alleMANIAK Nr.15 - germanistika.NET
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ZEITSCHRIFT DER GERMANISTIKSTUDIERENDEN alleMANIAK, November 2008, Ausgabe 15 EXKLUSIV: Martin Walser im Gespräch “Es gibt keine kleinen Zeitschriften.” uniBERLINversum FU-Studierende aus Berlin für alleMANIAK Interview mit Seeed Gitarist Rübi “Da hat man überhaupt keine Chance.” Portrait von Dori “Das Rezept ist immer der Dialog.” In memoriam Wendelin Schmidt-Dengler Anfang letzten Studienjahres wurde mir die Stelle als Chefredakteurin des alleMANIAKs angeboten. Beschäftigt mit meinen Freunden, die ich durch den ganzen Sommer lang nicht gesehen habe, mit dem neuen Stundenplan, der mir fast schon Kopfschmerzen bereitete, mit den Stimmen im noch nicht fertig renovierten Flur unserer Abteilung, mit dem nicht aufhörenden Klingeln meines Handys usw. konnte ich es kaum fassen. Es überkam mich ein einzigartiges Gefühl, das man nicht so einfach beschreiben kann. Ich wusste, auf mich kommt etwas Neues, Schweres, Unerwartetes und Schönes zu. Um es aber kurz und bündig zu machen: darüber war ich sehr froh. Froh einer neuen Herausforderung zuzuschreiten. Und wie war das erste Mal? Es war fast wie Poesie. Einfach, aber doch schwer. Viele Emotionen, lange Lesestunden, unzählige Telefonate und E-Mails, schlaflose Nächte ... Jetzt ist sie endlich da, die neue Nummer. Und was kommt auf dich zu? Unter anderem uniBERLINversum, das Resultat der Zusammenarbeit mit der Deutschen und Niederländischen Philogie von der FU Berlin bzw., ganz konkret, mit Prof. Dr. Almut Hille und ihrer Seminargruppe, sowie ein Exklusivinterview mit Martin Walser, das anläßlich seines Ljubljana-Besuchs im Herbst 2007 entstanden ist. Im Andenken an den kürzlich verstorbenen Prof. Dr. Wendelin Schmidt-Dengler wird eine persönliche Reminiszenz von Frau Prof. Dr. Neva Šlibar veröffentlicht; ferner sprachen wir mit Dr. Helgard Mahrdt und Dr. Anton Janko anläßlich seiner Emeritierung. Zum Schluss stellen sich in Wort und Bild noch Tutorinnen und Tutoren an unserer Abteilung vor. Ich hoffe es ist uns gelungen, dich zum Lesen anzuregen und freue mich gleichzeitig auf deine Beiträge, Rückmeldungen, Ideen & Vorschläge! Auf die nächste Nummer! Tanja Skralovnik Interview mit MARTIN WALSER exklusiv für alleMANIAK Im November 2007 besuchte der deutsche Schriftsteller Martin Walser Slowenien. Im Rahmen der Eröffnung einer Ausstellung des Goethe-Instituts Ljubljana und des Literaturhauses München mit dem Titel MARTIN WALSER „Nichts ist ohne sein Gegenteil wahr“ auf der Burg von Ljubljana (22. November 2007 bis 8. Januar 2008) wurden mehrere Lesungen organisiert, es gab eine Vorführung des Films „Ein fliehendes Pferd“ sowie einen Workshop für literarische ÜbersetzerInnen im Deutschen Lesesaal. Von Tina Štrancar Wie sehen Sie heute Ihre schriftstellerischen Anfänge? Wie begann Ihre literarische Laufbahn? Wussten Sie schon immer, dass Sie ein Schriftsteller werden wollen? Ich glaube, wer Schriftsteller werden will, der weiß das nicht von Anfang an. Zuerst ist man Leser. Lesen war meine Hauptleidenschaft. Ich habe über 70 Bände von Karl May gelesen. Mein Vater, der früh gestorben war, hat mir ein Buch geschenkt – Robinson Crusoe in einer gekürzten Jugendausgabe und von da an habe ich immer sehr viel gelesen. Irgendwann habe ich von selber angefangen zu schreiben. Später kamen die Gedichte dazu – ich habe lange Zeit geglaubt, ich sei ein Lyriker, ich habe Hunderte von Gedichten geschrieben. Bis ich gemerkt habe, dass ich kein Lyriker bin. Das ging ganz von selber – kein Entschluss. Entschlüsse taugen sowieso nichts. Wie sehen Sie heute Ihre Mitgliedschaft in einer für die deutsche Nachkriegsliteratur so bedeutenden Organisation, wie es die Gruppe 47 damals war? Ich habe sie schon damals eher kritisch empfunden. 1955 habe ich den Preis bekommen und habe da nicht mehr vorgelesen, ich bin zwar hingegangen – habe aber nie mehr vorgelesen, weil mir die Art, wie das organisiert war, nicht sympathisch war. Der Autor, der da gelesen hat, der hat sich doch einem Tribunal, einer momentanen Stimmung, ausgesetzt. Das fand ich nicht gut. Also, ich will gar nicht alles davon erzählen, aber ich fand sie sehr kritisch, ich habe auch darüber geschrieben. Der Chef dieser Ausstellung Gruppe hat mir das sehr, sehr übel genommen. Ich bin nicht im Frieden von der Gruppe 47 geschieden. Ich mochte das eigentlich nicht. Sind Sie noch immer im Kontakt mit Ihren Kollegen aus der Gruppe 47? Was für eine Beziehung haben Sie zu Ihrem Zeitgenossen Günter Grass, der 2007 schließlich auch seinen 80. Geburtstag feierte? Ja, natürlich. Das war das Beste bei der Gruppe, die Kollegen. Ich wohne zwar abseits von großen Städten, aber ich habe heute noch Kontakte mit Günter Grass und Hans Magnus Enzensberger. Ich glaube, wenn Günter Grass und ich in einer Stadt wohnen würden, dann würden wir einander öfter sehen. Immer wenn wir uns persönlich begegnen, haben wir keine Probleme. Wir hatten schon Probleme, politische Probleme, in den 60er, 70er Jahren, als Grass für die SPD war, und ich bei dieser öffentlichen Aufteilung links von der SPD eingereiht war. Das hat Günter Grass nicht so gut verstehen wollen. Mir war es nicht anders möglich. Aber außer diesen politischen Problemen hatten wir nie persönlich ein Problem gehabt. Sie sind stark gegen die Instrumentalisierung von Auschwitz. Sie haben auch das Berliner Holocaust-Mahnmal als „fußballfeldgroßen Alptraum“ kritisiert. Wie sollten denn Ihrer Meinung nach die Deutschen mit ihrer Vergangenheit umgehen und, wenn schon, sich daran erinnern? Na gut, das ist auch der Anfang der Nachricht, was sie da sagen, denn bevor das gebaut wurde – das HolocaustDenkmal – war ich einmal eingeladen zu einer Diskussion in Berlin. Da habe ich gesagt, eigentlich müssten das die Berliner entscheiden, ob sie das so oder so wollen. Ich kann nur sagen, so wie das gedacht ist, habe ich es einen fußballfeldgroßen Alptraum genannt. Gut. Dann wurde es gebaut. Genialer Bildhauer, Peter Eisenman. Ich habe es gesehen, ich habe mit Eisenman gesprochen, dann fand ich es ein tolles Projekt. Es ist unglaublich, wie er das gemacht hat. Ich habe mich mit Eisenman wunderbar verstanden. Ich glaube, dass er gar kein Problem hat. Und er hat verstanden, dass ich zuerst misstrauisch war – das durfte man sein, weil man sich das nicht vorstellen kann. Sie haben viele Entwürfe “Man erlebt imTagebuch eine Freiheit, abgelehnt, die furchtbar gewesen wären. Dann hatte man dieses wunderbare Projekt und seitdem habe ich kein Problem damit. Aber man sagt mir das ewig nach, wie Sie auch! letzten 200 Jahren nichts geändert. Wenn „das Wort des Autors“ der Gesellschaft, dem Zeitgeist, brauchbar erscheint, dann wird das Wort akzeptiert, verwertet, missverstanden, diskutiert usw. – höchst lebendig – das ist nicht anders als im Jahr 1805, als Goethe das und das veröffentlicht hat. Heute gibt es ein lautes Es gab Jahre, in denen Sie ständig auf Lesereisen waren. In den 70ern war Ihr bevorzugtes Reiseziel die Vereinigten Staaten, wo Sie als Gastprofessor tätig waren. Jedoch kehren Sie immer wieder in Ihren Heimatort am Bodensee zurück. Was ist so besonders an ihm? Wieso sind Sie damals nicht in den Vereinigten Staaten geblieben? Ja, ich frage mich heute noch. Ich hätte bleiben können und dort Professor werden. Wissen Sie, wenn man etwas nicht tut, was man glaubt tun zu können oder sogar tun zu müssen – wenn man es nicht tut, dann folgt man einer Gravitation, einer Attraktion, die man nicht leicht rationalisieren kann. Ich habe mir damals folgendes gesagt und vielleicht hat das gestimmt, vielleicht war das mein Grund, warum wir nicht in Amerika blieben: Wir hatten vier Kinder und ich hätte diesen Kindern eine amerikanische Biografie eingeprägt. Ich habe in meinem Seminar Studenten gehabt, die nannte Foto: Boštjan Eršte man „first generation kids“, Kinder der ersten Generation, und das Geräusch in der Medienwelt, das klingt merkte man, den Unterschied zwischen dann manchmal so, dieses Medienden eingeborenen Amerikaner und diesen geräusch, als hätte es das Wort des „first generation kids“. Ich habe mir Autors schwer, aber das ist nicht der Fall. gedacht, nein das will ich meinen Kindern Ich habe gelegentlich, leider, Aufmerknicht antun. Das ist so ein bisschen mit samkeit erregt bis zum Skandal, weil ich gebrochener amerikanischer Physiog- meine Sprache gebraucht habe, weil ich nomie aufgewachsen – das war die mein Wort öffentlich gebraucht habe. Das radikalste Begründung. Egal. Wir sind sieht man. Das war nie anders. Ich weiß immer wieder zurückgekehrt und zurück- nicht, ob es einmal anders sein wird. Aber gekehrt. heute ist es nicht anders als im Jahr 1900 oder im Jahr 1800, nur die äußeren Sie hatten auch eine Lesung an der Bedingungen sind andere. Philosophischen Fakultät. Was für eine Rolle spielt, Ihrer Meinung nach, das Ihr populärstes Werk ist zweifellos „Wort des Autors“? – ist es in der „Ein fliehendes Pferd“, das auch heutigen Mediengesellschaft wichtig, zweifach erfolgreich verfilmt wurde – dass die Bücher zu ihren Lesern wie war es für Sie persönlich, Ihr Buch sprechen? verfilmt zu sehen? Nach meiner Erfahrung hat sich da in den Hatten Sie das Gefühl, dass es sich Am 20. November 2007 wurde auf der Burg von Ljubljana die Ausstellung von und über Martin Walser eröffnet. Für all diejenigen, die sie verpasst haben, hier einige Photos. (1) Unter den Besuchern waren auch der Botschafter der Bundesrepublik Deutschland, Dr. Hans Joachim Goetz, und Direktor des Goethe Instituts Abed Naumann Thabet und Dolmetscherin Amalija Maček. (Foto: Tina Štrancar) (2) Der Dichter in seinem Element mit einem Gläschen Wein in der Hand: „Wie fasziniert man doch ist, wenn man ihm zuhört.“ (Foto: Tina Štrancar) 2 alleMANIAK 1 2 MARTIN WALSER exklusiv für alleMANIAK MARTIN WALSER die man nirgendwo sonst auf der Welt hat.” verselbstständigte? Es ist schon vor 20 Jahren verfilmt worden und es war miserabel. Aber dieses Mal ist es wunderbar. Der Unterschied ist, damals haben sie an der Novelle entlang gefilmt und haben die Novelle als solche in den Film hinüber retten wollen – das ist Unsinn. Die Sprache einer Novelle ist im Film untauglich. Es ist lächerlich und künstlich. Diesmal gab es acht Drehbuchversionen, die ich auch bekommen habe und ich habe alle Dialoge entliterarisiert. Es dürfen nicht meine Buchdialoge sein. Meine Buchdialoge sind ganz gute Prosa, aber sind unmöglich im Mund eines Schauspielers, den ich sehe. Es ist komisch. Das war das Erste und das Zweite diesmal war die Dramaturgie. Es war eine kühne eigene Dramaturgie, sie haben das anders gefügt und dann kommt die Hauptsache, der Regisseur hat eben mit Bildern erzählt. Das ist die Selbstständigkeit des Films – mit den Gesichtern der Schauspieler zu erzählen. Es ist etwas ganz anderes als Prosa, es ist ein eigenes Kunstwerk. Aber es ist dumm, gut, ich sage, es ist die Routine in den Medien, dass der Film mit dem Buch vergleichen wird. Da will der Kritiker nur zeigen, dass er es gelesen hat und meistens soll dann das Buch besser sein als der Film. Das ist Unsinn. Es ist so, als wenn man einen Elefanten mit dem Sportwagen vergleichen würde. Es sind zwei ganz verschiedene Dinge. Ich sage, Werktreue für einen Film heißt Motivtreue, die Motive müssen wirken, aber alles andere nicht. Alles andere muss neu sein. Aus dem Geiste des Buchs, aber in neuer Form. Ich bin begeistert von diesem Film, ich bin verschiedentlich verfilmt worden, aber das ist das Beste. Ich habe meine Begeisterung auch in Gesprächen wie diesen formuliert und wurde dafür wieder kritisiert. Bei der Ausstellung auf der Burg von Ljubljana werden Ihre Tagebücher, die ein „Herzstück“ Ihrer Werke bilden, erstmals öffentlich gezeigt. Stellt für Sie das Tagebuchschreiben sozusagen ein schriftstellerisches Ritual dar? Schreiben Sie noch immer Tagebuch? Ja, aber nicht als Ritual, sondern als