Bremerhaven: Containerhafen und Europas Autodrehscheibe Nr.1

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Bremerhaven: Containerhafen und Europas Autodrehscheibe Nr.1
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Exkursion Nordwestdeutschland
Tagesprotokoll 1. August 2001
Bearbeiterin:
Alexandra Denner
Fahrtroute: Aurich - Wittmund - Jever - Varel - Rodenkirchen - Weserfähre Dedesdorf
- Bremerhaven - Wilhelmshaven - Ziallerns - Aurich
Bremerhaven: Containerhafen und Europas Autodrehscheibe Nr.1
Dank seiner geographisch günstigen Lage an der Wesermündung hat sich Bremerhaven als Teil des Bundeslandes Bremen zu einem der bedeutendsten europäischen
Containerhäfen und Europas größtem Autoumschlagsplatz entwickelt. Die Logistik an
den verschiedenen Hafen-Terminals wird hier von der BLG Logistics Group, die der
inzwischen 125 jährigen Bremer Lagerhaus Gesellschaft mit Sitz in Bremen angehört, und deren Gemeinschaftsunternehmen Eurogate geleistet.
Container-Terminals an der Stromkaje
Aufgrund der zunehmenden Containerisierung von Schiffsgütern wurde 1971 das
erste Teilstück des heutigen Container-Terminals mit einer geschlossenen Umschlagsanlage in das Deichvorland und in die Weser hinein gebaut. Um ausreichenden Hochwasserschutz im Hafenbereich zu gewährleisten wurde die Stromkaje
(Kaimauer) als offene Spundwand, zur Wasserseite hin geöffnet und mit einer wellenbrechenden Hohlkammer unter der Oberfläche, konstruiert. Inzwischen bietet die
etwa 3 Kilometer lange Stromkaje Schiffsliegeplätze für 10 große Containerschiffe,
die von 8 Containerbrücken während ihrer acht- bis sechzehnstündigen Liegezeit beund entladen werden können. Auf der Landseite übernehmen über 100 Van-Carrier
den Transport der Container von den Containerbrücken hin zur zentralen GateAnlage mit bereitstehenden LKWs, zu Bahnwaggons auf der 700 m langen Gleisanlage mit 6 Kopfgleisen oder zu Plätzen zur Zwischenlagerung innerhalb der Umschlagsanlage, die auch ein Kühlhaus für entsprechende Güter bietet. Etwa 1000
Beschäftigte sorgen im Container-Hafen für eine rasche Abfertigung und Verladung
der Schiffsgüter, in Spitzenzeiten steht zusätzlich ein Gesamt-Hafenarbeiterpool von
500 Mitarbeitern zur Verfügung. Beim Weitertransport der Container in das Binnenland übernehmen Bahn und LKW je nach Streckenlänge unterschiedliche Anteile im
Containerverkehr, wobei im Nahverkehr innerhalb des "nassen Dreiecks" Bremerhaven - Bremen - Hamburg der LKW-Anteil dominiert. Aufgrund der starken Belastung
der Straßen wird jedoch bei Fernfahrten an dem Konzept "from road to sea" fest-
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gehalten und der Container-Transport in die skandinavischen Länder und den Ostseeraum durch kleinere Feeder-Schiffe im Linienverkehr durchgeführt.
Damit Bremerhaven auch zukünftig im internationalen Container-Umschlag wettbewerbsfähig sein kann und den Wünschen der Reedereien nach einer kurzen Revierfahrt und jederzeitigem Anlaufen des Hafens entspricht, ist die Vertiefung der Außenweser von 14 m auf 15,20 m unter Seekarten-Null für die großen Containerschiffe
und ein mehrstufiger Ausbau der Stromkaje geplant. Bis zum Jahr 2003 sollen
350000 m³ Kleiboden des Deichvorlands ausgebaggert und die Kaje nach Norden
um 340 m, was einem Schiffsliegeplatz entspricht, verlängert werden. Für das Jahr
2006 ist im Rahmen des Hafenbauprojekts Container-Terminal IV die Fertigstellung
von zwei weiteren Schiffsliegeplätzen vorgesehen, so daß insgesamt 13 Containerschiffe im Hafen liegen können. Das Land Bremen erhofft sich mit dem Bau des Container-Terminals IV erhebliche Arbeitsplatzeffekte für sich und das Umland. Aufgrund
der begrenzten landeseigenen Flächen müssen für diese Projekte und die hierfür
erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen Flächen vom Land Niedersachsen erworben
werden. Hauptdiskussionspunkt in der Auseinandersetzung mit Gegnern dieser Erweiterungen ist neben dem Eingriff in ein mögliches FFH-Gebiet die Lärmentwicklung
in den hafennahen Wohngebieten. Zudem könnte die Vertiefung der Außenweser zu
einer weiteren Verschlickung der Sielhäfen und zu rückgängigen Fängen in der
Krabbenfischerei führen.
