Liebe Leserinnen und Leser

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Liebe Leserinnen und Leser
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EDITORIAL
Liebe Leserinnen und Leser,
sakra, der „Mosi“ ist tot!
Erdrosselt durch Mörderhand.
Ich persönlich habe ihn ja zu
Lebzeiten immer ein wenig suspekt gefunden. Die Betonfrisur,
der Schnäuzer, die schicken
Klamotten, Yorkshire-Terrier
Daisy, das alberne Getue - der
Mann passte rein äußerlich so
gut auf die Straße wie ich auf
den Wiener Opernball.
Natürlich wussten wir, dass sich
Moshammer hin und wieder
beim Münchener Straßenmagazin „Biss“ blicken ließ und auch
den einen oder anderen Euro locker machte. Aber jetzt wissen
wir: Sein Einsatz ging weit über
das hinaus und war mehr als
aller Ehren wert. Ehrlich, das
Anzeige
hätte ich dem Moshammer,
Rudolph nicht zugetraut.
Wo die Ämter zehn Wochen
brauchen, um zwanzig Euro für
einen gebrauchten Schlafsack
raus zu rücken, griff „Mosi“
mal kurz in seine Schatulle und
das Problem war gelöst. Ganz
ohne Allüren, so hört man aus
der Obdachlosen-Szene in
München. Der Mann hatte, so
scheint’s, keine Angst, sich das
weiße Hemd dreckig zu machen. wenn er einem Bettler die
Hand gab. Na klar, manche
Spende konnte er vermutlich
von der Steuer absetzen. Aber
ihm deshalb Eigennutz unterstellen? Die vielen tausend
Euro, die er im Laufe der Zeit
den Bettlern der Stadt in den
Hut geworfen hat, akzeptiert
kein Finanzbeamter.
er sich arme Stricher ins Bett
holte. Und ihnen nicht 200 Euro
gab und nach Hause schickte.
Trotzdem war an „Mosi“ nicht
alles Gold was glänzte. Nicht,
dass er schwul war, danach
sollte heute kein Hahn mehr
krähen. Nein, mich stört, dass
Bis dänne, Ihr
Anzeige
Stadtwerke neu
siehe auf der CD „Stadtwerke“
Gerrit Hoekman
I N H A LT
Impressum
Herausgeber:
,,draußen!“ e.V.
Armut macht dumm
5
Was die neue PISA-Studie an Deutschland stört
Anschrift:
Overbergstr. 2
48145 Münster
Zahlemann und Söhne
Redaktion:
Tel.: 02 51 / 53 89 - 128
Fax: 02 51 / 53 89 - 129
Streetwork:
Sabrina Kipp
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Die Stadtwerke ziehen die Preise an
Kein Konto unter dieser Nummer
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Das neue Arbeitslosengeld II ist da
E-Mail-Adresse:
draussen-redaktion@t-online.de
„Mosi“ und die Obdachlosen
Internet:
www.muenster.org/draussen
Hier erfahren Sie die ganze Wahrheit
An dieser Ausgabe haben mitgearbeitet:
Lekker punken!
Heinz Dalmühle, Katharina
Grützmacher, Sebastian Henneke,
Gerrit Hoekman (V.i.S.d.P.), Sabrina
Kipp, Malte Koppe, Ralph Korte, Sigi
Nasner, Kristina Rzehak, Claudia
Siemens, Katrin Steiner, Dihia
Wegmann
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„draußen! interviewt „De Heideroosjes“
Vom Aussterben bedroht
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Ganztagsschule bringt Kinderhort in Bedrängnis
Fotos:
Archiv (ar), Heinz Dalmühle (hd),
Katharina Grützmacher (kg),
Sebastian Henneke (sh), Malte
Koppe (mk), Kristina Rzehak (kr),
Dihia Wegmann (dw)
Karikaturen:
Manü
Ausgestopft und zugenäht
Wie Tierpräparatoren so arbeiten
Singen und Gedichte schreiben
Layout:
Heinz Dalmühle
Wolfgang macht seit 15 Jahren in Münster Platte
Auflage:
7000
Café für Abgefahrene
Titel:
Ursula Zeidler
Druck:
Borgsmüller Druck
unterstützt durch:
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Sam Ragga Band gastiert im Gleis 22
Was tun gegen Besserwisser?
