Polnisches Gericht enteignet deutsche Aussiedler

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Polnisches Gericht enteignet deutsche Aussiedler
Zeitung für Schlesien
Herausgeber: Landsmannschaft Schlesien - Nieder- und Oberschlesien
Redaktionsanschrift: Dollendorfer Str. 412, 53639 Königswinter, Tel. (0 22 44) 92 59-0
Nummer 20/2004
Einzelpreis 2,00 Euro
15. Oktober 2004
Polnisches Gericht
enteignet deutsche Aussiedler
Antideutsche Entrechtungsgesetze leben fort
Rudi Pawelka - Bundesvorsitzender der Landsmannschaft Schlesien
W
as im April 2003 von der Oppelner
geht das Eigentum von Personen, die die polWo es dem angeblichen nationalen InterWoiwodin gefordert worden war,
nische Staatsangehörigkeit verlieren, in
esse dient, wird die Tradition einer dunklen
hat das Amtsgericht in Neustadt/OS (Prudden Besitz des Staates über.
Zeit fortgesetzt, das europäische Rechts- und
nik) am 17.9.2004 bestätigt: Die entschäWertesystem bleibt auf der Strecke.
digungslose Enteignung einer deutschen Ausie polnischen Behörden hatten es nach
siedlerfamilie auf der Grundlage alter Entder Ausreise der Familie versäumt, den
an fragt sich, welches Verständnis über
rechtungsdekrete, die für Deutsche nach dem
Grundbucheintrag zu ändern. Das Gericht
einen Rechtsstaat zugrunde liegt,
Krieg erlassen wurden. Über den Fall war
meinte nun, dass ein fehlender Grundwenn das Gericht sich als Wahrer eines Unim Pressedienst Schlesien wiederholt bebucheintrag das damals geltende Gesetz
rechtsstaates und seiner menschenverachrichtet worden. Zur Erinnerung sei noch einnicht außer Kraft setzen könne. Das Urteil
tenden Gesetze versteht. Dass die angemal darauf hingewiesen, dass Tochter und
bestätigt damit altes Unrecht der kommuwandten Bestimmungen eindeutig rassistiSohn der Eigentümerin eines kleinen
nistischen Diktatur. Wer gedacht hatte, mit
schen Charakter haben, braucht nicht näWohn- und Geschäftshauses vor ca. 2 1/2
dem EU-Beitritt Polens werde auch eine völher ausgeführt zu werden, denn die nach
Jahren als Erben im Grundbuch durch das
lige Abkehr von Willkür und Diskriminiedem Krieg erlassenen Entrechtungsdekrete
Amtsgericht Neustadt eingetragen wurden,
rung eintreten, erfährt nun das Gegenteil.
trafen nur Deutsche und dies nur wegen ihErbschaftssteuer und
rer Volkszugehörigkeit. Bei
Gebühren bezahlt,
seiner Entscheidung störte
sowie Reparaturen
das Gericht auch nicht, dass
finanziert hatten.
das Dekret vom 8.3.1946
Auf Betreiben der
und das Gesetz von 1961
Woiwodin von Opbereits 1985 aufgehoben
peln, die den zuwurden. Es ging allein davon
ständigen Landrat
aus, dass sie bei der Ausreides Kreises anwies,
se der Familie 1980 noch
das Haus auf Grund
galten.
des Dekrets vom
8.3.1946 in staatie die Süddeutsche
lichen Besitz zu
Zeitung (SZ) am
nehmen, kam es
20.9.2004 berichtete, feierjetzt zu dem erte die konservative und nawähnten
Urteil.
tionale Presse Polens die GeZwar wurde später
richtsentscheidung als groim Verfahren ein
ßen Sieg. Schon während
Raumordnungsgeder
drei Prozesstage hatten
setz von 1961 als
nationalistische Kräfte vor
Grundlage herangedem Gericht demonstriert
zogen, dieses Geund ein Urteil im nationalen
setz nimmt aber in
Sinne
gefordert. In Obereiner Bestimmung
schlesien gibt es nach Anausdrücklich Bezug
gaben der SZ noch 1000
auf das Deutsche
Agnetendorf/Kreis Hirschberg, Haus Wiesenstein, Wohnhaus Gerhart Hauptmanns.
ähnliche gelagerte Fälle, die
betreffende VertreiFoto: Archiv SN
auf eine Lösung warten.
bungsdekret vom
Hier lernte die in unserem Rätsel „ Wer ist's?" gesuchte Person den deutschen AußenFür die betroffene Familie
8.3.1946. Danach
minister Walter Rathenau kennen. Mehr auf Seite 13!
fallen nun für Gerichts- und
D
M
BILD AUS DER HEIMAT
W
POLITIK
2
Anwaltskosten der Gegenseite allein ca.
20.000 Zloty an, dazu kommt die Bezahlung des eigenen Anwalts und die bereits für
das Haus bestrittenen Auslagen.
B
undeskanzler Schröder hat mit seinen Zusicherungen in Warschau ohne Zweifel
polnischen Nationalismus gestärkt. Dazu
beigetragen haben auch all diejenigen, die
sich bei uns gegen die Einforderung von
Rechten wenden. Sie alle müssen sich auch
fragen, ob sie damit nicht die Missachtung
von Menschenrechten in Polen gefördert haben. Die von der Landsmannschaft Schlesien unterstützte Preußische Treuhand istdes-
Schlesische Nachrichten 20/2004
halb auf dem richtigen Weg, wenn sie heutige Diskriminierungen und Willkür durch
Klagen beseitigen will, Klagen, die nötig sind,
weil Politiker versagen.
D
as Urteil von Neustadt ist ein Beleg dafür, dass Polen im europäischen Wertesystem noch nicht angekommen ist, sowie
dies zuletzt in einer Entschließung der
Bundesdelegiertenversammlung der Landsmannschaft Schlesien im Mai dieses Jahres
festgestellt wurde.
Das Land wird noch einen weiten Weg
zu einem demokratischen Rechtsstaat zurücklegen müssen.
Schlesische Notizen
Partnerschaft zwischen Niedersachsen
und Niederschlesien. Während seines Besuches in Kreisau und in Breslau bezog sich
Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff auf die 1993 zwischen Niedersachsen und der damaligen Wojewodschaft
Breslau, jetzt Wojewodschaft Niederschlesien, geschlossene Partnerschaft
und erinnerte an einige Aktivitäten. Es bestehen inzwischen 165 Schulpatenschaften. „Die Universitäten Hannover und
Göttingen verbindet eine Zusammenarbeit
mit der Universität in Breslau. Die Technische Universität Breslau und die Fachhochschule Braunschweig-Wolfenbüttel
haben eine erfolgreiche Kooperation abgeschlossen. Den Kulturpreis Schlesien gibt
es seit 1977. Die diesjährige Preisverleihung
fand in Breslau statt. Über den Kulturpreis
verbindet uns eine langjährige Zusammenarbeit im kulturellen Bereich, die
auch schwierige politische Phasen überdauert hat". Wulff nannte Niederschlesien
den „größten Handelspartner aus den Beitrittsstaaten" und führte namentlich mehrere Firmen an, die in Niederschlesien erfolgreich operieren. „Und last not least die
Volkswagen AG. Volkswagen Motor Polska in Polkwitz ist binnen 5 Jahren zu einer
starken Tochter in der Volkswagenfamilie
geworden".
•
Drei Bundestagsabgeordnete in Ratibor
angekündigt - Fehlanzeige. Zur Zehnjahresfeier der Wiedererrichtung des Eichendorff-Denkmals waren die Mitglieder
des Deutschen Bundestages Dr. Angelika
Schwall-Düren (SPD) und von der CDU Dr.
Peter Paziorek und Michael Kretschmer offiziell angekündigt worden, aber alle Drei
fehlten. Polnischerseits waren drei Abgeordnete des Warschauer Sejms und zwei
Abgeordnete des Europa-Parlaments anwesend, unter ihnen der frühere Ministerpräsident (1997 - 2001 ) Jerzy Buzek.
•
Eine neue Stadt im Kreis Oppeln geplant.
Mit drei Gegenstimmen hat der Gemeinderat von Groß Döbern beschlossen, die
Gemeinden Groß Döbern, Klein Döbern und
Brische als Stadt zu konstituieren. Die Stadt
erfüllt nach Ansicht des Bürgermeisters von
Groß Döbern alle Anforderungen an eine
Stadt. Das Gebiet zählt über 5.000 Einwohner, die überwiegend in den Bereichen
Industrie und Gewerbe, Handel und
Dienstleistungen arbeiten, die Landwirtschaft nehme in der Beschäftigung der Einwohner eine Randstellung ein. Man verfüge über ein geeignetes Bildungsnetz, so ein
allgemein bildendes Lyceum, eine Grundberufsschule und drei Vorschulen. Das Lyceum pflegt seit kurzem mit Königswinter
bei Bonn eine Schulpflegschaft.
•
Wann flaggt das Haus Schlesien wieder
schlesisch? Es war Tradition seit Bestehen des Hauses Schlesien seit einem Vierteljahrhundert, dass bei gegebenem Anlass
die beiden schlesischen Fahnen für Niederund Oberschlesien gehisst werden. So
auch, wenn der Bundesvorstand des
Landsmannschaft Schlesien im Haus
Schlesien tagt. Das aber war inzwischen
unterblieben, so dass an die alte gute Gewohnheit sogar schriftlich erinnert werden
musste. Aber es blieb dabei, schlesisch
wird nicht geflaggt, dafür aber Werbefahnen, die nichts besagen. Gern wird zu berichten sein, wenn ein guter Brauch nicht
abgebrochen, sondern fortgesetzt wird.
Zum Haus Schlesien gehören selbstverständlich außer der Flagge der Bundesrepublik Deutschland auch die Flaggen
Schlesiens.
•
Gilt noch die DDR-Sprachregelung,
wenn über Schlesien berichtet wird? In
ganzseitigen Berichten wurden in der
„Sächsischen Zeitung" die Nachbarlandschaft Schlesien in sechs Folgen vorgestellt.
Man durfte dann von Karpacz, Strzelczyna, Czola, Sniczka lesen, wenn nicht später gelegentlich Karpacz als Krummhübel
und Sniczka als die Schneekoppe im folgenden Text deutsch erklärt wurden, aber
immer wieder bleibt es auch dabei, sich nur
polnisch auszudrücken. Bekanntlich durfte in Zeiten der DDR kein deutscher Name
Schlesiens deutsch genannt werden. Aber
in der „Sächsischen Zeitung" liest man noch
heute etwas über die Friedenskirche in
Swidnica, obwohl Schweidnitz gemeint sein
soll!
•
„Osteuropäisches Magazin" verdrängt
„Alte und neue Heimat". Sonntags im 5.
Programm des Westdeutschen Rundfunks
zwischen 9.20 und 10.00 Uhr, Titel der Sendung seit langem und bewährt „Alte und
neue Heimat", aber jetzt ist dieser Titel eine
Lüge, denn man sendet regelmäßig statt
dessen, als Untertitel auch so benannt, ein
„Osteuropäisches Magazin", unterbrochen durch Eigenwerbung des WDR.
Jüngst wurde die ganze Zeit hindurch von
Grenzkontrollen, illegalen Grenzüberschreitungen und Schleuserbanden berichtet, das begann an Oder und Neiße und
weitete sich bis nach Ungarn einerseits und
zur polnisch-ungarischen Grenze aus. Mit
„Alter und neuer Heimat", mit Themen aus
der Heimat der Vertriebenen und über die
heutigen Verhältnisse in der Heimat haben
Geschichten von Zöllnern und festgenommenen Grenzüberschreitern nichts zu
tun.
SW
Polnisches
Jedwabne und die Folgen. Das Buch von
Jan Tomasz Gross „Nachbarn" über den
Pogrom im Juli 1941 löst auch weiterhin
Diskussionen über den Antisemitismus in
Polen aus. Gross ist darin zuzustimmen, wie
es in einem Bericht von Karol Sauerland
in der „Frankfurter Zeitung" heißt, „dass die
Art, wie mit Jedwabne in Polen umgegangen wird, auch über die Zukunft des Landes entscheidet. Internationales Ansehen
gewinnt ein Land nur, wenn es zu seinen
ruhmvollen und seinen beschämenden Taten in gleicher Weise steht".
•
„Die Nachkriegszeit dauert an". Dies erklärte der polnische Außenminister Wlodzimierz Cimoszewicz in einem Interview
gegenüber dem Nachrichtenmagazin
„Der Spiegel". „Die polnische Initiative (Reparationsforderungen) ist eine Reaktion auf
die Handlungen des Bundes der Vertrie-
benen und der Preußischen Treuhand.
Ich habe in Berlin davor gewarnt, dass
deutsche Forderungen in Richtung Polen
zu einer Gegenreaktion führen können, in
der Polen seine im Zweiten Weltkrieg erlittenen Schäden in Deutschland in Rechnung stellt. In Polen steckt noch immer ein
tiefes Gefühl, großes Unrecht erlitten zu
haben. Wir reden hier über Millionen Opfer, über die Zerstörung unseres Landes,
über den Raub eines großen Teils unseres materiellen Kulturerbes. Es geht auch
darum, dass der Zweite Weltkrieg zu einer sehr unglücklichen Nachkriegsstruktur geführt hat. Der kommunistische
Machtbereich, diese Konstruktion hat
uns für die Hälfte des 20. Jahrhunderts die
Möglichkeit genommen, normal zu leben
und uns zu entwickeln ...".
Fortsetzung auf Seite 4 > »
Schlesische Nachrichten 20/2004
POLITIK
Der ewige Revanchist
Dr. Herbert Hupka - Ehrenvorsitzender der Landsmannschaft Schlesien
Der „Kölner Stadtanzeiger", ein vielgelesenes Blatt im Rheinland, griff einmal wieder in die Kiste der verleumderischen
Schlagworte. Der Leitartikler schrieb: „Unter den orthodoxen Kräften des BdV ist der
jahrzehntealte revanchistische Geist der
Czajas und Hupkas noch ziemlich lebendig. Für die Anerkennung der deutschen
,Erstverantwortung' (Giordano) und sich
daraus ergebende Konsequenzen ist in diesem Denken kein Platz". Zur Erläuterung,
da man sich auf den Publizisten Ralph
Giordano beruft, ein Zitat aus der September-Nummer der links angesiedelten
Monatsschrift „konkret": „Meine Charta (gemeint ist das Contra zur Charta der deutschen Heimatvertriebenen): Erstverantwortlich auch für die Vertreibung, wie auch
für jeden Zivil- und Militärtoten des Zweiten Weltkrieges, waren Hitler und seine Anhänger - ohne die Vorgeschichte der Vertreibung keine Geschichte der Vertreibung".
Der Verbrecher Adolf Hitler hat also die
Maße gesetzt, nach denen dann andere gehandelt haben. Der erste Brandstifter erklärt ganz einfach und konsequent die weiteren Brandstiftungen und soll das hinnehmen, was nach ihm an weiteren Verbrechen geschehen ist, zum Beispiel das
Verbrechen der Vertreibung.