Notwendig-keit. Ich sage, Schreiben gibt es in zwei Frequenzen, in zwei Formen, und das Eine ist in Bücher schreiben, das kann ein Kunstwerk oder ein Handwerk sein, und dann Tagebuchschreiben. Also schreiben als Lebensart, du brauchst das einfach. Das lenkt man ja, wie das Schreiben selber, das lenkt man ganz unschuldig, elegant und schreibt und schreibt und schreibt. Man erlebt im Tagebuch eine Freiheit, die man nirgendwo sonst auf der Welt hat. Du schreibst und du weißt instinktiv, dass du es nicht als Roman oder Essay schreiben musst, es ist nur so, weil du jetzt gerne schreibst, weil dir das Spaß macht, weil es dir hilft, du bist so traurig, dann musst du halt schreiben, und wenn du so traurig bist, dann kannst du nur noch schreiben und das alles wird dann später ein Tagebuch. Man kann sich nur noch fragen, warum dieser Autor das veröffentlicht zu seiner Lebenszeit. Normalerweise erscheinen sie 20 Jahre nach dem Tod oder so. Gut. Ich habe halt bemerkt, dass vieles in MARTIN WALSER Mädchenleben machen. Wie elend dieser Kerl da herumleidet, und so. Aber das ist nicht passiert. Ich muss sagen, dass die Rezeption dieser Tage-bücher bis jetzt mein positivstes Erlebnis mit dem so genannten Literaturbetrieb war. Da haben sie Geschmack und Takt bewiesen. Haben Sie zurzeit ein neues literarisches ProSie kommt immer wieder herunter und fragt, ob sie jekt in Arbeit? das Licht im Gang ausmachen dürfe. Warum? Weil Sind auch in Ljubljana es in ihr Zimmer scheine. Mach doch die Türe zu. irgendwelche TagebuchHat sie. Also wie? Unten durch, durch den Spalt einträge entstanden? zwischen Tür und Schwelle. Herr Zürn geht hinauf. Das sind zwei Sachen. Ich Ein rasiermesserfeines, ein haarbreites Lichtstreinehme an, weil der chen. Er legt sich auf ihr Bett. Man sieht von dem Zeitplan in Ljubljana so Strich etwa ein Fünftel, also 20 cm. Man muß schon dicht gefügt ist, dass ich hinschauen, um ihn überhaupt zu sehen. Macht es nicht die Ruhe haben euch etwas aus, wenn das Licht im Gang gelöscht werde. Aber dann, das wird? Nein. Also, dann mach's doch aus. Herr Zürn: weiß ich aus Erfahrung, Ich sage nur, es sei gefährlich, eine solche findet das meistens auf Empfindlichkeit zu züchten. Du kannst nirgends in der Rückreise statt. Also der Welt sein, ohne daß Licht in das Zimmer fällt. Du im Flugzeug nach kannst nicht auf die Straße rennen und schreien: München, im Zug von Macht die Lichter aus, macht in der ganzen Welt die München zum Bodensee – Lichter aus, sonst kann Sirte Zürn nicht schlafen. Du sind dann doch ein paar wirst also erbittert liegen und die paar Lichtflecke an Stunden. Ich bin ganz deinen Zimmerwänden anstarren und nicht schlafen. sicher, das ich dann noch Eine Nacht um die andere. Bis du zusammenbrichst. was eintragen werde. Aber Verstehst du! Und das habe ich zu verhindern. das Tagebuch gehört dann Deshalb muß ich darauf bestehen, daß das Licht im nicht zu den literarischen Gang anbleibt und du dich nicht auf dieses Lichthaar Projekten. Natürlich habe hier konzentrierst. Aber wenn ihr ins Bett geht, ich ein Projekt, als erstes macht ihr es aus? Ja, natürlich, wir lassen ja nicht erscheint im Frühjahr ein die ganze Nacht das Licht brennen. Gut. Danke. neuer Roman: „Ein liebenUnd ging. Und er ging auch. Aber er ging aufstöhder Mann“. Ichhabe ihn nend, sie ging stumm. einen Tag vor der Reise hier mit allen Korrekturen Leben und Schreiben. Tagebücher 1963-1973 an den Verlag geschickt. (S. 656- 657) Ich ertrage es nicht, ohne Projekte zu sein. Ich kann nicht. Das Buch für das diesen Tage-büchern sehr, sehr gut for- nächste Jahr habe ich so zügig oder muliert ist. Es gibt wunderbare Sätze, die schnell ge-schrieben, wie seit dem nicht besser geäußert werden könnten. „Fliehenden Pferd“ keines mehr – in acht Dann habe ich gedacht, so viele schöne Wochen habe ich einen Roman, 280 Sätze und sie stimmen auch, und das ist Seiten, geschrieben. Und jetzt habe ich unproblematisch. Gut, sie entblößen mich wieder ein langes Projekt. Wenn es auch, sie sind auch peinlich, also sie sind erscheint, würde es 2010 erscheinen. Es alles, alles zusammen, was du bist. hat auch einen schönen Titel: Dadurch kann man mich auch ein biss- „Muttersohn“. chen genauer kennen lernen. Vor zwei Jahren erschien der erste Band und ich Als ich mich beim Herrn Walser bedanken hatte nicht gerade Angst, aber es gab wollte, dass er sich trotz all den schon die Befürchtung, dass die Blößen, Veranstaltungen und Interviews hier in die ich mir da gebe mit den Tagebüchern Slowenien Zeit auch für unsere „kleine auch gegen mich verwendet werden kön- Zeitschrift“ nahm, antwortete er ganz nen. Man könnte sich auch lustig ernst „Es gibt keine kleinen Zeitschriften!“ (3) Besucher drängelten sich durch die kleine Ausstellungsgalerie und alle versuchten ein wenig von Martin Walser zu kosten. (Foto: Boštjan Eršte) (4) Neben Handschriften, Preisen, Fotos, Briefen und vielem anderen konnte man auch einige Ausschnitte aus Walsers Zeitungsartikeln lesen. Hier schreibt Martin Walser über ein heikles Thema. (Foto: Boštjan Eršte) Text von Nataša Forjan 3 4 alleMANIA K 3 In memoriam Prof. Dr. Schmidt-Dengler In memoriam Eine persönliche Reminiszenz und allgemeine Danksagung Von Prof. Dr. Neva Šlibar Vorstand der Germanistik an der Universität Ljubljana Präsidentin des Südosteuropäischen Germanistenverbandes Auf den menschenleeren und dämmrigen Flur – dies wohl nur in der vorlesungsfreien Zeit möglich – war die Tür offen. Es hat mich, auf der Suche nach einem anderen Arbeitskabinett, wohl nicht ganz zufällig an dieser Tür vorbei und dann, als ich jemanden im Raum hörte, auch hinein gezogen. Prof. Schmidt-Dengler saß an seinem Schreibtisch und las. Als er mich im Türrahmen sah, bat er mich, obwohl ich unangemeldet kam, sofort herein und begrüßte mich, wie ich heute zu erinnern glaube, mit einem seiner freundlichen ironischen Lächeln. Wohl vermutlich, weil wir davor eine Weile Probleme hatten, direkten Kontakt herzustellen. Ich verließ ihn eine Viertel Stunde später mit dem Gefühl freudiger Erregung: in der kurzen Zeit hatten wir sowohl einen Termin für seinen lange geplanten Slowenienbesuch für den Dezember 2008 ausgemacht, ein Thema fixiert, uns über Neuigkeiten an den beiden Abteilungen ausgetauscht, vor allem über unser Österreichstudienmodul geredet, das er angeregt hatte und auch zum Teil zu tragen bereit war, aber auch seine Ernennung zum Wissenschaftler des Jahres kommentiert, über Fußball und neueste Buchpublikationen diskutiert. Seine Offenheit und sein Entgegenkommen, seine Freundlichkeit und sein Witz, sein Einschätzungs- und Entscheidungsvermögen verstärkten die Intensität unseres Zusammentreffens. Mehr solche Stunden, vielleicht auch Tage mit und in seiner Gegenwart werden kommen, dachte und wünschte ich mir. Heute weiß ich, die Tage werden nicht kommen. So mancher und so manche, der und die diese persönlichen Zeilen über mein letztes, im Februar dieses Jahres stattgefundene Treffen mit Prof. SchmidtDengler lesen wird, mag an eigene Erfahrungen und Erlebnisse mit ihm erinnert werden. Denn obwohl er dem Südosten Europas aus familiären und wohl auch aus emotionalen Gründen besonders verbunden war, kannte er bei seinen Bemühungen um die Förderung von Germanistenkolleginnen und -kollegen keine Länder- und Kontinentgrenzen. Sie kamen aus aller Welt zu ihm, alte Bekannte, die ihm bei deren Studien in Wien oder über Fach- und Wissenschaftspolitisches berichteten und von ihm meist die eine oder andere Anregung holten, oder junger Germanistennachwuchs, dem er, oft als Betreuer, die Augen für die österreichische Literatur und so manches noch zu untersuchendes Fachproblem öffnete, vor allem jedoch die Lust an unserem Fach anregte. Er war, um es in Kürze zu sagen und auf den Punkt zu bringen, ein Anreger und Förderer, vor allem, wenn sein Wirken aus der Perspektive der Auslandsgermanistiken betrachtet wird. Freilich haben wir ihn geachtet und gemocht auch wegen seiner vielen anderen Qualitäten: seiner fundierten, über Jahrhunderte spannenden Kenntnis der österreichischen Literatur, seiner Förderung junger Autorinnen und Autoren, 4 alleMANIAK Foto: Milka Hudobnik. Das Foto stellte uns freundlicherweise Mira Miladinović Zalaznik zur Verfügung seiner wirksamen Vermittlung ihrer Werke in der Fachwelt und der Öffentlichkeit. Als brillanter Rhetor, der Auditorien füllte, verführte er zum Lesen neuer und alter Werke und zu einer anderen Sicht auf Literatur. Als Initiator und Leiter von Archiven ermöglichte und förderte er Quellenforschung und die vertiefte Auseinandersetzung mit Texten. Und nicht zuletzt als stimulierender Lehrer öffnete er so manchen jungen und nicht mehr so jungen Studierenden die Augen für den Reiz und die Bedeutung unseres Faches. Viele der Funktionen, die Prof. Schmidt-Dengler in Österreich und im deutschsprachigen Raum erfüllte, sind uns gar nicht präsent und werden, wie auch seine wissenschaftliche Bedeutung, von anderen, berufeneren Kolleginnen und Kollegen dargestellt werden. Mit dem südslawischen Raum war er, wie er mir oft versicherte, besonders verbunden: sein Großvater hatte, seinen Erzählungen nach, als Arzt eine Zeit lang im legendären Lipica im Lipizzanergestüt gearbeitet; seine Familie kam aus Zagreb. Deshalb war es nicht schwer, ihn trotz seines überfüllten Arbeitskalenders in den Südosten einzuladen: seine Besuche waren immer ein Ereignis und ein bleibendes Erlebnis. Wir, nicht nur die slowenischen Germanistinnen und Germanisten, sondern auch alle Kolleginnen und Kollegen aus dem südslawischen und südosteuropäischen Raum, die ihn gekannt und geschätzt haben, werden seiner oft gedenken und ihm dabei danken: wenn etwa Österreichstudien in Kürze ausgeschrieben werden, wenn wir uns mit Freude und Lust mit österreichischer Literatur befassen, wenn wir diese unseren Studierenden zu vermitteln trachten, wenn wir nach Stipendien Ausschau halten, um ihnen einen Aufenthalt an österreichischen wissenschaftlichen InstituProf. Dr. Wendelin Schmidt Dengler (1942-2008) Ordinarius der Germanistik an der Universität Wien, einer der profiliertesten und pointiertesten deutschsprachigen Literaturwissenschaftler. „Er wusste um die Macht der Sprache und bekämpfte gottgewaltig die Ohnmacht der Passivität im öffentlichen Diskurs,“ äußerte sich anläßlich seines Todes der österreichische Bundeskanzler Alfred Gusenbauer. Seit 1996 war er Leiter des Österreichischen Literaturarchivs, das sich unter seiner Leitung zu einer der bedeutendsten Literaturinstitutionen im deutschen Sprachraum entwickelte. Herausgeber und Mitherausgeber kommentierter, werkkritischer Ausgaben etlicher österreichischer Autoren: von Heimito von Doderer, Fritz von HermanovskyOrlando, Albert Drach und Thomas Bernhard. Ein leidenschaftlicher Literaturkritiker – im Rahmen der Frankfurter Buchmesse 2008 hätte er den mit 99 Flaschen Wein und einer Werkausgabe Heinrich Heines dotierten „Preis der Kritik“ erhalten sollen – und ein leidenschaftlicher Fußballfan. Die Funktion eines Fußballstadions verglich er mit jener des griechichen Theaters, in dem das Publikum Spannungen auf- und abbauen konnte. „Ein Bewohner des tionen zu ermöglichen, wenn wir selbst studierend und Fachprobleme wälzend an der Tür seines Kabinetts im Hauptgebäude der Universität Wien vorbei gehen. Seine Tür wird in unserer Erinnerung immer offen sein. Elfenbeinturms wollte dieser Gelehrte, der eine fröhliche Wissenschaft unterrichtete und praktizierte, nie sein,“ schrieb Ulrich Weinzierl am 9. 10. 