Mein Auslandsaufenthalt in Argentinien
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Mein Auslandsaufenthalt in Argentinien
Mein Auslandsaufenthalt in Argentinien Studiengang: Angewandte Sozialwissenschaften FH Dortmund Bevor es los ging Im November 2007 habe ich mich dazu entschlossen ein Auslandssemester zu absolvieren. Zunächst habe ich mich bei verschiedenen Organisationen, die Auslandsaufenthalte anbieten, über meine Möglichkeiten erkundigt und die jeweiligen Preise miteinander verglichen. Letztendlich habe ich mich für die Organisation Pasantias entschieden, welche ihren Sitz in Córdoba hat. Pasantias hat eine eigene Sprachenschule und vermittelt eine Unterkunft; je nach Wunsch entweder in einem der beiden Freiwilligenhäuser oder in einer Gastfamilie. Außerdem hilft die Organisation bei der Suche nach einer Praktikumsstelle. Mit der Kooperation mit Pasantias war ich vollkommen zufrieden. Da ein Auslandsaufenthalt einiges kostet, bietet es sich an, sich um ein Stipendium zu bewerben. Außerdem ist es wichtig sich rechzeitig um ein Visum zu kümmern. Zum Βeispiel fordert die Universität in Córdoba, um dort studieren zu können, die Vorlage eines Arbeitsvisums. Empfehlenswert für den Aufenthalt in Argentinien ist die Eröffnung eines Kontos bei der Citibank. Denn die Citibank ist eine der wenigen deutschen Banken, die es in Argentinien gibt. Somit fallen beim Geld abheben keine Gebühren an. Außerdem sollte man für den Fall, dass die EC-Karte auf Grund von Beschädigung nicht funktioniert unbedingt eine Kontovollmacht bei seinen Eltern hinterlassen. Nicht zu vergessen ist die Überprüfung des Impfschutzes. Wer zu den Iguazu Wasserfällen reisen möchte, sollte eine Gelbfieberimpfung in Betracht ziehen. Der Flug und erste Eindrücke von Argentinien/ Córdoba Bevor ich meine Reise nach Argentinien antrat, hatte ich viel über das Land, die Kultur, die Geschichte und die Menschen gelesen. Jedoch ist es nicht leicht, sich aus der Ferne ein Bild zu machen. Aus diesem Grund war ich umso gespannter auf meine ersten realen Eindrücke. Am 26. Februar bin ich von Düsseldorf mit der Fluggesellschaft Iberia abgeflogen. Für den Flug habe ich 1079,00 EUR bezahlt. Da es mein erster Langstreckenflug war, war ich ziemlich aufgeregt. In Madrid musste ich umsteigen. Madrids Flughafen ist riesig und somit war ich froh, dass ich ein deutsches Ehepaar, das seinen Sohn in Santiago de Chile besuchen wollte, schon bei meinem ersten Flug kennen lernte. Ein weiteres Mal musste ich in Santiago de Chile umsteigen. Santiago de Chile hat einen kleinen und sehr übersichtlichen Flughafen. Daher verlief das Umsteigen auch hier problemlos. Während ich auf das Boarding wartete, habe ich drei deutsche Studenten kennen gelernt, die in Córdoba ein Auslandssemester absolvieren wollten. Zu ihnen hatte ich auch während meines Córdoba Aufenthaltes Kontakt. Nach zwei weiteren Stunden Flug bin ich endlich in Cordoba angekommen. Kai Peter, der Chef der Organisation Pasantias, die ich für meinen Argentinien Aufenthalt ausgewählt hatte, holte mich vom Flughafen ab. In Argentinien war zu diesem Zeitpunkt Spätsommer und ich habe mich wahnsinnig über die Temperatur von 30° C gefreut. Nachdem ich in der Sprachenschule eingecheckt hatte (Schlüsselpfand für die Unterkunft usw.) wurde ich von Sara, einer Angestellten von Pasantias zu meiner Unterkunft, dem so genannten Castillito (Schlösschen) begleitet. Blick auf die Anden Die Unterkunft Sowohl die Sprachenschule als auch das Freiwilligenhaus befinden sich in Alta Córdoba. Alta