Wer sich des Ausdrucks Revanchismus bedient, muss wissen, dass er sich eines Totschlageworts des Kommunismus bedient.
Der in Gießen lehrende Politologe Samuel
Salzborn, linksaußen anzutreffen, hat im
Jahre 2001 mit gewissem Finderstolz versichert, dass das Wort von den politisch
engagierten Heimatvertriebenen und deren
Sprechern als Revanchisten ein Fabrikat der
Kommunisten in der DDR gewesen ist. Er
schrieb: „Die Verwendung des Begriffes Revanchismus in seiner auf die Vertriebenenverbände und die deutsche Außen- und
Ostpolitik bezogene Bedeutung wurde in
der DDR geprägt".
Es gab in den Jahrzehnten des Kalten
Krieges in der Bundesrepublik Deutschland
einen Journalisten namens Georg Herde,
der dann auch als Funktionär der DKP ge-
TERMINE
Die Burschenschaft Cimbria Lemgo und der
Burschenschaft Normannia-Nibelungen
zu Bielefeld in der deutschen
Burschenschaft(DB)
laden zur einer
Podiumsdiskussion ein zum Thema:
Europa-Gespräch OWL:
Die EU-Osterweiterung:
Chancen für die Vertriebenen?
Klärung der offenen Eigentumsfragen
Rudi Pawelka,
Bundesvorsitzender der Landsmannschaft
Alexander llgmann, Rechtsanwalt
Donnerstag, den 21. 10. 2004, 19 Uhr
im Haus der Normannia-Nibelungen
Schloßhofstrasse 96, 33615 Bielefeld
ehrt wurde, weil er gewissenhaft den Auftrag erfüllte, jegliche Äußerung und Handlung der Landsmannschaften, des Bundes
der Vertriebenen als Revanchismus zu interpretieren. Mit dem Erfolg, dass seine regelmäßigen Veröffentlichung „Neue Kommentare" von Ost-Berlin bis Moskau
prompt nachgedruckt wurde. Mit den
Wörtern Revanchisten, Revanchismus
waren grausame Rache und Kriegstreiberei, fortlebender Nationalsozialismus und
neue Vertreibungen in Ostdeutschland
jenseits von Oder und Neiße und im Sudetenland gemeint. In den Pressedienst der
SPD übernahm der seinerzeitige Partei-Geschäftsführer Peter Glotz sogar ein den Revanchismus bloßstellendes Falschzitat eines Sprechers der Vertriebenen auf, so dass
dagegen mit Erfolg juristisch vorgegangen
werden musste.
Wer heute in Breslau, Oppeln, Gleiwitz, Krakau oder Warschau als verantwortlicher
Wortführer der Vertriebenen präsent ist,
dem wird dieses Wort vom Revanchisten
nirgendwo entgegen gehalten. Politiker und
Medienvertreter wissen, dass dieser Begriff,
es seien Revanchisten am Werk und begegneten ihnen jetzt, kommunistische
Propaganda gewesen ist. Das bedeutet
allerdings nicht, dass man gleich deswegen
einer Meinung sein müsste. Aber gegensätzliche Standpunkte werden frei von jeglicher Beschimpfung und Verächtlichmachung, es mit einem Revanchisten zu tun
zu haben, vertreten und verfochten.
Es ist darum ebenso unverständlich wie
3
empörend, dass im Jahre 2004 erneut der
„revanchistische Geist der Czajas und Hupkas" beschworen wird, um das Tun der
Landsmannschaften und des BdV während
der Jahrzehnte vor der Wende von
1989/90 besserwisserisch anzuklagen.
Diejenigen, die vom Revanchismus tönen,
müssen Beweise liefern, um ihre Behauptung zu rechtfertigen. Es hat unter den für
die Politik der Vertriebenen Verantwortlichen
zu keiner Zeit eine Handlung oder ein Wort
gegeben, das unter die Rubrik des kommunistischen Schlagworts vom Revanchismus eingeordnet werden könnte.
Geboten ist, dass die jetzt revitalisierte
Verdächtigung mit Nachdruck zurückgewiesen wird. Ob es im „Kölner Stadtanzeiger" protestierende Leserbriefe gegeben
hat, konnte nicht festgestellt werden. Dr.
Herbert Czaja, der 1997 gestorben ist, kann
sich selbst gegen diese Verdächtigung persönlich nicht mehr zur Wehr setzen. Aber
es darf angemerkt werden, dass ihm, der
über zwei Jahrzehnte Präsident des Bundes der Vertriebenen und bis zu seinem
Tode Vorsitzender seiner Landsmannschaft gewesen ist, nirgendwo während seines Besuches in seiner oberschlesischen
Heimat ein Jahr vor seinem Tode der Vorwurf, ein Revanchist zu sein, gemacht worden ist. Der gleichfalls des offenbar sogar
ansteckenden „revanchistischen Geistes"
grundlos Beschuldigte kann dies gottlob
noch selbst tun. Revanchistisch zu sein, ist
ein nicht minderer Vorwurf als jemand des
Antisemitismus zu beschuldigen.
Warum schweigt die gegenwärtige
BdV-Führung, wenn die Verantwortlichen
der Vergangenheit verdächtigt und anklagend verurteilt werden?
Aufruf zur „Treuespende Schlesien*
Verehrte Landsleute und Freude Schlesiens!
Ihre Treuespende ist heute leider schon
eine Notwendigkeit geworden, angesichts der leeren Kassen und geringen
Zuwendungen aus der öffentlichen
Hand.
Um unsere fast sechzigjährige Heimatarbeit weiterführen und in die europäische Kultur einbringen zu können,
brauchen wir haupt- und ehrenamtliche
Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.
In unserer bescheidenen Bundesgeschäftsstelle im Haus Schlesien, werden
von einer handvoll Angestellten alle Aktivitäten gebündelt und sinnvoll bearbeitet. Wünsche und Sorgen Ratsuchender gehört und Spendeneingänge
erfasst und sinnvoll eingesetzt.
Ohne die Liebe und Treue unserer
Landsleute und Freunde müsste die Geschichts- und Kulturarbeit auf die Archivierung in Museen beschränkt bleiben
und würde nicht weitergetragen. Kulturtage, Seminare, Delegiertentagungen,
das Deutschlandtreffen und die kulturelle
Breitenarbeit blieben auf der Strecke.
Die Aktive Einbindung der in der Heimat verbliebenen Landsleute in die
Breitenarbeit würde zum Stillstand kommen, wenn Sie, verehrte Landsleute Ihre
Spendenbereitschaft einstellen würden.
An alle Teilnehmer- und Teilnehmerinnen der kulturellen Angebote sei meine Bitte gerichtet:
Halten Sie Ihren Wurzeln und der
Jahrhunderte gewachsenen Kultur-Geschichte die Treue mit Ihrer aktiven und
finanziellen Zuwendung.
Die heimatverbundene Jugend und
die in der Heimat verbliebenen Landsleute hoffen auf Sie!
Ihrer Spendenfreudigkeit sind keine
Grenzen gesetzt!
Schlesien verdient einen Platz an der
Sonne, auf dem Spendenkonto:
Niederschlesische Sparkasse Görlitz:
Konto-Nr. 40 410, BLZ 850 501 00
Schlesien Glückauf!
Ihre
Margarete Weber
Bundesfrauenreferentin
Landsmannschaft Schlesien
4
> > > Fortsetzung von Seite 2
Zum Tode von Thaddäus Schäpe. 1954
in Cosel geboren, gehörte er zu den Aussiedlern des Jahres 1967. Als Mitglied der
SPD arbeitete er nach seinem Studium der
Politik- und Wirtschaftswissenschaft in
Bonn in der Friedrich-Ebert-Stiftung. Er
wurde, wieder in die Heimat zurückgekehrt, Mitbegründer und Direktor des 1998
gegründeten „Hauses für Deutsch - polnische Zusammenarbeit" in Gleiwitz. In einem Nachruf des Vorstandes heißt es:
„Seine Verdienste um die deutsch-polnische Verständigung können nicht hoch genug eingeschätzt werden. Seine stets bereichernden Ideen und wertvollen Anregungen werden uns stets fehlen". Am 3.
September ist er gestorben. Es ist ein
schwerer Verlust für das historisch bewusste und geistige Klima innerhalb der
deutschen Minderheit in Oberschlesien.
Intoleranz der Wojewodin in Oppeln.
Man stelle sich vor, in Oberschlesien, im
Bezirk der Wojewodin Elsbieta Rutkowska, soll es Soldatendenkmäler geben, auf
denen an Deutsche erinnert wird, die im
Zweiten Weltkrieg gefallen sind, aber bislang nicht offiziell registriert wurden!
„Während einer Dienstreise", so verlautete
die Wojewodin in Oppeln, „haben wir zusammen mit dem Kabinettsdirektor überprüft, ob die Symbole und Aufschriften auf
den Denkmälern, die vorher die juristischen
Zweifel erweckten, von den Selbstverwaltungsbehörden verändert wurden.
Das einzige Register der deutschen
Denkmäler wurde im Jahre 1992 erstellt.
Dort wurden etwa 70 Denkmäler und Gedenkstätten aufgezeichnet. Während unserer Dienstfahrt haben wir jedoch fast 40
weitere entdeckt. Die Mehrheit der entdeckten Denkmäler ruft keine juristischen
Einwände hervor. Dort aber, wo noch Unklarheiten in Bezug auf die Form der Denkmäler bestehen, werden Anordnungen
vom Wojewodschaftsamt an die jeweiligen Selbstverwaltungen verschickt, bezüglich der notwendigen Veränderungen, die vorgenommen werden müssen".
Es darf laut Anordnung der Wojewodin im
Oppelner Schlesien keine Symbole wie das
Eiserne Kreuz oder ein Stahlhelm gezeigt,
der Ausdruck „Gefallene" nicht gebraucht
werden!
•
Größte Errungenschaften der letzen 15
Jahre. Nach einer Umfrage der Warschauer Zeitung „Rzeczposcpolita" gehören zu den größten Errungenschaften
seit der Wende von 1989 der Beitritt Polens zur Europäischen Union sowie die
Presse- und Reisefreiheit. Zu den größten Niederlagen gehören die hohe Arbeitslosigkeit, die Korruption und die Unehrlichkeit der Politiker. „Unter den Personen, die den größten Einfluss auf die Geschehnisse in den letzten 15 Jahren ausübten, wurden vor allem Papst Johannes
Paul II., Lech Walesa und Jacek Kuron genannt". Jan Kuron, im Juni 2004 gestor-
POLITIK / LESERBRIEFE
ben, war zuerst Kommunist, dann aber ein
offensiver Streiter für die Freiheit und wurde wiederholt zu langen Gefängnisstrafen
verurteilt.
•
„Gemeinsame Identität" Aus Anlass der
Wiedererrichtung des Eichendorff-Denkmals in Ratibor sagte Wojziech Pomianowski, Referent für die deutschsprachigen Länder im polnischen Außenministerium, dass zu den Leistungen der Vergangenheit oft Leistungen verschiedener
Kulturen und Völker gehören. „Die Erben
sind nicht selten Menschen, die verschiedene Pässe haben und verschiedene Sprachen sprechen. Es ist eine glückliche Fügung, wenn sie nun ihre gemeinsame Identität entdecken und pflegen. Wie
es jetzt im Falle Joseph von Eichendorffs
getan wird". Sätze, die zu Interpretation
einladen und zur Frage, ob sie vor der Realität bestehen.
SN
Schlesische Nachrichten 20/2004
TERMINE
Schlesischer Kulturkreises München
27. Oktober 2004, 18.00 Uhr:
Der tolle Pückler- Lebemann, Weltreisender, Schriftsteller und Cartenkünstler-von
und mit Günter Elze.
24. November 2004:
Schlesische Weihnachtskrippen - viele
Bilder erinnern an das schönste Fest des Jahres in der Heimat mit den verschiedenen
Krippenformen und wie sie entstanden sind.
Raethenhaus, Luisenstraße 27. Eintritt frei!
Freiwillige Spende
und zur Finanzierung des Saales
ein gewisser Verzehr erbeten!
Leserbriefe
Zu „Wider das Aufrechnen und
Abrechnen" (SN 14/2004)
Der Beitrag befasst sich mit der Teilung
Polens in der Zeit von 1772 bis 1795.
Die Überschrift lässt auf eine Ängstlichkeit vor einer möglichen Aufrechnung
schließen, die aber unbegründet ist.
Wenn von Polen aus versucht werden
sollte, eine Aufrechnung und Abrechnung vorzunehmen, dann käme für Polen ein Minusergebnis heraus. Preußen
hat, als seine Grenzen in den Polnischen
Teilungen verschob, nicht auch die Menschen mitverschoben. Außerdem ist
Preußen nicht Deutschland. Das
Deutschland, von dem heute ausgegangen wird, gab es zum Zeitpunkt der
Polnischen Teilungen noch gar nicht.
Preußen hat auch nicht die kulturelle Eigenständigkeit seiner polnischen Bewohner und Gebiete angetastet. Preußen war auch nicht der Hauptinitiator der
Teilung Polens. Da es aber seit Jahrzehnten üblich ist, die Geschichte in ihrer gesamten Länge auf deutsches
Schuldkonto abzubuchen, hat sich Polen einmal mehr dieser Methode bedient,
ermutigt durch deutsche Zurückhaltung
in solchen Fällen. Die polnische Seite
setzt in ihrem Bemühen, deutsches Gewissen zu treffen, auf die Unwissenheit
der Menschen, die in Polen groß und in
Deutschland noch größer ist. In Zusammenhang mit der Thematik habe ich
zwei Schreiben mit Datum vom 23. Juli
2004 und 17. August 2004 an Bundeskanzler Schröder sowie zwei Schreiben
an die Polnische Botschaft mit Datum
vom 12. Juli 2004 und 3. August 2004
gesandt. Alle die genannten Schreiben
können im Internet unter: www.hisverius.de und dort unter der Leiste „Überleitungsvertrag" abgerufen werden.
H. Drews, Hamburg
Zum Titelbild SN 18/2004 und zu
„Schlesier feierten 14 Tage
Johannis" (SN 15/16/2004 / S. 11)
Auf dem Titelbild der SN 18/2004 ist
nicht Silberberg, sondern Schloß Johannesberg über Jauernig zu sehenSchloss Johannesberg lag nicht bei Jauernig im Altvater: Es ist das Reichensteinergebirge, nicht der Altvater. Kardinal Bertram war viel in Jauernig, dort
starb er auch. Ich wohnte damals in
Patschkau, 8 km von Jauernig entfernt.
Bei Silberberg handelt es sich um eine
Festung.
Gern las ich Ihren Artikel in den
SN 15/16/2004:
An diesen Tag erinnere ich mich gut. Die
Eltern fuhren immer zum Johannisfest
nach Breslau! Am 24.6. liefen wir zum
Johannesfeuer außerhalb der Stadt. Wir
sangen und tanzten! Über unserer
Haustür hing ein Eichenlorbeerkranz!
