch im Rundfunkbereich anwendbar521. • Urheberrechtliche Besonderheiten Eine urheberrechtliche Besonderheit in Bezug auf Exklusivrechte stellt Art. 7 RTVG dar. Demnach müssen Veranstalter, die mit Dritten Verträge über die exklusive Wiedergabe von öffentlichen Ereignissen in ihren Programmen abschließen, die Zulassung anderer Veranstalter dulden, welche über das Ereignis berichten wollen, oder anderen Veranstaltern die von ihnen gewünschten Teile der Wiedergabe zu angemessenen Bedingungen zur Verfügung stellen (Art. 7 Abs. 1). Schließt ein Veranstalter einen Exklusivvertrag für die Wiedergabe öffentlicher Ereignisse von gesamtschweizerischem Interesse, so muss er der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) die vollständige Wiedergabe zu angemessenen Bedingungen überlassen (Art. 7 Abs. 3). Eine derartige Privilegierung der SRG könnte jedoch verfassungsmäßigen Rechten der Veranstalter, welche einen Exklusivvertrag über ein öffentliches Ereignis von gesamtschweizerischem Interesse abgeschlossen haben, zuwiderlaufen522. Außerdem besteht gemäß Art. 20 RTVV ein Kurzberichterstattungsrecht für alle Veranstalter über öffentliche Ereignisse, sofern darüber ein Exklusivvertrag abgeschlossen worden ist. Des Weiteren müssen Fernsehveranstalter, die zur Übertragung eines Ereignisses von erheblicher 520 Entscheid Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK ) vom 8.11.1999, 8. 521 Im Bereich der Kabelverbreitung ist die Entscheidung der Wettbewerbskommission vom 23.9.2002 interessant, durch die der Kabelnetzbetreiber Cablecom verpflichtet wurde, die digitalen Fernsehsignale des Programmveranstalters Teleclub AG einzuspeisen. Eine Beschwerde der Cablecom wies die Rekurskommission für Wettbewerbsfragen am 20.3.2003 ab (s. Kap. 2.2.4.1). Dagegen kann Cablecom Rechtsmittel beim Bundesgericht einlegen. 522 Ausführlich dazu: Sidler, Exklusivberichterstattung. 128 gesellschaftlicher Bedeutung523 einen Exklusivvertrag abgeschlossen haben und dadurch einem wesentlichen Teil der Allgemeinheit die Möglichkeit nehmen, es im frei zugänglichen Fernsehen zu empfangen, anderen Veranstaltern, die das Ereignis unter den genannten Voraussetzungen der Allgemeinheit zugänglich machen wollen, das Übertragungssignal zu angemessenen Bedingungen überlassen (vgl. Art. 20a RTVV). 3.4.1.1.2 Geplante Reform des Rundfunkrechts In der Schweiz ist eine umfangreiche Reform des bestehenden Rechtsrahmens im Bereich des Rundfunks geplant. Der Gesetzesentwurf524 beinhaltet im Wesentlichen einen leistungsfähigeren service public und Erleichterungen für private Veranstalter, eine neue Behördenorganisation sowie unterschiedliche Werbe- und Sponsoringvorschriften für die SRG und Private. Darüber hinaus trägt er insbesondere der zunehmenden Verschmelzung von Rundfunk, Telekommunikation und Informatik (Konvergenz) und der stärkeren Internationalisierung des Rundfunks Rechnung. Die geplanten Bestimmungen treffen ebenso wie das geltende RTVG kaum Unterscheidungen hinsichtlich verschiedener Übertragungswege, insbesondere existieren auch im Gesetzesentwurf keine Sondervorschriften für die Satellitenverbreitung. Vielmehr gelten die gesetzlichen Bestimmungen für den Rundfunk allgemein. Es wird damit gerechnet, dass der Entwurf etwa zum Ende der 2. Jahreshälfte 2002 den eidgenössischen Räten vorgelegt werden kann. Das neue Gesetz könnte danach frühestens im Jahr 2004 in Kraft treten. Der Entwurf sieht unter anderem die folgenden wesentlichen Änderungen vor: Zur Verbreitung von Rundfunkprogrammen soll künftig auf das Fernmelderecht als Infrastrukturrecht zurückgegriffen werden: Die fernmeldetechnische Übertragung von Radio- und Fernsehprogrammen richtet sich also nach dem Fernmeldegesetz (Art. 37 E-RTVG). Denkbar ist dabei, dass Veranstalter von Radio- oder Fernsehprogrammen selbst als Fernmeldedienstanbieter auftreten oder Dritte, die die fernmeldetechnischen Voraussetzungen erfüllen, mit der Programmverbreitung beauftragen (Art. 37 Abs. 2 E-RTVG). Der RTVG-Entwurf sieht außerdem folgende neue Must-Carry-Regelung vor: Für jeden Frequenzblock, der grundsätzlich für die Rundfunkverbreitung in Frage kommt, ist eine minimale Anzahl von Rundfunkprogrammen zu definieren, die im betreffenden Gebiet zu verbreiten sind (Art. 38 E-RTVG). Die SRG erhält einen Teil dieser reservierten Rundfunkkapazität zu Vorzugsbedingungen; ebenso andere Veranstalter mit Zugangsrechten (Art. 42 E-RTVG). Den Rest der reservierten Kapazitäten kann der Netzbetreiber privatautonom weiteren Rundfunkveranstaltern zuteilen. Eine Privilegierung der Rundfunkveranstalter besteht noch insofern, als sie nur untereinander konkurrieren und sich nicht auf den Wettbewerb mit den Fernmeldedienstanbieterinnen einlassen müssen525. Der restliche Teil der Plattform steht dem Netzbetreiber zur freien Verfügung, das heißt es können darauf sowohl Rundfunkangebote als auch Fernmeldedienste übertragen werden. „Veranstalter mit Zugangsrechten“ sind nach dem Entwurf private Programmveranstalter, die Beiträge zur kulturellen Entfaltung und freien Meinungsbildung anbieten wollen. Ihnen sei es aus wirtschaftlichen Gründen oft nicht möglich, sich im Wettbewerb gegen Telekom- oder große Rundfunkunternehmen genügend Verbreitungskapazität zu sichern526. Solche Programmveranstalter sollen sich künftig um ausgeschriebene Zugangsrechte bewerben können, 523 Diese Ereignisse werden im Anhang der RTVV aufgelistet. 524 Entwurf und Erläuterungen vom Dezember 2000 sind abrufbar unter http://www.bakom.ch/de/aktuell/revision_rtvg/entwurf/entwurf_v/index.html, abgerufen am 19.11.2002. 525 Weber/Dörr, Digitale Verbreitung, 214. 526 Erläuterungen zum Entwurf für ein neues Radio- und Fernsehgesetz (RTVG) vom Dezember 2000, 69. 129 wenn sie bestimmte Voraussetzungen (Art. 44 E-RTVG) erfüllen, z.B. wenn sie im Versorgungsgebiet einen besonderen Beitrag zur Bildung, zur kulturellen Entfaltung und zur freien Meinungsbildung leisten, das einheimische Kulturschaffen durch Mindestanteile für schweizerische Musik und Filme besonders berücksichtigen, ein mehrsprachiges Programm anbieten, lokale oder regionale Eigenheiten besonders berücksichtigen, einen hohen Anteil an unabhängiger Produktion aufweisen, oder besondere Leistungen für Hörgeschädigte, wie Untertitelung oder Gebärdensprache, erbringen. Es besteht außerdem die Möglichkeit, ausländischbeherrschten Veranstaltern das Zugangsrecht zu verweigern, falls der entsprechende ausländische Staat schweizerisch beherrschten juristischen Personen nicht in ähnlichem Umfang Gegenrechte gewährt. Der Gesetzesentwurf enthält außerdem eine Medienkonzentrations-Regelung, die weiter geht als die Bestimmungen des geltenden RTVG. Von Programmveranstaltern mit marktbeherrschender Stellung kann verlangt werden, dass sie vielfaltssichernde Maßnahmen wie die Einräumung von Sendezeit für Dritte, die Zusammenarbeit mit anderen Marktteilnehmern, die Schaffung einer unabhängigen Programmkommission oder den Erlass eines Redaktionsstatuts zur Absicherung der redaktionellen Freiheit ergreifen, dass sie die unternehmerischen und organisatorischen Strukturen des Unternehmens anpassen, oder dass einzelne Unternehmensbereiche oder Beteiligungen aus dem jeweiligen Unternehmen herausgelöst werden. Neu ist auch die Vorschrift des Art. 54 Abs. 1 E-RTVG. In ihren Regelungsbereich fallen sowohl technische Vorrichtungen (z.B. Set-Top-Box) wie auch Dienste (z.B. Conditional Access, Navigationshilfen)527. Anbieter solcher Vorrichtungen oder Dienste sollen dazu verpflichtet werden, Programmveranstaltern oder Fernmeldedienstanbietern Zugang zu chancengleichen, angemessenen und nicht diskriminierenden Bedingungen zu gewährleisten. Dabei gelten hier die drei Bedingungen nicht absolut, sondern relativ zur Gruppe der Anbieter: Beispielsweise müssen alle Zugangsberechtigen, alle Pay-TV-Veranstalter oder alle Fernmeldedienste innerhalb ihrer Gruppe gleich behandelt werden528. Art. 54 Abs. 2 E-RTVG verlangt, dass die Navigationshilfen in einem ersten Nutzungsschritt angemessen auf die Programme der SRG hinweisen müssen. Unter erstem Nutzungsschritt ist zu verstehen, dass nach Einschalten des Geräts eine neutrale (nicht für einzelne Programme werbende) Übersicht über die verfügbaren Programme erscheinen muss, die gleichwertig zu den übrigen Angeboten auch die SRG-Programme enthält. Dies soll verhindern, dass die gebührenfinanzierten Programme in der Flut anderer Programme verschwinden529. Der Gesetzesentwurf enthält auch ein Entbündelungsgebot (Art. 55 E-RTVG), wonach derjenige, der Programme als gebündelte Pakete anbietet, die technischen Voraussetzungen dafür schaffen muss, dass Dritte diese Programme auch einzeln verbreiten können. Mit einem Recht auf Entbündelung soll verhindert werden, dass ein Programmveranstalter einem Netzbetreiber sein(e) Bouquet(s) aufzwingen kann, bzw. dass letzterer ein attraktives Bouquet nur in die Programmpalette aufnehmen kann, wenn er gleichzeitig ein weniger Einträgliches mitbezieht. Die Entbündelung von Programmpaketen soll dem Netzbetreiber zudem die Möglichkeit geben, Basispakete, die er gemäß seinem Must-Carry-Auftrag verbreiten muss, von solchen zu trennen, die er nicht verbreiten muss530. Das Kurzberichterstattungsrecht wird insofern neu gestaltet, als neben dem Rundfunkveranstalter mit Exklusivrechten auch der Organisator eines 527 Erläuterungen zum Entwurf für ein neues Radio- und Fernsehgesetz (RTVG) vom Dezember 2000, S. 76. 528 Ebd., S. 77. 529 Ebd. 530 Ebd., S. 78. 130 öffentlichen Ereignisses verpflichtet wird, jedem interessierten Programmveranstalter die Möglichkeit zur Kurzberichterstattung zu gewähren. 3.4.1.2 Österreich 3.4.1.2.1 Rechtliche Rahmenbedingungen 3.4.1.2.1.1 Geltendes Recht Auch in Österreich gibt es in Bezug auf die Satellitenrundfunkübertragung keine Sondervorschriften531. Lediglich im allgemeinen Rundfunkrecht finden sich Bestimmungen, die auch bei der Satellitenverbreitung zu berücksichtigen sind. Wesentliche Grundlage für die Regulierung im Rundfunkbereich bilden für den Hörfunk das Privatradiogesetz532 und für das Fernsehen das Privatfernsehgesetz533 (PrTVG) aus dem Jahre 2001. Daneben ist das ORF-Gesetz534 von 2001 für den österreichischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk von Bedeutung. So werden unter anderem folgende Punkte allgemein und unabhängig von einzelnen Übertragungswegen in den genannten Gesetzen geregelt: • Rundfunkaufsicht Mit dem Erlass des KommAustria-Gesetzes535 (KOG) hat die KommAustria536 die Agenden der Privatrundfunkbehörde sowie der Kommission zur Wahrung des Regionalradiogesetzes übernommen, die ebenfalls Kommission zur Wahrung des Kabel- und SatellitenRundfunkgesetzes war. Weiter ist die KommAustria nunmehr zur Vollziehung der Rundfunkfrequenzverwaltung zuständig, die bis dahin von den Fernmeldebehörden wahrgenommen wurde. Als Geschäftsapparat der KommAustria fungiert die mit 1. April 2001 durch Verschmelzung mit der Telekom Control GmbH neu gegründete Rundfunk und Telekom Regulierungs GmbH (RTR-GmbH)537. Als Rechtsmittelbehörde gegenüber Entscheidungen der KommAustria sowie als Rechtsaufsichtsbehörde über den Österreichischen Rundfunk wurde durch das KOG der Bundeskommunikationssenat eingerichtet. Diese unabhängige Behörde übernimmt neben ihrer Funktion als Berufungsbehörde auch die Aufgaben der bisherigen Rundfunkkommission. Die Mitglieder des Bundeskommunikationssenats sind in der Ausübung ihres Amtes unabhängig und an keine Weisung gebunden. In die Kompetenz der KommAustria und des Bundeskommunikationssenats fallen – – die Erteilung von Zulassungen für die Veranstaltung von privatem Rundfunk, die Erteilung von Bewilligungen zum Betrieb von Sendeanlagen, 531 Dies reflektiert auf die Aufhebung des Kabel- und Satelliten-Rundfunkgesetzes aus dem Jahre 1997 im letzten Jahr; vgl. dazu sogleich. 532 Österreichisches BGBl. I 20/2001. 533 Österreichisches BGBl. I 84/2001. 534 Gesetz über den österreichischen Rundfunk in der Fassung vom 1.1.2002. 535 Gesetz über die Einrichtung einer Kommunikationsbehörde Austria ("KommAustria") und eines Bundeskommunikationssenates vom 1.4.2001, BGBl. I Nr. 32/2001. 536 Informationen abrufbar unter http://www.rtr.at/web.nsf/deutsch/Ueber+Uns~KommAustria?OpenDocument, abgerufen am 8.11.2002. 537 Informationen 8.11.2002. abrufbar unter http://www.rtr.at/web.nsf/deutsch/Ueber+Uns~RTR, abgerufen am 131 – – die Frequenzplanung und internationale Koordinierung und die Rechtsaufsicht über private Rundfunkveranstalter. Der KommAustria ist mit dem Rundfunkbeirat ein beratendes Gremium zur Seite gegeben. Vor der Erteilung von Zulassungen muss dem Rundfunkbeirat Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden. • Zulassungsregime Bei der Erteilung von Zulassungen muss sich die KommAustria an bestimmten Kriterien orientieren, die im PrTVG festgelegt sind. Zu achten ist auf den Versorgungsgrad, die Gewähr für größere Meinungsvielfalt und breiteres Programmangebot, den Anteil an eigengestalteten Programmen, einen regionalen/lokalen Bezug im Programm und die programminhaltliche Ergänzung zu bereits vorhandenen Hörfunk- und Fernsehprogrammen in der jeweiligen Region. Der Gesetzgeber legte Wert darauf, diese Kriterien nicht als Kulturauftrag wie beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu formulieren; dennoch soll auch ein kommerziell veranstaltetes Fernsehprogramm "sich der spezifischen Kreativität und des künstlerischen Schaffens dieses Landes annehmen". Nach der Erteilung der Zulassung (gleichermaßen für bundesweites oder regionales Fernsehen) hat der Inhaber der Zulassung sicherzustellen, dass binnen zwölf Monaten der Sendebetrieb aufgenommen wird. Weiter ist die KommAustria befugt, eine Frist festzulegen, binnen der ein bestimmter Versorgungsgrad zu erreichen ist – dieser Versorgungsgrad wird ebenfalls in der Zulassung festgelegt. Für Satelliten-Rundfunk ist eine Zulassung durch die KommAustria nötig, Kabel-Rundfunk muss lediglich bei dieser Behörde angezeigt werden. Des Weiteren kann die KommAustria Multiplexbetreibern Auflagen erteilen, die den Zugang von Rundfunkveranstaltern zu Digitalplattformen (und damit auch zu digitalen Satellitenplattformen) betreffen. So hat die KommAustria nach § 25 Abs. 2 PrTVG unter anderem Folgendes sicherzustellen: – Digitale Programme und Zusatzdienste müssen unter fairen, gleichberechtigten und nicht-diskriminierenden Bedingungen verbreitet werden. – Für den Fall, dass die digitalen Programme und Zusatzdienste zu einem Gesamtangebot unter einem elektronischen Programmführer (Navigator) zusammengefasst werden, müssen alle digitalen Programme und Zusatzdienste unter fairen, gleichberechtigten und nicht-diskriminierenden Bedingungen für den Konsumenten auffindbar sein. – Alle digitalen Programme und Zusatzdienste müssen in ihrer optischen Gestaltung, Auffindbarkeit und Übersichtlichkeit gleichberechtigt angeboten werden und ein unmittelbares Einschalten der einzelnen Programme und Zusatzdienste muss ermöglicht werden. • Öffentlich-rechtlicher Rundfunk Die rechtliche Aufsicht über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk übt der Bundeskommunikationssenat aus. Die KommAustria ist für den ORF aber ebenfalls zuständig in den Punkten der Frequenzverwaltung und Frequenzzuordnung. Nach den in § 12 PrTVG festgelegten Kriterien ordnet die KommAustria die drahtlosen terrestrischen Übertragungskapazitäten sowohl dem ORF als auch den privaten Fernsehveranstaltern zu. Die Errichtungs- und Betriebsbewilligungen für die Rundfunk-Sendeanlagen des ORF fallen auch in die Zuständigkeit der KommAustria. 132 • Must-Carry-Regeln In Bezug auf Betreiber digitaler Plattformen sieht § 25 Abs. 2 Nr. 2 PrTVG vor, dass die analog ausgestrahlten Programme des ORF (§ 3 ORF-G) auf Nachfrage und gegen angemessenes Entgelt in das digitale Programmpaket im jeweiligen Versorgungsgebiet eingebunden sein müssen und dass für ihre Verbreitung ein ausreichendes Datenvolumen zur Verfügung stehen muss538. Darüber hinaus muss gemäß § 25 Abs. 2 Nr. 3 das Programm jenes Rundfunkveranstalters, dem eine Zulassung für bundesweites analoges terrestrisches Fernsehen erteilt wurde, auf Nachfrage und gegen angemessenes Entgelt in das digitale Programmpaket im jeweiligen Versorgungsgebiet eingebunden werden. • Medienkonzentrationsregeln Das Privatfernsehgesetz sieht eine Neufassung der Bestimmungen über die Beteiligung von Medienunternehmen vor. Zur Sicherung der Meinungs- und Angebotsfreiheit wurden "Überschneidungsregeln" definiert, beispielsweise darf ein Medienunternehmen/Tochterunternehmen nicht gleichzeitig eine bundesweite Zulassung und eine regionale Zulassung innehaben. Mehrere regionale Zulassungen zu halten ist nur möglich, wenn es keine Überschneidung des zu versorgenden Gebietes gibt. Ein Medienverbund darf in einem Versorgungsgebiet maximal ein terrestrisches Hörfunkprogramm und ein terrestrisches Fernsehprogramm betreiben. Mit einer "Reichweitenregelung" wurde ausgeschlossen, dass jene Medienunternehmen, die mit einer Reichweite über 30% im Medienmarkt (Radio, Kabelnetz, Tagespresse, Wochenpresse) eine sehr starke Marktposition einnehmen, zusätzlich Rundfunk veranstalten. Ebenso wurde festgelegt, dass Betreiber aus Nicht-EU-Staaten nicht mehr als 49% der Anteile an einem in Österreich zugelassenen Rundfunkunternehmen halten dürfen. 3.4.1.2.1.2 Umsetzung von EG-Richtlinien Auf der Grundlage einer im November 1998 vom Ministerrat beschlossenen Regierungsvorlage wurden die Bestimmungen des mittlerweile in das Privatfernsehgesetz eingegliederten Kabel- und Satelliten-Rundfunkgesetzes erweitert und an die Richtlinie 97/36/EG zur Änderung der Richtlinie 89/552/EWG angeglichen. Die Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen an die Vorgaben hinsichtlich der TV-Normen-Richtlinie 95/47/EG, deren Bestimmungen in das neue Kommunikations-Richtlinienpaket übernommen wurden, werden die nächsten Jahre für Diskussionen sorgen. Vorgesehen war in Österreich ab Mitte 2001 eine restriktive Regelung bezüglich Interface bei Set-Top-Boxen, die Passage wurde jedoch verworfen, als der ORF mit der KirchGruppe handelseins bezüglich der Nutzung der d-Box wurde539. Österreich wird zu diesem Thema die Kommission befragen, da die rechtliche Regelung restriktiver gewesen wäre als die Richtlinie. 3.4.1.2.2 Entwicklungen im Bereich des digitalen Fernsehens Vom Bundeskanzler wurde die Arbeitsgemeinschaft "Digitale Plattform Austria"540 eingerichtet, die "dafür sorgen soll, dass Österreich im Bereich des digitalen Fernsehens nicht den 538 Zu oben § 25 Abs. 2 PrTVG oben Spiegelstrich „Zulassungsregime“. 539 Nach Insolvenz der KirchGruppe wurde im Juli eine neue Vereinbarung zwischen dem ORF und BetaResearch über die Lizenzierung von Betacrypt getroffen, s. DocuWatch Digitales Fernsehen 3/02, S. 18. 540 Informationen zur Digitalen Plattform sind abrufbar unter http://www.rtr.at/web.nsf/deutsch/Rundfunk~Digitale+Plattform+Austria, abgerufen am 8.11.2002. 133 Anschluss verliert". Die KommAustria muss gemäß § 21 PrTVG ein Digitalisierungskonzept für die Einführung von digitalem Rundfunk erstellen – die Arbeitsgemeinschaft soll sie dabei unterstützen. Österreich wird sich am Ballungsraum Berlin orientieren, da dort bereits Ende 2003 der analoge terrestrische Fernsehempfang abgestellt werden soll und die dort gesammelten Erfahrungen relativ leicht auf Österreich umgelegt werden könnten. 3.4.1.3 Frankreich 3.4.1.3.1 Rechtliche Rahmenbedingungen 3.4.1.3.1.1 Verfassungsrechtliche Vorgaben Da die französische Verfassung vom 4. Oktober 1958 keinen Grundrechtskatalog und damit auch kein Grundrecht auf Rundfunk- oder Meinungsfreiheit enthält, wird als Quelle für die Rundfunkfreiheit auf Art. 11 der Menschenrechtsdeklaration von 1789 zurückgegriffen. Art. 11 der Menschenrechtsdeklaration erklärt die freie Mitteilung der Gedanken und Meinungen zu einem der wertvollsten Menschenrechte. Jeder Bürger könne "frei reden, schreiben und drucken, vorbehaltlich seiner Verantwortlichkeit für den Missbrauch dieser Freiheit in den durch das Gesetz bestimmten Fällen“. Der Verfassungsgerichtshof (Conseil Constitutionnel) stellt zu dieser Vorschrift seit seinem Grundsatzurteil vom 27. Juli 1982 zum Rundfunkgesetz541 in ständiger Rechtsprechung fest, dass es Aufgabe des Gesetzgebers ist, die Kommunikationsfreiheit – und damit auch die Freiheit, Gedanken und Meinungen mit den Mitteln der audiovisuellen Kommunikation zu verbreiten, – einerseits mit technischen Beschränkungen, denen die audiovisuelle Kommunikation unterliegt, und andererseits mit den Verfassungswerten in Einklang zu bringen. Zu den Verfassungswerten zählen in diesem Zusammenhang die Sicherheit der öffentlichen Ordnung („ordre public“), die Achtung der Freiheit anderer und die Gewährleistung des Meinungspluralismus. 3.4.1.3.1.2 Einfachgesetzliche Bestimmungen Grundlegendes Regelwerk für den Rundfunk ist das Kommunikationsfreiheitsgesetz (KFG) von 1986542, das durch zahlreiche Durchführungsverordnungen ergänzt und durch weitere Rechtsakte geändert wurde. In ihm werden die Regulierungsziele und -instrumente auch in Bezug auf die Satellitenverbreitung festgelegt. Die wesentlichen Vorgaben des rundfunkrechtlichen Rahmens werden im Folgenden auszugsweise dargestellt, soweit sie für die Satellitenverbreitung von Bedeutung sind. • Rundfunkaufsicht Durch Gesetz vom 17. Januar 1989 wurde die Rundfunkaufsicht dem Conseil supérieur de l’audiovisuel (CSA) übertragen. Art. 1 KFG legt fest, dass der CSA eine unabhängige Behörde („autorité indépendante“) ist, die zur Gewährleistung der Rundfunkfreiheit im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften verpflichtet ist. Seine Autonomie wird allerdings dadurch eingeschränkt, dass er sein Budget nach Art. 7 KFG nicht selbst bestimmen kann, sondern diesbezüglich lediglich ein Vorschlagsrecht hat. Eine verfassungsrechtliche Verankerung des CSA konnte bislang, mangels der hierfür erforderlichen parlamentarischen Mehrheit, nicht erreicht 541 Conseil Constitutionnel, Décision n° 82-141 vom 27.7.1982, Journal Officiel vom 29.7.1982, 2422. 542 Loi n° 86–1067 über die Kommunikationsfreiheit vom 30.9.1986 (KFG). 134 werden. Der CSA ist für die Lizenzerteilung, für die Verwaltung terrestrischer Frequenzen, die Überwachung der Einhaltung rundfunkrechtlicher Vorgaben durch die Rundfunkveranstalter und für die Sanktionierung bei entsprechenden Verstößen zuständig. • Satellitenfernsehen Durch Gesetz vom 1. August 2000 wurde die Rechtsordnung in Bezug auf Satellitenfernsehen neu gestaltet. Die anwendbaren Bestimmungen sind nun in Art. 34-2 des KFG niedergelegt. Betreiber von Satellitenplattformen sind demnach dazu verpflichtet, sich vor Aufnahme ihrer Tätigkeit beim CSA anzumelden. Die dabei einzureichenden Unterlagen müssen die geplante Angebotsstruktur, die Vermarktungsstrategien sowie die finanzielle und wirtschaftliche Situation des Betreibers erkennen lassen. Innerhalb eines Monats kann der CSA durch eine begründete Entscheidung der Anmeldung oder Teilen davon widersprechen, wenn das geplante Angebot nicht den gesetzlichen Anforderungen des KFG entspricht. Rundfunkveranstalter, die ihre Dienste auch über Satelliten verbreiten möchten und noch keine Lizenz (Rundfunkzulassung) für eine andere Art der Verbreitung besitzen, müssen mit dem CSA gemäß Art. 33-1 ein Übereinkommen (convention) über die wesentlichen Bedingungen einer solchen Erlaubnis im Rahmen der gesetzlich vorgegebenen Kriterien schließen543. Diese "convention" legt für den betreffenden Dienst einzelne Verpflichtungen fest und bestimmt gleichzeitig auch Regulierungsmaßnahmen und Sanktionen, die dem CSA zur Verfügung stehen, um die Einhaltung der Konventionsbestimmungen gewährleisten zu können. Die "convention" kann, im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben, eine gestufte Anwendung ihrer Bestimmungen vorsehen, z. B. je nach Anzahl der erreichten Haushalte, wobei der Zeitraum einer solchen Progression fünf Jahre nicht überschreiten darf544. • Must-Carry-Bestimmungen Art. 34-2 KFG sieht vor, dass Satellitenbetreiber ihren Empfängern/Kunden den internationalen Dienst, der Teil der audiovisuellen Betätigung Frankreichs im Ausland ist (dabei handelt es sich um das Programm TV5), kostenlos anbieten müssen. Des Weiteren müssen gemäß Art. 34-3 alle Anbieter von Satellitendiensten innerhalb Frankreichs die öffentlich-rechtlichen Programme sowie den europäischen Kulturkanal ARTE kostenlos verbreiten, außer in dem Fall, dass die Veranstalter der genannten Programme einen solchen Satellitendienst als mit ihrem öffentlichen Auftrag unvereinbar beurteilen. Für die französischen überseeischen Departements gelten gesonderte Bestimmungen. • Verschlüsselung / Conditional Access Services Zugangsberechtigungsdienste werden seit der Änderung des KFG durch das Gesetz vom 1. August 2000 im neugefassten Art. 95 geregelt. Ziel dieser Bestimmung ist es, marktbeherrschende Positionen der Anbieter von Zugangsberechtigungsdiensten für Pay-TV und digitale Fernsehdienste zu verhindern, indem der offene Zugang zu diesen Diensten sichergestellt wird. Vom Vorschreiben eines einzigen Dekoders mit allen bestehenden Zugangskontrollsystemen (Multicryptverfahren) wurde ebenso abgesehen wie von der Verpflichtung der Satellitenplattformbetreiber, gleichzeitig (im Simulcryptverfahren) mit den TV-Signalen alle Zugangsberechtigungsdaten sowie die zugehörige Software weiterzuverbreiten. Gemäß Art. 95 des KFG muss ein Anbieter von Zugangsberechtigungsdiensten den Anträgen der Veran- 543 Diese Kriterien wurden in der Kabel- und Satelliten-Verordnung n° 2002-140 vom 4.2.2002 niedergelegt. 544 Vgl. Art. 33 Abs. 3 KFG. 135 stalter digitaler Rundfunkdienste unter gleichen, angemessenen und nicht-diskriminierenden Bedingungen entsprechen, wenn sich die Anträge auf die Bereitstellung technischer Dienste beziehen, die für den Empfang ihrer Angebote durch die Berechtigten notwendig sind. Ebenso gewährleistet die Vorschrift den Zugang der Anbieter digitaler Dienste zu der bestehenden Dekoder-Auswahl. Andere digitale Zusatzdienste oder technische Ausstattungsmerkmale von Dekodern wie elektronische Programmführer oder gemeinsame Programmschnittstellen (API) werden in Frankreich bislang nicht gesetzlich geregelt. • Medienkonzentrationsregeln Durch Urteil vom 18. September 1986545 stellte der französische Verfassungsgerichtshof fest, dass die für das KFG vom 30. September 1986 vorgesehenen Regelungen zur Konzentrationsbekämpfung nicht hinreichend geeignet seien, die Bündelung von Meinungsmacht in den Händen weniger zu verhindern. Nach Ansicht der Verfassungsrichter war die darin enthaltene Beteiligungsbeschränkung in Bezug auf die Anteile an einem einzelnen, landesweit terrestrisch sendenden Fernsehsender für die Sicherung des Meinungspluralismus nicht ausreichend. Vielmehr hielten sie eine Begrenzung der Gesamtzahl der Anteile für notwendig, die an verschiedenen Fernsehgesellschaften in diesem Sektor gehalten werden dürfen. Darüber hinaus forderten sie, dass sich die Konzentrationsregeln nicht auf die Erfassung von Kumulation und Beteiligungen im audiovisuellen Bereich beschränken sollten, sondern auch alle anderen Kommunikationsmedien einbeziehen müssten. In der Folge erließ der französische Gesetzgeber ein umfassendes System von AntiKonzentrationsregeln, das zum überwiegenden Teil in das KFG eingegliedert wurde546. Die französischen Konzentrationsregeln begrenzen sowohl die Anzahl der Zulassungen, die eine Person im Fernsehbereich erwerben kann, als auch den Anteil, den eine Person an einer zugelassenen Fernsehgesellschaft halten darf. Der Regulierungsansatz folgt in Frankreich also nicht einem Marktanteils-, sondern einem Beteiligungsmodell. So darf z.B. gemäß Art. 39-2 KFG eine einzelne Person oder ein Unternehmen nicht mehr als die Hälfte des Kapitals oder der Stimmanteile an einem Rundfunkveranstalter halten, der sein Programm ausschließlich über Satellit verbreiten darf. Wenn eine einzelne Person oder ein Unternehmen mehr als ein Drittel des Kapitals oder der Stimmanteile an einem solchen Veranstalter hält, darf er nicht gleichzeitig mehr als ein Drittel des Kapitals oder der Stimmanteile an einem Programmveranstalter mit einer vergleichbaren Lizenz halten. Zusätzlich darf bei einer Beteiligung über 5% an zwei Programmveranstaltern mit vergleichbaren Lizenzen keine Beteiligung über 5% an einem weiteren Veranstalter vorliegen547. Art. 41548 des KFG sieht zum einen vor, dass jedermann Träger von bis zu fünf digitalen Fernsehprogrammen sein 545 Conseil Constitutionnel, Décision n° 86–217 vom 18.9.1986, Journal officiel vom 19.9.1986. 546 Insbesondere durch Gesetz vom 1.8.2000 (Loi n° 2000-719, JO du 2.8.2000, p. 11903) zur Änderung des KFG, sowie durch zwei weitere Gesetze (Loi n° 2001-420 du 15.5.2001 relative aux nouvelles régulations économiques, JO du 16.5.2001; loi n° 2001-624 du 17.7.2001 portant diverses dispositions d'ordre social, éducatif et culturel, JO du 18.7.2001, art. 17, p. 11502). 547 Siehe auch: Kleist, Regulierung der Medienkonzentraion in Europa, Vortrag gehalten auf den Medientagen München 2002, Panel 2.4 "Regulierung der Medienkonzentration in Europa: Perspektiven für Deutschland", (zugleich EMR-Expertengespräch) am 17.10.2002, abrufbar unter http://www.emr-sb.de. 548 Vgl. Art. 41 KFG in der Fassung von 2001. 136 kann549, zum anderen, dass ein Unternehmen nicht mehr als zwei Lizenzen in Bezug auf die Verbreitung eines Fernsehdienstes über Satellit erhalten darf550. Um die vertikale Integration zwischen Plattform- und Inhalteanbietern zu begrenzen, sieht Art. 34-2 (speziell für den Übertragungsweg "Satellit") vor, dass eine Verordnung einen Mindestanteil von Programmen festlegt, die von den Plattformbetreibern unabhängig sind. Diese Verordnung wurde bislang allerdings noch nicht erlassen. Die Konzentrationskontrolle für Medienunternehmen wird im Zusammenspiel von CSA (im Hinblick auf die Wahrung von Meinungspluralität und kultureller Vielfalt) und dem Wirtschaftsminister, der vom Conseil de la concurrence (im Hinblick auf wirtschaftliche und wettbewerbsrechtliche Aspekte) beraten wird, ausgeübt551. Während der Wirtschaftsminister im Falle wettbewerbswidriger oder wettbewerbsgefährdender Zusammenschlüsse meldepflichtige Fusionen nach Konsultation des Conseil de la concurrence untersagen kann, entscheidet der CSA, ob eine rundfunkrechtliche Zulassung wegen übermäßiger Konzentration nicht erteilt, nicht verlängert oder entzogen wird, ohne die Zulässigkeit der Fusion als solche zu prüfen552. Dennoch gibt es bei beiden Kontrollverfahren gemeinsame Schnittstellen. So schreibt Art. 41-4 KFG vor, dass der Conseil de la concurrence in Prüfverfahren, die audiovisuelle Unternehmen betreffen, die Stellungnahme des CSA einzuholen hat. Für die Abgabe einer solchen Stellungnahme hat der CSA ab der Unterrichtung einen Monat Zeit. Andererseits soll der CSA den Conseil de la concurrence über wettbewerbsgefährdende Konzentrationen im audiovisuellen Sektor informieren, wenn er von ihnen Kenntnis erlangt553. 3.4.1.3.1.3 Umsetzung von EG-Richtlinien Sowohl die Bestimmungen der Fernseh-Richtlinie als auch der TV-Normen-Richtlinie wurden durch Gesetz vom 1. August 2000, welches das KFG von 1986554 ändert, in französisches Recht umgesetzt. Die Bestimmungen der Kabel- und Satellitenweiterverbreitungs-Richtlinie wurden durch Gesetz vom 27. März 1997 in das französische Urheberrecht übertragen. 3.4.1.4 Spanien 3.4.1.4.1 Rechtliche Rahmenbedingungen 3.4.1.4.1.1 Verfassungsrechtliche Vorgaben Die zentrale verfassungsrechtliche Bestimmung für den Rundfunk ist Art. 20 der spanischen Verfassung von 1978, der die Meinungsfreiheit schützt. Gemäß Art. 20.1.d wird hiervon das 549 Art. 41 Abs. 3 KFG in der Fassung von 2001. 550 Art. 41 Abs. 4 KFG in der Fassung von 2001. 551 Die wettbewerbsrechtliche Konzentrationskontrolle im audiovisuellen Sektor ist erst durch das Gesetz vom 1.8.2000 wieder in das französische Recht eingeführt worden. Der französische Gesetzgeber war der Ansicht, dass die allgemeinen Wettbewerbsbehörden bei undurchschaubaren Kapitalverschiebungen die Fusionsvorgänge eher beurteilen könnten. Außerdem sah er die Gefahr, dass der CSA durch verstärkte vertikale Integration von Medienunternehmen seine Einwirkungsmöglichkeiten verlieren könnte, auch wenn der audiovisuelle Sektor betroffen sei. Vgl. Bullinger, JZ 2002, 264, 266. 552 So Bullinger, JZ 2002, 264, 266. 553 Vgl. Art. 41-4 Abs. 23 und 3 KFG. 554 Loi n° 86–1067 vom 30.9.1986 (KFG). 137 Recht auf freien und wahrheitsgemäßen Empfang von Informationen, unabhängig von der Art ihrer Verbreitung geschützt. Außerdem werden in Art. 149.1.27 die Kompetenzen für die Bereiche Telekommunikation und Rundfunk festgelegt. Demnach obliegt dem Staat die Regulierung des Telekommunikationssektors und insbesondere aller technischen Aspekte der Rundfunkübertragung. Der Gesetzgeber hat für diese Bereiche den rechtlichen Rahmen zu schaffen, dessen Um- und Durchsetzung obliegt dem Ministerium für Wissenschaft und Technologie und der CMT (Telekommunikationsaufsichtsbehörde). Im Bereich der Medien (einschließlich Rundfunk) hat der Staat gemäß Art. 149.1.27 die grundlegenden Gesetze der regionalen Gesetzgeber unter Berücksichtigung der Kompetenzen der autonomen Regionen anerkannt. Auf nationaler Ebene wird das sich hieraus ergebende Medienrecht ebenfalls vom Ministerium für Wissenschaft und Technologie und teilweise auch vom CMT angewandt. Da das Ausstrahlungsgebiet der Satelliten das ganze Land umfasst, werden Satellitenfernsehprogramme als "nationaler" Rundfunk eingeordnet. Auf regionaler Ebene erkennen die verschiedenen Gesetzgeber Durchsetzungsmaßnahmen an, die jeweils von den zuständigen regionalen Ministerien und zum Teil auch von unabhängigen Regulierungsbehörden (z.B. in den autonomen Regionen Catalanien und Navarra) vorgenommen werden. 3.4.1.4.1.2 Einfachgesetzliche Bestimmungen Das spanische Rundfunkrecht beinhaltet einige Bestimmungen, die sich unmittelbar an die Satellitendiensteanbieter richten und die im Folgenden dargestellt werden. Dabei ist anzumerken, dass in Spanien beinahe jeder Rundfunkdienst, ob öffentlich oder privat, je nach Übertragungsart gesonderten Rechtsakten555 unterliegt. Die beiden grundlegenden Regelungswerke des Rundfunkrechts hingegen556 legen allgemeine Regulierungsgrundsätze für die Rundfunkveranstaltung fest, und enthalten die wesentlichen Bestimmungen zur Inhalte-Regulierung. Der überwiegende Teil dieser Bestimmungen richtet sich daher an die Rundfunkveranstalter, nur in einigen Fällen adressieren sie sich gezielt an Kabelnetzbetreiber oder an die Anbieter digitaler Pay-TV-Plattformen. Folgende Regulierungsbereiche enthalten Bestimmungen, die die Satellitenverbreitung betreffen: • Erteilung von Rundfunklizenzen: Satellitenfernsehen ist in Spanien ein liberalisierter Dienst. Anbieter von Satellitenfernsehdiensten erhalten von der CMT auf Antrag eine Genehmigung in standardisierter Form, wenn sie nachweisen können, dass sie die gesetzlichen Anforderungen557 in Bezug auf Satellitenfernsehdienste erfüllen. Sie müssen sich außerdem mit den Satellitenbetreibern, die von der CMT eine Einzellizenz erhalten haben, über die Modalitäten der Verbreitung einigen. Die 555 Dabei handelt es sich um: Gesetz 4/1980 (öffentliches, nationales terrestrisches Fernsehen); Gesetz 46/1983 (öffentliches, regionales Fernsehen); Gesetz 10/1988 (privates, nationales Fernsehen); Gesetz 41/1995 (lokales terrestrisches Fernsehen); Gesetz 44/1997 (digitales, terrestrisches Fernsehen); Gesetz 37/1995 (Satellitenfernsehen); Gesetz 42/1995 (Kabelfernsehen); Gesetz 21/1997 (Liste der besonderen Ereignisse). 556 Dabei handelt es sich zum einen um das Radio- und Fernsehstatut von 1980 und zum anderen um das Gesetz zur Umsetzung der Fernsehrichtlinie (Gesetz 17/1995). 557 Diese ergeben sich aus folgenden Bestimmungen: Art. 1.1 des Satellitenfernseh-Gesetzes (Gesetz 37/1995); Art. 5 der Verordnung 136/1997 zur Regulierung technischer Aspekte und über das Anbieten von Satellitenfernsehdiensten; Art. 3 des Gesetzes zur Umsetzung der TV-Normen-Richtlinie 17/1997. 138 Einzellizenz an die Satellitenbetreiber wird gemeinsam durch die CMT und das Ministerium für Wissenschaft und Technologie, das für die Frequenzverwaltung zuständig ist, vergeben. • Medienkonzentrationsregelungen Beteiligungsgrenzen hat der Gesetzgeber lediglich für Veranstalter digitaler Satellitenfernsehdienste vorgesehen. Gemäß der vierten Übergangsbestimmung des Gesetzes 17/1997 ist eine Regelung des Art. 19.1 des Privatfernsehgesetzes558 auch auf Satellitenfernsehdienstanbieter anwendbar. Demnach darf ein Unternehmen direkt oder mittelbar nicht mehr als 49% der Anteile eines Lizenznehmers halten. Diese Beschränkung soll aber nur insoweit gelten, als die Regierung nicht aufgrund einer bindenden Empfehlung des CMT erklärt, dass im Satellitensektor genügend Wettbewerb herrscht559. • Regeln in Bezug auf die vertikale Integration Fernsehdiensteanbieter unterliegen in einigen Fällen Verpflichtungen, die sich auf Märkte beziehen, die dem Fernsehmarkt vor- oder nachgelagert sind. So verpflichtet z.B. Art. 7.c des Gesetzes 17/1997 die Anbieter von Zugangsberechtigungsdiensten und damit die Anbieter der Digital-Plattformen, allen unabhängigen Diensteanbietern und Rundfunkveranstaltern Zugang zu den technischen Mitteln, die für den Empfang ihrer Dienste erforderlich sind, zu angemessenen, transparenten und nicht-diskriminierenden Bedingungen zu gewähren. Art. 7.c enthält ebenfalls die Bestimmung, dass Anbieter von Zugangsberechtigungssystemen560 40% ihrer Übertragungskapazitäten für unabhängige Inhalteanbieter bereithalten müssen, vorausgesetzt es besteht eine entsprechende Nachfrage. • Receiver Das Gesetz 17/1997 sieht vor, dass Anbieter von Zugangsberechtigungssystemen "offene" Dekoder verwenden müssen. Diese "Offenheit" kann sich entweder daraus ergeben, dass die Dekoder auf einem Multicrypt-System basieren, oder weil ein entsprechender Zugang zwischen den Eigentümern der Dekoder (Plattformbetreiber) und anderen Fernsehdiensteanbietern vereinbart wird. Solche Vereinbarungen werden von der CMT überwacht, die im Falle eines Verstoßes gegen das Offenheitsgebot dazu ermächtigt ist, die rechtlichen, technischen oder wirtschaftlichen Bedingungen für unmittelbar offene Dekoder zu schaffen. 558 Gesetz 10/1988. 559 Nach Information von europemedia.net sieht ein neuer Vorschlag der Regierung vor, die Beteiligungsgrenzen aufzuheben. Weiter soll demnach ein einzelnes Unternehmen künftig mehr als 5% der Anteile zweier verschiedener Rundfunkveranstalter halten können. Abrufbar unter http://www.europemedia.net/shownews.asp?ArticleID=13077, abgerufen am 29.10.2002. Der geplanten Fusion der digitalen Pay-TV-Plattformen Canal Satélite Digital und Via Digital stimmte das spanische Kartellamt am 15.11.2002 unter Auflagen zu. Das neue Unternehmen dürfte danach u.a. die Fußballrechte der ersten spanischen Liga nur für jeweils drei Jahre erwerben. Ein durch die spanische Regierung zu bestimmender Teil der Kanäle der neuen Plattform müsste dritten Anbietern zur Verfügung gestellt werden. Die vorangegangene Entscheidung der Kommission vom 14.8.2002 nach Art. 9 Abs. 2 Buchstabe a) Fusionskontrollverordnung ist abrufbar unter http://europa.eu.int/comm/competition/mergers/cases/decisions/m2845_es.pdf, abgerufen am 19.11.2002. Der spanische Minister für Wissenschaft und Technologie Piqué deutete laut einer Meldung der epd medien an, Telefónica müsse sich entscheiden, ob sie ihre Beteiligung am Fernsehsender Antena 3 oder die an Vía Digital aufgebe, epd medien Nr. 91 vom 20.11.2002, S. 22. Am 29.11.2002 genehmigte die spanische Regierung die Fusion unter Auflagen. 560 Gemeint sind auch hiermit die Betreiber der digitalen Pay-TV-Plattformen. 139 • EPG und API Für EPG enthält das spanische Recht bislang keine Regelungen. Hinsichtlich der Verwendung von offenen API haben die wichtigsten spanischen Rundfunkveranstalter im Februar 2002 eine Erklärung verabschiedet, die die künftige Verwendung von MHP als offenen Standard empfiehlt, bislang wird MHP jedoch noch von keinem der Veranstalter eingesetzt. 3.4.1.4.1.3 Umsetzung von EG-Richtlinien Nahezu alle561 medienrelevanten Richtlinien wurden bislang ins spanische Recht umgesetzt. So findet sich die Umsetzung der Fernsehrichtlinie im spanischen Gesetz 25/1994562. Die TVNormen-Richtlinie wurde durch das Gesetz 17/1997563 in das spanische Recht eingegliedert, die Bestimmungen der Kabel- und Satellitenrichtlinie wurden zusammen mit anderen urheberrechtlichen Richtlinien in die Verordnung 1/1996 zum Urheberrecht aufgenommen. Die meisten dieser Rechtsakte entsprechen im Wortlaut den jeweiligen Richtlinientexten. Das neue Kommunikations-Richtlinienpaket wird voraussichtlich keinen wesentlichen Umsetzungsbedarf im spanischen Medienrecht hervorrufen, da die spanische Rechtsordnung die meisten Regulierungsgrundsätze und -maßnahmen bereits beinhaltet. 3.4.1.5 Großbritannien 3.4.1.5.1 Rechtliche Rahmenbedingungen 3.4.1.5.1.1 Bestimmungen mit Bedeutung für die Satellitenverbreitung Der Rechtsrahmen für den Bereich des Rundfunks, einschließlich der Satellitenverbreitung, wird im Wesentlichen vom Broadcasting Act von 1990 und den (ersteren abändernden und ergänzenden) Broadcasting Act 1996 vorgegeben564. Mit dem Gesetz von 1990 wurde die Independent Television Commission (ITC) gegründet, die als reine Regulierungsbehörde für die Lizenzvergabe und Regulierung des gesamten kommerziellen Rundfunks in Großbritannien zuständig ist. Sie reguliert die Rundfunkveranstalter, mit Ausnahme der BBC, sowohl in technischer als auch in inhaltlicher Hinsicht, unabhängig davon, ob sie ihre Programme über Satellit, Kabel oder auf terrestrischem Weg verbreiten. Satellitenbetreiber und -dienstanbieter benötigen allerdings zusätzlich zur Rundfunklizenz (Rundfunkzulassung) der ITC eine telekommunikationsrechtliche Lizenz, die ihnen bislang die TelekommunikationsRegulierungsbehörde Office of Telecommunication (OFTEL) erteilt. Die Erteilung von Lizenzen für Satellitenfernsehdienste wird im Broadcasting Act in einem gesonderten Teil behandelt. Die frühere Differenzierung zwischen inländischen und ausländischen Satellitendiensten danach, ob eine britische Frequenz zur Übertragung genutzt wird, 561 Mit Ausnahme der Richtlinie 98/84/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über den rechtlichen Schutz von zugangskontrollierten Diensten und von Zugangskontrolldiensten. Vgl. hierzu die Pressemitteilung der Kommission IP/02/455 vom 22.3.2002. 562 In der Fassung der Änderungsgesetze 22/1999 und 15/2001. 563 In der Fassung der Änderungsverordnung 16/1997. 564 Dieser Rechtsrahmen wird durch verschiedene untergeordnete Rechtsakte ergänzt und konkretisiert. Für Satellitenfernsehdienste ist insbesondere die Rundfunk-Verordnung über Satellitenfernsehen vom 10.7.1997 von Bedeutung. 