Córdoba ist ein relativ sicheres Viertel Córdobas, das ungefähr 30 min. Fußweg vom Zentrum entfernt ist. Meine Unterkunft gefiel mir auf Anhieb. Alle Zimmer waren sehr geräumig und gemütlich eingerichtet. Wie alle argentinischen Häuser hatte das Castillito auch einen Patio (Hinterhof) mit einem großen aus Stein gemauerten Asado-Grill. Der darf natürlich im Land des leckersten Fleisches nicht fehlen. Was mich sehr enttäuscht hat war, dass sich das internationale WG-Leben im Castillito, so wie es Pasantias verspricht, nur auf Deutsche, Österreicher und Schweizer bezieht. Denn eines meiner Hauptanliegen war, mein spanisch oder auch englisch zu verbessern. Das ist natürlich schwierig, wenn man nur mit deutschsprachigen jungen Leuten zusammen wohnt. Das Castillito Die Stadt Córdoba In den ersten Tagen habe ich mit den anderen Neuankömmlingen Córdoba erkundet. Die wie die Hauptstadt gleichnamige Provinz Córdoba ist das so genannte geografische Herz Argentiniens. Die Einwohner werden cordobeses genannt. Die Hauptstadt hat 1.300.000 Einwohner. Besonders zeichnet sich Cordoba durch seine Kolonialarchitektur aus, denn es ist die besterhaltenste Argentiniens. In der Stadt gibt es sieben Universitäten und ungefähr 80.000 Studenten. Aus diesem Grund verfügt Córdoba über ein großes Kultur- und Freizeitangebot. Kurz um: In Córdoba gibt es eine Menge zu entdecken und zu erleben, so dass es nicht langweilig werden kann. Ich habe mich während meines ganzen Aufenthalts dort total wohl gefühlt. Allerdings sollte man wissen, dass die Stadt sehr laut ist. Wer also kein Großstadtfreund ist, sollte vielleicht nicht unbedingt Córdoba für seinen Auslandaufenthalt wählen. Im Umkreis liegen eine Vielzahl schöner Orte, die man bequem vom kleinen Busterminal aus erreichen kann. Von Horsebackriding bis hin zu Paragliding kann man viele tolle Ausflüge machen. Paragliding in La Cumbre Córdoba liegt im Zentrum Argentiniens. Man kann von dort aus fast alle wichtigen und schönen Orte des Landes erreichen. Die Überlandbusse sind sehr komfortabel. Man kann zwischen „Semi Cama“ (Halbes Bett) und „Cama“ (Liegeposition fast 180 Grad) wählen. Das macht auch lange Strecken, wie zum Beispiel 26 Stunden Reisezeit nach Iguazu, ertragbar. Verlängerte Wochenenden sollte man also auf jeden Fall zum Reisen nutzen. Besonders schön ist auch der Süden des Landes. Zum Beispiel nach Pto. Madryn wo man Pinguine sehen kann. Geld In Punkto Geld sieht es für Europäer in Südamerika sehr gut aus. In Argentinien wird mit argentinischen Pesos bezahlt. Der Umrechnungskurs zum Euro liegt ca. bei 1 EUR : 1,47 Pesos. Viele Preise in Pesos sind nahezu die gleichen wie in Euro. Das heißt man kann dort um einiges günstiger leben als in Deutschland. Es empfiehlt sich keine Doller umzutauschen, da der Pesos im ganzen Land als Zahlungsmittel anerkannt wird. Auf jeden Fall sollte man niemals zu viel Bargeld bei sich haben, denn wie in allen Großstädten gibt es auch dort Taschendiebe. Der Sprachkurs Anfang März hat der Sprachkurs begonnen. Insgesamt haben mit mir elf weitere Deutsche ihren Argentinien Aufenthalt begonnen. Zunächst fand ein Einstufungstest statt. Wir sollten, wenn wir bereits Spanischkenntnisse hatten, leichte Fragen beantworten. Insgesamt wurden drei Kurse eingerichtet: Grundkurs mit sechs Personen, Mittelstufe mit zwei Personen und ein Fortgeschrittenenkurs mit vier Personen. Ich wurde in die Mittelstufe mit Kevin, einem Schweizer eingeteilt. Da ich der Meinung bin, dass der Unterricht intensiver und effektiver ist mit