Abschlussklausur Verwaltungsrecht I
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Abschlussklausur Verwaltungsrecht I
Abschlussklausur Verwaltungsrecht I Besprechung Vorüberlegungen • Sachverhalt lesen • Wonach ist gefragt? • Wo liegen die Schwerpunkte des Falls? • Argumente der Parteien ordnen. Abgedruckte RechtsvorschriCen sind für die Fallbearbeitung relevant, müssen also "eingebaut" werden. • Zeitmanagement, aber den Sachverhalt noch einmal in Ruhe lesen! Die Klage des S hat Aussicht auf Erfolg, wenn sie zulässig und begründet ist. A. Zulässigkeit der Klage 1. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs Mangels aufdrängender Sonderzuweisung sind die Voraussetzungen der Generalklausel gemäß § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO zu prüfen. Danach müsste eine öffentlich‐rechtliche StreiXgkeit nichtverfassungsrechtlicher Art vorliegen. Als streitentscheidende Normen kommt hier § 45 Abs. 1 StVO in Betracht. Hierdurch wird ein Hoheitsträger einseiXg berechXgt und verpflichtet. Die VorschriC ist damit dem öffentlichen Recht zuzuordnen. Da die StreiXgkeit auch nichtverfassungs‐ rechtlicher Art ist und keine abdrängende Sonderzuweisung in Betracht kommt, ist der Verwaltungsrechtsweg gemäß § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO eröffnet. 2. Sta^haCe Klageart • Die sta^haCe Klageart richtet sich nach dem Klagebegehren, wie sich aus dem Rechtsgedanken des § 88 VwGO ergibt. • Vorliegend möchte S gegen die Anordnung des Gemeinsamen Geh‐ und Radweges (Zeichen 240), mithin die Radwegebenutzungspflicht, vorgehen. In Betracht kommt eine Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 1. Alt. VwGO. Dann müsste S die Aubebung eines belastenden Verwaltungsaktes begehren. • Fraglich ist, ob es sich bei dem Verkehrszeichen 240 um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 35 VwVfG NRW handelt. Ein Verkehrszeichen stellt eine Maßnahme einer Behörde auf dem Gebiet des Öffentlichen Rechts dar, das Gebote oder Verbote beinhaltet und somit auf die Herbeiführung einer Rechtsfolge ge‐ richtet ist. Insoweit liegen die Merkmale eines Verwaltungsakts (§ 35 S. 1 VwVfG) vor. Sta^haCe Klageart • Fraglich ist allerdings, ob ein Verkehrszeichen auch zur Regelung eines Einzelfalls besXmmt ist, da sich Verkehrsschilder in der Regel an eine unbesXmmte Vielzahl von Personen richten, also keine konkret‐individuelle Regelung darstellen. • Nach gefesXgter Rechtsprechung handelt es sich bei Verkehrsschildern jedoch um Dauerverwaltungsakte in der Form von Allgemeinverfügungen gemäß § 35 S. 2 VwVfG NRW, denn sie regeln eine konkrete örtliche VerkehrssituaXon für die Allgemeinheit. Folglich ist die Anfechtungsklage sta^haCe Klageart. 3. Klagebefugnis • S müsste klagebefugt sein, § 42 Abs. 2 VwGO. Das bestreitet die Behörde mit dem Hinweis auf den Ausschluss der Popularklage. Zwar kann nicht jede Person ein Verkehrszeichen gerichtlich angreifen. Die Klagebefugnis ist aber zu bejahen, wenn es das Vorbringen des Klägers zumindest als möglich erscheinen lässt, dass die angefochtene Maßnahme eigene Rechte des S verletzt. Eine besondere Be‐ troffenheit kann wegen der RechtsschutzgaranXe des Art. 19 Abs. 4 GG nicht verlangt werden. • • Verkehrszeichen typisieren für eine konkrete örtliche VerkehrssituaXon die Anordnungen, die ein vor Ort anwesender Polizeivollzugsbeamter typischerweise gegenüber jedem in die konkrete örtliche VerkehrssituaXon geratenen Verkehrs‐ teilnehmer treffen würde. Da S den Weg bereits mehrfach genutzt hat und somit in die konkrete örtliche VerkehrssituaXon geraten ist, für die die Radwegbenutzungs‐ pflicht gilt, kommt eine Verletzung subjekXver Rechte in Betracht. Als Adressat eines belastenden Verwaltungsakts ist S somit klagebefugt. 