Zukunftsprojekt "JadeWeserPort"
Angesichts ständig wachsender Schiffsgrößen und steigender Umschlagsmengen
wird die Notwendigkeit gesehen, neben Hamburg und Bremerhaven einen dritten
deutschen Containerhafen zu erstellen. Um gegenüber den europäischen Hauptkonkurrenten Rotterdam und Antwerpen in Zukunft wettbewerbsfähig sein zu können,
soll ein Tiefwasser-Containerhafen entstehen, der von Megacarriern, die weltgrößten
Containerschiffe der Zukunft, angefahren werden kann. Strittig war jedoch, ob Wilhelmshafen oder Cuxhaven der bessere Standort ist. Ausschlaggebend für die Entscheidung waren die weitaus größeren Ausbaumöglichkeiten und Kapazitätsreserven
Wilhelmshavens. Dort bietet zudem das Jadefahrwasser für Megacarrier die ausreichende Tiefe von 18,50 m unter Seekarten-Null. Der geplante deutsche TiefwasserContainerhafen, zukünftig einer von acht bis zehn dieser Art weltweit, soll als gemeinsames norddeutsches Projekt verwirklicht und ab 2010 kooperativ von den nie-
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dersächsischen, bremischen und Hamburger Hafenunternehmen betrieben werden.
Darauf haben sich die Regierungschefs der Länder Hamburg, Niedersachsen und
Bremen nach Abwägen aller Vor- und Nachteile auf Basis umfangreicher Gutachten
verständigt (Bremer Hafenvertretung 2001).
Auto-Terminal
Mit dem Umschlag von über einer Million Import- und Export-Autos ist Bremerhaven
die Autodrehscheibe Nr. 1 in Europa. Rund 90 000 Stellplätze stehen in den räumlich
voneinander getrennten Import- und Exportbereichen am Auto-Terminal für PKWs
und andere Fahrzeuge zur Verfügung. Wie schwimmende Parkhäuser wirken die
großen Autocarrier (Autoschiffe), die auf ihren 12 bis 14 Zwischendecks bis zu 6000
Fahrzeuge über die Ozeane transportieren können. Exportiert werden überwiegend
Fahrzeuge von BMW, Audi und Daimler-Chrysler nach Nordamerika, während die
Importe vorwiegend aus dem südostasiatischen Raum stammen. Betrieben wird der
Autoumschlag von einem Tochterunternehmen der BLG Logistics Group, der BLG
Automobile Logistics, deren Kerngeschäft der Umschlag und die Lagerung von Fahrzeugen ausmachen. Dabei erhalten jedoch auch zwei weitere Aktionsfelder für das
Unternehmen immer größere Bedeutung: erweiterte hafenorientierte Dienstleistungen und erweiterte logistische Dienstleistungen. Zu den hafenorientierten Dienstleistungen zählen neben Festmachertätigkeiten, Stauerei, Laschen und Lagerpflege
auch die technische Bearbeitung der Autos in PDI (Pre-Delivery Inspection) - Centern, wo Importfahrzeuge nach dem Seetransport für die Auslieferung an den Händler
vorbereitet werden. Das Arbeitsspektrum reicht vom Entfernen der Transportkonservierung, die meist aus einer Wachsschicht besteht, über Lackierarbeiten bis zum
Einbau von Schiebedächern und sonstigem Zubehör. Für dieses Komplettangebot
von Dienstleistungen rund um Autoverladungen wurde die BLG AutoTec als spezielles Tochterunternehmen gegründet ( BLG Logistics Group 2001).