einer kleinen Gruppengröße, war ich mit der Einteilung sehr zufrieden. Von 13 Uhr bis 17 Uhr hatten wir von montags bis freitags Sprachkurs (einschließlich einer halben Stunde Pause). Kevin und ich hatten bei einer Studentin namens Erica Unterricht. Der Sprachkurs war meiner Meinung nach gut strukturiert. Besonderen Wert legte Erica auf Kommunikation. Aus diesem Grund und durch die kleine Gruppengröße konnten wir das Sprechen sehr gut üben. Jedoch hatte ich erst im Laufe meines Aufenthalts das Gefühl, dass sich mein Spanisch festigt. Sicherlich hatte ich dadurch, dass ich vor 7 Jahren bereits für zwei Jahre Spanisch in der Schule gelernt habe, einige Grundkenntnisse, die mir den Einstieg erleichterten. Jedoch stellte sich schnell heraus, dass zwischen dem argentinischen Castellano und dem spanisch in Spanien große Unterschiede liegen. Diese zeigen sich vor allem in der Aussprache. Darüber hinaus gibt es im Castellano auch Wörter, die im spanischen Vokabular nicht verwendet werden bzw. umgekehrt. Außerdem sprechen die Córdobesen sehr schnell und haben einen ausgeprägten Akzent, was mir zu anfangs einige Verständigungsprobleme bereitete. Letztendlich übt sich eine Fremdsprache nur durch ihren Gebrauch. Da ich nur mit Deutschen zusammen gewohnt habe, habe ich mich von Beginn an bemüht Argentinier kennen zu lernen, um ihre Sprache zu üben und ihre Kultur kennen zu lernen. Da die Argentinier sehr neugierig sind und man überall angesprochen wird (woher man kommt usw.), fiel dieses Vorhaben nicht schwer. Nach einigen Wochen hatte ich argentinische Freunde gefunden und je mehr Zeit ich mit ihnen verbrachte, umso leichter fiel es mir spanisch zu plaudern. Die Sprachenschule Mein Praktikum im Kinderkrankenhaus in Córdoba Im April habe ich mein Praktikum im Hospital de Niños in Córdoba begonnen. Derzeit arbeitet eine Gruppe von rund 100 Voluntarios (freiwilligen Helfern) in diesem Krankenhaus. Die Organisation nennt sich CUERPO DE VOLUNTARIOS DEL HOSPITAL DE NIÑOS DE CÓRDOBA; welche im Jahre 1965 von Prof. Dr. Romis A. Raiden gegründet wurde. Von montags bis freitags kümmern sich 8-10 Voluntarios um die Kinder. Die freiwilligen Helfer kommen nachmittags, da vormittags die Untersuchungen stattfinden. Die Organisation hat einen eigenen Flur, zu dem Ärzte und Krankenschwestern keinen Zutritt haben. Auf diesem Flur befindet sich ein großes Spielzimmer, ein Kino, das für ungefähr 80 Personen Platz bietet, eine Küche, ein Gruppenraum und ein Bürozimmer. Zu meinem Vorstellungsgespräch wurde ich von Sara Wainzinger, die bei Pasantias angestellt ist, begleitet. Das Vorstellungsgespräch wurde von einer Mitarbeiterin der Organisation durchgeführt. Ich sollte nur meinen Namen nennen und wurde gefragt wie lange ich schon in Argentinien bin. Im Anschluss daran bekam ich eine Führung durch den Flur der Organisation. Da das Vorstellungsgespräch für mein Empfinden überraschend kurz war, fiel es mir schwer einen ersten Eindruck zu gewinnen. Vielmehr war ich gespannt darauf, ob meine Spanisch Kenntnisse ausreichen würden, um in dem Praktikum gut zu Recht zu kommen. Denn im Vorstellungsgespräch stellte ich fest, dass die Mitarbeiterin sehr schnell und mit einem starken córdobesischen Akzent sprach, so dass ich einige Male Sara bitten musste als Übersetzerin zu intervenieren. Bevor ich mein Praktikum begann, musste ich noch einen Guadarpolvlo (so nennt sich die Arbeitskleidung für Lehrer und Krankenschwestern in Argentinien) kaufen, damit mich die Kinder als Voluntario erkennen können. Mein Guardapolvo war rot weiß kariert mit einem breiten roten Kragen. Obwohl ich mir zu anfangs etwas verkleidet vorkam, fand ich es später lustig ihn zu tragen. In der darauf folgenden Woche habe ich mein Praktikum begonnen. Alle begrüßten mich mit überschwänglicher Herzlichkeit. Sie zeigten großes Interesse und ich wurde mit Fragen wie “Woher kommst du? Seid wann bist du hier? Studierst du in Deutschland? usw.