A. Müller, Straelen
Schlesische Nachrichten 20/2004
POLITIK
Leserbriefe
Haus Schlesien Gründung der Landsmannschaft Schlesien
1973 wurde das Haus Schlesien inmitten
der euphorischen Ostpolitik mit ihren Ostverträgen gegründet. Wir alle sind gemeinsam stolz darauf, dass es das Haus
Schlesien gibt. Die Schwierigkeiten, vor allem materieller Art, dürfen selbstverständlich nicht unterschätzt werden. Es bedarf immer wieder neuer Anstrengungen
und kluger Zielsetzungen, um die Existenz
des Hauses Schlesien zu behaupten und
zu fördern.
In der jüngsten Selbstdarstellung des
Hauses Schlesien durch seinen Präsidenten Reinhard Blaschke (SN 15. April 2004)
wird das Gemeinsame zwischen der
Landsmannschaft Schlesien und dem Verein Haus Schlesien, wie es sich seit der
Gründung von selbst versteht, genannt,
aber es werden absichtlich Unterschiedliches, ja Gegensätzliches herausgestellt.
Darauf muss geantwortet werden.
„Gegebenenfalls können unterschiedliche Meinungen zur Rolle von Haus Schlesien unter dem Gesichtspunkt der Völkerverständigung auftreten", so heißt es in der
Selbstdarstellung des Hauses Schlesien.
Völkerverständigung, um dieses Wort zu
wiederholen, heißt unter uns Schlesiern:
Verhältnis zwischen uns Deutschen und unserem polnischen Nachbarn. Was soll das
bedeuten, dass offensichtlich das Haus
Schlesien sich gezwungen sähe, sich von
der Landsmannschaft Schlesien zu distanzieren, denn es wird vorsorgend angenommen, dass das Haus Schlesien eine andere Geige spielt, während sich die Landsmannschaft Schlesien unversöhnlicher
gebärden könnte. Die vom Haus Schlesien
in Anspruch genommene Völkerverständigung scheint beim Haus Schlesien besser vertreten zu sein, als bei der Landsmannschaft Schlesien, darum im Voraus
angekündigt „unterschiedliche Meinungen!".
Seit der Wende von 1989 / 90 ist gottlob ein kleiner Teil Schlesiens, die schlesische Oberlausitz mit Görlitz als Zentrum
Teil der Bundesrepublik Deutschland geworden. Die Verfassung des Freistaates
Sachsen hat dieses Schlesien anerkennend
eingefügt. Jetzt soll aber dieses Stück
Schlesien vom Rheinland sehr weit weg liegend, geradezu allzu weit weg, denn um
einen künstlichen Gegensatz zwischen dem
Schaufenster Schlesien, dem im Haus
Schlesien eingerichteten Museum für
Schlesische Landeskunde, und dem Landesmuseum Schlesien in Görlitz zu konstruieren, lesen wir in der Selbstdarstellung:
„Nach Görlitz - und weiter nach Osten werden diejenigen freiwillig reisen, die für
die Geschichte und Kultur Schlesiens .Feuer gefangen' haben". Das Gegenargument
gegen Görlitz und für das im Rheinland stehende Haus Schlesien lautet jetzt so, mit
dem Akzent auf dem Rheinland: „Wenn
man Menschen für die Geschichte und Kul-
tur unserer schlesischen Heimat gewinnen
und begeistern will, muss man sie dort abholen, wo sie sind. Und diese Zielgruppen
befinden sich überwiegend in der Mitte Europas". Bis jetzt durfte man der Meinung
sein, dass auch Schlesien zur Mitte Europas gehört, nicht nur das Rheinland.
Außerdem soll Schlesien, diesseits der Görlitzer Neiße und „weiter nach Osten" nur
noch für diejenigen Mitbürger etwas bedeuten, „die für die Geschichte und Kultur Schlesiens ,Feuer gefangen haben'". Ein
Normalbürger des deutschen Volkes sollte am besten diesen nicht mehr zur „Mitte Europas" gehörenden fernen Osten sich
selbst überlassen.
Haus Schlesien, so heißt das Haus, aber
Schlesien befindet sich im Rückzug, jedenfalls wird behauptet, dass man nicht
mehr wie bis noch vor kurzem lieber erst
gar nicht mehr von Schlesien spricht. Von
der Vizepräsidentin und Geschäftsführerin
des Hauses Schlesiens war in einem Interview, nicht jetzt in der Selbstdarstellung,
zu vernehmen, dass man ein „Schlesien
light" im Haus Schlesien im Auge habe. Also
ein leichtgewichtiges Schlesien, vielleicht,
so darf interpretiert werden, ein Schlesien
entsprechend den Zeitströmungen. In der
Selbstdarstellung ist zu lesen, dass das
Haus Schlesien sich versteht als „Schaufenster einer europäischen Region", vordem hieß es noch wohl begründet „Schaufenster Schlesien". Begründet wird jetzt diese neue Definition des Hauses Schlesien:
war Ministerpräsident Christian Wulff, da
das Land Niedersachsen eine Partnerschaft mit der Woiwodschaft (Regierungsbezirk) Niederschlesien mit Sitz in
Breslau unterhält. Er wurde begleitet von
der Landesvorsitzenden der DeutschPolnischen Gesellschaft, Annelies Langner (Hannover) und dem Landesvorsitzenden der Landsmannschaft Schlesien
im Patenland Niedersachsen, Helmut
Sauer (Salzgitter).
(Die SN berichteten in der letzten Ausgabe.)
Helmut Sauer, BdV-Vizepräsident und
Bundesvorsitzender der in der CDU/CSU
organisierten Heimatvertriebenen, der bereits vor 20 Jahren in Kreisau gewesen war,
wurde diesmal emotional gefordert, da ihm
gestattet worden war, das „Gartenhaus",
abseits von Schloss und Gutshof betre-
5
„Man kann schließlich Kulturarbeit überdies
nicht losgelöst vom europäischen Integrationsprozess betrachten und betreiben".
Was spricht, wenn schon das modische
Stich- und Schlagwort „europäischer Integrationsprozess" benutzt wird, gegen den
Namen und die Existenz Schlesiens?
Selbst die Polen haben in ihrer Einteilung
der Wojewodschaften jenseits der OderNeiße-Linie dreimal den Namen Schlesien
gewählt, aber wir Deutschen verschweigen
im Haus Schlesien den Namen und die Bedeutung unserer Heimat Schlesien. Wenn
das Haus Schlesien flaggt, wehen auch
nicht mehr die Flaggen von Nieder- und
Oberschlesien, sondern Reklamefahnen
„Europäische Region", Gerüchteweit war
zu hören, dass die gegenwärtige Bundesregierung, die zumindest das Haus Schlesien finanziell ein wenig unterstützt, wie
auch andernorts auf eine neutrale Benennung „frei vom Verdacht des Revanchismus" fordernd Wert gelegt haben soll.
Der Name Haus Schlesien sollte auch
heute und morgen ein Programm sein, also
gewichtiger und bedeutender als nur ein
Hausname. Das Haus Schlesien verpflichtet uns alle miteinander, denn es ist
ein Zeugnis für Schlesien, das ewige und
stets junge Schlesien. Darum sollten wir uns
auch hüten, von besseren und weniger guten Schlesiern zu sprechen oder diese zu
projizieren, vom nahen Schlesien im Siebengebirge und einem fernen Schlesien in
Görlitz.
Unserem Schlesien gemeinsam ein
herzliches Glückauf!
Dr. Herbert Hupka
Mitbegründer von Haus Schlesien
Ehrenvorsitzender der
Landsmannschaft Schlesien
ten zu dürfen, in dem
der „Kreisauer Kreis"
um Graf von Moltke
heimlich getagt hatte.
Während fast alle Beteiligten nach dem Attentat auf Hitler am 20.
Juli 1944 vom Volksgerichtshof zum Tode
verurteilt worden waren, überlebte Sauers Großonkel, der 1933
abgesetzte Oberpräsident von Oberschlesien, Dr. Hans Lukaschek, im Konzentrationslager Ravensbrück. Lukaschek war im
Juni 1945 Mitbegründer der CDU und in der
ersten Adenauer-Regierung Bundesvertriebenenminister.
Nach dem Gespräch mit dem polnischen
Ministerpräsidenten Belka wurden die Gespräche in Breslau fortgeführt, u.a. mit dem
Regierungspräsidenten, dem Oberbürgermeister, dem Landtagspräsidenten sowie mit
dem soeben vom Papst ernannten Erzbischof.
Iris Schumann (gekürzt/SN)
Unser Bild zeigt beim Empfang im Breslauer
Generalkonsulat (v.l.n.r.): Dipl.-Ing. Petrach,
Sprecher aller Deutschen Freundschaftskreise in Polen, Helmut Sauer, Generalkonsul Dr. Schöps und Christian Wulff.
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POLITIK / LM SCHLESIEN
Gedanken / Thesen zum
deutsch-polnischen Verhältnis
Im Nachgang zu den Ausführungen Bundeskanzler
Schröders in Warschau im August 2004
Teil 3 von 3
Der BdV und Frau Steinbach
In ihrer Reaktion auf die Äußerungen
Schröders hat sie insgesamt die Unhaltbarkeit seiner Äußerungen offengelegt. Angesichts der unverständlichen Widerstände gegen das wichtige und notwendige „Zentrum gegen Vertreibungen" im
eigenem Lande und auch der zahlreichen
demagogischen Schmähungen gegen sie
persönlich v.a. in und aus Polen hat sie
aber überreagiert. Das ist menschlich verständlich, sachlich aber nicht akzeptabel.
Sie ist dabei, ohne jede Berechtigung der
Betroffenen zu haben, auch (leichtfertig!?)
Rechtspositionen der Vertriebenen zu
verlassen.
• Sie will den Kanzler „zwingen", „endlich Rechtssicherheit zu schaffen", indem sie neue („Verzichts-")Gesetze fordert und dabei im Namen aller Vertriebenen bereit ist, eine „Null-Lösung" für
die Vertriebenen hinzunehmen. Damit
verlässt auch sie das Recht!
• Sie will das deutsche Grundgesetz außer Kraft setzen, indem sie die Eigentumsgarantie des Artikels 14 missachtet;
• Auch sie missachtet mit ihrer Absicht
das Völkerrecht, welches die entschädigungslose Vertreibung verbietet, für
das Deutschland erst kürzlich in einen
Krieg (siehe Kosovo) eintrat.
• Auch sie verlässt eine Jahrzehnte lang
verfolgte Haltung der Vertriebenen;
• Auch sie macht letztlich durch ihre Haltung aus Recht Unrecht und aus Unrecht Recht.
Es darf nicht dazu kommen, dass der
BdV insgesamt zerfällt oder anders wie
Schaden nimmt und jahrzehntelange Vertriebenenarbeit zunichte gemacht wird. Ich
hoffe, dass die gestartete „Offensive" den
Verzicht auf jegliche Wiedergutmachung/Entschädigung nicht mehr beinhalten wird (auch wenn eine Rücknahme
ein mal geäußerter Worte nur schwer möglich ist) und Inhalte/Ziele der „Offensive"
nur satzungskonform und mit Billigung der
Mitglieder formuliert werden. Diese müssen dabei stets „wahr, gut und wichtig"
sein.
Ich bin nicht der Meinung von Frau
Steinbach, dass durch die „Treuhand" unsere Anliegen auf die Vokabeln „Geld und
Entschädigung" reduziert wurden, die Anliegen werden durch sie gleichsam „am Leben erhalten" und gebündelt. Auch ist ihre
Meinung falsch, dass erst die „Treuhand"
die polnische Aufregung und die bekannten rot-grünen Reaktionen hervorgerufen hätte, vielmehr war es ursprünglich schon vorher das Vorhaben des „Zentrums" - man denke nur an den WprostArtikel in Polen.
Forderungen an die deutsche Politik
Die von Kanzler Schröder gemachten Äußerungen anlässlich der Gedenkfeier des
Warschauer Aufstandes haben in Europa
unterschiedliches, aber großes Echo hervorgerufen. In Deutschland, selbst unter
den deutschen Vertriebenen wenig gewogenen „Links-Sympathisanten", überwog Unverständnis, bei den Vertriebenen
dagegen blankes Entsetzen über die offenbarte Unkenntnis der Geschichte mit
ihren Folgen bzw. deren unausgewogene
Beurteilung und Ihre mit bestehenden nationalen und internationalen Gesetzen unvereinbaren Äußerungen.
Das genannte Ziel einer „guten Nachbarschaft" bzw. eines „guten Verhältnisses zu Polen" (wie zu allen anderen Ländern) ist ganz klar auch das meine und
wohl (fast) aller Deutschen und vieler Polen. Bevor aber eine Aussage über dessen Qualität und den Weg dahin getroffen wird, muss eine Definition dieses „guten Verhältnisses" erfolgen. Worin könnte (muss) es unter anderem bestehen?
• Als Wichtigstes muss wohl beiderseitige Bereitschaft zu einem gewaltlosen
Mit- oder zumindest Nebeneinander
bestehen;
• Es muss das wohlwollende Bemühen
TERMINE
28. Oktober 2004,14.30 Uhr Videonachmittag Heimatstuben, Kreisgruppe Schlesien-Sudetenland und
Kreisgruppe
Schleswig-Flensburg.
Rudi Wenzel, Tel. 0 46 21 /3 24 05.
6. November 2004,18.00 Uhr (Einlaß
ab 17.00 Uhr): Herbst- und Baudenfest Neuss in der Stadthalle, Dorint-Hotel am Rosengarten mit den fidelen Musikanten von St. Nikolaus, der Tanzund Unterhaltungsband „Happy Company", der Tonbildschau „Schlesien
heute", dem Tanztrachtenkreis Djonathan, Formationstanzgala und einer
großen Tombola."
13. November, 15.00 Uhr Stadthalle
Bad Godesberg, Schlesische Runde,
Vortrag: Jochen Klepper, ein seh lesischer Schriftsteller,
Referentin: Ilse
Majunke, Landsmannschaft Schlesien
& Eichendorffgilde Bonn, Weitere
Info bei Frau Mitka, 02 28/28 26 16,
die Termine immer aktuell unter:
www.schlesien-bonn.de
Landesgruppe NRW, Konkordiastr.
62, 40219 Düsseldorf: 13. November
2004: Seminar „Deutsch-Polnische
Verständigung"
Schlesische Nachrichten 20/2004
geben, sich gegenseitig zu helfen, zu
unterstützen, sich nicht zu schaden;
• Stets ist das Prinzip der Wahrheit und
Gerechtigkeit zu beachten;
• Auf allen Ebenen, politischen wie
zwischenmenschlichen, muss es den
Willen und konkrete Schritte zu o. g.
Verhaltensweisen geben;
• Die öffentliche („tatsächliche, veröffentlichte, gemachte, gelenkte...") Meinung darf nicht unwahre aufstachelnde „Informationen" oder Kommentare
abgeben;
• Es muss eine objektive und vollständige
Sicht und Bewertung der Geschichte
und eine realistische Prognose für die
Zukunft geben.
