A. Der grundpfandrechtlich gesicherte Kredit in der Krise

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A. Der grundpfandrechtlich gesicherte Kredit in der Krise
COSACK
A. Der grundpfandrechtlich gesicherte Kredit in der
Krise
I.
Ursachen für die Leistungsstörungen im Kreditengagement des Kunden
1.
Arbeitslohn als Haupteinnahmequelle
Die Darlehensraten des nicht gewerblichen Kreditnehmers werden fast ausschließlich aus den laufenden Einnahmen, wie z. B. Lohn oder Gehalt, gezahlt. Die regelmäßige Zahlung der Raten kann gefährdet sein, wenn zum
Beispiel der Arbeitslohn als Haupteinnahmequelle entfällt oder sich im Falle
einer eingetretenen Arbeitslosigkeit auf die Grundversorgung reduziert.
2.
Auseinanderbrechen von Partnerschaften
Auch das Auseinanderbrechen von Partnerschaften kann Ursache dafür sein,
dass die Raten nicht mehr gezahlt werden. Der sich in solchen Situationen oft
anbahnende »Rosenkrieg« wird dann zu Lasten der Kredit gebenden Bank
ausgetragen. Die Raten werden zum Beispiel deshalb nicht gezahlt, weil der
allein verdienende Ehemann aus dem gemeinsamen Haus ausgezogen ist und
Ehefrau nebst Kindern hat sitzen lassen. Oder aber einem Partner wurde
gemäß § 1361b BGB die Wohnung/das Haus im Rahmen der Trennung/Scheidung zugewiesen. Der ausgezogene Ehepartner ist nicht bereit, die
Raten zu zahlen und der andere kann es nicht, da er die Kinder zu versorgen
hat und auf die staatliche Grundversorgung angewiesen ist.
3.
2
Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse
Bei gewerblichen Kunden verschlechtern sich die Umsatz- und Einkommenssituation. Es ist zunächst kein Geld da, um die Immobilie instand zu halten.
Dann fehlt das Geld für die Annuitäten.
4.
1
3
Die Darlehensnehmer können nicht haushalten
Trotz guter Einkünfte fehlt das Geld für die Darlehensraten. Das Einkommen
wird dann eher für den Reitunterricht der Tochter und ein neues Auto ausgegeben als für die Rückführung der Darlehen.
3
4
GRUNDPFANDRECHTLICH GESICHERTER KREDIT IN DER KRISE
II. Sanierung mit Hilfe der Bank
1.
Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit
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Bei den vorgenannten Grundtatbeständen kann die Bank in Form einer Sanierung – z. B. durch Hilfe bei der Aufstellung eines Haushaltsplanes, Herabsetzung der vertraglich vereinbarten Darlehensraten etc. – ohne Kündigung
versuchen, die Leistungsfähigkeit des Kunden wieder herzustellen.
6
Dabei sind alle Maßnahmen, da die Kredite nicht gekündigt sind, einvernehmlich mit dem Kunden abzustimmen.
2.
7
Bei entsprechenden Kompetenzen und der Einschätzung, dass sich die finanzielle Situation des Kunden auf absehbare Zeit nicht ändern wird, kann die Bank
bereits in diesem Stadium z. B. durch Reduzierung des vereinbarten Zinssatzes
bzw. durch Zinsverzicht ganz oder teilweise auf ihre Zinsansprüche verzichten.
3.
8
Zinsverzicht
Herstellung der Ertragskraft des Pfandobjektes
Die Bank kann sogar, sofern eine seriöse Prognose positiv ausfällt, Geld für
notwendige Erhaltungsaufwendungen herausgeben, um so die Ertragskraft
des Pfandobjektes durch z. B. bessere Vermietbarkeit wieder herzustellen.
4.
