3) Formen der Demenz
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3) Formen der Demenz
Tutorium Klinische Psychologie II Spezielle Störungsbilder II: Demenzielle Störungen Eine Übersicht Tutorium Klinische Psychologie II Demenzielle Störungen Demenz Eine Übersicht Anna Felnhofer anna.felnhofer@univie.ac.at Tutorium Klinische Psychologie II I Inhalt 1) Begriffliche Abgrenzung Demenz 2) Im Alltag 3) Formen der Demenz Exkurs: Mild Cognitive Impairment 4) Epidemiologie (Prävalenz & Inzidenz) 5) Verlauf & Prognose Tutorium Klinische Psychologie II I 1) Begriffliche Abgrenzung Lat.: dementia = Unvernunft; ohne Geist Demenz Überlieferungen aus der Römerzeit (Junius Juvenalis, 60-40 n.Chr.): Aber noch schlimmer als sämtlicher Glieder Gebrechen ist die Demenz, bei der man selbst die Namen der Sklaven, die Miene des Freundes nicht mehr erkennt, der in vergangener Nacht mit einem speiste, nicht mehr die Kinder, die man gezeugt und erzogen. ICD-10-Definition (ICD-10-Code: F00-F03) Demenz ist ein Syndrom als Folge einer meist chronischen oder fortschreitenden Krankheit des Gehirns mit Störung vieler höherer kortikaler Funktionen, einschließlich Gedächtnis, Denken, Orientierung, Auffassung, Rechnen, Lernfähigkeit, Sprache, Sprechen und Urteilsvermögen im Sinne der Fähigkeit zur Entscheidung. Das Bewusstsein ist nicht getrübt. Tutorium Klinische Psychologie II I 2) Demenz im Alltag Demenz Abb.: Demenzdiagnostik - Versuch einer 67jährigen Patientin, ein Haus abzuzeichnen (Ivemeyer & Zerfaß, 2002) normales kognitives Altern: hohe Variabilität der intellektuellen Leistungen im Alter beeinflusst von Bildung, Beruf, Lebensstil und Gesundheit Unterschied gesunde vs. Patienten mit Demenz: beim Speichern von Informationen Grauzone zwischen normalem Altern und demenziellen Erkrankungen Ruf nach reliablen, validen und objektiven sowie ausbildungs-, geschlechts- und alterskorrigierten Messinstrumenten Tutorium Klinische Psychologie II I 2) Demenz im Alltag Demenz Der neurodegenerative Prozess beginnt wahrscheinlich bereits Jahrzehnte, bevor er sich in einem nach außen sichtbaren klinischen Bild manifestiert. Berichte von Angehören über: • Sozialer Rückzug • Interessensverlust bzw. Vereinfachung der Interessen • Aufgeben von Hobbys • Schwierigkeiten bei komplexen bzw. beruflichen Tätigkeiten • Depressivität • Unsicherheit bei Entscheidungen • Verfahren oder Verlaufen in fremder Umgebung Tutorium Klinische Psychologie II I Demenz 2) Demenz im Alltag Kognitive Beeinträchtigungen: • Lernen und Gedächtnis • Denken • Sprache • Aufmerksamkeit • Praxie • Visukonstruktion • Exekutivfunktionen Nicht-kognitive Symptome: • Persönlichkeitsveränderungen • Depressivität und Angst • Produktiv-psychotische Symptome • Verhaltensstörungen Tutorium Klinische Psychologie II I 3) Formen der Demenz Demenz Klassifikationssysteme: ICD 10 –Demenz sowohl unter psychiatrischen Störungen (F-Ziffern) als auch unter neurologischen Erkrankungen (G-Ziffern) Differenzierung zw. frühem und spätem Beginn bei Alzheimer-Demenz kann nicht