140 wurde 1997565 aufgehoben. Demnach benötigt jeder Satellitenfernsehdienstanbieter mit Sitz in Großbritannien eine Rundfunklizenz (Satellite Television Service Licence), unabhängig davon, ob der Empfang der Dienste in einem anderen Land bezweckt ist oder ob die Dienste direkt oder über die Einspeisung in ein Kabelnetz an die Empfänger weitergeleitet werden. Der Lizenznehmer wird dazu verpflichtet Übertragungssysteme zu verwenden, die mit Art. 2 der TV-Normen-Richtlinie566 in Einklang stehen. Inhaltlich müssen die angebotenen Dienste die in den ITC-Codes über Programminhalte, Werbung und Sponsoring niedergelegten Anforderungen erfüllen. Auch wettbewerbsrelevante Verpflichtungen sind in der Lizenz enthalten. So darf der Lizenznehmer keine Praktiken anwenden oder Vereinbarungen eingehen, die für den Wettbewerb im Bereich der lizenzierten Dienste nachteilig wären. Außerdem muss der Lizenznehmer die Empfehlungen, Vorschriften und Leitlinien der ITC hinsichtlich des Wettbewerbsverhaltens befolgen. Ende 2000 existierten 325 geltende Satellitendienstlizenzen. Dennoch gibt es in Großbritannien tatsächlich nur einen Anbieter (BSkyB), von dem die Zuschauer Rundfunkinhalte über eine (digitale) Satellitenplattform beziehen. Die meisten anderen Anbieter, die eine ITCLizenz erhalten haben, zielen mit ihrem Angebot auf bestimmte ethnische Gruppen in und außerhalb Großbritanniens, aber auch auf Publikum in anderen europäischen Ländern ab. Für Anbieter von Fernsehdiensten sind neben den Bestimmungen der beiden Broadcasting Acts auch einige Vorschriften aus dem Bereich des Telekommunikationsrechtes von Bedeutung. So enthält die Verordnung über fortgeschrittene Fernsehdienste567 Bestimmungen, wonach Anbieter von Zugangsberechtigungsdiensten (Conditional Access Services) eine telekommunikationsrechtliche Lizenz von der Regulierungsbehörde OFTEL benötigen. Bei dieser Genehmigung handelt es sich um eine Gruppenlizenz, die für Anbieter verschiedener Dienste, wie z.B. Anbieter von Verschlüsselungsdiensten, von Kunden- bzw. Abonnentenverwaltungsdiensten und Anbieter von Zugangsberechtigungsdiensten, gleichermaßen gilt. Den Anbietern wird durch die Lizenz auferlegt, ihre Dienste zu gleichen, angemessenen und nicht-diskriminierenden Bedingungen bereitzustellen, unabhängig vom Grad ihrer Marktmacht im jeweils relevanten Markt. OFTEL hat in Bezug auf die Interpretation der Verordnung und der Lizenzbestimmungen einige Leitlinien erlassen568. Auch die ITC beschäftigte sich bereits mit Zugangsberechtigungsdiensten. Sie führte 1998 eine öffentliche Konsultation zu Interoperabilitätsstandards von Verschlüsselungssystemen durch, mit dem Ziel sicherzustellen, dass Zuschauer genügend Vertrauen haben, in digitales Fernsehen zu investieren. Nach Ansicht der ITC ist hierfür Voraussetzung, dass das erworbene Equipment für digitales Fernsehen Zugang zu sämtlichen digitalen Diensteplattformen ermöglicht. Die Konsultation führte zu einer Festlegung technischer Spezifikationen für alle digitalen Plattformen. Satelliten- und Kabeldienstanbieter werden hierdurch zwar nicht ver- 565 Auf Grund der Entscheidung des EuGH, C-222/94, Slg. 1996, I-4025 – Kommission/Vereinigtes Königreich, durch die Rundfunk-Verordnung über Satellitenfernsehen vom 10.7.1997, S.I. 1997/1174. 566 Richtlinie 95/47/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates über die Anwendung von Normen für die Übertragung von Fernsehsignalen, vom 24.10.1995, ABl. L 281/51 vom 23.11.1995. 567 Advanced Television Services Regulations 1996 (SI 1996/3151 und SI 1996/3197), mit denen die Richtlinie 95/47/EG in britisches Recht umgesetzt wurde. 568 Terms of supply of conditional access: Oftel guideline, vom 22.10.2002, abrufbar unter http://www.oftel.gov.uk/publications/broadcasting/2002/cagu1002.htm, abgerufen am 8.11.2002. Eine Streitigkeit zwischen ITV und der Servicegesellschaft von BSkyB, SSSL ltd., über die Angemessenheit der geforderten Entgelte wurde am 22.10.2002 durch Oftel zu Gunsten letzterer entschieden, Pressemitteilung OFTEL abrufbar unter http://www.oftel.gov.uk/press/releases/2002/pr61_02.htm, abgerufen am 8.11.2002. 141 pflichtet, "plug-in-modul-Versionen" der von ihnen bereitgestellten und auf proprietären Technologien basierenden Receiver zu unterstützen; bei Fernsehgeräten, die CA-Systeme als festen Bestandteil integriert haben, muss jedoch die Möglichkeit gegeben sein, Systeme konkurrierender Anbieter ebenfalls anzuschließen. In Bezug auf elektronische Programmführer (EPG) hat die ITC darüber hinaus einen Verhaltenskodex569 aufgestellt, der den Anbietern von EPG's eine Reihe von Pflichten auferlegt, um sicherzustellen, dass Rundfunkveranstalter einen chancengleichen, angemessenen und nicht-diskriminierenden Zugang zu den angebotenen Diensten erhalten570. So darf z. B. ein Anbieter eines EPG, der gleichzeitig auch Rundfunkveranstalter ist, seinen eigenen oder zugehörigen Fernsehdiensten keinen Vorrang einräumen und es darf kein Unterschied zwischen dem Zugang zu seinen Diensten und denen anderer Rundfunkveranstalter bestehen. Der Broadcasting Act von 1990 in der Fassung von 1996 enthält in seinem Anhang 2 auch einige allgemein für Medienunternehmen geltende Konzentrationsregeln. Demnach dürfen z.B. keine Programmlizenzen (Rundfunkzulassungen) erteilt werden, wenn ein Gesamtzuschaueranteil von 15% überschritten wird. Außerdem enthält der Anhang einige Bestimmungen zur Beschränkung medienübergreifender Beteiligung von Unternehmen an Programmveranstaltern. Diesbezüglich ist von Bedeutung, dass es kein rechtliches Hindernis für Zeitschriftenverleger gibt, eine Satellitenrundfunklizenz zu erhalten. Die geltenden Medienkonzentrationsbestimmungen werden allerdings im Zuge einer umfassenden Reform des Rundfunkrechts geändert werden, wobei der Trend eher dahin geht, die bestehende Regulierung zu lockern571. 3.4.1.5.1.2 Umsetzung von EG-Richtlinien Zu den für die vorliegende Untersuchung relevanten Richtlinien zählen insbesondere die Fernsehrichtlinie572 und die Kabel- und Satellitenweiterverbreitungsrichtlinie573. • Fernsehrichtlinie Die umgesetzten Bestimmungen dieser Richtlinie finden sich im gesamten rundfunkbezogenen Rechtsrahmen wieder, es existiert also kein Regelungswerk, das speziell nur die Vorgaben der Richtlinie umsetzt. So wurde das Sendestaatsprinzip aus Art. 2 der Richtlinie ursprünglich in Art. 43 des Broadcasting Act von 1990 umgesetzt, später jedoch wurde diese Vorschrift durch die Satellitenfernsehverordnung von 1997 ersetzt. Der Broadcasting Act von 1990 enthält darüber hinaus noch die Bestimmung, dass Rundfunksendungen in bestimmten 569 ITC Code of Conduct on Electronic Programme Guides, June 1997. 570 Zum Streit über die Platzierung der BBC im EPG von BSkyB siehe die Meldung des MediaGuardian vom 31.3.2003, abrufbar unter http://media.guardian.co.uk/broadcast/story/0,7493,926660,00.html, abgerufan am 3.4.2003. 571 Draft Communication Bill, abrufbar unter www.communicationsbill.gov.uk; abgerufen am 8.11.2002, sowie – zum aktuellen Stand der Beratungen – DocuWatch Digitales Fernsehen 3/02, S. 11f. Vgl. dazu auch sogleich. 572 Richtlinie 89/552/EWG zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit (Fernsehrichtlinie), vom 3.10.1989, ABl. 298/23 vom 17.10.1989, geändert durch die Richtlinie 97/36/EG vom 19.6.1997, ABl. L 202/60 vom 30.7.1997. 573 Richtlinie 93/83/EWG zur Koordinierung bestimmter urheber- und leistungsschutzrechtlicher Vorschriften betreffend Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung, vom 27.9.1993, ABl. L 248/15 vom 6.10.1993. 142 Fällen verboten werden können. Gemäß Art. 177 kann der Staatssekretär durch Verfügung574 und auf Empfehlung der ITC die Ausstrahlung "inakzeptabler" ausländischer Satellitensendungen verbieten. Als inakzeptabel gelten Sendungen, die gegen den Anstand oder die guten Sitten verstoßen oder die zu Kriminalität anregen oder eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellen können. In dieser Bestimmung spiegelt sich die in Art. 2 in Verbindung mit den Art. 22 und 22a der Fernsehrichtlinie enthaltene Ermächtigung wider, die es den Mitgliedstaaten erlaubt, bestimmte Rundfunksendungen innerhalb ihres Staatsgebietes zu untersagen. Teil IV des Broadcasting Acts enthält die Regeln über die gesellschaftlichen Ereignisse von besonderer Bedeutung, die in Art. 3a der Fernsehrichtlinie erwähnt sind. Die weiteren inhaltsbezogenen Bestimmungen der Fernsehrichtlinie werden durch entsprechende Leitlininien und Codes der ITC umgesetzt. • Kabel- und Satellitenrichtlinie Diese Richtlinie wurde mit der Copyright and Related Rights Regulation 1996 umgesetzt. Durch diese Verordnung wurde der Copyright, Patents and Designs Act 1988 (CPDA) geändert, die Richtlinienvorgaben in Bezug auf die Satellitenweiterverbreitung finden sich im Wesentlichen in Art. 6 sowie in Art. 144A des CPDA. Darin enthalten ist auch das Herkunftslandsprinzip, wonach Rechtsverstöße bei der Satellitenweiterverbreitung nach dem Recht des Landes beurteilt werden, in dem die Signale in das Kommunikationssystem zum ersten Mal eingespeist wurden. • Bedeutung des neuen Kommunikations-Richtlinienpakets Der rundfunkrechtliche Rahmen wird derzeit in Großbritannien im Hinblick auf die technische Konvergenz zwischen Rundfunk und Telekommunikation grundlegend überarbeitet575. Bei dem Entwurf eines Kommunikationsgesetzes wurde die Gelegenheit ergriffen, auch die Vorgaben des neuen Richtlinienpakets zu implementieren. Bereits dem Titel des Gesetzesentwurfes "Communication Bill" ist zu entnehmen, dass die darin enthaltenen Vorschriften sowohl den Bereich der Telekommunikation als auch den Bereich des Rundfunks sowie anderer Kommunikationsdienste betreffen. Mit Blick auf die Besitzverhältnisse im digitalen Satellitenfernsehen, das durch die Satellitenplattform BSkyB wesentlich geprägt wird, sieht der Regierungsentwurf vor, die zuständigen Minister zu ermächtigen, einen Must-CarryVorbehalt anzubringen, sollten wirtschaftliche Vereinbarungen der Beteiligten nicht zu einem zufriedenstellenden Ergebnis führen. Auch Regelungen in Bezug auf Zugangsberechtigungssysteme (Conditional Access Systeme) und Programmschnittstellen (API) sind im Entwurf vorgesehen. Des Weiteren werden die Zuständigkeiten und Pflichten der bereits neu gegründeten Regulierungsbehörde576 OFCOM festgelegt, die sowohl für die Regulierung von Kommunikationsnetzen als auch von Kommunikationsdiensten verantwortlich sein wird. Insgesamt werden sämtliche Vorgaben der einzelnen Richtlinien durch das geplante Kommunikationsgesetz und durch untergeordnete Rechtsakte umgesetzt. 574 Z.B. Foreign Satellite Proscription Order SI 1997/1150. 575 Die britische Regierung legte am 20.11.2002 ihren abschließenden Entwurf zur neuen Kommunikationsgesetzgebung vor, abrufbar unter: http://www.parliament.the-stationeryoffice.co.uk/pa/cm200203/cmbills/006/2003006.htm, abgerufen am 22.11.2002. 576 Vgl. Gesetz über die Errichtung des "Office of Communications" 2002, 19.3.2002. 143 3.4.1.6 Polen 3.4.1.6.1 Rechtliche Rahmenbedingungen 3.4.1.6.1.1 Geltendes Recht Die wesentlichen rundfunkrechtlichen Bestimmungen finden sich im polnischen Telekommunikationsgesetz577 sowie im Rundfunkgesetz578. Beide Regelungswerke enthalten lediglich allgemeine Vorgaben, die sich nicht auf einen bestimmten Verbreitungsweg (z.B. Satellit) oder Dienst beziehen. Das Telekommunikationsgesetz regelt die Kompetenzen der Aufsichtsinstanzen im Telekommunikations- und Rundfunkbereich und legt fest, dass ausschließlich der National Rundfunkrat (KRRiT) für die Erteilung von Rundfunkzulassungen unabhängig von der Art der Programmverbreitung zuständig ist, und dass er die Registrierungsbehörde für Programme, die über das Kabelnetz verbreitet werden, darstellt. Außerdem wird die Zusammenarbeit des KRRiT mit dem Amt für die Regulierung von Post und Telekommunikation (URT) geregelt. Frequenzen werden, im Anwendungsbereich des Art. 37 des Rundfunkgesetzes, vom Präsidenten des KRRiT in Abstimmung mit dem Präsidenten des URT vergeben. Gemäß Art. 37 Abs. 3 erfolgt die Frequenzvergabe bei Erteilung der Rundfunkzulassung. Das bedeutet, dass die Vergabe unabhängig vom Übertragungsweg der zu verbreitenden Signale ist und zeitlich mit der Zulassungserteilung zusammenfällt. In Bezug auf die technischen Parameter der Signalübertragung579 muss die Erteilung der Rundfunkzulassung mit dem Präsidenten des URT abgestimmt werden580. Vom Zulassungserfordernis sind öffentlich-rechtliche Rundfunkveranstalter allerdings ausgenommen. Die für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk erforderlichen Frequenzen werden per Beschluss vom KRRiT in Absprache mit dem URT festgelegt. Außerdem enthält das geltende Rundfunkgesetz in Art. 35 eine Bestimmung zur Medienkonzentration. Demnach darf eine Zulassung nicht erteilt werden, wenn das Stammkapital des Antragstellers zu mehr als 33% aus ausländischen Quellen stammt, oder wenn ausländische Unternehmen durch vertragliche Vereinbarung mehr als 33% der Stimmanteile besitzen. Von den genannten Regelungen abgesehen enthält das geltende polnische Recht keine Vorschriften, die für den Zugang zu einzelnen Diensten oder Übertragungswegen (wie etwa die Satellitenverbreitung) relevant sind. Insbesondere hinsichtlich digitaler Rundfunkdienste existieren keine gesonderten Bestimmungen. Aufgrund der zahlreichen Veränderungen im Rundfunkbereich durch die Digitalisierung wird in Polen bereits an einer umfassenden Reform des geltenden Rechts gearbeitet. 3.4.1.6.1.2 Reformpläne Obwohl der KRRiT kein Initiativrecht zur Einbringung von Gesetzen besitzt, hat er bereits 1997 vorgeschlagen, den digitalen Rundfunk im Rundfunkgesetz zu regulieren. Erneut reichte der KRRiT 1999 bei der Regierungskanzlei einen Änderungsvorschlag in Bezug auf das 577 Telekommunikationsgesetz vom 21.7.2000, in der Fassung der letzten Änderung vom 1.3.2002. 578 Rundfunkgesetz vom 29.12.1992, zuletzt geändert durch das Telekommunikationsgesetz vom 21.7.2000. 579 Diese werden in Art. 37 Abs. 1, Nummer 3 des Rundfunkgesetzes genannt. 580 Vgl. Art. 37 Abs. 3 des Rundfunkgesetzes. 144 Rundfunkgesetz ein. Dieser Vorschlag legte ausführlich dar, in welchen Bereichen aufgrund der Entwicklung digitaler Technologien Regulierungsbedarf besteht. Die vorgeschlagenen Änderungen befassten sich z. B. auch mit Anbietern von Zugangsberechtigungsdiensten und elektronischen Programmführern. Im neuesten Entwurf vom Februar 2002 werden zusätzlich neue Begriffsbestimmungen in Bezug auf digitale Technologien eingeführt und Marktregelungen für Rundfunkveranstalter vorgesehen. Konkret fordert der KRRiT derzeit unter anderem folgende Änderungen: – Betreiber von Zugangsberechtigungssystemen sollen dazu verpflichtet werden, ihre Dienste zu angemessenen, gleichen und nicht-diskriminierenden Bedingungen anzubieten. Die technisch zu erfüllenden Voraussetzungen sollen durch Verordnungen des KRRiT nach Inkrafttreten der Änderungen konkretisiert werden. Diese Verordnungen sollen auch die Anforderungen für EPG's festlegen. – Außerdem wird gefordert, den terrestrischen digitalen Rundfunk zu lizenzieren und die digitale Satellitenverbreitung zu registrieren. – Die im geltenden Art. 35 vorgeschriebenen Beteiligungsbeschränkungen sollen ab dem Zeitpunkt des Beitrittes zur EU aufgehoben werden, für nicht EU-angehörige Unternehmen sollen die Beteiligungsgrenzen auf 49% angehoben werden. – In einem neugefassten Art. 36 soll festgelegt werden, dass eine Rundfunkzulassung nicht erteilt werden darf, wenn die Verbreitung der Programmdienste des Antragstellers zu einer marktbeherrschenden Stellung führen würde. Aktuell ist im Hinblick auf den geplanten Beitritt zur EU auch die Umsetzung des neuen Kommunikations-Richtlinienpaketes in polnisches Recht von großer Bedeutung. Derzeit ist allerdings noch nicht absehbar, welche konkreten Änderungen im Rundfunkgesetz und im Telekommunikationsgesetz auf Grund des neuen Rechtsrahmens vorzunehmen sind581. 3.4.1.7 USA 3.4.1.7.1 Rechtliche Rahmenbedingungen 3.4.1.7.1.1 Geltendes Recht Die beiden bedeutendsten Gesetzesgrundlagen für die Medienindustrie in den USA sind der 1992 Cable Act und der 1996 Telecommunications Act, der trotz seines Namens nicht nur die Grundlagen für die Deregulierung der Telekommunikationsbranche gelegt hat, sondern auch zahlreiche Bestimmungen für Rundfunk, TV-Kabel- und Satellitenbetreiber enthält. So erlaubte es der 1996 Telecommunications Act beispielsweise anderen Infrastrukturbetreibern, etwa Telefongesellschaften, erstmals, über ihre Infrastruktur Fernsehprogramme zu verbreiten. Die wichtigste, speziell auf den Satellitenfernseh-Bereich zugeschnittene gesetzliche Bestimmung ist der Satellite Home Viewers Improvement Act (SHVIA) von 1999582. Demnach dürfen Satelliten-TV-Betreiber Kunden mit lokalen Sendern ihrer eigenen Region versorgen. Die zuvor geltende Beschränkung auf landesweite Sender war ein signifikanter Wettbewerbsnachteil für die Satellitenanbieter. In einer Übergangsphase während der Jahre 2000 und 2001 581 Es wird jedoch allgemein angenommen, dass nach Abschluss des Europäischen Rats von Brüssel, der die letzte Phase der Beitrittsverhandlungen mit den Kandidatenländern einleitete, die Umsetzung des acquis communautaire einen verstärkten Anpassungsdruck ausüben wird. Die polnische Rundfunk- und Telekommunikationsordnung wird damit auch die hier einschlägigen Bestimmungen der TV-Normen-Richtlinie in ihrer Neufassung durch die Zugangs- und Universaldienst-Richtlinien zügig aufzunehmen haben. 582 Abrufbar unter http://www.fcc.gov/mb/shva/shviafac.html, abgerufen am 8.11.2002. 145 konnten die Betreiber zunächst wählen, welche lokalen Kanäle sie ausstrahlen. Seit dem 1. Januar 2002 müssen sie in jeder Region, in der sie sich für die Ausstrahlung von Lokalsendern entscheiden, alle Sender anbieten, die einen entsprechenden Antrag stellen. Eine Klage von Echostar gegen diese “Must-Carry-rule” wurde im Juni 2002 abgewiesen. Bei der Abgrenzung der Regionen teilt die Federal Communications Commission (FCC) die USA in 212 einzelne Medienmärkte teilt. Derzeit strahlen Echostar und DirecTV in 42 dieser Märkte lokale Sender aus. Beide Unternehmen hatten jedoch Fusionspläne bekanntgegeben. Für den Fall, dass der Zusammenschluss genehmigt worden wäre583, hatten sie die Ausweitung der lokalen Angebote auf zunächst 100 Märkte zugesagt. In dem Maß, in dem durch die Zusammenlegung der Satellitenfrequenzen und die Eliminierung von Doppelausstrahlungen zusätzlicher Sendeplatz verfügbar würde, sollte das Angebot auf alle Märkte in den USA ausgedehnt werden. Abgesehen von den genannten gesetzlichen Bestimmungen ist für die US-amerikanische Rundfunkregulierung die FCC von zentraler Bedeutung. Ihr obliegt sowohl die Ausarbeitung von Einzelregelungen, ihre Überwachung, die Lizenzvergabe, die Streitentscheidungsbefugnis, und die Genehmigung von Fusionen im Medien- und Kommunikationsbereich. Die FCC wurde 1934 durch den Federal Communications Act gegründet und ist von staatlichem Einfluss relativ unabhängig. So können die vom Präsidenten mit Zustimmung des Senats auf 5 Jahre ernannten Kommissionsmitglieder nicht abgesetzt werden. Seit ihrer Gründung ist die FCC auch für die Regulierung des Telekommunikationssektors zuständig, so dass sie in der Lage ist, durch die Konvergenz auftretende Probleme umfassend eigenständig angehen zu können. Lizenzen (Rundfunkzulassungen) werden von der FCC unter Berücksichtigung der Kriterien des öffentlichen Nutzens, Interesses oder Bedarfs vergeben. Lizenzen müssen für Rundfunksender alle fünf Jahre und für Hörfunksender alle sieben Jahre erneuert werden. In Bezug auf Beteiligungen ausländischer Unternehmen sehen die Lizenzbedingungen vor, dass Gesellschaften mit ausländischen Direktoren oder mit einem ausländischen Kapitalanteil von mehr als 20% keine Rundfunklizenzen erhalten dürfen. Im Hinblick auf die Medienkonzentration hat die FCC einige Besitzregeln (sog. "ownership rules") erlassen. Diese Regeln verbieten derzeit, dass • ein Unternehmen, das sowohl Übertragungsinfrastruktur als auch Programm-inhalte besitzt, Exklusivverträge zwischen diesen beiden Einheiten abschließt. In einer weitergehenden Auslegung sind Exklusivverträge zwischen vertikal integrierten Medienunternehmen und Kabelbetreibern generell untersagt (Program Access Rule). Die FCC verlängerte im Juni 2002 die Gültigkeitsdauer der 1992 eingeführten Regelung um weitere fünf Jahre bis Oktober 2007. • ein Unternehmen Fernsehsender besitzt, die zusammen mehr als 35% aller Zuschauer erreichen (National Television Ownership Rule). • ein Unternehmen eine Zeitung und einen Fernsehsender im gleichen lokalen Markt besitzen darf. Lediglich gleichzeitiger Besitz, der vor Erlass der Regel im Jahr 1975 bereits bestand, ist weiterhin erlaubt (Newspaper-Broadcast-Ownership-Rule). 583 Die FCC hat die Fusion am 10.10.2002 (Pressemitteilung FCC abrufbar unter http://hraunfoss.fcc.gov/edocs_public/attachmatch/DOC-227263A1.pdf, abgerufen am 8.11.2002) untersagt, zu den generellen Überlegungen in diesem Zusammenhang vgl. nachstehend 3.4.1 7.1.2. 146 • ein Unternehmen mehr als 30% der gesamten Kabelhaushalte in den USA mit seinem Netz bedient (National Cable Ownership Rule). Diese Regelung, die in der Folge des 1992 Cable Act erlassen wurde, wurde jedoch kurz nach ihrer Einführung von einem Gericht angefochten und daher nie umgesetzt. • ein Unternehmen mehr als acht Radiosender in einer Region besitzen darf. • ein Unternehmen mehr als zwei Fernsehsender in einer Region besitzen darf. Gibt es in der Region weniger als acht unabhängige Medien-Betriebe, liegt die Obergrenze bei einem Fernsehsender. Darüber hinaus darf kein Unternehmen zwei Sender besitzen, die beide zu den vier größten in einer Region gehören (Local Television Ownership Rule, ergänzt 1999). Darüber hinaus überwacht die FCC die Preis- und Vertragsgestaltung von Programmanbietern, deren (Mutter-) Konzerne auch Kabelbetreibern gehören, um die Diskriminierung von Wettbewerbern, vor allem Satelliten-TV-Betreibern, beim Einkauf dieser Programminhalte zu verhindern. Die Regeln der FCC untersagen es den vertikal integrierten Sendern, Infrastrukturbetreiber außerhalb ihres eigenen Konzerns beim Preis oder sonstigen Vertragsbedingungen zu benachteiligen. Sie verbieten außerdem dem Kabelbetreiber, die Verhandlungen mit Konkurrenten zu beeinflussen584. 3.4.1.7.1.2 Öffentliche Diskussion und Reformpläne Die Ausgestaltung der Fusionskontrolle und der Medienlizenzierung dergestalt, dass sowohl wirtschaftliche Freiheit als auch die größtmögliche Informationsvielfalt gewahrt bleiben, ist ein Schwerpunkt in der derzeitigen Diskussion über eine umfassende Reform der Regeln, auf denen die Medienregulierung der FCC beruht585. Auch die genannten Besitzregeln sollen neu gefasst werden, um die bisherigen Einzelerlasse durch ein kohärentes Regelwerk zu ersetzen586. Außerdem plant die FCC, im Anschluss an diese Reform Regelungen zum gleichzeitigen Besitz von Kabel- und Satelliten-TV-Betreibern zu erlassen. 584 In der Praxis erweist sich die Überwachung dieser Regeln als schwierig, wie die zahlreichen Beschwerden kleiner Infrastrukturbetreiber bei der FCC zeigen. Nicht-Kabel-Infrastruktur-Betreiber, neben den Satellitenbetreibern vor allem Unternehmen, die Fernsehen, Telefon und Internetzugang per Glasfaserleitung an Privathaushalte abgeben, berichten von Schwierigkeiten, Programminhalte von vertikal integrierten Kabelbetreibern sowie von unabhängigen Programmanbietern zu beziehen, da letztere häufig Exklusivverträge mit großen Kabelbetreibern vorziehen. Die Federal Communications Commission (FCC) verlängerte am 13.6.2002 bis zum 5.10.2007 das an Kabelgesellschaften gerichtete Verbot, Exklusivverträge über die Weiterleitung von Fernsehprogrammen abzuschließen. Damit ist abgesichert, dass auch die Bereiche des Landes, die nicht via Kabel, sondern via Satellit versorgt werden, diese Programme empfangen können. Auch kleinere, regionale Kabelunternehmen profitieren von dieser Regel. Der amerikanische Kongress hatte bestimmt, dass das Verbot am 5.10.2002 auslaufen sollte, hatte aber gleichzeitig die FCC ermächtigt, zu überprüfen, ob es aufrecht zu erhalten sei. Die FCC entschied, dass das Verbot der Exklusivverträge weiterhin benötigt werde, um Wettbewerb und Vielfalt zu erhalten und zu schützen. 585 Jüngst veröffentlichte die FCC zwölf von ihr erstellte Studien, die die Reform der Medienkonzentrationsbestimmungen vorbereiten soll. Die Übersicht ist abrufbar unter http://www.fcc.gov/ownership/studies.html, abgerufen am 21.11.2002. Eine Übersicht über die Regelungen findet sich unter http://www.fcc.gov/ownership/, abgerufen am 21.11.2002. Zur Diskussion der Zugangsansprüche von Internet Service Providern zum Breitbandkabel in den USA Wagner, MMR 2001, 659. 586 Die Ausarbeitung eines solchen Regelwerks begann im Mai 2002 und wird mindestens ein Jahr dauern. 147 Ein weiteres Diskussionsthema, das die Medienkonzentration betrifft, war die geplante587 Fusion der beiden Satelliten-TV-Betreiber Echostar und DirecTV. Eines der wichtigsten Kriterien für die Entscheidung der FCC war, wie sie die regional unterschiedliche Wettbewerbssituation in den USA zu bewerten hatte. Denn während in vielen städtisch geprägten Gebieten die Satelliten-Betreiber häufig die einzige Konkurrenz zu dem örtlichen Kabelbetreiber darstellen, sind sie in ländlichen Gebieten, die nicht von Kabelnetzen versorgt werden, meist die einzigen Anbieter von nicht frei empfangbaren Sendern. Für Haushalte außerhalb der Reichweite von Kabelnetzen hätte die Fusion von DirecTV und Echostar die Verringerung der Zahl der Anbieter von zwei auf nur noch einen bedeutet. Die dann zweifellos zur Entstehung gelangte Marktmacht eines einzelnen großen Satelliten-TV-Betreibers mit 16 Millionen Abonnenten und zweistelligen jährlichen Zuwachsraten betrachteten die Befürworter der Fusion als nötiges Gegengewicht zur Konzentration der TV-Kabel-Betreiber. Dort steht der Kauf von AT&T Broadband durch Comcast kurz vor dem Abschluss588, was einen marktführenden Anbieter mit 22 Millionen Kunden und einem Marktanteil von knapp unter 30% schaffen wird, etwa doppelt so groß wie der nächstgrößte Kabelbetreiber AOL Time Warner. 3.4.2 Zusammenfassung Betrachtet man die Ergebnisse der Auslandsuntersuchung, so wird deutlich, dass nicht nur in Deutschland, sondern auch in den untersuchten Ländern die Verbreitung von Rundfunk über Satellit nicht im Mittelpunkt des Interesses der letzten Zeit stand. Dies liegt zum Teil darin begründet, dass die Rundfunkversorgung in einigen Ländern zu einem hohen Prozentsatz durch andere Verbreitungswege gewährleistet wird, wie etwa das Beispiel Spanien zeigt589. Daneben gilt auch für das Ausland, dass die Verbreitung über Satellit bisher gut funktionierte. Ein Länderbeispiel, in dem das Problem der Vielfaltssicherung explizit und umfassend für den Bereich der Satellitenverbreitung erkannt wurde, Lösungen diskutiert und anschließend umgesetzt wurden, gibt es nicht. Die Zugangsberechtigung der Fernsehzuschauer und -veranstalter zu digitalen Fernsehdiensten in der Europäischen Gemeinschaft ist in Richtlinie 95/47/EG geregelt, siehe dazu die Ausführungen unter 3.3.2.1.2590. Interessant ist jedoch der Ansatz der Schweiz, Anbieter tech- 587 Die FCC hat die Fusion am 10.10.2002 (Pressemitteilung FCC abrufbar unter http://hraunfoss.fcc.gov/edocs_public/attachmatch/DOC-227263A1.pdf, abgerufen am 8.11.2002) untersagt. Das US-Justizministerium hat aus den gleichen Gründen am 31.10.2002 eine kartellrechtliche Klage gegen die Fusion vor dem U.S. District Court in Washington, D.C., erhoben. Die Pressemitteilung des USJustizministeriums ist abrufbar unter http://www.usdoj.gov/opa/pr/2002/October/02_at_631.htm, abgerufen am 21.11.2002. Nach aktuellen Pressemeldungen ist Rupert Murdochs News Corporation (wieder) an einer Übernahme von DirecTV interessiert. Vgl. z.B. http://media.guardian.co.uk/broadcast/story/0,7493,846235,00.html, abgerufen am 28.11.2002. 588 Die FCC hat am 13.11.2002 den Transfer von Lizenzen und sonstigen Rechten von AT&T Corp. und Comcast Corp. auf die durch die Fusion entstehende AT&T Comcast Corp. genehmigt. Die Entscheidung steht unter der Bedingung, dass AT&T Comcast seinen Anteil an Time Warner Entertainment L.P. (TWE) unter Treuhandverwaltung stellt und sich innerhalb von fünfeinhalb Jahren nach dem Abschluss des Deals vollständig von dieser Beteiligung trennt. Die Entscheidung der FCC ist abrufbar unter http://hraunfoss.fcc.gov/edocs_public/attachmatch/FCC-02-310A1.pdf, abgerufen am 21.11.2002. Das USamerikanische Justizministerium wird nicht gegen die Fusion vorgehen (Pressemitteilung vom 13.11.2002 abrufbar unter http://www.usdoj.gov/opa/pr/2002/November/02_at_671.htm, abgerufen am 21.11.2002). 589 Zu den nationalen Marktlagen oben 2.2.1. 590 Richtlinie 95/47/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates über die Anwendung von Normen für die Übertragung von Fernsehsignalen, vom 24.10.1995, ABl. L 281/51 vom 23.11.1995, die Richtlinie war umzusetzen bis 24.11.1996, Art. 8 Abs. 1, Art. 9. 148 nischer Vorrichtungen (z.B. Set-Top-Box) und Dienste (z.B. Conditional Access, Navigationshilfen) zu verpflichten, Programmveranstaltern oder Fernmeldediensteanbietern Zugang zu chancengleichen, angemessenen und nicht diskriminierenden Bedingungen zu gewähren, wobei die Bedingungen relativ zur Gruppe der Anbieter gelten: Z.B. müssen alle Zugangsberechtigen, alle Pay-TV-Veranstalter oder alle Fernmeldedienste innerhalb ihrer Gruppe gleich behandelt werden591. Bezüglich des Zugangs der Zuschauer zu Inhalten ist die Handhabe der SRG interessant, die ihre digitalen Programme verschlüsselt ausstrahlt: Gegen eine einmalige Pauschale und eine Jahresgebühr können Schweizer Bürger, die außerhalb der Schweiz wohnen, die erforderlichen Smart-Cards erwerben592. Dagegen sind Smart-Cards zur Dekodierung der über Satellit verschlüsselt ausgestrahlten ORF1 und ORF2 außerhalb Österreichs unter Hinweis auf die Urheberrechtslage nicht erhältlich593. Bezüglich des Zugangs der Programmanbieter ist die Regelung in den USA bemerkenswert, die die Betreiber verpflichtet, in jeder Region, in der sie sich für die Ausstrahlung von Lokalsendern entscheiden, alle Sender anzubieten, die einen entsprechenden Antrag stellen. Die Möglichkeiten der Regulierung erscheinen in Spanien, wo Anbieter von Satellitenfernsehdiensten auf Antrag eine Genehmigung in standardisierter Form erhalten, oder in Polen, wo das geltende Recht keine Vorschriften über den Zugang zu einzelnen Diensten oder Übertragungswegen kennt, insgesamt beschränkt. Dagegen stellen sich z.B. die Regulierungsmöglichkeiten in Frankreich umfassend dar, insbesondere in Form der „convention“. Speziell für den Übertragungsweg "Satellit" ist vorgesehen, per Verordnung die vertikale Integration zwischen Plattform- und Inhalteanbietern zu begrenzen. So soll ein Mindestanteil von Programmen festlegt werden können, die von den Plattformbetreibern unabhängig sind. Eine Verordnung wurde bislang allerdings noch nicht erlassen. Zum schweizerischen Reformpaket gehört auch ein Entbündelungsgebot, nach dem derjenige, der Programme als gebündelte Pakete anbietet, die technischen Voraussetzungen dafür schaffen muss, dass Dritte diese Programme auch einzeln verbreiten können. So soll verhindert werden, dass ein Programmveranstalter einem Netzbetreiber Bouquets aufzwingen kann594. 591 Dazu oben 3.4.1. 1.1.3. 592 Dazu oben 2.2.1.3, sowie zu Lösungsvorschlägen 7.3.3.3. 593 Dazu oben 2.2.1.3. 594 Dazu oben 3.4.1. 1.1.3. 149 4. Veränderungen durch die Digitalisierung Die Umstellung von analogen auf digitale Rundfunktechniken hatte zunächst vielfach undifferenziert die Annahme begründet, die Rundfunklandschaft werde als Folge dieser Umstellung rasch erhebliche tatsächliche Veränderungen erfahren. Mittlerweile wird deutlich, dass derartige Veränderungen zwar möglich sind, die Etablierung neuer Geschäftsmodelle aber keineswegs zwingend ist und die Umsetzung neuer technologischer Möglichkeiten in praktische Anwendungen zumindest erheblich mehr Zeit in Anspruch nimmt als erwartet. Die Folgen der Digitalisierung können nur auf der Basis einer differenzierten Analyse der einzelnen Faktoren beurteilt werden. Insbesondere muss danach unterschieden werden, welche wirtschaftlichen und regulatorischen Abhängigkeiten die Digitalisierung notwendigerweise bedingt und welche Folgen zwar im Kontext der Digitalisierung stehen, wirtschaftlich und rechtlich aber nicht zwingend daraus resultieren. Dies betrifft insbesondere Geschäftsmodelle, die durch die Digitalisierung ermöglicht oder erleichtert werden, deren Umsetzung jedoch von weiteren, insbesondere wirtschaftlichen Parametern abhängig ist. 4.1 Veränderungen Im Folgenden werden die wichtigsten absehbaren Veränderungen beschrieben, die durch den Wechsel von der analogen zur digitalen Verbreitung von Rundfunk über Satelliten zu erwarten sind595. 4.1.1 Transparenz der Transportwege Digitalisierung im engeren Wortsinn betrifft lediglich die Veränderung der technischen Parameter der Signalverarbeitung und des Signaltransports596. Statt analoger Signale werden digitale Datenströme verarbeitet, die einerseits einen relativ geringeren Bandbreite- und Energiebedarf haben und sich andererseits prinzipiell neutral hinsichtlich der übertragenen Inhalte verhalten597. Im informatischen Sinn wird der Transportweg transparent, also für jegliche Inhalte durchlässig. Die digital übertragenen Datenströme weisen im Grundsatz keine inhaltsspezifischen Charakteristika auf. Der digitale Transportweg steht damit für die Übertragung beliebiger digitalisierbarer Informationen zur Verfügung. Neben, an Stelle oder gleichzeitig mit Video- und Audiosignalen können Daten jeder Art transportiert werden, wobei eine Abhängigkeit dieser Daten von Ton- oder Bildsignalen nicht bestehen muss. Die Neutralität digitaler Verfahren gegenüber unterschiedlichen Inhalten bedeutet, dass aus der Digitalisierung selbst nicht zwingend eine Veränderung von Rundfunk im traditionellen inhaltlichen Sinn folgt598. Die digitale Technik schließt keineswegs aus, Rundfunkprogramme 595 Umstiegsszenarien vom analogen zum digitalen Rundfunk in der EU und anderen europäischen Staaten beschreibt die Studie zum “Digital Switchover in Broadcasting” von BIPE Consulting im Auftrag der Europäischen Kommission, vom 12.4.2002, abrufbar unter http://europa.eu.int/information_society/topics/telecoms/regulatory/studies/index_en.htm, abgerufen am 25.11.2002. 596 Zum technischen Hintergrund der Rundfunkverbreitung über Satellit s. Merkel, ZUM 2002, 674. 597 S. Hirschle/Hamann, Digitalisierung in einer föderalen Medienordnung, S. 294f. 598 Veränderungen werden insbesondere im Hinblick auf das interaktive Fernsehen prognostiziert, FKTG/Deutsche TV-Plattform, Fernsehen, 2.1. ohne inhaltliche Veränderung gegenüber dem analogen Programm zu verbreiten. Demgemäß haben diejenigen Satellitenbetreiber, die mit analog verbreiteten Programmen zum Direktempfang am Markt etabliert sind, die Digitalisierung ihrer Satelliten primär dadurch begleitet, dass sie die bisherigen, analog verfügbaren Programme unverändert auch digital ausstrahlen. Die Programminhalte der traditionellen Veranstalter haben dabei keinerlei Veränderungen erfahren. Vielmehr wird die weit überwiegende Zahl der Programme zeit- und inhaltsgleich analog wie digital ausgestrahlt („simulcast“). Für den Zuschauer ist am Programminhalt nicht erkennbar, ob das Programm digital oder analog zugeführt und empfangen wird. Aus der Digitalisierung der Transportwege folgt mithin weder technisch noch ökonomisch zwingend unmittelbar eine Änderung der Inhalts- und Angebotsstruktur klassischen Rundfunks. 4.1.2 Vervielfachung der Übertragungskapazität Technische Folge der Digitalisierung ist eine gegenüber der vergleichbaren analogen Verbreitung von Signalen deutlich gesteigerte Übertragungskapazität. Die Nutzung vorhandener Frequenzbereiche wird erheblich verbessert. Dies führt – bezogen auf die analoge Verbreitung zum Beispiel eines einzelnen Fernsehprogramms – trotz erhöhten technischen Aufwands für die Signalaufbereitung – zu erheblich reduzierten Kosten der Verbreitung599. Der Übergang von analoger zu digitaler Verbreitung erweist sich damit bereits bei unveränderten Bedingungen im Übrigen als technisch und ökonomisch sinnvoll. Bei verbesserter Qualität steigt die verfügbare Transportkapazität bei gleichzeitig sinkenden Kosten pro Einheit. Die veränderten technischen Bedingungen erlauben es zudem, nicht nur eine erheblich höhere Zahl von Programmen, sondern darüber hinaus weitere Daten zu übertragen, die letztlich zu stärker differenzierten und individualisierten Angeboten führen. So lassen sich mehr Programmströme für ein zeitlich eng gestaffeltes Near-Video-on-Demand realisieren, interaktive Inhalte darstellen oder unterschiedliche Sprachfassungen vereinfachen. Dies kann Auswirkungen auf die traditionelle Sondersituation des Rundfunks gegenüber anderen meinungsbildenden Medien, insbesondere den Printmedien haben. Neben Fragen, die sich im Zusammenhang mit der Wirkung von Rundfunk als Gemeinschaftserlebnis von hoher Suggestivkraft stellen, gestaltet sich durch die Reduzierung der Mangelsituation im Transportbereich der ökonomische Zugang zu den Verbreitungswegen deutlich einfacher als bisher. Sowohl die regulatorischen wie die finanziellen Hürden für Anbieter elektronischer Inhalte werden deutlich geringer; die Tendenz zu einer Vielzahl zielgruppenspezifischer Angebote an Stelle eines einzelnen Vollprogramms wird unterstützt. Insofern nähern sich die ökonomischen Rahmenbedingungen auf der Seite der Inhalteanbieter dem Bild des Zeitungskiosks an. Ob und unter welchen Bedingungen dies auch für die Seite der Rezipienten gilt, bedürfte der weiteren Untersuchung: Anders als im Printbereich, in dem der Zugang zu allen verfügbaren Inhalten nutzerseitig nicht begrenzt ist, so lange nur der Kiosk geöffnet und der Käufer volljährig ist, begrenzen zumindest nach heutigem Stand technische Zugangsvoraussetzungen den Zugriff des einzelnen Rezipienten auf das volle Spektrum des Angebots. Die Vielzahl von Programmen erfordert darüber hinaus eine veränderte Navigation durch die verfügbaren Angebote. Die elektronisch verfügbare Übersicht über Programminhalte wird an 599 Im RUTE-Papier Digitale Verbreitung von Rundfunk vom 11.3.2002 wird ein Preis für einen analogen Satellitentransponder von 6 Mio. Euro, für einen digitalen von 0,75 Mio. Euro genannt. 151 Bedeutung gewinnen und kann mittelfristig auch Einfluss auf das Zuschauerverhalten erlangen. Die Frage, welche Programme für den Zuschauer tatsächlich erreichbar sind, hängt von ihrer Auffindbarkeit im Rahmen der Navigation ab. Die Navigationssituation wird zum einen geprägt durch die Frage, welche Angebote optisch vorne und in der Sequenz der Gerätebedienung zeitlich zuerst präsentiert werden. Damit gewinnt zu einem Teil der generelle Einstieg in die Inhalte an Bedeutung – die sogenannte Basisnavigation. Daneben bietet ein digitaler Programmführer allerdings die Möglichkeit der individuellen Konfiguration, die es erlaubt, entweder eine rasche Übersicht über bevorzugte Anbieter anzeigen zu lassen oder aber nur einen thematisch begrenzten Auszug – etwa die demnächst beginnenden Spielfilme oder bestimmte Sportereignisse. Ob und welche Form der Navigation sich beim Zuschauer durchsetzt, ist heute noch offen. Es steht allerdings zu erwarten, dass in erster Linie diejenige Navigation beibehalten wird, die im Auslieferungszustand des Receivers eingestellt war oder dem neuesten Softwarerelease entspricht. Darauf deuten Erfahrungen mit Einstiegsportalen im Internet hin, die durch den vom Provider ausgelieferten Browser voreingestellt sind – etwa T-Online oder das MSN-Portal. Für den chancengleichen und diskriminierungsfreien Zugang wird von maßgeblicher Bedeutung sein, wie der Einstieg in die Navigation erfolgt. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Inhalteangebot so groß ist, dass eine ganzheitliche Darstellung aus technischen Gründen nicht mehr möglich ist. Hier wird es darauf ankommen, den Zugang zu diesen Informationen über eine besonders hohe Bedienerfreundlichkeit tatsächlich flexibel zu gestalten. 4.1.3 Verbreitungsgebiet Anders als die durch technische Parameter vorgegebene relative Kleinräumigkeit der Verbreitung via Terrestrik oder Breitbandkabelnetz ist das Signal des Satelliten weiträumig empfangbar. Das konkrete Empfangsgebiet lässt sich zuverlässig nur in Abhängigkeit von den Parametern der Empfangseinrichtung (im einfachsten Fall der Durchmesser der Parabolantenne) beschreiben, umfasst aber – bezogen auf den Untersuchungsgegenstand – jedenfalls auch bei solchen Satelliten, deren Ausleuchtzonen relativ eng gehalten sind, mehrere europäische Länder600. Die tatsächliche Verwertbarkeit des Satellitensignals erfordert eine Empfangsanlage, die nicht nur auf Position und Frequenzbereich des jeweiligen Satelliten ausgerichtet ist, sondern auch die Dekodierung des abgestrahlten digitalen Signals leistet. Der Empfang von nach DVBStandard ausgestrahlten Programmen ist in allen europäischen Ländern realisierbar601. Eine räumliche Beschränkung des Satellitensignals über die physikalische Empfangssituation hinaus ist – ungeachtet der europarechtlichen Bewertung – allenfalls möglich durch Vertriebsbeschränkungen der Empfangseinrichtungen. So gehen zum Beispiel die britische BBC und der österreichische ORF Vertragsbeziehungen nur mit Kunden ein, die ihren Sitz im rechtlich definierten Verbreitungsgebiet des Anbieters haben. Sie verhindern dadurch den legalen Zugang zu ihrem Angebot außerhalb dieses Verbreitungsgebiets602. 600 Merkel, ZUM 2002, 674, 675 ff. 601 Zur Entstehung, Organisation und Zielsetzung des DVB-Projekts FKTG/Deutsche TV-Plattform, Fernsehen, 2.2. 602 S. die Marktdarstellung in ausgewählten Ländern in Kap. 2.2.3, zur Rechtslage 3.4. 152 4.1.4 Conditional Access Eine wirksame Einschränkung der Signalauswertung kann derzeit allein über Verfahren des „Conditional Access“ bewerkstelligt werden. Solche Zugangsberechtigungsverfahren bedeuten technisch allerdings keine geografische Beschränkung des Empfangs, sondern binden die technische Möglichkeit, das Signal auszuwerten – das heißt, das Fernsehprogramm zu sehen oder zu hören –, an bestimmte Zugangsvoraussetzungen, in der Regel an rechtliche Beziehungen zwischen dem Empfänger und einem Partner auf der Distributionsebene. Wer die Zugangsvoraussetzungen erfüllt und seine Empfangseinrichtung im physikalischen Verbreitungsgebiet des Satelliten positioniert, kann und darf das unter den Bedingungen des „Conditional Access“ abgestrahlte Signal auswerten603. Während im analogen Rundfunk der Zugang zu Programminhalten durch Verschlüsselung ganzer Kanäle nur insgesamt beschränkt oder freigegeben werden konnte, bietet die digitale Übertragungstechnik mit ihrer Möglichkeit der parallelen Übertragung weiterer Daten prinzipiell eine differenzierte und vergleichsweise flexible Möglichkeit, Zuschauern den Zugang zu Programminhalten zu öffnen oder zu sperren. Neben der Möglichkeit individueller Abrechnung bietet sich die Möglichkeit, den Zuschauerkreis differenzierter zu beschreiben als dies bisher der Fall war. Empfangsmöglichkeiten können dynamisch und Zuschauer-genau eingeräumt werden. Dies erlaubt unterschiedlichste individualisierte Geschäftsmodelle. Diese Möglichkeit wird sich unter anderem auch auf die Praxis der Vergabe von Nutzungsrechten auswirken604. 