Aus meiner Sicht müsste auch das „offizielle Deutschland" um des gerechten
Friedens Willen Selbstachtung und
„Rückgrat" zeigen, damit es auch im Ausland als Partner ernst genommen und nicht
stets aufs Neue überfordert wird, und es
müsste unter anderem:
• die objektive Wahrheit stets und jedem
gegenüber vertreten;
• die Anliegen der eigenen Bürger in allen Bereichen und überall vertreten;
• unberechtigte Forderungen (auch Polens) klar zurückweisen.
Wie sieht das künftige deutsch-polnische
Verhältnis innerhalb Europas und das Zusammenleben in Schlesien demnächst
wohl aus? Welche Rolle in diesem „PolitikSpiel" werden die Vertriebenen spielen?
Christian K. Kuznik,
August, 2004
Bundesvorsitzender im Stadtrat
von Leverkusen
Bei der Kommunalwahl am 26. 9. 2004
wurde der Bundesvorsitzender der
Landsmannschaft Schlesien Rudi Pawelka
für die CDU in den Rat der 162.000 - Einwohnerstadt Leverkusen gewählt. Er
setzte sich in seinem Wahlkreis, in dem
die SPD zur Bundestagswahl noch mit einem Vorsprung von 1 5 % dominierte, gegen den SPD-Bürgermeister durch.
Durch eine intensive Berichterstattung in
den überregionalen und regionalen Medien über seine Tätigkeit für die Landsmannschaft Schlesien und die Preußische
Treuhand hatte Pawelka in der letzten Zeit
auch in Leverkusen einen hohen Bekanntheitsgrad erreicht, was nun auch
durch die Wähler honoriert wurde.
Der Bundesvorsitzende gehört bereits
seit 20 Jahren dem Sozialausschuss der
Stadt an, wo er sich speziell für die Belange der Vertriebenen und Spätaussiedler
einsetzt. Die Verbindung zur Basis sieht
er nach wie vor als wichtige Grundlage für
sein bundesweites Engagement für die
Landsmannschaft Schlesien und die Vertriebenen.
SN
Sehlesische Nachrichten 20/2004
ZEITGESCHEHEN / LANDSMANNSCHAFT SCHLESIEN
Der Kropper Gesangverein unter Führung vom Vorsitzenden Karl-Heinz Kletke aus Ostpreußen
sangen Heimatlieder.
Fotos: Anne Wenzel
Dialog führen - Europa gestalten
Unter diesem Thema stand das Treffen im
Internationalen Congress Centrum (ICC)
in Berlin am 4. Sept. 2004, das von den
Vorsitzenden der Kreisgruppen und Landesverbände stark besucht wurde.
Aus Schleswig-Holstein trafen sich im
Saal der BdV-Landesvorsitzende Dieter
Schwarz, der Vorsitzende der schlesischen
Landesgruppe Lothar Biegler und der Vorsitzende der Kreisgruppe Schleswig, Rudi
Wenzel. Kulturwartin Anne Wenzel konnte mit dem Vorsitzenden der Riesengebirgsgruppe Jena, Dr. Rainhard Zirm ihre
Kontakte vertiefen.
Nachrichten aus Görlitz
Aus der Sächsischen Zeitung für die schlesische Region Görlitz
Nach 16 Monaten Bauzeit ist das Standesamt in den restaurierten und modernisierten „Archivflügel" an der Südseite
des Rathauses eingezogen. Der Clou des
1,5 Millionen Euro teuren Projektes ist eine
einzigartige Renaissance-Decke. Die ist
nämlich mehr als 450 Jahre alt und wunderschön im Stil der Renaissance bemalt. 200
Quadratmeter groß überspannt sie die neuen Büros des Standesamtes im sogenannten Gerichtsflügel des Rathauses. Erst vor
fünf Jahren wurde sie wieder entdeckt, nachdem die früheren Ratsherren die Ornamente im 18. Jahrhundert verkleiden ließen. Besucher des Rathauses können die Decke sogar dann bestaunen, wenn das Standesamt
geschlossen ist. Eine gläserne Tür ermöglicht jederzeit verlockende Einblicke.
Görlitz dreht die Zeit zurück. Eine
„Handwerkerey" hat kürzlich in der Görlitzer Altstadt ihre Pforten geöffnet. Betreiber Detlef Hausmann und Schnitzer KarlHeinz Krauß laden ein zu einer Reise ins
Mittelalter. Hier kann man in kleinen Nischen
Handwerkern über die Schulter und auf die
Finger schauen, wie sie einst vor 400 Jahren arbeiteten. Zu sehen ist z. B. wie
Schmuck hergestellt wird, das Schnitzen
von Holzfiguren und das Spinnen und Nähen nach historischen Vorlagen. Damit wollen die Handwerker „erlebbare Geschichte" präsentieren.
Eine Stadt im Bier-Rausch. Die Landskronbrauerei hat jetzt ihr 135-jähriges Jubiläum gefeiert. Mit Musik, Führungen,
Spielen und reichlich Bier wurde das Publikum auf dem Brauereigelände im Schellergrund begrüßt.
Skulptur „Mutterglück" gestohlen. Die
Skulptur des Berliner Künstlers Johannes
Boese (1856 - 1917) ist aus der Ausstellung „Unter der grünen Kuppel" in OstGörlitz gestohlen worden. Der Diebstahl
ereignete sich offenbar im Anschluß an die
Eröffnungsveranstaltung.
20 Lehrer aus 11 Ländern lernten in Gör-
7
Tag der Heimat am 11. Sept. 2003 in Schleswig. Von Links: Gabi Mai, Klavierspielerin,
BdV-Landesfrauenwartin Frau Erasmus,
BdV-Kreisvorsitzende Hilde Michalski
Die Vorsitzende vom Kreisverband der
Vertriebenen Deutschen, Hilde Michalski
hatte am 11. Sept. alle Gruppen der Vertriebenen aus Berlin - Mark Brandenburg,
Pommern, Ost- und Westpreußen sowie
Schlesien-Sudetenland, den Volkstanzkreis Südangeln und den Kropper Gesangverein, eingeladen.
Es war für den Kreis Schleswig ein gelungener Nachmittag.
R. Wenzel (SN)
litz. 20 Deutschlehrer aus elf Nationen vertieften in den Räumen der Denkmal-Akademie am Karpfengrund ihre landeskundlichen Kenntnisse. Thema der Tagung war
„Zwei Brückenstädte zwischen Ost und
West - Görlitz und Berlin". Unter anderem
begleiteten die Teilnehmer Görlitzer Bürger
einen Tag lang in ihrem Berufsalltag. Auch
den Nicolaiturm besichtigten die Pädagogen, ehe es weiter nach Berlin ging.
Die schlesischen Frauen aus Hessen
die Rodholzer Gemeinschaft schlesischer Frauen aus Hessen zu ihrer jährlichen Kulturwoche um in Freude und Zufriedenheit herrliche
Tage des Zusammenseins im gepflegten Heim
und der sommerlichen Bergwelt zu genießen.
Alle Teilnehmer beteiligten sich an der Programmgestaltung und brachten Referate mit.
Zwei Referenten waren zu Vorträgen geladen:
Landeskulturreferent Gerold Schmidt aus
Arolsen und Journalist Götz Diehm aus Giessen. Sie sprachen über „Schlesische Dichtung
in Bezug zu den historischen Zeitabläufen" und
die aktuelle Auseinandersetzung über das
Recht auf ein Zentrum gegen Vertreibungen
in Berlin.
Aber auch die anderen Referate von Rednern
aus unseren Reihen begeisterten und erhielten viel Beifall. Große Gestalten wie Alexander von Humboldt, Karl von Holtei, Hermann
Stehr, Fürst Pückler-Muskau wurden vorge-
Forst- und Teichwirtschaft wachgerufen und
bei „Geliebtes Schlesien" ein unverbrüchliches
Bekenntnis zu unserer Heimat beschworen.
Tagesbesuche vom Landesvorsitzenden
Joseph Pietsch mit Ehegattin und zwei ehemaligen Rodholzern wurden herzlich aufgenommen; sie fühlten sich wohl bei uns.
Die diesjährige Wahl brachte einen Wechsel der Landesfrauenreferentin.
Annemarie Busch übernahm das Amt von
Edith Teich, die als Ehrenvorsitzende gewählt
wurde. Liesel Hahn als Stellvertreterin, Erika
Schimmek als Beisitzerin und Klaus Paetz als
Kassenwart.
Edith Teich wurde für ihre Arbeit, als Vorsitzende, herzlich gedankt. Alle Teilnehmer werden von den herrlichen Tagen des Zusammenseins in Rodholz noch lange zehren
und freuen sich schon auf das nächste Jahr.
S/V
8
LANDSMANNSCHAFT SCHLESIEN
Schlesische .Nachrichten 20/2004
delung durch Franken im 12. Jh. nach Schlesien kam. Eine weitere Attraktion war die große Schlesienkarte, wo viele Besucher die Herkunftsorte ihrer Familien oder Bekannten suchten. Gerne wurden die Blätter mit schlesischer
Mundart und Gedichten mitgenommen und
„studiert".
Christiane Webert 2. Vorsitzende
Schlesischer Weißstickereikreis
bei bayrischem Trachtenmarkt
Der Schlesische Weißstickereikreis der Landsmannschaft Schlesien Herzogenaurach beteiligte sich mit einem Stand am 4.9.2004
an dem größten bayrischen Trachtenmarkt in Greding. Von Frau
Webert und Frau Broda (beide in schiesicher Tracht) wurden die
Schlesischen Stickereien, sowie handgefertigte Trachtenpuppen
präsentiert und Stickproben gezeigt. Großen Anklang fand die Erklärung von Brauchtum aus Schlesien, welches durch die Besie-
Hans Rampf beim Bund der Vertriebenen:
„Heimatlos aber nicht hauslos"
Führende Mitglieder des Bundes
der Vertriebenen
(BdV) in Landshut
und der Oberbürgermeister-Kandidat Hans Rampf
(Bürger
für
Landshut) trafen
sich kürzlich zu
einem Informationsgespräch im
„Haus der Heimat" in der Freyung in Landshut. Der Kreisvorsitzende des Bundes der
Vertriebenen Landshut, Walter Jansky,
konnte dazu die Bezirks-, Kreis- und Ortsvorsitzenden fast aller in Landshut vertretenen Landsmannschaften begrüßen, die
sich zum Meinungsaustausch und anschließender Diskussion mit dem OB-Kandidaten eingefunden hatten.
Unter Moderation von Hans J. Kupke,
hatten die Vertreter der Landsmannschaften zu Beginn des Gesprächs Gelegenheit, Hans Rampf ihre Verbände, deren Tätigkeiten und Wirken sowie Probleme vorzustellen. Die gemeinsamen Anliegen wurden dabei trotz mancher Unterschiede deutlich: Für alle gilt, die Erinnerung an die wahrhafte Geschichte, Kultur
und völkerrechtswidrige Vertreibungen
wach zu halten, auch im Hinblick auf eine
nach wie vor ausstehende Entschädigungsregelung; gleichzeitig zur Verständigung der Völker beizutragen, aber auch
das kulturelle Erbe ihrer Volksgruppen zu
bewahren und zu vermitteln. Ergänzend beteiligten sich die Landsmannschaften
höchst aktiv am Kulturleben der Stadt,
z. B. in Musik- oder Tanz- und Trachtengruppen.
Deutlich wurden aber auch die Probleme genannt, wie das des Nachwuchses, verstärkt durch den Umstand, dass
die „Erlebensgeneration der Vertreibungen" allmählich aussterbe und die finanziellen Schwierigkeiten, weshalb man
weiterhin auf den wohlwollenden Beistand
der Stadt hoffe. Auch der marode Zustand
des „Haus der Heimat", das dringend einer Sanierung bedürfe, wurde eingehend
besichtigt und angesprochen.
Hans Rampf zeigte sich höchst beeindruckt von den Aktivitäten der verschiedenen Landsmannschaften und sicherte
ihnen seine uneingeschränkte Unterstützung zu. Die Vertriebenenverbände hätten jederzeit ein „Anrecht auf die Würdigung" ihrer Kultur, Leidensgeschichte, sowie den großartigen Beitrag beim Wiederaufbau Deutschlands und der Sicherung
einer freien und demokratischen Gesellschaft, wobei Hans Rampf auch auf die
einmalige, vorbildhafte „Charta der deutschen Heimatvertriebenen" aus 1950 verwies. Vor dem Hintergrund bereits geleisteter Entschädigungen an andere Opfergruppen; sind nach den Worten von
Hans Rampf mögliche Regelungen im Sinne der Vertriebenen allerdings von der
„großen Politik" auf Europa- und Bundesebene dringend geboten.
Auf die Zukunft des „Haus der Heimat"
angesprochen, bedauerte der OB-Kandidat die aufgrund der begrenzten
Räumlichkeiten eingeschränkte öffentlichkeitswirksame Darstellung des Wirkens von BdV und Landsmannschaften.
Zur Verbesserung sei zu überlegen, ob für
die Zukunft nicht ein anderes frei werdendes Gebäude genutzt werden könnte, um Geschichte und das kulturelle Erbe
der Heimatvertriebenen in einem größeren Rahmen, etwa in einem „Kulturmuseum" präsentieren zu können. Garantieren könne er dem BdV jedoch den Erhalt des im „Haus der Heimat" bereits Bestehenden, sei es, dass das Haus tatsächlich umfassend saniert werde, wenn
eine dauerhafte Nutzung garantiert sei,
oder dass andere Räumlichkeiten gefunden würden. Die Stadt jedenfalls, da
sei er sich mit den restlichen Stadträten
einig, werde dem „funktionierenden Verein", der im „Haus der Heimat" auch tatsächlich eine Heimstatt gefunden habe,
weiterhin alle benötigte Hilfe zukommen
lassen.
In der anschließenden angeregten
Diskussion erwies sich, dass Hans
Rampf mit seinen Ausführungen den Nerv
der Anwesenden getroffen hatte. BdVKreisvorsitzender Walter Jansky jedenfalls
dankte noch einmal ausdrücklich für das
„konstruktive und aufgeschlossene Gespräch". Auch Moderator Hans J. Kupke konnte ein zufriedenes Fazit der Veranstaltung ziehen: Mit einem Oberbürgermeister Hans Rampf bleiben die Vertriebenen „wenn schon heimatlos-dann
aber nicht hauslos".
Hans J. Kupke (SN)
Schlesische Nachrichten 20/2004
LM SCHLESIEN / LANDSLEUTE
Im Rahmen der Jahreshauptversammlung
(25. 4. 04) der Kreisgruppe Neumünster
konnte der Ehrenvorsitzende der Landesgruppe Schleswig-Holstein und der
Kreisgruppe Neumünster, Landsmann
Georg Fellmann, seinem Nachfolger im
Amt, Landsmann Norbert Schwarzer, die
goldene Ehrennadel der Landsmannschaft Schlesien überreichen. Der langjährige Kulturreferent, Heinz Lellek, wurde mit der silbernen Ehrennadel ausgezeichnet. Frau Luzie Andresen und Frau
Marie-Therese Theinert erhielten für 50jährige Mitgliedschaft die Treuenadel in
Gold.