4. Vorverfahren und Klagefrist • Ein Vorverfahren ist abweichend von § 68 Abs. 1 S. 1 VwGO nach § 110 Abs. 1 JusXzgesetz NRW entbehrlich. Fraglich ist jedoch, ob S die Klagefrist gemäß § 74 Abs. 1 VwGO eingehalten hat. Diese Frist beträgt nach § 74 Abs. 1 S. 2 VwGO einen Monat nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts. In Ermangelung einer Rechts‐ mi^elbelehrung verlängert sich vorliegend die Frist nach § 58 Abs. 2 VwGO auf ein Jahr. • Zu prüfen ist, wann die Anfechtungsfrist zu laufen beginnt. Maßgeblich für den Fristbeginn ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Bekanntgabe. Danach beginnt die Frist zu laufen, sobald der Verwaltungsakt – hier das Verkehrszeichen – dem Betroffenen bekannt gegeben ist, § 41 Abs. 1 S. 1 VwVfG NRW. Die Bekanntgabe des Verkehrszeichens erfolgt nach den bundesrechtlichen VorschriCen der Straßen‐ verkehrsordnung durch das Aufstellen des Verkehrsschildes (§§ 39 Abs. 1, 45 Abs. 4 StVO). Vorliegend sind die Verkehrszeichen am 1.10.2010 aufgestellt und damit öffentlich bekanntgegeben (§ 41 Abs. 3 S. 2 VwVfG NRW) worden. Klagefrist • Richtet sich der Fristbeginn nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe, wäre die am 3.4.2012 erhobene Anfechtungsklage des S verfristet. Das Verkehrszeichen ist formell bestandskräCig. • Kommt es demgegenüber für den Fristbeginn auf den Zeitpunkt der erstmaligen Betroffenheit des einzelnen Verkehrsteilnehmers an, dann ist zu fragen, wann S den Geh‐ und Radweg das erste Mal benutzt hat. Laut Sachverhalt war das Mi^e Mai 2011. Stellt man auf diesen Zeitpunkt ab, wäre die Jahresfrist eingehalten und die Anfechtungsklage des S nicht verfristet. • Es ist umstri^en, ob die Anfechtungsfrist mit der öffentlichen Bekanntgabe durch das Aufstellen des Verkehrsschildes oder ab erstmaliger Betroffenheit des Verkehrsteilnehmers zu laufen beginnt. Klagefrist • Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts äußern Verkehrsschilder ihre Rechtswirkung gegenüber jedem von der Regelung betroffenen Verkehrs‐ teilnehmer, gleichgülXg, ob er das Verkehrszeichen tatsächlich wahrnimmt oder nicht, wenn sie so aufgestellt sind, dass sie ein durchschni^licher KraCfahrer bei Einhaltung der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt schon mit einem raschen und beiläufigen Blick erfassen kann (BVerwGE 102, 316/318). • Die Anfechtungsfrist soll aber erst dann ausgelöst werden, wenn sich der Verkehrsteilnehmer erstmals der Regelung des Verkehrszeichens gegenübersieht, was jedoch nicht die subjekXve Kenntnisnahme voraussetze (zuletzt BVerwG, NJW 2011, 246). Begründet wird dies mit der RechtsweggaranXe des Art. 19 Abs. 4 GG, die es verbietet, den Rechtsschutz in unzumutbarer, durch Sachgründe nicht zu rechoerXgender Weise zu erschweren. Liefe die Anfechtungsfrist für jedermann schon mit dem Aufstellen des Verkehrsschildes, könne ein Verkehrsteilnehmer, der erstmals mehr als ein Jahr später mit dem Verkehrszeichen konfronXert werden, keinen Rechtsschutz erlangen. Denn bis zu diesem Zeitpunkt sei er in Ermangelung individueller Betroffenheit (§ 42 Abs. 2 VwGO) an der Einlegung eines Rechtsbe‐ helfs gehindert, danach würde ihm der Ablauf der einjährigen Anfechtungs‐ frist entgegengehalten. Klagefrist • Nach anderer Ansicht, der sich vorliegend auch die Behörde anzuschließen scheint, beginnt die Frist mit dem Aufstellen des Verkehrszeichens zu laufen, unabhängig davon, ob der einzelne Verkehrsteilnehmer davon betroffen ist oder nicht (sta^ vieler Ehlers, JZ 2011, 155/157). Dem stehe auch die RechtsweggaranXe