4.1.5 Interaktivität Die Nutzung digitalisierter Technik bietet die Möglichkeit, die Interaktion mit dem Zuschauer erheblich zu erweitern605. Dabei können im Idealfall die erforderlichen Rückkanäle, die die vom Zuschauer erzeugten Daten zum Anbieter übertragen, über das selbe Medium realisiert werden, das für den Transport der Daten hin zum Zuschauer eingesetzt wurde. Interaktive Inhalte werden in zahlreichen Modellen und Varianten beschrieben606. Die Beispiele reichen vom Abruf des Programmführers über den Zugriff auf weitere Informationen, vom Online-Banking bis zur elektronischen Wette oder der E-Mail-Kommunikation und dem Einkauf über den Fernseher. Die Zahl der praktischen Anwendungsfälle in Deutschland ist bislang gering. Neben dem häufig fehlenden Rückkanal ist es insbesondere die geringe Zahl auf dem Markt befindlicher, für interaktive Applikationen geeigneter Endgeräte, die in Deutschland den praktischen Einsatz hemmen. Hinzu kommt, dass die technische Basis zur Erstellung geeigneter Anwendungen bislang uneinheitlich ist, so dass Applikationen entweder für mehrere technische Umgebungen parallel erstellt und ausgestrahlt werden müssen oder nur auf einem Teil der Endgeräte lauffähig sind. Die Anbieter interaktiver Anwendungen 603 S. hierzu Merkel, ZUM 2002, 674, 678f. 604 Zur gegenwärtigen Vertragspraxis bei der Vergabe von Nutzungsrechten s. Kap. 3.3.5.2, zum Problem der territorialen Beschränkung von Nutzungsrechten Kap. 3.3.5.1.3. 605 FKTG/Deutsche TV-Plattform, Fernsehen, 2.1. 606 Zu den zu erwartenden neuen Dienstleistungen auf dem Telekommunikationsmarkt s. Büllingen, Infrastruktur- und Nachfrageentwicklung, S. 169 ff. 153 verweisen insoweit auf die Notwendigkeit rascher und zuverlässiger Standardisierung, etwa durch MHP607. 4.1.6 Neue Prozesse durch Digitalisierung Die Nutzung der dargestellten zusätzlichen Möglichkeiten digitaler Technik verändert die bisherigen Abläufe der Signalaufbereitung und erfordert neue organisatorische Modelle zur Abwicklung der programmlichen und der wirtschaftlichen Aufgabenstellungen. Für den Untersuchungsgegenstand von Bedeutung sind dabei vor allem diejenigen Veränderungen, die Einfluss auf Inhalt und Qualität des Sendesignals haben können oder organisatorische Bedingungen schaffen, die Schnittstellen zu Dritten erweitern oder zusätzliche Anforderungen an die Geschäftsabläufe stellen. Der Zugang zu derartigen Schnittstellen bestimmt die Offenheit und Modularität des Gesamtsystems. 4.1.6.1 Technische Spezifikationen Existenz, Offenlegung und Handhabbarkeit technischer Spezifikationen bilden wesentliche Parameter für den Zugang zu den Verbreitungsstrukturen. Technische Prozesse im Zusammenhang mit der Digitalisierung sind derzeit nicht zwingend so transparent oder standardisiert, dass die Übernahme von Prozessen oder Ergebnissen durch Dritte ohne weiteres möglich ist. Zwar hat sich DVB-S als Standard für digitales Satellitenfernsehen etablieren können. Der Standard selbst bietet jedoch hinreichend Spielraum für divergierende Spezifikationen, die zu inkompatiblen Schnittstellen führen können608. Dies führt zunächst zu der Fragestellung, inwieweit die Transparenz technischer Parameter Einfluss auf Marktentwicklung und Zugangsbedingungen haben kann. Tatsächlich oder lizenzrechtlich proprietäre Technologien führen generell zu Einschränkungen des Wettbewerbs, da sie einen Wechsel zwischen den Anbietern verteuern und mittelfristig erhebliche Hürden für den Markteintritt neuer Wettbewerber schaffen609. Für den deutschen Markt des Satellitendirektempfangs wird dies am Beispiel der verfügbaren Orbitalpositionen deutlich: Ein Anbieter, der neu in diesen von ASTRA und in geringerem Umfang von Eutelsat geprägten Markt eintreten will, muss sich mit dem Umstand auseinandersetzen, dass praktisch alle vorhandenen Parabolantennen auf die Orbitalpositionen dieser Satelliten ausgerichtet ist. Die Abweichung von diesen Positionen bedeutet für den künftigen Zuschauer zumindest die Notwendigkeit der Neuausrichtung der Parabolantenne und damit den Verzicht auf die bisher empfangenen Programme oder zusätzliche Investitionen in eine parallele Empfangsmöglichkeit. Damit verbunden ist für den Anbieter zumindest ein hoher Kommunikationsaufwand gegenüber den potentiellen Zuschauern und die Notwendigkeit eines Angebotes, das Anreize zum Wechseln der Satellitenposition schafft. Derartige technische Markteintrittshürden bestehen potenziell sowohl sender- wie empfängerseitig an allen Schnittstellen der Signalübergabe und -auswertung sowie bei der Entwicklung von Modellen, die den Zugang zu bestimmten Inhalten steuern. Diese Hürden so niedrig wie 607 S. dazu auch die Gemeinsame Erklärung der deutschen Programmveranstalter und der Landesmedienanstalten zur zügigen Einführung von MHP vom 19.9.2001, http://www.dvbmhp.org/membership_list/Mainz.html, abgerufen am 15.11.2002; Beckert, Zugang, S. 308. 608 FKTG/Deutsche TV-Plattform, Fernsehen, 2.2. 609 Danwitz, ZUM 2002, 769, 771; s. zur Kabelverbreitung Roßnagel/Hilger, MMR 2002, 445, 446. 154 möglich zu halten, ist eine wesentliche Voraussetzung für einen auch künftig chancengleichen Zugang von Veranstaltern wie Zuschauern zu einem vielfältigen Satellitenrundfunk. Wegen ihrer wirtschaftlichen Tragweite von besonderer Bedeutung sind diejenigen Schnittstellen, die unmittelbar den Zugang zu den Zuschauern ermöglichen. Neben der bereits angesprochenen Frage der verfügbaren Orbitalpositionen sind dies vor allem die Codierung und Decodierung des Signals wie auch die technischen Voraussetzungen eines Conditional Access. 4.1.6.2 Multiplexing Die senderseitig primär relevante technische Veränderung von Prozessen ist der nach dem DVB-Standard im Rahmen des Multiplexing eintretende Verlust autonomer Programmsignale. Im Rahmen des Multiplexing werden senderseitig verschiedene Datenströme zusammengefasst, um sie auf einer einzelnen Frequenz übertragen zu können. Auf der Empfängerseite werden die Datenströme wieder getrennt. In diesem Prozess sind – wie in allen digitalen Bearbeitungsschritten – Veränderungen des Ursprungssignals möglich, die Einfluss auf Inhalt und Qualität des Programmsignals haben können. Grundsätzlich gibt es – ebenso wie bisher – keine zwingende strukturelle Vorgabe, in welchem Maß die verschiedenen Phasen der Signalverarbeitung arbeitsteilig erfolgen müssen. Die theoretische Bandbreite möglicher Organisationsmodelle reicht von der Signalverarbeitung und -verbreitung „aus einer Hand“ bis hin zu einer von Projektierung bis Ausstrahlung in unterschiedlichen Händen liegenden Verarbeitungskette. Keine besonderen Problemstellungen im Bereich des Multiplexing ergeben sich dann, wenn alle Schritte der Signalverarbeitung einschließlich des Multiplexing in einer Hand liegen. Das Multiplexing führt in den Produktionsprozess einen neuen Zwischenschritt mit neuen Abhängigkeiten und Einflussmöglichkeiten ein. Die Möglichkeit arbeitsteiliger Produktions- und Sendeabläufe ist kein Spezifikum der Digitalisierung, sondern seit langem selbstverständliche Praxis, wobei die Beteiligung Dritter zum Teil lediglich das Innenverhältnis berührt. Damit sind auch technische wie rechtliche Mechanismen und Regularien der Prozesssteuerung und Qualitätssicherung bekannt, die sowohl die Auftragsvergabe selbst wie die Definition der Schnittstellen zwischen unterschiedlichen Auftragnehmern umfassen. Besondere organisatorische (technische, rechtliche, wirtschaftliche) Anforderungen können sich dort ergeben, wo das Multiplexing sich strukturell von anderen arbeitsteilig durchgeführten Prozessen unterscheidet. Dies ist zum einen der Fall, weil Multiplexing in der Regel den abschließenden Verarbeitungsschritt vor der endgültigen Ausstrahlung des Programms darstellt und weil Multiplexing die Signale unterschiedlicher Anbieter zusammenführt. Daher kann Multiplexing sowohl die Verantwortung des Programmveranstalters als auch dessen Wettbewerbssituation berühren. 4.1.6.3 Paketbildung Die Zusammenstellung von einzelnen Programmen zu Paketen610 hat sich als einer der wichtigsten Prozesse im Zuge der Digitalisierung herausgebildet611. Anders als beim Multiplexing, 610 Der Begriff Bouquet wird hier nicht verwendet, weil er gelegentlich lediglich für die Gesamtheit des Programmangebots eines einzelnen Veranstalters Verwendung findet. 611 Zur Paketbildung FKTG/Deutsche TV-Plattform, Fernsehen, 13.7.5; Beckert, Zugang, S. 302 ff. 155 das den technischen Vorgang der Zusammenfassung verschiedener Programme in einem einheitlichen Datenstrom beschreibt, für den Zuschauer in der Regel jedoch unbemerkt bleibt, berührt die Zusammenstellung von Programmen die Wahlfreiheit des Abnehmers der Pakete bei der Auswahl von Programmen. Die Bildung von Paketen erfolgt im Rahmen von Geschäftsmodellen, die sich entweder unmittelbar an den Zuschauer oder aber – wie im Falle „visAvision“ von Eutelsat – an einen Zwischenhändler richten. Die Zusammenstellung von Paketen, die nur als Ganzes abgenommen werden können, hat in der Regel unmittelbaren Einfluss auf die Reichweite und damit die Erfolgschancen eines Programms. So ist die Frage, ob ein Programm in einem ohne Zusatzkosten zu empfangenden Paket enthalten ist, zu einem relativ preisgünstigen Basispaket gehört oder etwa nur in einer Kombination unterschiedlicher Spartenprogramme zu abonnieren ist, von ausschlaggebender Bedeutung für die Zahl der erreichbaren Zuschauer. Zu einer hohen Wahlfreiheit des Zuschauers tragen kurze Vertragslaufzeiten oder die Möglichkeit des individuellen Erwerbs einzelner Programme entscheidend bei. Die Bündelung von Programmen zu Paketen eröffnet mithin die unmittelbare Einflussnahme auf den faktischen Zugang zu programmlichen Inhalten und kann in hohem Maß meinungsrelevant sein612. 4.1.7 Abrechnungsverfahren Digitales Fernsehen ist – wie der Start von Premiere als analoges Pay-TV belegt – keine zwingende Voraussetzung für den Einsatz alternativer Finanzierungsmodelle für Rundfunk. Digitale Rundfunktechnik erlaubt indes weit flexiblere Angebots- und Abrechnungsmodalitäten, sei es die Einzelabrechnung von Video-on-demand oder die individuelle Zusammenstellung von Abonnements nach Zuschauerinteressen. Die inhaltespezifische Abrechnung kann unter unterschiedlichen Gesichtspunkten erfolgen: Das klassische Modell beinhaltet ein Abonnement für ein einzelnes Programm oder ein Programmpaket, das während der Vertragslaufzeit vom Zuschauer pro rata temporis bezahlt wird. Die Höhe des Entgelts ist abhängig von Zahl, Zusammenstellung und Attraktivität der abonnierten Programme. In die Kategorie eines Abonnements fiele auch ein Gebühreneinzugsverfahren öffentlich-rechtlicher, gebührenfinanzierter Programme, wenn solche Programme grundsätzlich verschlüsselt ausgestrahlt und nur mit einer geeigneten Zugangstechnologie zu entschlüsseln wären, deren Erhalt an die Zahlung von Gebühren gekoppelt ist. Dieses Verfahren erlaubte es zudem, den Gebühreneinzug bei solchen Zuschauern sicher zu stellen, die öffentlich-rechtliche Programme über digitalen Satelliten im Ausland bislang empfangen, ohne Gebühren zu entrichten. Ein derartiges Verfahren wird etwa von der SRG in der Schweiz verwirklicht, wo Schweizer Staatsangehörige, die im Ausland wohnen, gegen Ausweis und eine Gebühr eine Smart-Card zur Freischaltung der Programme der SRG erhalten können613. Daneben sind Abrechnungsmodelle denkbar, die den Einzelbezug eines Programms für eine bestimmte Periode beinhalten, lediglich das einmalige Freischalten eines einzelnen Programms und/oder auch die Speichermöglichkeit für den ein- oder mehrmaligen Zugriff auf das Programm erlauben. Die unmittelbar programmbezogenen Abrechnungsmodelle können ergänzt werden um zeitabhängige Modelle, bei denen ein Minuten- oder Stundenvolumen freigeschaltet wird. 612 Für den Bereich der Kabelverbreitung Wille, ZUM 2002, 261, 263 ff. 613 S. zur Marktdarstellung für die Schweiz 2.2.4.1, zur Rechtslage 3.4.1.1. 156 Ebenso ist denkbar, dass der Konsum von werbeorientierten Programmen zu Gutschriften für werbefreie Programminhalte führen kann. Vor allem die volumenorientierten Abrechnungsmethoden sind sowohl in einem Modus denkbar, der eine nachträgliche Abrechnung vorsieht, wie auch eine Vorauszahlung ermöglicht – so wie heute bereits im Bereich der mobilen Telefonie – mit sehr unterschiedlichen Folgen für den Datenschutz. 4.1.8 Nutzungsprofile und Zuschauerdaten Abrechnungstechnologien wie Zugangsberechtigungssysteme können je nach konkreter Ausgestaltung einen Datenbestand erzeugen, der geeignet ist, individualisierte Nutzungsprofile zu erstellen, die eine Analyse von Konsumgewohnheiten und Zuschauerinteressen ermöglichen. Ungeachtet der Fragen des Datenschutzes, die nicht Gegenstand der Untersuchung sind, erlaubt ein solcher Datenbestand die Anpassung des Angebots an die Nutzerprofile. Dabei reicht die Bandbreite der Reaktionsmöglichkeiten von der schlichten Anpassung des Programmangebots an die statistischen Zuschauerinteressen bis hin zur vollständig personalisierten und individuell angepassten Zusammenstellung inhaltlicher Angebote für einzelne Zuschauer. Von hohem Interesse ist darüber hinaus gerade im Bereich des Satellitenempfangs der Bestand an Kundendaten, die Maßnahmen der Werbung und Kundenbindung über das Angebot elektronischer Inhalte hinaus erlaubt. Die Nutzer von Satellitendirektempfang, die nicht zugleich Kunden eines Pay-TV-Veranstalters sind, sind wegen des unverschlüsselten Zugangs zu den Signalen bislang anonym. Zugangsberechtigungs- und Abrechnungssysteme können den Weg zur Personalisierung dieses Zuschauerkreises öffnen. 4.2 Marktentwicklung Aus der bloßen Verfügbarkeit neuer technischer Möglichkeiten folgt nicht ohne weiteres, dass die bekannten Modelle der Ausstrahlung von Rundfunk durch neue Modelle ersetzt werden. Vielmehr sind eine Reihe von Faktoren für die zukünftige Entwicklung bedeutsam: 4.2.1 Technische Verfügbarkeit Die digitale Satellitentechnik dient in den europäischen Ländern unterschiedlichen Zielen. Während vor allem in den Ländern, die über eine ausgeprägte Pay-TV-Struktur verfügen, digitale Satellitentechnik in erster Linie zur Verbreitung verschlüsselter Programminhalte eingesetzt wird, bedienen sich in Deutschland parallel sowohl Pay- wie auch Free-TVAnbieter der digitalen Übertragungstechnik614. Die parallele Entwicklung führt dazu, dass Zuschauer in Deutschland begonnen haben, unterschiedliche Anforderungsprofile hinsichtlich der technischen Empfangseinrichtungen zu entwickeln. Daher sind nicht alle Zuschauer mit Empfangsgeräten gleicher Funktionalität ausgerüstet. Dies betrifft sowohl die Möglichkeiten, zugangsbeschränkte Programme und Dienste zu entsperren wie auch die Fähigkeit der Emp- 614 S. dazu die Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, Siebter Bericht über die Umsetzung des Reformpakets für den Telekommunikationssektor KOM(2001) 706 endgültig, vom 26.11.2001, Annex 2. 157 fangsgeräte, zusätzliche Möglichkeiten digitaler Ausstrahlung – etwa interaktive Angebote auf MHP-Basis – zu nutzen. Sowohl die wirtschaftliche Realisierbarkeit von Angeboten, die den inhaltlichen Mehrwert digitaler Techniken nutzen wie auch die Möglichkeit, die Übertragung von Nutzungsrechten an eine präzise Adressierung zu knüpfen, ist letztlich von der technischen Verfügbarkeit geeigneter Empfangseinrichtungen abhängig. Ein wesentlicher Faktor für die Prognose möglicher Veränderungen im Zug der Digitalisierung wird die Durchdringung des Markts mit geeigneten Empfangsgeräten sein. Die Zugangsmöglichkeiten des potenziellen Zuschauers solcher Angebote hängen davon ab, dass seine Investitionsentscheidungen eine möglichst breite Nutzung von digitalen Diensten ermöglicht. Umgekehrt werden sich die potenzielle Reichweite und damit der erschließbare Markt und mithin die Erfolgschanchen eines Angebotes proportional zur Zahl der Empfangseinrichtungen entwickeln. 4.2.2 Der Markt für interaktive Angebote Soweit neue Geschäftsmodelle Interaktion mit dem Rezipienten erfordern, ist die Realisierung des Rückkanals, also der Kommunikation vom Rezipienten zum Anbieter, von entscheidender Bedeutung. Demgemäß arbeiten praktisch alle Satellitenanbieter an der technischen Umsetzung eines Rückkanals und bieten entsprechende Lösungen für Segmente des Businessbereichs an. Derzeit ist die Möglichkeit der bidirektionalen Kommunikation über Satellit zumindest mit erheblichem Aufwand im Bereich der Sendeanlage verbunden. Ein einfach und für das Massengeschäft hinreichend preiswert zu realisierender Rückkanal fehlt bislang. Nach Einschätzung der europäischen Satellitenbetreiber werden solche Angebote frühestens in zwei bis drei Jahren zur Verfügung stehen. Daher sind die Möglichkeiten der interaktiven Beeinflussung von über Satellit ausgestrahlten Datenströmen für den Endkunden im Massenmarkt in der Regel noch davon abhängig, dass auf andere, leitungsgebundene Übertragungswege – Telefon- oder Online-Verbindungen – zurückgegriffen wird. Erfahrungen aus der Vergangenheit lassen allerdings vermuten, dass solche hybriden Rückkanäle eher zögerlich angenommen werden. Dies lässt den Schluss zu, dass interaktive Angebote via Satellit jedenfalls in naher Zukunft nicht auf einen Massenmarkt treffen werden. 4.3 Handlungsoptionen der Beteiligten Angesichts dieser Erwägungen steht nicht zu erwarten, dass aus der Digitalisierung für die Marktteilnehmer kurzfristig massive Veränderungen erwachsen. Dennoch wird deutlich, dass die Digitalisierung erhebliches Potenzial birgt, das auch im Bereich der Satellitenübertragung neue Positionsbestimmungen erfordert. 4.3.1 Satellitenbetreiber Die Satellitenbetreiber haben sich wegen der ökonomischen Vorzüge frühzeitig zur Digitalisierung der Rundfunkübertragung entschlossen. Dabei haben sie zunächst lediglich die unmittelbaren Vorteile höherer Kapazitäten zu geringeren Kosten realisiert, ohne neue Geschäftsmodelle zu propagieren. Dies hatte einen unspektakulären Übergang zur digitalen Ausstrahlung zur Folge, der in Deutschland durch eine kostengünstige Gestaltung des Simulcast nahezu ohne sichtbare Auswirkungen geblieben ist. Die Anbieter haben sich in dieser Phase weitgehend neutral gegenüber Distributionsabsichten und -verfahren der Programmanbieter 158 verhalten, insbesondere keinen erkennbaren Einfluss auf Receiver- und Verschlüsselungstechnologien genommen. Umstände, die eine Änderung dieser bislang erfolgreichen Geschäftspolitik zwingend nahelegen, sind derzeit nicht ersichtlich. Eine solche Änderung hat keiner der Satellitenbetreiber angekündigt, wobei Eutelsat sich in öffentlichen Stellungnahmen prinzipiell offener gegenüber solchen Änderungen zeigt als SES-Astra. Eine Erweiterung des geschäftlichen Betätigungsfelds kann sich vor allem in zweierlei Hinsicht ergeben: Die Entwicklung von „visAvision“ bei Eutelsat zeigt, dass es für Satellitenbetreiber von Interesse sein kann, sich mit inhaltebezogenen Geschäftsmodellen zu befassen615. Eutelsat stellt in eigener Verantwortung ein Programmpaket zusammen, das zur Weitervermarktung angeboten wird. Damit macht Eutelsat – vorerst in einer Nische und lediglich im Rahmen der Paketbildung – den Schritt vom Transporteur zu einem auch inhaltlich relevanten Geschäftsmodell616. Zugleich nimmt Eutelsat durch die – technisch naheliegende, jedoch nicht zwingende – Entscheidung für ein bestimmtes Verschlüsselungssystem Einfluss auf technische Parameter, die für den Empfang des Programmes über die bloße Satellitentechnik hinaus relevant sind. Zugleich wird in diesem Modell der zweite Aspekt zukünftiger Handlungsoptionen von Satellitenanbietern angedeutet, nämlich die Übernahme zusätzlicher Dienstleistungen: „visAvision“ beinhaltet eine Abrechnungstechnologie, die es dem Zwischenhändler, in der Regel einem Kabelnetzbetreiber, erlaubt, das Angebot eigenständig zu vermarkten, ohne selbst ein Abrechnungssystem vorhalten zu müssen. Damit wird ein erster aufwändiger Prozess bei der Vermarktung von digitalen Programmen vom Satellitenbetreiber als neutralem Dienstleister übernommen und so für den einzelnen Kabelnetzbetreiber wirtschaftlich realisierbar. 4.3.2 Kabelnetzbetreiber Betreiber der Netzebene 3 können auf die Zuführung von Programmsignalen über Satellit praktisch nicht verzichten, wenn ein vielfältiges Programmangebot zur Verfügung stehen soll. Gleichzeitig ermöglicht die Satellitenzuführung aber auch den Betreibern der Netzebene 4 und den Zuschauern selbst den Zugriff auf die via Satellit verfügbaren Programmsignale. Damit führt eine Verschiebung von Marktanteilen zugunsten des Satellitenempfangs für die höheren Ebenen der Breitbandkabelverteilung zu korrespondierenden Verlusten. Die Strategie der Kabelnetzbetreiber muss insoweit darauf abzielen, der jeweils nachgeordneten Verteilebene Angebote zu machen, die technisch, inhaltlich und wirtschaftlich mit dem Satellitenempfang konkurrieren können. Dies bedeutet andererseits, dass Zugangshürden zum Satellitenempfang die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Kabelnetzbetreiber begünstigen. Eine maßgebliche Komponente ist dabei der Umstand, dass Satellitensignale jedenfalls dem Zuschauer, der direkt versorgt werden kann, nach relativ geringen Investitionen in Empfangstechnik kostenfrei zur Verfügung stehen. Eine Grundverschlüsselung aller Satellitensi- 615 Zum Geschäftsmodell visAvision oben 2.2.1.3. 616 Zum Vergleich: Ein Vermarktungsmodell für die Verbreitung über Kabel beschreiben Hein/Schmidt, K&R 2002, 409, 411; Irion/Schirmbacher, CR 2002, 61 ff.; Wagner, Beilage MMR 2/2001, 28; s. auch Rhein, Beilage MMR 2/2001, 3, 7f. 159 gnale, die dann auch Vergütungsmodelle für den Satellitendirektempfang erlaubte, könnte einen spürbaren Wettbewerbsnachteil der Kabelnetzbetreiber ausgleichen. 4.3.3 Programmveranstalter Für die Programmveranstalter stellen sich im Zuge der digitalen Satellitenverbreitung vorwiegend Fragen im Zusammenhang mit der Finanzierung ihrer Programme. Die Pay-TV-Anbieter haben sich im Hinblick auf die digitale Verbreitung bereits optimal positioniert. Sie wollen ihren Kunden ein attraktives Angebot bieten und sie möglichst stark an sich binden. Daher versuchen sie ihre Inhalte exklusiv zu vermarkten und durch Verschlüsselung zu schützen. Die Kunden werden vor allem durch proprietäre Receiver und Conditional-Access-Systeme vom Wechsel zu einem anderen Anbieter abgehalten. Dagegen sind von der faktisch veränderten Situation der Nutzung von Rechten durch die digitale Ausstrahlung617 vor allem die Anbieter unverschlüsselter Programme negativ betroffen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland finanziert sein Angebot nicht unmittelbar durch den Rezipienten, sondern unabhängig vom Programm pauschal durch Gebühren. Die Sendeanstalten haben das Interesse, diese Finanzierungsform beizubehalten und sehen hierfür die unverschlüsselte Ausstrahlung ihres Programms als eine Bedingung618. Sie finanzieren ihr Programm zwar auch zu einem gewissen Teil aus Werbeeinnahmen, sind von diesen aber eben auch nur in beschränktem Umfang abhängig. Zugleich erlaubt die bedarfsorientierte Gebührenfinanzierung in gewissen Grenzen, erhöhte Rechtekosten durch Gebührenerhöhungen auszugleichen. Gegenüber den werbefinanzierten privaten Anbietern, deren Werbeeinnahmen insgesamt nur begrenzt flexibel sind, können mithin durch den Verzicht auf Verschlüsselung bedingte höhere Rechtekosten eher in Kauf genommen werden. Überdies stehen für die deutschen öffentlich-rechtlichen Anbieter erhebliche Nachteile im Raum, wenn ihre Programme nur noch über ein Zugangsberechtigungssystem zu empfangen wären. Zwar könnten die Befürchtungen, technisch von bestimmten Anbietern abhängig zu werden, durch umfassende Standardisierungen auch in diesem Bereich relativiert werden. Dennoch bliebe zum einen der Umstand, dass Zuschauern erstmals ein zuverlässiges technisches Verfahren zur Verfügung stünde, explizit auf den Empfang öffentlich-rechtlicher Programme zu verzichten und damit die Grundlage der Gebührenpflicht in Frage zu stellen. Andererseits bedeutete es ein erhebliches Akzeptanzrisiko für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, sollte ein nennenswerter Teil der Bevölkerung die angebotene Zugangsberechtigung, deren Nutzung in jedem Fall eine gewisse Aktivität des Zuschauers voraussetzt, nicht in Anspruch nehmen. Die privaten Free-TV-Anbieter verbreiten ihre Inhalte bisher ebenfalls – europaweit – unverschlüsselt und refinanzieren ihr Angebot durch Werbeeinnahmen. Sie haben ein vitales Interesse, ausreichende Werbeeinnahmen zu erlangen, und erwarten dies von einem interessanten und für jeden frei empfangbaren Angebot619. Interaktive Angebote, die prinzipiell unabhängig von einer Verschlüsselung des Programms sind, können eine weitere Einnahmequelle erschließen. 617 S. hierzu Kap. 4.1.3. 618 RUTE-Papier Digitale Verbreitung von Rundfunk vom 11.3.2002; Hesse, ZUM 2002, 692, 694f.; Michel, zitiert in Zimmer, ZUM 2002, 717; dies., Das Recht des Zugangs zur Satellitenübertragung im Zeichen der Digitalisierung, in: LfM (Hrsg.), 4. Medienrechtskolloquium, Berlin 2003, i. E. 619 Hauptmann, ZUM 2002, 698, 699f. 160 Beide Gruppen von Free-TV-Anbietern werden durch die Digitalisierung mit der Frage konfrontiert, ob sie im Rahmen der Digitalisierung zusätzliche Finanzierungsmodelle anstreben sollen oder müssen, die den Übergang zu einem verschlüsselten Angebot erforderlich machen. Für die gebührenfinanzierten deutschen Programme wird dies vor allem eine Frage der Kosten des Rechteerwerbs sein, während die bislang ausschließlich werbefinanzierten Programme daneben an der Erschließung zusätzlicher oder alternativer Einnahmequellen interessiert sein könnten. Allerdings entsprechen diese Gruppen keineswegs der Gesamtheit der Free-TV-Anbieter in Europa. Vielmehr muss beachtet werden, dass in Gebieten mit hohem Anteil am Kabelempfang wie zum Beispiel in Belgien, auch werbefinanziertes Free-TV bereits heute ausschließlich verschlüsselt den Kabelsystemen zugeführt wird und über digitalen Satelliten nicht frei zu empfangen ist. Auch im Bereich der öffentlich-rechtlichen Programme in Europa sind für das Segment der digitalen Satellitenverbreitung vor allem die deutschen und italienischen Anstalten tangiert, während die anderen öffentlich-rechtlichen Anbieter in Europa nur im Paket mit Pay-TV zu empfangen und damit in gleicher Weise wie diese Anbieter durch CASysteme in der Reichweite begrenzt sind620. Für bislang werbefinanzierte Programme kann eine Hinwendung zur Verschlüsselung ihres Angebots von drei Aspekten abhängig sein: • Zum einen kann der allgemeine Rückgang von Werbeeinnahmen die Notwendigkeit neuer Finanzierungsquellen erfordern. • Zum zweiten könnten die rasche technologische Entwicklung im Bereich von HarddiscRecordern und die Möglichkeit, ausgestrahlte Werbung zu umgehen, die Reichweite klassischer Werbung und damit deren Ertrag erheblich reduzieren. • Schließlich könnte die Realisierung des von den Veranstaltern angestrebten Modells einer Beteiligung an den Verbreitungsentgelten der Kabelnetze aus Gründen der Wettbewerbsfähigkeit erfordern, dass das entsprechende Signal auch via Satellit nicht mehr frei verfügbar ist. Dabei ist entweder an die Verbreitung der Programme im Rahmen eines Pay-TVPakets zu denken oder aber an ein allgemeines Entgelt für den Zugang zum Satellitensignal, das den Kabelentgelten systematisch entspricht. Darüber hinaus eröffnen interaktive Zusatzangebote im digitalen Programmangebot vielfältige Geschäftsmodelle unter unmittelbarer oder mittelbarer Beteiligung des jeweiligen Veranstalters. Voraussetzung hierzu ist die breite Verfügbarkeit geeigneter Technologien. Nicht zuletzt wird das generelle Interesse der Anbieterseite, nicht nur im Bereich der Breitbandkabelnetze über individuelle Kundendaten zu verfügen, auch im Satellitenbereich Überlegungen einer Grundverschlüsselung begünstigen. 4.3.4 Endgeräteindustrie Für die Endgeräteindustrie bietet der digitale Satellitenrundfunk erhebliche Chancen, Umsatz zu generieren. Der Erfolg hängt davon ab, dass der Markt in einem überschaubaren Zeitraum so transparent gestaltet werden kann, dass die Investitionen des Kunden als zukunftssicher 620 S. z.B. zum britischen Markt Kap. 2.2.5.6, zur Rechtslage dort Kap. 3.4.1.5. Die Nutzung der Pay-TVInfrastruktur durch die BBC beschreibt Merkel, ZUM 2002, 674, 678. 161 gelten können. Wie die GSM-Technologie belegt, kann ein hohes Maß an europäischer Standardisierung zur Entwicklung des Endgerätemarkts maßgeblich beitragen. Allerdings müssen die Interessen der Anbieter unterschiedlicher Komponenten hinsichtlich eines offenen, standardisiertem Zugangs zu Satellitensystemen differenziert betrachtet werden: Soweit Receiverhersteller in der Rolle des Marktführers proprietärer Systeme sind, ist das aktuelle Interesse an Standardisierung gering ausgeprägt. Standardisierung führt zu verstärktem Wettbewerb. Hersteller, die im Markt proprietärer Systeme nur eine untergeordnete Rolle spielen, haben naturgemäß ein starkes Interesse an der Öffnung des Markts, die vor allem über standardisierte Technologien erreicht werden kann. Voraussetzung für die Entwicklung des Markts ist allerdings eine verlässliche Fixierung allgemeiner Standards. Wie die aktuelle Entwicklung im Bereich von Zapping-Boxen zeigt, die in großer Zahl auf dem Markt verfügbar sind und gegen die langfristigen Ziele der Marktentwicklung abgesetzt werden, können bei verzögerter Standardisierung kurzfristige Umsatzziele kontraproduktive Effekte haben oder die Entwicklung des Markts für hochwertige Receiver zumindest hemmen. Eine vergleichbare Situation ergibt sich für die Anbieter von Zugangsberechtigungssystemen. Während ein etabliertes proprietäres System Wettbewerbsvorteile durch Abschottung des Markts und notwendig hohe Kundenbindung verspricht, bedeutet die weitgehende Standardisierung der Voraussetzungen ihres Einsatzes eine potenzielle Vergrößerung des Markts insgesamt und eine Beschleunigung der Markterschließung. Für die Anbieter von Personal Video Recordern bietet die Digitalisierung die Basis für den künftigen Markt, da die Signale ohne Umwandlung digital gespeichert werden können. Eine möglichst hohe Zahl für den Zuschauer verfügbarer Programme erhöht den Bedarf an Aufzeichnungsmöglichkeiten und lässt die Vorteile der digitalen Aufzeichnung gegenüber BandRecordern – zum Beispiel die nur geringfügig zeitversetzte Wiedergabe – deutlich werden. Insoweit könnte die Verschlüsselung einer Vielzahl von Programmen hemmend auf die Marktentwicklung wirken. Andererseits bedeutet die Notwendigkeit der Integration zusätzlicher Verfahren in die Geräte – zum Beispiel die Kombination mit CA-Systemen – die relative Steigerung des Umsatzes pro Gerät und einen zusätzlichen Kaufanreiz. 4.3.5 Rechteinhaber Die Rechteinhaber haben das Interesse, ihre Urheber- und Leistungsschutzrechte möglichst gewinnbringend auszunutzen. Für sie ändert sich durch die Digitalisierung zwar nicht die geografische Reichweite der Satellitenausstrahlung, wohl aber die personelle Reichweite. Während analoger Satellitendirektempfang eine hohe Zahl deutschsprachiger Nutzer erreicht, die über Empfangstechnik zum direkten Empfang analog ausgestrahlter Programme verfügen, sind analoge Direktempfangseinrichtungen außerhalb dieses Bereichs nur in geringem Umfang verbreitetet. Die Rechteinhaber können im analogen Segment mithin Unschärfen in der Abgrenzung der Menge der erreichten Zuschauer hinnehmen, ohne unmittelbar spürbare wirtschaftliche Auswirkungen befürchten zu müssen. Die analoge Satellitenverbreitung eines Programms durch einen deutschen Rechteerwerber verhindert die Einräumung exklusiver Nutzungsrechte für einen anderen territorial abgegrenzten Bereich faktisch nicht. Auch wenn analoge Signale zum Beispiel in Spanien prinzipiell empfangbar sind, verhindert der geringe Verbreitungsgrad analoger Receiver dort faktisch die Rezeption solcher Inhalte. Sie können damit für andere Verbreitungswege in Spanien – etwa die verschlüsselte digitale Übertragung 162 im Pay-TV – außer Betracht bleiben und gefährden die Exklusivität der Rechteübertragung jedenfalls in der Praxis nicht. Diese Situation ändert sich allerdings in tatsächlicher Hinsicht im Bereich digitaler Satellitenübertragung. Diese Technik wird außerhalb Deutschlands überwiegend zur verschlüsselten Verbreitung von Programmen genutzt, wobei hier nicht nur die Zuführung in Kabelnetze, sondern in nennenswertem Umfang auch der Satellitendirektempfang eine Rolle spielt; neben den Pay-Programmen sind für die Kunden der Anbieter auch die ebenfalls verschlüsselt ausgestrahlten Programme der öffentlich-rechtlichen Anbieter zu empfangen. Zumindest ein Teil der von den Pay-TV-Anbietern eingesetzten und an die Kunden ausgelieferten Boxen erlaubt darüber hinaus auch den Empfang unverschlüsselt ausgestrahlter digitaler Programme. Für die Gruppe derjenigen Kunden, die unmittelbar via Satellit mit Programmen der Pay-TVAnbieter versorgt werden, bedeutet dies folglich, dass ein Inhalt, der unverschlüsselt digital über einen empfangbaren Satelliten ausgestrahlt wird, nicht mehr exklusiv, sondern nur noch „auch“ über den Pay-TV-Anbieter zur Verfügung gestellt werden kann. Die mangelnde faktische Exklusivität wirkt sich mithin unmittelbar auf den Wert der Rechte aus und verhindert ihre maximale Verwertung durch „parzellierte“ Exklusivität621. Daher müssen die Rechteinhaber ein großes Interesse daran haben, die freie, unverschlüsselte digitale Verbreitung ihrer Inhalte zu beschränken und nur einen kontrollierten und damit abrechenbaren Empfang zu erlauben. Andernfalls haben sie das Interesse, sich den „Overspill“ vergüten zu lassen. 4.3.6 Zuschauer Aus der Sicht des Zuschauers in Deutschland ist die Entwicklung des digitalen Satellitenrundfunks auf allen Ebenen von erheblichen Unwägbarkeiten geprägt, die der raschen Erschließung des Markts entgegenstehen. Auf der technischen Ebene sind es primär die Unsicherheiten bei der künftigen Entwicklung der Receivertechnologie. Das aktuell große Angebot günstiger Zapping-Boxen fördert prinzipiell den Umstieg in die digitale Übertragungstechnik, hemmt jedoch zugleich den Absatz leistungsfähiger, zum Beispiel MHP-fähiger oder mit Common Interfaces ausgestatteter Receiver und behindert damit zumindest mittelfristig die Marktchancen solcher Angebote, die die Möglichkeiten digitaler Zusatzdienste nutzen622. Auf programmlicher Ebene kann zunehmende Digitalisierung die stärkere unmittelbare Beteiligung des Zuschauers an der Finanzierung von Inhalten bedeuten; die Zahl frei verfügbarer Programme kann mittelfristig sinken. Nach wie vor ist offen, ob bzw. welche der durch die digitale Technik möglichen neuen Angebote auf Akzeptanz beim Zuschauer stoßen werden. Die bislang vorliegenden Erfahrungen in digitalisierten Kabelnetzen lassen einerseits auf eine starke Zurückhaltung der Zuschauer schließen, belegen andererseits aber, dass nach wie vor das Schwergewicht des Zuschauerinteresses auf einem vielfältigen, gut erschließbaren Programmangebot liegen dürfte. Das Interesse der Zuschauer wird vor allem in Deutschland nach wie vor auf einer möglichst hohen Vielzahl frei empfangbarer Programme liegen, die zudem mit einem möglichst geringen Aufwand an technischer Installation empfangbar sein müssen. Dazu gehört insbesondere, dass Ereignisse von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung frei empfangen werden können. 621 Zum urheberrechtlichen Problem der Territorialität s. Kap. 3.3.5.1.3. 622 RUTE-Papier Digitale Verbreitung von Rundfunk vom 11.3.2002, S. 15. 163 Gerade im Zug der Digitalisierung ist zudem von Bedeutung, die wachsende Komplexität von Technik und – möglicherweise sogar interaktiven – Inhalten durch optimierte Bedienerführungen auszugleichen. Zugangsoffenheit unter dem Aspekt des Zuschauerinteresses beinhaltet schließlich die Bewertung von Zugangsberechtigungssystemen und Abrechnungsverfahren unter dem Gesichtspunkt der Erfassung von Zuschauerdaten. Der freie Zugang zu Informationen – und damit grundrechtsrelevante Positionen – können durch die Frage beeinflusst werden, wie anonym der Zugang zu Informationen erfolgen kann. Wird die zuschauerseitige Nachfrage nach möglicherweise politisch inkorrekten Inhalten durch Zugangsberechtigungssysteme, Abrechnungsverfahren oder andere Formen der Datenerfassung aufgezeichnet, bedeutet dies eine spürbare Hürde auf dem Weg zu dem entsprechenden Inhalt. Damit besteht die grundsätzliche Gefahr, über statistische Verfahren formal frei zugängliche Inhalte zu diskriminieren. Die insoweit relevanten Verfahren müssen in ihrer Wirkung mithin auch unter dem Aspekt der Möglichkeit der Anonymisierung betrachtet werden. Unter diesem Aspekt wird das Zuschauerinteresse zum Beispiel auf die Verfügbarkeit anonymer Prepaid-Angebote oder anderer, entpersonalisierter Zugangsberechtigungstechnologien gerichtet sein und damit mit dem auf möglichst umfassende Verfügbarkeit von Daten gerichteten Anbieterinteresse kollidieren. 4.4 Fragestellungen Damit ergeben sich für die Beurteilung von Zugangsmöglichkeiten und -hürden im Bereich der Satellitenverbreitung im wesentlichen zwei Fragestellungen für die weitere Entwicklung: Zum einen wird eine wesentliche Rolle spielen, wie sich die technischen Voraussetzungen und Standards entwickeln werden. Je stärker die Marktdurchdringung proprietärer Systeme fortschreitet und je weiter die Parzellierung in Europa voranschreitet, desto stärker wird eine Abschottung der Märkte gegenüber unabhängigen Anbietern erfolgen und die Entwicklung eines europäischen Markts behindert. Zum anderen wird die Frage bedeutsam sein, in welchem Maß die durch die Digitalisierung veränderten technischen und wirtschaftlichen Prozesse im jeweiligen Unternehmen selbst realisiert werden bzw. als Dienstleistungen für Dritte angeboten werden. Dabei spielt eine Rolle, ob der Markt für erweiterte Dienstleistungen im Bereich digitaler Angebote aufnahmefähig ist oder zum Beispiel in der Zeit, bis Zusatzangebote tatsächlich verfügbar und attraktiv sind, durch eine starke Durchdringung mit Receivern gesättigt wird, die zwar digitale Signale empfangen können, aber für die Auswertung zusätzlicher Angebote nicht ausgerüstet sind. Um diese Fragen in Form von Handlungsstrategien, die ihnen gerecht werden, beantworten zu können, ist es notwendig, Vorstellungen über die künftige Entwicklung im Bereich des Satellitenrundfunks zu gewinnen. Denn welche künftigen Entscheidungen notwendig werden oder zu empfehlen sind, hängt davon ab, welche Entwicklung dieser Bereich nimmt. Je nach dem, welche der technische Potenziale der Digitalisierung praktisch realisierbar erscheinen, von den Beteiligten akzeptiert werden und sich als wirtschaftlich erweisen, müssen die strategischen Empfehlungen sehr unterschiedlicher Art sein. Diese Abhängigkeit von Zukuftswissen führt allerdings in ein Dilemma: Angesichts einer entwicklungsoffenen Zukunft mit vielfältigsten Abhängigkeiten und Einflussfaktoren ist die künftige Entwicklung nicht vorherzusagen. Wir haben nicht nur eine, sondern viele mögliche Zukünfte. Zugleich ist aber eine Vorstellung über die künftige Entwicklung unabdingbar. So schwierig Aussagen über die künftigen Auswirkungen technischer Systeme sind, so unum164 gänglich ist der Versuch, die Konsequenzen des jeweiligen Handelns abzuschätzen. Die Prognose der künftigen Voraussetzungen und Folgen eines Techniksystems ist eine Bedingung der Möglichkeit bewußter und freier Entscheidung über die gesellschaftliche Zukunft. Diese Entscheidungsorientierung verändert aber – gegenüber einer Vorhersage – das Erkenntnisinteresse an der Zukunft623. Letztlich geht es jedoch darum, Rechtsziele den Umständen entsprechend zu verwirklichen, indem versucht wird, auf diese Umstände im Sinn der Rechtsziele Einfluss zu nehmen und umgekehrt auch die rechtlichen Regelungen zur Effektivierung rechtlicher Vorgaben an die jeweils neuen Umstände anzupassen. Rechtliche Einflussnahme kann aber gesellschaftliche Relevanz nur in geschichtlichen Verzweigungssituationen gewinnen, in denen die Beteiligten oder die Gesellschaft sich für unterschiedliche Entwicklungsrichtungen entscheiden können. Fehlen Handlungsalternativen, können nur Sachzwänge vollzogen und deren negative Folgen beklagt werden. Es kommt also für das Ziel, strategische Empfehlungen zu entwickeln, nicht darauf an, tatsächlich die Zukunft vorherzusehen. Er genügt, wenn es gelingt entscheidende Verzweigungssituationen zu erkennen und zu beeinflussen624. 4.5 Mögliche Zukünfte Wenn auch eine Prophezeiung der Zukunft nicht möglich ist, können doch die vorhandenen Kenntnisse über Vorraussetzungen und Einflussfaktoren der künftigen Entwicklung zu Gedankenexperimenten zu möglichen Zukünften zusammengetragen werden. Möglich werden dadurch bedingte Prognosen. Solche Zukunftsbilder, die uns Verzweigungssituationen deutlich machen und Handlungsmöglichkeiten aufzeigen, können in Form von Szenarien gezeichnet werden625. Dabei muss es für die hier verfolgte Fragestellung um eine technikinduzierte Technikfolgenabschätzung gehen626. Wir wollen wissen, wie sich Zugangsoffenheit und Vielfalt bei einer digitalisierten Verbreitung von Rundfunk über Satelliten entwickeln wird. Bezogen auf das Erkenntnisziel bietet sich in erster Linie ein Trendszenario an. Trendszenarien versuchen, Trendentwicklungen zu beschreiben – also die Entwicklungen, die zum einen den vorherrschenden gesellschaftlichen Entwicklungstrends entsprechen, die für das Untersuchungsfeld bestimmend sind, und die sich zum anderen an den sich voraussichtlich durchsetzenden mächtigen Interessen orientieren. Sie sind mit dem Anspruch verbunden, die Zukunft mit der größten Wahrscheinlichkeit zu beschreiben (4.5.1)627. Allerdings kann sich die Zukunft leicht auch anders entwickeln. Daher werden im Anschluss an das Trendszenario zwei Sensitivitätsanalysen in Form determinierter Szenarien durchgeführt628. Diese stellen einmal eine vertikale Integration der Aufgaben von Transportdienstleistungen und Inhalteangeboten (4.5.2) und zum anderen eine Modularisierung der Schritte zur Produktion und zum Vertrieb von Satellitenrundfunk (4.5.3) in den Mittelpunkt der Zukunfts- 623 S. hierzu näher Roßnagel, Rechtswissenschaftliche Technikfolgenforschung, S. 113. 624 S. hierzu näher Roßnagel, Rechtswissenschaftliche Technikfolgenforschung, S. 106 ff. 625 S. hierzu näher Roßnagel, Rechtswissenschaftliche Technikfolgenforschung, S. 110 ff. 626 S. hierzu näher Roßnagel, Rechtswissenschaftliche Technikfolgenforschung, S. 121. 