2008 in „Die Welt“. So wählte ihn der Club der Bildungs- und Wissenschaftsjournalisten zum Wissenschaftler des Jahres 2007. Auswahlbibliographie: ❧ Genius. Zur Wirkungsgeschichte antiker Mythologeme in der Goethezeit. München: Beck, 1978. ❧ Bruchlinien. Vorlesungen zur österreichischen Literatur 1945 – 1990. Wien, Salzburg: Residenz, 1995. ❧ Der Übertreibungskünstler. Studien zu Thomas Bernhard. Wien: Sonderzahl, 1997. ❧ Der wahre Vogel. – Sechs Studien zum Gedenken an Ernst Jandl. Wien: Edition Prasens, 2001. ❧ Nestroy. Die Launen des Glückes. Wien: Zsolnay, 2001. ❧ Ohne Nostalgie. Zur österreichischen Literatur der Zwischenkriegszeit. Wien, Köln, Weimar: Böhlau, 2002. ❧ Mehr als 400 Publikationen in Zeitschriften und Sammelbänden. ❧ Mitherausgeber der Zeitschrift „Weimarer Beiträge – Zeitschrift für Literaturwissenschaft, Ästhetik und Kulturwissenschaften“. uniBERLINversum geradezu, dass ihnen die Musik in den Genen liegt. Auf die Frage, was seine Arbeit als slowenischer Pfarrer in Berlin ausmacht, reagiert er spontan: „Das Rezept ist immer der Dialog. Ich sehe nicht die Fehler, sondern die Chancen. Mit einem Streit würde doch in kürzester Zeit das Vertrauen zerstört werden! Und das Vertrauen ist die größte Motivation für uns alle hier.“ Die allermeisten Slowenen sind katholisch, aber deswegen seien sie noch lange nicht konservativ, findet Dori. Sie seien im Gegenteil sehr tolerant und aufgeschlossen. Die meisten unterstützten die SPD, nur wenige die CDU. „Aber seit Angela Merkel Kanzlerin ist spricht hier niemand mehr über Parteien, alle sind zufrieden mit ihr!“ Von Julia Stoltefaut „Man kann sich in keiner Sprache so schnell unterhalten…!“ Zu Besuch bei Dori, dem Pfarrer der slowenischen Gemeinde in BerlinSchöneberg. Wir sprechen mit ihm über die Schönheit der deutschen Sprache, die Slowenen in Berlin und die slowenische Linde. „Deutsch ist eine wunderbare Sprache, sie ist sehr schwer, aber unglaublich exakt!“ Dori muss es wissen, denn Sprachen sind sein Handwerkszeug und er spricht nicht weniger als sechs von ihnen. Als wir ihn auf die deutsche Sprache ansprechen, sprudelt es nur so aus ihm heraus. Voller Leidenschaft und Begeisterung erzählt er uns, dass er zwölf Jahre nach seiner Ankunft in Deutschland immer noch regelmäßig Unterricht bei einer ehemaligen Deutschlehrerin nimmt. Er möchte sein Deutsch weiter verbessern, vor allem die Aussprache – „Deutsch klingt so wunderschön!“ Ein paar letzte Sonnenstrahlen verirren sich an diesem Augustabend in dem großen Hinterhof der Schöneberger Sankt Elisabeth-Gemeinde in Berlin. Dori, ein großer sportlicher Mann, winkt uns herüber und schüttelt uns herzlich die Hand. Dori ist Pfarrer und heißt mit richtigem Namen Izidor Pečovnik. Aber kaum einer nennt ihn hier bei seinem vollen Namen. „Alle nennen mich Dori“, stellt er sich uns vor. Denn für die Menschen ist Dori nicht irgendein Pfarrer. Er ist einer von ihnen. Dori stammt aus Vransko in Slowenien. Heute ist er 52 Jahre alt und verantwortlich für gut 3000 Gemeindemitglieder, Slowenen und Deutsche. Während er uns von seiner Arbeit erzählt, strahlen seine lebhaften Augen und man merkt, er fühlt sich wohl in Berlin. Stolz zeigt er uns den Ort seiner Arbeit in der Sankt Elisabeth-Gemeinde, wir beginnen unseren Rundgang im Hof. Neben der Kirche gibt es eine kleine Herberge für Touristen und Gäste. Sie heißt „slovenski dom“ und wird von zwei Slowenen betrieben. Nebenbei erfahren wir, dass viele Slowenen als Gastarbeiter nach Deutschland gekommen sind. Inzwischen leben sie in der dritten Generation hier und gerade die jungen Leute entwickeln wieder ein großes Interesse für die slowenische Kultur und deren Traditionen. Die Sankt ElisabethGemeinde ist daher nicht nur ein Ort, um einen Gottesdienst in slowenischer Sprache zu hören, sondern ein Kulturraum, wo Menschen ihrer Heimat ein Stückchen näher kommen können. „Religion ist wichtig“, meint Dori, „sie ist ein Teil der slowenischen Kultur. Religion und Tradition gehören für uns zusammen. Für Viele ist dieser Hof ein Stückchen Slowenien, mitten in Berlin. Die Leute ver- Manchmal tut es ihm heute noch Leid, dass er damals im Deutschunterricht am Gymnasium nicht disziplinierter gewesen ist. halten sich hier anders, als draußen auf der Straße“, erzählt er nachdenklich. Die uniBERLINversum “Slowenische Lieder wollen die Deutschen von uns lernen“ Menschen fühlen sich hier geborgen. Über ein altes Treppenhaus erreichen wir die Gemeinderäume. Hier gibt es eine eingebaute Bar und eine Küche. Die Anzahl der Tische lässt auf ein reges Gemeindeleben schließen. Die Veranstaltungen werden gleichermaßen von Slowenen und Deutschen besucht. Seit 1995 leitet Dori die slowenische Gemeinde in Berlin. Schon zuvor arbeitete er als Pfarrer in Slowenien. Seine neue Tätigkeit in Berlin stellte ihn vor große Herausforderungen, die er jedoch umso lieber annahm, als sie auch eine Menge interessanter Möglichkeiten für seine Gemeindearbeit boten. Als er vor zwölf Jahren nach Deutschland kam, tat es ihm ein bisschen Leid, dass er im Deutschunterricht am Gymnasium nicht etwas disziplinierter gearbeitet hatte. So musste er noch einmal von vorne anfangen. Aber die Schulzeit lag damals ohnehin bereits zwanzig Jahre hinter ihm. Dori war 40 Jahre alt, als er aus Slowenien wegging, aber schon nach einem Monat in Berlin hielt er die Predigt auf Deutsch. Das überzeugte die Leute. Als kurz darauf das Erzbistum Berlin in Finanznot geriet und Gemeinden zusammengelegt werden mussten, stand der Pfarrer vor der Aufgabe neben Sankt Elisabeth auch die deutsche Gemeinde Sankt Matthias zu leiten. Der Anfang dürfte damals nicht leicht für ihn gewesen sein. Aber Dori hat auf intensive integrative Arbeit gesetzt und am Ende haben von der Zusammenlegung alle profitiert – besonders die deutsch-slowenischen Beziehungen zwischen Sankt Elisabeth und Sankt Matthias. Seine Begeisterung und sein Engagement waren ansteckend und das Gemeindeleben wächst und gedeiht seitdem prächtig. Heute finden jedes Wochenende Veranstaltungen oder Seminare statt und es sind immer eine Menge Leute dabei, alte und junge. Mit den Jungen spielt er Fußball, mit den Alten erzählt er. „Ich kenne alle Slowenen und deutsche Slowenen in Berlin. Die Leute kommen nach der Kirche oder auch direkt hier her. Und wer nicht herkommt, den lerne ich spätestens auf einer Beerdigung kennen“, erzählt der Pfarrer verschmitzt. „Im Allgemeinen fühlen sich die Slowenen sehr wohl in Berlin. Sie schätzen die beruflichen Möglichkeiten in Deutschland, aber auch die deutschen Tugenden und das soziale Engagement der Menschen hier. Slowenen sind sehr gute Arbeiter und besonders gute Handwerker. Ich habe noch nie gehört, dass jemand von ihnen eine Arbeit verloren hat. Sie sind sehr gewissenhaft und zuverlässig. Eigentlich sind sich die deutsche und die slowenische Mentalität recht ähnlich. Nur manchmal sind die Slowenen etwas flexibler im Kopf und schneller, wenn es darum geht Entscheidungen zu treffen. Die Deutschen sind gründlicher und überlegen länger. Aber wir schätzen ihre Qualität!“ „Das Rezept ist immer der Dialog. Und Angela Merkel mögen alle hier.“ Patrioten seien seine Landsleute. Seit einiger Zeit zieht es auch immer mehr nach Slowenien zurück. Die Älteren, die in den sechziger Jahren nach Deutschland gekommen sind, haben sich in Slowenien über die Jahre einen Alterswohnsitz eingerichtet. Aber auch immer mehr junge Familien gehen zurück, aus Sorge, ihre Kinder könnten in Berlin ihre kulturelle Identität verlieren. Eine deutsch-slowenische Europaschule gibt es in Berlin tatsächlich nicht, sondern nur eine slowenische Lehrerin, die zwischen den Schulen pendelt und muttersprachlichen Unterricht gibt. Das Bedürfnis den eigenen Wurzeln nachzugehen, sei bei den jüngeren Slowenen sogar noch viel stärker als bei den älteren. Selbst die ganz kleinen Kinder würden wie verrückt zu tanzen anfangen, wenn man in den Gemeinderäumen traditionelle Musik mit der Ziehharmonika macht. Da spüre man Die Leute in seiner Gemeinde sprechen alle sehr gut Deutsch, die jungen meist sogar viel besser als Slowenisch. Manchmal kommt jemand zu ihm, verzweifelt über die schwierige deutsche Sprache. Ihm macht er dann Mut, und erinnert an seine eigenen Anfangsschwierigkeiten. „Wenn man will, kommt man auch mit relativ wenig Grammatik aus, man kann bestimmte Phänomene einfach umgehen. Das geht im Slowenischen nicht so ohne weiteres. Das Passiv zum Beispiel, kann man einfach erstmal weglassen.“ Deshalb findet Dori, kann man sich in keiner anderen Sprache so schnell unterhalten wie in der deutschen Sprache. Man nehme ein paar Modalverben und schon ist eine Unterhaltung möglich. Und dann macht Dori sich auch die Mühe, seinen Landsleuten ein bisschen Hilfe beim Lernen der deutschen Sprache anzubieten. „Ich gebe nie auf“, sagt er und dies scheint denn auch sein Motto für alle Lebenslagen zu sein. Was die meisten Deutschen von den Slowenen lernen wollen, möchten wir wissen. „Slowenische Lieder“, erzählt Dori stolz, „die wollen die Deutschen von uns lernen.“ Und bevor wir mit ihm wieder auf den Hof hinausgehen, stimmt er eines an. Wieder unter freiem Himmel, zeigt er uns noch eine schöne Schmiedearbeit und einen Weinstock, der anlässlich des 800. Geburtstags von Sankt Elisabeth gepflanzt wurde. Dori macht uns noch auf zwei Linden im Hof aufmerksam: einen kleinen Baum und einen größeren gegenüber. „Die Linde hat in Slowenien Symbolstatus.“ Mit einem Augenzwinkern erzählt er, dass seine Gemeinde der deutschen, männlichen Linde im Hof eine Frau an die Seite gepflanzt hat - nämlich eine weibliche, slowenische Linde. Seit er die beiden vermählt habe, sähe auch der männliche Baum wieder viel gesünder aus. Das sei genauso wie mit den deutsch-slowenischen Mischehen, die funktionierten auch sehr gut. „Die Deutschen und die Slowenen tun einander gut“, davon ist Dori überzeugt. Ob er nach Slowenien zurückgehen will, fragen wir ihn. „Nein“, sagt er überzeugt, er liebt seinen Schöneberger Kiez und seine Arbeit hier wie nichts anderes. Außerdem: wo sonst könne er so viel über die wundervolle deutsche Sprache lernen, wenn nicht hier, direkt vor Ort? alleMANIA K 5 uniBERLINversum Berlin ist immer eine Reise wert – diese Postkarte habe auch ich an meine Eltern geschickt, als ich vor 6 Jahren das erste Mal in Berlin Urlaub machte. Silvester an der Siegessäule – der Traum eines jeden Touristen. Damals hatte ich noch keine Ahnung, dass ich ein Jahr später hier wohnen würde. Nun nenne ich schon seit mehr als 5 Jahren Berlin meine WahlHeimat. Von Anke Herrmann Jeder Tourist kennt die Sehenswürdigkeiten in Berlin, ist vom Brandenburger Tor zum Alexanderplatz gelaufen, hat die Museumsinsel besucht, einen Abstecher in die Kuppel vom Reichstag gemacht oder einen Blick vom Fernsehturm auf die Stadt geworfen. Zum Shoppen fährt man auf den Ku’Damm oder in die Friedrichstraße, geht in die SecondhandLäden im Prenzlauer Berg und in Kreuzberg und genießt dort einen Kaffee oder eine Berliner Weiße in einem der zahlreichen kleinen Cafes. Zugegeben, Berlin ist die Stadt der Superlative: In der größten Stadt Deutschlands gibt es mehr Theaterpremieren, mehr Kneipen, mehr Konzerte und mehr Menschen als in irgendeiner anderen deutschen Stadt. Berlin - ick liebe dir! den Dreck, den Stress. Die Einstellung, dass man nicht in Berlin leben möchte, kann ich nicht wirklich verstehen. Letztendlich besteht Berlin aus vielen kleineren Städten, da jeder Bezirk seinen eigenen Kiez besitzt. Die Lieblingsbeschäftigung eines Berliners ist das Umziehen. Jeden Tag – besonders aber am Wochenende – sieht man die Umzugswagen einer bestimmten günstigen Berliner Auto-Vermietungsfirma vor Häusern stehen und oft junge Leute Möbel ein- oder ausladen. Durchschnittlich gibt ein Student 283 Euro monatlich für Miete und Nebenkosten für eine Wohnung in der Hauptstadt aus. Laut Statistik ist Berlin damit im oberen Mittelfeld der teuersten Uni-Städte. In München zahlt man dagegen 336 Euro für die Unterkunft. Neben den Mietkosten geben Studenten im Bundesgebiet durchschnittlich 147 Euro pro Monat für Lebensmittel aus, in Berlin 170 Euro. Ich selbst habe nie gezählt oder nachgerechnet, wie viel mich meine Ernährung monatlich kostet. In meiner Nähe gibt es viele preiswerte Einkaufläden und auch sonst ist es möglich, mit weniger Geld auszukommen. Dennoch können einem die ganzen Angebote in dieser Stadt das Leben auch Berlin ist aber auch die Hauptstadt des Mülls. Wo sie gehen und stehen, lassen die mehr als drei Millionen Hauptstädter und unzählige Touristen ihren Müll einfach fallen. Neben der Verschmutzung kann einen Berlin auch mit seinen Massen, der Hektik und seiner Lautstärke überwältigen. Das merkt man besonders an den großen Straßen. Insgesamt sind in Berlin über 1,5 Millionen Kraftfahrzeuge zugelassen – und 2006 haben über 7 Millionen Menschen die Stadt besucht. Dennoch gewöhnt man sich an den Lärm, schwer machen. Schön war die Zeit in der Kleinstadt. Dort gab es samstags nur zwei Alternativen: Entweder man geht in Berlin bedeutet für mich… „Die unbegrenzte Betätigungsvielfalt macht für mich Berlin aus. Egal worauf man Lust hat, es ist gleich um die Ecke.