des Art. 19 Abs. 4 GG nicht entgegen, da es auch gegen bestandskräCig gewordene Verwaltungsakte nachträglich noch hinreichenden Rechtsschutz gebe. Ist die Anfechtungsfrist abgelaufen und der Verwaltungsakt bestandskräCig geworden, stehe es dem Verkehrsteilnehmer offen, einen Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 VwVfG zu stellen. Sind die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 VwVfG erfüllt, muss die Behörde, außerhalb des Anwendungsbereichs der VorschriC kann die Behörde den Verwaltungsakt nach § 48 Abs. 1 VwVfG zurücknehmen, sollte er sich als rechtswidrig erweisen. Klagefrist • Da die Auffassungen im vorliegenden Fall zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, ist eine Streitentscheidung notwendig. Der zuletzt genannten Ansicht ist entgegenzuhalten, dass das Rechtsschutzdefizit für S durch die Möglichkeit des an besondere Voraussetzungen gebundene Wiederaufgreifen des Verfahrens nicht in verfassungsrechtlich gebotener Weise ausgeglichen werden kann (BVerfGK, NJW 2009, 3642). An der gegenteiligen Auffassung hält der VGH Baden‐Wür^emberg nicht mehr fest (VGH BW, Urt. v. 10.2.2011, BeckRS 2011, 48636). • Der Zeitpunkt der inneren Wirksamkeit einer Regelung des Verwaltungsakts muss mit dem Zeitpunkt der äußeren Wirksamkeit nicht zusammenfallen. Es ist unbestri^en, dass ein Verwaltungsakt, der sich an verschiedene Personen richtet, für die einzelnen Adressaten jeweils zu dem Zeitpunkt – und damit zu unterschied‐ lichen Zeitpunkten – rechtswirksam wird, da sie ihnen bekanntgegeben werden, vgl. Maurer, in: FS Schenke 2011, S. 1013/1022. Da S laut Sachverhalt erstmals Anfang Mai 2011 auf das Verkehrszeichen 240 traf, begann die einjährige An‐ fechtungsfrist nach § 74 VwGO iVm § 58 Abs. 2 VwGO erst ab diesem Zeitpunkt zu laufen. Demnach ist die Klagefrist gewahrt. B. Begründetheit der Klage • Die Anfechtungsklage ist begründet, soweit die Anordnung vom 10.1.2010 rechtswidrig (1.) und S dadurch in seinen Rechten verletzt ist (2.), § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO. 1. Rechtswidrigkeit des Verkehrszeichens • Rechtswidrig ist der Verwaltungsakt, wenn er auf keine ausreichende ErmächXgungsgrundlage gestützt werden kann (a), sich als formell rechtswidrig darstellt (b) oder materiell rechtswidrig (c) ist. a) ErmächXgungsgrundlage • ErmächXgungsgrundlage für das Aufstellen des Verkehrsschildes durch die Behörde ist § 45 Abs. 1 StVO. Hiernach können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung besXmmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr um‐ leiten. Wenn die jeweilige Fahrtrichtung mit dem Zeichen 240 (Gemeinsamer Geh‐ und Radweg) gekennzeichnet ist, besteht eine Benutzungspflicht der Radwege. • Die VorschriC müsste als Rechtsverordnung und somit untergesetzliche Norm auf ein formell verfassungsmäßiges Gesetz zurückzuführen sein und den Rahmen der sich daraus ergebenden ErmächXgung wahren. ErmächXgungsgrundlage für den Erlass der StVO ist § 6 Abs. 1 Nr. 3 StVG, an dessen formeller und materieller Verfassungsmäigkeit keine Zweifel bestehen. Auch ist nicht ersichtlich, dass die Norm des § 45 Abs. 1 S. 1 StVO den Rahmen der ErmächXgung des § 6 Abs. 1 Nr. 3 StVG überschreitet. Insofern liegt eine taugliche Ermächtgungs‐ grundlage vor. b) Formelle Rechtmäßigkeit • An der formellen Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen mangels gegenteiliger Angaben im Sachverhalt keine Zweifel. • Insbesondere die Anhörung ist nach § 28 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG NRW bei Allgemeinverfügungen wie im vorliegenden Fall entbehrlich. Auch die Begründung ist nach § 39 