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So klappt’s mit den Kollegen
Siverdes-Stiftung
Bankverbindung:
Sparkasse Münster
Konto-Nr. 33 878
BLZ 400 501 50
Wir danken allen Spendern!
Hilfe von Mutter Natur
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Was Sie gegen Schnupfen tun können
Zu schade für den Aufschnitt
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Brot backen mit den lustigen Bäckerinnen von „draußen!“
draußen! 2/05
Arme Schweine!
Nun sind sie alle gefunden und vermutlich
längst geschlachtet - die Sparsäue, die der
Münsteraner Künstler Ruppe Koselleck vor
einem Vierteljahr im Stadtgebiet ausgesetzt
hatte, jedes gefüllt mit ca. 50 Euro.
Manche der Tiere waren schnell entdeckt,
andere standen über zwei Monate an ihrem
Platz. Erst vor zwei Wochen mussten die
letzten Schweine dran glauben. In Berg Fidel
und an der Uni hatten sie sich lange
verstecken können - jetzt kamen sie doch
noch unter den Hammer.
Die beiden letzten Sparwildsäue
kurz vorm Schlachten...
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ARMUTSZEUGNIS
PISA-Studie, zweiter Teil:
Armut macht dumm
Kaum hatte sich die Aufregung um die
erste PISA-Studie gelegt, da kam im
letzten Dezember der nächste Nackenschlag für die deutsche Bildungspolitik:
Das dreigliedrige Schulsystem verstärkt
Ist das bundesdeutsche
Schulsystem mit seinen drei
Säulen Hauptschule, Realschule und Gymnasium ein
Auslaufmodell, weil es soziale Ungleichheit verstärkt
anstatt zu mindern? Zieht
man die zweite PISA-Studie
heran, die Anfang Dezember
vorgestellt wurde, dann ist
die Antwort eindeutig: Ja!
Nur in Ungarn, Belgien und
Portugal haben Ausländerkinder und Kinder aus sozial
schwachen Familien schlechtere Bildungsaussichten, so
das Ergebnis der internationalen Studie. In keinem
anderen vergleichbaren Land
klafft die Schere zwischen
Arm und Reich, was die
Schulleistungen angeht, weiter auseinander als in der
Bundesrepublik. Und der
Abstand wächst und wächst.
„Bei gleicher Begabung haben Kinder reicher Familien
eine 5,7 mal größere Chance
als Kinder aus der unteren
Mittelschicht, das Gymnasium statt einer Realschule zu
besuchen“, rechnet das
Nachrichtenmagazin „Der
Spiegel“ vor. Mehr als jeder
fünfte 15-Jährige ist ein Risikoschüler. Das bedeutet:
Am Ende ihrer Schullaufbahn
können die Jugendlichen nur
die Grundrechenarten und
verstehen selbst einfache
Texte nur mit Mühe.
Die Lehrerin Barbara Imholz
hat ab 2001 zwei Jahre lang
an einer Studie der Fachhochschule Münster zum
Thema „Kindheit und Ar-
die soziale Ungleichheit in der Bundesrepublik. Da war es fast nebensächlich,
dass die deutschen Schüler im Bereich
Mathematik mal wieder unter ferner liefen
landeten. Katrin Steiner berichtet.
mut“
mitgearbeitet.
In
Bocholt und Münster hat das
Team jeweils zwölf Kinder
im Alter von sechs bis zwölf
Jahren befragt. Außerdem
noch Erzieher, Bildungspolitiker und Verbände, wie
Caritas,
Diakonie
und
Arbeiterwohlfahrt. In welcher ökonomischen Situation
sich unwohl fühlen. Sie
brauchen fürs Lernen länger
und haben in der Regel
schlechtere
Noten.