sicher vorgenommen werden. In der Literatur Unterscheidung: 1) Wahrscheinliche AD - Nachweis einer Demenz in einer klinischen Untersuchung (neuropsychologisches Testverfahren) - Defizite in mindestens zwei kognitiven Bereichen - Progrediente Störungen des Gedächtnisses und anderer kognitiver Funktionen - Keine Bewusstseinsstörungen - Beginn zwischen dem 40. und 90. Lebensjahr, meistens nach dem 65. Lebensjahr - Kein Hinweis für andere ursächliche System- oder Hirnerkrankungen 2) Mögliche AD - Diagnose ist möglich bei Vorhandensein eines demenziellen Syndroms mit untypischer Symptomatik - Diagnose ist möglich bei Vorhandensein einer zweiten System- oder Hirnerkrankung - Diagnose sollte in Forschungsstudien gestellt werden bei Vorhandensein eines einzelnen progredienten schwerwiegenden kognitiven Defizits ohne erkennbare andere Ursachen 3) Formen der Demenz Diagnose Alzheimer Demenz Diagnoseschlüssel (ICD 10) F00 (G30) Einschlusskriterien Beeinträchtigung meherer kognitiver Funktionen inkl. Gedächtnis, Orientierung, Sprache und Urteilsfähigkeit. Beeinträchtigungen in den Funktionen des alltäglichen Lebens. Schleichender Beginn mit langsamer Verschelchterung und irreversiblem Verlauf. Daher mind. 6 Monate - mit frühem Beginn F00.0 (G30.0) Beginn der Symptome vor dem 65. Lebensjahr. Gewöhnlich rasche Progredienz der Symptome - mit spätem Beginn F00.1 (G30.1) Beginn der Symptome nach dem 65. Lebensjahr - atypische oder gemischte Demenz F00.2 (G30.8) u.a. Mischformen von vaskulärer und Alzheimer-Demenz - nicht näher bezeichnet F00.9 (G30.9) Ausschlusskriterien Plötzlicher apoplektischer Beginn. Neurologische Herdzeichen wie Hemiparese, Sensibilitätsverlust, Gesichtsfeldausfälle und Koordinationsstörungen in der Frühphase der Krankheit. Hinweise auf System oder Hirnerkrankungen, die ebenfalls eine Demenz verursachen können (z.B. Normaldruckhydrocephalus, Vitamin-B12-Mangel) Bewusstseinstrübung (Ivemeyer & Zerfaß, 2002) 3) Formen der Demenz Diagnose Diagnoseschlüssel (ICD 10) Beschreibung Vaskuläre Demenz F01 (G30) Folge einer vaskulären Krankheit, Die Infarkte sind meist klein, kumulieren aber in ihrer Wirkung. Der Beginn liegt gewöhnlich im späteren Lebensalter - mit akutem Beginn F01.0 Diese entwickelt sich meist sehr schnell nach einer Reihe von Schlaganfällen als Folge von zerebrovaskulärer Thrombose, Embolie oder Blutung. - Multiinfarkt-Demenz F01.1 Sie beginnt allmählich, nach mehreren vorübergehenden ischämischen Episoden (TIA), die eine Anhäufung von Infarkten im Hirngewebe verursachen. - Subkortikale vaskuläre Demenz F01.2 (G30.8) Hierzu zählen Fälle mit Hypertonie in der Anamnese und ischämischen Herden im Marklager der Hemisphären. Im Gegensatz zur Demenz bei Alzheimer-Krankheit, an die das klinische Bild erinnert, ist die Hirnrinde gewöhnlich intakt. -gemischte kortikale und subkortikale vaskuläre D. F01.3 - Sonstige vaskuläre D. F01.8 - nicht näher bezeichnet F01.9 ICD Online: http://www.dimdi.de/static/de/klassi/diagnosen/icd10/ls-icdhtml.htm [Mai 2010] 3) Formen der Demenz Diagnose