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG NRW entbehrlich. Das Aufstellen des Verkehrs‐ schildes ist daher formell rechtmäßig. c) Materielle Rechtmäßigkeit • Fraglich ist jedoch, ob die Maßnahme auch materiell rechtmäßig ist. Dafür müssten die Tatbestandsvoraussetzungen des § 45 Abs. 1 StVO erfüllt sein (aa) und die Behörde ihr Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt haben (bb). aa) Tatbestandsvoraussetzungen • Die Behörde darf nach § 45 Abs. 1 StVO die Benutzung der B‐Straße aus Gründen der Verkehrsicherheit beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Fraglich ist, ob die Anordnung einer Radwegbenutzungspflicht durch das Verkehrszeichen 240 der Sicherheit des Verkehrs dient. aa) Tatbestandsvoraussetzungen • Unter das Schutzgut der Sicherheit des Verkehrs fallen das Leben und die Gesundheit von Verkehrsteilnehmern. Zwar hat es bislang keinen Unfall auf der B‐Straße gegeben. Für Maßnahmen nach § 45 Abs. 1 S. 1 StVO reicht jedoch eine Gefährdung von Verkehrsteilnehmern wohl aus. Zwar handelt es sich bei der B‐ Straße um eine kurvenarme und mäßig befahrene Straße. Aber die Straße führt laut Sachverhalt durch ein relaXv dicht besiedeltes Wohngebiet, an dessen Grenze sich auch EinzelhandelsgeschäCe, gastronomische Betriebe und eine Schule befin‐ den. Eine besondere Gefahrenlage fordert § 45 Abs. 1 StVO – anders als § 45 Abs. 9 S. 2 StVO – nicht. Die Behörde kann zur Enolechtung und Entmischung des Fahrzeugverkehrs ohne Vorliegen einer qualifizierten Gefahrenslage eine Benutzungspflicht des Geh‐ und Radwegs neben der B‐Straße anordnen. • Das Verkehrszeichen 240 enthält kein Verbot der Benutzung der Straße, wohl aber einen Ausschluss der Fahrradfahrer von der Benutzung der Fahrbahn und damit eine Beschränkung der allgemeinen Regel, wonach Fahrzeuge, zu denen auch Fahrräder zählen, die Fahrbahn benutzen müssen. Eine Beschränkung des Verkehrs liegt damit vor. Anhaltspunkte dafür, dass die Verkehrsbeschränkung durch das Verkehrszeichen 240 nicht angeordnet werden dürCe, sind ersichtlich. bb) Rechtsfolge • § 45 Abs. 1 StVO räumt der Behörde Ermessen ein. Fraglich ist, ob die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen in rechtmäßiger Weise Gebrauch gemacht hat. Dafür müsste insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als Grenze der Ermessensausübung beachtet worden sein. • Die Anordnung der Radwegbenutzungspflicht müsste zunächst für die Erreichung des Ziels, die Sicherheit des Verkehrs zu erhöhen, ein geeignetes Mi^el sein. Zwar ließe sich einwenden, das es aufgrund der „Verengung“ des Geh‐ und Radwegs auf Höhe der H‐Straße zu „Beinahe‐Unfällen“ mit Fußgängern gekommen ist. Das betrifft jedoch nicht die Gefahrenlage auf der Fahrbahn und den hiermit begründeten Schutz der Radfahrer als besonders gering geschützten Verkehrsteilnehmern. bb) Rechtsfolge: Verhältnismäßigkeit? • Ein milderes Mi^el könnte allenfalls darin gesehen werden, für den Strecken‐ abschni^ auf der Höhe der H‐Straße von einer Radwegbenutzungspflicht abzu‐ sehen, um Radfahrer nicht dem Risiko eines Unfalls mit Fußgängern auszusetzen. Von Radfahrern kann jedoch, wie von jedem anderen Verkehrsteilnehmer auch, eine Rücksichtnahme gegenüber anderen Nutzern im Straßenverkehr erwartet werden. Ein Recht auf Nutzung der Fahrbahn besteht demgegenüber nicht. Die Verkehrsbeschränkung stellt sich somit als erforderliche Maßnahme dar. • Die Anordnung des Verkehrsschildes ist auch angemessen. Dabei ist zu beachten, dass die Rechtsordnung ein Recht auf rasches Fortkommen oder ein auf Art. 2 Abs. 1 GG gestütztes Recht auf Mobilität, das in der Abwägung zu berücksichXgen wäre, nicht kennt. Das