Neben diesen hafenorientierten Dienstleistungen übernimmt die BLG Automobile
Logistics auch den Logistikbereich für die Automobilindustrie, wozu die Durchführung
von Zollabfertigung, Spedition und Transportverteilung gehören. Mit der Übernahme
von Firmenbeteiligungen hat sich das Unternehmen mittlerweile über das Hafengebiet hinaus als Logistik-Provider etabliert.
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Wachstumsmotor Transshipments und standortübergreifendes Engagement
Während früher die Überseeverkehre der Wachstumsmotor für die Autodrehscheibe
Bremerhaven waren, sind es heute immer mehr die stark expandierenden Transshipments. In Bremerhaven steigen die Autos aus den großen Carriern auf kleine
und mittlere Short-Sea-Schiffe um und gelangen so ins Baltikum, nach Skandinavien,
England oder zur Iberischen Halbinsel. Inzwischen macht der Short-Sea-Verkehr fast
30 Prozent des Gesamtumschlags aus, Tendenz steigend. Um im ständig härter
werdenden Wettbewerb zu bestehen ist die zunehmende Bedeutung Bremerhavens
als Feeder- und Transshipment-Center ein wichtiges Element (BLG Logistics Group
2001). Dennoch erfordern stagnierende Absatzzahlen auf den Automobilmärkten in
Westeuropa standortübergreifendes Engagement der BLG Automobile Logistics. Das
für Süd- und Südosteuropa prognostizierte starke Wachstum der Absatzzahlen veranlasste das Unternehmen, sich am Auto Terminal Gioia Tauro in Süditalien mit 51
Prozent zu beteiligen. Da Süd- und Südosteuropa logistisch nicht sinnvoll über Bremerhaven zu versorgen ist, bietet sich dieser Standort für die großen, aus Asien
kommenden Deep-Sea-Carrier an.
Das Wurtendorf Ziallerns
Auf Ostfrieslands Altmarschgebieten sind viele Wurtendörfer zu finden. Diese vorgeschichtlichen Flachsiedlungen wurden mit dem Ansteigen des Meeresspiegels
schichtweise mit Marschenklei aufgehöht und flächenmäßig vergrößert. Das unter
NN liegende Sietland blieb weitgehend unbesiedelt. Eine Anzahl von Wurtendörfern
haben auch nach der Errichtung fester Deiche ihre alte Form beibehalten. Musterbeispiele für diese Siedlungsstruktur sind die beiden Ortschaften Rysum (westlich von
Emden) und Ziallerns (nördlich von Jever).
Die Wurt Ziallerns bot ursprünglich für 8 Bauernhöfe Platz, von denen heute noch 4
Höfe auf der Ostseite zu sehen sind. Die Höfe der Westseite wurden bis zum 19.
Jahrhundert durch Wohnbauten einer nicht bäuerlichen Bevölkerung ersetzt, so dass
die verbliebenen Bauernhöfe durch die kleinen Handwerksbetriebe und Gemischtwarengeschäfte versorgt werden konnten. Im 19. Jahrhundert gab es noch eine Brauerei, einen Schmied, einen Gastwirt, einen Schumacher, Weber und Zimmerleute. Um
die ganze Wurt zieht sich eine äußere Ringstraße. Konzentrisch dazu verläuft ein
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innerer Weg um die Wurtmitte. Dazu verlaufen mehrere meist schmale Wege radial
von der Wurtmitte zum Wurtfuß und setzen sich zum Teil in den Feldwegen der Flur
fort. Auf der Wurt ist noch eine ehemalige Süßwasserstelle erhalten. Früher wurde
hieraus das Trinkwasser geschöpft. 1937 wurde die Wurt unter Landschaftsschutz
gestellt. Das ehemalige Arbeiterhaus Garlichs ist renoviert worden. Hier ist ein interessanter Informationsraum mit Schautafeln eingerichtet. Geöffnet ist am Dienstag
und Donnerstag von 15 bis 17 Uhr.
Literatur:
BLG Logistics Group AG & Co. KG (Hrsg.) (2001): BLG Automobile Logistics: Mit umfassenden Dienstleistungen die Spitzenposition ausbauen. - Palette BLG Logistics Group 3.
Bremen.
Bremische Hafenvertretung (Hrsg.)(2001): Weitsichtige Lösung: JadeWeserPort.- Weserlotse/Logistics pilot 3, Jg. 53. Bremen.
www.blg.de
www.ostfriesland.de