627 S. hierzu näher Roßnagel, Rechtswissenschaftliche Technikfolgenforschung, S. 148 ff. 628 S. hierzu näher Roßnagel, Rechtswissenschaftliche Technikfolgenforschung, S. 155 ff. 165 konstruktion und fragen nach deren Auswirkungen. Für diese Szenarien wird eine nur gewisse Wahrscheinlichkeit beansprucht. Dennoch soll die dargestellte Zukunftsentwicklung eine innere Plausibilität aufweisen. 4.5.1 Trendszenario Die bisherigen Erkenntnisse aus dem Verlauf der Digitalisierung lassen den Schluss zu, dass sich der Rundfunkmarkt auf europäischer Ebene wie in Deutschland nicht erheblich anders entwickeln wird als bisher. Es ist nicht ersichtlich, dass neue Geschäftsmodelle kurzfristig Entwicklungen anstoßen, die zu gravierenden strukturellen Änderungen der Rundfunklandschaft führen werden. Der Schwerpunkt der Geschäftsmodelle wird auch zukünftig beim traditionellen Rundfunk liegen, wobei im Rahmen dieses Szenarios angenommen wird, dass zumindest die Programme deutscher Veranstalter mit den höchsten Reichweiten auch beim Übergang auf digitale Satellitenverbreitung weiterhin unverschlüsselt ausgestrahlt werden. Der Satellitenempfang gewinnt in Deutschland weiterhin an Bedeutung, und zwar sowohl beim Direktempfang wie auch als Medium der Programmzuführung zur Netzebene 4. Hierzu tragen vor allem drei Faktoren bei: • Die zukünftige Entwicklung im Bereich der Kabelnetze ist nach wie vor unklar. Sie beinhaltet zwar die prinzipielle Perspektive eines Ausbaus digitaler Kapazitäten mit der Möglichkeit der Nutzung für breitbandige bidirektionale Kommunikation. Die bisherigen Erfahrungen im Bereich derjenigen Netze, die von neuen Eigentümern betreut werden, legen indes die Erwartung nahe, dass sowohl die technische Umsetzung als auch der wirtschaftliche Erfolg des Ausbaus zumindest mehr Zeit beanspruchen, als die ursprünglichen Annahmen erwarten ließen. Raschere Entwicklungen könnten sich hier allenfalls dann ergeben, wenn die Betreiber der Netzebenen 3 und 4 gemeinsame Betreibermodelle forcieren würden. Für die Satellitendistribution bedeutet dies, dass sich kein kurzfristiger zusätzlicher und großräumiger Systemvorteil des Kabels durch die Möglichkeit der Telefonie oder des breitbandigen Internetzugangs ergibt, so dass diejenigen Faktoren, die die bisherige Entwicklung geprägt haben, durch einen Ausbau des Kabels jedenfalls nicht nachteilig zu Lasten des Satellitenempfangs verändert werden. Vielmehr steht zu erwarten, dass die Satellitenbetreiber die Verzögerung nutzen, um zum Beispiel auch im Bereich bidirektionaler Angebote massenattraktive Technologien zu etablieren. Diese Annahme wird unterstützt durch den Umstand, dass solche Angebote für den gewerblichen Bereich bereits marktreif sind. • Die Satellitenbetreiber unternehmen verstärkte Anstrengungen, den Satelliten als Zuführungsmedium unmittelbar gegenüber den Betreibern der Netzebene 4 zu vermarkten. Die verzögerte Entwicklung im Kabelmarkt und die Verfügbarkeit geeigneter technischer Lösungen für die Verteilung der Signale in den Netzen lassen diese Aktivitäten der Betreiber als erfolgversprechend erscheinen. • Schließlich vertritt die Europäische Union mit ihrer Position zum Zugang der Zuschauer zur Satellitendistribution einen Standpunkt, der zur allmählichen Liberalisierung der bisher restriktiven Haltung des deutschen Rechts gegenüber dem Empfang von Rundfunksignalen via Satellit beitragen kann. Dieser Aspekt wird mittelfristig zu Lösungen führen, die den Satellitenempfang unterstützen, wobei nicht allein der Direktempfang im Blickpunkt steht, sondern auch die stärkere Realisierung kleiner Gemeinschaftsantennenanlagen. Insgesamt steht mithin zu erwarten, dass die Satellitenbetreiber ihre Marktanteile gegenüber dem Kabel ausbauen werden. 166 Der analoge terrestrische Empfang kann angesichts seiner marginalen Bedeutung für den deutschen Markt außer Betracht bleiben. Für die Diskussion im Bereich der europäischen Medienpolitik ist allerdings zu berücksichtigen, dass die analoge Terrestrik in einigen Ländern auch heute noch das unangefochtene Rückgrat der Rundfunkversorgung darstellt, so dass die Satellitendistribution in Europa insgesamt eine andere Gewichtung erfahren kann. Ob und inwieweit DVB-T den Grundbedarf einer nennenswerten Zahl von Zuschauern decken kann, bleibt abzuwarten. Jedenfalls kann DVB-T auf absehbare Zeit nicht die Rolle einer Distributionstechnik übernehmen, die als Alternative zu Kabel und Satellit die flächendeckende Vielfalt des deutsche Rundfunksystems gewährleisten und damit die Bedeutung anderer Verbreitungswege in ihrer Relevanz für die Sicherung von Vielfalt relativieren kann. Derzeit ist eher davon auszugehen, dass DVB-T zunächst lediglich als komplementäres Medium in besonderen Empfangssituationen genutzt wird. In Ballungsräumen mit hohem Ausbaugrad kann DVB-T wegen seiner geringen Komplexität allerdings dämpfend auf die Entwicklung des Satellitendirektempfangs wirken. Mithin wird die Verbreitung von Rundfunksignalen über Satellit zumindest auf mittlere Sicht für den deutschen Rundfunkmarkt weiter an Bedeutung gewinnen. Angesichts der derzeitigen Vertriebspolitik für digitale Empfangstechnik werden die Anteile des digitalen Satellitenempfangs nennenswert zunehmen. Wegen der hohen Bedeutung des Direktempfangs für alle Anbieter traditionellen Rundfunks und der heute noch erheblichen technischen Hürden, eine einmal eingerichtete Satellitenposition zu wechseln, wird das Szenario – auf Deutschland bezogen – zu einer weiter zunehmenden Dominanz von SES-Astra im Satellitenmarkt führen. Eutelsat kann allenfalls im Bereich der Verbreitung von Special-Interest-Angeboten sowie im Bereich der Versorgung der Netzebene 4 Marktanteile gewinnen. Diese Situation kann sich erst dann deutlich verändern, wenn der Satellitenempfang nicht mehr von Antennen abhängig ist, die präzise auf bestimmte Orbitalpositionen fixiert sind. Weitere Anbieter werden sich – so die Annahme – jedenfalls unter den heutigen Voraussetzungen im deutschen Markt nicht behaupten können. Interaktives Fernsehen wird allmählich und mit zunächst geringer Marktdurchdringung realisiert werden; dessen Verbreitung wird ausschließlich digital erfolgen. Nicht zuletzt wegen der praktischen Schwierigkeiten, über die Medien Kabel und Satellit massenattraktive breitbandige Rückkanäle zu realisieren, wird Interaktivität zunächst weitgehend asymmetrisch bleiben. Über die digitalen Rundfunk-Verbreitungswege werden Inhalte vorwiegend zum Zuschauer transportiert; Rückkanäle werden über andere Medien realisiert und bleiben vorerst schmalbandig. In Anbetracht der derzeit angedachten interaktiven Inhalte – Voting, Bestellungen, Abruf vielfältiger Informationen – ist nicht zu erwarten, dass die Nachfrage nach breitbandigen Rückkanälen durch die angebotenen Inhalte massiv stimuliert wird. Unter diesen Umständen steht Bandbreite für digitale Übertragungen in ausreichendem Maß zur Verfügung. Mit Engpass-Situationen ist – mit Ausnahme allenfalls kurzer Intervalle – nicht zu rechnen. Der Markterfolg interaktiver Inhalte wird weniger von der Breite des Rückkanals als davon abhängen, in welcher Zahl geeignete Empfangstechnologie, namentlich geeignete Receiver, zur Verfügung stehen. In diesem Szenario wird sich darüber hinaus keine maßgebliche Veränderung der Verschlüsselungssituation ergeben. Pay-TV-Anbieter werden ihre Angebote auch zukünftig verschlüsseln, während die werbe- und gebührenfinanzierten Veranstalter ihre Programme weiterhin unverschlüsselt ausstrahlen. Damit werden auch künftig die Voraussetzungen nicht gegeben sein, den direktempfangenden Zuschauer generell mit Verbreitungsentgelten zu belasten. Pay167 TV wird sich allmählich stabilisieren, sich jedoch vorerst nicht zum dominierenden Geschäftsmodell entwickeln. Die Verbreitung von Personal Video Recordern wird – ebenso wie die von Videorecordern überhaupt – die Sehgewohnheiten der Zuschauer nicht entscheidend beeinflussen. Die Markteinführung digitaler Recorder hat zwar begonnen und wird sich mit zunehmender Digitalisierung weiter entwickeln629. Dennoch wird ein großer Teil der Zuschauer Werbung im laufenden Programm akzeptieren, weil sich die Sehgewohnheiten nur sehr allmählich verändern und die Ausblendung von Werbung den aktiven Eingriff der Zuschauer voraussetzen würde, zumal die Praxis zeitgleicher Darstellung von Werbung und Inhalten durch akzeptabel geteilte Bildschirme zunehmend Platz greift. Im Bereich der Satellitenanbieter selbst sind weitere globale Konzentrationen durch Änderungen der Eigentümerstruktur wahrscheinlich; Änderungen der bisherigen Geschäftspolitik der Satellitenbetreiber werden vorrangig durch solche Konzentrationsprozesse angestoßen. Wegen der hohen Zahl verfügbarer digitaler Satellitenkapazitäten ist allerdings nicht zu erwarten, dass in Deutschland exklusive Strukturen geschaffen werden können. Die Situation in anderen europäischen Ländern kann sich wegen der dort herrschenden Monopolstrukturen im Bereich der Infrastruktur und der gegenüber Deutschland relativ hohen Pay-TV-Anteile davon abweichend gestalten. 4.5.2 Integrationsszenario Ähnlich wie im Kabelmarkt sind auch im Bereich des Satellitenmarktes Entwicklungen denkbar, die zu einer Integration von Transport und Inhalten führen630. Die Märkte anderer europäischer Staaten haben auf verschiedenen Ebenen die Integration bereits vollzogen. In Großbritannien war eine derartige Entwicklung auch auf dem Satellitenmarkt zu beobachten. Zwar werden auch dort Inhalte über angemietete ASTRA-Transponder ausgestrahlt, im Bereich des Marketing wurden aber frühzeitig Technik und Inhalte durch die gemeinsame Verwendung des Schlüsselbegriffs „Sky“ verbunden, so dass der Eindruck eines einheitlichen Anbieters von Satellitentechnik und Inhalten entstehen konnte. Bereits heute zeigt sich auch in Deutschland ein deutlicher Trend zur vertikalen Integration, das heißt, zur Zusammenführung von Inhalten und Infrastruktur. Während auf dem deutschen Kabelmarkt lange wie selbstverständlich die Trennung von Netzen und Inhalten galt, hat sich dieses Verständnis in Europa – und mit dem beabsichtigten Verkauf der DTAG-Kabelnetze auch in Deutschland – erheblich relativiert. Die damit verbundenen Risiken für den Zugang sind ersichtlich631. Für den – deutschen – Satellitenmarkt ist eine vergleichbare Veränderung derzeit zumindest nicht konkret erkennbar. Insbesondere SES-Astra sieht seine Rolle nach wie vor ausschließlich als Transporteur, während Eutelsat – zunächst lediglich als Dienstleister – beginnt, Programmpakete zu schnüren und anzubieten. Diese Tendenz kann sich rasch verstärken, wenn 629 Zu aktuellen Entwicklungen s. FAZ vom 14.3.2003, S. 20. 630 Ein Vermarktungsmodell für die Verbreitung über Kabel beschreiben Hein/Schmidt, K&R 2002, 409, 411; Irion/Schirmbacher, CR 2002, 61 ff.; Wagner, Beilage MMR 2/2001, 28; s. auch Rhein, Beilage MMR 2/2001, 3, 7f. 631 S. Dörr/Janik/Zorn, Zugang zu den Kabelnetzen, S. 80 ff.; Gersdorf, Chancengleicher Zugang zum digitalen Fernsehen, S: 22 ff.; Roßnagel/Hilger, MMR 2002, 445. 168 inhaltsbezogene Geschäftsmodelle als wirtschaftlich günstig oder notwendig erscheinen, zumal die Verflechtung inhaltlicher Interessen mit dem Zugriff auf Transportleistungen außerhalb Deutschlands nicht unbekannt ist. Ein solcher Impuls kann durch den Markteintritt eines dritten Anbieters – etwa Murdoch – auf den deutschen Satellitenmarkt ausgelöst werden, wahrscheinlicher ist jedoch eine Änderung im Bereich der Eigentumsverhältnisse der etablierten Anbieter. Eine solche Konstellation könnte – ebenso wie im Kabelbereich – unmittelbare und mittelbare Auswirkungen auf die Zugangsbedingungen von Drittanbietern haben. Gerade im Satellitenbereich könnte und müsste sie jedoch zunächst zu einem Paradigmenwechsel hinsichtlich des freien Empfangs von Satellitensignalen führen. Vertikal integrierte Unternehmen müssen möglichst alle Stufen der Wertschöpfungskette kontrollieren, um wirtschaftlich maximal erfolgreich zu sein. Dies kann angesichts der technischen Reichweite des Satellitensignals nur über eine Verschlüsselung gelingen. Um die Wirtschaftlichkeit dieses Modells zu optimieren, müsste zugleich die allgemeine Verfügbarkeit unverschlüsselter Signale reduziert werden. Dies kann zum einen gelingen über proprietäre Empfangstechnologien oder aber über wirtschaftliche Anreize für Free-TV-Anbieter, zumindest einer Basisverschlüsselung zuzustimmen. Solche wirtschaftlichen Anreize könnten etwa in der Beteiligung an den Transportentgelten gesehen werden, die der Zuschauer für den Zugang zu den verschlüsselten Programmen zu entrichten hätte. Für die langfristige Zielsetzung, Zugangsentgelte durch eine generelle Verschlüsselung aller Satellitenprogramme auch für den Satellitendirektempfang zu realisieren, sprechen darüber hinaus verschiedene andere Faktoren: Neben dem Umstand, dass sich Satellitenbetreiber auf diese Weise eine Einnahmequelle erschließen, die Kabelnetzbetreibern bereits heute zur Verfügung steht, können Veranstalter werbefinanzierter Programme – ebenso wie sie es im Bereich der Kabelnetze anstreben – Geschäftsmodelle entwickeln, die eine Beteiligung der Zuschauer an den Distributionskosten ermöglichen. Die Durchsetzung eines entsprechenden Modells im Bereich der Kabelnetze setzt voraus, dass sich die Wettbewerbssituation zwischen den Distributionssystemen durch zusätzliche Belastungen der Zuschauer nicht weiter zu Lasten der Kabelverbreitung verschiebt. Dies gelingt durch ein entsprechendes Geschäftsmodell im Bereich des Satelliten. Die Marktdurchdringung wird hier schon mittelfristig ein Maß erreicht haben, das einen solchen Schritt prinzipiell möglich machen kann. Schließlich kann – und dies ist einer der Kernaspekte – die zukünftige Entwicklung im Bereich der Werbeerlöse die heutige Form der ausschließlichen Werbefinanzierung weiter in Frage stellen. Dabei steht nicht der aktuelle, überwiegend konjunkturbedingte Rückgang an Werbeerlösen im Vordergrund, sondern es sind vor allem die Befürchtungen, neue digitale Speichertechnologien, zum Beispiel fortgeschrittene Harddisc-Recorder, könnten den Zuschauer in die Lage versetzen, Werbung konsequent auszublenden und damit das Prinzip der Werbefinanzierung in Frage stellen. Treffen diese Befürchtungen zu, sind neue, zumindest ergänzende Finanzierungsformen unabdingbar. Damit deuten auch diese Überlegungen darauf hin, dass langfristig auch Satellitensignale weit überwiegend verschlüsselt angeboten werden. Ist eine Verschlüsselung von Satellitensignalen weitgehend etabliert, bieten sich für die Integration möglichst vieler Glieder der Wertschöpfungskette in ein einheitliches Angebot erhebliche Anreize, wobei die europaweite Verfügbarkeit des Distributionswegs zusätzliche Effekte bietet. 169 Für die Durchdringung des Markts mit Endgeräten, die Zugangsberechtigungssysteme beinhalten und Zusatzdienste auswerten können, hätte ein Modell vertikal integrierter Anbieter prinzipiell beschleunigende Effekte: Die erforderlichen Endgeräte würden im Rahmen flexibler Geschäftsmodelle im Markt untergebracht werden, ohne dass Zweifel an der Entwicklung zukünftiger Standards hemmend wirkten. Geeignete Geschäftsmodelle könnten die vollständige oder teilweise Subventionierung von Endgeräten beinhalten, sofern die Inhalte hinreichend attraktiv gestaltet wären. Gleichzeitig können – dies zeigt der Markt in Großbritannien – geeignete interaktive Dienste angeboten werden. Dabei ist davon auszugehen, dass im Sinn der Kundenexklusivität primär solche Technologien eingesetzt würden, die mit standardisierter Technologie zumindest nicht vollständig kompatibel sind. Hierzu gehört etwa auch der Verzicht auf Common-Interfaces, der Einsatz proprietärer Zugangsberechtigungssysteme und nicht in allen Punkten standardisierter Middleware, mithin auch der Verzicht auf MHP in seiner standardisierten Form. Das Abrechnungssystem steht dem Anbieter exklusiv zur Verfügung; der Zugriff auf die Kundendaten führt zu individualisierten Diensten und Angeboten. Dass der Markt des Pay-TV in Deutschland sich trotz des Einsatzes verschiedener Komponenten dieses Modells – DF1 und Premiere konnten sich im Markt des digitalen Fernsehens wegen der Beherrschung verschiedener Bereiche der digitalen Signalverarbeitung zeitweise als Monopolisten bewegen – bislang nicht erfolgreich war, schließt nicht aus, dass ein konsequent integratives Geschäftsmodell zukünftig nicht dennoch erfolgreich sein kann. Die Zahl digitaler Satellitenreceiver, die nicht als d-box in den Markt gelangt sind, ist nicht signifikant. Ein Subventionsmodell könnte auch den Umstand überwinden, dass in einer relevanten Zahl der Satellitenhaushalte bereits eine digitale Zapping-Box vorhanden ist. Entscheidend ist allein, ob es gelingt, attraktive interaktive Angebote und exklusive Inhalte zu präsentieren bzw. die Zahl frei verfügbarer Satellitenangebote zu reduzieren, was insbesondere dann gelingen kann, wenn Transporteur und Inhalteanbieter identisch sind. Unter diesen Umständen wird der Zugang eines unabhängigen Dritten zu den verschiedenen Stufen der digitalen Distribution potenziell schwieriger, weil das Drittunternehmen die Leistungen von einem unmittelbaren Wettbewerber beziehen muss. Die Sicherung fairer Bedingungen kann in diesem Fall nicht durch den Markt geleistet, sondern muss durch externe Mechanismen gesteuert werden, wobei Steuerung hier bereits die Existenz geeigneter Mittel bedeutet. Für den Zuschauer ist der Umstand, dass proprietäre Techniken angeboten werden, nicht von Bedeutung, wenn entweder bereits die Inhalte überzeugend oder aber die technische Ausstattung gemessen an hinreichend attraktiven Inhalten und interaktiven Angeboten günstig ist. Relevant wird dieser Umstand lediglich dann, wenn sich bereits zuvor ein hinreichend großer Markt etabliert hat, in dem andere Standards gesetzt sind. 4.5.3 Dienstleistungsszenario Das dritte Szenario beschreibt eine Entwicklung, die durch funktionierenden Wettbewerb auf vielen Stufen des Distributionsprozesses unabhängigen Inhalteanbietern den Zugang zu den Transportwegen und den Zuschauern den Zugang zu Inhalten ermöglicht. Das Szenario geht davon aus, dass sich ein Rundfunkmarkt entwickeln wird, der neben traditionellen Rundfunkangeboten in wachsendem Maß auch transaktionsorientierte Angebote beinhaltet. Die erforderliche Investition zum unabhängigen Aufbau aller Geschäftsprozesse in einem digitalen Satellitenmarkt wird sich für eine große Zahl mittlerer Anbieter als nahezu unüberwindliche Markteintrittshürde erweisen. Die Erfahrungen der Entwicklung im Bereich des deutschen digitalen Fernsehens belegen, dass selbst verhältnismäßig kapitalstarke Unterneh170 men eher einen starken Wettbewerber als Partner akzeptieren als eigenständige Investitionen in organisatorische und technische Komponenten zu verantworten. Mittelfristig wird sich angesichts der Vervielfachung von Kapazitäten, der praktisch wachsenden Komplexität der digitalen Verbreitung von Inhalten und der zunehmenden Zersplitterung von Zuschauerreichweiten daher zumindest für Anbieter mittlerer Größenordnung die Notwendigkeit ergeben, verstärkt Dienstleistungen zur Erledigung der mit der Verbreitung von Programmen zusammen hängenden Arbeitsschritte in Anspruch zu nehmen. Dies beinhaltet – wie bereits heute – die Produktion und die Ausstrahlung der Inhalte, aber auch die Vermarktung und schließlich die Abrechnung der Inhalte. Anbieter solcher Leistungen können vertikal integrierte Unternehmen sein, die die Gesamtheit dieser Prozesse vorhalten, aber auch kontrollieren. Solche Anbieter müssten im Hinblick auf den diskriminierungsfreien und chancengleichen Zugang zu den Ressourcen regulatorischen Kontrollen unterliegen, die faire Marktbedingungen gewährleisten. Neben den bereits etablierten Mechanismen der Aufsicht könnten vertragsorientierte Regelungen, etwa im Sinn der Inhaltskontrolle einzelner Vertragsbestimmungen, zur Transparenz der Zugangsbedingungen beitragen. Alternativ hierzu ist die Entwicklung eines unabhängigen und anbieterneutralen Dienstleistungssegments denkbar, das im Rahmen eines funktionierenden Wettbewerbs die erforderlichen Prozesse digitaler Verbreitung von Rundfunk inhaltsneutral anbietet. Dabei kann die Kette der Prozesse „aus einer Hand“ angeboten werden, denkbar sind allerdings auch Modelle, in denen die erforderlichen Dienstleistungen weitgehend modularisiert sind und von unterschiedlichen Anbietern bezogen werden können. Eine Modularisierung führt zur Senkung der Markteintrittshürden für die Anbieter der Dienstleistungen und fördert zugleich den Wettbewerb zwischen den Anbietern. Voraussetzung einer Modularisierung sind in jedem Fall standardisierte Schnittstellen, die die Übergabe der einzelnen Prozesse zwischen den Dienstleistern erlauben. Erste Ansätze zur Standardisierung von Schnittstellen finden sich bereits heute im Bereich der API's digitaler Empfangsgeräte oder dem Versuch, lokalen und regionalen Netzbetreibern den Zugang zu CA-Systemen zu ermöglichen. Angestoßen werden könnten derartige Plattformen von den Anbietern der Transportdienstleistungen, die bereits heute die technische Abwicklung der Sendevorbereitung weitgehend offen gestaltet haben. Erste Schritte zu einer modularisierten und für den Kunden transparenten Dienstleistung könnten auch die von Eutelsat im Rahmen des visAvision-Projekts eingesetzten Abrechnungs- und Freischaltungsverfahren sein. Modulare Prozesse erlauben zudem den Wechsel auch der Anbieter der Transportleistungen und können so mittelfristig auch in diesem Segment Abhängigkeiten von einzelnen Infrastrukturen reduzieren. In diesem Szenario wird eine relativ hohe Wahlfreiheit des Zuschauers erreicht, gleichzeitig aber die formale Kundenbindung reduziert, weil die hohe Wettbewerbsorientierung den Wechsel zwischen den Dienstleistern begünstigt. Die Durchsetzung der stärkeren unmittelbaren Beteiligung des Zuschauers an der Finanzierung der Angebote ist allerdings auch hier abhängig von der Akzeptanz der Inhalte. Die Modularisierung und die Möglichkeit, Dienstleistungen in der jeweils benötigten Form nachzu171 fragen, führt – wie bereits heute – zum parallelen Angebot verschlüsselter und unverschlüsselter Angebote. Gleichzeitig wird allerdings die Marktpräsenz einer Vielzahl für unterschiedliche Zielgruppen attraktiver und im Wettbewerb stehender Angebote gefördert. Dies kann insgesamt die allmähliche Hinwendung des Zuschauers zu solchen Inhalten fördern, an deren Finanzierung er sich unmittelbar beteiligen muss. In diesem Szenario können langfristig auch die Wirkungen abgefedert werden, die die intensive Nutzung der Möglichkeiten eines Personal Video Recorders auf den Werbemarkt und damit die Einnahmesituation werbefinanzierter Programmen haben könnte. Es steht zu erwarten, dass ein Modell, dass modular funktioniert und dem Zuschauer eine prinzipiell hohe Flexibilität einräumt, mittelfristig zu breiterer Akzeptanz zusätzlicher Finanzierungsbeiträge durch den Zuschauer führen kann. Dies kann insbesondere begünstigt werden durch zusätzliche interaktive Angebote, die vor allem dann zu refinanzieren sind, wenn die erforderlichen technischen Voraussetzungen als Dienstleistungsangebot Dritter zur Verfügung stehen. Zugleich hat ein hoch standardisiertes Verfahren positive Wirkungen auf die Endgerätesituation. Die Receiver erweisen sich für den Zuschauer als universell einsetzbar für die Angebote aller Veranstalter. Dies dürfte die Investitionsbereitschaft erhöhen, den Markt erweitern und sich letztlich günstig auf den Preis und damit die Marktdurchdringung auswirken. Die breite Verfügbarkeit der Technik eröffnet überdies nicht nur dem privaten werbefinanzierten Rundfunk neue Refinanzierungsmöglichkeiten, sondern könnte auch für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland Rahmenbedingungen schaffen, die eine fallweise Verschlüsselung erlauben. Angesichts des Umstands, dass Problemkonstellationen, die entweder exorbitante Rechtekosten oder einen vollständigen Verzicht auf attraktive Rechte zwingend zur Folge haben, auch zukünftig nicht die Regel sind, erlaubte der Rückgriff auf modulare Systeme die Verschlüsselung von Programminhalten ausschließlich in diesen Ausnahmesituationen, in denen eine Freischaltung durch Auswertung des Rückkanals zum Beispiel auch an den Standort des Receivers geknüpft werden könnte. 4.6 Zusammenfassung Veränderungen der Rundfunklandschaft durch Digitalisierung sind nicht zwingend. Der nahtlose Übergang von der analogen auf die digitale Verbreitungstechnik bei den Satellitenbetreibern zeigt, dass Rundfunkangebote sich nicht allein durch Digitalisierung verändern. Allerdings führen mehr und preiswertere Kapazitäten zu einer allmählichen Zunahme von Programmen, die auf kleinere Zielgruppen ausgerichtet sind und mit gegenüber heutigen Angeboten veränderten Finanzierungsmodellen am Markt bestehen können. In diesem Kontext sind gegenüber der analogen Technik neue Dienstleistungen erforderlich, etwa bei der Steuerung des Zugangs zu den Angeboten oder zu deren Abrechnung, deren eigenständige Realisierung vor allem für kleinere Anbieter problematisch sein kann. Die Erfahrung der vergangenen Jahre ist aber auch Beleg dafür, dass diese Veränderungen sich eher allmählich vollziehen und – wie der Bereich interaktiven digitalen Fernsehens zeigt – das Potenzial der Technik nicht immer sofort in finanzierbare Anwendungen umgesetzt werden kann. Andererseits geben z.B. die Entwicklungen des Kabelmarktes in Deutschland Hinweise darauf, dass sich wirtschaftliche wie politische Rahmenbedingungen durch Veränderungen einzelner Parameter – das Hinzutreten von Anbietern mit Schwerpunkt im Bereich der Inhalte – relativ rasch grundlegend verändern können. Eine solche Veränderung kann auch im Bereich des Satellitenrundfunks nicht ohne weiteres ausgeschlossen werden. 172 Basis für die Antwort auf die Frage, welche politischen Folgerungen aus diesen Veränderungen im Bereich des Satellitenrundfunks zu ziehen sind, kann angesichts der bisherigen Erfahrungen daher nicht eine einzelne, auf eine bestimmte Entwicklung zielende Prognose sein. Vielmehr müssen der Beurteilung unterschiedliche Szenarien zugrunde gelegt werden, die es ermöglichen, dynamisch und frühzeitig auf Veränderungen zu reagieren. Eines dieser Szenarien basiert auf der Annahme, dass der bisherige Trend allmählich fortschreitet und sich Veränderungen durch die Digitalisierung Schritt für Schritt ergeben. Allerdings muss auch der Fall untersucht werden, dass sich Satellitenbetreiber neben ihren bisherigen Transportleistungen verstärkt dem Angebot von Inhalten zuwenden und als vertikal integrierte Unternehmen agieren und sich so insbesondere für den Zugang zu diesen Systemen weitere Hürden ergeben können. Schließlich kann unter dem Gesichtspunkt der Förderung eines möglichst offenen Zugangs zu den Vertriebswegen und damit eines möglichst breiten Spektrums an unterschiedlichen Inhalteanbietern ein Szenario dargestellt werden, das auf eine arbeitsteilige und modularisierte Plattform ausgerichtet ist, die Wettbewerb und damit Zugangsoffenheit auf jeder Stufe der Wertschöpfung erlaubt. 173 5. Neue Rechtsprobleme durch die Digitalisierung Die Digitalisierung führt zu den in Kapitel 4 beschriebenen Veränderungen in den technischen Grundlagen, in den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und den individuellen Handlungsoptionen der Beteiligten. Diese Veränderungen sollen in diesem Kapitel zum einen darauf hin untersucht werden, inwiefern sie sich auf die Verwirklichung der in Kapitel 3.1 dargestellten europarechtlichen und verfassungsrechtlichen Ziele auswirken. Sofern sich hieraus Herausforderungen für das Recht ergeben, soll weiter geprüft werden, ob das europäische oder deutsche Recht auch für diese grundsätzlich Antworten bereit hält oder ob es einen rechts- oder medienpolitischen Handlungsbedarf gibt. Mit welcher Dringlichkeit der hier allgemein bestimmte Handlungsbedarf befriedigt und in welche Strategie die rechts- und medienpolitischen Handlungsalternativen eingebunden werden sollten, wird dann Gegenstand des sechsten Kapitels sein. 5.1 Regelungsregime Die Möglichkeit, prinzipiell beliebige Inhalte über digitale Transportwege zu übertragen,632 wird die Notwendigkeit, neue Kriterien für die bisher mit dem Rundfunkbegriff verknüpften Rechtsfolgen zu entwickeln, verdeutlichen. Technische Kategorien – im einfachsten Fall „Fernsehen“ oder „Internet“ – sind nicht länger geeignet, den Phänomenen das passende rechtliche Regime zuzuordnen. Wurde Rundfunk bislang im Wesentlichen über seine Transportstruktur beschrieben, folgt aus der dargestellten Transparenz des Transportwegs, dass dieser Ansatz kein geeignetes Differenzierungskriterium mehr darstellt. Die Definition von Rundfunk bedarf im Zeitalter transparenter Übertragungswege vor allem inhaltlicher Kriterien. Mit der Möglichkeit, gleiche Transportwege zeitgleich für verschiedenartige Inhalte zu nutzen, geht einher, dass die klassische statische Zuordnung von Übertragungswegen in bisherige Kategorien – zum Beispiel Rundfunk oder Telekommunikation – und damit die statische Zuordnung der Übertragungswege zu verschiedenen rechtlichen Systemen kein geeignetes Differenzierungskriterium mehr sein kann. Zwar wäre denkbar, die technische Möglichkeit der Nutzung von Transportwegen für unterschiedliche Inhalte im Interesse der rechtlichen Systemklarheit zu beschränken – Ansätze hierzu finden sich im Rahmen von Diskussionen über die „Widmung“ digitaler Transportwege für Rundfunk633 –, dies bedeutete allerdings den materiell nicht zwingenden Verzicht auf Synergien, die aus der prinzipiellen Transparenz des Transportwegs folgen. Eine definitorische „Analogisierung“ digitaler Übertragungswege erscheint daher nicht optimal. Da die Differenzierung nach der verwendeten Technik nicht weiter hilft, müssen die Kriterien inhaltlicher Natur sein. Dies bedeutet, dass Inhalte mit Hilfe qualitativer Maßstäbe ihrem Regelungsregime zugeordnet werden müssen. Damit wird sich auch die Notwendigkeit und das Maß der Sicherung diskriminierungsfreien und chancengleichen Zugangs an neuen, inhaltlichen Kriterien orientieren müssen. Inhalte, deren Bedeutung nicht der des bisherigen Rundfunks gleichkommt, bedürfen lediglich einer medienspezifischen regulatorischen Ordnung 632 S. zur Transparenz der Transportwege Kap. 4.1.1. 633 Vgl. Kap. 3.3.2. hinsichtlich ihrer Schranken – etwa im Bereich des Jugendschutzes634 –, während für meinungs- und vielfaltsrelevante Inhalte die Möglichkeit des offenen Zugangs zu Verbreitung und Wahrnehmung besonderer Beachtung bedarf. Auf der Ebene der Europäischen Union hat diese Überlegung im neuen Telekommunikationsrichtlinien-Paket bereits ihre Umsetzung gefunden635. Die Richtlinien trennen streng zwischen Inhalten einerseits und technischer Infrastruktur andererseits.636 Elektronische Kommunikationsdienste sollen – unabhängig von den übermittelten Inhalten – auf allen technischen Verbreitungswegen prinzipiell dem gleichen rechtlichen Rahmen unterworfen sein. Dies gilt auch für die Verbreitung von Rundfunk. Mit der Umsetzung der Richtlinien dürfte dann in allen Mitgliedstaaten die Regulierung der transparenten Wege weitgehend inhaltsneutral erfolgen. Regulierungsbedarf könnte sich aber umgekehrt für die technikneutrale Regulierung der Inhalte ergeben. Hier dürfte die Transparenz digitaler Transportwege mittelfristig erhebliche definitorische Änderungen des traditionellen verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs bedingen. Einfachgesetzlich wären die Unterscheidungen von Telediensten, Mediendiensten und Rundfunk zu überdenken. Für die Untersuchung des künftigen Rechtsrahmens im Bereich des digitalen Satellitenrundfunks folgt aus diesen Erwägungen als ein Kriterium, mögliche Modelle daran zu messen, inwieweit sie der technischen Transparenz digitaler Datenübermittlung Rechnung tragen, sie erlauben oder fördern. 5.2 Frequenzvergabe Die Regelungen zur Vergabe von Frequenzen für die analoge Ausstrahlung von Rundfunk dienten bisher zum einen der Ordnung des Funkverkehrs und zum anderen der Verwaltung des Mangels637. Aus dem Blickwinkel der zweiten Aufgabe müssen sie einmal in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht dafür sorgen, dass die knappen Ressourcen gerecht auf die Wettbewerber verteilt werden. In rundfunkrechtlicher Hinsicht müssen sie sicherstellen, dass dabei die rundfunkrechtlichen Ziele, die Grundversorgung und die Meinungsvielfalt zu gewährleisten, ebenfalls erreicht werden. Diese Aufgaben werden durch die deutlich gesteigerte Übertragungskapazität digitaler Verbreitung von Rundfunksignalen erheblich an Bedeutung verlieren. Technische Folge der Digitalisierung ist eine gegenüber der vergleichbaren analogen Verbreitung von Signalen erheblich bessere Ausnutzung vorhandener Frequenzbereiche638. Für die Programmveranstalter wird dadurch sowohl der rechtliche als auch der ökonomische Zugang zu den Verbreitungswegen erheblich einfacher als bisher. In der Folge wird die Konkurrenz um die knappen Frequenzen entspannt sowie die Vielfalt des Angebots erweitert und seine Sicherung erleichtert. 634 Wie sie etwa im Mediendienstestaatsvertrag gefunden wurden – s. hierzu z.B. Roßnagel-Meier, Einl. in den MDStV, Rn. 2, 19 ff. 635 S. Kap. 3.3.3.1. 636 S. Kap. 3.3.4.1.2. 637 S. hierzu auch Kap. 3.2.1. 638 S. Kap. 4.1.2. 175 Angesichts der Steigerung der Übertragungskapazitäten erscheinen die bestehenden Regelungen adäquat und ausreichend. Ein zusätzlicher Regelungsbedarf ist nicht zu erkennen. 5.3 Zugang des Empfängers Die Rundfunkfreiheit als Freiheit des Empfangs gewährleistet jedem Bürger ein Recht auf eine angemessene Versorgung mit Hörfunk und Fernsehen. Sie dient der freien Meinungsbildung und ermöglicht, sowohl Meinungen zu äußern und zu verbreiten, als auch die geäußerten Meinungen zur Kenntnis zu nehmen und sich zu informieren639. Im Interesse einer umfassenden und freien Meinungsbildung, hat der Gesetzgeber nicht nur die Vielfalt und Ausgewogenheit des Programms sicherzustellen, sondern auch dafür zu sorgen, dass die vielfältigen und ausgewogenen Inhalte zu den Empfängern gelangen. Hiervon wird auch die Freiheit zur Erschließung bestimmter technischer Empfangsvoraussetzungen umfasst640, da sie erst die Voraussetzung für die Zugänglichkeit der massenkommunikativ verbreiteten Informationen darstellt.641 Der Anspruch auf ungehinderten Empfang wird in dem Maß verstärkt, indem Personen aus tatsächlichen Gründen auf den Satellitenempfang als einzige Möglichkeit der Versorgung mit Fernsehen angewiesen sind642. Aus Sicht der Europäischen Gemeinschaft ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass sowohl die Grundfreiheiten des EGV als auch die Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ das grenzüberschreitenden Angebot von Fernsehdienstleistungen fördern wollen. Die Möglichkeit des ungehinderten Empfangs grenzüberschreitender Fernsehangebote soll nicht nur der Verwirklichung des Gemeinsamen Markts dienen, sondern auch zur politischen und kulturellen Integration Europas beitragen643. Die grenzüberschreitende Übertragung von Rundfunk, wie sie die Fernsehrichtlinie im Blick hat, dürfte durch Digitalisierung interessanter werden. Zum einen werden in Folge der höheren Übertragungskapazitäten mehr Special-Interest-Programme angeboten, für die sich auch Zuschauer jenseits der Landesgrenzen interessieren könnten. Zum anderen können digitale Sendungen mit Tonspuren in verschiedenen Sprachen unterlegt werden, die es jedem ermöglichen, die Sendung in seiner Heimatsprache zu hören. Die Empfangsfreiheit wird – national und grenzüberschreitend – gefährdet durch die bisherige deutsche Rechtsprechung, die das Interesse deutscher Zuschauer an Programmen aus anderen Mitgliedsstaaten der Gemeinschaft gering bewertet hat644. Stimmt man der Interpretation der Europäischen Kommission der Informationsfreiheit des Art. 10 EMRK und des Art. 11 Europäische Grundrechtecharta sowie der Grundfreiheiten des EGV zu,645 so muss sich die deutsche Rechtsprechung ändern. Sollte diese Änderung nicht erfolgen, könnte sich an dieser Stelle rechtspolitischer Gestaltungsbedarf ergeben. 639 S. BVerfGE 57, 295, 319 f. 640 S. Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, RStV, Erläuterungen, Rn. 53. 641 S. hierzu auch Roßnagel/Hilger, Regulierung des Zugangs, S. 37; Roßnagel/Hilger, MMR 2002, 445, 447. 642 S. hierzu näher Kap. 3.3.3.2.1. 643 S. hierzu bereits Kap. 3.1.1 und Kap. 3.3.3.2.2. 644 S. hierzu näher Kap. 3.3.3.2.1. 645 S. Kap. 3.3.3.2.2. 176 Die Empfangsfreiheit wird grundsätzlich durch proprietäre Endgeräte gefährdet, die einen Wechsel der Anbieter erschweren. Dies gilt vor allem für Receiver, Conditional-AccessSysteme und elektronische Programmführer646. Hier ergibt sich ein rechtspolitischer Handlungsbedarf, die Interoperabilität der Endgeräte mit den Angeboten unterschiedlicher Programmveranstalter sicherzustellen und einen Wechsel auf dem Markt der Anbieter ohne größere technische Hindernisse zu ermöglichen647. Bezogen auf den deutschen Markt bewirkt die Dominanz von SES-Astra im Segment des Direktempfangs prinzipiell eine Position, in der Wettbewerb nur noch begrenzt beobachtet werden kann. Für jeden Programmveranstalter, dessen Geschäftsmodell von hoher Reichweite abhängig ist, ist die Verbreitung via ASTRA unverzichtbar. Geeignete Alternativen, die entsprechend hohe Reichweiten bieten können, sind auf dem Markt aktuell nicht verfügbar. Diese Situation, die in dieser Zuspitzung wegen der hohen Anteile im Bereich des Direktempfangs vor allem für den deutschsprachigen Raum relevant ist, kann allenfalls mittelfristig durch eine Änderung der Antennentechnologien oder aber durch intensive Marketingaktivitäten zugunsten einer alternativen Orbitalposition verändert werden. Die Abhängigkeit gegenüber einem Satellitenbetreiber ist nicht durch die Digitalisierung der Ausstrahlung bedingt, sondern durch die Ausrichtung der Antennen auf eine bestimmte Orbitalposition ist. Der dadurch erschwerte Wechsel des Betreibers ist technisch bedingt und nur dadurch zu beheben, dass Antennen entwickelt werden, die den Empfang von unterschiedlich positionierten Satelliten ermöglichen648. 5.4 Zugang der Programmveranstalter 5.4.1 Rundfunkpolitische Ziele Der diskriminierungsfreie Zugang der Programmveranstalter zum Verbreitungsweg Satellit, den Endgeräten und den zusätzlichen Diensten ist erforderlich, um deren Grundfreiheiten und Grundrechte sowie die wichtigsten rundfunkpolitischen Ziele in Europa und Deutschland zu erreichen649. Freie Information und Meinungsbildung sind Voraussetzung sowohl der Persönlichkeitsentfaltung als auch der demokratischen Ordnung. Sie erfolgen in einem Kommunikationsprozess, der ohne Medien, die Informationen und Meinungen verbreiten und selbst Meinungen äußern, nicht aufrechterhalten werden könnte650. Dabei kommt dem Rundfunk wegen seiner Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft besondere Bedeutung zu651. Um das Allgemeininteresse an einem funktionierenden Meinungsbildungsprozess zu wahren, ist es erforderlich, die 646 S. hierzu Kap. 4.1.6. 647 S. dazu die Oxera-Studie im Auftrag der Kommission „Study on interoperability, service diversity and business models in digital broadcasting markets“ vom Februar 2003, abrufbar unter http://www.europa.eu.int/information_society/topics/telecoms/regulatory/studies/documents/oxera_final_re port_volume_1_report1.pdf, abgerufen am 12.3.2003. 648 S. hierzu Kap. 4.1.6. 649 S. hierzu ausführlich Kap. 3.1. 650 S. z.B. BVerfGE 57, 295, 319 f. 651 S. z.B. BVerfGE 90, 60, 87. 177 Etablierung vorherrschender Meinungsmacht zu verhindern, da ansonsten der Meinungspluralismus und letztendlich auch die demokratische Grundordnung gefährdet wären. Neben diesen Allgemeininteressen geht es vor allem um die Verwirklichung anerkannter Rechte und Aufgaben der Programmveranstalter selbst. Für die öffentlich-rechtlichen Veranstalter muss gewährleistet sein, dass sie ihre Aufgabe der Grundversorgung erfüllen können. Dies ist grundsätzlich nur dann möglich, wenn sie den chancengleichen und nicht diskriminierenden Zugang zur Satellitenverbreitung haben. Für die privaten Veranstalter ist ein diskriminierungsfreier und chancengleicher Zugang wichtig, um ihre grundrechtlich geschützten wirtschaftlichen Interessen verfolgen zu können. Zugleich sind sie aber auch Bestandteil des Rundfunksystems, dessen Funktionsfähigkeit sie durch Meinungsvielfalt sichern sollen. Indem sie ihre wirtschaftlichen Interessen im gegenseitigen Wettbewerb verfolgen, gewährleisten sie zugleich durch ihre Vielfalt die Pluralität der im Fernsehen vertretenen Meinungen. Da sie sich in Deutschland größtenteils aus Werbung finanzieren, sind die privaten Veranstalter darauf angewiesen, eine maximale Empfängerreichweite zu erzielen. Sie haben keine Möglichkeiten – wie die Empfänger – auf andere Übertragungssysteme umzusteigen. Wenn ihnen der Satellit verschlossen ist, dann haben sie keine Alternativen, die Satellitenempfänger mit ihrem Angebot zu erreichen. In diesem Fall könnten sie ihre Funktion für ein pluralistisches Angebot für diesen Empfängerkreis auch nicht mehr erfüllen.652 Jeder Anbieter trägt zur Bereicherung und Vielfalt des Programmangebots bei. Sein Angebot ist die Grundlage publizistischen Wettbewerbs, der Vielfalt sichert653. Als Wirtschaftssubjekte haben die privaten Veranstalter grundsätzlich einen Anspruch auf Chancengleichheit654. Ihr Wettbewerb kann nur dann die Vielfalt des Angebots sichern, wenn er unter den gleichen Bedingungen geführt wird655. Der europäische und der deutsche Gesetzgeber müssen dafür Sorge tragen, dass der Grundsatz der Chancengleichheit auch im Verhältnis zwischen den einzelnen Trägern der Rundfunkfreiheit gewahrt bleibt656. Im Verhältnis zwischen Satellitenbetreiber und Programmanbieter heißt dies, dass sie den Programmveranstaltern einen chancengleichen, diskriminierungsfreien Zugang zum Übertragungsweg Satellit gewährleisten müssen. 5.4.2 Marktentwicklung Faktisch ist der Zugang zur Verbreitung über Satellit zur Zeit allen Programmveranstaltern ohne Einschränkung ermöglicht, die bereit und in der Lage sind, die von ASTRA und Eutelsat dafür geforderten Entgelte zu bezahlen. Ob diese Situation künftig so bleibt, sich verbessert oder verschlechtert, ist abhängig von der Marktentwicklung. Entscheidend wird die Frage sein, wie Anbieter vor allem unter Berücksichtigung neuer Finanzierungsformen und Geschäftsprozesse ihre Marktpräsenz organisieren können. Vom erforderlichen Aufwand hängt ab, welche Unternehmensgrößen und -strukturen für den Markteintritt erforderlich sind. Niedrige Zugangsschwellen sind dem Ziel der Anbietervielfalt grundsätzlich förderlich. 652 S. zum Beitrag der privaten Veranstalter zur Gewährleistung des „Außenpluralismus“ des Fernsehens EMR, Regulierung des Zugangs, 43f. 653 S. hierzu für das parallele Problem des Zugangs zu den Kabelnetzen z.B. Roßnagel/Hilger, MMR 2002, 445, 447. 654 S. z.B. für Deutschland BVerfGE 57, 295, 327. 655 S. z.B. Gersdorf, Regulierung des Zugangs, S. 118. 656 S. auch Gersdorf, Regulierung des Zugangs, S. 119. 