“ gelöchert. Anschließend wurde ich mit einer anderen Freiwilligen, namens Anna, für den Flur 400 eingeteilt. Anna ist 26 Jahre alt und arbeitet bereits seit 2 Jahren bei den Voluntarios. Eigentlich studiert sie Geschichte an der öffentlichen Universität in Córdoba. Nachdem sie mir kurz geschildert hatte, was die Aufgabe derVoluntarios ist, wurde ich direkt ins „kalte Wasser“ geworfen. Anna zeigte mir den Schrank in dem sich die Spiele befanden und sagte mir ich sollte in das Zimmer Nr. 412 gehen und mich mit dem Mädchen beschäftigen. Ich muss zugeben, dass ich mich in dem Moment etwas hilflos fühlte, aber ich nahm mir vor mein Bestes zu geben. Ein wenig aufgeregt ging ich in das Zimmer Nr. 412 und stellte mich dem kleinen Mädchen und seiner Familie vor. Das Mädchen machte auf mich einen schüchternen Eindruck und wollte zunächst nichts spielen. Alle Fragen, die ich dem Mädchen stellte, mussten die Eltern noch einmal wiederholen, damit das Mädchen eine Antwort gab. Die Eltern waren an meiner Person sehr interessiert. Sie erzählten vom Leben in Argentinien und ich berichtete vom Leben in Deutschland. Es war sehr spannend sowohl Unterschiede, als auch Gemeinsamkeiten zweier Länder zu entdecken. Die Eltern waren sehr herzlich und gastfreundlich. Sie gaben mir etwas zu trinken und schenkten mir einen Alfajores (eine Art Keks mit Karamellfüllung). Im Laufe des Nachmittags baute das Mädchen Vertrauen zu mir auf. Sie begann mit mir zu sprechen. Da sie sehr leise sprach, hatte ich zunächst Schwierigkeiten sie zu verstehen. Je mehr sie mit mir sprach, umso lauter begann sie zu sprechen und stellte mir viele Fragen. Außerdem bat sie mich etwas mit mir zu spielen. Später kamen die Tante und zwei Cousinen hinzu. Mit den drei Kindern habe ich gemalt und gebastelt. Jeden Tag um 18 Uhr treffen sich die Voluntarios in ihrer Küche um gemeinsam Tee bzw. Kaffee und Kekse zu essen. Alle wollten wissen, ob mir die Arbeit gefiele. Als ich ihre Frage bejahte waren sie sehr erfreut. Nach 20 Minuten sind wir nochmals auf den Flur 400 gegangen. Ausgeteilte Spiele mussten eingesammelt werden. Um 20 Uhr endete mein erster Arbeitstag. Die Chefin war sehr überrascht, als ich mich mit den Worten bis morgen verabschiedete, da sie davon ausging, dass ich nur an zwei Tagen in der Woche kommen würde. Sie sagte, dass meine Organisation, dass so gesagt habe. Nachdem ich ihr erklärt hatte, dass es sich um ein Missverständnis handeln müsse, war sie damit einverstanden, dass ich von montags bis freitags zum Praktikum komme. Nach meinem ersten Arbeitstag hatte ich ein gutes Gefühl. Meine Kolleginnen waren sehr freundlich und nahmen mich herzlich auf. Obwohl ich noch nicht alles auf Castellano verstehen konnte, gelang es mir Unterhaltungen zu führen und mich mit den Kindern zu beschäftigen. In meiner ersten Praktikumswoche wechselte ich täglich den Flur um alle Stationen kennen zu lernen. Ich habe immer mit einer anderen Freiwilligen auf einem Flur zusammengearbeitet, damit ich bei Fragen einen Ansprechpartner zur Verfügung hatte. Ab dem zweiten Tag habe ich mich bemüht, möglichst alle Kinder in allen Zimmern des