Veräußerung des Pfandobjektes bei nicht gekündigten Darlehen
9
Alternativ kann die nicht nur vorübergehende Krisensituation dadurch gelöst
werden, dass die Darlehenskunden das Pfandobjekt mit Hilfe eines Maklers
bzw. der bankeigenen Immobilienabteilung freihändig veräußern und der
erzielte Kaufpreis zur Rückführung der Darlehen verwendet wird. Hierbei
kann jedoch eine Vorfälligkeitsentschädigung anfallen und verlangt werden.
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Um den lastenfreien Erwerb des Käufers zu gewährleisten, müssen aus dem Kaufpreis die Stadtkasse und/oder die WEG, so wie nachrangige Grundpfandgläubiger
abgelöst werden. Die Ablösung der beiden Erstgenannten erfolgt nur bis zur
Höhe ihrer Ansprüche gemäß ihrer Rangklasse des § 10 ZVG1, die der nachrangigen Grundpfandgläubiger durch Zahlung einer so genannten Lästigkeitsprämie.
Diese beträgt in der Regel nur ein Bruchteil des tatsächlichen Anspruchs.
1
4
WEG: Abs. 1 Nr. 2 in Höhe von max. 5% des festgesetzten Verkehrswertes Stadtkasse:
Abs. 1 Nr. 3, jeweils für die letzten beiden Jahre.
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Die Ablösung der Stadtkasse ist in der Regel unproblematisch.
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Schwierigkeiten bereiten meistens die nachrangigen Grundpfandgläubiger
sowie die WEG. Hier eine Einigung zu finden, ist in vielen Fällen mit aufwändigen Verhandlungen verbunden.
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5.
Forderungsverzicht
Sofern der erzielte Kaufpreis aus den vorgenannten Gründen nicht ausreicht,
die Darlehen in voller Höhe zurückzuführen, ist es für die Bank oft sinnvoll,
auf die Restforderung zu verzichten. Nach dem Motto »Der Spatz in der
Hand ist besser als die Taube auf dem Dach« ist abzuwägen, ob es nicht vorteilhafter ist, sich mit dem aktuellen Kaufpreis zu begnügen, als darauf zu
hoffen, in dem vielleicht zwei Jahre später stattfindenden Zwangsversteigerungstermin eventuell einen höheren Versteigerungserlös zu erzielen.
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III. Umfinanzierung und Kündigung
1.
Umfinanzierung durch eine andere Bank vor Kündigung
Bei Leistungsstörungen des Darlehensnehmers kann es vereinzelt vorkommen, dass der Kunde die Umfinanzierung durch eine andere Bank erreicht.
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Die ablösende Bank muss hier genau prüfen, ob die Umfinanzierung risikobehaftet ist. Dies ist wohl dann der Fall, wenn zur Risikoabschirmung die
Bildung einer Einzelwertberichtigung objektiv erforderlich ist. Sollte dies der
Fall sein, könnte hier möglicherweise die Kreditvergabe den Straftatbestand
der Untreue erfüllen.
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Auch hier kann es unter Umständen für die abgelöste Bank wirtschaftlich
sinnvoll sein, auf einen Teil ihrer Forderungen, sofern diese als uneinbringlich
eingestuft werden, zu verzichten.
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Es ist dann durchaus üblich, dass die ablösende Bank die Forderungen der
abzulösenden Bank gegen den Darlehensnehmer nicht zum Nennwert übernimmt. Sie will diese nur mit einem Abschlag »kaufen«. Der Kaufpreis ist
auszuhandeln.
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Der übernehmenden Bank werden die Kundenforderungen in voller Höhe
abgetreten. Diese zahlt jedoch nur den vereinbarten Kaufpreis.
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GRUNDPFANDRECHTLICH GESICHERTER KREDIT IN DER KRISE
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Mit abgetreten werden die vorhandenen dinglichen Sicherheiten. Dies kann
im Rahmen eines entsprechenden Treuhandauftrages mit der übernehmenden
Bank abgewickelt werden.
2.