178 War für den Programmveranstalter zu Zeiten analoger Programme allein die Ausstrahlung seines Programmsignals über Satellit relevant, wächst im Umfeld der Digitalisierung der Bedarf an zusätzlichen Dienstleistungen. Zwar steht der linearen Übertragung des Modells der Ausstrahlung einzelner Programme auch in der digitalen Welt nichts entgegen. Die erforderliche Integration des Programms in ein digitales Paket kann ohne weiteres im Rahmen des Play-Outs durch den Satellitenbetreiber geleistet werden, ohne dass sich materielle Änderungen am Programm, seiner Qualität und seiner Verfügbarkeit ergeben. Qualitative Veränderungen ergeben sich durch vereinfachte und vor allem preiswertere Möglichkeiten, Programme in Pakete zu integrieren und zu vermarkten. Dabei wird bei zunehmender Fülle des Angebots die Vermarktung eines einzelnen Programms oder kleiner Programmpakete größeres Gewicht erlangen. Die große Zahl von Übertragungskapazitäten und das Ziel, Programme zunehmend auch im Verhältnis zum Zuschauer zu vermarkten, verändert die Parameter, die den Erfolg eines Programms beeinflussen. Während sich die reinen Verbreitungskosten – und je nach Sparte auch die Kosten der Erstellung der Inhalte – deutlich reduzieren, wächst der technische und organisatorische Aufwand, der für die Vermarktung des Programms zu leisten ist. Es sind die Zugangsmöglichkeiten für den Kunden zu schaffen, Abrechnungsprozesse zu organisieren und das Marketing in Gang zu bringen. Vor allem Veranstalter, die lediglich einzelne oder nur eine geringe Zahl von Programmen in ihrem Portfolio haben, können nur dann wirtschaftlich agieren, wenn die Vermarktung ihrer Angebote in eine übergeordnete Struktur integriert werden kann. Vor allem für Spartenprogramme mit geringer absoluter Reichweite kann zwar ein eigenständiges Marketing noch denkbar sein; hinsichtlich der technischen und organisatorischen Abrechnungsstrukturen sind sie jedoch darauf angewiesen, auf die Leistungen Dritter zurückgreifen zu können. Die zukünftig denkbaren Geschäftsmodelle unterscheiden sich vor allem in dem Maß der Notwendigkeit, mit anderen Partnern zu kooperieren. Die Rahmenbedingungen solcher Kooperationen werden wesentliche Kriterien für die Frage sein, ob und unter welchen Bedingungen der Zugang der Marktteilnehmer zu den Übertragungswegen einerseits und den Zuschauern andererseits realisiert werden kann. Besondere Bedeutung dürfte hierbei der Entwicklung von Multiplexing, Abrechnungsverfahren, Vertriebsplattformen sowie dem integrierten Angebot von Transport und Inhalten zukommen. 5.4.2.1 Multiplexing Multiplexing657 steht hier als Beispiel für die durch Digitalisierung modifizierten oder zusätzlich zu durchlaufenden Prozesse. Diese erfordern vor allem angepasste vertragliche Gestaltungen, um die Befugnisse und Verpflichtungen im Umgang mit den zu verarbeitenden Signalen zu regeln. Aus rechtlicher Sicht sind beim Multiplexing vor allen zwei Aspekte von Bedeutung: • 657 Zum einen stellt das Multiplexing in der Regel den letzten inhaltlich relevanten Verarbeitungsschritt vor der endgültigen Ausstrahlung des Programms dar; eine inhaltliche Verän- S. zu diesem Kap. 4.1.6. 179 derung des zugelieferten Signals berührt die inhaltliche Verantwortung des Auftraggebers und bedarf daher unter Umständen besonderer – auch rechtlicher – Beachtung. • Zum zweiten – und dies kann Fragen hinsichtlich des Zugangs aufwerfen – führt das Multiplexing die Signale unterschiedlicher Anbieter zusammen und findet damit in einer im Vergleich zu anderen arbeitsteilig durchgeführten Produktionsprozessen potenziell problematischeren Wettbewerbssituation statt. Während es im klassischen Produktionsprozess durch geeignete vertragliche Gestaltungen ohne weiteres möglich ist, den Auftragnehmer hinsichtlich seiner Tätigkeit für unmittelbare Wettbewerber zu regulieren, ist dem Multiplexing nicht nur die bloße Tätigkeit für Wettbewerber des Anbieters immanent – dies würde für alle Sendernetzbetreiber gelten –, sondern sie erfasst unter Umständen auch den unmittelbaren Ausgleich divergierender Interessen der Wettbewerber. Denkbar ist schließlich, dass das Multiplexing durch einen Wettbewerber des Anbieters selbst durchgeführt wird. Dies kann insbesondere zu erhöhtem Regelungsbedarf führen, wenn Datenströme nicht fest zugewiesen, sondern durch den Betreiber des Multiplexings variabel vergeben werden. Diese Problemstellung veranlasst insbesondere die deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, den Betrieb eigener Multiplexing-Einrichtungen anzustreben. Grundsätzlich ist die Dienstleistung nicht rundfunkspezifisch, sondern stellt sich als bloßer informationstechnischer Vorgang dar, dessen Durchführung allerdings zwingend für die Teilnahme eines Veranstalters am digitalen Rundfunk ist. Daher kann sich auch ein spezifischer rundfunkrechtlicher Regelungsbedarf ergeben. Unter Umständen kann die geschilderte Problemlage sogar für den Bereich des Satellitenrundfunks besondere regulatorische Ansätze erfordern. 5.4.2.2 Abrechnungsverfahren Ähnliche Probleme können sich im Bereich der Abrechnungsverfahren ergeben. Diese stellen sich allerdings nur dann, wenn die derzeitigen Free-TV-Anbieter ihr Angebot nicht mehr ausschließlich durch Werbung finanzieren (können) und Geschäftsmodelle verfolgen (müssen), die den Zuschauer an der Finanzierung der Angebote direkt beteiligen658. In diesem Fall würde es sich anbieten ein Abrechnungsverfahren aufzubauen, das die Abrechnung für ganze Angebotspakete oder für viele Angebotspakete gemeinsam durchführt und die Erlöse an die Programmveranstalter verteilt659. Der Zugang zu einem solchen Abrechnungssystem kann für den einzelnen Programmveranstalter von lebenswichtigem Interesse sein. Bleibt er von einem verbreiteten Abrechnungssystem ausgeschlossen, kann dies bedeuten, dass er keinen Zugang zu dem Rundfunkmarkt erhält, der von diesem Abrechnungssystem abgedeckt wird. Da hier nicht nur allgemeine wettbewerbsrechtliche, Zielsetzungen eines fairen und funktionierenden Wettbewerbs, sondern auch spezifisch rundfunkrechtliche Zielsetzungen der Meinungsvielfalt berührt sind, kann sich in der Sicherung des Zugangs zu Abrechnungssystemen auch ein spezifischer rundfunkrechtlicher Regelungsbedarf ergeben, der spezifische Kriterien zum Schutz der Meinungsvielfalt zur Geltung bringt660. 658 S. zu dieser Entwicklungsmöglichkeit Kap. 4.3.2. 659 S. näher Kap. 4.1.7. 660 Kleist, Harmonisierung, S. 97 ff., 103 ff. 180 5.4.2.3 Vertikale Integration Bisher sind das Angebot von Inhalten und ihr Transport auf unterschiedliche Unternehmen verteilt. Der Zugang der Programmveranstalter zur Satellitenverbreitung wird faktisch dadurch garantiert, dass die Satellitenbetreiber ihre Transportkapazität möglichst vielen Programmveranstaltern anbieten wollen und müssen. Diese Situation könnte sich ändern, wenn die Satellitenbetreiber Geschäftsmodelle verfolgen, die sich nicht – wie bisher – auf den reinen Transport digitaler Datenströme beschränken, sondern auch die Vermarktung eigener Inhalte und Dienste und den Aufbau exklusiver Kundenbeziehungen zum Endkunden umfassen661. Bei der Umsetzung dieser neuen Geschäftsmodelle könnte aus dem weitgehenden Monopol für den Transport der Signale durch Satellit ein Monopol für die Bereitstellung der Inhalte über Satellit werden. Dieses Risiko kann zum einen aufgrund der vertikalen Integration entstehen, indem also der Satellitenbetreiber eigene Inhalte anbietet662 oder sich an Unternehmen der Inhalteproduktion beteiligt. Umgekehrt ist auch möglich, dass große Inhalteanbieter wesentliche Anteile der Satellitenbetreiber erwerben. Durch die einheitliche Grundverschlüsselung digitaler Signale erhält der Satellitenbetreiber zum anderen die Möglichkeit, Angebote und Programme verschiedener Inhaltehersteller und Veranstalter neu zusammenzustellen und gebündelt als „eigene“ Inhaltepakete zu vermarkten663. In einer solchen Situation könnte der Satellitenbetreiber leicht das Interesse entwickeln, den Zugang zum Satelliten nicht mehr allen Interessierten in gleicher Weise, sondern abhängig von seinen eigenen wirtschaftlichen Interessen zu gewähren. Dadurch könnten bestimmte Programmveranstalter benachteiligt werden, deren Angebot in Konkurrenz zum Inhalteangebot des Satellitenbetreibers steht oder nicht in dessen Angebotspalette passt. Übt der Satellitenbetreiber durch einen differenzierten Zugang zum Satelliten beträchtliche Marktmacht aus, könnte er von den luxemburgischen oder französischen Regulierungsbehörden gezwungen werden, den Zugang zu nicht diskriminierenden Bedingungen zu gewähren.664 Für die Entscheidungen der Regulierungsbehörden werden allerdings nur rein wirtschaftliche Maßstäbe angelegt. besondere rundfunkrechtliche Maßstäbe wie die Erhaltung der Meinungsvielfalt und die Gewährleistung der Meinungsfreiheit finden dabei keine Beachtung.665 Um auch in solchen Situationen Vielfalt gewährleisten zu können, könnte ein Regelungsbedarf für spezifische rundfunkrechtliche Handlungsmöglichkeiten bestehen. 5.4.2.4 Satellitenplattformen Ähnlich stellt sich die Situation dar, wenn von den Satellitenbetreibern oder von anderen Plattformen für die Verbreitung und Vermarktung von digitalem Rundfunk angeboten werden. Von diesen könnte die Kette der notwendigen Prozessschritte „aus einer Hand“ angeboten werden666. Dadurch würden die Markteintrittshürden von Programmveranstaltern erheblich 661 S. hierzu näher das Integrationsszenario in Kap. 4.5.2. 662 S. hierzu Kap. 4.3.1. 663 S. zum Konfliktpotential z.B. den Fall „Primacom“, MMR 4//2002, VII. 664 S. hierzu Kap. 3.3.4.1.2. 665 S. z.B. Engel, ZUM 1997, 309 ff.; Zimmer/Büchner, CR 2001, 164 ff.; Roßnagel/Hilger, MMR 2002, 445, 448. 666 S. zur Entwicklung im Dienstleistungsszenario Kap. 4.5.3. 181 gesenkt. Zugleich aber könnte– je nach Marktentwicklung – auch ein erhebliches Risiko für den freien Zugang des Programmveranstalters zum Verbreitungsweg Satellit entstehen. Grundsätzlich ist das kontrollierte Aushandeln der Verträge zwischen den Beteiligten der richtige Weg zur Gewährleistung eines diskriminierungsfreien Zugangs. Insofern weist die Zugangsrichtlinie den richtigen Weg667. Werden Satellitenplattformen in Deutschland angeboten, gilt für sie zusätzlich deutsches Wettbewerbsrecht. Der missbräuchlichen Ausübung beträchtlicher Marktmacht könnte nach § 19 GWB begegnet werden. Aber auch hier gilt, dass Eingriffe in das Wirtschaftsgeschehen nach europäischem und nationalem Wettbewerbsrecht nur nach rein wirtschaftlichen Kriterien erfolgen. Besondere rundfunkrechtliche Maßstäbe wie die Erhaltung der Meinungsvielfalt und die Verhinderung von Medienkonzentration finden dabei keine Beachtung. Auch hier könnte sich ein spezifischer rundfunkrechtlicher Regelungsbedarf ergeben668. 5.4.3 Endgeräte Da die Verbreitung der Inhalte von den Endgeräten oder von den über sie erschlossenen Diensten abhängt, ist der Zugang der Programmveranstalter zum Empfänger auch von dessen technischer Ausgestaltung abhängig. Ein auf möglichst breiter Basis funktionierender Wettbewerb auf dem Endgerätemarkt ist eine der wesentlichen Voraussetzungen, langfristig Chancengleichheit und Vielfalt zu sichern. Proprietäre Technologien und dadurch nicht funktionierende Märkte bergen die grundsätzliche Gefahr, dass sich wirtschaftliche Positionen so verfestigen, dass ihr Missbrauch möglich ist. Eine derartige Entwicklung wird vor allem dadurch begünstigt, dass die Fixierung auf proprietäre Technologien eine Abschottung bestimmter Märkte bewirkt. Eine möglichst umfassende Standardisierung der eingesetzten Technik reduziert die Hürden im Wettbewerb und schafft die Voraussetzungen für ein flexibles Verhalten der Marktteilnehmer. Ebenso wie die Möglichkeit der Mitnahme der Rufnummer im Mobilfunk den Wettbewerb zwischen den Netzbetreibern begünstigt, ist eine homogene, hinreichend standardisierte Technik Voraussetzung für einen funktionierenden Wettbewerb im Markt des Satellitenrundfunks. Dies gilt insbesondere in Bezug auf die Receiver669, die Conditional-Access-Systeme670 und die elektronischen Programmführer671. Ihre Ausgestaltung entscheidet letztendlich über den tatsächlichen Empfang der weiterverbreiteten Inhalte. Um Inhalte unterschiedlicher Anbieter auf allen Endgeräten gleichermaßen darstellen zu können und dabei Diskriminierungen anderer Inhalteanbieter zu vermeiden, sind offene Systeme und einheitliche Standards erforderlich672. Hinsichtlich der Festlegung verbindlicher technischer Standards könnte für Deutschland die Position vertreten werden, dass bereits das geltende Recht die Durchsetzung geeigneter Technik ermöglicht, so dass eine Änderung der gesetzlichen Vorgaben nicht erforderlich erscheint. In richtiger Interpretation könnte der derzeitige § 53 RStV in Zusammenhang mit den §§ 13 667 S. näher Kap. 3.3.4.1.2. 668 S. für den Bereich des Kabelfernsehens z.B. Roßnagel/Hilger, MMR 2002, 445, 450. 669 S. Kap. 3.3.3.1. 670 S. Kap. 4.1.4. 671 S. Kap. 4.1.2. 672 S. näher Kap. 4.1.6. 182 ff. der Satzung über die Zugangsfreiheit zu digitalen Diensten die anstehenden technischen Probleme in ausreichendem Maß lösen. Hiernach haben die Landesmedienanstalten über die Verwendung offener Zugangsberechtigungssysteme (CA), offener Anwendungsprogrammierschnittstellen (API), offener Service-Informationsdienste (SI) und offener Navigatorensysteme zu wachen, und bei Zuwiderhandlungen erforderliche Sanktionen bis zur Versagung eines Dienstes oder Systems zu ergreifen673. Insofern besteht bei strikter Anwendung des § 53 RStV und bei der Ausschöpfung aller Mittel durch die Landesmedienanstalten hinsichtlich einer weiteren Konkretisierung dieser Bestimmungen kein erkennbarer Handlungsbedarf. Ein solcher könnte sich jedoch ergeben, wenn sich – je nach den künftigen Umständen – bei der Durchsetzung dieser Regelungen Schwierigkeiten zeigen sollten oder wenn die Entwicklung hin zu offenen, standardisierten Endgeräten gegenüber der heutigen Praxis forciert werden sollte. 5.5 Urheberschutz und Informationsfreiheit Die Europäische Gemeinschaft verfolgt das Ziel, in Europa einen freien Dienstleistungsverkehr zu ermöglichen. Dies gilt auch für den europäischen Rundfunkmarkt. Dieser kann nur dann entstehen, wenn Sendungen grenzüberschreitend verbreitet werden können674. Das vorrangige Ziel der Fernseh-675 und der Kabel- und Satellitenrichtlinie676 ist daher, Hindernisse für eine grenzüberschreitende Verbreitung von Fernsehen zu beseitigen. Ein gemeinsamer Rundfunkmarkt schafft nicht nur Wettbewerb, sondern unterstützt auch die soziale und kulturelle Integration Europas677. Neben der Errichtung eines gemeinsamen Markts dient der freie Dienstleistungsverkehr bei der Verbreitung von Fernsehsendungen678 auch der Verwirklichung der Freiheit der Information und der Meinungsäußerung, wie sie in Art. 10 EMRK, Art. 11 Grundrechtecharta und Art. 5 Abs. 1 GG verankert ist679. Für diese Grundrechte und letztlich für die demokratische Entwicklung in Europa und Deutschland spielt die Verwirklichung dieser Grundrechte gerade im Bereich des Rundfunks eine zentrale Rolle680. 5.5.1 Relevante Veränderungen durch die Digitalisierung Die digitale Ausstrahlung von Programmen via Satellit bringt unmittelbar für die Verwirklichung dieser Ziele keine Änderungen gegenüber der analogen Ausstrahlung. Die Ausleucht- 673 S. § 8 der Satzung. 674 Erwägungsgründe Abs. 3 der Fernsehrichtlinie, Erwägungsgrund 3 der Kabel- und Satellitenrichtlinie. 675 Richtlinie 89/552/EWG des Rates vom 3.10.1989 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit, ABl. L 298/23 vom 17.10.1989, geändert durch Richtlinie 97/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30.6.1997, ABl. L 202/60 vom 30.7.1997 (Fernsehrichtlinie), Erwägungsgründe Abs. 2. 676 Richtlinie des Rates vom 27.9.1993 zur Koordinierung bestimmter urheber- und leistungsschutzrechtlicher Vorschriften betreffend Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung (93/83/EWG), ABl. L 248/15 vom 6.10.1993 (Kabel- und Satellitenrichtlinie), Erwägungsgrund Nr. 2. 677 Erwägungsgrund 1 der Fernsehrichtlinie; Erwägungsgrund 3 der Kabel- und Satellitenrichtlinie. 678 Erwägungsgrund 8 der Fernsehrichtlinie. 679 S. hierzu näher Kap. 3.1. 680 Das Massenkommunikationsmittel Rundfunk ist eine von der Informationsfreiheit erfasste Quelle – s. z.B. Maunz/Dürig-Herzog, GG Art. 5, Rn. 82 ff. 183 zone des Satelliten wird durch die digitale Satellitenausstrahlung nicht erweitert681. Auch hinsichtlich des Rechteerwerbs ergeben sich zunächst keine Unterschiede gegenüber der Situation der analogen Ausstrahlung. Art und Umfang der Rechteübertragung unterfallen den selben rechtlichen Regeln, die auch in der analogen Welt gelten, und sind gleichermaßen der vertraglichen Regelung durch die Rechteinhaber und -erwerber zugänglich. Neue rechtliche Fragen ergeben sich jedoch im Zusammenhang mit der Möglichkeit, den Empfang zu personalisieren und damit den Zugang zu den verbreiteten Inhalten individuell zu steuern und auch nach Belieben zu begrenzen. Daraus resultieren einerseits neue Anforderungen an die Gestaltung der Verträge zur Übertragung von Rechten – etwa mit der Verpflichtung, Zugangsberechtigungssysteme einzusetzen – wie andererseits die Notwendigkeit, die ordnungspolitischen Grenzen der Vertragsgestaltung zu überprüfen und gegebenenfalls neu zu definieren. Dies wird vor allem für die Anbieter bislang unverschlüsselter Inhalte eine neue Situation schaffen. Die Digitalisierung bietet somit einen Hebel, eine Anpassung der bisherigen Praxis der Übertragung von Nutzungsrechten zu erreichen. Dabei sind im Grundsatz zwei Lösungswege für die Behandlung des so genannten „Overspill“ denkbar: Entweder wird der Verlust von Exklusivität hingenommen und der Erwerb der Rechte durch den unverschlüsselt ausstrahlenden Erwerber entsprechend verteuert oder regulatorisch geöffnet. Oder aber die Exklusivität für einzelne Formen, Zeiten oder Bereiche der Verbreitung wird technisch gewährleistet – etwa durch die Begrenzung des Nutzerkreises mit Hilfe von Verschlüsselung. 5.5.2 Gefährdung des europäischen Rundfunkmarkts Dabei kann eine fehlende Übereinstimmung von Rechtevergabe und Sendereichweite den Zielen eines freien europaweiten Wettbewerbs im Rundfunkmarkt entgegenwirken. Zwar wurden auch bislang Senderechte territorial oder sprachraumbezogen abgegrenzt. Doch wurde für den Satellitenempfang hingenommen, dass die Ausstrahlung faktisch über den Bereich der eingeräumten Rechte hinausging682. Beim digitalen Rundfunk bietet die Möglichkeit der Adressierung eine präzise Beschränkung der Rechteverwertung auf einen vertraglich festgelegten Kreis von Nutzern. Die Kriterien, die die Übertragung der Rechte beschreiben und damit die Definition des Nutzerkreises, sind theoretisch unabhängig von traditionellen, zum Beispiel territorialen, Maßstäben. Die bisher gewählten nationalen Grenzen können beliebig überschritten werden. Umgekehrt können die Beschränkungen aber auch beliebig kleinräumig gestaltet werden. Jedenfalls aber kann die Verbreitung entsprechend den eingeräumten Rechten technisch präzise kontrolliert und damit auch in der Praxis beschränkt werden. In der Folge könnte der Rundfunkmarkt in viele kleinräumige Märkte aufgeteilt683 und ein grenzüberschreitender Rundfunk mit einem europaweiten Wettbewerb der Programmanbieter verhindert werden. Allerdings ist diese Entwicklung nicht zwingend. Da sich die Kosten der Rechteübertragung letztlich an der Zahl der erreichten Zuschauer orientiert, erlaubt die Adressierung prinzipiell 681 S. hierzu Kap. 4.1.3. 682 S. Kap. 3.3.5.2. 683 Nach Auffassung der Kommission führt die „Übertragung der Rechte auf einzelstaatlicher Basis“ zur Zersplitterung des Binnenmarkts – s. den Bericht der Europäischen Kommission über die Anwendung der Richtlinie 93/83/EWG des Rates zur Koordinierung bestimmter urheber- und leistungsschutzrechtlicher Vorschriften betreffend Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung, KOM(2002) 430 endgültig, vom 26.7.2002, S. 5, 8. 184 eine präzisere Berechnung der Entgelte, die eine Beschränkung der Ausstrahlung überflüssig machen könnte. So könnte zum Beispiel eine definierte Zahl deutscher Zuschauer in Spanien erreicht werden, ohne dass die Verfügbarkeit der Programminhalte für deutsche Zuschauer in Spanien die exklusive Verwertung der Nutzungsrechte gegenüber spanischen Zuschauern erschwert. Damit können die Kosten des Rechteerwerbs für den deutschen Anbieter deutlich reduziert werden. 5.5.3 Beschränkung des individuellen Zugangs Die Personalisierung des Empfangs durch Verschlüsselung gefährdet aber nicht nur den europäischen Rundfunkwettbewerb, sondern auch den individuellen Zugang des Zuschauers zu einem beschränkten Angebot. Die Empfangbarkeit eines solchen Angebots ist nämlich davon abhängig, dass der Zuschauer zum Kreis der vertraglich fixierten berechtigten Nutzer zählt. Bereits heute wird bei zugangsgeschützten Sendungen der Zugang des Zuschauers behindert, wenn er ein Pay-TV-Programm aus einem anderen Mitgliedstaat abonnieren will, der Programmveranstalter jedoch mit der Begründung ablehnt, die entsprechenden Senderechte nicht zu besitzen684. Beschränkungen der Verbreitung im Satellitenbereich müssen mithin nicht mehr primär an territoriale Faktoren anknüpfen, sondern können sich auch an persönlichen Zugangsvoraussetzungen orientieren. Nicht ausgeschlossen ist dadurch, dass auch die persönlichen Zugangsvoraussetzungen prinzipiell territorialen Bezug haben können. Eine Anwendung nationalen Rechts, durch die der grenzüberschreitende Zugang des Zuschauers zu Programmen beeinträchtigt wird, widerspricht den Zielen des freien Dienstleistungsverkehrs und der Meinungsvielfalt. Dem Zuschauer soll der Zugang zu Inhalten, zur Dekoder- und Abrechnungstechnologie nicht versagt werden. Diesem Ziel wirkt zum Beispiel die Verweigerung eines Abonnements für ein Pay-TV-Programm entgegen, das für ein Publikum erstellt wird, zu dem der Interessierte nicht gehört. Um eine solche Handhabung des Urheberrechts zu verhindern, besteht ein Regelungsbedarf. 5.5.4 Europaweit interessierende Sendungen Auch wenn ein Fernsehen ohne Grenzen das Ziel der europäischen Rundfunkmarktpolitik ist, stoßen bei weitem nicht alle angebotenen Sendungen auf ein grenzüberschreitendes oder gar europaweites Interesse685. Dies gilt insbesondere für Inhalte, die in besonderer Weise an sprachliche Ausdrucksformen gebunden sind. Sprache stellt nach wie vor eine nicht zu vernachlässigende Rezeptionshürde dar. Insoweit stellt sich das Problem eines Rechteerwerbs für das gesamte Verbreitungsgebiet der Satellitenausstrahlung nicht – weder von Seiten des Rechteinhabers noch von Seiten des Rechteerwerbers. Mangels Interesse an grenzüberschreitendem Empfang kann daher auch der Rechteerwerb für das gesamte Verbreitungsgebiet der Satellitenausstrahlung statt für ein territorial begrenztes Gebiet nicht oder zumindest nicht in nennenswertem Umfang zu einer Erhöhung der Kosten des Rechteerwerbs führen. Oder umgekehrt stört bei einem beschränkten Rechteerwerb der unvermeidliche Overspill die Vertragsparteien nicht. 684 Bericht der Europäischen Kommission über die Anwendung der Richtlinie 93/83/EWG des Rates zur Koordinierung bestimmter urheber- und leistungsschutzrechtlicher Vorschriften betreffend Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung, KOM(2002) 430 endgültig, vom 26.7.2002, S. 8. 685 Dies gilt selbst für Sportereignisse, wenn sie lediglich von regionaler Bedeutung oder von europaweit geringer Attraktivität sied wie zum Beispiel Cricket oder der Lumberjack-Bewerb. 185 Anders ist die Situation dagegen bei Inhalten von gemeinschaftsweitem Interesse, deren Rezeption nicht primär mit der Sprache verknüpft ist. Dies betrifft vor allem Sport- und Musikübertragungen, wobei hier weitere Differenzierungen nach der Bedeutung des Ereignisses und kulturellen Spezifika angebracht sein dürften. Ähnlich verhält es sich mit nachgefragten Spielfilmen in Sprachen mit hoher internationaler Reichweite, vor allem in englischer Sprache. Bei solchen Sendungen sind die Rechteinhaber an einer verteilten Vergabe der Senderechte mit jeweils hoher Exklusivität interessiert. Dies kann jedoch zum einen mit dem Ziel eines Fernsehens ohne Grenzen und der Aufgabe der Grundversorgung in Konflikt geraten. Ereignisse von gesellschaftlich erheblicher Bedeutung wie etwa große Sportveranstaltungen, Musikwettbewerbe oder Konzerte können nach der Rechtsprechung des BVerfG686 in den Grundversorgungsauftrag des öffentlich-rechtlichen Fernsehens fallen. Ihre Ausstrahlung kann auch grenzüberschreitend von hohem gesellschaftlichem Interesse sein. Diesem wird derzeit durch die Listenreglungen des Art. 3a Fernsehrichtlinie und § 5 RStV entsprochen, die eine weite Verbreitung von Sendungen über aufgelistete Ereignisse ermöglichen wollen. Unter dem Blickwinkel der Meinungsvielfalt, der demokratischen Kultur und der europäischen Integration könnte jedoch eine Ausweitung der Listen oder eine effektivere Regelung mit der gleichen Zielsetzung geboten sein. 5.5.5 Rechtlicher Regelungsbedarf Eine Beschränkung der Vertragsfreiheit der Rechteinhaber, um eine Abschottung des Rundfunkmarkts in personell oder territorial beschränkte Märkte zu verhindern, ist bislang im Gemeinschaftsrecht nicht vorgesehen687. Die territoriale Vergabe von Senderechten nach nationalem Urheberrecht verstößt nicht gegen europäisches Primärrecht. Der EuGH hält die dadurch erfolgende Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 49 EGV für gerechtfertigt688 und sieht sie nicht als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung im Sinn des europäischen Wettbewerbsrechts an689. Die territoriale Vergabe von Senderechten verstößt auch nicht gegen Sekundärrecht. Die Kabel- und Satellitenrichtlinie fordert lediglich, die „Anwendung von mehreren nationalen Rechten auf einen einzigen Sendeakt zu verhindern“690. Sie stützt sich ausdrücklich auf die Vertragsfreiheit691 und sieht sich vor dem Hintergrund einer Selbstregulierung des Markts692. Eine Regel, dass Senderechte nur für das Ausstrahlungsland zu erwerben sind, oder nur noch für den gesamten Ausstrahlungsbereich vergeben werden können, stellt die Richtlinie nicht auf. Um den Zuschauern einen ungehinderten Zugang zu allen Sendungen in Europa offen zu halten, fordert die Europäische Kommission, der Ausleuchtbereich der Satelliten müsse als Grundlage für die Rechteverwertung dienen. Diese Aussage ist jedoch nicht verallgemeinernd 686 BVerfGE 74, 297, 325. 687 S. genauer Kap. 3.3.5.1.3. 688 EuGH, Rs. 62/79, Slg. 1980, 881 – Coditel I. 689 EuGH, Rs. 262/81, Slg. 1982, 3381 – Coditel II; Art. 81 EGV n.F. entspricht Art. 85 EGV a.F. 690 S. näher Kap. 3.3.5. 691 Erwägungsgrund 16 der Kabel- und Satellitenrichtlinie. 692 Für den Zugang der Programmveranstalter zu Senderechten ist zu beachten, dass die Marktbeteiligten dem Wettbewerbs- und Kartellrecht unterliegen. Zur kartellrechtlichen Zulässigkeit eines Verschlüsselungsverlangens des Rechteinhabers Mailänder, ZUM 2002, 706, 709 ff. 186 dahingehend zu verstehen, dass Senderechte nur noch für den gesamten Ausstrahlungsbereich vergeben werden können693. Auch für die Sicherung des Zugangs zu allgemein europaweit interessierenden Inhalten fehlen ausreichende Regelungen. Das Urheberrecht sieht derzeit keine Möglichkeiten vor, Inhalte in den Rundfunk zu zwingen694. Das Rundfunkrecht kennt Listenregelungen wie die der Art. 3a Fernsehrichtlinie und § 5a RStV, die im Wesentlichen nur wichtige Sportereignisse erfassen. Über die Listenregelungen hinaus finden auf Anbieter von Senderechten lediglich die Vorschriften des Wettbewerbsrechts Anwendung. 5.6 Zusammenfassung Die Digitalisierung verändert vor allem die Verwirklichungsbedingungen der Ziele eines Fernsehens ohne Grenzen, der Vielfaltssicherung sowie der Informations-, Meinungs- und Rundfunkfreiheit. Die Verwirklichung dieser Ziele ist vor allem gefährdet durch die mögliche Beschränkung des Zugangs sowohl des Programmveranstalters als auch des Zuschauers zum Verbreitungsweg Satellit. Daher werden in den beiden folgenden Kapiteln die rechtspolitischen Strategien diskutiert, die geboten erscheinen, um Lösungen für die beiden aufgezeigten Regelungsprobleme zu bieten – für die Sicherung des Zugangs zum Satelliten und für die Sicherung der Verbreitung von Satellitenrundfunk. Beschränkungen des Zugangs und der Verbreitung sind mit der Digitalisierung jedoch nicht zwangsläufig verbunden, sondern nur bei Hinzutreten weiterer Umstände zu erwarten. Die Folgen der Digitalisierung begünstigen bestimmte Interessen, die sich durch die neu eröffneten Möglichkeiten wirkungsvoller durchsetzen können als bisher. Realisieren werden sich die beschriebenen Gefährdungen, aber auch bestimmte Verbesserungen für die angesprochenen Ziele jedoch nur, wenn neue Organisationen, Prozesse, Technikanwendungen und Geschäftsmodelle sowie weitere Einflussfaktoren durchgesetzt werden. Deren Realisierung ist unter unterschiedlichen Umständen jeweils unterschiedlich wahrscheinlich und führen zu unterschiedlichen Wirkungen. Daher werden im Folgenden die rechtspolitischen Strategien jeweils für die drei beschriebenen Szenarien erörtert. 693 Bericht der Europäischen Kommission über die Anwendung der Richtlinie 93/83/EWG des Rates zur Koordinierung bestimmter urheber- und leistungsschutzrechtlicher Vorschriften betreffend Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung, KOM(2002) 430 endgültig, vom 26.7.2002, S. 8. 694 S. Kap. 3.3.5. 187 6. Strategien zur Sicherung des Zugangs Im vorhergehenden Kapitel wurde ein potenzieller Handlungs- und Regelungsbedarf für die Gewährleistung des • Zugangs des Empfängers zu allen – europaweit – über Satellit ausgestrahlten Programmen, • Zugangs des Programmveranstalters • zur Satellitenübertragung, • zu den arbeitsteilig erbrachten Dienstleitungen wie zum Beispiel Multiplexing und Abrechnungsverfahren, die für die Verbreitung digitalisierter Programme erforderlich sind, sowie • zur Endgerätetechnik des Zuschauers festgestellt. In diesem Kapitel werden mögliche Strategien entwickelt, die diese Ziele verfolgen. Sie berücksichtigen die jeweiligen Umstände und Entwicklungen, die in den Szenarien in Kapitel 4.5 dargestellt worden sind. Die Sicherung möglichst hoher Vielfalt und eines diskriminierungsfreien und chancengleichen Zugangs erfordert je nach Intensität und Geschwindigkeit der zukünftigen Entwicklung angepasste regulatorische Strategien. Dass die aktuelle deutsche Situation mit ihrer insgesamt strukturkonformen Entwicklung im Bereich des Satellitenrundfunks weder typisch noch zwingend ist, zeigt der Blick auf die Entwicklung in anderen Staaten. So weist der Markt in Großbritannien sowohl unter dem Aspekt der verfügbaren Verbreitungstechnologien, der Verfügbarkeit interaktiver Angebote wie auch der Anbieterstruktur signifikante Unterschiede zur Situation in Deutschland auf695. Allen künftigen Entwicklungen gemeinsam ist, dass allenfalls ein Teil der Komponenten, die die Entwicklung bestimmen, der nationalen Gestaltung zugänglich ist. Nationale Regeln werden auch zukünftig zum Beispiel dort erforderlich sein, wo vertragliche Beziehungen zum Zuschauer bestehen oder der Endgerätemarkt berührt ist. Wie die Vorgaben zur elektronischen Kommunikation bereits erkennen lassen, werden allerdings auch hier nationale Regeln eher Verfahrensregeln sein, weil der materielle Rahmen auf europäischer Ebene vorgegeben wird696. Nationale deutsche Regeln können im Übrigen greifen, soweit und so lange Anbieter 695 S. zur Marktlage in Großbritannien Kap. 2.2.4.5, zur dortigen Rechtslage 3.4.1.5. Zu den technischen Hintergründen der Satellitenverbreitung der BBC s. Merkel, ZUM 2002, 674, 677 ff. 696 S. z.B. Art. 5 Abs. 1 Unterabsatz 2 Zugangsrichtlinie, nach dem die nationalen Regulierungsbehörden einem Dienstbetreiber Verpflichtungen auferlegen können. Die Ziele nationaler Regulierung sind nach Art. 5 Abs. 1 Unterabsatz 1 Zugangsrichtlinie in Art. 8 Rahmenrichtlinie vorgegeben. Maßnahmen nationaler Regulierungsbehörden nach Art. 5 Abs. 4 Zugangsrichtlinie unterliegen dem Konsultationsverfahren nach Art. 6 Rahmenrichtlinie und dem Konsolidierungsverfahren nach Art. 7 Rahmenrichtlinie; Open Network Provision Committee Working document, The 2003 regulatory framework for electronic communications – Implications for broadcasting, vom 14.6.2002, abrufbar unter: http://europa.eu.int/information_society/topics/telecoms/regulatory/maindocs/miscdocs/documents/onpcom 02_14rev1_14062002.pdf, abgerufen am 26.11.2002; s. auch Bonin, K&R 2002, 565, 568. von Dienstleistungen und Inhalten ihren Sitz in Deutschland haben. In dieser Konstellation können etwa auch Must-Carry-Regeln unabhängig vom gewählten Verbreitungsweg national durchgesetzt werden. Gerade der Satellitenrundfunk macht die Distribution selbst jedoch weitgehend unabhängig von einem Rechtsrahmen und tangiert allenfalls das rechtliche Regime des Sendestaats, das allerdings ebenfalls in weiten Grenzen variabel ist. Bemühungen um die Sicherung eines vielfältigen Rundfunks, wie wir ihn bislang in Deutschland kennen, haben daher letztlich nur dann Erfolg, wenn sie einerseits auf europäischer Ebene akzeptiert werden und andererseits aber zumindest hinreichend Spielraum bieten für die Wahrung des bisherigen deutschen Medienmarkts. Der letztgenannte Aspekt erscheint angesichts der Verschiedenheit der europäischen Medienmärkte697 in besonderer Weise erwähnenswert: Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Marktverhältnisse und Vielfaltskriterien in Deutschland auf europäischer Ebene als gemeinsame Zielvorstellung akzeptiert sind. Vielmehr deuten zum Beispiel Diskussionen um die Art und den Umfang der Gebührenfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks oder einzelne Aspekte des Kommunikationspakets darauf hin, dass die besondere Marktsituation in Deutschland als untypisch gilt – die Rede ist von einer „Verzerrung“ der deutschen Sicht – und damit nicht als Muster der europäischen Entwicklung dient. Angesichts der deutlichen Unterschiede der Mediensituation innerhalb Europas erscheint dies im Ansatz nachvollziehbar, macht aber auch deutlich, dass aus deutscher Sicht zumindest Wert darauf gelegt werden muss, Spielräume für die Bewahrung und Weiterentwicklung der bisherigen Vielfaltsorientierung in Deutschland zu sichern. Insgesamt bedeutet dies, dass die künftige Vielfaltssicherung ungeachtet der Entwicklung im Detail eine geeignete, das heißt der Situation unseres Medienmarktes Rechnung tragende, Gestaltung des europäischen Rechtsrahmens erfordert. Berücksichtigt die europäische Regulierung dagegen vorrangig Marktsituationen, wie sie zum Beispiel in Großbritannien698 oder Frankreich699 gegeben sind, oder orientiert sich allein an den Entwicklungschancen bislang relativ wenig erschlossener Märkte in Süd- oder Osteuropa700, können Anreize entstehen, die deutsche Medienlandschaft langfristig der Struktur der übrigen Märkte anzupassen. Im Ergebnis könnte dann ein vielgestaltiges Inhalteangebot in der Regel nur noch innerhalb der Pakete der Pay-TV-Angebote einzelner starker Anbietern enthalten sein. Dies gilt insbesondere, wenn die Rolle beachtet wird, die dem digitalen Satellitenempfang für die Ausstrahlung der frei verfügbaren Programme in vielen anderen europäischen Staaten zukommt. Damit muss insbesondere eine Medienpolitik, die ein zugangsoffenes und vielfältiges Angebot nicht nur unter Wettbewerbsaspekten beurteilt, sondern auch als kulturelle Aufgabe versteht, in erster Linie aktiv die Gestaltung der europäischen Medienpolitik begleiten. Wie intensiv die nationalstaatlichen und europäischen Bemühungen um Vielfalt und fairen Zugang sein müssen, ist abhängig von der Einschätzung der künftigen Entwicklung. Die exemplarische Konkretisierung soll anhand der vorgestellten typisierten Szenarien erfolgen. 697 Zum europäischen Rundfunkmarkt s. Kap. 2.2.3. 698 Zur Marktlage in Großbritannien Kap. s. 2.2.4.5, zur Rechtslage dort 3.4.1.5. Zur Verbreitung der öffentlich-rechtlichen Sender über die Sky-Plattform s. z.B. die Meldung von europemedialaw vom 19.11.2002, abrufbar unter http://www.europemedia.net/shownews.asp?ArticleID=13729, abgerufen am 27.11.2002. 699 Zur Marktlage in Frankreich s. Kap. 2.2.4.3, zur dortigen Rechtslage 3.4.1.3; s. auch Kleist, Regulierung der Medienkonzentration in Europa, Vortrag gehalten auf den Medientagen München 2002, Panel 2.4 “Regulierung der Medienkonzentration in Europa: Perspektiven für Deutschland”, (zugleich EMR-Expertengespräch) am 17.10.2002, abrufbar unter http://www.emr-sb.de; Bullinger, JZ 2002, 264. 700 Zur Marktlage in Polen s. Kap. 2.2.4.6, zur entsprechenden Rechtslage Kap. 3.4.1.6. 189 6.1 Handlungsstrategien im Trendszenario 6.1.1 Herausforderungen für Vielfalt und Zugangsfreiheit Die geringste Regelungsintensität fordert das Trendszenario701, das eine evolutionäre Entwicklung der heutigen Rundfunklandschaft und des digitalen Satellitenrundfunks beschreibt. Zwar werden mit zunehmender Digitalisierung deren Möglichkeiten stärker genutzt, die Positionierung der Marktteilnehmer – Satellitenbetreiber, Veranstalter und Zuschauer – erfährt dadurch jedoch nur allmähliche Veränderungen. Die Weichen für die Sicherung von Vielfalt und Zugangsfreiheit im Rahmen dieses Szenarios sind bereits heute weitgehend gestellt. Die Rahmenbedingungen, die einen chancengleichen und diskriminierungsfreien Zugang auch zum Satelliten gewährleisten können, sind durch geeignete europäische Vorgaben und nationale Regelungen – in Deutschland insbesondere im Rahmen der §§ 51, 53 RStV – geschaffen702. Entscheidend ist im Rahmen dieses Szenarios die praktische Durchsetzung der formulierten Ziele. Die faktische Trennung der Anbieter von Transportkapazitäten und Inhalten in Kombination mit der Verfügbarkeit einer hinreichend großen Zahl von Kapazitäten703 auf den Satellitensystemen im deutschen Markt führt zu einer aus heutiger Sicht relativ geringen Gefahr vielfaltseinschränkender Konstellationen704. Dennoch ist nicht davon auszugehen, dass das System statisch ist. Vielmehr wird die Digitalisierung zumindest allmähliche Veränderungen in den Angeboten und ihren Nutzungen hervorbringen. Wesentlich ist daher zunächst die sorgfältige Beobachtung der Entwicklung des Markts, um möglichst frühzeitig zum Beispiel Tendenzen einer Verknüpfung der Interessen von Transporteuren und Inhalteanbietern oder auch den Einsatz diskriminierender Techniken oder Vermarktungsstrategien erkennen und in geeigneter Weise reagieren zu können705. Innerhalb des Trendszenarios sind Zugangshindernisse vor allem im Bereich der konkreten Vertragsangebote und Vertragsgestaltungen denkbar706. Angesichts der Komplexität der möglichen Gestaltungen kann die Intensität regulatorischer Maßnahmen zur Sicherung fairer Zugangsbedingungen von der Transparenz der vertraglichen Gestaltungen oder der Veröffentlichung von Bedingungen und Preisen abhängig gemacht werden. Je transparenter die rechtlichen und wirtschaftlichen Zugangsbedingungen sind – etwa über die Anwendung allgemeiner 701 S. Kap. 4.5.1. 702 Kuch, ZUM 2002, 248, 250f.; zur gegenwärtigen Rechtslage in der Frage nach dem Zugang von Programmveranstaltern und Plattformanbietern zum Satelliten s. Kap. 3.3.4. Der Zugang des Programmveranstalters zu einem bestimmten Verbreitungsweg ist als solcher nicht Gegenstand der Regelungen im RStV und im Fernsehsignalübertragungsgesetz. Die neue Zugangsrichtlinie definiert Zugang in ihrem Art. 2 a). Zugangsverpflichtungen können sich aus Art. 4 ff. Zugangsrichtlinie ergeben – s. dazu Kap. 3.3.4.1.2 und zu wettbewerbsrechtlichen Regelungen Kap. 3.3.4.2. 703 Zur Frequenzvergabe nach deutschem, luxemburgischen und französischen Recht s. Kap. 3.3.2.2. 704 S. Holznagel, JZ 2001, 905, 906 ff.; Schütz, Beilage MMR 2/2001, 20, 25f.; Zimmer/Büchner, CR 2001, 164, 165 ff. 705 Zu Handlungsstrategien im Integrationsszenario s. Kap. 6.2. 706 S. zur Kabelverbreitung Wagner, Beilage MMR 2/2001, 28. 190 Vertragsbedingungen oder gleichmäßiger Tarife – desto eher kann vermutet werden, dass der Zugang zu Transportkapazitäten gleichmäßig und fair ausgestaltet ist. Diskriminierenden Gestaltungen sollte also in erster Linie durch eine möglichst große Transparenz der vertraglichen Beziehungen zwischen Programmveranstaltern und dem Anbieter von Transportkapazitäten entgegen gewirkt werden; im Idealfall führt eine solche Transparenz zur Standardisierung vertraglicher Beziehungen gegenüber den Inhalteanbietern. Im Rahmen dieses Szenarios können allerdings die Mechanismen des § 53 RStV mit der Möglichkeit, sich Kenntnis über die Entgelte zu verschaffen, als ausreichend betrachtet werden707. Ein auf möglichst breiter Basis und in allen Stufen der Wertschöpfung funktionierender Wettbewerb ist innerhalb dieses Szenarios eine der wesentlichen Voraussetzungen, langfristig Chancengleichheit und Vielfalt zu sichern. Proprietäre Technologien oder nicht funktionierende Märkte bergen die grundsätzliche Gefahr, dass sich wirtschaftliche Positionen so verfestigen, dass ihr Missbrauch möglich ist. Eine in diesem Sinn problematische Entwicklung wird vor allem von zwei Faktoren begünstigt: • Bezogen auf den deutschen Markt bewirkt die Dominanz von SES-Astra im Segment des Direktempfangs prinzipiell eine Position, in der Wettbewerb nur noch begrenzt beobachtet werden kann. Für jeden Programmveranstalter, dessen Geschäftsmodell von hoher Reichweite abhängig ist, ist die Verbreitung via ASTRA unverzichtbar. Geeignete Alternativen, die entsprechend hohe Reichweiten bieten können, sind auf dem Markt aktuell nicht verfügbar. Diese Situation, die in dieser Zuspitzung wegen der hohen Anteile im Bereich des Direktempfangs vor allem für den deutschsprachigen Raum relevant ist, kann allenfalls mittelfristig durch eine Änderung der Antennentechnologien oder aber durch intensive Marketingaktivitäten zugunsten einer alternativen Orbitalposition verändert werden. • Ein ähnlicher Effekt der Abschottung wird durch die Fixierung auf proprietäre Technologien bewirkt708. Eine möglichst umfassende Standardisierung der eingesetzten Technik reduziert die Hürden im Wettbewerb und schafft die Voraussetzungen für ein flexibles Verhalten der Marktteilnehmer. Ebenso wie die Möglichkeit der Mitnahme der Rufnummer im Mobilfunk den Wettbewerb zwischen den Netzbetreibern begünstigt, ist eine homogene, hinreichend standardisierte Technik Voraussetzung für einen funktionierenden Wettbewerb im Markt des Satellitenrundfunks. Eine Abschottung gegenüber der Durchsetzung neuer, interaktiver Dienste und damit eine mittelfristige Behinderung des Marktes kann allerdings auch dadurch erfolgen, dass Empfangstechnologie im Markt untergebracht wird, die nicht in der Lage ist, neue Dienste auszuwerten und sichtbar zu machen. Sobald Zapping-Boxen in größerer Zahl beim Zuschauer installiert sind, sind die Gestaltungsspielräume zur Entwicklung neuer digitaler Angebote deutlich eingeschränkt709. 707 S. dazu z.B. Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, RStV, § 53, Rn. 26 ff.; zur gegenwärtigen Rechtslage s. Kap. 3.3.4. 