“ Peter (25 Jahre) aus Berlin „Ich wohne gern in Berlin, weil das Leben hier sehr einfach ist und weil es meine Lieblingsstadt geworden ist.“ Daniel (27 Jahre) aus Potsdam „Ich wohne gern in Berlin, weil es eine lockere und gleichzeitig aufregende Stadt ist. Berlin ist am schönsten, wenn es hässlich ist. Industrieruine in Neukölln, Hochhausgerippe an der Storkower Straße – und mittendrin dann doch die Schönheit des Authentischen. Wunderbar!“ Antje (28 Jahre) aus Spremberg bei Cottbus TOP TEN der kostenlosen oder günstigen Unternehmungsmöglichkeiten in Berlin 1. in einen der vielen Parks gehen 2. in einen anderen Kiez fahren und dort die Gegend erkunden 3. in eine der vielen kleinen Galerien gehen den einzigen Studentenclub oder nicht. In Berlin braucht man mehrere Stunden, um sich über das Abendprogramm zu informieren. Hat man dann endlich eine Entscheidung getroffen, ist es entweder schon zu spät, um irgendwohin zu gehen, oder die zwei Flaschen Wein, die man für die Entscheidungshilfe gebraucht hat, zeigen ihre Wirkung und ich falle müde ins Bett. Letztendlich ist das Leben für mich hier „normal“ geworden, obwohl die Stadt trotzdem einzigartig ist. Somit verbleibe ich mit den Worten: Berlin – ick liebe dir! 4. Donnerstag 4 Stunden vor Schließung kostenlos ins Museum gehen 5. kostenlose Filmvorführungen in einigen Kneipen 6. Spazieren gehen im Wald, am Mauerweg oder am Wasser 7. Studentenrabatte in Theatern oder Opern nutzen 8. Stadtrundfahrt im BVG-Bus mit einem „normalen“ Einzelfahrschein 9. BVG-Fähre mit einem „normalen“ Einzelfahrschein 10. selbst Feten machen „Berlin kann man nicht verallgemeinern, es gibt zu viele Facetten, die einzelnen Kieze, die der „Berliner“ damit verbindet.“ Antje (29 Jahre) aus Berlin „Berlin ist arm aber trotzdem sexy!“ Annika (24 Jahre) aus Dortmund „Ich wohne gerne in Berlin, weil hier jeder nach seiner Fasson leben kann und die Stadt für jeden Geschmack was bietet.“ Franziska (28 Jahre) aus Berlin „Wer einmal hier ist, geht nicht mehr so schnell wieder weg.“ Kathrin (25 Jahre) aus Rastatt Deutsch (als Fremdsprache) an der Uni – und dann? Berufsfelder und -erfahrungen junger Germanisten in Deutschland „Hier haben Sie eine Liste mit Vokabeln, rechts daneben können Sie die Bedeutung in ihrer Muttersprache schreiben.“ Mehrere Erklärungen folgen, die Bedeutung der Vokabel in Hajdars Muttersprache wird geklärt. Der Großvater von fast zwei Dutzend Enkelkindern beginnt zu schreiben. Als sein Lehrer Stefan, (26), aus Berlin, das Ergebnis sieht, ist er überrascht: „In ihrer Muttersprache“ hat Hajdar geschrieben. Von Stefan Paffrath und Santina Jasper Seine Probleme teilen einige Teilnehmer des Kurses am Zentrum für Flüchtlingshilfen und Migrationsdienste (zfm) in Berlin. Stefan arbeitet mit seiner Gruppe aus, wie er selbst formuliert, „eher lernungewohnten Migrant/innen“. Die Schüler sind Erwachsene aller Altersklassen mit unterschiedlicher oder ohne Schulbildung, die eines verbindet: Es sind Menschen, die vor den Unruhen von Bürgerkriegen, Völkermorden und Verfolgungen flohen, Folteropfer, SchülerInnen, die mehr gesehen haben, mehr erdulden mussten, als es sich ihr Lehrer vorstellen kann. Ihre Herkunftsländer repräsentieren einige der größten Krisenherde der Welt der letzten Jahre: Kosovo, Somalia, Iran. Sie alle hoffen auf 6 alleMANIAK eine zweite Chance im gleichnamigen Projekt (Chance II), ihre Sprachfähigkeiten reichen aber trotz zum Teil 18jähriger Aufenthaltsdauer in Deutschland nicht aus. Für den Lehrer bedeutet der Unterricht in dieser Art von Projekten eine Vielzahl an neuen Erfahrungen, die das Spektrum aus dem Studium deutlich erweitern. „Hier kann man zum Beispiel sehr plastisch lernen, wie wichtig Binnendifferenzierung ist“, berichtet Stefan. „Es ist nicht wie in einer ‚normalen’ Schulklasse. Man muss sehr stark auf den Einzelnen eingehen. Erkenntnis funktioniert auf anderem Wege als in Schulklassen,“ so formuliert es Stephanie, eine Kollegin Stefans am Zentrum. Die Lehrer/innen der Integrationskurse haben alle ein Hochschulstudium des Deutschen als Zweitsprache oder die Zusatzqualifikation Deutsch als Fremdsprache zusätzlich zu ihrem Studium der Germanistik absolviert oder eine Zusatzqualifizierung durchlaufen. Die fachliche Betreuung und Vermittlung der deutschen Sprache macht in ihren Klassen jedoch nur einen Teil aus, denn die Lehrenden sind oftmals auch ein wichtiges Medium zwischen den Lernern und einem fremden Land. Hilfestellungen für das Ausfüllen von Anträgen, das Übersetzen von Forderungen und Rechnungen, Einführung in basale Lernstrategien und psychologische Betreuung fallen ebenso in ihr Aufgabengebiet wie die Vermittlung des Konjunktivgebrauchs und manchmal auch einfach die Klärung der Frage, ab wann man denn „Frohe Weihnachten“ wünscht. Die Gruppe am zfm ist von Menschen geprägt, die sehr freundlich sind, jedoch auch eine Menge Hilfe brauchen, um den Kampf mit dem täglichen Leben in einem fremden Land zu meistern, von den schulischen Anforderungen ganz zu schweigen. Lehrer wie Stefan haben da täglich mit dem Ausbleiben einiger Schüler zu rechnen und die Lernfortschritte sind bei diesen stillen, lernungewohnten und oft unsicheren Menschen eher klein. Von einem eher lerngewohnten „Klientel“ spricht dagegen eine Mitarbeiterin der Volkshochschule Berlin-Pankow, die ab 2005 ebenfalls Sprachkurse auf Grundlage des neuen Zuwanderungsgesetzes anbietet. Volkshochschulen sind staatliche Einrichtungen zur Erwachsenenbildung in den unterschiedlichsten Bereichen, von denen es über das ganze Land verteilt 2390 „Filialen“ gibt. Die Deutschkurse werden hier mit dem Zertifikat Deutsch abgeschlossen und nach Angaben der Mitarbeiterin in BerlinPankow sehr gut angenommen. Von „Problemen“, wie Hajdar oder Ahmed sie haben, möchte hier kein Mitarbeiter etwas wissen. Die Lehrer sind hochmotiviert, gut geprüft und ehrgeizig, genau wie ihre Schüler. Doch wie in Stefans Kurs am zfm haben auch hier die Lehrer die Funktion, ihren Schützlingen „eine zweite Chance zu geben“. Und manchmal liegt diese allein schon in der Möglichkeit, einen Ort zu schaffen, „wo die Lerner/innen auf freundliche und hilfsbereite Menschen treffen, die ihnen wieder ein Gefühl für die eigene Existenz geben.“ Berlin Kultur uniBERLINversum Die deutsche Musikindustrie feiert noch nie dagewesene Umsätze. Die Wiege des Erfolgs und das Kreativzentrum der Nation ist die Hauptstadt Berlin Ick steh` auf Berlin: Berliner Musikszene live Dieser in der Berliner Mundart gehaltene Titel der Band Ideal stammt aus den 80er Jahren und damit aus einer Ära, in der Berlin letztmalig als Nabel der deutschen Popmusikszene galt. Zwanzig Jahre nach Abebben der Neuen Deutschen Welle gibt der Refrain die aktuelle Stimmung innerhalb der deutschen Musikbranche jedoch recht treffend wieder. Von Christian Nagel Spätestens mit der Verlegung des Firmensitzes der Universal Music Germany, dem deutschen Arm der weltweit größten Musikfirma, und des Hauptquartiers von MTV Germany von der Elbe an die Spree im Jahr 2002 sowie dem Umzug Europas größter Musikmesse, der Popkomm, von Köln nach Berlin im Jahre 2004, etablierte sich die Hauptstadt als das Mekka der deutschen Musikindustrie. Natürlich sind die Zentralisierung der deutschen Musikindustrie und die aktuellen Charterfolge als das Ergebnis einer Entwicklung zu werten, die bereits kurz nach der Wiedervereinigung 1990 einsetzte. Gelockt von der Atmosphäre des Aufbruchs und dem Anreiz niedriger Lebenshaltungskosten kamen damals Kreative aus ganz Deutschland in die ehemals zweigeteilte Stadt, um ihre Ideen alleine oder mit Gleichgesinnten zu teilen und umzusetzen. Plötzlich war Musik allgegenwärtig: Von den dröhnenden Bässen aus den Boxen der häufig illegalen Clubs, über die Straßenmusikanten in den Parks und S-Bahnen, bis hin zu den Minikonzerten sich schnell zusammenfindender Bands in kleinen Kneipen und Ateliers. Eine Kreativexplosion im Kleinen also, die überhaupt erst durch die besondere Infrastruktur der deutschen Hauptstadt ermöglicht wurde. Das vom amtierenden Bürgermeister Wowereit geprägte inoffizielle Credo der Stadt, „Arm, aber sexy“, bringt den Charme dieser Pionierzeit auf den Punkt. Eine Band, die wohl einst von diesen für mittellose Künstler günstigen Bedingungen profitierte, sich inzwischen aber keine Sorgen mehr um eventuelle Mieterhöhungen selbst in den schickeren Bezirken Berlins machen muss, ist Wir sind Helden. Die Wahlberliner, deren erste gemeinsame Single,„Guten Tag“, 2003 erschien, ebneten mit ihrem romantischen Pop-Rock auf hohem Niveau anderen Bands (Juli, Silbermond) mit ähnlichem Konzept (Frontfrau, deutsche Texte, gitarrenlastiger Pop) den Weg in die Charts. Eine weitere äußerst erfolgreiche Strömung innerhalb der Berliner Musikszene sind Elektro-Pop-Kombos wie Mia, 2-Raumwohnung oder Ich & Ich. Auch hier wird die ganze Palette menschlicher Emotionen im heimischen Idiom besungen, allerdings verlässt man sich musikalisch eher auf Synthesizer und Sampler, als auf E-Gitarren und Schlagzeuge. Bands wie Seeed und Culcha Candela bedienen sich hingegen einem internationalen Sprachmix sowie jamaikanischen und US-amerikanischen Einflüssen für ihre Fusion aus Reggae, Dancehall und HipHop. Dominiert werden die deutschen Hitparaden mittlerweile jedoch nicht etwa von schöngeistigen Klängen vom Prenzlauer Berg, sondern provokanten Raps aus Kreuzberg und Neukölln. Wo sich früher Hamburg, Stuttgart und Köln abwechselten, wenn es um die Veröffentlichung kommerziell erfolgreicher Rapalben ging, hat inzwischen der häufig als Proll-Rap geschmähte HipHop aus Berlin dem Rest der Nation den Rang abgelaufen. „Da hat man überhaupt keine Chance“ Ein Interview mit Seeed-Gitarrist Rübi über deutsche Musik im Ausland, die Berliner Musikszene und Verantwortung von Musikern gegenüber ihrem Publikum. Von Christian Nagel Wie hat sich eure ja immerhin 11-köpfige Band eigentlich gefunden? „Da gibt es gar nicht so viel zu erzählen. Über die Hälfte von uns kennt sich schon seit 15 Jahren, seit Schülerzeiten. Mit den meisten von den Jungs habe ich auch schon in anderen Bands gespielt. Das war einfach nur Family-Business. Irgendwann dachten wir, jetzt machen wir mal eine Big-Band. Die Idee hatte einer unserer Frontmänner, Pierre, der dann alle zusammen getrommelt hat.“ Ihr singt und rappt auf Deutsch, Englisch und Patwa. Werden wir so einen Sprachmix deiner Meinung nach in deutschen Gefilden künftig öfter zu hören kriegen und ist er eher dazu geeignet, außerhalb von Deutschland bekannt zu werden? „Also zur zweiten Frage: Ganz klar nein.“ Sprichst Du da aus Erfahrung? „Ja, denn nur mit englischen Texten hast du heutzutage in Deutschland schlechte Karten, die Plattenfirmen wollen so etwas nicht mehr. Aber im Ausland bringt einen Deutsch wiederum auch nicht weiter. Also wenn man beispielsweise mal nach Frankreich guckt, da hat man als teilweise deutschsprachiger Act überhaupt keine Chance.“ Aber im deutschsprachigen Ausland kennt man euch… „Klar, wenn man in Deutschland Erfolg hat, kommt das eigentlich automatisch.