gilt für den Gebrauch von KraCfahrzeugen, muss aber auch für Radfahrer gelten. Dem S ist ein Abbremsen auf Höhe der H‐Straße prinzipiell und insbesondere, soweit sich Fußgänger auf dem gemeinsamen Geh‐ und Radweg befinden, zuzumuten. Das gilt auch für „Behinderungen“ durch langsam fahrende Radfahrer, die sich nicht überholen lassen. Anhaltspunkte dafür, dass die Ver‐ engung des Rad‐ und Fußwegs gegen RechtsvorschriCen verstößt, sind dem Sachverhalt nicht zu entnehmen. Zwischenergebnis • Im Ergebnis ist ein Ermessensfehler nicht ersichtlich. Insbesondere die Verhältnismäßigkeit der Anordnung der Radwegbenutzungspflicht ist gewahrt. • Somit stellt sich die Anordnung vom 1.10.2010, den Weg parallel zur B‐Straße als gemeinsamen Geh‐ und Radweg zu beschildern, als materiell rechtmäßig dar. 2. Rechtsverletzung • Die Anordnung vom 1.10.2010 ist rechtmäßig. Deshalb kann die Frage offen bleiben, inwieweit S durch das Aufstellen des Verkehrszeichens 240 in eigenen Rechten verletzt ist. C. Ergebnis Die Klage des S ist zulässig, aber unbegründet und wird deshalb keinen Erfolg haben. • Für die Bewertung der Klausur war maßgeblich, dass etwa 50% der Klausur die Frage nach der Klageart (Vorliegen eines Verwaltungsakts) und der Klagefrist (Anfechtungsfrist) betreffen. Das ist in der Vorlesung mehrfach und ausführlich behandelt worden. Hausarbeit Verwaltungsrecht I Besprechung Rückforderung der 250.000 Euro I. Rückforderung 1. ErmächXgungsgrundlage: § 49a Abs. 1 VwVfG 2. Formelle Rechtmäßigkeit a) SchriCform b) örtliche und sachliche Zuständigkeit 3. Materielle Rechtmäßigkeit: Wegfall des Rechtsgrundes? II. Au1ebung des Bewilligungsbescheids Aubebung des Bewilligungsbescheids 1. ErmächXgungsgrundlage: § 48 Abs. 1 VwVfG 2. Formelle Rechtmäßigkeit der Aubebung a) Anhörung, § 28 Abs. 1 VwVfG b) Begründung, § 39 Abs. 1 VwVfG 3. Materielle Rechtmäßigkeit der Aubebung a) Verwaltungsakt b) Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheids aa) § 35 S. 1 VwVfG bb) Keine NichXgkeit des Bewilligungsbescheids Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheids 1. Rechtsgrundlage a) Gesetzesvorbehalt b) auch im SubvenXonsrecht? 2. Materielle Unionsrechtswidrigkeit der Bewilligung a) Begüns9gung? b) aus staatlichen Mi>eln? aa) besXmmender Einfluss des Staates, vgl. EuGH Rs. C‐379/98 PreußenElektra, aa) EuGH Rs. 280/00 Altmark Trans, Slg 2003, I‐7747 Rn. 87 ff. bb) wirtschaClicher Vorteil (+) Slg. 2001, I‐2099. bb) private Spenden, deshalb (‐) c) Zwischenergebnis: Keine Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV, deshalb ist der Bewilligungsbescheid nicht materiell unionsrechtswidrig Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheids 1. Rechtsgrundlage Gesetzesvorbehalt im SubvenXonsrecht? 2. Materielle Unionsrechtswidrigkeit der Bewilligung? wirtschaClicher Vorteil, aus staatlichen Mi^eln? 3. Formelle Unionsrechtswidrigkeit der Bewilligung? a) bestandskräCige Entscheidung der Kommission nach Art. 108 Abs. 2 AEUV? b) Rechtswidrigkeit, aber Wirksamkeit des Beschlusses 4. Materielle Rechtswidrigkeit aus anderen Gründen ÜberkompensaXon, weil B mehr als nach der Satzung "erforderliche" Hilfen erhält. Rückforderung • Rückforderung nach § 49a Abs. 1 VwVfG • Aubebung des Bewilligungsbescheids nach § 48 Abs. 1 VwVfG 1. ErmächXgungsgrundlage 2. Formelle Rechtmäßigkeit der Aubebung 3. Materielle Rechtmäßigkeit der Aubebung a) Verwaltungsakt b) Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheids c) Vertrauensschutz nach § 48 Abs. 2 VwVfG aa) Vertrauen bb) Schutzwürdigkeit? Vertrauensschutz nach § 48 Abs. 2 VwVfG 1. Schutzwürdigkeit a) Ausgeschlossen ist Vertrauensschutz bei Kenntnis