„In
unserem Bildungssystem aus
Gymnasium, Haupt- und
Realschule haben sie erhebliche Probleme“, kritisiert
Imholz. „In Finnland und
Schweden wird solchen
Deutsche Schüler: Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen
befinden sich die Kinder?
Wie lernen sie? Welchen
Kontakt haben sie außerhalb
der Familie? Wie verbringen
sie ihre Freizeit? Ergebnis:
Nur wenn sozial benachteiligte Kinder in mehreren
Bereichen schwere Mängel
aufweisen, wird es problematisch. Häufig sind sie
dann mit ihrer Familie sehr
eng verbunden und haben
wenig Kontakt nach außen.
Schule ist für diese Kinder
ein fremder Ort, an dem sie
-archiv
Schülern gezielt geholfen,
bei uns werden sie aussortiert
und in eine andere Schulform
abgeschoben.“
Politiker und Pädagogen sind
geschockt ob der PISAErgebnisse und fordern hektisch Reformen. Dabei hatte
bereits die erste Studie auf
den Zusammenhang zwischen Armut und Bildungschancen hingewiesen. Passiert ist in den vier Jahren
wenig, die neue Unter-
suchung gibt den deutschen
Schulen dieselbe schlechte
Note wie damals. Nun möchten SPD und Grüne das
dreigliedrige Schulsystems
abschaffen. „Kinder müssen
bis zur Jugend gemeinsam
lernen und dabei individuell
gefördert werden“, verlangt
Grünen-Chef Reinhard Bütikofer. Das nötige Geld dafür
will er durch die Abschaffung
der Eigenheimzulage hereinholen. Die Gewerkschaft für
Erziehung und Wissenschaft
geht noch weiter: Bis zum
Ende der Schulzeit sollen die
Schüler auf derselben Schulform bleiben.
Die FDP möchte Kinder
schon mit fünf Jahren auf die
Schulbank schicken und
verlangt einen einheitlichen
Einschulungstest mit vier
Jahren. Kindern, die bei
dieser Prüfung zum Beispiel
sprachliche Defizite offenbaren, könnte noch ein Jahr
lang gezielt und kostenlos
geholfen werden, den Anschluss an die anderen wieder
herzustellen, so die Liberalen. Das Institut für Wirtschaftsforschung rät, den
Schulen mehr Unabhängigkeit von den allgemeinen
Lernplänen zu geben und
zentrale Prüfungen einzuführen. „Eine effiziente Bildungspolitik sollte Zentralprüfungen mit Schulautonomie verbinden, also Standards extrem vorgeben und
überprüfen, und es den Schulen überlassen, wie sie diese
Standards erreichen wollen“,
sagt der Bildungsexperte des
Wirtschaftsinstituts, Ludger
Wößmann.
Bis Maßnahmen greifen egal welche - werden zehn bis
15 Jahre vergehen, so schätzen Experten. Bundesbildungsministerin Edelgard
Bulmahn hat nach der ersten
PISA-Studie vor vier Jahren
gefordert, die Kompetenzen
zwischen Bund und Ländern
draußen! 2/05
6
neu aufzuteilen, die Bundesregierung solle in Zukunft die
Federführung in den Schulen
übernehmen. Damit konnte
sich die Ministerin bis heute
aber nicht durchsetzen. Immerhin stellte sie vier Milliarden Euro für den Ausbau
der Ganztagsbetreuung an
Schulen zur Verfügung. In
fünf Jahren soll jede dritte
Schule auch nachmittags betreuen, so Bulmahns ehrgeiziges Ziel. Ob es mit einer
einfachen Verlängerung der
Schulstunden getan ist, bezweifeln Kritiker. Kinder aus
unteren Schichten müssten
auch Entfaltungs- und Freizeitmöglichkeiten haben, die
vielen anderen Kindern
schon durch ihr Elternhaus
offen stehen.