“ Ihr habt eine Reputation als gigantischer Live-Act. Warum lässt sich ein solcher Ruf so schwierig in Verkaufszahlen in noch nicht erschlossenen Märkten ummünzen? „Das Problem sind immer die Plattenfirmen. Live kommen wir glücklicherweise immer extrem gut an, auch in England. Da haben wir ja auch auf dem Glasbury-Festival gespielt. Am Anfang kannte uns da niemand und es standen vielleicht 30 Leute vor der Bühne. Am Ende waren es wirklich zwischen 10000 und 15000, das kam richtig gut. Aber du brauchst eben auch immer eine Plattenfirma, die das Album veröffentlicht. Für britische Majorlabel ist Zeug aus den USA schon exotisch, ansonsten unterschreiben bei denen wirklich nur englische Künstler.“ Bist Du eigentlich gebürtiger Berliner? Wenn ja, wie hast Du die Invasion nach der Wende empfunden und gab es damals einen Schub bezüglich des kreativen Potentials innerhalb der lokalen Musikszene? Ja, bin jebürtiger Berlina. Die Zeit nach der Wende hab ich persönlich eher als eine große Party empfunden, da damals in jedem 2. Keller in Mitte, Prenzlauer Berg und Friedrichshain illegale Bars aufgemacht haben. Was den Kreativitätsschub angeht: hmm hab ich nicht so empfunden, ich denke eher, daß Berlin schon immer Künstler aller Art angezogen hat, da die Stadt im Vergleich zu anderen großen Städten im In- und Ausland billig ist, so daß man sich außer der kleinen Wohnung vielleicht auch mal n Cappuchino in einer Kiezbar leisten konnte und kann. Welche Bands aus Berlin gefallen dir? „Ehrlich gesagt gibt es da nicht viele, die mich so richtig vom Hocker hauen. Aber mir kann man es musikalisch so wie so nur schwer recht machen. Es ist echt schwierig, obwohl ich auch immer auf Festivals herumlaufe und mir die Bands da angucke, die ich noch nicht kenne. Aber das mich wirklich was begeistert, ist leider sehr selten. Ich bin ja so wie so eher so ein kleiner Rocker, da finde ich im Moment Gods of Blitz ziemlich cool, wobei die noch nicht so bekannt sind. Jeder fängt mal klein an, die haben gerade ihre zweite Platte bei Universal herausgebracht, werden auch schon viel auf Moto FM gespielt. Die machen halt kleine Schritte nach vorne, weil sie eben auch englischsprachig sind. Beatsteaks gefallen mir natürlich ganz gut, die sind vor allem live echt geil.“ Dürfen wir uns in Zukunft denn noch auf andere Alben freuen, bei denen ihr eure Finger mit drin habt? (Vieldeutig)„Tja, wer weiss? Erst einmal machen wir alle unser Solo-Ding, unsere Sänger so wie so. Pierre bringt demnächst sein Solo-Album heraus…“ Wie wichtig waren die diversen Auszeichnungen im Verlauf eurer Karriere? „Das mit den Auszeichnungen läuft ja häufig so, dass derjenige, der in einer bestimmten Rubrik am meisten verkauft hat, den Preis bekommt und das interessiert letztendlich niemanden. So etwas war der erste Platz beim BundesvisionSongcontest (eine von TV-Moderator Stefan Raab initiierte und produzierte Show, sozusagen eine hippe, nationale Version des Eurovision-Songcontest mit ausschließlich deutschsprachigen Teilnehmern; Anm. d. Red.) bedeutete hingegen schon einen Schub. Das hat unsere Single „Das Ding“ damals auch in die Top 10 katapultiert.“ Was hältst Du von dem Berliner Rap, der momentan in den Charts so erfolgreich ist? „Ich bin generell kein Fan von deutschem Rap, speziell dieses ganze extrem aggressive, Pussy-, Fotze-, ArschlochZeug geht mir furchtbar auf die Nerven. Außerdem bin ich jemand, der auf zeitlose Musik steht, einfach auf gute Songs. Das sind auf den Seeed-Alben auch immer meine Lieblinge, z.B. die RootsReggae-Songs, die man auch in 15 Jahren noch gut finden wird. Vieles ist so kurzlebig, man hört es drei Wochen und es fängt schon an zu nerven…“ Wie stehst Du zur Verantwortung von Künstlern gegenüber ihrem Publikum bezüglich ihrer Texte? „Da macht man sich natürlich schon `nen Kopf drum. Das ist immer ein Spagat: Einerseits will man cool sein und die Kids ansprechen, andererseits will man aber auch nicht die ganze Zeit irgendwelche Kraftausdrücke benutzen.“ Wie einigt ihr euch bei so vielen Bandmitgliedern auf das Material, das ihr verwendet? „Inzwischen regeln wir das ganz demokratisch. Jeder macht erst einmal, was er will, dann setzt man sich zusammen und es wird abgestimmt. Alles was dann mehr als sieben Stimmen bekommt, ist eine Runde weiter.“ Abschließend noch jeweils bitte ein kurzes Statement zu zwei Vertretern der Berliner Musikprominenz. Fangen wir an mit Wir sind Helden. „Die finde ich nicht schlecht, nur leider manchmal ein bisschen langweilig. Die erste Single, „Guten Tag“, fand ich noch richtig geil. Mir gefallen deren Texte auch wirklich gut, nur musikalisch finde ich die nicht so spannend.“ Ich persönlich kann mit den Texten meistens nicht so viel anfangen. „Na klar, dass ist schon alles ein bisschen kunst- und schöngeistmäßig.“ Bushido. „Den brauch ich nicht.“ Ein Schlusswort an unsere slowenischen Leser? „Zieht euch Seeed rein, wenn ihr könnt live. Das ist eine geile Band.“ alleMANIA K 7 uniBERLINversum Berliner KULTUR © Foto: Alexander Verlag Im Moloch der Stadt. Jörg Fausers Kriminalroman DAS SCHLANGENMAUL Von Sabine Till Wer heute einen Blick auf Berlin wirft, dem lächelt eine bunte, strahlende und weltoffene Stadt entgegen. Berlin ist Hauptstadt, das sieht man mittlerweile auch. Und: Berlin ist eine Stadt geworden, die Mauer ist Geschichte, die ehemaligen Grenzen zwischen Ost und West sind kaum mehr auszumachen. Die alten Ost-Bezirke (vor allem Mitte, Prenzlauer Berg und Friedrichshain) wurden in den letzten Jahren kräftig aufgemöbelt, ja teils bis zur Unkenntlichkeit saniert und renoviert. Statt der grauen Einöde, die zuvor wie ein Schleier über den Mietskasernen im Ostens lag, bietet sich dem Betrachter heute ein Bild zuweilen zarter Pastelltöne bis hin zu knallig rotem Fassadenanstrich. Die neuen, ausgesprochen hippen Bezirke sind daran auf Anhieb erkennbar. Cafés, Clubs, Bars und teure Boutiquen säumen die Straßen. Aber nicht nur die Stadt ist attraktiv geworden, auch ihre Von Linda Fuchs Arm aber sexy: so nannte der Bürgermeister seine Hauptstadt, und so ähnlich präsentiert sich uns Berlin im Kino. Beide Filme kamen im Sommer 2007 in die deutschen Kinos. Gezeichnet wird ein Bild der deutschen Großstadt fernab des Hackeschen Marktes und des Brandenburger Tors. Sie handeln von Menschen am Rande der Gesellschaft und von den verschiedenen, manchmal gar extremen Wegen mit ihrer Situation umzugehen. Sehenswert sind folgende Streifen allemal! Du bist nicht allein Tür an Tür im achten Stock eines Plattenbaus in Marzahn, also ganz weit im Osten Berlins, siedelt der Regisseur Bernd Böhlich seine Figuren an: Kurt Wellinek (Herbert Knaup) ist promovierter Physiker ohne Arbeit und Hoffnung. Er guckt von seinem Plattenbau-Balkon auf das Einfamilienhaus hinunter, das nun nur noch seine Frau (Karoline Eichhorn), eine wenig erfolgreiche Synchronsprecherin und Schauspielerin, bewohnt. Und da ist die Familie Moll, bestehend aus Hans Moll (Axel Prahl), der arbeitslose Malermeister, dessen Hauptbeschäftigung das Anpinseln der Balkontrennwand mit Blümchen ist und seiner Frau (Katharina Thalbach), die neue Hoffnung 8 alleMANIAK Bewohner haben sich entsprechend herausgeputzt. Rund um den KollwitzPlatz beispielsweise, gelegen im ehemaligen Ostbezirk Prenzlauer Berg, präsentieren sich junge, schöne, dynamische Menschen, die wahrscheinlich nicht nur sexy, sondern auch reich sind. Beinahe vergessen sind währenddessen ehemals legendäre Orte wie die Kantstraße, ein vorwendezeitliches Zentrum West-Berlins. Dass das ein Fehler sein könnte, merkt man spätestens beim Lesen des Kriminalromans Das Schlangenmaul von Jörg Fauser, der jetzt im Berliner Alexander-Verlag als 7. Band der Neuauflage des Gesamtwerks in gebundenen Einzelausgaben erschienen ist. Hier lebt das Berlin der 80er Jahre wieder auf. Es ist ein gänzlich anderes, ein schmutzig-düsteres Berlin, auf jeden Fall eines, dessen Entdeckung sich lohnt. Fauser zeichnet in seinem Roman ein faszinierendes und zugleich abschreckendes Bild: Eine schmutzig-graue Stadt, in der sich dem Niedergang geweihte, dekadente Neureiche wie arme Schlucker, Kleinkriminelle wie Mafiabosse, wohlhabende, aber depressive Ehefrauen wie halblegale Prostituierte tummeln. Ein Bild des Elends, das sich in unterschiedlichen Ausprägungen durch alle Schichten zieht, das vor keinem gesellschaftlichen Rang halt macht. Die Menschen spiegeln sich im Gesicht der Stadt wieder: graue, unscheinbare 50er Jahre Wohntürme, anonym und ohne ästhetischen Reiz, aber durchaus praktisch. Trotz dieses Bildes einer scheinbar der Apokalypse geweihten Stadt, gewinnt Fauser ihr etwas Liebenswertes, etwas tiefsinnig Humorvolles ab, das dem Leben im Berlin der 80er einen, wenn auch absurden, Sinn verleiht. Das Schlangenmaul, erschienen 1985, ist Fausers dritter Kriminalroman (nach Der Schneemann, 1981, und Rohstoff ,1984). Held des Romans ist Heinz Harder, Ich-Erzähler mit MachoAllüren, der sich als „Bergungsexperte für außergewöhnliche Fälle“ ausgibt. Einer Selbstbeschreibung nach ist er 38 Jahre alt, 1,80m groß, wiegt ohne Socken 84 Kilo, ist geschieden, hat ein Kind, raucht 30-40 Zigaretten am Tag, trinkt außer Milch am liebsten Wodka, hat keine abgeschlossene Schul- oder Hochschulausbildung, spricht mangelhaft Englisch und genug Französisch, um notfalls zurechtzukommen, hat sich seine Brötchen immer selbst verdient und ist vorbestraft. Eigentlich aber ist er Journalist, das jedenfalls hat er „von der Pike auf“ gelernt (Parallelen zu Fausers Werdegang sind hier unübersehbar). Pointiert kommentiert der Erzähler sich und seine Umgebung mit trockenem Humor und Lässigkeit: immer ein Auge fürs Detail, durch eine lakonische Bemerkung in seiner Verstelltheit entblößt. Die teils authentischen, teils etwas depressiven Beschreibungen der Stadt Berlin und seiner Bewohner in den 80ern sind dabei nicht nur Beiwerk, sondern tragen die Spannung der Geschichte mit. Sie sind ausgezeichnete Milieustudien, die ganz unverschnörkelt die knallharte Realität unter die Lupe nehmen. Als „Paradies der flüchtigen Träume“ wird uns die Kantstraße präsentiert, die mit ihren „bunten Lichtern der türkischen Imbißbuden und ägyptischen Snackbars, der chinesischen und spanischen Restaurants, der Destillen und Neoncafés, der Diskotheken und Striptease-Schuppen genau die richtige Beleuchtung für die Geschichten“ bieten, „die nur die Großstadt erzählt – und Sie auch nur noch mit heiserer Stimme und gespaltener Zunge.“ (S. 69) Geprägt ist das Bild Berlins von einer unauflösbaren Hassliebe Harders zu dieser Stadt, die nicht selten Auskunft über seinen eigenen Zustand gibt. Grau ist die Stadt, und ebenso grau fühlt sich unser Held zwischen maroden Wohnblöcken, wolkenverhangenem Himmel und trister Einsamkeit. Geschult an amerikanischen Kriminalromanen von Autoren wie Raymond Chandler und Dashiell Hammett, beeinflusst vom Stil Charles Bukowskis, mit den literarischen Vorbildern Hans Fallada und Joseph Roth, wird Jörg Fausers Werk seinerzeit vom etablierten Literaturbetrieb weitgehend ignoriert. Fauser bleibt, wie Hubert Fichte und Rolf-Dieter Brinkmann, die sich ebenfalls an der amerikanischen Beatliteratur orientieren, ein literarischer Außenseiter. 1944 wird Jörg Fauser Bad Schwalbach geboren. Nach abgebrochenem Studium und besiegter Drogenabhängigkeit arbeitet er als Schriftsteller und Journalist. Zunächst ein Autor des Underground, gezeichnet von seinen Drogenerfahrungen, schreibt er später, in den 80er Jahren, erfolgreich Kriminalromane. Seinen Durchbruch feiert er mit seinem ersten Kriminalroman Der Schneemann (1981). Er stirbt am 17. Juli 1987, mit gerade mal 43 Jahren, als er auf der Bundesautobahn A94 von einem LKW erfasst wird. Fauser war, wie viele seiner Helden, ein Einzelgänger, einer, der in keine Schublade passte, der unbequem werden konnte, weil er sich nicht anpasste. So schrieb er über sich, bescheiden und doch nicht ohne Stolz auf seine Unabhängigkeit: „Keine Stipendien, keine Preise, keine Gelder der öffentlichen Hand, keine Jurys, keine Gremien, kein Mitglied eines Berufsverbands, keine Akadamie, keine Clique; verheiratet, aber sonst unabhängig.