Volltext - Regionalmuseum Neubrandenburg

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Volltext - Regionalmuseum Neubrandenburg
Nordkurier / Heimat (2014-09-29) = Nr. 227, S. 25
Das Großherzogtum gönnte sich
sechs eigene Briefmarken
Von Martin Tannenberg
Ganze vier Jahre taten die
Marken von MecklenburgStrelitz ihren postalischen
Dienst — ein Salon in Neubrandenburg erinnert daran.
Der deutschen
Kleinstaaterei ist nicht nur
Schlechtes
nachzusagen.
Musenfreunden hat sie viele
Residenztheater hinterlassen. Philatelisten bescherte
sie eine zum Teil kostbare
Vielfalt bunter Briefmarken.
Einige davon feiern in einigen
Tagen ihren 150. Geburtstag.
Am 1. Oktober 1864 wurden im Großherzogtum
Mecklenburg-Strelitz Briefmarken zu einem viertel,
einem drittel, einem halben
und drei Silbergroschen sowie zu einem Schilling herausgegeben. Es war die erste und einzige Aktivität der
Strelitzer auf diesem Gebiet.
Obwohl sich das Großherzogtum bereits 1850 dem
Deutsch-Österreichischen
Postverein angeschlossen und
zugesichert hatte, „FrankoMarken herstellen und durch
die Post-Anstalten verkaufen
zu lassen“, hatte man keine
Eile damit. Erst 1864 wurde
im „Officiellen Anzeiger“
mitgeteilt: „Vom 1. Oktober
NEUSTRELITZ.
d. J. ab soll die Frankierung
der Briefpostsendungen, welche bei den Postanstalten zur
Aufgabe kommen, sowohl
durch Freimarken und Freicouverts als durch Erlegung
des Portos in baarem Gelde
zugelassen werden.“
Damit ist nicht gesagt, dass
es hier zuvor keinen Postverkehr gab. Mecklenburg-Strelitz hatte in der ersten Hälfte
des 18. Jahrhunderts die Postgeschäfte an Preußen vergeben. Das manifestierte sich
in der Residenzstadt durch
das „Combinierte PreußischStrelitzsche Postamt. Hundert Jahre später gab es einen
Modernisierungsschub.
Mecklenburg-Strelitz
erhielt 1860 Briefkästen
1840 einigten sich beide
mecklenburgischen Fürstentümer mit dem Königreich
Preußen über die Einrichtung eines Schnellpostkurses
von Rostock über Neustrelitz
nach Berlin. Ab 1860 hielten
Brief kästen im Großherzogtum Einzug, das damals über
zehn Postanstalten verfügte.
Neubrandenburg-Bahnhof
und Oertzendorf-Bahnhof kamen später, mit Einrichtung
der Bahnstrecken hinzu.
In den Postanstalten waren also vom 1. Oktober 1864
an Freimarken in vier Wertstufen zu erwerben. Ihr Aussehen, ein gekröntes Wappen
mit Büffelkopf, verdanken sie
Adolph Otto. Der Güstrower,
seines Zeichens „Graweur
und Klempnermeister“, hatte bereits die 1856 von Mecklenburg-Schwerin herausgegebenen Marken entworfen.
Otto fertigte auch die zwölf
Ringstempel an, die nun in
den Strelitzer Postämtern in
„Dienst“ gingen.
Die Briefmarken wurden
in der Preußischen Staatsdruckerei zu Berlin gedruckt. Für
den Prägedruck waren zwei
Druckgänge erforderlich. In
gummierten Bögen zu je 100
Stück kamen die Postwertzeichen ins benachbarte Mecklenburg-Strelitz. Der Bedarf
an eigenen Briefmarken dort
war aber eher gering. Dafür
spricht deren recht späte Einführung. Das Flächenland
zählte knapp 100 000 Einwohner. Zwei Drittel davon lebten
ökonomisch rückständig auf
dem Lande. Der Postverkehr
dort tendierte gegen null.
Fachleute
bezweifeln
deshalb, dass die erste Auflage der Briefmarkenwerte
in Höhe von jeweils 10 000
Stück bereits im ersten Monat postseitig verbraucht war.
Weshalb bereits 14 Tage spä-
ter Marken in rotorange und hellgrün für die Wertee
ein Viertel und
ein Drittel Silbergroschen in
Berlin nachbestellt wurden
und wofür die
am 26. Oktober
von dort nach
Strelitz
abgeschickten Exemplare tatsächlich
gedacht waren,
Ein gekröntes Wappen mit einem Büffelkopf ist auf den Marken von
Mecklenburg-Strelitz zu sehen.
REPRO: MARTIN TANNENBERG
gibt Philatelisten
bis heute Rätsel auf.
Klarheit herrscht dagegen in bis 1898. Zum 150-jährigen des Salons, am 1. Oktober, ist
der Beurteilung der Qualität Jubiläum der Herausgabe der ein Tag der Briefmarke mit
der Strelitzer Briefmarken. ersten Briefmarken in Meck- Sonderpostamt, Sonderstem„Sie zeigen alle einen aus lenburg-Strelitz führt der pel geplant. Es wird Händlerhistorischer Sicht sauberen Landesverband der Philatelis- stände und einen Großtausch
Druck“, so der Leipziger Phi- ten jetzt einen Mecklenburg- geben, ist zu erfahren.
Ein philatelistischer Stadtlatelist Wolfgang Flemming. Salon im Regionalmuseum
Neubrandenburg durch.
rundgang soll an historische
Uwe Pestlin vom Neu- Stätten Neubrandenburgs
Schnell verloren die
brandenburger Briefmarken- mit Bezug zu philatelistiStrelitzer die Posthoheit
Ihr postalischer Einsatz en- sammler-Verein ist der Aus- schen und stadtgeschichtdete am 31. Dezember 1867. stellungsleiter. „Der Salon lichen Ereignissen führen.
Mit Beitritt zum Norddeut- soll die Post- und Heimatge- Zudem sind an den Wochenschen Bund 1868 verloren schichte Mecklenburgs ins- enden Postkutschen- und
die Strelitzer die Posthoheit. gesamt seit dem Hamburger Postbusfahrten auf der hisFür die Briefmarken interes- Vergleich vom 8. März 1701 torischen Postverbindung
sierten sich fortan Sammler bis in die Gegenwart umfas- zwischen Neustrelitz und
und Händler. Der Schweriner sen, bei besonderer Berück- Neubrandenburg geplant.
Günter Schnelle hatte die sichtigung der Geschichte Führungen durch die AusRestbestände beider Meck- des ehemaligen Großherzog- stellung und Vorträge runlenburg für 100 Thaler auf- tums Mecklenburg-Strelitz“, den das Programm ab. www.
gekauft und veräußerte sie sagt Pestlin. Zur Eröffnung museum-neubrandenburg.de