Die Kultusminister der Länder
ARMUTSZEUGNIS
einigten sich vor einem Jahr
nach langem Hin und Her auf
bundesweite Standards für
Schüler. Demnächst soll unabhängig vom Bundesland und
für jede Schulform exakt festgelegt werden, wie gut ein
Schüler am Ende der Grundschule lesen können muss und
welche mathematischen Fähigkeiten eine Schülerin in der
zehnten Klasse haben muss.
Ein neugegründetes Institut
für Qualitätssicherung im Bildungswesen an der HumboldUniversität in Berlin soll den
Lehrern mächtig Dampf machen.
Olaf Köller, Professor für
Erziehungswissenschaften an
der Universität Nürnberg und
designierter Leiter des neuen
Instituts, glaubt, dass sich
Erfolge auch mit dem aktuel-
25.Januar - 8. Februar
Wasser-Spiegel. Über den gesellschaftlichen Umgang mit Wasser
- Ausstellung im __labor
27.Januar, 20 Uhr
„Wasser für alle“ - Wasserprivatisierung und Staudammproblematik am Beispiel von Nicaragua, Diavortrag und
Diskussion mit Karsten Hackländer vom Infobüro Nicaragua
(Wuppertal)
Veranstaltet vom Zwischenzeit e.V. - Initiative für soziale,
interkulturelle und ökologische Forschung, Analyse und Bildung.
len Schulsystem erreichen lassen: „Für die schulische Leistung ist nicht die Schulstruktur entscheidend, sondern die
Unterrichtsstruktur.” Und hier
seien die Lehrer gefragt sich
fortzubilden. Die Krise der
deutschen Bildungspolitik sei
auch eine Krise des Lehrkörpers. „Die Schulen und Universitäten sind vermutlich die
letzten Bastionen, in denen
einem keiner so richtig auf die
Finger schaut”, sagt Köller.
„Lehrer müssen lernen, Tests
als Anstoß zur Verbesserung
der eigenen Arbeit zu sehen.”
Ob die Misere des deutschen
Bildungssystems wirklich an
schlecht aus- und fortgebildeten Lehrern liegt, bezweifeln
manche. Die Gesellschaft
selbst sei für viele Probleme
verantwortlich und schiebe
nun den Lehrern den Schwarzen Peter zu.
Nordrhein-Westfalen wird ab
dem kommenden Schuljahr
neue Regeln für die Einschulung aufstellen: Die Grundschulen können ab dem Sommer die Klassen eins und zwei
zusammenlegen. Gute Schüler
kommen dann nach nur einem
Jahr schon in die dritte Klasse.
„Wir sagen nicht mehr: Das
Kind muss vorher schulfähig
sein und dann in die Schule
kommen, sondern wir sagen:
Die Kinder kommen und die
Schule muss kindfähig sein”,
freut sich Dorothee Schneider
vom Schulministerium in
Düsseldorf. In Münster werden allerdings kaum Schulen
von der neuen Kann-Bestimmung Gebrauch machen und
die ersten beiden Klassen
gemeinsam
unterrichten.
„Uns fehlen einfach die Lehrer”, sagt die Mitarbeiterin
einer Grundschule im Südviertel.
Die Lehrerin Barbara Imholz
hat als Praktikerin so ihre
eigene Sicht der Dinge:
„Eigentlich müsste es eine
grundsätzliche gesellschaftliche Debatte geben. Und
zwar zu folgenden Fragen:
Was sollen unsere Kinder
lernen? Wohin soll unsere
Erziehung führen? Welches
Bildungssystem brauchen wir
dafür?“ Eine solche Debatte
aber gibt es bis heute nicht.
Vielleicht auch, weil Bildung
kaum noch als etwas angesehen wird, das einen Wert
an sich hat. „Es besteht kein
Interesse von Seiten der
herrschenden
politischen
Klasse daran, an den bestehenden
Verhältnissen
grundsätzlich etwas zu ändern”, zweifelt Imholz am
festen Willen der Verantwortlichen. „Die Menschen
sollen lernen, Ungleichheit zu
akzeptieren. Das Ideal einer
gleichen Gesellschaft soll in
der Mottenkiste verschwinden.“
4. und 5. Februar, 20 Uhr
Cinema muss bleiben - Die Benefizreihe
Nach 6 x „ausverkauft“ noch einmal!