Die Kreisgruppe Neumünster ist mit 78
Mitgliedern heute die stärkste im Lande
Schleswig-Holstein. Die monatlichen Heimatnachmittage mit überwiegend kulturellen Themen werden im Durchschnitt von
46 Mitgliedern und interessierten Gästen
besucht.
Norbert Schwarzer (SN)
Berlinfahrt und Tag der Heimat in Hamburg
Ost- und Mitteldeutsche Landsmannschaften mit dem
Verein der Deutschen aus Rußland e.V. aktiv beteiligt
9
Thaddäus Schäpe
ist gestorben
Am ersten Septemberfreitag starb der Mitbegründer und Direktor
des
Hauses
der
Deutsch-Polnischen
Zusammenarbeit
in
Gleiwitz
Thaddäus
Schäpe. Er gehörte zu
dem Personenkreis,
der sich in den letzten Jahren um die
deutsch-polnischen Verständigung sehr verdient gemacht hat. Schäpe, der vor 50 Jahren in Kandrzin / Oberschlesien geboren
wurde, war der beste Kenner der Gegenwart Oberschlesiens und der dort lebenden
deutschen Volksgruppe. Als Kind siedelte
er zusammen mit seinen Eltern in die
Bundesrepublik Deutschland aus. In WestDeutschland studierte er Betriebswirtschaft und politische Wissenschaften. Er
wohnte in Bonn. Als 1992 die FriedrichEbert-Stiftung eine Niederlassung in
Schlesien eröffnen wollte, zögerte er nicht,
diese Aufgabe in Gleiwitz zu übernehmen.
Sechs Jahre später gelang es ihm drei mit
sich konkurrierende politische Stiftungen
davon zu überzeugen, dass in Gleiwitz das
Haus der Deutsch-Polnischen Zusammenarbeit entstehen soll. Diese einmalige Einrichtung hat den Deutschen Polen und den Polen Deutschland nahe gebracht. Deutsche und polnische Politiker,
Jugendgruppen, Historiker aber auch
Künstler nutzten das umfangsreiche und
vielfältige Angebot der von Schäpe geführten Einrichtung, um sich der deutschpolnischer Problematik der Vergangenheit,
Gegenwart und Zukunft zu stellen. Unermüdlich stritt er für die wahrheitsgemäße
Darstellung der Geschichte Schlesiens. Seine Kenntnis der polnischen politischen und
gesellschaftlichen Realität ermöglichte ihm
auch eine kritische Beurteilung der Rolle der
noch in Oberschlesien lebenden Deutschen.
Als bekennender Sozialdemokrat kritisierte er offen die rot-grüne Bundesregierung
im Bezug auf die Unterstützung der Arbeit
der deutsch-polnischen Einrichtungen in
Schlesien und der deutschen Volksgruppe.
Mit Thaddäus Schäpe ist ein engagierter Verfechter der deutsch-polnischen Verständigung und der Pflege des Schlesiertums in Oberschlesien von uns gegangen.
Damian Spielvogel (SN)
Berlin ist immer wieder eine Reise
Teilnehmern im Mozartsaal der Loge am
wert..., das setzten die Vertriebenen und
Dammtor. An beiden Tagen bewirkte vor
Aussiedler aus Hamburg durch die Busallem Ldm. Willibald Piesch, der Stv.Vors.
reise zum Zentralen Festakt des BdVdes BdV Hamburg, gemeinsam mit AktiBundesverbandes am 4. 9.2004 im ICC
ven aus dem Landesvorstand, dass vor alin Berlin-Charlottenburg in die Tat um
lem der Festakt zum Tag der Heimat gut
und waren vor allem von den Ansprabesucht war und mit einem heimatverchen unserer Präsidentin Erika Steinbundenem Kulturprogramm die Landsleute
bach MdB und dem tschechischen Poin den Bann zog.
I i t i kwissen In seiner Begrüschaftler,
Dr.
ßung hob der
Bohumil DoleVorsitzende Gunzal, dem die Ehter Ziegler hervor,
renplakette für
dass Schwierigdie Verdienste
keiten von 2003
im
Bemühen
überwunden
um die Aussöhseien, begrüßte
nung zwischen
die Ehrengäste,
Tschechen und
BürgerschaftsDeutschen verpräsident, die
liehen worden
Landesvorsitzenist, begeistert.
den, darunter die
Schade, dass Im glanzvoll geschmückten Mozartsaa! der Provin- Eheleute Heinz
die Teilnehmer zialloge Niedersachen die Reihe der Ehrengäste: Lan- G. Meinhard und
des
zweiten desvorsitzender Heinz G. Meinhard und Gattin, LM Gattin
(LM
Busses
aus Schlesien, Vizekosulin Malgorzata Kaserkiewicz Schlesien) u. a.
Hamburg, unter vom Genelrakonsulat Polen, Landesverbandsvor- und
betonte,
sitzender Gunter Ziegler u. a., während der FestreLeitung
des de des Präsidenten der Hamburgischen Bürgerschaft dass die LandsOMV-Landesmannschaften
unser Haus der Heimat aktiver denn je mit
vorsitzenden Hoth, nicht an diesem hisLeben erfüllten.
Landespressereferat
torischen Festakt teilnahmen... Vor allem unsere ausgesiedelten Landsleute
genossen den Spaziergang „Unter den
Schlesische Kirchen in Farbaufnahmen
Linden", und forderten bei der StadtIm Rahmen der Schlesischen Kulturwoche in Reutlingen eröffnet die Gemeinschaft evangelischer
rundfahrt den Bundeskanzler per MeSchlesier am 15. Oktober 2004 in Reutlingen eine Ausstellung „Schlesische Kirchen - Ruf zum
gaphon am Bundeskanzleramt auf,
Glauben und Ruf zur Versöhnung". In der Ausstellung, in der großformatige Farbaufnahmen präseine Haltung zu den Vertriebenen und
sentiert werden, werden auf 26 Tafeln, außer den großen Gotteshäusern in Görlitz, Liegnitz und
Breslau auch die Gnadenkirche in Hirschberg, die beiden Friedenskirchen in Jauer und SchweidAussiedlern zu ändern und besonders
nitz, einige Bethauskirchen und die Kirche Wang in Brückenberg gezeigt werden. Den Eröffan die Deutschen Zwangsarbeiter zu
nungsvortrag hält Pfarrer Dr. Christian Erdmann Schott aus Mainz über das Thema: „Kraft im Leid
denken...
- das Vermächtnis des evangelischen Schlesiens". Die von Pfarrer Dr. Paul-Gerhard Eberlein aus
Schwäbisch Gmünd in Verbindung mit polnischen und deutschen Fotografen gestaltete AusstelAm vom 11 . -12.9. stattfindenden Tag
lung will den Reichtum der schlesischen Kirchenlandschaft aufzeigen und im Zeichen der Annäheder Heimat des LvD/BdV Hamburg, warung zwischen Polen und Deutschland bewusst machen. Zugleich wird auch deutlich, welche Verren unsere ausgesiedelten Landsleute eine
luste die evangelische Kirche durch den Verlust Schlesiens erlitten hat.
SN
starke Besuchergruppe unter den rund 400
LANDSLEUTE
10
Schlesische Nachrichten 20/2004
Schlesische Firmen
Karten und Stempel der Schlesiertreffen
Teil 13
Heute: 750 Jahre Löwenberg 1959
In der nächsten Ausgabe: Patenschaftsübemahme und Oppelner Heimattreffen 1955
-Aus der Sammlung Michael Ferber
Gabor
Kennen Sie Damenschuhe der Marke
„Gabor"? Joachim Gabor, 1929 in Groß
Strehlitz /OS geboren ist seit den siebziger Jahren Deutschlands größter
Damenschuhhersteller. Seine Eltern
hatten in Groß Strehlitz/OS seit 1919
ein Schuhgeschäft und vor dem Zweiten Weltkrieg eine kleine Schuhfabrik.
Gabor, dessen Eltern 1945 beim Einmarsch der Russen umkamen, erlernte nach dem Krieg die Sattlerlehre. Der
elterliche Betrieb wurde zerstört, so fertigte er ab 1947 zusammen mit seinem
1966 verstorbenen Bruder Bernhard in
Saalfeld in Thüringen aus Autoreifen
Pantoffeln. Das Werk bestand bis
1951. Bereits 1949 gründeten die Brüder Gabor in Barmstedt bei Hamburg
in gemieteten Räumen eine Damenschuhfabrik, errichteten in den fünfziger Jahren das erste eigene, später ein
zweites Werk in Barmstedt, danach
weitere Werke in Spital / Draun in Österreich und in Rosenheim in Oberbayern. 1974 folgte ein Werk in Linz in
Österreich, danach die Übernahme des
Medicus-Werkes in Villach und 1982
der Bau eines Werkes zur Schäftefertigung in Deutschlandsberg / Österreich. Seit 1983 betreibt Gabor in den
USA die Schuhhandelskette „Prague
Shoe Company", die mit gutem Erfolg
arbeitet. 1986 baute Gabor in Portugal eine Schäfteproduktion auf, die inzwischen auf Vollproduktion umgestellt
wurde. Die „Ballerinas" und hochhackige Pumps mit Bleistiftabsätzen waren die ersten Erfolgsprodukte. Heute
umfasst die Produktion neben der
Hauptmarke „Gabor" die Marken
„Lady Gabor" und „Holly-Jollys". Seit
1966 befindet sich der Sitz der Firma
in Rosenheim.
Die Vorstandschaft und die Leiter der Heimatgruppen mit ihren Stellvertretern des
Schlesiervereins München e. V im Bezirksverband Oberbayern des Landesverbandes Bayern, der Landsmannschaft Schlesien anlässlich einer erweiterten Vorstandssitzung am 8. September 2004 im Haus des Deutschen Ostens, München.
Im Schlesierverein München sind folgende Heimatgruppen vertreten: Breslau, Grafschaft Glatz, Goldberg, Bunzlau, Oels, Trebnitz, Groß Wartenberg, Grottkau, Falkenberg,
Ottmachau, Grünberg, Kreuzburg O/S, Rosenberg O/S, Namslau, Liegnitz, Lüben,
Waidenburg, Schweidnitz, Brieg.
Außerdem gehören zum Schlesierverein München drei sog. „Bezirksgruppen", zwei
Trachtengruppen, eine Frauengruppe und der Schlesierchor München. Foto: RGM
Baudenabend der LM
Schlesien, OG Albstadt
Heimatliches Brauchtum ist bei den Schlesiern in Albstadt noch lebendig. So veranstaltete die Ortsgruppe einen Baudenabend in einer Hütte am Waldrand von Bitz
auf der Schwäbischen Alb.
Bei guter Laune wurden in bunter Folge Gedichte in
Mundart vorgetragen und Heimatlieder gesungen. Für die
musikalische Umrahmung sorgte ein Musiker aus dem
Killertal/Hohenzollern. An den Tischen erzählte man sich
alte Geschichten, wie es „derrheeme" war. Als dann noch
der Herr der Berge, Rübezahl, zu seinen Landsleuten gekommen war, da erreichte der Baudenabend seinen Höhepunkt.
Zum Abschluss erklang das Heimatlied des Riesengebirges „Blaue Berge, grüne Täler, mittendrin ein Häuschen klein".
Gustav Kaul (SN)
Foto: Gustav Kaul
Schlesische Nachrichten 20/2004
LANDSLEUTE / HISTORISCHES
„Verwunschene, verwünschte Zeiten" Dagmar von Mutius wird Fünfundachtzig
Die Schriftstellerin begeht am 17. Oktober
ihren 85. Geburtstag - in Heidelberg, wo
sie seit gut einem halben Jahrhundert ansässig ist, in einem kleinen Haus, hoch
übern Neckar gelegen, in dem die Autorin
hin und wieder Freunde begrüßt, die „ein
wenig von der Eigenart des Schlesierlandes mitbringen" - genauer: Vom Glatzer
Bergland, dem sie tief verbunden geblieben ist, wie viele Bücher es bezeugen. Ein
ergreifendes Bekenntnis zur Grafschaft
stellt ihr Credo „Verlorenwasser" dar, wo
es heißt; „Man sagt, mein Glatzer Land sei
immer ein armes Land gewesen, unter österreichischem Doppeladler wie unter den
Preußenkönigen, in nationaler Einheit wie
im sozialistischen Streben. Es ist ein steiniges und heiteres Land. Nun, da viele die
Wasser der Quellen verloren geben, möchte ich es reich nennen. Es hat die Gelassenheit, ja, beinahe den Hochmut, noch immer die gleichen Wiesengründe, Täler, Bäche und Felder seinen Bewohnern unter die
Füße zu breiten. Doch nicht nur denen, die
jetzt dort wohnen. Wir alle finden erst durch
das Land unserer Herkunft zu uns selbst
zurück."
Die Wiege von Dagmar von Mutius stand
nicht im Glatzer Land, sondern in Oslo, wo
die Diplomatentochter ihre frühe Kindheit
und spätere Jugendjahre in Kopenhagen
und in Bukarest verlebt hat. Ihr Verhältnis
zu ihrem Vater, der 1872 auf dem Familiengut in Gellenau ( bei Bad Kudowa) geboren wurde, und der in vielen Ländern in
diplomatischen Diensten des Deutschen
Reiches gestanden, drückt sich in einer
„Distanz- und Nähe" aus und dabei „stets
in seinem So- und nicht Anderssein
gegenwärtig" geblieben ist; und zwar in
ganz entscheidenden Situationen im Leben der Tochter, da sie bekennt, „mit meinem Vater im Gespräch geblieben bin, ja
meine Bücher auch zu einer Form dieses
Dialogs wurden", Gerhard von Mutius
machte deutlich, vor allem die Nichtigkeit
von Grenzen und Barrieren zu erkennen,
solche Schranken zu ignorieren „und damit Zusammengehörigkeiten tiefer zu begreifen." Ihr Bekenntnis ist ein tiefer Dank
an den Vater, und er ist wohl an dem Dialog beteiligt, den die Tochter auf dem Familiengut nach dem Zusammenbruch von
1945 führte, bis sie 1946 ausgewiesen wurde. Eindringlich erzählt Dagmar von Mutius von dieser Zeit der Schrecken nach
dem Krieg, von der Not und dem Verrat an
menschlicher Würde und berichtet von den
ganz unscheinbaren „Waffenstreichen"
der Mitmenschlichkeit, jenseits dieser verheerenden politischen Programme. Ihre
Dokumente der Trauer sind „Sektionen der
Stille" und sie bleiben Lichtpunkte im Dunkel unserer Zeit: Diese Chronik aus einer
schlesischen Provinz? „Wetterleuchten";
aus der Mappe der Jahre rauscht auf „Der
Nachtwind". Eindringlich erzählt die Autorin das Schicksal der Frauen, die bis an die
Grenze der Vergeblichkeit versucht haben,
ein Stück der menschlichen Stimme
wachzuhalten. Ohne Bitterkeit geschieht
das, wo tiefste Verletzungen eigentlich nur
Hass und Rache nach Vergeltung rufen.