708 Zur technischen Darstellung proprietärer Systeme s. Merkel, ZUM 2002, 674, 677 ff. 709 S. RUTE-Papier Digitale Verbreitung von Rundfunk vom 11.3.2002, S. 15. 191 6.1.2 Auswirkungen auf die Regulierung Eine Handlungsoption besteht darin, auf eine problembewusste Anwendung der bestehenden Regelungen zu vertrauen. Bei einer die Zugangsfreiheit sichernden Interpretation könnten die bestehenden Regeln die absehbaren Probleme im Wesentlichen lösen. Daher könnte in dieser Option – zumindest für die nächsten Jahre – der Standpunkt vertreten werden, dass über die existierenden Bestimmungen hinaus kein zusätzlicher Handlungsbedarf besteht. Mögliche Lücken, die sich bei der künftigen Anwendung zeigen, könnten dann durch Auslegung geschlossen werden. Diese Handlungsoption ließe sich in den verschiedenen zugangsrelevanten Bereichen wie folgt begründen: • Für den Bereich des Zugangs zu Satellitenkapazitäten gewährleistet die Zugangsrichtlinie den chancengleichen und diskriminierungsfreien Zugang710. Angesichts der hohen Zahl verfügbarer Kapazitäten ist nicht damit zu rechnen, dass sich die Nachfrage so konzentriert, dass nur noch einzelne Großabnehmer von Kapazitäten ausreichend versorgt werden können. Der nach wie vor bestehende Systemwettbewerb zwischen Kabelnetz- und Satellitenbetreibern wird zusätzlich dazu beitragen, dass die Angebote beider Systeme vielfältig bleiben711. • § 53 RStV sichert unter den Bedingungen des Trendszenarios ausreichend den Zugang zu Plattformen, Zugangsberechtigungssystemen und Vermarktung712. Zwar fehlen Must-Carry-Rules für Satellitenplattformen713; angesichts der eigenständigen, von einer Plattform unabhängigen Entwicklung der digitalen Angebote des öffentlichrechtlichen Fernsehens und der Verfügbarkeit von Kapazitäten unabhängiger Anbieter erscheinen solche Regelungen indes verzichtbar714. Allerdings müssen die tatsächlichen Bedingungen des Zugangs zu vorhandenen Plattformen im Blick behalten werden. 710 Nach Art. 4 Abs. 1 Zugangsrichtlinie sind die Betreiber von öffentlichen Kommunikationsnetzen verpflichtet, anderen Unternehmen Zugang zu Bedingungen zu gewähren, die den Vorgaben der nationalen Regulierungsbehörden nach den Art. 5 ff. Zugangsrichtlinie entsprechen. Die Ziele nationaler Regulierung ergeben sich nach Art. 5 Abs. 1 Unterabsatz 1 Zugangsrichtlinie aus Art. 8 Rahmenrichtlinie. Zu diesen Zielen gehören vor allem ein angemessener Zugang, Interoperabilität und Wettbewerb – s. dazu Kap. 3.3.4.1.2. 711 Weiterer Wettbewerb kann durch die Entwicklung von DVB-T entstehen. S. zur aktuellen Entwicklung die Pressemitteilung der MABB vom 31.10.2002, abrufbar unter http://www.mabb.de/start.cfm?content=Presse&template=pressemeldungsanzeige&id=573, abgerufen am 7.11.2002; Raff, DVB-T als Alternative, Digitale Breitbanddienste in Europa – Geschäftsmodelle und ihr europäischer und nationaler Rechtsrahmen –, Schriftenreihe des Instituts für Europäisches Medienrecht (Band 27) Baden-Baden 2003, i.E. 712 S.. zur Kabelverbreitung Dörr/Janik/Zorn, Zugang zu den Kabelnetzen, S. 76 ff.; Gersdorf, Regulierung des Zugangs, S. 353 ff.; Roßnagel/Hilger, MMR 2002, 445, 448f.; Holznagel, MMR 2000, 480, 483 ff. 713 S. dazu Kap. 3.3.4.1. 714 Art. 31 Universaldienstrichtlinie enthält eine Bestimmung, die es den Mitgliedstaaten erlaubt, den Netzbetreibern unter bestimmten Voraussetzungen Übertragungspflichten in Bezug auf Rundfunkdienste aufzuerlegen – s. dazu Bonin, K&R 2002, 565, 570. Art. 31 der Universaldienstrichtlinie betrifft nur Netzbetreiber, nicht Plattformbetreiber, s. Erwägungsgrund 45 Universaldienstrichtlinie – s. Kap. 3.3.4.1.2; Positionspapier des VPRT zur Umsetzung des Telekom-Pakets in deutsches Recht vom 8.10.2002, abrufbar unter http://www.vprt.de/db/positionen/pp_telekompaket_281002.pdf, abgerufen am 27.11.2002. Nach Ansicht des VPRT sind die Vorgaben des Art. 31 Universaldienstrichtlinie durch §§ 52f. RStV, 33 TKG erfüllt. 192 • Die Verständigung auf MHP715 sowie die zunehmende Verfügbarkeit von Receivern mit Common-Interfaces lassen erwarten, dass auch zuschauerseitig eine hinreichend hohe Unabhängigkeit von einzelnen Anbietern und der Zugriff auf eine Vielzahl frei empfangbarer Programme möglich bleibt716. • Offen ist die Entwicklung hinsichtlich der Nutzung neuer Aufzeichnungstechniken, etwa des Hard Disc Recording (Persönlicher Video Recorder PVR)717, und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Finanzierungsmöglichkeiten des unverschlüsselt ausgestrahlten privaten Fernsehens. Auch hier wird vor allem wegen der Trägheit des Nutzerverhaltens allenfalls eine langsame Entwicklung einsetzen718, die nicht kurzfristig die Finanzierbarkeit der Angebote in Frage gestellt. Tritt dieser Fall ein, steht der Zugang zu alternativen Finanzierungsformen offen, ohne dass es weitergehender Regulierungsansätze bedarf. Mit diesem Trendszenario sind im Bereich des Zugangs mithin keine gravierend neuen rechtlichen Anforderungen verbunden. Die Regelungen zur Sicherung des chancengleichen und diskriminierungsfreien Zugangs zu elektronischen Kommunikationsdiensten erfassen auch den Satellitenbereich und bieten geeignete regulatorische Grundlagen, Diskriminierungen und Behinderungen entgegen zu treten. Regulatorischer Definitionsbedarf ergibt sich angesichts neuer Verfahren im Bereich der Digitalisierung allerdings dann, wenn die Parameter definiert werden müssen, an denen der diskriminierungsfreie Zugang zu messen ist: Die Digitalisierung selbst erfordert im Vergleich zur analogen Welt neue rechtliche Mechanismen vor allem dort, wo neue Prozesse mit neuen oder zusätzlichen Parametern verknüpft sind. Dies ist zum Beispiel der Fall, soweit die bisherigen Definitionen der zur Verbreitung erforderlichen Kapazitäten nicht mehr statisch und bezogen auf Kanäle und Frequenzen erfolgen können719. Dort, wo Mangelsituationen zu regulieren sind oder im Rahmen der Überprüfung diskriminierungsfreien und chancengleichen Zugangs der Umfang der Übertragungskapazitäten relevant ist, bedarf es neuer und zum Teil dynamischer Kriterien, um die zur Übertragung der Signale erforderliche Kapazität zu definieren. Dies ist dann der Fall, wenn Kapazitäten regulatorisch zugewiesen werden müssen oder es der Überprüfung bedarf, ob die zur Verfügung gestellte Kapazität unter fairen Bedingungen zugewiesen wurde. Eine vergleichba- 715 S. die Gemeinsame Erklärung der deutschen Programmveranstalter und der Landesmedienanstalten zur zügigen Einführung von MHP vom 19.9.2001, http://www.dvb-mhp.org/membership_list/Mainz.html, abgerufen am 15.11.2002. In seiner Entschließung vom 26.9.2002 fordert das Europäische Parlament die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, Maßnahmen zur Erleichterung einer „Migration zu einer offenen API auf der Grundlage der MHP“ zu erläutern, Dok.-Nr. B5-0488/2002, Protokoll abrufbar unter http://www3.europarl.eu.int/omk/omnsapir.so/pv2?PRG=DOCPV&APP=PV2&LANGUE=DE&SDOCTA =12&TXTLST=1&POS=1&Type_Doc=RESOL&TPV=PROV&DATE=260902&PrgPrev=TYPEF@B5|P RG@QUERY|APP@PV2|FILE@BIBLIO02|NUMERO@488|YEAR@02|PLAGE@1&TYPEF=B5&NU MB=1&DATEF=020926, abgerufen am 24.10.2002. 716 S. Beckert, Zugang, S. 308f. 717 Eine Übersicht bietet http://www.digitv.de/Technik/1041080882/1041081349, abgerufen am 1.4.2003. 718 Diese wird entsprechend der Grundannahme im Trendszenario – eine allmähliche evolutionäre Entwicklung – als wahrscheinlich angenommen. 719 Zur Frequenzvergabe nach deutschem, luxemburgischen und französischen Recht s. Kap. 3.3.2.2, zu den Veränderungen durch die Digitalisierung Kap. 4.1. 193 re Situation findet sich im Bereich der Prüfung des Zugangs zu Multiplexing-Einrichtungen720, die Kriterien für die qualitative Bewertung des Multiplexings erfordern. Soweit ein funktionierender Wettbewerb im Bereich der Multiplexing-Leistungen existiert, können die angesprochenen Problemstellungen grundsätzlich durch geeignete vertragliche Vereinbarungen zwischen dem Veranstalter und dem Dienstleister gelöst werden. Hierzu gehören der Verzicht auf inhaltlich relevante Veränderungen der Signalquelle und die erforderliche Mindestdatenrate. Dieses wettbewerbsorientierte Modell ist allerdings zudem davon abhängig, dass generell hinreichende Übertragungskapazitäten zur Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen im Rahmen des Multiplexing bestehen. In der andernfalls bestehenden Mangelsituation sind Mechanismen zur Verwaltung des Mangels unerlässlich721. Die Forderung nach offenen Standards im Übrigen muss möglichst rasch praktisch umgesetzt werden. Die Markteinführung nicht hinreichend standardisierter Empfangstechnologien wird die zukünftige Vielfaltssicherung deutlich erschweren. Dabei muss darauf geachtet werden, dass bestehende proprietäre Entwicklungen in Europa nach Möglichkeit in offene Standards überführt oder integriert werden, um eine wettbewerbs- und damit vielfaltsfreundliche Marktsituation zu erreichen. Gleichmäßigen Wettbewerb im Satellitenmarkt wird es für den deutschsprachigen Raum mittelfristig allerdings nicht geben, da die Position von ASTRA im Bereich des Direktempfangs im europäischen Vergleich außergewöhnlich stark ist. Die deutsche Medienpolitik ist darauf angewiesen, dass die europäischen Ziele der Zugangsoffenheit umgesetzt werden. Medienpolitisch vorteilhaft erscheint eine deutliche Präferenz von Modellen, die Inhalte und Transport trennen722. Nur dies gewährleistet für den deutschen Markt inhaltliche Vielfalt und verhindert den Einfluss auf Inhalte durch einen dominierenden Distributor. 6.2 Handlungsstrategien im Integrationsszenario 6.2.1 Herausforderungen für Vielfalt und Zugangsfreiheit Starken Einfluss auf die Rahmenbedingungen der Digitalisierung auch im Bereich der Satellitenverbreitung hätte ein Modell, das eine starke Bindung zwischen dem Anbieter der Transportkapazitäten und einem Inhalteanbieter beinhaltet723. Dabei ist es keineswegs notwendige Voraussetzung, dass eine unmittelbare gesellschaftsrechtliche Verknüpfung zwischen diesen Anbietern besteht. Vielfalts- und zugangsgefährdende Wirkungen können wegen des eingeschränkten Wettbewerbs der Anbieter im deutschen Satellitenmarkt bereits dann eintreten, wenn die laufenden Geschäftsbeziehungen ein nennenswertes Volumen der beiderseits verfügbaren Ressourcen betreffen. Ein Anbieter von Satellitenkapazitäten kann ein vitales Inter- 720 Zum Multiplexing s. Kap. 4.1.6.2. 721 Das Multiplexing ist von § 53 RStV nicht erfasst, Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, RStV, § 53, Rn. 23; Holznagel, MMR 2000, 480, 484; Holznagel/Daufelt, VR 1998, 151, 152 ff. 722 Holznagel, JZ 2001, 905, 906 ff. In Erwägungsgrund 5 der Rahmenrichtlinie wird formuliert, dass es notwendig ist, die Regulierung der Übertragung von der Regulierung von Inhalten zu trennen. 723 Ein Vermarktungsmodell für die Verbreitung über Kabel beschreiben Hein/Schmidt, K&R 2002, 409, 411; Irion/Schirmbacher, CR 2002, 61 ff.; Wagner, Beilage MMR 2/2001, 28; s. auch Rhein, Beilage MMR 2/2001, 3, 7f. 194 esse daran haben, eine intensive Geschäftsbeziehung mit einem bestimmten Anbieter durch Steuerung der Konditionen für Wettbewerber günstig zu beeinflussen. Große Abnahmekapazitäten durch Inhalteanbieter andererseits können zumindest in bestimmten Ausbaustufen des Kapazitätsangebots Verknappungen bei der konkreten Verfügbarkeit von Kapazitäten bedeuten. Erst recht treten solche Effekte bei gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen auf, die nicht nur marginal sind724. Ein solches Modell wirft wegen der Tendenz zur Beherrschung der Ressourcen nicht nur erhebliche praktische Probleme im Bereich des Zugangs zu den Transportleistungen selbst auf, sondern erfordert zudem, den Zugang zu allen Teilbereichen der Distribution einschließlich der Endgeräte und Abrechnungsverfahren diskriminierungsfrei zu gestalten, soll nicht die Dominanz weniger Inhalteanbieter begünstigt werden725. 6.2.2 Auswirkungen auf die Regulierung Hält man eine solche Entwicklung für möglich, kann angesichts vieler Unsicherheiten hinsichtlich der von Veranstaltern wie Satellitenbetreibern künftig verfolgten Geschäfts- und Vermarktungsstrategien bereits heute ein Handlungsbedarf formuliert werden. Dies lässt sich dadurch rechtfertigen, dass ein sinnvolles „Mehr“ an Regulierung, durch das man sich gegen alle denkbaren Eventualitäten wappnet, in jedem Fall besser ist, als nachträgliche Korrekturen, durch die ungewünschte Entwicklungen möglicherweise nur zum Teil rückgängig zu machen sind. Außerdem ist zu beachten, dass die entscheidenden Vorschriften des geltenden Rechts nicht immer konsequent und nicht einheitlich in der beschriebenen Weise interpretiert werden. Will der Gesetzgeber selbst die notwendigen Regelungen zur Konkretisierung der bisherigen Grundsätze treffen und nicht der Anwendungsebene überlassen, könnte es sich für ihn anbieten, die absehbaren Interessenkonflikte im Vorfeld selbst zu regeln726. Die Anforderungen an die Gewährleistung von Zugangsfreiheit haben auch in diesem Szenario – abstrakt betrachtet – den diskriminierungsfreien und chancengleichen Zugang zur Infrastruktur zum Ziel727. Die Grundmechanismen der Regulierung sind mit denen des Trendszenarios vergleichbar, sie sind allerdings in der Praxis deutlich höheren Belastungen ausgesetzt, da eine nicht nur marginale vertikale Integration erhebliche Risikopotentiale birgt und vor allem langfristig Konzentrationsprozesse begünstigt. 6.2.2.1 Maßstäbe der Regulierung Regulierungsmechanismen müssen für vertikal integrierte Märkte eigenständig Maßstäbe entwickeln und Ziele formulieren, die unter Umständen gegen den Widerstand der Infrastrukturbetreiber langfristig verfolgt werden. Dabei bedarf es einer Entscheidung, ob allein wettbewerbsorientierte Kriterien zum Maßstab werden oder ob – wie bislang – besondere medienpolitische Aspekte in die Ziele der Regulierung einfließen müssen. Dabei wird eine Rolle spielen, dass auch ein nach den Kriterien der Wettbewerbskontrolle funktionierender Markt nicht zwingend ein nach pluralen Maßstäben vielfältiges Angebot gewährleistet. Dies gilt insbesondere, nachdem die Zunahme verfügbarer Kapazitäten im Bereich digitaler Satellitenübertragung die ursprüngliche Bedeutung der rundfunkrechtlichen Lizenzierung als in- 724 S. näher Kap. 4.5.2. 725 S. Helberger/Scheuer/Strothmann, IRIS plus 2001-2: 2f.; Roßnagel/Hilger, MMR 2002, 445, 448f.; Danwitz, ZUM 2002, 769, 771; Holznagel, MMR 2000, 480, 483 ff. S. hierzu für die Kabelverbreitung Roßnagel/Hilger, Regulierung des Zugangs zu Kabelnetzen, S. 51. S. Kap. 4.5.1. 726 727 195 haltliches medienpolitisches Regulativ zurückgedrängt hat728 und gerade die im Zuge der Digitalisierung zu erwartenden Zusatzangebote ohnehin nicht als Rundfunkangebot gelten und damit keiner Zulassung bedürfen. Zielsetzung der Regulierung kann in diesem Sinn also nicht allein eine Vielzahl unterschiedlicher Anbieter sein, sondern die Gewährleistung eines Spektrums unterschiedlicher Inhalte, Meinungen und Positionen. Dies erfordert angesichts der großen Zahl verfügbarer Übertragungskapazitäten zunächst die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem gewünschten Maß an Vielfalt. Die Bandbreite denkbarer Ansätze reicht von detaillierten Regelungen zur verpflichtenden Integration von Drittanbietern in die eigenen Programmpakete729 – wie schwierig diese Aufgabe ist, zeigt die Realität der Drittsendezeiten im deutschen Fernsehen730 – bis hin zur Stärkung und Sicherung allein des öffentlich-rechtlichen Rundfunks unter ausdrücklichem Verzicht auf darüber hinausgehende stützende Maßnahmen für unabhängige private Anbieter. 6.2.2.2 Nationale Regulierungsansätze Die bestehenden Regelungen des § 53 RStV bieten einen hinreichenden Rahmen, den diskriminierungsfreien und chancengleichen Zugang zu Zugangsberechtigungssystemen und Plattformen sicher zu stellen731. Mit der Verpflichtung des § 53 Abs. 4 RStV zur Offenlegung von Entgelten ist ein Schritt hin zur Transparenz der Vertragsgestaltungen erfolgt732. Sollte sich bei der Rechtsanwendung zeigen, dass die Offenlegung der Entgelte nicht genügt, sondern weitere Komponenten der Vertragsausgestaltung einen fairen Zugang behindern können, wären an dieser Stelle Ergänzungen etwa über die notwendige Transparenz der allgemeinen und besonderen Vertragsbedingungen sowie Mechanismen zu ihrer konkreten Überprüfung im Sinn einer Inhalts- und Missbrauchskontrolle einzufügen. Vor allem im Interesse der Rundfunkveranstalter733 wird gefordert, den Netzbetreibern die technische Zugangsoffenheit durch die gesetzliche Festlegung offener Standards für die Ausstattung und Interoperabilität von Empfangsgeräten vorzuschreiben734. Über die bestehenden rechtlichen Vorgaben des § 53 RStV i.V.m § 14 der Satzung über den digitalen 728 729 So fingiert etwa das neue Saarländische Mediengesetz die Zulassung und nennt lediglich Widerrufsgründe, §§ 48 ff. Saarländisches Mediengesetz vom 27.2.2002, i.d.F. vom 15.4.2002. S. auch Wille, ZUM 2002, 261, 263 ff.; Ladeur, ZUM 2002, 252, 256 ff. 730 Zu § 26 Abs. 5, § 31 RStV s. Bornemann, K&R 2002, 301, 302f. 731 Zugangsrechte werden Rundfunkveranstaltern nach § 53 Abs. 1 RStV gegenüber Anbietern von Diensten mit Zugangsberechtigung, nach § 53 Abs. 2 RStV gegenüber Anbietern von Navigationsdiensten gewährt. § 53 Abs. 3 RStV verbietet die Benachteiligung von Wettbewerbern durch Anbieter mit marktbeherrschender Stellung, die Programme bündeln und vermarkten. §§ 6f. Fernsehsignalübertragungsgesetz gewähren Rundfunkveranstaltern und Anbietern digitaler Fernsehdienste lediglich ein Recht gegenüber Anbietern und Verwendern von Zugangsberechtigungssystemen. Zur gegenwärtigen Rechtslage s. Kap. 3.3.4. 732 Zimmer/Büchner, CR 2001, 164, 170f.; Roßnagel/Hilger, MMR 2002, 445, 450. 733 So bspw. der Vorsitzende der Rundfunkkommission Kurt Beck, Pressemitteilung von heise online vom 9.11.2001, im Internet abrufbar unter http://www.heise.de/newsticker/data/anw-09.11.01-002/, abgerufen am 26.11.2002. 734 Nach Art. 18 Abs. 1 Rahmenrichtlinie sind die Mitgliedstaaten gehalten, für die Verwendung offener API durch die Anbieter digitaler interaktiver Fernsehdienste und erweiteter digitaler Fernsehgeräte zu sorgen. Ist Interoperabilität und Wahlfreiheit innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten der Richtlinie nicht gewährleistet, wird die Kommission nach Art. 18 Abs. 3 Rahmenrichtlinie ermächtigt, Normen verbindlich vorzuschreiben. Derzeit erfüllt nur der MHP-Standard die Anforderungen – s. dazu Kap. 3.3.3.1.2 und 3.3.4.1.2. 196 Zugang735 hinaus wird beispielsweise vorgeschlagen, den offenen Dekoder-Standard MHP (Multimedia Home Platform) für alle Anbieter von Set-Top-Boxen verbindlich festzulegen736. Dieser Standard, der vom Digital Video Broadcasting-Konsortium (DVB)737, entwickelt wurde, soll es ermöglichen, digitale Anwendungsprogramme beliebiger Art, wie zum Beispiel Elektronische Programmführer, Multimedia-Anwendungen, On-Demand-Dienste oder andere interaktive Dienste unabhängig von den Anbietern auf allen künftigen Empfangsgeräten darzustellen. Sämtliche Rundfunkveranstalter und Set-Top-Boxen-Hersteller hatten sich bei diversen Gesprächen bereits auf MHP als Dekodertechnik geeinigt738. In Bezug auf § 53 RStV und die Satzung über die Zugangsfreiheit zu digitalen Diensten kommt eine weitere Konkretisierungsmöglichkeit in Betracht, um die technischen Voraussetzungen für die Zugangsoffenheit der Satellitenkommunikation künftig noch effektiver sicherstellen zu können. Die Vorschrift wäre um die Festlegung zu ergänzen, grundsätzlich offene Standards nach dem jeweiligen Stand der Technik zu verwenden. Der Begriff der Offenheit verlangt aber eine genaue Definition der einzelnen Kriterien, die zu seiner Erreichung führen. Unter „offenen Standards“ sind im Sinn der geforderten Interoperabilität Systeme zu verstehen, die es erlauben, Dienste möglichst vieler verschiedener Anbieter und Veranstalter zu gleichwertigen Bedingungen auf den Empfangsgeräten darzustellen739. Im Zusammenhang mit den rundfunkrechtlichen Zugangsbestimmungen besteht auch insofern ein Kritikpunkt, als dass zwischen dem Anwendungsbereich von § 53 Abs. 1 RStV zu dem der §§ 6 und 7 Fernsehsignalübertragungsgesetz (FÜG)740 nicht deutlich genug unterschieden wird. Dies wäre aber erforderlich, um Rechtsunsicherheit bei den in Betracht kommenden Normadressaten und insbesondere eine Doppelregulierung zu vermeiden. Zwischen Bund und Ländern hat daher eine Abstimmung über den Regelungsgehalt beider Normen in Bezug auf die Anbieter und Verwender von Zugangsberechtigungssystemen und Zugangsdiensten zu erfolgen741. 735 Satzung über die Zugangsfreiheit zu digitalen Diensten gemäß § 53 Abs. 7 RStV in der von der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) am 26.6.2000 beschlossenen Fassung – s. dazu Kibele, MMR 2002, 370. 736 S. zu MHP Kap. 3.3.3.1.2 und 6.1.2. 737 Es handelt sich dabei um einem Zusammenschluss von über 260 Organisationen aus 37 Ländern. Beteiligt sind sowohl Inhalteanbieter, Netzbetreiber, Gerätehersteller und Behörden. Wichtigstes Ziel des Projektes ist die gemeinsame und koordinierte Entwicklung technischer Systeme, mit denen das digitale Fernsehen, unabhängig von einem bestimmten Übertragungsweg, ermöglicht werden soll. Zur Entstehung, Organisation und Zielsetzung des DVB-Projekts FKTG/Deutsche TV-Plattform, Fernsehen, 2.2. 738 S. Pressemitteilung der DLM vom 20. September 2001, abrufbar http://www.alm.de/aktuelles/presse/p200901.htm, abgerufen am 26.11.2002. 739 S. hierzu auch Roßnagel/Hilger, MMR 2002, 445, 452; Oxera-Studie im Auftrag der Kommission „Study on interoperability, service diversity and business models in digital broadcasting markets“ vom Februar 2003, abrufbar unter http://www.europa.eu.int/information_society/topics/telecoms/regulatory/studies/documents/oxera_final_re port_volume_1_report1.pdf, abgerufen am 12.3.2003. 740 Gesetz über die Anwendung von Normen für die Übertragung von Fernsehsignalen (Fernsehsignalübertragungsgesetz) vom 14.11.1997 (BGBl. 1997 I, 2710); zuletzt geändert durch Gesetz vom 7.5.2002 (BGBl. 2002 I, 1529, in Kraft getreten 11.5.2002). 741 S. z.B. Holznagel, NJW 2002, 2351, 2352; ders., JZ 2001, 905, 909; Hirschle/Hamann, Digitalisierung in einer föderalen Medienordnung, S. 295 ff. im Internet unter: 197 In Anbetracht der Tatsache, dass Gefahren für die technische Zugangsoffenheit vor allem von vertikal integrierten Netzbetreibern drohen, die nicht nur technische Dienste anbieten, verwenden oder vermarkten, sondern auch eigene Inhalte verbreiten und damit selbst Fernsehund Rundfunkdienste anbieten, erscheint es richtig, entsprechende Gegenmaßnahmen im RStV zu belassen. Für Anbieter hingegen, die ausschließlich technische Zugangsdienste und systeme herstellen oder vermarkten, könnte dann auf die Bestimmungen des FÜG zurückgegriffen werden. Eine Klarstellung der unterschiedlichen Adressaten beider Regelungswerke kann durch sprachliche Ergänzung der §§ 6 und 7 FÜG erfolgen. FÜG § 6 Zugangsberechtigungssysteme für digitale Fernsehdienste: (1) Anbieter und Verwender von Zugangsberechtigungssystemen müssen diese unabhängig vom Übertragungsweg so ausgestalten, dass die Systeme die erforderlichen technischen Möglichkeiten für eine kostengünstige Übergabe der Kontrollfunktionen an den Kopfstellen der Kabelnetze aufweisen, um den Kabelfernsehbetreibern auf lokaler und regionaler Ebene eine vollständige Kontrolle der Dienste zu ermöglichen, die solche Zugangsberechtigungssysteme verwenden. (2) Die Ausübung der Kontrollfunktion nach Absatz 1 darf keine Unterbrechung von Programmen für berechtigte Kunden nach sich ziehen. Sie berechtigt nicht zur Erhebung oder Verarbeitung personenbezogener Daten der Kunden des Kabelfernsehbetreibers. FÜG § 7 Anbieten von Diensten mit Zugangsberechtigung: (1) Anbieter und Verwender von Zugangsberechtigungssystemen, die, unabhängig vom Übertragungsweg, Zugangsdienste zu digitalen Fernsehdiensten herstellen und vermarkten, müssen 1. allen Rundfunkveranstaltern zu chancengleichen, angemessenen und nichtdiskriminierenden Bedingungen technische Dienste anbieten, die es gestatten, dass deren digitale Fernsehdienste von zugangsberechtigten Fernsehzuschauern mit Hilfe von Dekodern, die von den Anbietern von Diensten verwaltet werden, empfangen werden können, 2. in bezug auf ihre Tätigkeit als Anbieter von Diensten mit Zugangsberechtigung eine getrennte Rechnungsführung haben. (2) Die Verpflichtung der Anbieter zur Einhaltung des nationalen und europäischen Wettbewerbsrechtes sowie der landesrechtlichen Rundfunkregelungen bleiben hiervon unberührt. ... In § 6 Abs. 1 Satz 1 FÜG wäre nach den Worten „Anbieter und Verwender von Zugangsberechtigungssytemen“ der erklärende Nebensatz „die nicht zugleich Fernsehdienste anbieten oder vermarkten“ einzufügen. Ein gleichlautender Zusatz kann auch in § 7 Abs. 1 FÜG eingefügt werden. Zudem sollte in beiden Vorschriften für Anbieter von Fernsehdiensten auf die rundfunkrechtlichen Bestimmungen verwiesen werden. Eine Regelungslücke besteht aus deutscher Sicht für die Sicherstellung hinreichender Transportkapazitäten für den Satellitenempfang. Für die Zuordnung von Satellitenplätzen für Rundfunkzwecke gelten in Deutschland die Vorgaben des § 51 RStV. § 51 RStV ist jedoch nur auf deutsche Satelliten anwendbar742, somit ist die praktische Bedeutung der Norm gering743. Eine vergleichbare Regelung für die unter luxemburgischen oder französischem Regime stehenden Satellitenkapazitäten fehlt. Ein unmittelbarer Zugriff des deutschen Gesetzgebers auf diese ist nicht möglich. Dies war in der Vergangenheit angesichts einer Marktsituation im Bereich digitaler Satellitenkapazitäten, in der kein Mangel an Transportkapazitäten herrschte, kein Pro- 742 Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, RStV, § 51, Rn. 2; s. auch Kap. 3.3.2 und 3.3.4.1.2 743 Der Beschluss der Ministerpräsidenten vom 20.2.1992 über die Verfahrensgrundsätze für die Zuordnung von Satellitenkanälen nach § 51 Abs. 5 RStV – s. Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, RStV, § 51, Rn. 10 – geht davon aus, dass der Bedarf deutscher Veranstalter an Satellitenkanälen für Rundfunkzwecke durch die Errichtung deutscher Satellitensysteme oder die Anmietung europäischer oder internationaler Satellitenkanäle gedeckt wird – s. hierzu Kap. 3.2.1. 198 blem. Dies könnte sich allerdings im Integrationsszenario durch die veränderten Interessen eines vertikal integrierten Satellitenanbieters rasch ändern. Um dieses Problem anzugehen, sind allerdings gemeinschaftsrechtliche Ansätze erforderlich.744 Allerdings besteht gegenüber Unternehmen, die mit bestimmten Angeboten auf dem deutschen Markt aktiv sind, die Möglichkeit, durch meinungssichernde Regelungen innerhalb des RStV unabhängig von der Frage des unmittelbaren Zugriffs auf Satellitenkapazitäten MustCarry-ähnliche Verpflichtungen zu statuieren745. Dies kann dergestalt geschehen, dass Anbieter von Programmpaketen – zum Beispiel solche mit eigenen Plattformen oder signifikanter Marktstärke – verpflichtet werden, innerhalb ihrer Pakete – eventuell gegen eine angemessene Vergütung – Kapazitäten für Drittanbieter vorzuhalten und gemeinsam mit dem eigenen Angebot zu vermarkten746. Derartige Must-Carry-Regelungen sind zum Beispiel in Frankreich747 und Österreich748 geltendes Recht auch für Satellitenplattformen. Die Frage, welche Programme von Must-Carry-Rules begünstigt werden, kann inhaltlich oder quantitativ beantwortet werden. Für beide Ansätze finden sich in Europa Beispiele: In Frankreich wurde eine inhaltliche Entscheidung getroffen. Dort müssen die öffentlich-rechtlichen Programme innerfranzösisch kostenlos auf digitalen Satellitenplattformen verbreitet werden. In Spanien wurde die quantitative Lösung gewählt: 40% der Kapazitäten eines digitalen Plattformbetreibers müssen dort unabhängigen Dritten zur Verfügung gestellt werden, falls überhaupt Nachfrage in dieser Größenordnung besteht749. 744 S. hierzu Kap. 6.2.2.3. 745 Art. 31 Universaldienstrichtlinie erlaubt den Mitgliedstaaten, Netzbetreibern unter bestimmten Voraussetzungen Übertragungspflichten in Bezug auf Rundfunkdienste aufzuerlegen – s. dazu Bonin, K&R 2002, 565, 570. Art. 31 der Universaldienstrichtlinie betrifft nur Netzbetreiber, nicht Plattformbetreiber, Erwägungsgrund 45 – s. Kap. 3.3.4.1.2. 746 S. insoweit zum schweizerischen Reformvorhaben Kap. 3.4.1.1.1.3; Wille, ZUM 2002, 261, 263 ff.; Ladeur, ZUM 2002, 252, 256 ff.; Open Network Provision Committee Working document, The 2003 regulatory framework for electronic communications – Implications for broadcasting, vom 14.6.2002, abrufbar unter http://europa.eu.int/information_society/topics/telecoms/regulatory/maindocs/miscdocs/documents/onpcom 02_14rev1_14062002.pdf, abgerufen am 26.11.2002, S. 10 ff. 747 Art. 34-2 und 34-3 französisches KFG sehen Must-Carry-Regelungen vor, die Satellitenbetreiber verpflichten, die Programme TV5 und ARTE sowie die öffentlich-rechtlichen Programme zu verbreiten. Gemäß Art. 95 KFG muss ein Anbieter von Zugangsberechtigungsdiensten den Anträgen der Veranstalter digitaler Rundfunkdienste unter gleichen, angemessenen und nicht-diskriminierenden Bedingungen entsprechen, wenn sich die Anträge auf die Bereitstellung technischer Dienste beziehen, die für den Empfang ihrer Angebote durch die Berechtigten notwendig sind. Ebenso gewährleistet die Vorschrift den Zugang der Anbieter digitaler Dienste zu der bestehenden Dekoder-Auswahl. Um die vertikale Integration zwischen Plattform- und Inhalteanbietern zu begrenzen, kann nach Art. 34-2 KFG eine Verordnung erlassen werden, die einen Mindestanteil von Programmen festlegt, die von den Plattformbetreibern unabhängig sind. Eine solche Verordnung wurde bislang nicht erlassen – s. Kap. 3.4.1.3.1.2. 748 In Bezug auf Betreiber digitaler Plattformen sieht § 25 Abs. 2 Nr. 2 österreichisches PrTVG vor, dass die analog ausgestrahlten Programme des ORF auf Nachfrage und gegen angemessenes Entgelt in das digitale Programmpaket im jeweiligen Versorgungsgebiet eingebunden sein müssen. Nach § 25 Abs. 2 Nr. 3 PrTVG muss das Programm von Rundfunkveranstaltern, denen eine Zulassung für bundesweites analoges terrestrisches Fernsehen erteilt wurde, auf Nachfrage und gegen angemessenes Entgelt in das digitale Programmpaket im jeweiligen Versorgungsgebiet eingebunden werden. S. Kap. 3.4.1.2. 749 S. Art. 7.c des spanischen Gesetzes 17/1997 verpflichtet die Anbieter von Zugangsberechtigungsdiensten und damit die Anbieter der Digital-Plattformen, allen unabhängigen Diensteanbietern und Rundfunkveranstaltern Zugang zu den technischen Mitteln, die für den Empfang ihrer Dienste erforderlich sind, zu angemessenen, transparenten und nicht-diskriminierenden Bedingungen zu gewähren. Art. 7.c enthält ebenfalls die Bestimmung, dass Anbieter von Zugangsberechtigungssystemen 40% ihrer Übertragungskapazitäten für 199 Beide Ansätze erscheinen in ihrer reinen Form für den deutschen Markt nicht geeignet: Die Beschränkung auf öffentlich-rechtliche Programme wird dem dualen System in Deutschland nicht ohne weiteres gerecht, da unabhängige private Veranstalter lediglich auf den deutlich problematischeren Weg der Gewährleistung chancengleichen Zugangs zu fairen Bedingungen verwiesen wären. Andererseits erscheint eine rein quantitative Regelung ohne inhaltliche Gewichtung im hier erörterten problematischen Fall vertikaler Integration zur Sicherung der Interessen des öffentlich-rechtlichen Zugangs nicht ausreichend. Eine dynamische Quotierung, wie sie Spanien vorsieht, könnte bei einer großen Zahl verfügbarer Kapazitäten überdies zu unverhältnismäßigen Belastungen des Plattformbetreibers führen. Es bietet sich für die deutsche Situation daher an, inhaltliche Kriterien – etwa Optionen zugunsten des öffentlichrechtlichen Rundfunks – mit quantitativen Aspekten so zu kombinieren, dass die Zahl der Programme im Must-Carry-Bereich begrenzt bleibt. Dies könnte in Fortentwicklung des § 51 in Anlehnung an die Regelungen des § 52 Abs. 3 und 4 RStV geschehen. RStV § 52 Abs. 3 und 4: Weiterverbreitung (3) Der Betreiber einer Kabelanlage hat sicherzustellen, dass 1. die erforderlichen Übertragungskapazitäten für die für das jeweilige Land gesetzlich bestimmten Fernsehprogramme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einschließlich seiner Programmbouquets zur Verfügung stehen, 2. die Übertragungskapazität eines analogen Fernsehkanals für die im jeweiligen Land zugelassenen regionalen und lokalen Fernsehprogramme sowie die Offenen Kanäle zur Verfügung steht; soweit diese Übertragungskapazität danach nicht ausgeschöpft ist, richtet sich die Belegung nach Landesrecht; die landesrechtlichen Sondervorschriften für Offene Kanäle und vergleichbare Angebote bleiben unberührt, 3. die technischen Übertragungskapazitäten nach Nummern 1 und 2 im Verhältnis zu anderen digitalen Kanälen technisch gleichwertig sind, 4. Entgelte und Tarife für die Programme nach Nummern 1 und 2 offengelegt werden; Entgelte und Tarife sind im Rahmen des Telekommunikationsgesetzes so zu gestalten, dass auch regionale und lokale Angebote zu angemessenen und chancengleichen Bedingungen verbreitet werden können; die landesrechtlichen Sondervorschriften für Offene Kanäle und vergleichbare Angebote bleiben unberührt. (4) Die Entscheidung über die nach Absatz 3 hinausgehende Belegung mit in digitaler Technik verbreiteten Fernsehprogrammen und Mediendiensten trifft der Betreiber 1. innerhalb einer weiteren Übertragungskapazität im Umfang von einem Drittel der für die digitale Verbreitung zur Verfügung stehenden Gesamtkapazität, soweit er darin unter Berücksichtigung der Interessen der angeschlossenen Teilnehmer eine Vielzahl von Programmveranstaltern sowie ein vielfältiges Programmangebot an Vollprogrammen, nicht entgeltfinanzierten Programmen, Spartenprogrammen und Fremdsprachenprogrammen einbezieht sowie Mediendienste angemessen berücksichtigt, 2. innerhalb darüber hinausgehender Übertragungskapazitäten allein nach Maßgabe der allgemeinen Gesetze. Dabei sollte allerdings beachtet werden, das keine dynamischen Grenzen für Must-Carryregelungen vorgesehen werden. Vielmehr sollten statische Grenzen den Plattformanbietern einen Anreiz bieten, ihre Kapazitäten zu erweitern, um dadurch die eigenen Freiräume zu vermehren750. unabhängige Inhalteanbieter bereithalten müssen, vorausgesetzt es besteht eine entsprechende Nachfrage. S. Kap. 3.4.1.4.1.2. 750 S. zu § 52 RStV Roßnagel/Hilger, MMR 2002, 445, 450. 200 6.2.2.3 Europäische Regelungsansätze Mit nationalen Regeln können die Mitgliedstaaten Teilaspekte eines chancengleichen und diskriminierungsfreien Zugangs zufriedenstellend gestalten und insbesondere den spezifischen Bedürfnissen ihres nationalen Medienmarkts anpassen. Grenzüberschreitende Aspekte wie etwa die Situation im Bereich der Satellitenbetreiber selbst können sinnvoll nur im Rahmen europäischer Normen behandelt werden. Die Zugangsrichtlinie postuliert bereits, dass der Zugang zu elektronischen Kommunikationsdiensten fairen Bedingungen unterliegen muss. Risiken für die inhaltliche Vielfalt könnten insbesondere durch Beschränkungen der vertikalen Integration reduziert werden751, wobei im Idealfall die Trennung zwischen dem Betrieb von Übertragungskapazitäten und dem Angebot von Inhalten durch verflochtene Unternehmen festgeschrieben würde. Wesentlich wären auch hier Regelungen, die über das abstrakte Gebot fairer Bedingungen hinaus die Transparenz von Entgelten und Vertragsbedingungen gewährleisten könnten, indem Satellitenbetreiber dem hierzu berufenen Gremium Entgeltstrukturen, tatsächliche Entgelte und allgemeine und besondere Vertragsbedingungen für den Bereich meinungsrelevanten Rundfunks auf Anforderung zur Kenntnis geben müssten752. Ein weiteres Ziel auf europäischer Ebene muss gerade in Situationen vertikaler Integration nicht nur die Öffnung, sondern eine fortschreitende Standardisierung von Zugangsberechtigungssystemen sein. Die Wahl eines bestimmten Verschlüsselungssystems darf nicht zum faktischen Ausschluss von Zuschauern und Veranstaltern führen, die über eine anderes System bereits verfügen753. Damit ist nicht zwangsläufig auch die Vereinheitlichung der Verschlüsselungssysteme und damit eine Verringerung der Sicherheit solcher Systeme verbunden. Bereits heute ist es möglich, Hardwareanforderungen so zu beschreiben, dass alle in Europa verbreiteten Verschlüsselungssysteme zwar unterschiedliche Smart-Cards erfordern, der Wechsel der CA-Module jedoch nicht mehr erforderlich ist. 6.3 Handlungsstrategien im Dienstleistungsszenario 6.3.1 Herausforderungen für Vielfalt und Zugangsfreiheit Während die beiden bislang dargestellten Strategien im wesentlichen lediglich auf Marktentwicklungen reagieren und korrigierend gegenüber extremen Entwicklungen wirken sollen, fordert das dritte Szenario die aktive Gestaltung eines Markts, der wegen seiner offenen Wettbewerbsbedingungen den Zugang aller Beteiligten erleichtern kann und damit günstig für die Entwicklung eines umfassenden und differenzierten inhaltlichen Angebotes ist. Die angestrebte Modularisierung der angebotenen Dienstleistungen erlaubt es zudem, auch zukünftig ein duales System aus kommerziellen und öffentlich-rechtlichen Angeboten dynamisch fortzuentwickeln, ohne dass eine Polarisierung privater und öffentlich-rechtlicher Anbieter hinsichtlich Technik und Inhalt erfolgen müsste. Unverschlüsselte und verschlüsselte Programme können nebeneinander bestehen; auch die fallweise Verschlüsselung ist bei Nutzung der verfügbaren modularen Dienstleistungen denkbar, ohne dass unangemessene Investitionen erforderlich sind. 751 S. Ovum-Studie “Study on the Development of Competition for Electronic Communications Access Networks and Services, A report to the European Commission, Information Society Directorate, on the Regulation of Conditional Access Systems and Related Facilities”, Februar 2001. 752 S. Roßnagel/Hilger, MMR 2002, 445, 450; Hein/Schmidt, K&R 2002, 409, 415f. 753 S. Danwitz, ZUM 2002, 769, 771. 201 Die Verfügbarkeit aller für ein Geschäftsmodell erforderlichen Module unter Wettbewerbsbedingungen könnte ein hohes Maß an Zugangsfreiheit bei marktgerechten Kostenstrukturen gewährleisten. Inhalts- und Anbietervielfalt werden sowohl für die Programmveranstalter als auch für den Zuschauer begünstigt, da die Kundenbindung durch den Wettbewerb der Inhalte, nicht aber durch proprietäres technisches Equipment erreicht werden muss. Vergleichbare Ansätze finden sich heute unter anderem bereits im Bereich der europaweiten Verarbeitung von Daten jeglicher Art. Ein typisches Beispiel modularisierter Leistungen im Bereich von Netzinfrastrukturen und Abrechnungssystemen findet sich im Bereich der Energieversorgung (Strom, Gas und künftig auch Wasser). Hier haben sich nach der Liberalisierung des Marktes auf dem deutschen wie im internationalen Markt Dienstleister zum Beispiel im Bereich des Messwesens, des so genannten Metering, etabliert, die im Wettbewerb untereinander stehen. Diese Dienstleister übernehmen für ihre Kunden, die Energieversorger, die Abrechnung der gelieferten Energie gegenüber dem Verbraucher und bieten darüber hinaus optional weitere Dienstleistungsmodule im Bereich der Kundenbetreuung, aber auch bei der Organisation von Durchleitungen durch fremde Netze an. Neutralität gegenüber denjenigen Komponenten, die bei einer Integration Abhängigkeiten begründen könnten – etwa Zählerhersteller oder Softwareentwickler – ist dabei ein Marketingargument754. 6.3.2 Auswirkungen auf die Regulierung Unter regulatorischen Aspekten ist das Modell einer unabhängigen, modularen Dienstleistungsplattform vorteilhaft, sobald seine Funktion gesichert ist. Im Vorfeld bedarf vor allem der Rahmen, in dem ein derartiges Modell entstehen kann, regulatorischer Begleitung. Dabei zeigt ein Vergleich der Mobilfunkmärkte in USA und Europa, dass insbesondere die rasche Durchsetzung definierter offener Standards an allen Schnittstellen, die sich für die Trennung von Geschäftsprozessen eignen, die unabdingbare Voraussetzung für die Entwicklung eines solchen Modells darstellt. Ziel der Gestaltung ist die Entwicklung des Angebots unabhängiger Dienstleister, die die für die Distribution digitaler Inhalte notwendigen Prozesse von der Beschaffung der Transportkapazitäten bis hin zu Vermarktung und Abrechnung vornehmen. Solche neutralen Dienstleistungsangebote können nicht verordnet werden, sondern müssen aus sich selbst heraus und aus der Nachfrage im Markt wachsen. Allerdings kann durch geeignete regulatorische Rahmenbedingungen und zielgerichtete Unterstützungen die Entwicklung neutraler Plattformen angestoßen und gefördert werden. Notwendig sind Anreize, die die Attraktivität derartiger Plattformen unterstreichen. Voraussetzung für die Entstehung unabhängiger Anbieter für einzelne Prozesse ist zunächst der Verzicht auf geschlossene, proprietäre Techniken und die weitestgehende Offenlegung und Standardisierung der eingesetzten Technologien und Schnittstellen. Geschieht dies auf europäischer Ebene, entwickelt sich ein Markt von attraktiver Größe. Der Einsatz standardisierter Technologien auf allen Ebenen der Distribution kann Gegenstand der europäischen Regulierung sein. Dabei ist es – anders als zu Zeiten etwa der D2MAC-Richtlinie – nicht erforderlich, bestimmte Standards festzuschreiben, wenn die Anerkennung dessen, was als 754 S. nur beispielhaft das Angebot der Viterra Energy Services (www.energie.im-griff.de). 202 Standard gilt, gesichert ist. Insoweit ist der Verweis auf einen anerkannten europäischen Standard ausreichend. In der Praxis zum Beispiel unterschiedlicher interaktiver Anwendungen auf der Basis des MHP-Standards erweist sich indes als problematisch, dass bisherige Standardisierungen in relativ hohem Maße unterschiedlichen Interpretationen zugänglich sind. Hier muss unter Umständen auch unter Einsatz politischer Moderation die Steuerung der Standardisierung intensiviert werden755. Ergänzend kann die Entwicklung offener Systeme dadurch befördert werden, dass auch der Zugang zu den eventuell erforderlichen technischen Lizenzen diskriminierungsfrei und chancengleich möglich ist. Beispiele für den letztgenannten Aspekt finden sich in Art. 6 Zugangsrichtlinie, der nicht nur faire Bedingungen für den Zugang zu den Lizenzen für CA-Systeme fordert, sondern darüber hinaus verbietet, in der vertraglichen Ausgestaltung der Lizenzen Multicrypt-Anwendungen zu verhindern. Sind offene Standards verfügbar, bedarf es zusätzlicher Anreize, unabhängige Plattformen oder einzelne unabhängige Dienstleister zu etablieren756. Neben der Moderation der erforderlichen Kommunikation zwischen Veranstaltern und Dienstleistern könnten in erster Linie regulatorische Erleichterungen für solche Distributionsformen geschaffen werden, die auf der Inanspruchnahme unabhängiger Plattformen oder Dienstleister basieren. Hier könnte der Verzicht auf Must-Carry-Regelungen ebenso bedeutsam sein wie die Vermutung, dass diese Plattformen die Voraussetzungen des § 53 RStV ohne weiteres erfüllen. Damit könnte zugunsten neutraler Dienstleister auf die entsprechenden Anforderungen zur Transparenz – etwa die Offenbarung der Entgelte – in der Regel verzichtet werden. Entsprechende Regelungen könnten unmittelbar in § 53 RStV implementiert werden. 