Flures zu besuchen und Spiele auszuteilen. Wenn jedes Kind beschäftigt war, habe ich eines gefragt, ob es mit mir gemeinsam etwas spielen möchte. Außerdem gehört zu den Aufgaben der Voluntarios sich um die Eltern zu kümmern. Das Hospital de Ninos ist ein öffentliches Krankenhaus, welches einen sehr guten Ruf hat. Jedes Kind hat ein Recht darauf hier behandelt zu werden. Viele Familien, die ich im Laufe der Zeit kennen lernte, kamen aus armen Verhältnissen. Die Voluntarios verteilen aus diesem Grund Windeln, Kinder- oder Babykleidung, Yerba Tee und Zucker an die Eltern. Ich habe festgestellt, dass die Eltern sehr dankbar für diese Zuwendung sind. Viele der Eltern sind in einer besonders schwierigen Situation. Einige Mütter verbrachten seit Wochen oder Monaten die Tage bei ihren Kindern im Krankenhaus. Nachts schliefen sie auf Plastikstühlen neben den Betten ihrer Kinder. Die dauerhafte Sorge um den Gesundheitszustand ihrer Kinder, aber auch die fehlende körperliche Erholung zeichnete sich in ihren Gesichtern ab. Für sie ist die Zuwendung der Voluntarios von besonderer Bedeutung. Zu anfangs fiel es mir schwer die richtigen Worte zu finden. Schon auf Deutsch ist es schwierig Mitgefühl auf behutsame Art und Weise zum Ausdruck zu bringen. Doch wie sollte das dann auf Castellano funktionieren? Im Laufe der Zeit stellte ich fest, dass es am wichtigsten ist authentisch zu bleiben. Ich habe vielen Eltern gesagt, dass es mir schwer fällt die richtigen Worte zu finden, aber dass ich ihnen von ganzem Herzen alles Gute wünsche. Manchmal war auch ein aufmunterndes Lächeln mehr Wert als tausend Worte. Nach zwei Wochen bat ich meine Chefin darum, dass ich Alicia auf die Station für Onkologie, begleiten dürfte. Sie willigte ein. Auf dem Weg zur Station erzählte mir Alicia, dass sie seit 15 Jahren zu den Voluntarios gehört. Auf der Onkologie ist es Pflicht beim Betreten fast aller Räume einen Mundschutz zu tragen, da die Kinder vor Bakterien geschützt werden müssen. Meine Arbeit auf dieser Station war voller neuer Erfahrungen. Ich hatte sehr viel Respekt vor den Voluntarios, aber auch vor den Ärzten und Krankenschwestern, die täglich mit dem Leid auf dieser Station konfrontiert werden. Alicia sagte mir, dass die Freiwilligenarbeit auf dieser Station eine ganz besondere sei. Viele Kinder sind schon seit Monaten oder Jahren erkrankt. Nicht selten kommt es vor, dass ein Patient stirbt. Daher spielt auf der Onkologie der sensible Umgang mit den Familien die größte Rolle. Mir fiel auf, dass sich in den Gesichtern der Eltern oftmals die Sorgen um ihre Kleinen abzeichneten. Während meiner ersten Arbeitstage auf der Station habe ich vermehrt den Umgang der anderen Voluntarios mit den Familien beobachtet. Auch mir fiel es nicht leicht die kranken Kinder und ihre besorgten Eltern zu sehen. Einige Male bin ich nach Hause gefahren und hatte Schwierigkeiten die Bilder meines Arbeitstages loszulassen. Die Trennung zwischen Beruf und Privatleben ist in der Profession des Sozialarbeiters erforderlich. Daher war es ein großer Lerneffekt für mich, mir bewusst zu machen, dass ich den Familien durch meine Arbeit ein wenig helfen konnte und dass es gleichzeitig genauso wichtig ist, nach einem Praktikumstag die Arbeit hinter sich zu lassen. Zu besonderen Tagen, wie zum Beispiel dem Tag des Kindes oder dem Tag des Tieres, gestalteten die Voluntarios stets ein spezielles Programm. Zum Tag des Tieres fand ein Malwettbewerb statt. Außerdem wurden Tierfilme im Kino der Voluntarios gezeigt. Am Tag des Kindes haben