Auch das Buch „Einladung in ein altes
ll
Haus" ( womit
dasGellenauer
Gutshaus gemeint ist) hat
die Autorin }
den schlesischen Landarbeitern gewidmet,
„dankbar jedem einzelnen". .
Das Haus, das zu einem „Fledermausparadies" verkam, lässt letzte Fragen aufkommen nach dem Sinn eines Gemäuers,
wo nach seiner Seele gefahndet wurde. Von
einem Fremden ist die Einladung ergangen,
in das „wahrsagende Haus" heimzukehren
im Frieden der nun der Ernstfall in der Geschichte ist.
Gilt er auch für den Einzelnen und nicht
nur für die Völker?
Im Bewahren und in der Erinnerung liegt
auch das Zukünftige, und uns ist aufgegeben, genau hinzuhören "auf das einsame Wort eines Anderen", auf den Schattengefährten, der zu uns gehört. Wieder
rückt das Phänomen der „Grenzüberschreitung" in unseren Kreis, in dem wir
nicht verbleiben dürfen, wenn wir das neue
Haus erbauen wollen.
Dazu gehört das Wissen, die Balance
von Realität und Phantasie herzustellen,
was wohl der Vater von Dagmar von Mutius, der deutsche Gesandte und Kulturphilosoph, Gerhard von Mutius, gemeint
hat, als er häufig einen Ausspruch des großen Franzosen Blaise Pascal zitierte: „Les
grandes pensees viennent du coeur."
(Nicht nur die Gefühle, auch die großen Gedanken kommen aus dem Herzen ).
Günter Gerstmann (SN)
Schlesien die sie kennen sollten
„Dem Verteidiger Europas"
Ein Denkmal für Herzog Heinrich den Frommen
von Schlesien in Liegnitz
Gegen Mitte des 13. Jahrhunderts bedrohte wieder einmal ein gewaltiges asiatisches Erobererheer Europa, dessen
Herrscher die Gefahr wert unterschätzten.
Auf der „Hohen Straße", der uralten europäischen Ost-West-Achse, stürmte es
über Krakau heran; an dieser Straße, eine
Meile östlich von Liegnitz, der alten Piastenresidenz an der Katzbach, stellte sich
ihnen ein zahlenmäßig hoffnungslos
unterlegenes deutsch-polnisches Ritterheer entgegen, dazu Kontingente der Johanniter und des Deutschen Ordens, sowie eilig zusammengestellte Hilfstruppen.
Es war fast wie eine Miniatur-NATO, die
sich damals, wert jenseits der damaligen
Teill
Ostgrenzen des Reiches, den Mongolen
unter ihren Heerführern Baidar und Ordu
entgegenwarf. Den Oberbefehl hatte Herzog Heinrich II. von Schlesien, Sohn Heinrichs des Bärtigen von Schlesien und Polen und der Herzogin Hedwig aus dem
Hause Andechs-Meranien. Erst vier Jahre zuvor war er seinem Vater auf den Thron
gefolgt. Am Morgen des 9. April 1241 stießen die beiden so ungleichen Heere aufeinander. Die Chroniken berichten von anfänglichen Erfolgen der Schlesier, von einer Scheinflucht der leicht bewaffneten
Mongolen auf ihren kleinen, flinken Steppenpferden, von einer plötzlichen Umzingelung und von einem feuerspeienden
Drachen, der, wohl erstmalig in der
Kriegsgeschichte, mittels Nervengasen die
Ritter kampfunfähig machte und damit ihre
Niederlage einleitete. Keiner der christlichen Kämpfer überlebte, auch der Herzog fiel im Kampf.
Sein Leichnam wurde, so die Überlieferung, seiner Rüstung beraubt und enthauptet. Die Mongolen stießen, nach vergeblichem Versuch, die Liegnitzer Burg zu
stürmen, nicht mehr weiter nach Westen
vor, sondern zogen nach Süden ab, um
sich in Ungarn mit dem Hauptheer zu vereinigen. Nicht aber ohne vorher das Herzogshaupt im Koischwitzer See bei Liegnitz versenkt zu haben. Wenige Tage danach sei, so heißt es, die Herzogin-Mutter Hedwig, zusammen mit Heinrichs Witwe Anna von Böhmen, auf dem Schlachtfeld erschienen und habe unter Tausenden von Leichen ihren Sohn an den sechs
12
LANDSLEUTE / HISTORISCHES
Zehen seines rechten Fußes erkannt. In
Breslau, in der späteren Vinzenzkirche, ließ
sie ihn beisetzen. An der Stelle aber, an
der Heinrich gefallen war, stiftete Hedwig
ein Kloster, ließ es durch Benediktiner aus
dem böhmischen Opatowitz besetzen und
nannte es Wahlstatt. So die ehrwürdige
Überlieferung. Bald schon bemächtigte
sich die Legende all dieser Ereignisse. Man
verglich Heinrich mit Leonidas, er wurde
zum Helden, zum Märtyrer, der sich opferte, um Europa zu retten. Wahlstatt wurde zum Thermopylenpaß, an dem der Ansturm Asiens zerschellte. In Epen, Hymnen, Dramen und Romanen wurde die
Schlacht ebenso dargestellt wie in der bildenden Kunst. Sechs Familien des schle-
sischen Adels: die Rothkirch, Seydlitz,
Prittwitz, Strachwitz, Nostitz und Zedlitz,
führen ihre Waffenbrüderschaft auf diesen
Tag zurück und betrachten sich bis heute als „Vettern von Wahlstatt". Im Gedächtnis des schlesischen Volkes blieb die
Erinnerung an den blutigen 9. April über
die Jahrhunderte lebendig, auch wenn sie
bald zum Volksfest mutierte. Der „Ohrensonntag", auch „Kriegssonntag" genannt,
führte Jahr für Jahr eine Woche nach Ostern Tausende von Menschen aus ganz
Schlesien im Dorfe Wahlstatt zusammen.
Sicher war dabei vielen gar nicht mehr bewusst, welch historischer Anlass den ganzen Rummel begründete, nur der seltsame Name „Ohrenfest" mochte manchen
nachdenklich machen. Angeblich, so die
Legende, hatten damals die Sieger allen
„Ich kehr immer wieder nach Osten zurück"
Zum Gedenken an den 100. Geburtstag von
Horst Lange am 6. Oktober 2004
,Wo sind wir denn zu Hause?",
diesen Titel trägt eine Erzählung
von Horst Lange in seinem
Buch „Am kimmerischen
Strand" und er fragt darin weiter: „Bin ich in meinen Träumen
Hause, in meinen Hoffnungen,
in meinen Enttäuschungen?
Oder werde ich, da mir das
Leben so oft seine Unzulänglichkeiten dartut,
in meinem Tode zu Hause sein? Daran, dass ich
im Willen und in den Fügungen Gottes, mit
dem er mein Dasein gelenkt hat, zu Hause
sein könnte, wage ich nicht zu denken..." Er
fühlt sich zwischen Osten und Westen und
bekennt: „Der Westen wiederum lag für unsereinen durch eine Verschiebung der politischen Windrose nicht dort, wo Preußen begann, sondern im Süden, jenseits der Sudeten, woher vor der Annektion alles gekommen war, was das Wesen des Landes
und seiner Bewohner geformt hatte; Prag
und Wien gehören für den Schlesier zum
Westen; ja, sie markieren das Westliche auf
eine bedeutende Art."
Horst Lange wurde am 6. Oktober 1904
in Liegnitz geboren. In dem großen Bruchund Sumpfgebiet am Rande der Stadt wuchs
er heran. Hier mag er entscheidende Eindrücke für seine späteren Arbeiten in sich
aufgenommen haben. An der Oberrealschule
in Liegnitz legte er 1925 sein Abitur ab. Eigentlich wollte er Maler werden. Er besuchte
das Weimarer Bauhaus und nahm aber bald
an den Universitäten in Berlin und Breslau
das Studium der Germanistik, der Kunst- und
Theatergeschichte sowie der Philosophie auf.
Auch diese Laufbahn brach er ab, um sich
ab 1931 in Berlin als freier Schriftsteller zu
versuchen. Lange gehörte er dem Kreis der
literarischen Zeitschrift „DIE KOLONNE" an
und schrieb vor allem für die „Vossische Zeitung", die „Deutsche Allgemeine Zeitung"
und das „Berliner Tagblatt". Durch die Ly-
rik Heyms, Trakls und Benns fand er früh zum
Expressionismus. In ihm verbindet sich aber
das Denken wie das des schlesischen Barockdichters Johann Christian Günther und
das der Moderne zu einer Synthese. 1932
erhält er den Lyrikpreis der „KOLONNE". Seine heimatliche Welt an der Oder gestaltet
er in seiner ersten Erzählung „Die Gepeinigten" (1933) und man kann sie als Präludium zu einem seiner wichtigsten Werke ansehen: „Schwarze Weide" (1937). Zum
Schauplatz wird darin die versumpfte Hügellandschaft jenseits der Oder, in der sich
ein dämonisches Geschehen abspielt. Ein
ungeklärter Mord und eine Sühne und eine
eigenartige Liebe offenbaren Tiefen und Abgründe der Seele. Die sich aufdrängenden
Mächte der Natur werden auch in den Erzählungen „Auf dem östlichen Ufer" (1939)
und „Das Irrlicht" (1942) spürbar. 1940 erschien sein zweiter Roman, „Ulanenpatrouille" - Die Geschichte einer Liebe. Bei
einem herbstlichen Manöverritt begegnet der
Leutnant Friedrich von G. noch einmal der
Gräfin Bronislawa, deren Zauber er sich nie
entziehen konnte, und statt einen Befehl auszuführen, gibt er sich diesem Abenteuer hin,
ehe er gelassen in den Tod reitet. Im Laufe
der Jahre erschienen weitere Erzählungen
in den Bänden „Die Leuchtkugeln" (1944) und
„Windsbraut" (1947).
Verheiratet war Horst Lange seit 1933 mit
der ebenfalls bekannt gewordenen Schriftstellerin Oda Schäfer. Zum Kriegsdienst wurde er 1940 einberufen und im Winter 1941
erlitt er vor Moskau schwere Verwundungen.
Später lähmte vor allem die Kopfverletzung
seine Arbeitskraft. Nach dem Verlust der Heimat im Jahre 1945 lebte er zunächst in
Mittenwald/Obb., danach ab 1950 in München. Bereits 1946 wurde der Dichter Präsident der „Münchner Kulturliga", später des
deutschen PEN-Clubs der Bundesrepublik,
der Akademie für Sprache und Dichtung und
der Akademie für Wissenschaft und Literatur. 1956 erhielt Lange den Literaturpreis der
ten 20/2004
gefallenen Christen die Ohren abgeschnitten, und damit neun Säcke gefüllt,
als Siegeszeichen für den Großkhan im fernen Qara Qorum. Doch auch solch gruselige Mär konnte keinem die Festesfreude
vergällen. Hoch über den Buden und Karussells aber segnete St. Hedwig ihr Land.
Die überlebensgroße Statue der schon
1263 heilig gesprochenen Herzogin hatte Abt Othmar Zinke 1730 in eine Nische
zwischen den beiden Türmen der herrlichen Kirche setzen lassen, die der baufreudige Benediktiner aus dem böhmischen Braunau auf dem Gelände des alten Priorates mitsamt einem Kloster errichten ließ, und deren gelbe Fassade von
der Höhe weit hinaus ins schlesische Land
leuchtete.
Fortsetzung in der nächsten Ausgabe
Deutschen Industrie, 1963 den Literaturpreis
der Bayerischen Akademie der Schönen
Künste und 1960 den Ostdeutschen Literaturpreis der Künstlergilde Esslingen.
„Der Traum von Wassilowka" (1946) war
das erste deutsche Kriegsschauspiel nach
1945. Im gleichen Jahr kam das Einpersonenstück „Die Frau, die sich Helena wähnte" heraus. Der Roman „Ein Schwert zwischen
uns" (1952) spiegelt die Hoffnungslosigkeit
der Liebe in der fragwürdigen Nachkriegszeit.
Der Roman „Verlöschende Feuer" (1956) hat
die Liebe einer Studentin zu einem Verwundeten zum Thema. „Gedichte aus zwanzig
Jahren" erschienen 1949 und ein weiterer Gedichtband „Aus dumpfen Fluten kam Gesang"
wurde 1958 veröffentlicht. Sie haben „den
Atem echter Visionen...und sind mitunter von
einer ziehenden, hypnotischen Gewalt erfüllt,
von einem herben Dunkel" sagte Karl Krolow zu diesen Gedichten.
Wie bekannte Horst Lange sich zu seiner Aufgabe als Schriftsteller: „Wenn man,
gleich mir, der Meinung sein sollte, dass die
Dichtung bei uns heute vor allem eine ethische und moralische Aufgabe zu erfüllen hat,
so wird man es nicht als eine Übertreibung
hinnehmen, dass ich behaupte, es sei noch
nie mehr wie in diesem Augenblick auf jedes Wort angekommen, das in unserer Sprache geschrieben wird."
Als bedeutsamstes literarisches Ereignis
der jüngeren schlesischen Literatur wird sein
Roman „Schwarze Weide" gewertet und Werner Bergengruen spricht davon, dass man
nur wenige Bücher der letzten Jahre an seine Seite stellen könnte. Und Grenzmann führt
aus: „Die Erzählungen von Horst Lange verweilen im Grenzland zwischen Wachen und
Traum; er ist einer der bedeutendsten Gestalter der seelischen Zwischenschichten."
Vor seinem jähen Tod am 6. Juli 1971 äußerte sich seine Gattin Oda Schäfer einmal
so über ihn: „Horst Lange, der Mensch, hatte einen Wahlspruch, den er gern zitierte: er
meinte, es käme immer darauf an, wo es
auch sei, jemanden „aus der Feuerlinie" zu
holen. Er trauerte seinen Kameraden nach,
die alle gefallen waren bei Stalingrad bis auf
zwei außer ihm, er konnte die Leidenden des
Krieges nicht vergessen, denn er besaß die
Fähigkeit zu trauern." Konrad Werner (SN)
Schlesische Nachrichten 20/2004
HEIMAT SCHLESIEN / KULTUR
Unbekanntes Massengrab deutscher Soldaten
auf dem St. Annaberg O/S
In den Jahren 1929 -1938 wurde auf dem
in Oberschlesien bekannten Wallfahrtsort
St. Annaberg neben dem FranziskanerKloster ein Pilgerheim mit ca. 2000 Plätzen gebaut. Nach der Ausweisung der
Franziskaner durch die Nationalsozialisten im Jahre 1940 wurde das Pilgerheim
in ein Umsiedlungslager der Volksdeutschen aus Rumänien und später in ein
Kriegslazarett umgewandelt. Dieses Reservelazarett behandelte und versorgte bis
Januar verwundete Soldaten der Wehrmacht, die in den Abwehrkämpfen mit der
Roten Armee verletzt wurden. Vor der Einnahme Oberschlesiens, durch die Russen
wurde das Reservelazarett nach Wien evakuiert. Die Verhältnisse in den letzten Monaten des zweiten Weltkrieges waren sehr
schlecht. Es fehlten Ärzte, Medikamente
und zuletzt brach im Lazarett die Ruhr aus.