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Kündigung der Geschäftsverbindung
Führen die vorerwähnten Sanierungsüberlegungen/-maßnahmen nicht zum
Ziel, weil sie nicht geeignet sind, das marode Kreditengagement nachhaltig zu
stabilisieren oder der Kunde seine Immobilie nicht verkaufen will, kann die
Kündigung der Geschäftsverbindung notwendige Folge sein.
3.
Umfinanzierung durch eine andere Bank nach Kündigung
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In dieser Situation sind einige Schuldner2 bemüht, die fällig gestellten Forderungen durch die Umfinanzierung bei einer anderen Bank abzulösen Nach der
Kündigung der Geschäftsverbindung ist die Umfinanzierung durch ein anderes Kreditinstitut meist nicht mehr möglich. Angesichts der Rechtsprechung
zum Untreuetatbestand (s. o.) wird sich jede Bank dreimal überlegen, ob sie
die erbetene Umfinanzierung durchführt.
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In einem konkreten Fall wurde die abwickelnde Bank gebeten, dem möglicherweise ablösenden Kreditinstitut bzw. etwaigen Vermittlern Saldenbestätigungen zur Verfügung zu stellen. Aus diesen sollte mittels neutraler Formulierungen nicht ersichtlich sein, dass sich das gekündigte Kreditengagement des
Schuldners in der Abwicklung befindet. Auf solch ein abwegiges Begehren
sollte sich die abwickelnde Bank nie einlassen, denn sie könnte dadurch unter
Umständen Beihilfe zum Kreditbetrug des Schuldners leisten.
4.
Umfinanzierung im eigenen Haus nach Kündigung der Geschäftsverbindung
23
Ein Beispiel aus der Praxis: Der Schuldner war Inhaber einer Firma, die insolvent wurde.
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Für die Forderungen der Bank gegen die Firma hatte er sich verbürgt und auf
die übernommene Bürgschaft gezahlt.
2
6
Gemeint ist mit diesem Begriff entweder der Schuldner der Forderung oder aber der Schuldner im vollstreckungsrechtlichen Sinn. Das ist dann im Zwangsversteigerungsverfahren der
Eigentümer. Man spricht auch vom persönlichen bzw. dinglichen Schuldner.
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Aufgrund dieser Inanspruchnahme geriet er wegen finanzieller Überforderung
mit seinen Verpflichtungen aus eigenen Darlehen in Verzug. Die Kündigung
seines Privatengagements war unvermeidlich.
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Für die Bank waren Grundpfandsicherheiten an mehren Grundstücken, bebaut mit Mehrfamilienhäusern, eingetragen.
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Das Mietinkasso durch den Eigentümer war ungeordnet. Es bestanden Rückstände z. B. bei der Stadt und den Energieversorgern.
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Im Rahmen der Abwicklung/Sanierung hatte die Bank in Absprache mit dem
Schuldner und zur Vermeidung einer Zwangsverwaltung eine professionelle
Hausverwaltung installiert. Diese zog die Mieten im Namen und für Rechnung des Eigentümers ein.
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Aus den Mieterträgen zahlte die Hausverwaltung zunächst die rückständigen
Hauskosten (wie z. B. Grundbesitzabgaben, Energie- und Wasserkosten, Versicherungen etc.).
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Weiterhin zeigten die Immobilien erhebliche Rückstände bei notwendigen
Instandhaltungsmaßnahmen. Die Mieteinnahmen dienten daher zunächst
einmal auch dazu, diese erforderlichen Instandhaltungsmaßnahmen durchzuführen. Etwaige Überschüsse waren als Teil der zwischen der Bank, dem
Schuldner und der Hausverwaltung getroffenen Vereinbarung an die Bank
auszukehren.