Diagnoseschlüssel (ICD 10) Demenz bei anderorts klassifizierten Krankheiten Beschreibung frühe, langsam fortschreitende Persönlichkeitsänderung und Verlust sozialer Fähigkeiten, Beeinträchtigungen von Intellekt, Gedächtnis und Sprachfunktionen mit Apathie, Euphorie und gelegentlich auch extrapyramidalen Phänomenen. Demenz bei Pick-Krankheit F02.0 Demenz bei Creuzfeldt-JakobKrankheit F02.1 Beginn gewöhnlich im mittleren oder höheren Lebensalter, Auftreten jedoch in jedem Erwachsenenalter möglich. Der Verlauf ist subakut und führt innerhalb von ein bis zwei Jahren zum Tode. Demenz bei Chorea Huntington F02.2 Störung ist autosomal dominant erblich. Symptomatik beginnt typischerweise im dritten und vierten Lebensjahrzehnt. Bei langsamer Progredienz führt die Krankheit meist innerhalb von 10 - 15 Jahren zum Tode. Demenz bei primärem Parkinson Syndrom F02.3 Eine Demenz, die sich im Verlauf einer Parkinson-Krankheit entwickelt. Bisher konnten allerdings noch keine charakteristischen klinischen Merkmale beschrieben werden. Demenz bei HIV-Krankheit F02.4 Eine Demenz, die sich im Verlauf einer HIV-Krankheit entwickelt, ohne gleichzeitige andere Krankheit oder Störung, die das klinische Bild erklären könnte. Demenz bei anderenorts klassifizierten Krankheiten F02.8 Bsp.: Epilepsie, Hyperkalziämie, Multiple Sklerose ICD Online: http://www.dimdi.de/static/de/klassi/diagnosen/icd10/ls-icdhtml.htm [Mai 2010] Tutorium Klinische Psychologie II I Exkurs: Mild Cognitive Impairment (MCI) Leichte kognitive Beeinträchtigung (LKB, auch leichte kognitive Störung) Demenz MCI als Prodromal- oder Risikosyndrom einer Demenz Definition: bis heute nicht gelungen, eine exakte und allgemeingültige MCIDefinition festzulegen kann als beginnende Demenz gedeutet werden bzw. subjektive und objektivierbare kognitive Einbuße bei erhaltener Alltagskompetenz MCI ist kein Syndrom mit Krankheitswert, keine klare ätiologische Zuordnung. Abgrenzung zur Demenz = schwierig, da der Übergang von MCI zur leichten Demenz fließend ist Ursachen: beginnende neurodegenerative Demenz, vaskuläre Läsionen, depressive Episoden, Medikamentennebenwirkungen und Alkoholabusus oder –abhängigkeit Tutorium Klinische Psychologie II I 4) Epidemiologie: Inzidenz Demenz Abb.: Inzidenz von Demenz pro 100 gelebten Personenjahren in verschiedenen Studien (Ziegler & Doblhammer,2009) Die Anzahl der Neuerkrankungen an Demenz pro Jahr in Deutschland wird auf ca. 244.000 11 geschätzt und ist stark altersabhängig. Aussagen zur Inzidenz der einzelnen ätiologischen Formen aufgrund mangelnder Datenlage limitiert. Tutorium Klinische Psychologie II I 4) Epidemiologie: Prävalenz Demenz Abb.: Altersabhängie Prävalenz der Demenz. Daten aus europäischen und amerikanischen Erhebungen und Meta-Analysen (Ziegler & Doblhammer, 2009) Prävalenz ist stark altersabhängig – siehe Abbildung. 