wir Tierkostüme (Winniepooh, Pluto, Hello Kitty, einen Esel, Tabaluga usw.) bei einem Kostümverleih entliehen. Bunt kostümiert haben wir alle Kinder im Krankenhaus besucht und ihnen ein Lächeln ins Gesicht gezaubert. Am 43. Geburtstag des Cuerpo de los Voluntarios wurden Kakao und süße Plätzchen für alle Familien verteilt. Hierzu wurden alle Voluntarios gebeten Kakao und Plätzchen oder einen Kuchen mitzubringen. Alle Kinder bekamen ein Geschenk. Auch zu Feiertagen, wie dem Tag der Flagge oder dem Vatertag wurden spezielle Bastelprojekte angeboten. In meiner letzten Praktikumswoche habe ich eine Mutter kennen gelernt, die Sozialarbeiterin ist. Sie arbeitet beim Ministerium für Soziales in Córdoba. Mit ihr habe ich über die Profession des Sozialarbeiters gesprochen. Sie war sehr überrascht, dass es den Studiengang „Soziale Arbeit“ auch in Deutschland gibt und wollte wissen, ob wir denn überhaupt soziale Probleme haben, da Deutschland schließlich ein erste Welt Land sei. Sie reagierte noch erstaunter, als ich ihr die verschiedenen Arbeitsfelder eines Sozialarbeiters in Deutschland vorstellte. Wir haben beide festgestellt, dass es viele Parallelen und identische Arbeitsfelder zwischen der Sozialen Arbeit Deutschlands und Argentiniens gibt. Darüber hinaus berichtete mir die Mutter von verschiedenen neuen Projekten des Ministeriums für Soziales in Córdoba. Sie sagte, dass es für mich jederzeit möglich wäre, ein Praktikum dort zu machen. Ich war ein wenig traurig, dass ich ihr Angebot nicht annehmen konnte, da ich bereits einige Tage später Córdoba verlassen habe. Der Cuerpo de Voluntarios ist auf Spenden angewiesen. Viele Familien spenden Kleidung, Plüschtiere oder Spielzeuge. Während meiner Praktikumszeit erhielt die Organisation eine große Spende bestehend aus Lebensmitteln und Windeln von dem Fußballverein Talleres aus Córdoba. Für jede Familie haben wir eine Lebensmitteltüte gepackt und im Krankenhaus verteilt. Außerdem finden häufiger Veranstaltungen statt, deren Erlös der Einrichtung zu Gute kommt. Im Mai fand im Theater in Córdoba eine Tangoshow statt. Ein Großteil des Eintrittsgeldes erhielt der Cuerpo de los Voluntarios. Insgesamt war das Praktikum im Kinderkrankenhaus Córdoba eine große Bereicherung für mich. Es hat mir viel Freude bereitet mich mit den Kindern zu beschäftigen und mit den Eltern zu sprechen. Durch mein Praktikum habe ich viele verschiedene Menschen kennen gelernt und gleichzeitig neue Eindrücke über das Land und seine Menschen sammeln können. Ein positiver Nebeneffekt ist, dass sich durch mein Praktikum mein Spanisch deutlich verbessert hat. Meine Arbeitskolleginnen und ich Beurteilung meiner Organisation Pasantias Als ich mich dazu entschieden habe ein Semester im Ausland zu verbringen, habe ich zunächst Angebote bei verschiedenen Organisationen eingeholt. Mir war es wichtig einen Ansprechpartner im Ausland zu haben. Die Organisation Pasantias hat auf mich einen seriösen Eindruck gemacht und auch das Preisleistungsverhältnis erschien mir gerechtfertigt. Als positiv bewerte ich auch den Abholservice vom Flughafen. In Argentinien angekommen, wurde mir direkt das Gefühl vermittelt herzlich aufgenommen zu sein. Sara, eine Angestellte von Pasantias, erklärte mir die wichtigsten Sachen und sagte mir, dass ich mit allen Fragen oder Problemen zu ihr kommen könnte. Obwohl die Unterkunft sehr schön war, fand ich es schade nur mit Deutschen, Österreichern und Schweizern zusammen zu wohnen. Ich wollte schließlich so viel wie möglich meine Sprachkenntnisse