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Als schließlich dauerhaft Überschüsse erzielt und vertragsgemäß an die Bank
abgeführt wurden, traf diese mit dem Schuldner eine Umschuldungsvereinbarung mit dem Inhalt, dass die Bank auf ca. 50% ihrer Forderungen gegen
Hergabe eines Besserungsscheins verzichtet3 und die anderen 50%, deren
Rückführung aus den Mieteingängen finanzierbar war, durch Vergabe neuer
Darlehen umfinanziert.
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Der vereinbarte Besserungsschein4 sieht vor, dass nach Rückführung aller
Darlehen der Kunde einmalig TEUR 500,0 auf die zu erteilenden Löschungsbewilligungen zahlt.
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3
4
Es handelt sich nicht um einen Verzicht im Sinne des § 397 BGB, sondern um einen so
genannten Forderungseinzugsverzicht (vgl. OLG Hamm, WM 95, 153 ff.) bzw. um ein unbefristetes Stillhalteabkommen. (Vgl. Grüneberg in Palandt, 70. Aufl., § 397 BGB RdNr. 4).
Vgl. auch BGH, NJW 84, 2762, 2763.
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GRUNDPFANDRECHTLICH GESICHERTER KREDIT IN DER KRISE
5.
Abwicklung nach Kündigung
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Nach erfolgter Kündigung und Weiterbearbeitung im Abwicklungsbereich ist
es nach einer Vorprüfung unter Umständen sinnvoll, mit dem Schuldner ein
Gespräch über die weitere Vorgehensweise zu führen.
34
Die Praxis hat nämlich gezeigt, dass ein Teil der Schuldner durchaus bereit ist,
angesichts dieser für alle Beteiligten unerfreulichen Situation eine einvernehmliche Lösung herbeizuführen.
35
In diesem so genannten Erstgespräch soll dem Schuldner klar vor Augen
geführt werden, mit welchen Mitteln und auf welche Weise die Bank ihre fällig
gestellten Forderungen einzutreiben beabsichtigt.
6.
Ratenzahlungsvereinbarung
36
Der Schuldner zeigt in diesem Erstgespräch oft die Bereitschaft, mit der
Gläubigerbank eine Ratenzahlungsvereinbarung in auskömmlicher Höhe zu
treffen, um so einer Verwertung der gestellten Grundpfandsicherheiten zu
entgehen.
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Dieses Angebot sollte die Bank nach Möglichkeit annehmen, nachdem zuvor
nichtdingliche Sicherheiten verwertet und die vorliegenden Zwangsvollstreckungstitel nach eventueller Umschreibung zugestellt wurden.
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Liegt kein Titel vor, ist die abzuschließende Ratenzahlungsvereinbarung davon abhängig zu machen, dass sich der Schuldner in einer notariellen Urkunde
dinglich und persönlich der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwirft.
a)
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In vielen Fällen hat die Immobilie durch mangelnde Instandhaltung an Wert
verloren. Die Schuldner haben/hatten das für eine Instandhaltung des
Pfandobjektes notwendige Geld nicht. Eine Verwertung wäre verlustreich.
Durch die getroffene Ratenzahlungsvereinbarung kann dies unter Umständen
vermeiden werden.
b)
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Der Vorteil einer Ratenzahlungsvereinbarung
Zinsverzicht
Auch nach erfolgter Kündigung kann es, um höhere Verwertungsverluste zu
vermeiden, sinnvoll sein, im Rahmen einer getroffenen Rückzahlungsvereinbarung auf Zinsen ganz oder teilweise zu verzichten.
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c)
Spätere Umfinanzierung im eigenen Haus
Zahlt der Schuldner die vereinbarten Raten über mehrere Jahre, sollte die
Gläubigerbank prüfen, ob nicht eine Umfinanzierung im eigenen Haus möglich ist.
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IV. Verwertung des Pfandobjektes
1.