6.4. Zusammenfassung Aus der Darstellung der Szenarien wird deutlich, dass die Intensität regulatorischer Rahmenbedingungen zur Sicherung chancengleichen und diskriminierungsfreien Zugangs abhängig ist von der Güte des Wettbewerbs in diesem Markt. Unabhängig von der konkreten Entwicklung im Rahmen der Szenarien oder in Mischformen wird deutlich, dass es vor allem drei Faktoren sind, die die Unabhängigkeit und Vielfalt des über Satellit verbreiteten Fernsehens begünstigen oder gar sicherstellen können: • Die bislang im europäischen Satellitenrundfunk überwiegend erhaltene Trennung von Verbreitungswegen und Inhalten hat dazu geführt, dass sich die Inhalteanbieter weitgehend frei von den Vorgaben der Anbieter der Transportkapazitäten etablieren konnten. Die auch künftig konsequente Trennung von Netzen und Inhalten kann dazu führen, diese Entwicklung fortzusetzen. In dem Maß, wie sich Satellitenanbieter Inhalten zuwenden, muss regulatorisch Vorsorge für einen fairen Zugang zu den Ressourcen getroffen werden. • Zuschauern wie Inhalteanbietern muss die Möglichkeit eröffnet werden, frei von vermeidbaren Hürden den Zugang zu allen Angeboten zu erhalten oder anzubieten. Voraussetzung hierfür ist vor allem die weitgehende Standardisierung der eingesetzten Emp- 755 Zu den Auswikungen einzelner Ausgestaltungen einer API-Regulierung Oxera-Studie im Auftrag der Kommission „Study on interoperability, service diversity and business models in digital broadcasting markets“ vom Februar 2003, abrufbar unter http://www.europa.eu.int/information_society/topics/telecoms/regulatory/studies/documents/oxera_final_re port_volume_1_report1.pdf, abgerufen am 12.3.2003. 756 S. Danwitz, ZUM 2002, 769, 771. 203 fangs- und Zugangssicherungssysteme. Der Einsatz unterschiedlicher Verschlüsselungssysteme darf keinen Wechsel der stationären Hardware erfordern. • Im Idealfall kann die Entwicklung neutraler, von Inhalteanbietern unabhängiger Plattformen angestoßen werden, die die zur erfolgreichen Distribution erforderlichen Dienstleistungen einschließlich des Marketing und der Abrechnung in einer Weise vorhalten, die es auch mittleren Inhalteanbietern erlaubt, die erforderlichen Module unter den Bedingungen eines offenen Wettbewerbs in Anspruch zu nehmen. Zugleich müssen auf europäischer Ebene wirksame Mechanismen vorgehalten werden, die die Entwicklung des Satellitenrundfunks beobachten und regulatorisch wirken, soweit, solange und sobald das System des Angebots von Rundfunk via Satellit die Voraussetzungen eines chancengleichen und diskriminierungsfreien Zugangs nicht erfüllt. Die Transparenz der vertraglichen Gestaltung kann in diesem Fall durch vertragliche Inhaltskontrollen oder etwa Entgeltregulierungen erreicht werden. 204 7. Strategien zur Sicherung der Verbreitung Im fünften Kapitel wurde ein potenzieller Handlungs- und Regelungsbedarf für die Gewährleistung des Urheberrechts und der freien Vergabe von Senderechten bei gleichzeitiger Sicherung • des Zugangs des Empfängers zu allen – europaweit – über Satellit ausgestrahlten Programmen, • des europäischen Fernsehmarkts ohne Grenzen und • der Teilhabe aller Bürger der Gemeinschaft an Ereignissen von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung festgestellt. Gefährdet werden diese Ziele vor allem durch die territorial, nach Sprachräumen oder gruppenspezifisch beschränkte Vergabe von Senderechten und deren Durchsetzung durch spezifische Verschlüsselungs- und Abrechnungssysteme und durch die urheberrechtlich motivierte Verweigerung der Empfangsmöglichkeiten für grenzüberschreitendes Fernsehen757. Da keine offensichtlichen und unmittelbaren Regelungsdefizite bestehen, ist die Antwort auf die Frage, ob regulatorischer Handlungsbedarf besteht, abhängig vom künftigen Verhalten der Beteiligten und der daraus resultierenden Entwicklung. Als Regelungsinstrumente bieten sich Völker- und Gemeinschaftsrecht an, die Änderung allein nationaler Vorschriften kann den erwünschten Effekt im grenzüberschreitenden Rahmen nicht leisten. Allerdings bleibt die Ausgestaltung der auf europäischer oder internationaler Ebene gefundenen Lösungen Aufgabe der Staaten. Im Folgenden werden mögliche Strategien dargestellt, die diese Ziele unter den jeweils unterschiedlichen Handlungsvoraussetzungen der beschriebene Szenarien758 verfolgen. Zur Lösung der beschriebenen Problembereiche kommt vor allem eine Beschneidung des Umfangs des Verwertungsrechts in Betracht. Dies kann nicht nur durch Änderung urheberrechtlicher Vorschriften erfolgen. Denkbar ist ebenso eine mittelbare Beschränkung durch rundfunkrechtliche Bestimmungen. Dabei ist darauf zu achten, dass in das Urheberrecht nur soweit eingegriffen wird, wie es notwendig ist, um die Informationsfreiheit und die Vielfalt des Angebots zu gewährleisten. Die Beschränkung des Urheberrechts sollte nicht in der Ausweitung seiner Schranken liegen, da es nicht um den Entzug von Nutzungsmöglichkeiten zugunsten der Allgemeinheit geht, sondern um die Ausgestaltung des Verwertungsrechts für die Fälle, in denen dessen Praxis einen offenen und für jeden zugänglichen europaweiten Fernsehmarkt ohne Grenzen behindert. Dabei stehen im Vordergrund der Betrachtung solche Regelungen, die für Mitgliedstaaten und die Europäischen Union relevant sind. Auf Nicht-Mitglieder der Europäischen Union soll abschließend eingegangen werden. Für Aufnahmekandidaten gelten die Überlegungen zu den Mitgliedstaaten entsprechend, nur aufschiebend bedingt. Länder, die weder zum Kreis der Mitglieder noch dem der Aufnahmekandidaten gehören, entziehen sich dem Geltungsbereich 757 S. hierzu näher Kap. 3.3.5.1.3 sowie Kap. 5.5. 758 S. Kap. 4.5. des Gemeinschaftsrechts759. Hier kommen das Europäische Übereinkommen über das grenzüberschreitende Fernsehen760 oder die Europäische Konvention über urheber- und leistungsschutzrechtliche Fragen im Bereich des grenzüberschreitenden Satellitenrundfunks761 als Regelungsinstrument in Betracht. In einem weltweiten Rahmen könnten Regelungen zum Zugang zu empfangbaren Inhalten in den völkerrechtlichen Verträgen zum Urheberrecht (vor allem der RBÜ) verankert werden762. 7.1 Trendszenario Das „Trendszenario“763 entspricht dem Transportmodell. Die Satellitenbetreiber beschränken sich auf den Transport von Signalen und vergeben ihre Sendekapazitäten an jeden, der zahlt. Die Programmveranstalter finanzieren ihre Inhalte wie bisher durch Gebühren, Werbung oder Pay-TV. Im frei empfangbaren Fernsehen gibt es keine Verschlüsselung. Kurzfristig ist in der Vertragspraxis nicht mit einer Änderung der territorial abgegrenzten Vergabe von Senderechten zu rechnen. Gegenwärtig hat diese Praxis ihren Grund unter anderem in den Kosten, die die Programmveranstalter für den Erwerb von Inhalten aufbringen müssen. Dabei können die Kosten für eine europaweite Verbreitung regelmäßig nicht von einem Programmveranstalter allein getragen werden. Dies gilt insbesondere für teure Senderechte wie die für populäre Sportereignisse. Die Auswirkungen der Vertragspraxis auf den Zuschauer sind unterschiedlich. Solange es nur darum geht, welcher Free-TV-Veranstalter bestimmte Senderechte erhält und wie viel er dafür zahlt, und dieser unverschlüsselt ausstrahlt, kann der Zuschauer die gewünschte Sendung wählen. Geht es dagegen um die Vergabe an Free-TV- oder Pay-TV-Sender, soll die Ausstrahlung (auch) im Free-TV verschlüsselt erfolgen oder werden bestimmte Rechte (z.B. für ein Gebiet) gar nicht vergeben, ist der Zugang des Zuschauers zu Inhalten nicht ohne weiteres gewährleistet. Der Streit um die Ausstrahlung der Fußball-Weltmeisterschaft 2002 ist hierfür ein Beispiel764. Das Trendszenario beschreibt das Nebeneinander von Free- und Pay-TV nicht nur für den nationalen, sondern auch für den internationalen Rahmen. Sendungen können daher in einem bestimmten (nationalen) Territorium im Free-TV, in einem anderen Territorium im Pay-TV ausgestrahlt werden. Aus Sicht des Pay-TV-Veranstalters ist eine unverschlüsselte Ausstrahlung über Satellit problematisch, wenn es sich um Sendungen handelt, bei der es dem Zuschauer – wie etwa bei Sportereignissen – nicht in erster Linie auf die Sprachfassung ankommt765. Können die Zuschauer nämlich eine gewünschte Ausstrahlung im Free-TV empfangen, werden sie das Pay-TV-Angebot nicht nutzen. Das Nebeneinander von Free- und PayTV auch im internationalen Rahmen ist demnach im Rahmen der Lösungsvorschläge zu berücksichtigen. 759 Mit Ausnahme der Mitglieder des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR). 760 Europäisches Übereinkommen über grenzüberschreitendes Fernsehen vom 5.5.1989, BGBl. 1994 II, 639. 761 Europäische Konvention über urheber- u. leistungsschutzrechtliche Fragen im Bereich des grenzüberschreitenden Satellitenrundfunks vom 16.2.1994, noch nicht in Kraft. 762 Zur Darstellung des internationalen Rechtsrahmens s. Kap. 3.3.5.1. 763 S. zu diesem Kap. 4.5.1. 764 Der Sachverhalt ist in Kap. 3.3.5.2. dargestellt. 765 Die Ausstrahlung über verschiedene Territorien gleicher Muttersprache wird in der Praxis durch die Zusammenfassung der Territorien oder die Verschlüsselung gelöst. 206 Aus Sicht des Vielfaltsschutzes mit dem Ziel der Förderung des Informationsaustauschs und der Meinungsbildung ist problematisch, wenn dem Zuschauer der Zugang selbst gegen Entgelt verweigert wird. Im Bereich des Urheberrechts ist dies von Interesse, wenn die Weigerung mit fehlenden Senderechten begründet wird. Senderechte fehlen, wenn sie der Programmveranstalter nur eingeschränkt erworben hat. Solche Einschränkungen erfolgen zur Zeit hauptsächlich für territorial begrenzte Gebiete. Die Weigerung etwa des Verkaufs der notwendigen technischen Einrichtungen (z.B. Smart-Cards) an bestimmte Interessenten muss nicht notwendig mit fehlenden Senderechten begründet werden. In Betracht kommen etwa auch wirtschaftliche Erwägungen, die zu Benachteiligungen von Gruppen mit nicht ausreichender Kaufkraft führen können. Für sie könnte sich der Aufwand für den Aufbau von Vertriebs- und Abrechnungsstrukturen nicht lohnen. 7.1.1 Gemeinsamer Rechteerwerb Eine Möglichkeit, die Kosten für die europaweiten Senderechte zu erwerben, könnte der gemeinsame Erwerb durch mehrere Programmveranstalter sein. So könnte, wie dies früher für den Erwerb von Sportrechten praktiziert worden ist, die European Broadcasting Union (EBU) wieder Senderechte für besonders interessante Sportveranstaltungen erwerben. Die EBU ist ein Zusammenschluss der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Europa und erwirbt unter anderem Übertragungsrechte für Großereignisse. Aufgrund dieser Verbundenheit der nationalen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten wäre der Rechteerwerb für die einzelnen Anstalten mit hoher Wahrscheinlichkeit billiger als beim Kauf von einer privaten Gesellschaft. So könnte jede nationale öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt jeweils die europaweiten Ausstrahlungsrechte erwerben. Sportereignisse würden also in allen nationalen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten im Free-TV übertragen, die Zuschauer könnten unter den Ausstrahlungen wählen. Die Zuschauer werden sich in einem solchen Fall eine für sie verständliche Sprachfassung aussuchen. In diesem Modell spielte die territoriale Abgrenzung bei der Rechtevergabe keine Rolle mehr. Die Möglichkeit, dass die EBU Sportrechte erwirbt und allein an ihre Mitglieder vergibt, wird jedoch durch das Urteil des EuG vom 8. Oktober 2002766 in Frage gestellt. Die Europäische Kommission hatte unter anderem den Rechteerwerb und die Unterlizenzierung der EBUMitglieder durch die EBU von den gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln freigestellt767. Diese Entscheidung hob das EuG auf die Klage mehrerer Fernsehanstalten hin auf, weil sie gegen europäisches Wettbewerbsrecht verstoße, da durch den gemeinsamen Erwerb von Rechten der Wettbewerb unter den EBU-Mitgliedern beschränkt werde und Nichtmitgliedern der Zugang zu den Senderechten in der Praxis verwehrt bleibe. Möglich wäre der Rechteerwerb und die Unterlizenzierung durch die EBU demnach nur dann, wenn entsprechend den gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln allen Interessenten echte Wettbewerbschancen eingeräumt werden. 7.1.2 Listenregelungen Die grenzüberschreitende Sendung ist wirtschaftlich besonders interessant, wenn bestimmte Programmarten betroffen sind, vor allem Sportübertragungen und Spielfilme, da sie leichter Sprachgrenzen überwinden können. Daher liegt es zunächst nahe, Lösungen für die genannten 766 EuG Urteil vom 8.10.2002, verb. Rs. T-185/00, T-216/00, T-299/00, T-300/00 – Métropole télévision SA (M6) u.a./Kommission. 767 Entscheidung der Kommission 2000/400/EG vom 10.5.2000, ABl. L 151/18 vom 24.6.2000. Die Kommission ging davon aus, dass der Zugang von Nichtmitgliedern zu vernünftigen Bedingungen gewährleistet sei. 207 Probleme in der Unterscheidung nach der Art der Sendung zu suchen. Damit würde zwar kein umfassender europäischer Rundfunkmarkt geschaffen. Doch könnte eine Lösung für die drängendsten Probleme der territorial beschränkten Rechtevergabe gefunden werden. Für die Sendungen, für die vorrangig eine europaweite und für alle zugängliche Ausstrahlung sichergestellt werden soll, wäre die Aufnahme in eine Liste erforderlich, wie sie Art. 3a Fernsehrichtlinie bereits vorsieht768. Diese Regelung gestattet den Mitgliedstaaten, Maßnahmen gegen Fernsehveranstalter und Rechteinhaber zu ergreifen, durch die bestimmte Ereignisse mit erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung auch im freizugänglichen Fernsehen übertragen werden müssen. Dies gilt nach Art. 3a Abs. 3 Fernsehrichtlinie auch gegenüber den der eigenen Rechtshoheit unterliegenden Fernsehveranstaltern bezogen auf die Liste, die ein anderer Mitgliedstaat für die bei ihm ausgestrahlten Programme aufgestellt hat. Die bestehenden Listenregelungen der Fernsehrichtlinie und ihre nationalen Umsetzungen sehen jeweils lediglich die nationale Festsetzung von Ereignissen vor, denen der betreffende Mitgliedstaat eine erhebliche gesellschaftliche Bedeutung beimisst. Die grenzüberschreitende Rundfunksendung wird auf diesem Wege nicht erreicht. Ein europäischer Markt setzte vielmehr eine europäische einheitliche Liste voraus769. Denkbar wäre etwa neben den bereits erfassten Ereignissen mit erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung eine Listenregelung zugunsten von für die politische Bildung und Meinungsbildung relevanten Informationsquellen – beispielsweise zugunsten von Nachrichtensendungen. Die Liste könnte einmal die Grundlage von Anforderungen an die Rechteinhaber sein. Diesen könnte aufgegeben werden, Senderechte für Sendungen der Liste nur oder vorrangig an frei und flächendeckend empfangbare Programmveranstalter zu vergeben. Die Einschränkung eines Verwertungsrechts stellt jedoch einen erheblichen Eingriff in das Urheberrecht dar. Auf diese Weise fielen wichtige potenzielle Abnehmer für den Rechteinhaber weg. Der Kreis der möglichen Nachfrager würde verringert und je nach Entwicklung der Rundfunklandschaft sogar vielleicht auf die öffentlich-rechtlichen Anbieter beschränkt. Dies könnte die Nachfrage stark beeinträchtigen und die Vermarktung der Rechte behindern. Eine Änderung der Verwertungsrechte ist demnach mit schwerwiegenden Problemen verbunden. Eine andere Möglichkeit besteht darin, die Programmveranstalter und Plattformanbieter zu adressieren. Sie würden verpflichtet, die Listensendungen in einer Weise auszustrahlen, dass sie europaweit von möglichst vielen Zuschauern empfangen werden können. Ein solches Konzept hätte im Trendszenario zur Folge, dass die Veranstalter von öffentlich-rechtlichem Rundfunk und privatem Free-TV diese Anforderungen in der Regel problemlos erfüllen könnten, da sie ihre Sendungen unverschlüsselt über Satellit europaweit ausstrahlen. Für einen Pay-TV-Anbieter würde eine solche Regelung bedeuten, dass er in seinem Angebot zwischen freien, unverschlüsselt europaweit ausgestrahlten Sendungen und verschlüsselten Sendungen unterscheiden müsste. Für den Zuschauer, der nicht Pay-TV-Kunde ist, wären die Programme der Pay-TV-Anbieter nicht so attraktiv, da er bei der Auswahl dieses Programms 768 S. den Wortlaut in Kap. 3.3.5.2. Für Deutschland s. § 5a RStV – s. den Text in Kap. 3.3.5.2. Kritisch zur Listenregelung Stettner, ZUM 2002, 627; derselbe, Rechtsfragen § 5a Rundfunkstaatsvertrag, Kap. I. Zur Klage der KirchGruppe gegen die Europäische Kommission wegen deren Genehmigung der britischen Listenregelung, anhängige Rs. T-33/01, ABl. EG Nr. C 134 v. 5.5.2001, S. 24, s. Scheuer, IRIS 2001-3: 9; ders./Strothmann, MMR 2001, 576, 583f. Zur Umsetzung von Art. 3a Fernsehrichtlinie generell s. Helberger, AfP 2002, 292. 769 Hesse, ZUM 2002, 692, 697. 208 mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Zeitpunkt zuschalten würde, zu dem er nicht von der Regelung profitiert. Dies könnte aber für die Pay-TV-Anbieter insoweit attraktiv sein, als sie mit den freien Sendungen potenzielle Kunden für die zu bezahlenden Sendungen interessieren könnten. Die Differenz zwischen freien und zu bezahlenden Sendungen könnte auch durch die fortschreitende technische Entwicklung entschärft werden, wenn das aktuell vorherrschende Konzept des zu festen Programmplätzen ausgestrahlten Programms aufgeweicht wird770. Denkbar wäre etwa ein Abrufen von Nachrichtensendungen eines Programmveranstalters zu jeder Tageszeit. Welche Sendungen im Hinblick auf das Ziel eines europäischen Rundfunkmarkts in die Liste aufgenommen werden sollen, ist eine politische Frage. Nimmt man das Ziel eines europäischen Rundfunkmarkts ernst, kann das Ziel letztlich nicht nur die europaweite Verbreitung einzelner Sendungen sein. Vielmehr dürfte eine solche Listenregelung zu einer allmählichen Ausweitung der Liste tendieren. Allerdings sollten bei dieser Lösung die Schwierigkeiten, einheitliche europäische Regelungen für die Liste zu finden, nicht unterschätzt werden. Andererseits dürfte dieser Lösungsweg insbesondere für den Zugang zu zentralen Sportereignissen und kulturellen Veranstaltungen zu befriedigenden Ergebnissen führen. 7.1.3 Die Unterscheidung nach Sprachgebieten Sprachbarrieren stellen ein wesentliches Kriterium für die Kundenreichweite von Rundfunkausstrahlungen dar. An einer Ausstrahlung bestimmter Inhalte über ein vertraglich vereinbartes Territorium hinaus stört sich der Lizenzgeber nicht, solange sie die Möglichkeiten der Wertschöpfung im angrenzenden Gebiet nicht schmälert. Der Lizenznehmer dagegen ordnet sein Angebot ohnehin nach Sprachen, was freilich das Abdecken mehrerer Sprachversionen durch einen Veranstalter nicht ausschließt. Die europaweite Übertragung in verschiedenen Sprachversionen ist möglich, eine interessante Variante bietet das Beispiel des bereits mehrsprachig ausstrahlenden Senders Eurosport. Der Sender teilt sich Erstverwertungsrechte meist mit anderen Sendern oder sendet zeitversetzt771. Aufgrund dieser Interessenlagen von Lizenzgebern und -nehmern wird die Sprache teilweise als Garant der Exklusivität gesehen772. Damit wäre ein Kriterium für die Vergabe von Senderechten gefunden, das in der Lage ist, den Aspekt der grenzüberschreitenden Sendung mit dem der größtmöglichen wirtschaftlichen Verwertung zu vereinbaren. Insofern würde sich anbieten, die Senderechte nach Sprachgebieten zu vergeben773 und den bei der Satellitenausstrahlung unvermeidbaren „Overspill“ hinzunehmen. Ein Problem bei dieser Art der Unterscheidung ist jedoch die weite Verbreitung insbesondere englischer Sprachkenntnisse, die englisch ausgestrahlte Inhalte (insbesondere Spielfilme) über die Gruppe der Muttersprachler hinaus interessant macht. Daneben passt das Konzept auch nicht recht auf den Empfang von Sendungen, wie etwa Sportsendungen, deren Sprachfassung aus Zuschauersicht keine entscheidende Rolle spielt. Im Trendszenario, in dem keine flächendeckende Verschlüsselung erfolgt, bieten Sprachbarrieren für diese Art von Sendungen keinen ausreichenden Schutz der Rechteinhaber. 770 Dörr/Janik/Zorn, Zugang zu den Kabelnetzen, S. 21 ff.; Holznagel, NJW 2002, 2351f.; Zimmer/Büchner, CR 2001, 164. 771 INFOSAT 1/2002, 13. 772 So z.B. Augustin, SportA, Rechteagentur von ARD und ZDF, zitiert in: INFOSAT 1/2002, 11. 773 Hierbei könnten z.B. die "Mallorca-Deutschen" bei dem Lizenzentgelt mitberücksichtigt werden. 209 Kommt es dazu, dass mehreren Programmveranstaltern gestattet wird, bestimmte Inhalte europaweit zu senden774, hätte dies den unbeschränkten Zugang zu den betroffenen Sendungen zur Folge. Die verschiedenen Ausstrahlungen nähmen sich dadurch, dass die Sendung in jeder Sprache zugänglich wäre, keine fremdsprachigen Zuschauer weg. Der europaweite Zugang ist jedoch in diesem Modell nur gewährleistet, wenn und soweit Rechte europaweit mehrmals nach Sprachen vergeben werden. Der Zugang hinge also von einer entsprechenden Vertragsgestaltung im Einzelfall ab. Darüber hinaus setzt dieses Modell die europaweit zeitgleiche Sendung voraus. Im Ergebnis kann die Unterscheidung nach Sprachgebieten im Trendszenario in den Bereichen der Sportereignisse und englischen Spielfilmen zu Schwierigkeiten führen. Befriedigende Ergebnisse lassen sich damit nur in solchen Bereichen erzielen, die auch heute schon weitgehend unproblematisch sind. 7.1.4 Die frei beschränkbare Rechtevergabe bei europaweiter Zugangspflicht Im Folgenden wird eine Lösung untersucht, die nicht nach den gesendeten Inhalten unterscheidet. Sie ändert auch nicht die Ausgestaltung des Senderechts. Vielmehr können Senderechte nach beliebigen Kriterien vergeben werden, auch auf bestimmte Sprachfassungen oder Territorien begrenzt. In den Bestand des Urheberrechts würde also nicht (direkt) eingegriffen. Die Lösung setzt vielmehr beim Programmveranstalter oder Plattformbetreiber an. Diese sollen verpflichtet werden, jedem Zuschauer, der an einem Programm interessiert ist, Zugang zu jedem europaweit775 ausgestrahlten Programm zu gewähren. Programmveranstalter oder Plattformbetreiber müssen jedem Zuschauer auf Anfrage zu den üblichen Bedingungen die Zugangsmöglichkeiten zu ihren Angeboten verschaffen, beispielsweise durch Verkauf einer Smart-Card. Durch diese Lösung wird in das Urheberrecht nur soweit eingegriffen wird, wie dies unvermeidbar ist. In diesem Sinn sind die Programmveranstalter oder Plattformbetreiber nach der hier zu diskutierenden Lösung nicht verpflichtet, in der Regel durch ihre beschränkte Lizenz sogar gehindert, sich auch europaweit um Kunden zu bemühen. Als Vorbild kann hier die Praxis der schweizerischen öffentlich-rechtlichen SRG dienen, deren digitale Programme verschlüsselt ausgestrahlt werden, und zu denen Schweizer Bürger, die außerhalb der Schweiz wohnen, Zugang erhalten. Gegen eine einmalige Pauschale und eine Jahresgebühr erhalten die Auslandsschweizer Smart-Cards776. Freilich soll für die hier zu diskutierende Lösung nicht an die Staatsangehörigkeit angeknüpft werden. Die vorgestellte Lösung ist darauf zu untersuchen, ob sie ausreichende Konkurrenz unter Programmveranstaltern und Plattformanbietern um Zuschauer schafft oder verstärkt. Dies gilt insbesondere777 für das Nebeneinander von Free- und Pay-TV, auch im internationalen Rahmen. Sendungen können demnach zum Beispiel in einem bestimmten (nationalen) Territorium im Free-TV, in einem anderen Territorium im Pay-TV ausgestrahlt werden. Aus Sicht des Pay-TV-Veranstalters ist eine unverschlüsselte zeitgleiche Ausstrahlung über Satellit problematisch, wenn es sich um Sendungen handelt, bei der es dem Zuschauer nicht in erster Linie auf eine bestimmte Sprachfassung ankommt, wie etwa bei Sportübertragungen. Hat der FreeTV-Veranstalter nach der hier zu diskutierenden Lösung den europaweiten Zugang sicherzu- 774 Z.B. nach dem Erwerb von Sportübertragungsrechten durch die EBU – s. hierzu Kap. 7.1.1. 775 Die europaweite Ausstrahlung liegt bei der Satellitenverbreitung technisch regelmäßig vor. 776 S. zur Marktsituation in der Schweiz Kap. 2.2.4.1, zur aktuellen Rechtslage Kap. 3.4.1.1.1.2. 777 Aber nicht nur, die Frage stellt sich auch für die Konkurrenz unter mehreren Free-TV-Veranstaltern. 210 stellen, und kommt es durch sein Angebot zu einem Absinken der Abonnentenzahlen des PayTV-Veranstalters, ist davon auszugehen, dass der Preis, den der Pay-TV-Veranstalter für die Rechte zahlen muss, in der nächsten Verhandlungsrunde sinken wird, oder, je nach Vertragsgestaltung, sich bereits für den aktuellen Zeitraum mindert. Dagegen wird der Preis für den anderen Sender mit dem Zuschauerzuwachs steigen. In der Betrachtung mehrerer Vertragslaufzeiten gleichen sich die verschiedenen Interessen von Programmveranstaltern bzw. Plattformanbietern und Rechteinhabern also aus. Die Preise richten sich beständig nach Angebot und Zuschauernachfrage, auf diese Weise wird ein europäischer Inhaltemarkt erreicht. Sowohl das Ziel des europäischen Fernsehmarkts als auch das der Sicherung von grenzüberschreitender Meinungsvielfalt kann so sichergestellt werden. Damit sind Einschränkungen des Zugangs der Zuschauer zu bestimmten Sendungen durch verstärkten Verkauf von Senderechten an Pay-TV-Veranstalter (oder an Free-TV-Veranstalter unter der Bedingung, zu verschlüsseln) nicht zu befürchten. Dies gilt selbst unter der Annahme, dass Rechteinhaber bestimmte Rechte nur noch an Pay-TV-Sender vergeben. Der vorgeschlagene Lösungsweg garantiert auch dann die Zugangsmöglichkeit. Der Zuschauer muss dann zwar für Inhalte zahlen, doch die Verpflichtung an alle Programmveranstalter und Plattformanbieter, europaweit auf Anfrage Zugang zu gewähren, sichert den Wettbewerb der Inhalteanbieter zugunsten des Verbrauchers. Ob bestimmte Inhalte frei von bestimmten Zahlungen sein sollen, ist keine Frage dieses Lösungsvorschlags, sondern einer ergänzenden Listenregelung. Unter Zugang ist nicht der für den Zuschauer kostenfreie Zugang zu verstehen. Der Lösungsansatz ist unabhängig von der Art der gesendeten Inhalte und eignet sich daher sowohl als Garant für einen europäischen Rundfunkmarkt, als auch zur Sicherung des Zugangs zu europaweit ausgestrahlten Informationen, und damit zur Gewährleistung der Meinungsvielfalt. Die Möglichkeit vertraglicher Regelungen zwischen Rechteinhaber und Programmveranstalter oder Plattformanbieter zum Beispiel über die Zulässigkeit von Werbung oder Vertriebssystemen in bestimmten Regionen wird von der Regelung nicht beschnitten. Der Eingriff in Rechte der Urheber, Programmveranstalter und Plattformanbieter ist somit gering. Im Ergebnis wird durch die Verpflichtung, jedem Zuschauer, der an einem Programm interessiert ist, Zugang zu gewähren, sowohl der Rahmen für einen europäischen Rundfunkmarkt aufgestellt, als auch Vielfalt gewährleistet. Der Vorschlag richtet sich an die Adresse der Programmveranstalter und Plattformanbieter und sorgt dort für Wettbewerb. 7.1.5 Ergebnis Die untersuchten Lösungsansätze sind in unterschiedlichem Maß geeignet, den Zugang des Zuschauers zu Rundfunkinhalten zu gewährleisten. Es zeigt sich, dass eine Regelung, die sich an Programmveranstalter und Plattformanbieter richtet, einer Änderung der Verwertungsrechte vorzuziehen ist. Die Unterscheidung nach der Art der Sendung im Rahmen von Listen kommt für die betreffenden Sendungen (z.B. Sportereignisse, Sendungen die der Meinungsbildung dienen) zu befriedigenden Ergebnissen. Eine Listenregelung führt zumindest dazu, dass jeder Zuschauer eine Möglichkeit des Zugangs hat, einen grenzüberschreitenden Rundfunkmarkt führt sie jedoch nicht herbei. Die Verpflichtung, Zugang zu bestimmten Arten von Sendungen grenzüberschreitend zu gewähren, führt dazu, dass jeder Zuschauer mehrere Möglichkeiten des Zugangs zu den Sendungen hat, einen grenzüberschreitenden Rundfunkmarkt führt sie nur für bestimmte Arten von Sendungen herbei. Die Unterscheidung nach Sprachfassungen ist ebenfalls nur für bestimmte – eher ohnehin wenig problematische – Inhalte geeignet, den gesteckten Zielen näher zu kommen. Dagegen stellt die Verpflichtung, jedem interessierten Zuschauer unabhängig von seinem Wohnsitz Zugang zu gewähren, den 211 Rahmen für einen europäischen Rundfunkmarkt auf, und bietet die Gewähr für ein vielfältiges Angebot. Die untersuchten Lösungsansätze beeinträchtigen die Rechte des Urhebers in unterschiedlichem Maß. Eine Listenregelung und die Verpflichtung zur Zugangsgewährung für bestimmte Inhalte schränkt die Verwertbarkeit ganz bestimmter Senderechte ein, andere Rechte werden nicht berührt. Die Rechtevergabe nach Sprachräumen beeinträchtigt die Urheber wenig. Die Verpflichtung der Programmveranstalter und Plattformanbieter, jedem interessierten Zuschauer Zugang zu gewähren, lässt jede Art der Rechtevergabe zu, die nicht zu einer Zugangsverweigerung gegenüber Zuschauern führt. Damit ist zwar eine exklusive (z.B. territoriale) Rechtevergabe praktisch nicht mehr möglich, Abreden zum Beispiel über Werbung und Kundenakquise können diesen Umstand jedoch abmildern. Darüber hinaus garantiert der so eröffnete Wettbewerb auf einem europaweiten Inhaltemarkt dem Urheber mit attraktiven Rechten eine Nachfrage. Der Eingriff in Urheberrechte durch eine Verpflichtung der Programmveranstalter und Plattformanbieter der Anbieter, jedem interessierten Zuschauer auf Anfrage Zugang zu gewähren, stellt sich somit als gering dar. Eine solche Lösung ist demnach zu befürworten. 7.2 Integrationsszenario Das „Integrationsszenario“778 geht von der Annahme vertikaler Verflechtung (von Inhalteund Transportanbietern), auch im Bereich der Satellitenverbreitung, und der Entstehung neuer Geschäftsmodelle aus779. Dies schließt die flächendeckende Verschlüsselung mit ein. Die territoriale Vergabe von Senderechten könnte von der Entwicklung von flächendeckenden Möglichkeiten, die Zuschauer individuell anzusprechen und ihre jeweilige Nutzung abzurechnen, beeinflusst werden. Zum einen könnte die Orientierung der Rechtevergabe an der territorialen Verbreitung der Sendung aufgegeben und durch eine Rechtevergabe für eine bestimmte Anzahl oder für die jeweils erreichte Zahl von Zuschauern ersetzt werden. Zum anderen könnte aber auch die regional bezogene Rechtevergabe beibehalten werden, um Exklusivität für bestimmte Regionen herzustellen. Die Regionalisierung könnte sogar noch weiter getrieben werden, etwa durch Senderechte für einzelne deutsche Bundesländer. Eine solche Regionalisierung könnte durch Forderungen von Rechteinhabern gefördert werden, die sich aus der Summe regionaler Rechte höhere Erlöse versprechen als durch die einmalige Vergabe etwa europaweiter Senderechte780. Die Regionalisierung könnte aber auch im Interesse der Programmveranstalter liegen, die nur die Senderechte für bestimmte Gebiete erwerben möchten. Welche Entwicklung sich durchsetzt, ist von der Marktentwicklung abhängig und daher schwer vorherzusagen. Neben oder statt der Vergabe territorialer Senderechte können bei einer flächendeckenden Verschlüsselung auch anderweitige Beschränkungen von Senderechten vorgesehen werden. Will man nicht nur die mit der Satellitenausstrahlung bereits verwirklichte – in der Regel verschlüsselte – grenzüberschreitende Verbreitung, sondern auch den Zugang zu den gesendeten Inhalten unabhängig vom Wohnort des Zuschauers, stellt die Adressierung des Einzelnen un- 778 S. näher Kap. 4.5.2. 779 Ein Vermarktungsmodell für die Verbreitung über Kabel beschreiben Hein/Schmidt, K&R 2002, 409, 411; Irion/Schirmbacher, CR 2002, 61 ff.; Wagner, Beilage MMR 2/2001, 28; s. auch Rhein, Beilage MMR 2/2001, 3, 7f. 780 S. Eberle, zitiert in: Zorn, K&R 2002, 196, 198; und Schneider, zitiert in: INFOSAT 1/2002, 10. 212 ter Zuhilfenahme von Zugangskontrollsystemen einen geeigneten Weg dar. So ließe sich das Senderecht nach beliebigen Kriterien aufteilen und vergeben. Auch der Preis für bestimmte Rechte könnte sich an diesen beliebigen Kriterien orientieren. Auch im Integrationsszenario ist aus Sicht des Vielfaltsschutzes problematisch, wenn der Zugang selbst gegen Entgelt mit der Begründung verweigert wird, es lägen keine Senderechte zur Versorgung eines Zuschauers vor. Dabei ist eine flächendeckende Verschlüsselung nicht notwendig mit Einschränkungen des Zugangs verbunden, wie das unterschiedliche Beispiel der Satellitenausstrahlung in Österreich und der Schweiz zeigt. In Österreich können die Fernseh- und Radioprogramme des ORF über Satellit digital mit der d-Box empfangen werden. Außerhalb Österreichs sind Smart-Cards unter Hinweis auf die Urheberrechtslage nicht erhältlich781. Schweizer Bürger, die außerhalb der Schweiz wohnen, können gegen eine einmalige Pauschale und eine Jahresgebühr die für den Empfang des SRG-Programms erforderlichen Smart-Cards erwerben782. Eine andere Frage ist die nach der Vergütung des Urhebers, wenn der Anbieter von Transportkapazitäten auch Inhalte vermarktet. Hier könnte erwogen werden, bestehende Modelle für die Weiterverbreitung im Kabel783 auf die Satellitenverbreitung zu übertragen. 7.2.1 Listenregelungen Listenregelungen sind auch bei einer flächendeckenden Verschlüsselung der Rundfunkprogramme möglich. Werden die Programmveranstalter oder die Plattformanbieter verpflichtet, den Zugang für bestimmte Sendungen zu gewähren, ist bei einer Verschlüsselung der Zugangs zur erforderlichen Empfangstechnologie sicherzustellen. Eine flächendeckende Verschlüsselung führt dazu, dass für alle Anbieter die gleiche Situation besteht wie für Pay-TVVeranstalter im Trendszenario. Sie müssen die Ausstrahlungen je nach Inhalt freischalten. Die vertikale Verflechtung hat auf den Lösungsvorschlag keinen Einfluss, da nur nach dem ausgestrahlten Inhalt unterschieden wird, unabhängig von der Person des Transportanbieters. Im Ergebnis gelten für diese Regelungsmöglichkeit die gleichen Ergebnisse wie im Trendszenario784. 7.2.2 Die Unterscheidung nach Sprachgebieten Wie bereits ausgeführt785, stellen Sprachbarrieren ein wesentliches Kriterium für die Kundenreichweite von Rundfunkausstrahlungen dar. Werden Senderechte weiterhin nach Sprachräumen vergeben, kann durch die Verschlüsselung sichergestellt werden, dass der Empfang außerhalb bestimmter Landesgrenzen nicht möglich ist. Trotz eines großen Ausleuchtgebiets des Satelliten könnte so ein „Overspill“ ausgeschlossen werden. Dies würde aber einen europäischen Fernsehmarkt ausschließen und könnte die Empfangsfreiheit vieler Zuschauer einschränken. 781 S. näher Kap. 2.2.1.3. Zur aktuellen Rechtslage in Österreich s. Kap. 3.4.1.2. 782 S. näher Kap. 2.2.1.3. Zur aktuellen Rechtslage in der Schweiz s. Kap. 3.4.1.1. 783 S. zu Vermarktungsmodellen beim Breitbandkabel Hein/Schmidt, K&R 2002, 409, 415; Irion/Schirmbacher, CR 2002, 61 ff.; Wagner, Beilage MMR 2/2001, 28; s. auch Rhein, Beilage MMR 2/2001, 3, 7f. 784 S. Kap. 7.1.2. 785 S. Kap. 7.1.3. 213 In diesem Fall würden die bereits für das Trendszenario diskutierten Probleme786 erheblich verschärft787. Um sie zu lösen, müsste an Verpflichtungen der Programmveranstalter und Plattformbetreiber gedacht werden, auf Antrag den grenzüberschreitenden Empfang sicher zu stellen788. Allerdings dürfte dieses Problem durch die Möglichkeit individueller Adressierung und Abrechnung überholt werden. 7.2.3 Die Abgeltung der Rechte entsprechend der tatsächlichen Nutzung Bei einer flächendeckenden Verschlüsselung können die Zuschauer individuell adressiert werden. Dadurch kann nachvollzogen werden, wie viele Zuschauer Zugang zu einem Programm haben, und sogar ermittelt werden, wie viele Zuschauer eine bestimmte Sendung tatsächlich verfolgen. Dabei ist entweder von der Möglichkeit der genauen Adressierung der Zuschauer und Abrechnung oder von der Freischaltung eines Programms unabhängig von dessen tatsächlicher Nutzung, zum Beispiel gegen eine Grundgebühr789, auszugehen. Damit ist ein Verkauf der Senderechte an der Nachfrage der Zuschauer orientiert möglich. Wenn die Sprache wichtig ist, kann gezielt auch die grenzüberschreitende Verbreitung abgerechnet werden. So könnten beispielsweise bei einer Ausstrahlung für den deutschen Sprachraum auch die deutschen Zuschauer auf Mallorca erfasst werden. Bei der Möglichkeit der Einzeladressierung der Zuschauer wäre es nicht einmal mehr erforderlich, die Verbreitungsbedingungen vor der Ausstrahlung exakt festzulegen. So könnte geregelt werden, dass jeder (zahlungswillige) Interessierte sich Zugang zu jedem ausgestrahlten Satellitenprogramm verschaffen kann. Sowohl das Ziel des europäischen Fernsehmarkts als auch das der Sicherung von grenzüberschreitender Meinungsvielfalt könnte durch solche Sende- und Abrechnungsbedingungen erreicht werden. Der Inhaber von Urheberrechten profitiert in dem Maß von der Nutzung seines Werks, in dem die Nutzung durch den Zuschauer stattfindet. Die Adressierung kann aber auch Anwendung auf Sendungen finden, für die die Sprachfassungen – insbesondere in englischer Sprache – europaweit interessant sind, oder für die die Sprachfassung – insbesondere für Sportsendungen – nur eine geringe Bedeutung hat. Auch in diesen Fällen könnte nach den erreichten Zuschauern abgerechnet werden. Ein Nachteil wäre allerdings, dass der Rechteerwerb für häufig nachgefragte Sprachfassungen, und damit auch der Zugang für den Zuschauer, teurer werden dürfte. Da auch bei einem grenzüberschreitendem Empfang der Sendungen nach der tatsächlichen Nutzung abgerechnet werden kann und dies auch für die problematischen Fällen englischer Spielfilme und wichtiger Sportereignisse gilt, entsteht in diesem System eigentlich kein wirtschaftlicher „Overspill“. Selbst wenn die vertragliche Vergabe von Senderechten sich grundsätzlich weiterhin an Sprachfassungen orientiert, kann der grenzüberschreitende Empfang der Sendungen – der ja auch meist nur Ausnahmen betrifft – toleriert werden. Bei einer solchen Entwicklung besteht kein Regelungsbedarf, um den Zugang des Zuschauers und Vielfalt des Angebots sicher zu stellen. 786 S. Kap. 7.1.3. 787 S. Mailänder, ZUM 2002, 706 ff. 788 S. hierzu Kap. 7.2.4. 789 Eine solche Grundgebühr kann auch in der öffentlich-rechtlichen Rundfunkgebühr liegen. 214 7.2.4 Die frei beschränkbare Rechtevergabe bei europaweiter Zugangspflicht Soweit die Probleme des grenzüberschreitenden Empfangs nicht durch eine solche Regelung und Praxis der Rechtevergabe und der Abrechnung gelöst werden, ist auf den im Trendszenario entwickelten Lösungsansatz für die frei beschränkbare Rechtevergabe bei europaweiter Zugangspflicht zurück zu greifen. Dieser ist davon unabhängig, ob die Signale verschlüsselt oder unverschlüsselt gesendet werden. Beschränkungen bei der vertraglichen Vergabe von Senderechten wären anhand beliebiger Kriterien möglich, beispielsweise nur für eine bestimmte Anzahl an Abonnenten, nur zur Nutzung in Krankenhäusern, nur für bestimmte Sprachfassungen oder nach ähnlichen Eigenschaften. Welche Eigenschaften sinnvoll sind, sollte zumindest bis auf weiteres dem Markt überlassen bleiben. Auch hier ist nicht ausgeschlossen, dass Programmveranstalter oder Plattformbetreiber mit dem Rechteinhaber vereinbaren, sich nicht europaweit um Kunden zu bemühen. Auch im Integrationsszenario ist zu erwarten, dass sich die Preise für den Erwerb von Senderechten weitgehend nach Angebot und Zuschauernachfrage richten und sich dadurch ein europäischer Inhaltemarkt entwickelt. Sowohl das Ziel, einen europäischen Fernsehmarkt zu etablieren, als auch das Ziel, den Zugang zu europaweit ausgestrahlten Informationen zu gewährleisten, kann so sichergestellt werden. Im Ergebnis wird auch im Integrationsszenario durch die Verpflichtung, jedem an einem Programm interessierten Zuschauer Zugang zu gewähren, der Rahmen für einen europäischen Rundfunkmarkt aufgestellt und Vielfalt gewährleistet. Der Vorschlag sorgt für Wettbewerb zwischen den Programmveranstalter und Plattformanbietern und ist unabhängig davon, ob die Ausstrahlungen zum Teil oder ganz verschlüsselt erfolgen. 7.2.5 Ergebnis Durch die in diesem Szenario zu unterstellende flächendeckende Verschlüsselung der Sendesignale können die im Trendszenario erörterten Probleme verschärft oder gemindert werden, je nach dem, ob die durch Verschlüsselung mögliche Adressierung des Zuschauers zur Durchsetzung von Beschränkungen benutzt wird oder zu einer nutzungsbezogenen Abrechnung, die Beschränkungen für die nachfrageorientierte Entlohnung des Rechteinhabers überflüssig macht. Ob hier ein Regelungsbedarf besteht, ist abhängig von der sich herausbildenden Vertragspraxis. Soweit der unbeschränkte Empfang bestimmter Sendungen oder der freie grenzüberschreitende Zugang des Zuschauers zu allen ihn interessierenden Sendungen zu angemessenen Bedingungen sichergestellt werden muss, ergeben sich im Wesentlichen keine anderen Vorschläge wie im Trendszenario. Hier wie dort ist an Listenregelungen sowie an Zugangsrechte von Zuschauern zu denken790. 7.2.6 Auswirkungen der vertikalen Integration auf das Vergütungsmodell Neben der Frage, wie der Zugang des Zuschauers sichergestellt werden kann, ist zu untersuchen, wie sich die vertikale Integration von Inhalte- und Transportanbietern auf die Vergütung des Urhebers auswirkt791. Dabei liegt es nahe, die Verbreitung über Satellit mit bestehenden Modellen für die Weiterverbreitung im Kabel zu vergleichen. Dort zahlt derzeit der Ka- 790 S. zu den Ergebnissen im Trendszenario Kap. 7.1.5. 791 Vgl. zu Vermarktungsmodellen beim Breitbandkabel Hein/Schmidt, K&R 2002, 409, 415. 215 belnetzbetreiber eine Vergütung für die Übernahme terrestrischer Signale792 in das Kabel. Die Vergütung wird von der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) im Auftrag der Rechteinhaber eingezogen. Im Gegenzug wird dem Kabelnetzbetreiber das Recht zur Weiterverbreitung übertragen. Satellitenbetreiber zahlen dagegen keine Vergütung793. Urheberrechtlich relevant ist nicht der private Empfang von Sendungen794, sondern deren Weiterverbreitung. Als Kabelweitersendung versteht die Kabel- und Satellitenrichtlinie die zeitgleiche, unveränderte und vollständige Weiterübertragung von drahtlos oder drahtgebunden, terrestrisch oder über Satellit gesendeten Programmen795. In ihrem Bericht über die Anwendung der Richtlinie 93/83/EWG vom 26. Juli 2002796 diskutiert die Kommission die Übertragung der für die Kabelweiterverbreitung geltenden Grundsätze der Verwertung auf andere Mittel der gleichzeitigen, unveränderten und grenzüberschreitenden Weiterverbreitung. Für eine solche Übertragung spricht der Gedanke der technologischen Neutralität. Für die Satellitenverbreitung diskutiert die Kommission den Fall, dass ein Unternehmen, das Programme über Satellit weiterverbreitet und weder das Sendeunternehmen noch der die Übertragung sichernde Satellitenbetreiber ist, bestimmte Programme in einem Paket zusammenfasst, bei einem Satellitenbetreiber die Übertragungskapazitäten anmietet und das Paket dem Zuschauer gegen Entgelt anbietet. Dabei kommt die Kommission zu dem Ergebnis, dass ein Übertragen der Grundsätze nicht sinnvoll wäre. Die Situation bei der Kabelverbreitung sei zu unterschiedlich, insbesondere in Bezug auf die geografische Reichweite. Darüber hinaus stelle ein solches Vorgehen eine zu große Einschränkung der Rechteinhaber dar, die dann zwar von der Vergütung profitierten, über eine Weiterverbreitung aber nicht mehr entscheiden könnten. Dem Bericht ist insoweit zu folgen, als das Modell der zeitgleichen Weiterverbreitung nur schwer auf eine Weiterverbreitung über Satellit zu übertragen ist. Es wäre auch nicht sinnvoll, vielmehr hat der Anbieter das Senderecht für seine Ausstrahlung gegebenenfalls erneut zu erwerben. Eine Übertragung der Grundsätze ist somit nicht zu befürworten. 