Aper und Daniel mit „Liebe und andere Lächerlichkeiten“.
Eine Revue mit Szenen, Sketchen, Liedern und Texten von
Tucholsky, Polt, Heidenreich, Gernhard u.a.
20.-27. Februar
lomovies - Ausstellung im __labor
Die Lomo ist eine kleine russische Kamera im
Jackentaschenformat, Lis Hümmeler hat die movies in Acryl
gemalt und zwischen 7 kleinen Gemälden versteckt sich ein Foto
- Entschuldigung! - eine Lomographie.
26.Februar, 20 Uhr
säure!fabrik - Super8 Filmabend von und mit dem Schweizer
Filmemacher David Pfluger,
draußen! 2/05
Ausländische Schüler im Cafe Kelim:klüger als die deutschen
-hd
7
STROM & GAS
Stadtwerke:
Zahlemann und Söhne
Das neue Jahr begann gleich mit einer
schlechten Nachricht für viele Münsteraner
Haushalte - Gas und Strom werden dieses
Jahr zum Teil erheblich teurer. Während die
Energieversorger den schwierigen Markt als
Die Stadtwerke selbst sprechen sich von aller Schuld
frei: „Wir können den Preisanstieg auf den Beschaffungsmärkten nicht länger
auffangen“,
so Werner
Spickenheuer, kaufmännischer Geschäftsführer des
Münsteraner Energieversorgers zu dem Anstieg der
Gas- und Strompreise. Besonders der zum Teil happige
Anstieg beim Erdgas brachte
die Gemüter in Wallung. Seit
Januar werden nun 0,46 Cent
mehr für eine Kilowattstunde
Gas fällig. Bei einem Durchschnittsverbrauch von 3300
kWh im Monat betragen die
Mehrkosten über 15 Euro im
Monat! Ab Februar wird
dann auch der Strom teurer.
Die verschiedenen Tarife
steigen um durchschnittlich
etwas mehr als fünf Prozent.
Ein Beispiel: Im Rahmen des
auf Familien zugeschnittenen Tarifs „Fashion L“
werden die Mehrkosten bei
einem Verbrauch von 4200
kWh pro Jahr rund 50 Euro
betragen.
Die steigenden Energiepreise sind nicht nur in
Münster ein Ärgernis. In
Gronau erhielten die örtlichen Stadtwerke rund
hundert Protestschreiben,
auf die das Unternehmen
eher ungehalten reagierte.
Die Androhung, aufgrund
des Zahlungsboykotts die
Staatsanwaltschaft einzuschalten, steigerte die Wut
bei vielen Verbrauchern
noch. In ganz Deutschland
Ursache angeben, wettern Verbraucherschützer gegen Preistreiber und Wucher. Die
Wahrheit liegt wohl in der Mitte. Malte
Koppe über die Kostenexplosion bei den
Stadtwerken.
sind bereits fast 200.000
Widersprüche gegen die
Erhöhung bei den örtlichen
Versorgungsbetrieben eingegangen. Verbraucherschützer
hatten nach bekannt werden
den Kunden dazu geraten,
die kommenden Rechnungen
nur unter Vorbehalt zu
zahlen oder gar Widerspruch
gegen die Preiserhöhungen
einzulegen. Die Energielobby verurteilte den Appell:
„Es ist unverantwortlich,
internationalen Markt. Denn
Deutschland bezieht seine
Gaslieferungen im wesentlichen aus Russland, Norwegen und den benachbarten
Niederlanden.
Mittlerweile hat sich auch das
Bundeskartellamt in die Auseinandersetzung eingeschatet.