Einvernehmliche Verwertung des Pfandobjektes
Sofern die ratenweise Rückführung der fälligen Forderungen nicht in Betracht
kommt, ist der Schuldner in dieser Situation unter Umständen willens und
bereit, die ihm gehörende Immobilie freihändig zu veräußern. Hierbei ist stets
darauf zu achten, dass der Schuldner/Eigentümer mitwirkt und die Preisvorstellungen des Maklers bzw. der bankeigenen Immobilienabteilung in nachweisbarer Weise mit trägt.
2.
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Die Verwertung unfertiger Immobilien innerhalb und außerhalb
der Insolvenz
In diesem Fall sollte die Bank zunächst für sich entscheiden, ob eine Fertigstellung der Immobilie durch Zurverfügungstellung weiterer Geldmittel wirtschaftlich sinnvoll ist. Dabei ist sicherzustellen, dass auch diese grundpfandrechtlich abgesichert sind.
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Die Entscheidung zur Fertigstellung sollte vorrangig abhängig gemacht werden von einer positiven Prognose durch Immobilienfachleute.
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Eine solche wäre z. B. dann gegeben, wenn die Fertigstellung einen höheren
Verkaufserlös erzielte, als den Zeitwert zuzüglich der aufzuwendenden Fertigstellungskosten.
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Eine bessere Verwertbarkeit kann auch dadurch erreicht werden, dass bei
einem Mietobjekt die Ertragsfähigkeit (Vermietbarkeit) überhaupt erst hergestellt wird.
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Bei unsicherer Prognose und aus Risikogründen kann es auch sinnvoll sein,
die nicht fertiggestellte Immobilie zu verkaufen.
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GRUNDPFANDRECHTLICH GESICHERTER KREDIT IN DER KRISE
a)
Der Schuldner/Eigentümer befindet sich nicht in der Insolvenz und
wirkt mit
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Entscheidet sich die Bank nach einer entsprechenden positiven Prognose für
die Fertigstellung, werden die notwendigen Gelder nach Baufortschritt und
Prüfung durch die im Interesse der Bank eingebundene Bauüberwachung
direkt zur Begleichung der Handwerkerrechnungen freigegeben.
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Die Maßnahme erfolgt in enger Abstimmung mit dem Schuldner/
Eigentümer. Nach Fertigstellung werden die Pfandobjekte durch den Eigentümer verkauft. Die von der Bank zur Fertigstellung vorverauslagten Gelder
erhöhen den zu erzielenden Verkaufspreis. Die Bank gibt dann anlässlich des
Verkaufs gegen Zahlung des (erhöhten) Kaufpreises die zu ihren Gunsten
eingetragenen Grundpfandrechte frei.
b)
Der Schuldner befindet sich nicht in der Insolvenz und wirkt nicht mit
50
Eine zwangsweise Verwertung ist unvermeidbar.
51
Hier kann unter Umständen5 im Rahmen einer angeordneten Zwangsverwaltung und bei entsprechend vorhandener grundpfandrechtlicher Absicherung
mit Hilfe des Zwangsverwalters und durch Zahlung von Vorschüssen das
Zwangsverwaltungsobjekt werterhöhend fertig stellt werden.
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Die durch die Fertigstellung erzielte Werterhöhung ist in der gerichtlichen
Wertermittlung zu berücksichtigen.
53
Es ist daher wichtig, dass im parallel betriebenen Zwangsversteigerungsverfahren der mit der Wertermittlung beauftragte Gutachter erst dann sein Gutachten erstellt, wenn das Objekt fertig gestellt ist.
c)
Der Schuldner/Eigentümer befindet sich in der Insolvenz
54
Sofern die zu erstellende Prognose positiv ausfällt6 und der Insolvenzverwalter »mitspielt«, ist die Entwicklung/Fertigstellung des Pfandobjektes in der
Insolvenz unproblematisch. »Bauherr« ist hier der Insolvenzverwalter.
55
Die für die Fertigstellung erforderlichen Gelder werden von der Bank vorverauslagt. Voraussetzung ist auch hier eine bestehende grundpfandrechtliche
Absicherung in ausreichender Höhe.