7.3 Dienstleistungsszenario Das „Dienstleistungsszenario“797 beschreibt die Entwicklung zu einer Modularisierung der Arbeitsschritte für die Produktion, Verbreitung und Abrechnung von Programmen. In dieses Szenario passt das Auftreten neutraler, unabhängiger Plattformen, die wesentliche Arbeitsschritte übernehmen oder vermitteln und dadurch die Zugangshürden für Anbieter von Inhal- 792 Nur über Satelliten abgreifbare Programme sind nicht erfasst, Hillig, Beilage MMR 2/2001, 34, 39. 793 Hein/Schmidt, K&R 2002, 409, 410f.; Hillig, Beilage MMR 2/2001, 34, 35f.; es bestehen Verträge, siehe dazu den Kabelglobalvertrag von 1991 zwischen Programmveranstaltern, Verwertungsgesellschaften und Deutsche Bundespost Telekom, den die Telekom jedoch mit Wirkung zum 31.12.2002 kündigte, und den ANGA-Vertrag von 1999 zwischen Programmveranstaltern, Verwertungsgesellschaften und der ANGA (Verband Privater Kabelnetzbetreiber). Zu Verteileranlagen bzw. Gemeinschaftsantennen Schack, Urhebervertragsrecht, Rn. 412; Hillig, Beilage MMR 2/2001, 34 ff.; Charissé, K&R 2002, 164, 168. 794 Hillig, Beilage MMR 2/2001, 34. 795 Kabel- und Satellitenrichtlinie Art. 1 Abs. 3, umgesetzt in § 20b Abs. 1 Satz 1 UrhG. 796 Bericht der Europäischen Kommission über die Anwendung der Richtlinie 93/83/EWG des Rates zur Koordinierung bestimmter urheber- und leistungsschutzrechtlicher Vorschriften betreffend Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung, KOM(2002) 430 endgültig, vom 26.7.2002. 797 S. zu diesem näher Kap. 4.5.3. 216 ten bei der digitalen Verbreitung von Satellitenrundfunk niedrig halten. Die Plattformen bieten außerdem neutrale Abrechnungsverfahren an, die zentral mit dem Zuschauer abrechnen und die Einkünfte an die Programmanbieter verteilen. Die Plattformen bieten für die Zugangskontrolle und die Abrechnung Verschlüsselungsverfahren an. Mit deren Hilfe kann der Zuschauer genau adressiert werden. Dadurch ist auch eine nutzungsabhängige Abrechnung möglich. Senderechte muss der Programmveranstalter auch in diesem Szenario erwerben. Ob er für den Transport zum Zuschauer den Weg einer abhängigen oder unabhängigen Plattform nutzt, spielt für den Rechteerwerb als solchen keine Rolle. Insoweit ist auf die Ausführungen zum Trendszenario zu verweisen. Allerdings könnte sich die Rechteverwaltung für die Programmveranstalter als eigene oder als eine von einer Plattform erbrachte Dienstleistung etablieren. Hierfür ist zu untersuchen, ob sich für die Dienstleistungen neue urheberrechtliche Probleme auftun. 7.3.1 Listenregelungen Listenregelungen sind auch bei einer flächendeckenden Verschlüsselung der Rundfunkprogramme möglich. Werden die Programmveranstalter oder die Plattformanbieter verpflichtet, den Zugang für bestimmte Sendungen zu gewähren, ist bei einer Verschlüsselung der Zugangs zur erforderlichen Empfangstechnologie sicherzustellen. Im Ergebnis gelten für diese Regelungsmöglichkeit die gleichen Ergebnisse wie im Trendszenario798. 7.3.2 Die Unterscheidung nach Sprachgebieten Sollten auch in diesem Szenario Senderechte nach Sprachräumen vergeben werden, kann durch die Verschlüsselung der Empfang außerhalb bestimmter Territorien verhindert werden. Die Verbreitung von Rundfunk durch Satelliten kann dadurch ebenso gezielt erfolgen wie bei der Verbreitung durch Kabel. Allerdings würde dies einen europäischen Fernsehmarkt ausschließen und könnte die Empfangsfreiheit vieler Zuschauer einschränken. In diesem Fall würden wie im Integrationsszenario799 die bereits für das Trendszenario diskutierten Probleme800 erheblich verschärft801. Deren Lösung liegt entweder in einer veränderten Vertragspraxis oder erfordert Verpflichtungen der Programmveranstalter und Plattformbetreiber, auf Antrag den grenzüberschreitenden Empfang sicher zu stellen802. 7.3.3 Die Abgeltung der Rechte entsprechend der tatsächlichen Nutzung Die Beschränkungen für grenzüberschreitendes Fernsehen könnten in diesem Szenario – ebenso wie im Integrationsszenario803 – vermieden werden, wenn die Möglichkeit, die Zuschauer individuell zu adressieren, für die Abrechnung genutzt und der Rechtevergabe zu Grunde gelegt wird. Dabei könnte der Verkauf der Senderechte entweder weiterhin für bestimmte Sprachräume oder Staaten erfolgen – etwa um die Rechte territorial gestückelt mehr- 798 S. Kap. 7.1.2. 799 S. Kap. 7.2.2. 800 S. Kap. 7.1.3. 801 S. Mailänder, ZUM 2002, 706 ff. 802 S. hierzu Kap. 7.2.4 und 7.1.4. 803 S. Kap. 7.2.3. 217 fach verkaufen zu können –, allerdings könnten Nachfragen aus dem Ausland zugelassen und entsprechend abgerechnet werden. Oder der Verkauf könnte ohne Beschränkungen rein nachfrageorientiert erfolgen. Abgerechnet werden die erreichten Zuschauer. Bei solchen Vertragsbedingungen könnten das Ziel des europäischen Fernsehmarkts und der Sicherung grenzüberschreitender Meinungsvielfalt erreicht werden. Regelungsbedarf bestünde keiner. 7.3.4 Die frei beschränkbare Rechtevergabe bei europaweiter Zugangspflicht Die für das Trendszenario vorgeschlagene Lösung804, nach der Programmveranstalter und Plattformanbieter sicherzustellen haben, dass allen EU-Bürgern auf Anfrage Zugang bezüglich der erforderlichen technischen Geräte und Abrechnungssysteme gewährt wird, führt auch unter den Bedingungen des Dienstleistungsszenarios zu befriedigenden Ergebnissen. Der Programmveranstalter muss Senderechte auch in diesem Szenario erwerben, ob er für den Transport zum Zuschauer den Weg einer abhängigen oder unabhängigen Plattform nutzt, spielt für den Rechteerwerb keine Rolle. 7.3.5 Urheberrechtsprobleme durch Modularisierung von Produktion und Vertrieb? Fraglich ist jedoch, ob durch die Entwicklung neuer Dienstleistungen neue urheberrechtliche Probleme für die Senderechte entstehen. Solche Dienstleistungen könnten etwa in der Digitalisierung von Signalen, dem Multiplexing, der Paketierung oder der Zugangssicherung liegen805. Es ist jedoch davon auszugehen, dass mit dem Erwerb von Senderechten das Recht zum Erfüllen aller technischen Vorbedingungen, wie zum Beispiel die Umwandlung von Signalen, umfasst ist806. Für eine Paketierung und Vermarktung von Programmen sind die gleichen Überlegungen wie für das Integrationsszenario807 anzustellen. Danach hat ein Anbieter die Senderechte für seine Ausstrahlungen (gegebenenfalls erneut) zu erwerben. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die Entwicklung neutraler, unabhängiger Plattformen mit Abrechnungsmöglichkeiten keinen urheberrechtlichen Regelungsbedarf verursacht. 7.4 Rechtsetzungskompetenz und Regelungsform Für die erörterten Regelungen bietet sich auf Gemeinschaftsebene die Regelungsform der Richtlinie an. Eine Regelung im Bereich des Urheberrechts stößt jedoch auf das Problem, dass die Europäische Gemeinschaft hierfür keine eigene Rechtsetzungskompetenz hat. Nicht nur benötigt die Gemeinschaft zur Regelung einer spezifischen Ermächtigung, sie muss außerdem noch die Vorschrift des Art. 295 EGV beachten, nach der die Eigentumsordnung in den verschiedenen Mitgliedstaaten unberührt bleiben muss. Zur Eigentumsordnung gehört auch die Anerkennung und der Schutz des Urheberrechts808. Diese Regelung schließt allerdings nicht aus, dass die Ausübung des Urheberrechts vom Gemeinschaftsrecht ausgestaltet wird, wenn sich dies zur Verfolgung im EGV vorgesehener Re- 804 S. Kap. 7.1.4. 805 Zur Zugangssicherung bei digitaler TV-Übertragung Holznagel/Daufelt, CR 1998, 151. Zur Problematik bei der Kabelverbreitung Charissé, K&R 2002, 164, 167. 806 S. Castendyk, Das Urheberrecht und sein Einfluss auf die Gestaltung der digitalen Satellitenübertragung, LfM (Hrsg.), 4. Medienrechtskolloquium, Berlin 2003, i.E. 807 S. Kap. 7.2.6. 808 Zur Kompetenz der Gemeinschaft im Bereich der Medienpolitik Schwarze, MMR 2000, 779, 798 ff. 218 gelungsziele als erforderlich erweist809. Solche Ausübungsregelungen wurden in der Vergangenheit etwa zur Angleichung von Rechtsvorschriften zur Erreichung des von Art. 14 EGV vorgegebenen Binnenmarkts erlassen. Sowohl die Fernseh- als auch die Kabel- und Satellitenrichtlinie ergingen aufgrund der Art. 47 Abs. 2 und 55 EGV810 zur Gewährleistung eines freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Gemeinschaft. Die Richtlinien 93/98/EWG811 und 92/100/EWG812 ziehen ebenfalls diese Vorschriften heran und stützen sich zusätzlich auf Art. 95 EGV813. Soweit die Gemeinschaft nicht den Inhalt von Urheberrechten, sondern nur die Regelungen zu deren Ausübung in einer Richtlinie harmonisiert, könnte dies mit den Kompetenzen zur Angleichung der Rechtsvorschriften zur Erreichung eines Binnenmarkts begründet werden. Der materielle Gehalt des national gewährten Urheberrechts bliebe unangetastet, die Ausübung wäre jedoch an harmonisierte Voraussetzungen gebunden. Die diskutierten Regelungsvorschläge könnten mittels einer Richtlinie umgesetzt werden814. 7.5 Vereinbarkeit der vorgeschlagenen Lösung mit Rechtspositionen der Urheber und Lizenznehmer Die hier neu vorgeschlagene Lösung einer Verpflichtung der Programmveranstalter und Plattformanbieter, jedem an einem Programm interessierten Zuschauer auf Anfrage Zugang zu gewähren815, ist auf ihre Vereinbarkeit mit Rechtspositionen der Urheber und Lizenznehmer zu überprüfen. Dabei gilt der Vorrang des Gemeinschaftsrechts, der auch für den Grundrechtsschutz Gültigkeit hat. Das BVerfG sah zwar im so genannten Maastricht-Urteil vom 12. Oktober 1993816 seinen Aufgabenbereich auch für Akte einer supranationalen Organisation 809 Der EuGH hat die Ausübung von Urheberrechten mehrfach an Vorschriften des EGV gemessen – s. z.B. EuGH, Rs. 62/79, Slg. 1980, 881 – Coditel I; EuGH, Rs. 262/81, Slg. 1982, 3381 – Coditel II; EuGH, C241/91, Slg. 1995, I-743 – Magill, Nr. 25 ff. 810 Art. 57 Abs. 2, 66 EGV a.F., entspricht Art. 47 Abs. 2, 55 EGV n.F. 811 Richtlinie 93/98/EWG des Rates zur Harmonisierung der Schutzdauer des Urheberrechts und bestimmter verwandter Schutzrechte vom 29.10.1993, ABl. Nr. L 290/9 vom 24.11.1993, in der Fassung der Änderung durch die Richtlinie 2001/29/EG vom 22.5.2001, ABl. Nr. L 167/10, 22.6.2001. 812 Richtlinie 92/100/EWG des Rates zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums vom 19.11.1992, ABl. L 346/61 vom 27.11.1992. 813 Art. 100a EGV a.F., entspricht Art. 95 EGV n.F.; in Erwägungsgrund Nr. 2 der Richtlinie 93/98/EWG heißt es: „Diese Rechtslage ... (führt) dazu, daß die geltenden einzelstaatlichen Vorschriften ... Unterschiede aufweisen, die den freien Warenverkehr sowie den freien Dienstleistungsverkehr behindern und die Wettbewerbsbedingungen im Gemeinsamen Markt verfälschen können. Es ist daher im Hinblick auf das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erforderlich, die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten zu harmonisieren ...“. 814 Dies gilt nicht, wenn die Regelungen allein damit begründet würden, sie sollten die Meinungsvielfalt in Europa schützen. Ress/Bröhmer, Europäische Gemeinschaft, S. 15; Palzer/Hilger, IRIS plus 2001-2: 7; Grünbuch der Kommission „Pluralismus und Medienkonzentration im Binnenmarkt – Bewertung der Notwendigkeit einer Gemeinschaftsaktion“ vom 23.12.1992, KOM (92) 480 endg., S. 57. Eine andere Tendenz wird jedoch deutlich in der Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen vom 14.12.1999, „Grundsätze und Leitlinien für die audiovisuelle Politik der Gemeinschaft im digitalen Zeitalter“, KOM (1999) 657, abrufbar unter http://europa.eu.int/comm/avpolicy/legis/key_doc/legispdffiles/av_de.pdf, abgerufen am 15.11.2002. 815 S. Kap. 7.1.4, 7.2.4 und 7.3.4. 816 BVerfGE 89, 155. 219 eröffnet, bezeichnete sein Verhältnis zur Rechtsprechung des EuGH in Grundrechtsfragen jedoch als „Kooperationsverhältnis“. Der EuGH garantiert den Grundrechtsschutz im Einzelfall und das BVerfG beschränkt sich auf dessen generelle Gewährleistung817. Darüber hinaus hob der EuGH die ausschließliche Geltung der gemeinschaftsrechtlichen Grundrechte für Akte der Gemeinschaftsorgane hervor818. Damit ist die vorgeschlagene Regelung in Form einer Richtlinie nach Gemeinschaftsrecht zu beurteilen. Das Gemeinschaftsrecht gewährleistet die Grundrechte in dem Maß, wie es den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten entspricht819. 7.5.1 Eigentum Das Urheberrecht ist in seinem vermögensrechtlichen Aspekt durch das Grundrecht auf Eigentum geschützt. Gleiches gilt für exklusive Senderechte, auf die kein Urheberrecht anwendbar ist (wie z.B. Übertragungsrechte für Sportereignisse)820. Auf der Ebene der Gemeinschaft ist das Eigentumsrecht im Rahmen der Rechtsprechung des EuGH als gemeinschaftsrechtliches Grundrecht anerkannt821. Die Grundrechte gehören zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die vom EuGH zu wahren sind822. In der Grundrechtecharta von Nizza wird das Eigentumsrecht in Art. 17 geschützt, das geistige Eigentum explizit in dessen Abs. 2823. Die vorgeschlagene Regelung greift strenggenommen nicht auf die Weise in das Grundrecht ein, dass eine exklusive territoriale Rechtevergabe vertraglich nicht mehr möglich wäre. Aufgrund der Verpflichtung zur Zugangsgewährung würde jedoch auf eine Zuschaueranfrage hin eine gesetzliche Ausnahme eingreifen, die trotz gegenteiliger Absprache den Zugang des nicht erfassten EU-Bürgers ermöglicht. Mit der Zahl praktizierter Ausnahmen sinkt das Interesse anderer Veranstalter mit ähnlichem Kundenpotenzial, gleiche Rechte zu erwerben. Solche Eingriffe in die Verwertbarkeit eines Urheberrechts stellen Eingriffe in das Eigentumsrecht dar. Die europarechtliche Eigentumsgewährleistung steht unter einem vergleichbaren Vorbehalt wie Art. 14 GG. Die Beschränkung des Eigentumsrechts zugunsten des Allgemeinwohls ist daher auch im Rahmen des gemeinschaftsrechtlichen Grundrechts auf Eigentum möglich824. Beschränkungen müssen den Zielen der Gemeinschaft entsprechen und verhältnismäßig sein825. Als ein die Beschränkung rechtfertigendes Ziel der Gemeinschaft kommt die Schaffung eines gemeinschaftsweiten Binnenmarktes in Betracht. Nach Art. 14 Abs. 2 EGV ist davon der freie Verkehr von Dienstleistungen umfasst. Auch das Erbringen von Rundfunk- 817 BVerfGE 89, 155, 175. 818 EuGH, Rs. 11/70, Slg. 1970, 1125 – Internationale Handelsgesellschaft. 819 S. näher Kap. 3.1. 820 Stettner, ZUM 2002, 627; ders., Rechtsfragen § 5a Rundfunkstaatsvertrag, Kap. II 1.2; s. auch BVerfGE 97, 228, 265 zum Recht auf Kurzberichterstattung. 821 EuGH Rs. 44/79, Slg. 1979, 3727 – Hauer. 822 EuGH, Rs. 29/69, Slg. 1969, 419 – Stauder; EuGH, Rs. 11/70, Slg. 1970, 1125 – Internationale Handelsgesellschaft; Maunz/Dürig-Papier, GG Art. 14, Rn. 284f.; Lenz-Borchardt, Art. 220, Rn. 30 ff. 823 Das deutsche Verfassungsrecht schützt das Urheberrecht hinsichtlich seiner vermögenswerten Elemente in Art. 14 GG- s. z.B. Maunz/Dürig-Papier, GG Art. 14, Rn. 195. 824 Maunz/Dürig-Papier, GG Art. 14, Rn. 285; s. dazu auch Hesse, ZUM 2002, 692, 696. 825 Maunz/Dürig-Papier, GG Art. 14, Rn. 284; für die Grundrechtecharta von Nizza legt dies Art. 52 der Charta allgemein für alle Grundrechte fest. 220 diensten ist eine Dienstleistung im Sinn des EGV826. Die vorgeschlagene Regelung verfolgt somit Ziele der Gemeinschaft. Weiter ist zu prüfen, ob die Beschränkung des Urhebers im Hinblick auf den verfolgten Zweck den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt. Die Regelung ist geeignet, einen Binnenmarkt für Rundfunkdienstleistungen zu erreichen, zumindest zu fördern. Sie ist auch erforderlich, weil sie bei einer vertraglichen Beschränkung einer europaweiten Ausstrahlung das Mittel mit der geringsten Eingriffstiefe ist. Sie ist auch objektiv zumutbar, weil sie die Betroffenen nur gering belastet. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass nur Bürgern Zugang gewährt werden muss, die sich im Ausstrahlungsbereich befinden und den Zugang ausdrücklich nachfragen. Hinzu kommt, dass dem Urheber die Möglichkeiten der Verwertung nicht genommen werden. Die Vergabe von Senderechten ist nach beliebigen Kriterien möglich. Demnach verstößt die vorgeschlagene Regelung nicht gegen das Grundrecht auf Eigentum. 7.5.2 Berufsfreiheit Die neu erörterte Lösung muss auch mit der auf gemeinschaftsrechtlicher Grundlage gewährleisteten Berufsfreiheit827 vereinbar sein. In der Grundrechtecharta wird die Berufsfreiheit in Art. 15, die unternehmerische Freiheit in Art. 16 geschützt. Von der Berufsfreiheit sind sowohl die Wahl als auch die Ausübung eines Berufs umfasst. Anspruchsberechtigt sind die Urheber, die Rundfunkveranstalter und die Rechtehändler828. Eine Regelung, die die Programmveranstalter dazu verpflichtet, sicherzustellen, dass allen EU-Bürgern Zugang zu ausgestrahlten Inhalten gewährt wird, hat unmittelbar Einfluss auf die Berufsausübung. Die Berufsfreiheit ist damit von der vorgeschlagenen Regelung betroffen. Aber auch im Gemeinschaftsrecht kann die Berufsfreiheit beschränkt werden829. Beschränkungen müssen nach der Rechtsprechung des EuGH im Hinblick auf die soziale Funktion und Bedeutung der geschützten Rechtsgüter und Tätigkeiten gesehen werden830. Während Beschränkungen der Berufswahl strengeren Anforderungen unterliegen, sind Beschränkungen der Berufsausübung leichter möglich. Ihre Ziele müssen dem Gemeinwohl dienen und dürfen keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die Situation Einzelner darstellen831. Dagegen kann die Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung durch einfache Allgemeinwohlüberlegungen beschränkt werden832. Als ein die Beschränkung rechtfertigendes Ziel der Gemeinschaft kommt auch hier die Schaffung eines gemeinschaftsweiten Binnenmarktes in Betracht. Für die Verhältnismäßigkeit gelten die gleichen Überlegungen wie bei der Prüfung am Maßstab des Eigentumsschutzes. Danach ist eine solche Regelung geeignet und erforderlich. Für den Fall, dass sehr viele Zuschauer solche Nachfragen aus dem Ausland an Programmveranstalter richten, kann dies mit erhöhtem Verwaltungsaufwand verbunden sein. Ob es zu einer solchen Nachfrage kommt, hängt jedoch entscheidend vom Programmangebot für den Zuschauer ab, so dass die Ent- 826 EuGH, Rs. 52/79, Slg. 1974, 409 – Debauve; Lenz-Scheuer, Anh. zu Art. 43-55, Rn. 17 m.w.N. 827 Lenz-Borchardt, Art. 220, Rn. 46. 828 Geht es um die Übertragungsrechte von Veranstaltungen, ist auch der Veranstalter geschützt, Stettner, ZUM 2002, 627, 630. 829 Lenz-Borchardt, Art. 220, Rn. 36f., 46; für die Grundrechtecharta von Nizza legt dies Art. 52 der Charta allgemein für alle Grundrechte fest. 830 EuGH, C-44/94, Slg. 1995, I-3115 – The Queen/Minister of Agriculture u.a. 831 EuGH, C-306/93, Slg. 1994, I-5555 – Winzersekt. 832 Lenz-Borchardt, Art. 220, Rn. 47. 221 wicklung zu einem großen Teil durch die Programmveranstalter beeinflusst werden kann. Darüber hinaus bilden Sprachbarrieren eine natürliche Grenze der Nachfrage. Zudem ist denkbar, die zusätzliche Nachfrage, etwa beim Versand von Smart-Cards, durch die bereits bestehende Infrastruktur abzudecken. Insoweit ist die Verpflichtung zur Zugangsgewährung auf Nachfrage auch objektiv zumutbar und die Regelung insgesamt eine verhältnismäßige Beschränkung der Berufsfreiheit. 7.5.3 Ergebnis Die Regelung, nach der Programmveranstalter und Plattformanbieter verpflichtet werden sollen, jedem interessierten Zuschauer unabhängig von seinem Wohnsitz auf Anfrage Zugang zu gewähren, greift in den Schutzbereich der Eigentums- und Berufsfreiheit ein, der Eingriff kann jedoch gerechtfertigt werden. Somit stehen Grundrechtspositionen dem Lösungsvorschlag nicht entgegen. 7.6 Die Verortung im internationalen Urheberrecht Aus technischen Gründen gibt es keine Satelliten mit weltweitem Ausstrahlungsgebiet. Die Footprints sind also naturgemäß regional aufgeteilt. Lediglich über eine Vernetzung von Satelliten ist eine weltweite Ausstrahlung möglich. Dennoch stellt sich gleich zu Beginn einer Überlegung nach einer internationalen Regelung die Frage nach deren Notwendigkeit. Voraussetzung einer weltweiten Vorschrift wäre darüber hinaus eine weltweit gleich gelagerte Ausgangssituation. Demnach sind einzelne Ausstrahlungsgebiete zu betrachten, hier interessiert das europäische. Die angestellten Überlegungen für Regelungen in EG-Richtlinien zur Umsetzung in nationales Urheberrecht lassen sich durchaus auf das internationale europäische Urheberrecht übertragen. Eine Aufnahme einer Zugangsregelung833 in internationale Bestimmungen ist denkbar. Soweit es sich um völkerrechtliche Verträge handelt, deren Änderung der Ratifizierung aller Unterzeichnerstaaten bedarf, ist ein solches Ziel naturgemäß jedoch schwer zu verwirklichen. Dies gilt um so mehr, als auf internationaler Ebene unterschiedliche Auffassungen zum Urheberrecht herrschen. Unterschiede etwa in der kontinentaleuropäischen und angloamerikanischen Rechtsauffassung zeigen sich schon in der grundsätzlichen Konzeption des Urheberrechts. Diese stellen entweder die Person des Urhebers oder die Belohnung von Investitionen in den Vordergrund. Die Unterschiede setzen sich in zahlreichen Details fort834. Da es sich nicht um ein das gesamte Spektrum des Urheberrechts, sondern nur um ein den Rundfunk betreffendes Problem handelt, böten sich auf außergemeinschaftlicher, aber europäischer Ebene als Regelungsinstrument nicht die urheberrechtlichen Verträge wie zum Beispiel die RBÜ, sondern das Übereinkommen über das grenzüberschreitende Fernsehen835 oder die Europäische Konvention über urheber- und leistungsschutzrechtliche Fragen im Bereich des grenzüberschreitenden Satellitenrundfunks836 an. Die erörterten Lösungen haben auch für diesen Fall Gültigkeit. 833 Wie sie in Kap. 7.1.4, 7.2.4 und 7.3.4 diskutiert wurde. 834 Schack, Urhebervertragsrecht, Rn. 24 ff. 835 Europäisches Übereinkommen über grenzüberschreitendes Fernsehen vom 5.5.1989, BGBl. 1994 II, 639. 836 Europäische Konvention über urheber- u. leistungsschutzrechtliche Fragen im Bereich des grenzüberschreitenden Satellitenrundfunks vom 16.2.1994, noch nicht in Kraft. 222 7.7 Zusammenfassung Die Ziele des Zugangs der Zuschauer zu allen Satellitenprogrammen, eines europäischen Fernsehmarktes und der Teilhabe der Bürger an TV-Ereignissen von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung werden durch die derzeit gängige Vertragspraxis der territorialen Vergabe von Senderechten zumindest teilweise stark relativiert. Dies gilt insbesondere wegen der Verschlüsselung von Ausstrahlungen und der Weigerung, Zuschauern Zugang zu gewähren, selbst wenn sie zur Zahlung von Pay-TV-Entgelten bereit sind. Die Gewährleistung der genannten Ziele ließe sich nur dann vollumfänglich verwirklichen, wenn die freie Vergabe von Senderechten und/oder die unbeschränkte Ausübung des Senderechts durch die Programmveranstalter beschnitten werden könnten. Es bieten sich aber verschiedene Lösungswege an, die in unterschiedlichem Maß geeignet sind, Zugang der Zuschauer und einen europäischen Rundfunkmarkt zu gewährleisten. Die Diskussion der einzelnen Lösungsansätze hat gezeigt, dass eine Regelung, die sich an Programmveranstalter und Plattformanbieter richtet, einer Änderung der Verwertungsrechte in den Urhebergesetzen vorzuziehen ist. Es wurde deutlich, dass eine Verpflichtung, jedem interessierten Zuschauer auf dessen Anfrage Zugang zu gewähren, die gesteckten Ziele am ehesten erreicht und am wenigsten in die Rechte der Urheber eingreift. Auch in die unternehmerische Freiheit von Programmveranstaltern und Plattformanbietern würde nicht unverhältnismäßig eingegriffen, da sie ihr Angebot nicht auf einen europäischen Markt zuzuschneiden hätten, sondern lediglich Zugangsmöglichkeiten auf Anfrage bereitstellen müssten. Ein Zugangsrecht für den Zuschauer ist dabei nicht mit Kostenfreiheit verbunden. Im Übrigen bleibt die Vertragsfreiheit aller Beteiligten gewahrt, auch bezüglich der (auch territorialen837) Begrenzung von Senderechten. Auf Gemeinschaftsebene kommt für eine Verpflichtung der Programmveranstalter und Plattformanbieter auf Gewährung von Zugang zu den von ihnen angebotenen Inhalten die Regelungsform der Richtlinie in Betracht. Soweit nicht der Inhalt des Urheberrechts, sondern seine Ausübung im Binnenmarkt geregelt wird, kann eine solche Richtlinie auf Art. 95 EGV gestützt werden. Außerhalb der Europäischen Gemeinschaft ist die Aufnahme von Zugangsregelungen in internationale Bestimmungen denkbar. 837 Eine exklusive territoriale Vergabe von Senderechten wäre nicht mehr möglich. 223 8. Handlungsempfehlungen Die aktuelle Situation im Bereich des digitalen Satellitenempfangs ist geprägt von abwartender Zurückhaltung in der Entwicklung neuer Märkte. Dazu trägt die insgesamt schwache konjunkturelle Lage bei. Dies bietet Gelegenheit, medienpolitische Aktivitäten außerhalb eines akuten Handlungsbedarfs an dem Ziel auszurichten, den weiteren Weg in die Digitalisierung vielfaltsorientiert und unter Beachtung einer ausgewogenen Marktentwicklung zu gestalten. Dabei ist einerseits zu erwarten, dass mit einer Belebung der Konjunktur, einer Klärung des weiteren Schicksals der Breitbandkabelnetze und des politisch angestrebten Umstiegs von der analogen in die digitale Rundfunkwelt auch der Sektor der digitalen Satellitenverbreitung sich zunehmend dynamisch entwickeln wird. Andererseits sind Richtung und Intensität der Entwicklung nur bedingt vorauszusehen, so dass jedenfalls Regelungen auch für solche Szenarien in den Blick genommen werden müssen, die sich vom bisherigen Trend unterscheiden. Dass auch eine als relativ stabil eingeschätzte Tendenz raschen und deutlichen Änderungen unterworfen sein kann, die zudem von nicht unerheblichen Fehleinschätzungen der Marktentwicklung begleitet sein kann, zeigen die Befürchtungen im Zusammenhang mit dem Verkauf der Breitbandkabelnetze, die permanenten Anpassungen unterworfenen Strategien der neuen Netzbetreiber oder auch die Veränderung der Kräfteverhältnisse im deutschen Medienmarkt durch die Schwäche einer der beiden großen deutschen Unternehmensgruppen, auf deren langfristige Existenz zumindest einige medienpolitischen Entscheidungen gegründet waren. Für die Positionen und Strategien der Landesmedienanstalten ergeben sich aus der Untersuchung der aktuellen Lage des deutschen und internationalen Satellitenrundfunks Handlungsempfehlungen, deren Umsetzung unabhängig von der konkreten Entwicklung des Satellitenrundfunks und ihrer Dynamik ist. Daneben sind Regulierungsoptionen verfügbar, die hinsichtlich ihrer Umsetzung und Intensität von der Einschätzung abhängig sind, ob und inwieweit ein Szenario Realität wird, in dem starke Medienunternehmen auch im Bereich des Satellitenrundfunks nicht nur die Inhalte, sondern auch die Transportkapazitäten und Netze beherrschen. 1. Empfehlung: Sorgfältige Beobachtung des Markts für Satellitenrundfunk Angesichts der hohen Bedeutung der Satellitenübertragung in Deutschland, der offenen Entwicklungsperspektiven im Bereich des Satellitenrundfunks, möglichen Veränderungen in der Eigentümerstruktur von Satellitenbetreibern und ersten Ansätzen der Satellitenbetreiber, neue Geschäftsmodelle über das Angebot von Kapazitäten hinaus zu etablieren, bedarf die Satellitenverbreitung von Rundfunk in der deutschen Medienpolitik verstärkter Aufmerksamkeit. Politische Positionen dürfen sich nicht allein auf Breitbandkabelnetze erstrecken, sondern müssen das Potenzial, das die digitale Verbreitung von meinungsrelevanten Inhalten via Satellit in Deutschland hat, im Blick behalten. Für die Politik der Landesmedienanstalten bedeutet dies zunächst, politische Positionen auch an der Wirkung auf die Satellitenverbreitung zu messen. Hierzu sollten die Entwicklungen im europäischen Satellitenmarkt sorgfältig beobachtet und analysiert werden; Satellitenbetreiber sollten in grundlegende Entscheidungsprozesse ebenso eingebunden werden wie Kabelnetzbetreiber. 2. Empfehlung: Werbung für die deutsche Medienpolitik in Europa Wesentliche Entwicklungen auch für den deutschen Markt digitalen Fernsehens erfolgen auf europäischer Ebene. Die Erörterung zukünftiger Entwicklungen der digitalen Satellitenverbreitung, grundsätzliche Fragen des Zugangs und die Notwendigkeit, medienpolitische Aspekte in ein grundsätzlich wirtschaftspolitisch geprägtes Umfeld einzubringen, erfordern eine hohe Präsenz der Vertreter der Mitgliedstaaten und die deutliche Artikulation der spezifischen Gegebenheiten und medienpolitischen Ziele der einzelnen Mitgliedsstaaten. Nicht zuletzt im Sinn föderaler Strukturen bedarf dabei die Darstellung von Positionen, die sich aus der kulturbezogenen Vielfaltsorientierung der deutschen Medienpolitik ergeben, besonderer Beachtung. In diesem Sinn sollten die Landesmedienanstalten – ähnlich wie die Regulierungsbehörden anderer Mitgliedstaaten – stärker strukturell in europäische Diskussions-, Entscheidungs- und Evaluierungsprozesse eingebunden werden. Hierzu gehört einerseits die Stärkung ihrer Präsenz innerhalb der Europäischen Gemeinschaft und andererseits eine frühzeitige, interne medienpolitische Positionierung. 3. Empfehlung: Förderung offener Standards Unabhängig von der konkreten Entwicklung des europäischen Satellitenmarkts sollten die Bemühungen, ein hohes Maß an offenen Standards im gesamten Bereich der digitalen Distribution zu erreichen, fortgesetzt und intensiviert werden. Dazu gehören neben der weiteren Entwicklung des MHP-Standards und der Durchsetzung von Common-Interfaces auch Bemühungen, Zugangsberechtigungssysteme zu standardisieren. Da die für die Entwicklung des Markts sinnvolle Forderung nach einer vollständigen, europaweiten Standardisierung von Zugangsberechtigungssystemen derzeit keine Aussicht auf Realisierung hat, muss zumindest eine Lösung propagiert werden, die bei einem Wechsel des Anbieters von Zugangsberechtigungssystemen keine neue Hardware erfordert, sondern den Austausch der Smart-Card genügen lässt. Sind auf einem einheitlichen Markt unterschiedliche Verschlüsselungssysteme vertreten, muss ein obligatorisches Multicrypt-Verfahren den gleichzeitigen Zugang aller Zuschauer zum jeweils anderen Anbieter ermöglichen. 4. Empfehlung: Must-Carry-Regelungen für Plattformanbieter Bereits heute können in Deutschland die regulatorischen Voraussetzungen geschaffen werden, auch für Satellitenplattformen mit signifikanter Marktstärke grundsätzlich Must-Carry-Rules vorzusehen. Dazu könnten Satellitenplattformen in § 52 RStV dergestalt integriert werden, dass zum Beispiel ein relativ geringer prozentualer Anteil der in einem Basispaket verbreiteten Programme – begrenzt auf eine absolute Höchstzahl von Programmplätzen – unabhängigen Dritten vorbehalten bleiben muss. Nach dem Vorbild der Regelungen für Kabelkapazitäten können in diesem Rahmen besondere Vielfaltsanforderungen definiert werden, deren Nichterfüllung eine Erhöhung der genannten Obergrenze zur Folge hätte. Mit einer derartigen Regelung könnten Mindestanforderungen an die Vielfalt in über Satellit verbreiteten Programmpaketen gewährleistet werden. 5. Empfehlung: Vielfaltschutz in Europa Entsprechende Vielfaltsregelungen sollten für solche Programmpakete, die über Satellit in mehreren europäischen Staaten angeboten werden und zumindest in einem der Staaten eine signifikante Marktstärke haben, auf europäischer Ebene verankert werden. Dabei wäre eine 225 pauschale, auf die Größe der Märkte angepasste Überlassung von Kapazitäten an unabhängige Dritte und/oder öffentlich-rechtliche Programme am ehesten handhabbar. Ergänzend bietet sich an, auf europäischer Ebene die Verflechtung von Netzbetreibern und Inhalteanbietern auf allenfalls geringe Anteile zu begrenzen. 6. Empfehlung: Förderung neutraler Distributionsdienstleistungen Zur Förderung eines zugangsoffenen und vielfaltsorientierten digitalen Angebots sollte die Entwicklung eines neutralen Markts an Distributionsdienstleistungen angeregt werden. Die Verfügbarkeit neutraler Plattformen erleichtert den Markteintritt unabhängiger Anbieter und reduziert die Gefahr meinungsrelevanter Beherrschung einer Distributionskette. Die Landesmedienanstalten können als Moderatoren in einem auf die mittelfristige Entwicklung solcher Plattformen ausgerichteten Dialog mit allen Beteiligten, insbesondere aber mit Satellitenbetreibern, den Anbietern von Zugangsberechtigungssystemen und den Herstellern von Endgeräten, die Voraussetzungen des Entstehens neutraler Plattformen erörtern und entwickeln. Die Anbieter von bestehenden Abrechnungssystemen anderer Branchen, etwa aus dem Bereich der Energiewirtschaft oder der Telekommunikation, können zu einer Teilnahme eingeladen werden. Ergänzend kann durch regulatorische Anreize, zum Beispiel durch den Verzicht auf MustCarry-Regeln beim Einsatz neutraler Dienstleister, die Entwicklung unabhängiger Plattformen zusätzlich angeregt werden. 7. Empfehlung: Sicherstellung der Verbreitung bestimmter Inhalte Zur Befriedigung der Grundversorgung mit Sendungen über Ereignisse von erheblicher Bedeutung für die europäische(n) Gesellschaft(en), zur Herstellung eines einheitlichen europäischen audiovisuellen Raums und damit zur Beförderung der gesellschaftlichen Meinungsbildung über nationale Grenzen hinweg, sollte sichergestellt sein, dass bestimmte Inhalte möglichst breit in Europa zugänglich werden. Welche Inhalte von einer solchen Regelung erfasst werden sollten, bedarf einer sorgfältigen politischen Diskussion, die auf die Sicherstellung des Zugangs zu Berichten, die für das nationale und für das europäische Publikum relevant sind, zielen sollte. Bei der Überprüfung der bestehenden Listenregelungen sollte erwogen werden, diese um europäische Ereignisse anzureichern, die für die politische Willensbildung in Euopa und die kulturelle europäische Integration von großer Bedeutung sind. Bei der Ausgestaltung der entsprechenden Regelung sollte darauf geachtet werden, dass ein ausreichend flexibler Handlungsrahmen zur Verfügung steht, der nicht das Ingangsetzen des regulären Rechtsetzungsverfahrens auf Gemeinschaftsebene erfordert, um erforderliche Anpassungen in kurzen Zeitabständen realisieren zu können. Um für diese europäische Diskussion gerüstet zu sein und in diese gefestigte Positionen aktiv einbringen zu können, sollten die Landesmedienanstalten die nationale Diskussion, für welche Sendungen und in welcher Form die weite Verbreitung – auch durch Satellit – sichergestellt sein soll, (mit-)initiieren und moderieren, 8. Empfehlung: Vorurteilsfreie Diskussion der Vor- und Nachteile der Adressierung Angesichts der Entwicklungen in anderen Mitgliedstaaten und der sich aufdrängenden Möglichkeiten der Adressierung, kann die deutsche Medienpolitik der Diskussion um eine Adres226 sierung der Zuschauer nicht ausweichen. Wird diese Frage nicht öffentlich im politischen Raum erörtert und entschieden, wird dies an anderer Stelle erfolgen – dann eben nichtöffentlich und ohne die Politik. Daher sollten die Landesmedienanstalten eine vorurteilsfreie Diskussion der Vor- und Nachteile der Adressierung initiieren und moderieren. Diese sollte unter Beteiligung aller wichtigen Akteure erfolgen und die spezifischen Interessen der Free-TV-Anbieter sowie der Rechteinhaber berücksichtigen. Mögliche Abrechnungssysteme, die auf der Einzeladressierung aufsetzen, sowie deren alternative Ausgestaltungsmöglichkeiten und deren Folgen, sind in die Diskussion aufzunehmen. Vor allem aber sollte die Diskussion mit der Zielrichtung geführt werden, durch eine Adressierung in der gesamten Gemeinschaft jedem den ungehinderten Zugang zu angemessenen Bedingungen zu allen Programmen und Sendungen zu ermöglichen. Hierdurch ließe sich Befürchtungen vorbeugen, insbesondere Inhalteanbietern und – diesen vorgelagert – Rechteinhabern und Produzenten erwüchsen aus der europaweiten Vermarktung gegenüber jedem am Zugang interessierten Nutzer überwiegend Nachteile. Die volle Beachtung der Anforderungen des Datenschutzes – im dem unter anderem Möglichkeiten der pseudonymen oder anonymen Nutzung von Programmangeboten offen gehalten werden – ist Grundvoraussetzung des wirtschaftlichen Erfolgs der Adressierung. 9. Empfehlung: Öffnung des Zugangs zu grenzüberschreitenden Sendungen Um Urheberrecht und freien grenzüberschreitenden Zugang zu Informationen zu harmonisieren, sollte eine gemeinschaftsrechtliche Regelung angestrebt werden, die nicht in den Bestand des Urheberrechts und der Vertragsfreiheit eingreift und dennoch freien Zugang für Interessierte sicherstellt. Senderechte sollten weiterhin nach Kriterien vergeben werden können, die für die Vertragspartner geeignet erscheinen. Sie sollen daher auch etwa auf bestimmte Sprachfassungen oder Territorien begrenzt werden können. Allerdings sollten die Programmveranstalter oder Plattformbetreiber verpflichtet werden, jedem interessierten Zuschauer auf Anfrage Zugang zu jedem über Satelliten ausgestrahlten Programm zu nicht diskriminierenden Bedingungen zu gewähren. Die Programmveranstalter oder Plattformbetreiber wären durch ihre Beschränkungen zwar gehindert, ihre Dienstleistungen außerhalb des beschränkten Bereichs aktiv zu vermarkten. Doch würde die Beschränkung sich nicht zu Lasten des Zuschauers auswirken, der außerhalb des beschränkten Bereichs am Empfang des Programms interessiert ist. Eine solche Regelung müsste von einer Änderung der Vertragspraxis begleitet sein, die auf die – vermutlich geringe – Verschiebung der Zuschauerzahlen für die angebotenen Programme durch die die Beschränkung überschreitende Zugangsmöglichkeit durch höhere oder geringere Entgelte reagiert. Die Landesmedienanstalten sollten die nationale Diskussion über eine solche Regelung und der ihr angepassten Vertragspraxis vorantreiben und mit einen solchen Vorschlag innerhalb der Gemeinschaft aktiv einbringen. 10. Empfehlung: Förderung eines gemeinschaftsweiten Markts für Rundfunkdienstleistungen Die Medienpolitik in der Gemeinschaft sollte auf einen europäischen Inhaltemarkt zielen, auf dem sich die Preise nach Angebot und Zuschauernachfrage richten. Zugleich sollte der europäische Fernsehmarkt den grenzüberschreitenden Zugang und die grenzüberschreitende Meinungsvielfalt sicherstellen. 227 Dies kann zum einen erreicht werden, wenn der Zugang aller Zuschauer zu allen Inhalten zu angemessenen Bedingungen ermöglicht wird und die Preise für die Senderrechte sich letztlich nach dieser Nachfrage richten. Bei einer Adressierung der Zuschauer durch ConditionalAcesss-Systeme könnte eine solche Wirkung bereits durch eine Nutzung entsprechender Abrechnungssysteme und eine Anpassung der Vertragsregelungen für die Übertragung und Vergütung der Senderechte erreicht werden. Erreicht der Markt nicht von selbst das Ziel eines europäischen Inhaltemarkts, wäre eine Gemeinschaftsregelung erforderlich, die durch die Gewährleistung eines gemeinschaftsweiten Zugangsrechts die Grundlage für eine solche Entwicklung schafft. 228 Abkürzungsverzeichnis a.F. alte Fassung Abs. Absatz ANGA Verband Privater Kabelnetzbetreiber e.V. API Application Programming Interfaces ART Autorité de Regulation des Télécommunications, Frankreich Art. Artikel ATV Austria-TV BGB Bürgerliches Gesetzbuch BK Breitbandkabel BVerfG Bundesverfassungsgericht CA Conditional-Access CAM Conditional-Access-Module CEN Comité Européen de Normalisation Cenelec Comité européen de normalisation de l'électrotechnique / European Committee for Electrotechnical Standardization CEPT Conférence Européen des administration de la Poste et des Télécommunications / European Conference of Postal and Telecommunications Administrations CI Common Interface CMT Telekommunikationsaufsichtsbehörde, Spanien CNCL Commission nationale de la communication et de libertés, Frankreich CPDA Copyright Patents and Designs Act, Großbritannien CSA Conseil supérieur de l’audiovisuel, Frankreich DLM Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten DTH Direct To Home DVB Digital Video Broadcasting DVB-T Digital Video Broadcasting terrestrisch EBU European Broadcasting Union ECC Electronic Communications Committee der CEPT EG Europäische Gemeinschaft EGBGB Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch EGMR Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte EGV EG-Vertrag EMRK Europäische Menschenrechtskonvention EPG Elektronischer Programmführer ETSI European Telecommunications Standards Institute EU Europäische Union EuGH Europäischer Gerichtshof EUV Vertrag über die Europäische Union EWG Europäische Wirtschaftsgemeinschaft EWR Europäischer Wirtschaftsraum f. / ff. und folgende / die folgenden FCC Federal Communications Commission, USA FTA Free To Air FTEG Gesetz über Fernanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen FÜG Fernsehsignalübertragungsgesetz GEMA Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte GG Grundgesetz GWB Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen HDTV High Definition Television 230 IFV Internationaler Fernmeldevertrag IP Internet Protokoll IPRG Gesetz zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts ITC Independent Television Commission, Großbritannien ITU Internationale Fernmeldeunion JO Journal Officiel, Frankreich KartellG Kartellgesetz, Schweiz KFG Kommunikationsfreiheitsgesetz, Frankreich KOG Komm Austria-Gesetz, Österreich KRRiT Nationaler Rundfunkrat, Polen LBO Landesbauordnung Lit. Littera (Buchstabe) LMG Landesmediengesetz MHP Multimedia Home Platform MVPS Multichannel Video Programming Services n.F. neue Fassung Nr. Nummer OFCOM Regulierungsbehörde, Großbritannien OFTEL Regulierungsbehörde, Großbritannien PRISA Spanische Mediengruppe PrTVG Privatfernsehgesetz, Österreich PVR Persönlicher Video Recorder RBÜ Revidierte Berner Übereinkunft RegTP Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post 231 RL Richtlinie RStV Rundfunkstaatsvertrag RTR-GmbH Rundfunk- und Telekom Regulierungs-GmbH, Österreich RTVG Radio- und Fernsehgesetz, Schweiz RTVV Radio- und Fernsehverordnung, Schweiz RVO Rechtsverordnung SHVIA Satellite Home Viewers Improvement Act, USA SMATV Gemeinschaftsantennenanlagen SMP Significant Market Power TKG Telekommunikationsgesetz TRIPS Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums u.a. unter anderem UN United Nations UrhG Urhebergesetz URT Amt für die Regulierung von Post und Telekommunikation, Polen UVEK Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation, Schweiz VO Funk Vollzugsanordnung für den Funkdienst VPRT Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation e.V. 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