Die Beamten ermitteln unter
anderem gegen Tochterunternehmen von RWE und
E.on. Der Verdacht: Die Kon-
Das böse Erwachen kommt mit der neuen Abrechnung
dass staatlich finanzierte,
eigentlich zur Objektivität
verpflichtete Verbraucherschützer die Kunden zu
Rechnungskürzungen aufrufen und dadurch die Energieversorger unter Druck
setzen.“, so Uwe Steckert,
Präsident des Bundesverbandes der Gas- und Wasserwirtschaft gegenüber der
„Welt“. Nicht die bösen
Endverteiler seien der Grund
für den Preisanstieg, sondern
die Schwankungen auf dem
-mk
zerne geben lediglich gestiegenen Beschaffungskosten an
die Kunden weiter, während
sie bei sinkenden Kosten, die
Preise nicht heruntersetzen.
Besonders heftig werden die
Energieriesen von den Verbraucherverbänden kritisiert.
Ihrer Ansicht nach sind die
Gaspreise in Deutschland um
etwa 20 Prozent überhöht,
was auf die Monopolstellung
einiger weniger Marktgrößen
zurückzuführen sei. Die Verbände sehen hierin einen der
Gründe für das schwache
Wirtschaftswachstum
in
Deutschland. Die Verbraucherzentrale NRW hält Musterschreiben bereit, um Zahlung unter Vorbehalt oder
Widerspruch gegenüber den
Stadtwerken zu erklären.
„Unser Schwerpunkt liegt aber
darauf, den Verbraucher für
einen sparsameren Umgang
mit Energie zu sensibilisieren.
Wir können keine vollständige
Rechtsberatung im Falle eines
gerichtlichen Streits erteilen.“,
so Udo Peters, Energieberater
in der Zweigstelle Münster.
Um die Energiekosten zu
senken verweist er auf Spartipps, die auf der Internetseite
der Verbraucherzentrale zusammengestellt sind.
(www.vz-nrw.de/muenster)
In den meisten Fällen ist die
Heizung - egal, ob mit Öl oder
Gas betrieben - der größte
Kostenfaktor. Wer auf maximaler Stufe heizt und nur
leicht bekleidet durch die
Wohnung wandelt, darf sich
später über eine hohe Heizrechnung nicht wundern. Als
energieeffizient und optimal
für die Atemwege gilt eine
Raumtemperatur von 18 bis
19°C. Länger unbenutzte Räume können dabei auch zwei
bis drei Grad kälter gehalten
werden. Wichtig ist auch ein
richtiges Lüften der Wohnung.
Im ersten Moment mag es
widersinnig klingen: Stoßartiges Lüften bei weit geöffnetem Fenster ist oftmals
energiesparender als Dauerlüften mit Kippfenster. Wer
hingegen überhaupt nicht
lüftet, „sammelt“ Feuchtigkeit
im Raum - ein idealer
Nährboden für Schimmel.
Weitere Tipps und Tricks um
den steigenden Kosten entgegenzuwirken, gibt es in der
Verbraucherzentrale NRW Beratungsstelle Münster am
Spiekerhof 27.
draußen! 2/05
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NEUE ARMUT
Arbeitslosengeld II:
Kein Konto unter dieser Nummer
Falsche Bescheide, verkehrte Kontonummern und Hunderttausende warteten
vergeblich auf ihre Stütze - der Start des
neuen Arbeitslosengeld II Anfang des
Jahres lief eigentlich genauso wie erwartet.
Der Stein, der Michael Willamowski vom Herzen fiel, war
vermutlich noch in Amelsbüren zu hören: Alles in Butter,
meldete der Chef des
Münsteraner Sozialamts erleichtert. Auch Thomas Gahlen von der Agentur für Arbeit
freute sich. „Wir sind froh,
dass das Arbeitslosengeld II
rechtzeitig berechnet und
pünktlich ausgezahlt werden
konnte“, freuten sich beide
unisono. „Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben im Schicht- und Wochenenddienst über 9.000 Anträge
in kürzester Zeit bearbeitet.“
Bis zu 80 Überstunden hätten
manche Sachbearbeiter inzwischen auf dem Buckel. Fehler
könnten natürlich trotzdem
vorkommen, räumten die
beiden ein.