5
6
10
Wie oben a).
S. o. IV. 2.
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Die Bank sollte bei der geschilderten Vorgehensweise ihre Rolle als Kreditgeberin nie überschreiten. Tut sie dies doch, indem sie zum Beispiel durch den
Einsatz eigener Baufachleute aktiv in die Fertigstellung eingreift, kann sie,
sollten sich später Mängel an dem Bauwerk herausstellen, wie in der Praxis
schon geschehen, unter Umständen wegen angeblicher Kenntnisse über vorhandene Mängel in endlose Prozesse verwickelt werden.
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Auf jeden Fall aber sollte die Bank als Kreditgeberin schon aus Eigeninteresse
eine eigene Bauüberwachung – möglichst durch einen vereidigten Sachverständigen – installieren. Der anschließende Verkauf durch den Insolvenzverwalter ist an sich unproblematisch.
57
Die Gewährleistungsfrage kann etwas schwierig werden. Der Insolvenzverwalter übernimmt üblicherweise keine eigene Gewährleistung, sondern tritt
nur die eigenen Gewährleistungsansprüche gegen die am Bau Beteiligten an
die Erwerber ab.
58
Ein weiterer Fall aus der Praxis:
Die Schuldnerin geriet während der Errichtung einer Wohnungseigentumsanlage in Insolvenz, nachdem sie zuvor die meisten der noch nicht fertig gestellten Wohnungen verkauft hatte. Einige Wohnungen waren bei Insolvenzeröffnung noch unverkauft. Auch hatten die Erwerber fällige Kaufpreisraten noch
nicht an die Bank als Zessionarin der Kaufpreisansprüche gezahlt.
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Obwohl die Schuldnerin noch Eigentümerin war, bildete die Gemeinschaft
der Käufer bereits zu diesem Zeitpunkt eine werdende WEG7. Mitglied dieser
werdenden WEG war/ist auch der Insolvenzverwalter für die noch nicht
verkauften Wohnungen. Die Gemeinschaft beschloss die Fertigstellung des
Gemeinschaftseigentums unter Einbeziehung des Insolvenzverwalters und
der Bank.
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Der Umfang der Fertigstellungskosten wurde durch einen vereidigten Sachverständigen ermittelt. Zu ihrer Kontrolle beauftragte die Bank in Absprache
mit der WEG einen eigenen Sachverständigen. Im Beschlusswege wurden alle
Mitglieder der WEG zur Zahlung von Kostenvorschüssen entsprechend der
ME-Anteile für die Fertigstellung des Gemeinschaftseigentums verpflichtet.
Die Vorschüsse für die noch nicht verkauften Wohnungen zahlte die Bank, da
die Masse über keine entsprechenden Mittel verfügte.
61
7
Vgl. Bassenge in Palandt, 70. Aufl., Einl. WEG RdNr. 6.
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Es war allen Beteiligten klar, dass die Erwerber die Kostenvorschüsse von den
noch zu zahlenden Kaufpreisraten abziehen würden. Nach Fertigstellung
wurde saldiert um festzustellen, ob der Bank noch rest-liche Kaufpreisansprüche zustünden. Sodann konnten die vor Insolvenz verkauften Wohnungen an
die Erwerber aufgelassen werden. Auch veräußerte der Insolvenzverwalter die
noch nicht verkauften Wohnungen. In die Kaufpreise flossen die von der Bank
gezahlten Kostenvorschüsse ein. Gegen Zahlung des erhöhten Kaufpreises
gab die Bank ihr Grundpfandrecht frei.
3.
a)
Sonstige Verwertungen innerhalb und außerhalb der Insolvenz
Die Insolvenz eines gemeinschaftlichen Mitschuldners und Miteigentümers
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Es kommt immer wieder vor, dass in Gemeinschaften ein Partner insolvent wird.