“ schöpft, da sie eine Arbeit auf Probe bei einer Wachdienstfirma hat. Als die schöne und lebenslustige Russin Jewgenia (Ekaterina Medvedeva) in die Nachbarwohnung einzieht, ändert sich das Leben der Molls. Er entwickelt Gefühle für die neue Nachbarin während er ihr beim Einziehen hilft. Seine Frau hingegen ist so stark von ihrer neuen Aufgabe eingenommen, dass sie die Gefahr kaum wahrnimmt. Erst als der Gummibaum und 200 € fehlen, beginnt sie zu ahnen. Am Ende kommt doch alles anders als man denkt. Herr Wellinek kommt durch seine Nachhilfestunden zu neuem Lebensmut. Herr Moll wählt die Flucht nach vorne, in die Niederlande. Der Film fasziniert nicht durch große Spannungsbögen oder eine ereignisreiche Handlung. Vielmehr nimmt er eine beobachtende Perspektive ein und gibt interessante Einblicke in den Alltag seiner Charaktere, die relativ klischeefrei und durchaus mit einigem Humor präsentiert werden. Er zeichnet ein interessantes Bild von Menschen, die am Rande von Berlin und vielleicht auch am Rande der Gesellschaft den Blick über ihren Tellerrand wagen. sagern, die nicht zu ihrem Versagen stehen wollen. Da ist Boris, ein ExHandmodel, und im Prinzip ohne weitere beruflichen Höhepunkte. Er erschleicht sich die Hotelsuite und den Onenightstand mit der Vogue-Managerin, in die er sich dann auch noch verliebt. Boris will sich die Hand abhacken, um Geld von der Versicherung zu bekommen. Breslin und Julian (Robert Stadlober, Tom Schilling), zwei nichtstuende Vielschwätzer wollen eine linksalternative Agentur für Arbeit ohne Geld zur Renovierung ihrer Wohnung ausnutzen und tappen dabei in ihre eigene Falle. Dann gibt es da noch eine Bande türkischstämmiger Jungs, die auf der ständigen Suche nach Sex sind, sich dabei als Experten präsentieren, aber wenig glaubwürdig wirken. Charlotte (Jule Böwe) ist Ansagerin auf einem Touristenschiff auf der Spree. Sie verdient so den Lebensunterhalt für sich und ihren Babyleichen-malenden Freund. Vor einer ehemaligen Studienkollegin, die einen reichen Münchner geheiratet hat, versucht sie ihre Situation zu beschönigen. Das Theater fliegt auf, als unerwartet ihr Freund den Spreedampfer betritt. Und dann ist da noch Fred, der HobbySatanist, der zu Hause aber ein Kelly Family T-Shirt trägt und seine im Koma liegende Oma pflegt. Berliner Außenseiter-Kino Schwarze Schafe Die beiden Schweizer Filmemacher Oliver Rihs und Oliver Kolb erzählen in „Schwarze Schafe“ fünf skurrile Geschichten in schwarz-weiß von Ver- „Schwarze Schafe“ ist eine Komödie, die ohne Fördergelder und Gagen und wahrhaftig ohne Kompromisse gedreht wurde. Verbal und visuell gibt’s ziemlich viel Sexuelles und Körperflüssigkeiten aller Art. Der Ekelfaktor wird durch schwarz weiß immerhin abgemildert. Der Film hangelt sich immer an der Grenze des guten Geschmacks entlang; und über den lässt sich bekanntlich streiten. Und vielleicht ist er gerade deshalb so interessant. Interview mit Frau Prof. Dr. Helgard Mahrdt 3. STOCK RECHTS mehr mit philosophischen Fragen beschäftige und dann gibt es Phasen, wo ich nur Literatur lese uns über Lite-ratur schreibe. Es wechselt. Das ist eine Frage, zu welchen Tagungen ich dann eingeladen werde und zu welchen Vorträgen. Und in den letzten Jahren ist es mehr die Philosophie gewesen, weil ich zur Zeit eine Monographie über Hannah Arendt fertig stelle und da kam dies mehr in den Vordergrund. Helgard MAHRDT: Geboren in der ehemaligen DDR, aufgewachsen in Bremen. Studium der Germanistik, Politikwissenschaft und Philosophie in Göttingen und Paris. Forschungsschwerpunkte und Publikationen zu Ingeborg Bachmann, Hannah Arendt, Rahel Varnhagen, Walter Benjamin etc. Von Marija Lorbek Zur Zeit sind Sie bei uns zu Gast und Sie kamen zu uns aus Oslo. Wie haben Sie sich denn in Ljubljana zurechtgefunden? Wie gefällt es Ihnen hier in Ljubljana, Slowenien? Das war eine Herausforderung für mich, denn ich kenne die Sprache nicht, ich kann kein Slowenisch und das ist das erste Mal, das ich in einem Land bin, wo ich die Sprache nicht verstehe. Aber was mir hilft, ist, dass die meisten Englisch sprechen und viele sprechen auch Deutsch. Ich muss sagen, dass meine Erfahrungen ausgesprochen positiv sind: wann immer ich praktische Hilfe brauche, z.B. an der Bushaltestelle oder ähnliches, sind die Menschen sehr hilfsbereit. Mir ist überhaupt keine Fremdenfeindlichkeit hier begegnet. Sie sagten Sie seien zum ersten Mal in einem Land, wo Sie die Sprache nicht verstehen. Wie viele Sprachen sprechen Sie denn? Meine Muttersprache ist Deutsch. Französisch und Englisch kann ich vom Gymnasium her und dann kann ich noch Norwegisch, weil ich in Norwegen lebe. Ich verstehe auch, ich spreche aber nicht, Schwedisch und Dänisch, weil Norwegisch, Schwedisch und Dänisch sehr ähnlich sind. Ich verstehe auch Italienisch, weil ich es ein Semester lang gelernt habe, aber ich spreche Italienisch nicht. Und dann kann ich auch Neugriechisch. Sie haben außer Germanistik auch Philosophie studiert. Fühlen Sie sich eher als Literaturwissenschaftlerin oder eher als Philosophin? Das ist eine schwierige Frage. Ich bin vielleicht eine Grenzgängerin, also so wie Ingeborg Bachmann auch war, auf der Grenze zwischen Literatur und Philosophie. Es gibt Phasen, wo ich mich Wenn Sie sich selbst in ein paar kurzen Sätzen beschreiben müssten, was würden Sie sagen? Was sind die 5 Eigenschaften, die Sie ausmachen? Ich finde es schwierig, über mich selbst zu sprechen. Ich würde sagen, ich bin neugierig, das bedeutet, ich frage, vielleicht relativ geprägt von der spät 68` Bewegung, also ich hoffe ich bin nicht autoritär, ich würde mich eher als antiautoritär bezeichnen. Ich bin offen für neue Erfahrungen, sonst wäre ich nicht zu Ihnen gekommen nach Slowenien, nach Ljubljana, ohne die Sprache zu können. Welche Autoren nehmen Sie immer wieder in die Hand? Immer wieder Ingeborg Bachmann, tatsächlich auch immer wieder Christa Wolf, das hat vielleicht auch damit zu tun, dass Christa Wolf eine Autorin ist, die aus meinem Geburtsland, also der ehemaligen DDR, ist. Ich bin ja dort regelmäßig gewesen zu Zeiten der DDR und ich kenne also auch die damaligen Lebensverhältnisse – bin nämlich aus Mecklenburg. Also Ingeborg Bachmann, Christa Wolf und natürlich Hannah Arendt, die jedoch eher politische Denkerin ist und nicht Literatin. Ich nehme auch immer wieder Walter Benjamin in die Hand und ich lese auch immer wieder Theodor W. Adornos Minima Moralia. Das sind mehr so Reflexionen über das beschädigte Leben, die Adorno geschrieben hat, größtenteils als er im Krieg war. Eine Zeitlang habe ich auch immer wieder Theodor Fontane in die Hand genommen, weil ich ihn einen ganz wunderbaren Erzähler finde. Ich habe auch Effi Briest gelesen und auch unterrichtet, es gehört ja zum Kanon. Welche sind die drei Bücher, die Sie auf eine einsame Insel mitnehmen würden? Ich würde vielleicht Thomas Manns Der Zauberberg mitnehmen und Herman Brochs Der Tod des Vergil und von den Autorinnen Ingeborg Bachmanns Gedichte. Sie hatten einen Vortrag über Hannah Arendt auch hier an der Philosophischen Fakultät in Ljubljana. Könnten Sie ein paar Worte dazu sagen, was Sie an dieser Denkerin fasziniert bzw. interessiert? Ich glaube, dass man bei Hannah Arendt Denken lernen kann und Denken ist ja was anderes als Wissen, es geht nicht nur um `knowledge´, um Wissenansammeln. Hier geht es um Nachdenken, nachzudenken über die eigene Zeit, in der man lebt und zu der man sich verhalten muss. Und Hannah Arendt ist vor allem eine Denkerin, die aus der Krise heraus gedacht hat zur Zeit des Nationalsozialismus und des Totalitarismus. Sie ist eine originelle Denkerin, manche in der ArendtForschung sagen, sie sei die wichtigste, selbstständige, originelle Denkerin des 20. Jahrhunderts. Ich weiß nicht, ob ich so weit gehen würde, aber wenn man ein Buch von ihr liest und es dann aus der Hand gibt, sieht man die Dinge neu. Hannah Arendt war besonders wichtig nach dem Mauerfall, als die Linken in Europa nach einer neuen Orientierung zu suchen anfingen. Der kalte Krieg war vorbei, diese Ost-West-Aufteilung funktionierte nicht mehr, man brauchte eine neue Orientierung und da hat eine größere Welle der Rezeption von Hannah Arendt eingesetzt. Sie sind ja in verschiedenen Bereichen tätig. Sie haben unter anderem auch Bücher und Artikel geschrieben und zur Zeit schreiben Sie ein Buch über Hannah Arendt. Wie fangen Sie aber eigentlich an zu schreiben? Das ist unterschiedlich. Bei dem Projekt zu Hannah Arendt fing es so an, dass ich einen Projektantrag geschrieben habe, wo ich eine Skizze für eine Finanzierung dieser Forschungsarbeit geliefert habe. Das war der Anfang. Aber generell gilt es, dass man meinen soll, dass man etwas beizutragen hat. Und hier ist es wiederum wichtig, dass man ein Netzwerk hat, wichtig ist auch, dass man mit anderen, auch mit etablierten Kollegen, diskutiert, die einem Hinweise geben, die auch bereit sind, die ersten Entwürfe zu lesen und zu kommentieren. Das ist auch sehr wichtig, für mich jedenfalls. Hatten Sie auch schon mal „Angst vor dem leeren Blatt“? Absolut. Ich kann mir niemanden vorstellen, der das nicht hat. Es gibt produktive Phasen und weniger produktive Phasen und da muss man dann durch, man muss durchhalten. Das Denken und die Wissenschaft sind ja keine Büroarbeit, man kann die Arbeit nicht einfach ablegen und wir Menschen sind ja auch keine Maschinen. Wir haben gute und weniger gute Tage, an denen es sehr hilfreich sein kann, wenn man dann gute Kollegen hat oder ein gutes Netzwerk, wo man sich darüber austauschen kann. Die erste Hilfe ist, wenn man sieht, aha, anderen geht es genau so. Gibt es vielleicht ein Motto, eine Lebensweisheit, die Sie uns Studierenden gerne auf unseren Weg geben würden? Wenn man etwas beitragen will, muss man sich immer wieder neue Fragen stellen, damit die Überlieferung lebendig erhalten wird, sonst sind es nur leere Buchstaben. Die Fragen ändern sich und wir nehmen dann die alten Texte und lesen sie neu und ich glaube da ist es wichtig, dass man weiterhin neugierig genug bleibt um zu Fragen und mit seinen eigenen Fragen aus seiner eigenen Zeit an diese Texte zu kommen. Ich würde auch sagen, bleiben Sie neugierig, offen und stellen Sie Fragen und nehmen Sie Ihre Arbeit als Humanist ernst. Es ist nicht immer leicht, weil so zu sagen die Ökonomie, die Wirtschaft und die Technik voran stehen, aber ich glaube, dass die Humanisten und Geisteswissenschaftler gebraucht werden, denn wir tragen auch zur Sinnstiftung bei und die Menschen wollen auch nicht nur Geld verdienen, sie brauchen auch einen Sinn und die Literatur kann eine Möglichkeit dafür bieten. Ich finde, die Geisteswissenschaftler haben Grund, stolz auf ihre Profession zu sein. Würden Sie sagen, dass die Welt heutzutage weiter ist als vorher? Die Grenzen zwischen Slowenien und Österreich, die Grenzen zwischen Slowenien und Italien sind endgültig gefallen und das heißt unsere Welt ist weiter als sie vorher war. Das heißt aber nicht automatisch, dass wir weltoffener sind, weltoffener auch in dem Sinn, dass wir die anderen auch besser verstehen. Oder dass wir automatisch gut zusammen arbeiten. Sondern wir müssen uns üben in Aufmerksamkeit und diese Gastprofessur war für mich eine wunderbare Möglichkeit nicht schon Bekanntes und Verlässliches vorauszusetzen, son- dern zu Studenten und Kollegen zu sprechen, bei denen ich nicht voraussetzen konnte, dass meine Haltung und meine Position geteilt werden. Das bedeutete, dass ich mir Mühe machen musste. Genau zuhören musste. Und dabei viel gelernt habe, über mich und über Slowenien. Ich wünsche mir sehr, dass Gastprofessuren eine Tradition am Institut werden und dass Slowenien und Norwegen im Kontakt bleiben. Allemaniak: Das wünschen wir auch sehr. Vielen Dank für das Gespräch. alleMANIA K 9 3. STOCK RECHTS Germanistentag: 2007 – 2008 Letztes Jahr, genau zu dieser Zeit, spielte sich im 3. Stock rechts ein fast historisches Ereignis ab: der 1. Germanistentag in der Geschichte der Abteilung. Und dieses Jahr sprachen wir schon von einer „traditionellen Veranstaltung“. Da präsentiert sich (fast) alles, was einem Germanistikstudierenden das Leben leichter und interessanter macht: Ein Muss für jeden also! Von Tanja Skralovnik Sowie letztes Jahr drängelten sich durch den Flur unserer Abteilung auch in diesem Jahr unzählige Studenten, die versucht haben, alles über das Studium, die Zeit dazwischen und natürlich auch danach zu erfahren. Info-Stellen über Tutoren, KŠAG, alleMANIAK, Germanistika.net, das Goethe Institut, Österreichisches Institut, den DAAD, den Filmklub und den Diskussionsklub waren den ganzen Tag für uns da. Dazu kamen noch Extra-Informationen zu Studienprogrammen sowie zum Schwedischen und Niederländischen Lektorat, das Ganze begleitet durch Power-PointPräsentationen, lachende Gesichter, engagierte Kollegen, verführerische Süßigkeiten und dem festen Entschluss: Auf Wiedersehen im nächsten Jahr! »Endlich war auf unserer Abteilung was los! Die Idee vom Germanistentag finde ich super, man kann viele Informationen, die einem sonst nicht all zu leicht zugänglich sind, dort bekommen. Alle Achtung den Organisatoren, alles klappte super!