verbessern. Hier hätte ich es besser gefunden, wenn Pasantias mich auf meine vorherige Nachfrage direkt darauf hingewiesen hätte, dass sich im Freiwilligenhaus während meines Aufenthalts keine spanisch- oder englischsprachigen Teilnehmer befinden. Vermutlich hätte ich mich dann für eine Studenten-WG mit Einheimischen entschieden. Auch den Sprachkurs bewerte ich als positiv. Durch die verschiedenen Einstufungen (Anfänger, Mittelstufe, Fortgeschrittene) hatten alle Teilnehmer die Möglichkeit auf der für sie am besten geeigneten Leistungsstufe zu beginnen. Für Teilnehmer, deren Sprachkenntnisse sich zwischen den einzelnen Leistungsstufen befanden, bot Pasantias Einzelunterricht an. Für mich war der Sprachkurs sehr effektiv und ich habe innerhalb eines Monats viel lernen können. Pasantias war immer bemüht unsere Wünsche und Vorstellungen zu realisieren und gab Hilfestellungen und Ratschläge bei der Auswahl des Praktikums. Allerdings stellte sich die Realisierung des Wunsches nach einem Praktikums- oder Wohnortwechsel bei einigen Teilnehmern als schwierig heraus. Einige waren sehr unzufrieden mit ihren Praktika und so baten sie Pasantias ein neues Praktikum zu finden. Diese Leistung kostet 50,00 EUR. Die Teilnehmer mussten jedoch bis zu drei Wochen warten und erst nach mehrmaligen Nachfragen wurde Pasantias aktiv. Ich kann nicht beurteilen warum so viele Deutsche unzufrieden mit ihren Praktika waren, da ich die Einrichtungen nicht persönlich kennen gelernt habe. Oftmals kommt es auch auf einen selber an, was man aus dem Auslandsaufenthalt/Praktikum macht. Sicherlich sind einige an mangelnden Sprachkenntnissen gescheitert. Insgesamt bewerte ich die Organisation Pasantias positiv. Sowohl mit dem Sprachkurs, als auch mit meinem Praktikum war ich zufrieden. Für mich war es sehr wichtig, da es sich um meinen ersten Auslandsaufenthalt handelte, einen Ansprechpartner vor Ort zu haben. Diesen habe ich in Pasantias gefunden. Ich habe mir später eine private Spanischlehrerin gesucht, in der ich außerdem eine gute Freundin gefunden habe. Wenn ich noch einen weiteren Auslandsaufenthalt planen würde, würde ich mir selber ein Praktikum und eine Unterkunft vor Ort suchen. Denn nun spreche ich ausreichend Spanisch und habe durch mein Auslandssemester an Erfahrungen und Selbstsicherheit dazu gewonnen. Meine Reise durch Argentinien In Argentinien habe ich die Zeit nicht nur genutzt um die Soziale Arbeit kennen zu lernen, sondern auch das Land seine Kultur und die Einwohner kennen zu lernen. Aus diesem Grund habe ich die letzten Wochen meines Argentinien Aufenthaltes zum Reisen genutzt. Zunächst bin ich mit einer anderen Deutschen, die ebenfalls an meinem Austausch Programm teilnahm nach Bolivien gereist. Dort haben wir Potosí, die höchstgelegene Stadt der Welt besucht. Der Weg führte uns weiter nach La Paz. Ausblick auf La Paz Von dort aus kann man viele Ausflüge machen. Zum Beispiel nach Tiahuanaco: Statue in Tiahuanaco Anschließend haben wir einige Tage in Copacabana am Titicacasee verbracht. Der Anblick des saphirblauen Titicacasees ist unbeschreiblich schön. Besonders gut gefallen hat mir der Ausflug vom kleinen Hafen Copacabanas zur Isla del Sol (Sonneninsel). Wir haben eine geführte Wanderung gemacht, um etwas über die Kultur und Geschichte der Inca zu erfahren. Von der Insel aus hat man einen traumhaften Ausblick auf den See. Im Hintergrund konnten wir schneebedeckte Berge entdecken. Ausblick auf den Titicacasee von der Isla del Sol Auch in Puno in Peru haben wir zwei Tage verbracht. Es