Hier stellt sich die Frage, ob eine Kündigung der Darlehen allein wegen der
Insolvenz eines Darlehnsnehmers zulässig ist.
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Grundsätzlich ist bei einer Mehrheit von Darlehensnehmern nur dann eine
einheitliche Kündigung möglich, wenn der Kündigungsgrund bei allen Darlehensnehmern vorliegt8.
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Wird trotzdem gekündigt, sollte diese rechtlich unsichere Situation dadurch
abgefedert werden, dass mit dem solventen Partner eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen wird.
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Auch ist es möglich, den insolventen Partner aus der Schuldhaft zu entlassen,
und zwar Zug um Zug gegen Übertragung seines Anteils an dem Grundstück
an den zahlungsfähigen Partner. Hierbei muss der Treuhänder/Insolvenzverwalter des insolventen Partners mitwirken. Gegen Zahlung eines angemessenen Betrages an die Masse ist dies meist ohne Schwierigkeiten durchführbar.
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Sofern der solvente Partner die Ratenzahlungsvereinbarung über einen längeren Zeitraum einhält, ist zu prüfen, ob nicht eine Umschuldung allein auf ihn
möglich ist.
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Vgl. dazu auch BGH NJW 02, 2866, Grüneberg in Palandt, 70. Aufl., § 425 BGB RdNr. 17
und Weidenhoff in Palandt, 70. Aufl., § 488 BGB RdNr. 24 und § 490 BGB RdNr. 3.
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b)
Die Verwertung der Immobilie in der Insolvenz des Schuldners
Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist der Insolvenzverwalter/Treuhänder kraft seines Amtes Vertragspartner beim Verkauf der Immobilie. Absprachen über die Modalitäten der Veräußerung sind mit diesem zu treffen
und sind in den meisten Fällen problemlos möglich.
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Für die Mitwirkung beim Verkauf verlangt und erhält der Insolvenzverwalter/
Treuhänder einen angemessenen Beitrag in Höhe von 2-4% des Kaufpreises
zur Masse.
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Der Insolvenzverwalter hat auch die Möglichkeit, das Pfandobjekt aus der
Masse freizugeben. Dann ist der Schuldner/Eigentümer wieder verfügungsberechtigt. Eventuell ist bei einem vorhandenen Titel die Umschreibung der
Klausel notwendig.
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V. Vorteil der freihändigen Verwertung im laufenden
Zwangsversteigerungsverfahren
Die freihändige Verwertung ist in den weitaus meisten Fällen der zwangsweisen Verwertung vorzuziehen. Es kann aber auch durchaus sinnvoll sein,
zweigleisig zu verfahren. Ein freihändiger Verkauf im laufenden Zwangsversteigerungsverfahren ist keine Seltenheit.
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Voraussetzung dafür ist, dass das Grundbuch nicht durch zu viele Grundpfandgläubiger »blockiert« ist. Aber auch in fast aussichtslosen Fällen ist mit
entsprechendem Verhandlungsgeschick eine freihändige Verwertung zu erreichen. Dazu müssen die nachrangigen Grundpfandgläubiger davon überzeugt werden, dass sie im Falle einer Zwangsversteigerung mit ihrem Recht
ausfallen, von dem zu erwartenden Erlös also nichts erhalten werden. Sofern
sie sich überzeugen lassen, erhalten sie aus dem Kaufpreis eine so genannte
Lästigkeitsprämie.
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Im Falle einer freihändigen Verwertung stellt sich oft die Frage nach der nach
dem Verkauf eventuell verbleibenden Restschuld. Ist der Schuldner auf Dauer
zahlungsunfähig und/oder strebt er die Verbraucherinsolvenz mit Restschuldbefreiung an, kann nach Verwertung der Grundpfandsicherheit der
Verzicht auf die Restschuld quasi die Belohnung für die Mitwirkung bei der
freihändigen Veräußerung sein. Die Bank sollte in diesem Fall sehr darauf
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