« (Mia Srebrnjak) Weihnachtsabend 2007 Diejenigen, die ihn also verpasst haben, euer Pech! Dass es eine »geile Zeit« war, beweisen folgende Bilder. Text: Tina Tomažič Den Weihnachtsabend 2007 könnte man "kurz &knackig" beschreiben. Wir haben viel Neues erfahren, unter anderem, dass Schneewit-tchen jetzt nur 3 Zwerge hat und dass es allerdings nur exklusiv für die Germanistik-abteilung - eine Weihnachts-frau gibt. Wir vermissen Sie, Herr Professor Janko! Von Tanja Skralovnik Letztes Jahr ging am Germanistentag unser Herr Prof. Anton Janko in den Ruhestand. Mit einer kurzen ritterlichen Vorstellung, worin unser Professor den Ehrenplatz an der Tafelrunde bekam, vielen lachenden und zugleich traurigen Gesichtsausdrücken, nahmen wir von ihm Abschied. Doch für diejenigen, die nie die Möglichkeit hatten Prof. Janko einmal in einer Vorlesung kennen zu lernen, hier einige Insiderblicks. Wie war er also? Hm, komischerweise war er ein Mensch, dem es nie schwer fiel, schon um sechs Uhr früh aufzustehen und um sieben Uhr auf der Uni zu sein. Immer war er der erste am Morgen, der erste, dem man noch völlig schläfrig ‚Guten Morgen’ sagte. Fast immer ging er mit einem Lächeln im Gesicht durch den Flur, wenige Male mit einem nachdenkenden Blick. Für alleMANIAK gab er vor seinem Abschied in den Ruhestand noch ein Exklusivinterview: Naš, če se lahko tako izrazim, prof. Janko nas zapušča. Verjetno govorim v imenu vseh študentov, če rečem, da vas bomo pogrešali. Je bilo to vedno to, kar ste kot mladostnik Anton želeli početi? Najprej se moram zahvaliti za to, da pravite, da me boste pogrešali, sem tega vesel. Ali pa sem zmeraj to želel početi, na to ne morem čisto enoznačno odgovoriti. Zmeraj sem hotel biti učitelj in se je potem malo po mojih afinitetah, malo pa 10 a l l e M A N I A K po naključju, izkazalo tako, da sem potem pristal tam, kjer sem. Če bi na tem mestu morali potegniti črto in opisati vaše delo na Oddelku za germanistiko, kaj bi lahko rekli? Kaj pa naj rečem? Bilo je prijetno. Mnogokrat je bilo zelo prijetno, včasih je bilo tudi malo težavno. Včasih smo bili veseli, sem bil vesel, ker so bili študentje dobri, včasih sem bil tudi razočaran, ampak vedno sem pa bil rad tu in bom imel vse dolgo v lepem spominu. Za vami je dolga in uspešna pot. Kakšni občutki vas prevevajo ob misli na slovo od ustaljenega urnika, predavalnic bolj ali manj polnih študentov, ustnih in pisnih izpitov…? Občutki so kar v redu. Ne morem reči, da bi želel to delo še nadaljevati, ker sem že dosegel tisto starost, ko človek tudi rad malo več poskrbi in misli nase. Po drugi strani mi bo pa tudi malo žal, malo dolgčas, malo bom to pogrešal. Moram pa povedati, da zdaj tega še ne čutim, da pa bom najbrž to začutil čez kakšen mesec ali dva. Takrat bo prišla kriza. Sedaj boste verjetno imeli nekoliko več prostega časa. Kako ga želite preživeti? Vas bomo še lahko kdaj z zanimanjem poslušali? Znano je namreč, da smo vas študentje radi poslušali in z veseljem obiskovali vaša predavanja. To pa je najbrž možno, če se bo seveda izkazala potreba po tem. Jaz sem pripravljen še kaj povedati. Nekdo mi je prišepnil na uho, da dolgo niste imeli televizije in da so vam kolegi za vašo 60. obletnico pripravili pravi šov. Kaj se je pravzaprav dogajalo? Kolegi so mi za 60-letnico podarili televizijo, ker je nisem imel. Pa ne zato, ker je ravno ne bi mogel kupit, ampak ker sem do takrat živel v prepričanju, da televizija človeku samo čas krade. Potem so mi kolegi televizijo podarili pod geslom “Televizor v vsako slovensko vas”.Ta televizor sem potem s pridom uporabljal. Hvala bogu pa sem ga imel na vikendu in sem v Ljubljani le imel nekaj več časa zase. Nam lahko zaupate kakšen recept, kakšen nasvet, mogoče kakšno modrost, ki bi nam v prihodnje lahko pomagala? Modrosti je najbrž veliko, ampak za mlade ljudi bi bilo najbrž bolj dobro povedati tisto, kar nas moti, tisto bi bilo treba popraviti. Svetoval bi, da so mladi kolegi čim bolj samostojni v svojem razmišljanju. Kljub temu, da so včasih kakšna predavanja dolgočasna, da vseeno hodijo na predavanja, saj se iz knjig vsega ne da naučiti. Dostikrat je tisti osebni pristop, ki ga predavatelj pokaže, najbrž tudi indikator tega, kar pričakuje. Na podlagi tega, kar profesor pričakuje, in svojega lastnega razmišljanja, lahko na izpitih tudi kaj samostojnega pokaže, česar si pa vsi najbolj želimo. Ne morete biti samostojni pri spreganju ali pa pri sklanjanju, ste pa lahko pri literaturi. Še eno tisto zlato pravilo bi bilo, da je treba čim več brati, ampak ne samo v tem jeziku, ki ga študirate, ne samo literarnih del, ampak vse. Če namreč nimate pogleda v celotni jezikovni prostor tujega jezika, potem se težko znajdete. Jaz sem sam opazil, ko sem končal fakulteto, sem znal govoriti o literaturi, nisem znal pa čisto navadnih stvari. Nič o kuhanju, nič o tem, kako se vpraša v svetu, kam naj se gre. Tako da je važno, da študent spoznava vse jezikovne plasti. To se pridobi s televizijo, z branjem, s poslušanjem in seveda z lastnimi raziskavami, zlasti na področju jezika. Ni namreč dovolj, da znate govoriti, če imate posluh – vsi Nemci znajo nemško – ampak morate imeti še ozadje, ki je znanstveno podkrepljeno. Drugače pa bod'te pridni! Najlepša hvala za pogovor – in veliko lepega vam še želimo! »Mir hat die festliche Stimmung an der Abteilug sehr gut gefallen und Herr Professor war wieder ein wenig schalkhaft.« (Manca Brun) »Die Organisation war so zu sagen vollkommen und auch das alleManiak-Team trug dazu seinen Anteil bei. Die allgemeine Atmosphäre war heiter bis zu dem Punkt, als wir unserem größten Professor Antonius Jankofal »auf Wiedersehen« sagen mussten.« (Matic Juvan) 3. STOCK RECHTS Deutsch in Weimar DAAD-Sommersprachkursstipendium: Bauhaus-Sommerakademie 2007 Von Mateja Tertinek Als Student muss man alle Möglichkeiten ausnutzen, hört man immer wieder. Und bald beginnt man, sich nach diesem Rat zu richten und denkt, JETZT muss ich das Leben in allen seinen Farben und Varianten genießen. Mit ähnlichen Gedanken bewarb ich mich für ein DAAD-Stipendium für einen Sommersprachkurs in Deutschland. Jetzt bin ich jung, dachte ich, frei und unersättlich neugierig; genau jetzt ist die richtige Zeit, ins Ausland zu gehen, neue Freunde und Kulturen kennen zu lernen und so nebenbei noch meine Sprachkenntnisse zu verbessern. Als der erste Schritt – die notwendigen Formulare, Bewerbungsbriefe und andere nicht immer erfreundliche Formalitäten – erfolgreich erledigt wurde und mich die Nachricht, dass ich eine der diesjährigen DAAD-Stipendianten wurde, erfreute, blieben nur noch Spaß und Unterhaltung übrig. Gleich begann ich mit dem Planen – zuerst suchte ich mir einen Sommerkurs (das Angebot ist recht riesig) aus, dann reservierte ich noch eine Flugkarte und wartete ungeduldig, bis ich endlich packen musste. Am 5. August ging es los. Ich flog von Graz nach Leipzig, wo mich glücklicherweise die dort lebenden Familienfreunde erwarteten und mich für die erste Nacht beherbergten. Am nächsten Tag fuhr ich aber mit dem Zug weiter nach Weimar, das eigentliche Ziel meiner Reise. Weimar – Kulturhauptstadt Europas im Jahr 1999, sonst aber meist wegen Goethe, Schiller, Bauhaus und Weimarer Republik weltweit bekannt – war „meine“ Stadt für vier Wochen, die ich als Teilnehmerin der Bauhaus-Sommerakademie 2007 von 6. bis 31. August nie vergessen werde. Was alles ich dort erleben, erfahren, sehen, hören,… und erlernen konnte, kann man nicht so leicht in Worte fassen. Aber wenn ich es trotzdem versuche, das Wichtigste zu erzählen, dann beginne ich gleich mit der besonderen Atmosphäre, die in Weimar herrschte. Die Sommerakademie war nämlich, was ihre Teilnehmer betrifft, sehr international gefärbt. Ich lernte also Leute aus der ganzen Welt kennen. Allein in meiner Sprachgruppe, in die wir nach dem einführenden Einstufungstest eingeteilt wurden, gab es eine Slowakin, drei Polen, eine Russin, eine Italienerin, eine Amerikanerin, einen Madagassen, zwei Rumäninnen und einen Venezolaner. Die Lehrerin, jedoch, war Deutsch ;), was auch einer der Vorteile einer solchen Sommerakademie ist. Der Unterricht war ein wichtiger, aber längst nicht der wichtigste Teil unseres Programms. Jeden Tag gab es noch sehr viele Freizeitmöglichkeiten – kulturelle Veranstaltungen, Filmabende, Konzerte, Theaterstücke, Impro-theater, Sportaktivitäten, zahlreiche Vorlesungen und Seminare, Ausflüge … Unter anderem habe ich in diesen vier Wochen nicht nur Weimar, das allerdings eine wunderschöne kleinere Stadt mit vielen Sehenswürdigkeiten (Goetheund Schiller-Archiv, GoetheInstitut, Goethes Wohn- und Gartenhaus, Liszthaus, Nietzsche-Archiv, Schillers Wohnhaus, zahlreiche Schlösse und andere Museen, das Deutsche Nationaltheater, leider aber auch die Gedenkstätte des KZ Buchenwald) ist, sondern auch Erfurt, Dresden, Eisenach (der Geburtsort der Wartburg – die Burg in Eisenach, in derer Stube Luther die Bibel übersetzte – und des Wartburgs – der PKW, der einmal dort produziert wurde) und Berlin besucht. Das Begegnungsprogramm bat unter anderem auch viele Workshops – beispielsweise einen Salsa-Tanzkurs und einen Impro-Workshop, die am beliebtesten waren, und „digital photosummer 2007“, Sommerradio Workshop, Afrobrasilianischen Tanzworkshop, u.s.w. Dazu wurden drei große (neben allen anderen) Partys – die Willkommensparty, das Bergfest und die Abschiedsparty – organisiert, an denen auch die Mentoren und Lehrer aktiv teilgenommen haben. Das soll nur noch ein Beweis dafür sein, das die Weimarer BauhausSommerakademie 2007 mit positiver Energie, Kreativität und mit jeder Menge Spaß erfüllt war. Die Zeit in Weimar schien mir jedoch irgendwie schneller zu vergehen – auf einmal waren die vier Wochen zu Ende. Bis dann lernte ich nicht nur zwischen Weimarer und Weimaraner (Einwohner von Weimar und eine deutsche Hunderasse) zu unterscheiden, wanderte die üblichsten Spazierwege Goethes in dem von ihm geplanten Park und fand meinen beliebtesten Weimarer Eisladen, sondern ich fühlte mich nach diesem Monat schon fast zu Hause in dieser Thüringer Stadt. Doch musste ich zurück – nach Hause, zu meiner Familie, zu meinen Freunden, nach Ljubljana und zu weiteren Auslandserlebnissen, Reisen und Austauschprogrammen. Denn meine Erwartungen und Wünsche an einen Sommersprachkurs wurden nicht nur erfüllt, sondern sogar mehrmals übertroffen. Nach dieser Erfahrung kann ich jeder Studentin bzw. jedem Studenten ans Herz legen, solche und ähnliche Möglichkeiten möglichst oft auszunutzen, denn es stimmt (Einführungsparagraph meines Bewerbungsbriefes): Lernen und dazu noch viel Spaß haben, fremde Kulturen richtig erleben zu können und am kulturellen Leben des ausgewählten fremden Landes aktiv teilzunehmen – das ist, kurz und bündig, meine erste Assoziation, wenn ich ans Wort Sommerkurs denke. Irgendwie sehe ich da die Theorie und die Praxis, also die Sprachkurse als die theoretische Grundlage und die sofortige praktische Verwendung des Erlernten sowie das Auseinandersetzen mit der fremden Welt in allen möglichen Bereichen, Hand in Hand gehen. Kann eine Todsünde so schön sein? Hessisches Staatstheater Wiesbaden auf Besuch in SNG Drama Von Anja Wutej, Abteilung für Übersetzer und Dolmetscher Am 27. Oktober 2007 waren wir Zeugen einer erneuten Zusammenarbeit des Slowenischen Nationaltheaters SNG Drama und des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden. Diesmal war das deutsche Theater zu Gast in Ljubljana, wo es unter der Regie von Manfred Beilharz Büchners »Woyzeck« auf slowenischen Brettern präsentierte. Bei der Probe nahm das Schicksal seinen eigenen Lauf – Franz Nagler, der den Doktor spielen sollte, verstauchte sich den Knöchel und musste sich das Klinikum von Ljubljana auch von innen ansehen. Aber er ließ sich nicht einschüchtern und vom ausgezeichneten schauspielerischen Auftritt abhalten. Er trat trotz Verletzung auf und trug seinen Impressum Teil zu der schauerlichen Atmosphäre des Stückes bei. Die Mimik des Hauptdarstellers Rainer Kühn unterstrich noch zusätzlich die Verzweiflung und Verlorenheit des Soldaten Franz Woyzeck am Rande der Gesellschaft, der für seine Freundin Marie und das gemeinsame uneheliche Kind zu sorgen versucht. Um zusätzlich Geld zu verdienen, lässt er sich von einem Doktor als Versuchskaninchen auf Erbsendiät setzen. Woyzeck wird öffentlich physisch und psychisch ausgenutzt und erniedrigt, und auch Marie (Alexandra Finder) kehrt ihm den Rücken – sie fängt eine Affäre mit einem Tambourmajor (Lars Wellings) an. Da beginnt Woyzecks Welt völlig zu zerfallen - er hört Stimmen, die ihm befehlen, sich an der treulosen Marie zu rächen und sie zu töten. Diesem imaginären Befehl folgt er letztendlich auch. Ein tristes Ende einer traurigen partnern und ProfessorInnen, bei Prof. Dr. Almut Hille von der Freien Universität Berlin und ihrer engagierten Seminargruppe, bei alleMANIAK, Zeitschrift der Jure Dernovšek, der für die ComputerverarGermanistikstudierenden beitung gesorgt hat, bei Tina Štrancar, die mit Oddelek za Germanistiko s skandinavistiko in all ihren Ideen zu dieser Nummer viel beigetragen hat und bei allen, die uns finanziell unternederlandistiko stützt haben. Ganz herzlichen Dank auch an Aškerčeva 2, 1000 Ljubljana, Slowenien unsere Mentorin Irena Samide. E-mail: allemaniak@gmail.com Nummer 15, November 2008 Die Redaktion der Zeitschrift alleMANIAK bedankt sich herzlich bei allen, die zu dieser Aufgabe beigetragen haben; bei unseren Journalisten und Journalistinnen, Interview- Chefredakteurin: Tanja Skralovnik (tanjask@gmail.com) Mentorin: Irena Samide (i.samide@gmail.com) Computerverarbeitung: Jure Dernovšek (dernovsek.jure@gmail.com) Geschichte. Erwähnenswert ist auch, dass sich die Deutschen alle Kinder und manche Statisten im Spiel von den Slowenen ausgeborgt hatten. Für die, die es noch nicht bedauern, so ein interessantes Schauspiel versäumt zu haben, muss man noch erwähnen, dass sich nach der Vorstellung auch ein sehr gut bestücktes Buffet und die Möglichkeit, mit den Schauspielern persönlich zu sprechen, anboten. Die Verbindung zwischen dem SNG Drama und dem Hessischen Staatstheater Wiesbaden besteht schon länger. 2004 waren die Wiesbadner mit dem Lustspiel „Der zerbrochne Krug“ von Heinrich von Kleist in Ljubljana zu Gast. Die Zusammenarbeit zweier Theater aus verschiedenen Ländern ist eine gute Art, die verschiedensten kulturellen Pfade des vereinten Europas zueinander zu führen und einen breiten Weg zu formen, wo genug Titelseite: Martin Walser, Foto: Boštjan Eršte Zu dieser Nummer haben beigetragen: Platz für das miteinander gehen und voneinander lernen ist. Dank an: Izidor Pečovnik -Dori, Almut Hille, Daniel Holl, Anton Janko, Johann Lughofer, Helgard Jasna Berdnik, Manca Brun, Jeanette Mahrdt, Mira Miladinović Zalaznik, Irena Bohraus, Borut Cafuta, Nataša Forjan, Linda Samide, Neva Šlibar Fuchs, Anke Herrmann, Santina Jasper, Hana Jensterle, Matic Juvan, Nina Karmuzel, Aleša Die Beiträge der Zeitschrift alleMANIAK werKaučič, Marija Lorbek, Anže Mohorič, den nicht honoriert. Die AutorInnen übernehChristian Nagel, Stefan Paffrath, Maja Peharc, men die Verantwortung für ihre Artikel. Die Irena Petrinec, Mia Srebrnjak, Tadeja Srša, Nummer 15 erschien in einer Auflage von 500 Julia Stoltefaut, Tanja Škerlavaj, Tina Štrancar, Exemplaren. Mateja Tertinek, Sabine Till, Tina Tomažič, Nataša Urbančič, Peter Zupan, Alenka Izid številke so omogočili: ŠOFF, ŠSFF, Žnidaršič, Anja Wutej Oddelek za germanistiko Filozofske fakultete a l l e M A N I A K 11 3. STOCK RECHTS Von Peter Zupan Im Studienjahr 2007/08 wurde an der Philosophischen Fakultät das TutorenProjekt eingeführt. Da die Deutschstudierenden auch im Sinne des Studentenengagements sehr großzügig sind, gibt es an unserer Abteilung die höchste Zahl von Tutoren an unserer (12) Peter Zupan (Absolvent; Germanistik und Anglistik, „Big Bwana“ unter den TutorInnen, Vater von germanistika.net) Ich treibe sehr gerne Sport: Schifahren, Karate, Bergwandern. Im Sommer arbeite ich als Reiseleiter, ich reise aber auch selbst gern. Wenn mir noch Zeit und Geld übrig bleiben, dann gehe ich gerne ins Theater oder zu ganz großen Veranstaltungen mit Konzerten. (7) Jasna Berdnik (4. Jg.) Im Sternzeichen Krebs – also ein sehr romantischer Typ, der sich sehr schnell emotionell an Menschen bindet und gern weint – auch vor Glück:) Sehr viel Zeit verbringe ich mit meinem Freund und meiner Familie. Ich gehe sehr gerne ins Kino, aber natürlich muss der Film, den ich mir ansehe, ein Happy End haben:) (5) Hana Jensterle (3. Jg; Germanistik und Pädagogik) Ich bin von Natur aus sehr neugierig, gesprächig, liebe es zu reisen, neue Leute kennen zu lernen, etwas Neues auszuprobieren ... halt das Leben wirklich zu leben:) (11) Nina Karmuzel (4. Jg.). In meiner Freizeit spiele ich gerne Tennis, mache Fitness und reise sehr gern, bin sehr hilfsbereit und selbstständig. (8) Maja Peharc (Absolventin; parallel noch Vergleichende Literaturwissenschaft), Sprecherin im Studentenrat der Philosophischen Fakultät. Ich liebe Filme (lieber Kinoteka als Kolosej), Musik (eher die härtere Sphäre) und Bücher (fast alles). Ich bin schon seit 14 Jahren Folkloristin und mag es zu laufen. 12 a l l e M A N I A K TUTIS Fakultät überhaupt und darauf sind sowohl die TutorInnen als auch die ProfessorInnen sehr stolz. Die „Tutis“ sind eine Gruppe von Studenten, die sich vorgenommen haben, den Erstsemestrigen den Einstieg in das Leben als Student etwas zu erleichtern und überhaupt das Leben in Ljubljana näherzubringen. Sie wollen den „frischen“ Neuankömmlingen unter die Arme greifen Ansonsten habe ich noch ein Tattoo und mein Motto lautet: FREEDOM! (13) Tadeja Srša (4. Jg.) Ein typischer Skorpion, was aber nur die Sturheit betrift. Man kennt mich vor allem deswegen, weil ich mehrmals meine Haarfarbe gewechselt habe. Ich will zwar nicht Lehrerin werden, mag aber Kinder sehr gern, bin also eine typische Tante von Nebenan, die gerne Kaffee oder Tee mit Freunden trinkt, Musik macht/hört, shoppen geht oder sich Filme ansieht. (15) Tanja Skralovnik (4. Jg.). Ich bin immer irgendwie anders! Lache gern und lebe von einem Tag auf den anderen. Neben meinem Deutschdiplom möchte ich noch vieles mehr, da ich aber ein wenig abergläubisch bin, sage ich es nicht. :) Mit der Entscheidung, an unserer Abteilung eine von den Tutorinnen zu sein, habe ich nicht lange kämpfen müssen. Vielleicht nur noch einige Worte allen BRUCI auf den Weg: Gebt nie auf und bleibt ihr selbst! Tutoren, die 2008/2009 nicht mehr dabei sind: (4) Borut Cafuta (Absolvent) Könnte die Welt ohne Spiegel auskommen, würden wir uns für schöner halten. --- es lebe die Fotografie, das Schöne und Schnitzler – und wenn er nicht gestorben ist, dann ... man ist im Bilde, wie die Geschichte ausgegangen ist. (2) Aleša Kaučič (Absolventin). Ich gehe gerne ins Kino, entdecke die Welt und verbringe die Zeit mit meinen Freunden. und mit Rat und Tat zur Seite stehen, sie sind die ersten Kontaktpersonen und Ansprechpartner für Fragen an der Uni, sie versuchen eventuelle Konfliktfälle zu klären, sogar individuelle Beratung ist möglich, denn die „Tutis“ verfügen über einen eigenen Raum im Gebäude Aškerčeva 1. Ihre „Betreuung“ variiert je nach Bedürfnissen. Einige benutzen Emails, andere haben jede Woche (10) Nataša Urbančič (Absolventin) Während meiner Zeit als Studentin konnte ich mich schon in mehreren Jobs beweisen und so wertvolle Erfahrungen sammeln. Meine Freizeit verbringe ich oft mit Freunden oder ich surfe durchs Netz, immer öfter findet man mich in der Küche oder am Basteltisch. (1) Alenka Žnidaršič (Absolventin) Ich lese sehr gern, gehe ins Theater, tanze Swing, reise gern, verdiene mein Geld mit Nachhilfestunden, ... Vier Tutoren verloren, aber fünf neue in diesem Studienjahr dazugewonnen: (9) Nataša Forjan (4. Jg.; Sprecherin des 4. Jahrgangs) Im Sternzeichen Zwillinge und es passt zu mir. Wenn ich arbeite, bin ich eifrig, stur und möchte gern gut und so schnell wie möglich die Arbeit erledigen, denn nach der Arbeit kommt Spaß. Unter Spaß verstehe ich mit der Familie zu picknicken, zu tanzen, zu singen, zu kochen, zu backen, Klavir zu spielen, Bücher zu lesen und mit Freunden zu plaudern. Ich liebe Kinder, bin auch sehr neugierig und reiselustig. Marija Lorbek (3. Jg., Germanistik und Anglistik) Meine Freizeit verbringe ich gerne mit guten Freunden, Musik oder mit einem guten Buch. Am liebsten trinke ich Mineralwasser und esse Nektarinen. Da ich kamerascheu bin, gibt es von mir kein Foto, wenn du aber mehr über mich wissen möchtest, dann sehen wir uns im 3. Stock!!! Sprechstunden, es gibt sogar TutorInnen, die über MSN chatten und zusammen mit den TutorandInnen Kaffee trinken. Nun, sehr geehrter Leser, willst du noch mehr über die Tutoren wissen? Wer sie sind? Wie sie aussehen? Was sie sonst im Leben machen? Einige Daten zu den jeweiligen Tutoren unserer Abteilung findest du unten: (3) Anže Mohorič (4. Jg; Germanistik & Philosophie) Manche wissen, dass ich gerne lese, Sport treibe, mit den Worten und mit den Wörtern spiele. Manche vermuten, dass ich mein Leben positiv atmen möchte, mit einem Lächeln auf dem Gesicht. Sie täuschen sich nicht. Keiner fordert mich auf, mit ihm über die gelesenen Bücher lange in die Nacht zu diskutieren. Ich warte noch. Wartend lese ich. (6) Irena Petrinec (4. Jg.) Im Sternzeichen Wassermann. Schon als Kind zeigte ich Neigung für Sprachen. Beim Fernsehen der deutschen und englischen Filme schrieb ich die Wörter aus und machte so ein Taschenwörterbuch. :) Jetzt mache ich das aber nicht mehr. :) Ich gehe lieber in die Berge, schaue mir einen guten Film an, lese ein Buch. Ich mag Fischgerichte und ... bin auch kein Verächter von Süßigkeiten. Im Falle, dass ihr mich sucht, findet mich vor dem Computer; da versitze ich nämlich die meiste Zeit. (14) Tanja Škerlavaj (Diplomandin Anglistik und Germanistik, Postgraduierte der Modernen deutschen Sprache) Im Sternzeichen Zwillinge und zwischen den beiden gibt's oft Streit. Ich esse gerne Meeresfrüchte und mag alle Sorten Salat, ich hasse Science-fiction und liebe den britischen Humor, die deutsche Grammatik und italienische Städte (z. B. Florenz). Ich fahre gerne Schi, bin aber sonnenabhängig und liebe vor allem den Sommer und das Meer. Die Lieblingsstadt Deutschlands: Hamburg. Essen: Marzipan in Lübeck. Lieblingssong: "Für dich". Lieblingsautor: Erich Kästner. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15