Zumindest bei der Agentur für
Arbeit lief längst nicht alles
glatt. Durch einen Programmierfehler im Zentralrechner
in Nürnberg waren Kontonummern falsch. Wer Kunde
bei einer cleveren Bank mit
gutem Service war, hatte
Glück. Wie ein ehrenamtlicher
Mitarbeiter der „draußen!“:
Sein Kreditinstitut suchte
selbst nach der richtigen
Kontonummer. Besser erging
es denjenigen, die ihren
Bescheid vom Sozialamt
gekriegt hatten, ihre Überweisungen kamen direkt aufs
richtige Girokonto. „Ein besonderer Dank gebührt den
kontoführenden Kreditinstituten des Münsterlandes, die
eine überaus große Kooperationsbereitschaft und hohes
draußen! 2/05
Auf vielen Arbeitsämtern herrschte das
totale Chaos; die Kundenbetreuer durften
sich das eine oder andere geharnischte
Wort anhören. Gerrit Hoekman berichtet,
wie es in Münster war.
Verantwortungsbewusstsein
gezeigt haben und durch so
manche Buchung per Hand die
Überweisung der Gelder auf
die Konten pünktlich gewährleisten konnten“, lobte der
abgesehen davon, dass Unbekannte in den frühen Morgenstunden eine Stinkbombe
in den Briefkasten der Behörde geworfen hatten. Die
Buttersäure raubte Mitar-
Blitz und Donner über der Agentur für Arbeit
Leiter der Agentur in Münster,
Wolf-Rüdiger Schwedhelm.
Nur so konnte das Arbeitslosengeld wohl doch noch
pünktlich ausgezahlt werden.
Über 70 Demonstraten, die
sich am ersten Werktag des
neuen Jahres vor dem Arbeitsamt an der Wolbecker Straße
eingefunden hatten, mochten
nicht in die allgemeinen Lobeshymnen einstimmen. Wie
Arbeitslose in 80 anderen
deutschen Städten protestierten sie gegen die Hartz-IVReform. Es gab Kaffee, Saft
und leckere „Arbeitsplätzchen“. Der Münsteraner Liedermacher „Baxi“ sang aufmunternde Weisen. Auch
wenn manche der Arbeitslosen
ziemlich angefressen waren,
der Protest blieb friedlich, mal
-aw
beitern und Besuchern noch
stundenlang den Atem. Außerdem waren im Gebäude am
Nevinghoff Türschlösser mit
Sekundenkleber beschädigt
worden. Münsters AgenturChef Schwedhelm lobte
dennoch die Sachlichkeit der
Demonstranten. Seine Angestellten seien nur das ausführende Organ vor Ort. Für
den Inhalt des neuen Gesetzes
wären andere verantwortlich.
„Wir suchen das Gespräch
nicht nur mit den betroffenen
Arbeitslosen. Auch mit den
Angestellten wollen wir sprechen und sie dazu auffordern,
ihren Spielraum bei der
Umsetzung von Hartz IV zu
nutzen“, sagte Torsten Bewernitz vom „Bündnis: Besser
Leben!“. Die Angestellten
hatten jedoch keine Zeit für
einen Plausch. Wegen des
großen Betriebs am ersten
Hartz-Tag. „Die Flure sind
sehr voll, wie derzeit auch
nicht anders zu erwarten.
Zusätzliche Gespräche sind da
nicht möglich“, bat Pressesprecher Harry Penellis um
Verständnis.
Als eine der Rednerinnen
betonte Barbara Imhoff vom
Institut für Theologie und
Politik, wie entwürdigend die
Reformen für viele sind:
Gerade erst habe sie einen
Mann aus der Agentur
herauskommen sehen mit
Tränen in den Augen. „Als
Christin weiß ich, dass es nicht
richtig sein kann, Menschen so
zu behandeln.“ Die hohe
Erwerbslosigkeit in Deutschland läge nicht daran, dass die
Arbeitlosen keine Lust hätten,
sondern es fehlten freie Stellen.