50-70%: Alzheimer-Demenz 15-25%: vaskuläre Demenz Zahlen zur Prävalenz der fronto-temporalen Demenz liegen nicht vor Tutorium Klinische Psychologie II I Demenz 5) Verlauf und Prognose Alle neurodegenerativen Demenzerkrankungen progressive Erkrankungen Verläufe über mehrere Jahre Dauer = sehr variabel (bis zu 20 Jahre) bei frühem Beginn: 8-10 Jahre bei Alter von 65-80 Jahren: 5-8 Jahre ab Alter von 80 Jahren: 3-5 Jahre Verringerte Lebenserwartung: Sterberaten im Vgl. mit Gesunden um das 2 – 5fache erhöht Bisher keine erfolgreiche Therapie (Heilung) für degenerative Demenzerkrankungen Prognose: weitreichende Pflegebedürftigkeit Tutorium Klinische Psychologie II I Literatur: Beyreuther, K., Einhäupl, K.M., Förstl, H. & Kurz, A. (2002). Demenzen: Grundlagen und Klinik. Stuttgart: Thieme. Demenz Comer, R.J. (2008). Klinische Psychologie. Heidelberg: Spektrum. ICD Online recherchieren (2010). Abrufbar unter: http://www.dimdi.de/static/de/klassi/diagnosen/icd10/lsicdhtml.htm [Mai 2010] Ivemeyer, D., & Zerfaß, R. (2002). Demenztests in der Praxis. Ein Wegweiser. (1 ed.). München: Urban & Fischer. Petersen, R.C., Roberts, R.O., Knopman, D.S., Boeve, B.F., Geda, Y.E., Ivnik, R.J., Smith, G.E. & Jack, C.R. (2010). Mild Cognitive Impairment ten years later. Archives of Neurology, 66 (12), 1447-1455. Petersen, R.C. (2003). Mild Cognitive Impairment: aging to Alzheimer‘s Disease. Oxford: University Press. Ziegler U., Doblhammer G. (2009). Prevalence and incidence of dementia in Germany- a study based on data from the public sick funds in 2002. Gesundheitswesen, 71(5), 281-290. Tutorium Klinische Psychologie II I Angehörige Demenz Alzheimer Forum, Internet-Selbsthilfegruppe: http://alzheimerforum.de/aai/HA-Gruppen/AAIGruppen.html#Internet-Selbsthilfegruppe Angehörigen Alzheimer-Initiative e.v.: Anmeldung über „Unsere Internet-Selbsthilfegruppe“ (Mailing Liste): http://alzheimerforum.de/mailing/listen.html Angehörigen Alzheimer-Initiative e.v., Info-Pool: http://alzheimerforum.de/gliederu/gliederu.html Alzheimer Angehörige Austria: Informationen für Angehörige: http://www.alzheimerselbsthilfe.at/web/Angehoerige/Angehoerige0.htm Erfahrungsberichte Erfahrungsberichte abschicken: http://www.alzheimerinfo.de/angehoerige/erfahrungsberichte/ Erfahrungsberichte Angehöriger: http://www.alzheimerinfo.de/angehoerige/erfahrungsberichte/angeho erige/erfahrungsberichte/beitraege_angehoerige/ Tutorium Klinische Psychologie II I Information Alzheimer-Informationen für Angehörige und Interessierte (Adressen, Tipps für den Alltag): http://www.alzheimerinfo.de/?et_cid=38&et_lid=53708&et_sub=logo Demenz Informationen, Links, Adressen für Angehörige und Interessierte: http://www.alzheimer-demenz.at/index.php Alzheimer Angehörige Austria (Hinweise, Veranstaltungen, Kontakte, Selbsthilfegruppe) http://www.alzheimer-selbsthilfe.at/ Foren Alzheimer Forum: http://alzheimerforum.de/ Expertenbetreutes Forum & Chat, Online-Diskussion mit Expertenrat: http://www.onmeda.de/foren/forum-alzheimer/list.html Alzheimer-Selbsthilfe-Forum und Alzheimer Links: http://www.alzheimer-selbsthilfe-forum.de/forum/ Forum rund um Alzheimer – Fragen & Antworten: http://www.paradisi.de/Health_und_Ernaehrung/Erkrankungen/Alzheim er/Forum/