oder grober Fahrlässigkeit der Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheids, § 48 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 VwVfG. Hier NoXfizierungspflicht? b) Abwägung nach § 48 Abs. 2 S. 1 VwVfG mit der Frage, ob das öffentliche Rücknahme‐ interesse das private Vertrauensschutzinteresse überwiegt. Das ist wegen des EffekXvitäts‐ prinzips (Art. 4 Abs. 3 EUV) zu bejahen. Trifft die Kommission auf der Grundlage des Art. 108 Abs. 2 AEUV einen Beschluss über die Rückforderung, so beschränkt sich die Rolle naXonalen Rechts auf die Ausführung dieses Beschlusses. Das gilt auch dann, wenn der Beschluss rechtswidrig, aber wirksam ist. 2. Rücknahmefrist nach § 48 Abs. 4 VwVfG Bewilligungsbescheid ist auch nach einem möglichen Ablauf der Frist zurückzunehmen, wenn die Kommission einen wirksamen Beschluss zur Rückforderung getroffen hat. Fristenregelung bleibt wegen des Vorrangs des Unionsrechts unangewendet. 3. Rechtsfolge: Ermessen Rechtsfolge: Ermessen • § 48 Abs. 1 VwVfG Nach § 40 VwVfG ist das Ermessen entsprechend dem Zweck der ErmächXgung auszuüben und es sind die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Kontrolliert werden Ermessensfehler. • Ermessensausfall? Hier Ermessensreduzierung auf Null. Die Annahme des B, aufgrund der Bindung an den Kommissionsbeschluss zur Aubebung des Bewilligungsbescheids gezwungen zu sein, ist nicht fehlerhaC, weil keine andere Entscheidung rechtmäßig gewesen ist. • Teilaubebung von 50.000 Euro? Auf den Verbrauch der übrigen 200.000 Euro kann sich die U‐GmbH nicht berufen, da Vertrauensschutz zugunsten der U‐GmbH die Einhaltung der Verfahren unter Einbeziehung der Kommission voraussetzt. • Adressat des Beschlusses der Kommission ist zwar der Mitgliedstaat, also die Bundes‐ republik Deutschland. Zur Rückforderung ist jedoch auch diejenige Rechtsperson verpflichten, die nach der naXonalen Verfassungsordnung für die Umsetzung des Beschlusses zuständig ist. Dazu gehören nicht nur die Länder, sondern auch die Gemeinden, also G, vertreten durch B. Rückforderung • ErmächXgungsgrundlage: § 49a Abs. 1 VwVfG • Aubebung des Bewilligungsbescheids: § 48 Abs. 1 VwVfG • Kein Ausschluss der Rückforderung Der Einwand der Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) ist bei grober Fahrlässigkeit ausgeschlossen, ansonsten unionsrechtlich eingeschränkt. Kein Vertrauenschutz, weil nach § 49a Abs. 2 S. 2 VwVfG schon Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis der Umstände genügt, die zur Rücknahme geführt haben während sie bei § 48 VwVfG auf die Rechtswidrigkeit selbst zu beziehen sind, also eine rechtliche Bewertung erfolgt sein muss. • Ergebnis: 250.000 Euro dürfen zurückgefordert werden. Was ist der U‐GmbH zu raten? • Rechtsschutzziel • Nich9gkeitsklage nach Art. 263 Abs. 4 AEUV ‐ Zuständigkeit: EuG, vgl. Art. 256 AEUV iVm Art. 51 Satzung EuGH ‐ Klagegegenstand: Rechtsverbindlicher Beschluss der Kommission nach Art. 108 Abs. 2 UAbs. 1 AEUV ‐ RichXger Beklagter ist das Unionsorgan, das den angegriffenen Rechtsakt erlassen hat, also die Kommission ‐ Klagebefugnis nach Art. 263 Abs. 4 AEUV ist zu bejahen, da die U‐GmbH zwar nicht Adressat des Beschlusses der Kommission, aber durch diesen unmi^elbar und individuell betroffen ist. ‐ Klagegrund: NichXgkeitsgrund der Vertragsverletzung ‐ Frist: 2 Monate, vgl. Art. 263 Abs. 6 AEUV • Anfechtungsklage gegen Au1ebungsbescheid? Ist der Kommissionsbeschluss bestandskräCig, ist eine Inzidentkontrolle der Rechtmäßig‐ keit des Beschlusses im Verfahren vor dem VG ausgeschlossen. Eine Anfechtungsklage mit dem Hinweis auf eine Vorlage zum EuGH nach Art. 267 AEUV reicht nicht aus.