Täglich wurden Sterbefälle notiert. Der
durch die AGMO e.V. in Bonn ermittelte
Zeuge Franz E. berichtet in seiner schriftlichen Erklärung. Nach seiner Erinnerung
starben täglich bis zu 16 Verwundete. Die
toten Soldaten wurden in Plauen einge-
hüllt und ins Treppenhaus gebracht. Jeden Morgen wurden sie mit dem Karren
zum Friedhof gebracht, der sich außerhalb des Pilgerheimes an der Klostermauer
befand. Weiter schreibt Franz E.: Die verstorbenen Soldaten waren in Lagen von
30 bis 35 Personen beigesetzt, danach
etwa 10 cm Erde aufgeschüttet und die
nächsten wurden bestattet. Nach seiner
Vermutung sind dort über 600 Soldaten
beerdigt worden.
Dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V., mit dem die AGMO e.V.
Kontakt aufgenommen hat, ist das Lazarett bekannt. Leider sind nur 17 Verlustmeldungen für St. Annaberg registriert. Es
ist unwahrscheinlich, dass in diesem Reservelazarett über Monate hinweg nur so
wenige Verluste zu beklagen waren. Die
genaue Zahl lässt sich nur schätzen und
die Namen der Verstorbenen sind kaum
feststellbar.
Ein weiterer örtlicher Zeuge berichtet,
dass die Asche der Annaberger Kämpfer
von 1921, die bis zum September 1945
in den Urnen im deutschen Ehrenmal auf-
Wer ist's?
Seine Großmutter väterlicherseits, geboren am 6.11.1784 in Habelschwerdt, entstammte dem westfälischen Geschlecht der
Vernekohl. In Westfalen spielt auch sein bekanntester Roman. Von
der Großmutter, so nimmt man an, habe er das zweite Gesicht geerbt. Seine Tochter berichtete, dass bevor ihr ältester Bruder Willy als Soldat im Ersten Weltkrieg fiel, der Vater ihn in Breslau in der
Kaserne besucht habe. Als der Vater von seinem letzten Besuch
heimgekommen sei und sich in sein Zimmer auf das Sofa gelegt
habe, sei plötzlich ein feldgrauer Soldat vor ihm gestanden, unter dem Helm schaute ihn jedoch nur ein Totenschädel an. Noch
zweimal sei die Erscheinung wiedergekehrt. Erst beim dritten Mal
habe er unter dem Helm Willys Gesicht erkennen können, das ihn
abschiednehmend angesehen hätte. Und es sei ihm zur Gewissheit geworden, dass Willy in drei Monaten den Soldatentod sterben würde.
Auch den Tod des mit ihm befreundeten Außenministers Walther Rathenau, den er bei Gerhart Hauptmann in dessen neuerbauten im Herbst 1901 bezogenen Heim in Agnetendorf, dem Haus
„Wiesenstein" kennengelernt hatte, sah er in der Nacht vor dessen Ermordung voraus. Walther Rathenau, Gerhart Hauptmann und
Felix Deutsch (AEG-Generaldirektor) waren es auch gewesen, die
für den Schriftsteller, der gerne Schauspieler geworden wäre (vielleicht hatten hier die Erzählungen seiner Mutter mitgewirkt, die
in ihrer Jugend viel zum Theater ging und Holtei kannte), aber dem
Wunsch des Vaters entsprechend, sich dem Lehrerberuf zugewandt hatte, am Sylvesterabend des Jahres 1908 in der Bibliothek des Hauses „Wiesenstein" einen Unterstützungsfonds gründeten, um dem Schriftsteller durch die regelmäßige Auszahlung
eines Jahresgeldes ein materiell sorgenfreies Schaffen zu ermöglichen. Denn sorgenfrei war das Leben des Volksschullehrers
und Schriftstellers bisher nicht gewesen. Wie sein späterer Schwiegersohn berichtete, betrug das Anfangsgehalt des Volksschullehrers monatlich 67 Mark, nach der ersten fällig gewordenen Besoldungszulage hatte sich der Betrag auf 90 Mark erhöht, so dass
er heiraten konnte. Aber Krankheiten, auch von Frau und Kindern,
der Tod mehrerer Kinder verschärften die Sorgen. Zu all diesem
kamen noch Repressalien von Kirche und Staat, denn er war politisch und kirchlich weit nach links orientiert. Er richtete, wie er
sagte, seine „Widersacherschaft gegen alle politische Bevormun-
13
bewahrt waren, auf Verordnung der polnischen Behörden auf dem Massengrab
an der Klostermauer ausgeschüttet wurde. Die Grabpflege wird seit Jahren ehrenamtlich von zwei deutschen Annabergerinnen durchgeführt. Einen herzlichen
Dank und besondere Anerkennung dafür.
Die aus Holz angefertigte Grabumfassung, die zwei Kreuze mit der Aufschrift
in polnischer Sprache „Soldaten" hat, kann
man leider als unwürdig bezeichnen im
Gegenteil zu dem nicht weit entfernten
Sammelgrab polnischer Insurgenten mit
großzügiger Gestaltung und elegantem
Grabstein. Man hat den Eindruck, als gäbe
es auf dem heiligen Berg zwei Klassen von
Toten.
Um diese Grabstätte würdevoll zu gestalten und durch eine bescheidene Tafel
mit sinnvoller Inschrift der verstorbenen
Soldaten zu gedenken, organisiert die
AGMO e.V. eine Spendenaktion unter dem
Stichwort „St. Annaberg".
Es ist an der Zeit, dass deutsche und
polnische Pilger, die den Friedhof besuchen, von der geschichtlichen Besonderheit und Wahrheit des St. Annaberges erfahren.
Der St. Annaberg ist schließlich nicht
irgendein Ort.
Sebald A. Kriebus (SN)
dung durch staatliche Behörden und trat für die reine Staatsschule
und ihre Trennung von der Kirche ein." Eine seiner ersten Erzählungen, die er dem Samuel Fischer Verlag eingereicht hatte und
die auch veröffentlicht wurde, hieß „Meicke der Teufel". Ein Mann
aus der Umgebung, der sich in der Hauptfigur dieser Erzählung
getroffen fühlte, strengte einen Prozess an. Auch das Gutachten
Gerhart Hauptmanns, der die Erzählung als Kunstwerk bewertete, wurde von dem „kirchlich befangenen und allen künstlerischen
Erwägungen unzugänglichen Gerichtshof als belanglos abgelehnt",
so der Schwiegersohn des Schriftstellers. Den später nach Dittersbach versetzten Lehrer traf eine empfindliche Geldstrafe, der
den ohnehin um seine Existenz ringenden Mann um den Erlös des
Buches brachte. Rathenau und Hauptmann befürworteten auch
das Gesuch des Volksschullehrers um Frühpensionierung, die am
1. Juli 1911 erfolgte. Glück hatte er auch durch eine Begegnung
im Jahre 1904. Als er im August 1904 von einer Bahnfahrt nach
Dittersdorf zurückgekehrt war, fand er eine im Zug liegengebliebene Reisetasche. Sie gehörte einer ihm unbekannten Frau, die in
Bad Charlottenbrunn zur Kur weilte. Der passionierte Wanderer
machte sich zu Fuß auf nach Bad Charlottenbrunn, um die Tasche
der Eigentümerin zurückzugeben, die - wie sich herausstellte - die
Frau des Chefredakteurs der „Breslauer Zeitung" war. Es entwickelte sich eine Freundschaft, auch mit dem Chefredakteur selbst,
die dazu führte, dass er einiges in der „Breslauer Zeitung" veröffentlichen konnte und dass sie seinen bekanntesten Roman, wie
auch andere Werke, aus der Handschrift in Maschinenschrift übertrug. Seine Werke kreisen immer um ähnliche Themen: Läuterung
des Individuums und die Erkenntnis von der Seeleneinheit zwischen
göttlichem und menschlichem Wesen durch das Ringen des Einzelnen mit sich selbst, wie es ein Literaturhistoriker formulierte. Die
Urteile über das Werk des Schriftstellers, der an einem 11. September starb, sind gespalten. Die meisten werden wohl einem Zeitungsartikel aus dem Jahre 1929 beipflichten, in dem es heißt, dass
wenn er sich an sachliche Erzählung halte, er sicher nicht der Beste sei, „aber immerhin von großer Plastik und Wärme. Sein Hang
zur Mystik dagegen verleitet ihn zu stilistischen und gedanklichen Eigenbrödeleien, die heute, wie überhaupt, niemandes Sache sind, oft auch nur ein Mittel, mangelnde objektive Beobachtungsgabe zu kaschieren.... Das pathologische Jenseitsstreben des
Dichters ist, trotz aller phantastischen Fülle seiner Bilder auf die
Dauer unerträglich,..."
Bernhild Statten (SN)
14
KULTUR / DE LIBRIS
NEUERSCHEINUNG: Über 13.000 Volltextseiten eines seltenen
Nachschlagewerkes jetzt für den Computer verfügbar
Haus Schlesien gibt digitale
Güteradressbücher Schlesiens heraus
Wer sich für die Besitzverhältnisse und die
landwirtschaftlichen Wirtschaftsgrundlagen
Schlesiens interessiert, der wird immer zuerst die damaligen Güteradressbücher
zur Hand nehmen. Das Problem war bisher nur, dass es diese Handbücher kaum
noch gibt. Nur selten werden Ausgaben der
schlesischen Güteradressbücher in Antiquariaten oder bei Auktionen angeboten.
Keine deutsche Bibliothek verfügt über einen lückenlosen Bestand. Die wenigen alten Exemplare unterliegen wegen alterungsbedingter Schäden zunehmend Nutzungseinschränkungen. Eine vergleichende Auswertung oder rasche ortsbezogene Recherche war somit bislang kaum möglich. Um diese wichtigen Quellen für die Erforschung der Regionalgeschichte besser
verfügbar zu machen, hat nun erstmals eine
zeitgemäße Digitalisierung stattgefunden.
Drei kompetente Partner fanden dafür
zusammen: Initiiert durch das HAUS
SCHLESIEN hat die Martin Opitz-Bibliothek
sämtliche erschienenen Ausgaben schlesischer Güteradressbücher, insgesamt 20
Bände, zusammengetragen, gescannt und
im pdf-Format gespeichert. Im HAUS
SCHLESIEN wurden die über 13.000 Seiten durch digitale Register strukturiert, um
eine rasche Navigation zu ermöglichen.
Eine wissenschaftliche Einleitung von Museumsdirektor Dr. Stephan Kaiser erläutert
den historischen Hintergrund und die inhaltliche Struktur der Güteradressbücher.
Zustande kam das Vorhaben durch die finanzielle Unterstützung des Sächsischen
Staatsministeriums des Innern, Dresden,
das damit wieder einmal seine wegweisende Förderung zur „Pflege und Erhaltung
des kulturellen Erbes der Deutschen aus
den östlichen Reichs- und Siedlungsgebieten" dokumentiert.
Was ist von den wiederaufgelegten
Handbüchern zu erwarten? Die Auflistung
der „selbständigen Guts- und Forstbezirke (Rittergüter), einschließlich der zugehörigen Vorwerke, mit den Namen der Besitzer, Bevollmächtigten, Pächter und des
ersten Beamten" folgt der jeweils gültigen
administrativen Gliederung Schlesiens,
d.h. ist nach Regierungsbezirken und
Kreisen geordnet. Innerhalb der Kreise sind
die Güter nach Ortsalphabet und mit fortlaufender Nummerierung notiert. Jedes
Kreis-Kapitel beginnt mit den wichtigsten
allgemeinen Angaben. Hier werden Größe
und Einwohnerzahl genannt, topographische Informationen wie Höhenangaben und
Gewässer sowie
landwirtschaftliche
Grundlagen wie Bodenbeschaffenheit und
Viehbestand. Auch gewerbliche Anlagen
und die wichtigen Eisenbahnverbindungen
werden summarisch behandelt, um den Bezugsrahmen für die späteren Einzeldaten
zu geben. Alle Ausgaben bringen zusammengefasst die verschiedenen Herrschaften, bei denen auch auf kreisüber-
greifende Besitzungen verwiesen wird.
Durch Erbteilung, Güterverkäufe und
veränderte Kriterien einer Aufnahme nahm
die Anzahl der Einträge zu. Die 1. Ausgabe (Breslau 1870) besitzt Informationen zu
4.222 Gütern, die 11. zu 4.268 Gütern und
die letzte (15.) Ausgabe (1937) trotz reduziertem Gebietsumfang zu 5.136 Gütern.
Eine Einschränkung muß man machen: Die
Güteradreßbücher sind für kleinere Besitzverhältnisse nur begrenzt aussagefähig,
da sie erst Güter ab einer bestimmten Betriebsgröße aufführen. Die Masse der
Kleinbetriebe zu erfassen, hätte jeden darstellbaren Rahmen gesprengt. Um 1933 bestanden in Niederschlesien über 146.000
Landwirtschaftsbetriebe, in Oberschlesien rund 82.500. Die Zahl derjenigen über
100 ha Betriebsfläche betrug hingegen in
beiden Provinzen zusammen nur gut 2500.
Geht es bei den nunmehr praktisch verfügbaren Daten auf der ersten CD-ROM um
„größere Landgüter", so bietet die zweite
CD-ROM noch ein besonderes Nachschlagewerk. Darauf ist Leuchs über
Schlesische Nachrichten 20/2004
2000seitiges Adreßbuch der „Kaufleute, Fabrikanten, Gewerbetreibenden und Gutsbesitzer von Schlesien" (Nürnberg 1912) als
pdf-Dokument gespeichert und das erlaubt,
jeden Schmied und Gastwirt zu finden. Werbeeindrucke, schon damals eine wichtige
Finanzierungsquelle für die Verleger, bieten interessante Einblicke in die damalige
Warenwelt und insbesondere schlesische
Produkte. Hunderte Seiten Werbung laden
ein, diese mittlerweile unbekannte Wirtschaftsstruktur kennenzulernen.
Alle gewünschten Angaben lassen sich
bequem seitenweise ausdrucken. Am
Bildschirm sind vergleichende Recherchen
möglich. Eine wichtige Quellengattung ist
somit schnell, praktisch und gegenüber den
Altdrucken sehr preisgünstig verfügbar. Geeignet für gängige PC-Systeme.