war ein Erlebnis das Endspiel der Fußball-EM Deutschland gegen Spanien in einer peruanischen Rockkneipe zu sehen. Danach sind wir zurück nach Buenos Aires geflogen. Dort habe ich mich mit einer Freundin aus Deutschland getroffen. Buenos Aires ist eine total aufregende Stadt und es gibt eine Menge toller Dinge zu entdecken. Da wir nur einige Tage Zeit hatten, haben wir uns auf die wichtigsten Sehenswürdigkeiten und Aktivitäten beschränkt. Aber ich bin sicher, dass ich bei meiner nächsten Argentinien Reise noch mal einige Zeit dort verbringen werde. Der Obelisk in Buenos Aires B Bunte Häuser in La Boca Unbeschreiblich sind auch die Iguazú Wasserfälle. Diese liegen am Dreiländereck Argentinien-Brasilien-Paraguay. Am ersten Tag haben wir die Wasserfälle von der brasilianischen Seite aus besichtigt. Von hier aus hat man einen wundervollen Panoramablick auf die kompletten Wasserfälle. Auf der argentinischen Seite hat der Besuch die Möglichkeit bis auf einige Meter an die Wasserfälle heranzutreten. Mit dem Speedboot einmal darunter fahren ist eine unvergessliche Dusche. Ausblick auf die Iguazu Wasserfälle Weiter ging unsere Reise mit einem kleinen Zwischenstopp nach Salta. Die Stadt liegt im Süden von Argentinien. Die Atmosphäre ist sehr gemütlich und es gibt viele wunderschöne Bauwerke zu besichtigen. Darüber hinaus kann man von Salta aus viele Ausflüge machen. Kirche in Salta Der Parque Nacional de los Cardones liegt ebenfalls in der Nähe von Salta. Er verdankt seinen Namen den unzähligen meterhohen Kakteen. Anschließend waren wir in Humahuaca ein traumhafter kleiner Ort, in dem die schneeweissen Häuser im Kontrast zu dem tiefblauen wolkenfreien Himmel, fast schon etwas märchenhaftes hatten. Nach zwei Tagen ging es weiter nach Purmamarca, das für seinen sieben Farben Berg berühmt ist. Sieben Farben Berg Außerdem haben wir von dort aus einen Ausflug zu den Salinas Grandes, einem Salzsee gemacht. Salinas Grandes In Catamarca haben wir das Poncho Festival besucht. Poncho Festival In besonderer Erinnerung bleiben mir die Ausflüge zum Parque Nacional Talampaya, den man bequem von dem Dorf Pagancillo erreichen kann. Die Natur des Parkes ist umwerfend und extrem vielseitig. Kaum zu glauben was es in Argentinien alles zu entdecken gibt. Der Parque Nacional Talampaya Die letzte Station war Córdoba, meine alte „Heimat“. Hier musste ich mich von allen lieb gewonnenen Menschen verabschieden, was mir alles andere als leicht fiel. Aber ich bin sicher, dass ich eines Tages hierher zurückkehren werde. Córdoba Zentrum Die fünf Monate, die ich in Argentinien verbringen durfte, waren die beeindruckendsten und prägendsten meines Lebens. Ich bin sehr froh, dass ich mich vergangenen Herbst dazu entschieden habe ins Ausland zu gehen. Jetzt, wieder zurück in Deutschland, blicke ich zurück auf eine wunderschöne Zeit in der ich ein Land und seine Bewohner kennen lernen durfte. Ich bin eingetaucht in eine ganz andere Kultur, habe viele neue Freunde gefunden und weiß nun wie das beste Steak der Welt schmeckt. Fast alle Argentinier, die ich kennen lernte waren offen, hilfsbereit und unwahrscheinlich freundlich. Es ist ein traumhaftes Land und eines Tages werde ich zurückkehren. Ich kann nur jedem der die Möglichkeit für einen längeren Zeitraum ins Ausland zu gehen hat, diese auch zu nutzen. Ich denke, dass es weniger wichtig ist, in welchem Land dieser Welt man seinen Aufenthalt verbringt, denn überall kann und wird man neue spannende Erfahrungen sammeln an die man sich sein Leben lang erinnern wird.