Die schlesischen Güteradreßbücher
1870 bis 1937 auf 2 CD-ROM. Hrsg. vom
HAUS SCHLESIEN und der Martin-OpitzBibliothek (Digitale Quellen zur schlesischen
Kulturgeschichte, 1); Vertrieb nur über Museum für schlesische Landeskunde im
HAUS SCHLESIEN, Dollendorfer Str. 412,
D-53639 Königswinter-Heisterbacherrott,
Tel. +49 (0) 22 44/88 62 31, Fax 88 62 30,
e-mail: museum@hausschlesien.de, Bestellzeichen: CD GAB DQ01, Preis: EUR 50
(zzgl. Versand)
Schlesische Spitzen
Eine weitere Ausstellung in Winkeldorf (bei Bad Landeck)
Am 25. 7. 2004 wurde im Gottwaldhof in
Winkeldorf bei Bad Landeck mit einem
feierlichen Gottesdienst eine weitere Ausstellung eröffnet, die vom Reichtum des
schlesischen Brauchtums zeugt. Diese
Ausstellung wurde vom Verein der Polnisch-Deutschen Freundschaft in Glatz organisiert.
Der Anfang der schlesischen Spitzenklöpperei geht auf das Ende des 19. Jahrhunderts zurück. Dazu hat vor allem die
Einführung der allgemeinen Schulpflicht
beigetragen. Es entstanden sogar spezielle
Schulen der Spitzenfertigung, die meistens von Aristokratinnen auf ihren Landgütern gegründet worden. 14 solcher
Schulen gründete allein Fürstin Danisy
Hochberg von Pleß.
Die schlesische volkstümliche Spitze
wurde von der bürgerlichen Musterung, sowie auch von den Mustern aus Deutschland und Österreich inspiriert. Seit Ende
des 19. Jahrhunderts entstanden Tausende von Mustern auf Frauenhauben, in
Wäsche- und Bettzeugeinsätzen, Tischläufern, Handschuhen, Gardinen und
Meßgewändern.
Winkeldorf ist ein ungewöhnlich stilles,
malerisches Dorf, mit kultureller und bäuerlicher Tradition und wurde in den Nachkriegsjahren, ähnlich wie viele andere Gebirgsdörfer entvölkert und heruntergewirtschaftet.
Der Bauernhof Nr. 23 in Winkeldorf, der
ehemalige „Gottwaldhof", wird von den Familien Fuglinski/Czaplinski in mühe- und
liebevoller Hingabe restauriert. Sie haben
sich zur Aufgabe gestellt, dieses schlesische Kulturgut der Nachwelt zu erhalten
und als Begegnungsstätte einzurichten.
Begleitet wird dieses Vorhaben vom Museum des Glatzer Landes.
Die Initiatoren dieser Ausstellung laden
Sie, liebe Leserinnen und Leser, ganz herzlich ein. Wenn Sie demnächst die Heimat
besuchen, unternehmen Sie einen „Abstecher" nach Winkeldorf.
Die Ausstellung ist noch bis 31.10.2004
geöffnet. Von Donnerstag bis Sonntag von
10:00 Uhr- 16:00 Uhr bzw. nach telephonischer Anmeldung (074/814 78 02). 2005
wird sie dann vom 1. Mai bis 3. Oktober geöffnet sein.
Gottwaldhof
Schlesische Nachrichten 19/2004
DE LIBRIS / VERMISCHTES
Ein Oberschlesier
wurde Hamburgs Bürgermeister
Schlesier des 14. bis 20. Jahrhunderts. Achter Band der Schlesischen
Lebensbilder. Herausgegeben von Arno Herzig. Im Auftrag der Historischen
Kommission für Schlesien. 382 S., Verlag Degener & Co., Neustadt an der
Aisch, 35 EURO
Zwischen 1931 und 1968 gab es die zeitbedingte (gleichsam selbst ein Stück Zeitgeschichte) Unterbrechung der Buchfolge „Schlesische Lebensbilder". Dem siebenten Band des Jahres 2001 ist - geradezu überraschend schnell - jetzt Band
Acht gefolgt. Nicht nur der Verlag sondern
auch der Herausgeber, vordem Professor
Josef Joachim Menzel, jetzt Professor
Arno Herzig haben gewechselt. Dem
Herausgeber der in diesem Band versammelten 40 Biographien gebührt dankende Anerkennung dafür, dass Mitautoren gefunden wurden, in den einzelnen
Porträts nicht nur Persönlichkeiten zu charakterisieren, sonder zugleich 700 Jahre
der Geschichte Schlesiens, immer auch
verstanden als Kulturgeschichte, darzustellen. Der Rückgriff auf Mitarbeiter, die
sich mit ihrem Spezialgebiet anbieten, ist
für die Konzeption eines derartigen Werkes selbstverständlich.
Auch und gerade in einem solchen
Sammelband ist die Handschrift des Herausgebers spürbar. Arno Herzig stammt
aus dem Wallfahrtsort Albendorf in der
Grafschaft Glatz, war Professor für Neuere Geschichte an der Universität Hamburg, ist mit Arbeiten zur Konfessionalisierung, des Judentums, des 18. und 19.
Jahrhunderts hervorgetreten und seit
2002 Emeritus. Mit drei Beiträgen ist der
Herausgeber auch als Autor vertreten, und
diese Beiträge haben ihren besonderen
biographischen Bezug zu Glatz. Die eigenen Arbeiten zur Geschichte des Judentums schlagen sich in dem Band durch
die Verfolgung vieler jüdischer Lebenswege in Schlesien nieder, weshalb auch
der berühmte Geschichtsschreiber des Judentums, der im 19. Jahrhundert in Breslau lehrende Friedrich Graetz in die
„Schlesischen Lebensbilder" erneut aufgenommen ist, was ungewöhnlich ist, weil
über ihn bereits im zweiten Band Felix Priebatsch über ihn geschrieben hatte.
ren Aufsatz berichtet der Verfasser über
Anna von Schweidnitz, die Tochter aus
dem Piastengeschlecht und jetzt als
zweite Gemahlin und nur von kurzer Lebensdauer Kaiser Karls IV. in Prag.
Entsprechend dem Zeitablauf ereignen
sich fast gleichzeitig die Ausrichtung
Schlesiens als Teil des Römischen Reiches
deutscher Nation auf Wien und die Gewinnung Niederschlesiens für die Reformation. Es folgen die Schlesischen Kriegte und der Richtpunkt heißt jetzt Berlin.
Auch hier wieder wie bereits während der
vorangegangenen Umbrüche spiegeln
sich diese in den Biographien wider.
Schließlich die Ereignisse seit 1945. Es ist
daher bezeichnend für diesen achten Band
der „Schlesischen Lebensbilder" und zugleich auch ein Gewinn, dass dieser mit
einer Biographie des polnischen Germanisten Marian Szyrocki (1928-1992), von
der polnischen Germanistin Miroslawa
Czarnecka verfasst, schließt.
Die Autorin ist noch einmal mit einer
Darstellung des Lebensweges der wenig
bekannten Schriftstellerin Elisabeth von
Senitz (1629-1679) befasst. Zu ihrem Aufsatz über den zu rühmenden Kenner des
schlesischen Barocks und Biographen von
Andreas Gryphius sowie den Herausgeber von seinen Werken, Marian Szyrocki,
sind alle deutschen Ortsnamen grundsätzlich gemieden, so werden Breslau, wo
er lehrte, auch Krummhübel im Riesengebirge, wo er einen Sommersitz hatte und
zu Symposien einlud, nur polnisch bezeichnet. Warum dies? Der Rezensent hat
während der kommunistischen Zeit in Polen viele Begegnungen mit ihm in Bonn gehabt, aber stets sprach er von Breslau und
Krummhübel, und wir sprachen, er der
Neugermanist und ich der Altgermanist nur
deutsch miteinander. Dieses offensichtliche Politikum der Autorin ist ein wohl als
Absicht zu bewertender Störfaktor während der Lektüre.
Es sind fünf Umbrüche, die Schlesien
seit dem 14. Jahrhundert bis in die
Gegenwart erfahren hat und die sich in den
Biographien niederschlagen. Gleich im ersten Beitrag von Andreas Rüther über Bischof Preczlaus von Pogarell aus Michelau und einem adligen Brieger Geschlecht
heißt es: „Während Schlesiens dreizehntes Jahrhundert kolonisatorische und zivilisatorische Veränderungen gebracht
hatte, war das vierzehnte Jahrhundert
durch dessen Herrscher geprägt. Gegen
diesen Ausbau zum untergebenen Kronland mit Landeshauptstadt und damit der
Beschneidung eines Geschlechtes, das
Könige stellte, appellierten mitunter vereinzelte Stimmen wie die Bolkos II. von
Schweidnitz und Jauer." In einem weite-
Siebzehn der 40 Beiträge umfassen
Jahre und vielfach Jahrzehnte der, mit der
Russischen Revolution von 1917 als Beginn, Zeitgeschichte. Mit der Überschrift
„Ein Oberschlesier wurde Hamburgs Bürgermeister" ist die Vita von Herbert Kurt
Weichmann (1896-1983) gemeint. Geboren wurde er in Landsberg im Kreise Rosenberg, aufgewachsen in Liegnitz, Referendar und Promotion in Breslau, journalistischer Korrespondent in Oberschlesien, hiernach der Teilung Chefredakteur
der „Kattowitzer Zeitung", hoher Beamter unter dem preußischen Ministerpräsidenten Otto Braun, schließlich zur Emigration gezwungen, 1948 Rückkehr nach
Deutschland und kurz vor dem 70. Geburtstag Erster Bürgermeister von Ham-
15
burg, dies von 1965 bis 1971. Sowohl über
Bürgermeister Weichmann als auch über
Heinrich Albertz, der eine kurze Zeit Regierender Bürgermeister in Berlin gewesen ist, berichtet der Hamburger Professor Axel Schildt. Auch das gehört zur
Handschrift des Herausgebers, dass neben ihm selbst zehn weitere Autoren in
Hamburg residieren.
Nicht jeder Beitrag gehörte aufgrund
von Lebensweg und Werk in die „Schlesischen Lebensbilder" eingereiht wie zum
Beispiel aus jüngster Zeit Hans Anton Kroll,
der zwar seinerzeit als deutscher Botschafter in Moskau und dank seiner Gespräche mit Nikita Chrustschow Aufsehen
erregt hat, aber nur dadurch subjektiv als
Persönlichkeit historisch hervorragt.
Eine Besprechung des siebenten Bandes schloss mit der Bemerkung: „Bei aller Freude über den siebenten Band erscheint eine Fortsetzung geradezu notwendig." Man ist versucht, dies auch jetzt
nach Lektüre des hervorragend edierten
Bandes acht zu wiederholen. Vor allem mit
dem Blick in die Zeitgeschichte fehlen
noch etliche, von den früheren Jahrhunderten selbstverständlich auch. Ich bin
leicht auf fünfzehn noch fehlende Biographien gestoßen. Es wäre noch mancher
Lebenslauf schlesischer Emigranten mit
großem Namen nachzuholen, aber auch
Oberschlesien sollte nicht unterbelichtet
bleiben.
Die jetzt vorliegenden „Schlesischen
Lebensbilder" bieten, infolge der kenntnisreichen Mitarbeiter und Darsteller ein
großartiges Bild der politischen und Geistesgeschichte Schlesiens. Man kann diesem Band gar nicht genug wissensdurstige
Leser wünschen.
Herbert Hupka (SN)
VDA - Landesverband
Bayern Mitglied in der DWA
Maisach: Der VDA (Verein für Deutsche
Kulturbeziehungen im Ausland e.V.) - Landesverband Bayern ist seit 1. Januar 2004
Mitglied in der „Deutschen Welt Allianz",
einer sich in den USA etablierten Organisation zur Wahrung der allgemeinen Menschenrechte.
Die DWA ist hervorgegangen aus dem
DANC (Deutsch - Amerikanischer National - Kongreß), gegründet 1950 von den
deutschen Neueinwanderern und der
IGAR (Institute for German American Relation), gegründet 1983.
In den USA und Kanada gehören der
DWA außer den beiden o. g. Organisationen der GCC (German Canadian Congress, Dachverband von 70 deutschen
Vereinen in Kanada), die Organisation der
Donauschwaben im Staate New York, die
Organisation der Ostpreußen in USA an.
Dazu kommen zahlreiche Einzelmitgliedschaften in den USA und in Kanada.
Partner in Europa sind der AKVS (Allgemeiner Kulturverein Südmark, Österreich)
und der VLÖ (Verband der Landsmannschaften in Österreich).
G.O./RGM
16
VERMISCHTES /ANZEIGEN
Schlesische Nachrichten 20/2004
Lobhudelei auf einen Oppelner KP-Herold
In Oppeln läuft eine Ausstellung, die zum 70-ten des Kommunisten
Jan Goczot, einst Sejmabgeordneter, Chef kolumnist des KP-Organs
„Trybuna Opolska" (im deutschen Volksmund „Polnischer Völkischer
Beobachter" genannt), gewidmet ist. Man sieht dort Photos des alten roten Recken mit Großkopferten des polnischen Bolschewismus.
In der ersten Geburtsurkunde dieses Oberschlesiers steht bestimmt
kein „Jan" und auch das durchstrichene polnische „I" im Namen kannte damals kein deutscher Staatsbeamter.
Die bürgerlichen und katholischen Medien des Landes ignorierten das Ereignis. Andere stimmten - voran die „Nowa Trybnua Opolska" für ihren alten Genossen - ein Loblied an. Und schließlich schloss
sich dem Reigen der Gratulanten mit buntem Kästchen und mit Konterfei „Unser Oberschlesien" an, in dem es sogar zum „Surfen" im
Internet mit dem einstigen roten Regionalgranden anregte. Ob dieses Schmusekurses wird es so Manchem die Sprache verschlagen
haben. Vor allen Dingen jenen, die seinerzeit vom KP-Organ diffamiert, von den Repräsentanten des polnischen Nationalbolschewismus gar vor den Kadi gezerrt wurden oder angewidert die geliebte alte Heimat in Richtung Friedland verließen. Jan Goczot aber
kann zufrieden sein!
JGG
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I m p r e s s u m : Schlesische Nachrichten, Zeitung für Schlesien, vereint mit Oberschlesischer
Kurier • Herausgeber: Landsmannschaft Schlesien - Nieder- und Oberschiesien e. V,
vertreten durch den Bundesvorsitzenden Rudi Pawelka, Dollendorfer Straße 412, 53639 Königswinter, Telefon (0 22 44) 92 59-0, Fax (0 22 44) 92 59-290.
Redaktion: Michaela S. Ast - m a - (Chefredakteurin), Damian Spielvogel, Bundesgeschäftsführer der Landsmannschaft Schlesien (Landsmannschaft Schlesien), Dr. Friedrich Vetter, Landesgruppe Berlin/Mark Brandenburg (Berlin-Ausgabe am 1. eines jeden Monats). Die Redaktion behält sich das Recht vor, Beiträge redaktionell zu kürzen. Telefon (0 22 44) 92 59-0,
Fax (0 22 44) 92 59-190, E-Mail: schlesische-nachrichten@freenet.de.
Nachdruck: Der Nachdruck von redaktionellen Beiträgen der Schlesischen Nachrichten ist bei
Quellenangabe und Zusendung eines Belegexemplars gestattet.
Texte und Anzeigen: Cilly Langschwager, Telefon (0 22 44) 92 59-293, Fax (0 22 44) 92 59-190,
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