Die meisten Demonstranten
waren sich einig: Das Arbeitsamt verwaltet das Elend nur
noch, die Sachbearbeiter sind
dazu da, die Arbeitslosen zu
überwachen und notfalls mit
Leistungskürzung zu bestrafen. Die Verantwortlichen der
Protestaktion kündigten an,
die Betroffenen nicht im
Regen stehen zu lassen. Die
unabhängige, radikal-linke
Gewerkschaft „Freie Arbeiter
Union“, die ihr Büro am
Dahlweg hat, begleitet auf
Anfrage Arbeitslose bei Terminen auf dem Arbeitsamt.
KAI, eine ArbeitslosenInitiative in Kinderhaus,
befürchtet das dicke Ende
kommt erst noch. „Hartz IV
wird sich erst ab Ende Februar,
Anfang März bemerkbar machen“, glaubt Ursula Tölle, die
Sprecherin der Initiative auf
Nachfrage der Münsterschen
Zeitung. Besonders der
Wegfall der einmaligen Hilfe
für Kleidung, Waschmaschinen oder Schulhefte
NEUE ARMUT
wären für die Betroffenen
schmerzhaft. Schon im
letzten Jahr ist die Armut im
Hochhaus-Viertel im Norden
Münsters erheblich gestiegen, hat Tölle festgestellt.
Immer mehr Bewohner seien
auf Lebensmittelspenden angewiesen. Mit einem Fragebogen will sie nun herausfinden, wo den Arbeitslosen
in Kinderhaus sonst noch der
Schuh drückt.
Frist für einen Widerspruch
läuft für die noch im alten
Jahr ausgestellten Bescheide
am 31. Januar aus. Sie sind
dann für das nächste halbe
Jahr rechtskräftig, egal um
wie viele Euro sich der Sachbearbeiter verrechnet hat.
Für den 31. Januar rufen Arbeitslosengruppen und Sozialhilfe-Initiativen zum bundesweiten Aktionstag gegen
die Hartz-Reform auf. Auch
Straßenmagazine wollen sich
am Protest beteiligen. „Wir
halten es für notwendig, dass
der allzu gefälligen Berichterstattung im Zusammenhang
mit Hartz IV medienwirksam
etwas entgegengesetzt wird“,
begründet die Redaktion der
Freiburger Obdachlosenzeitung „FreieBürger“ ihren
Aufruf an die Kollegen von
Kiel bis München. Zwar
behaupteten die offziellen
Stellen, es habe keine Probleme gegeben, aber „alle,
die jetzt bis zu den Ohren in
der Beratungsarbeit stecken
und sich vor Anfragen kaum
retten können, haben da ganz
andere Erfahrungen gemacht.“ Ein großer Teil der
Bescheide sei falsch berechnet, in den Jobcentern der
Bundesagentur würden Chaos und Unwissenheit herrschen.
„Lieber einen Widerspruch
zu viel als zu wenig“, raten
deshalb die ArbeitslosenInitiativen. „Vielen Bescheiden sieht man gar nicht an,
dass sie falsch sind.“ Vor
allem die Miet- und Heizkosten seien zu Ungunsten
der
Leistungsempfänger
falsch berechnet und bei der
Anrechnung des Einkommens würden die Sachbearbeiter längst nicht alle
Freibeträge berücksichtigen.
Manche Behörden ignorierten zum Beispiel systematisch den Mehrbedarf,
der Schwangeren zusteht.
„Wer jetzt keinen Widerspruch einlegt, verschenkt
unter Umständen bares Geld,
das dringend zum Leben
gebraucht wird“, heißt es in
dem bundesweiten Aufruf. Im
Einzelfall bekämen Arbeitslosengeld-Empfänger weit
über hundert Euro zu wenig
im Monat. Tipp der Selbsthilfegruppen: Den Widerspruch persönlich abgeben
und die Abgabe vom Sachbearbeiter oder der Poststelle
des Amtes schriftlich bestätigen lassen. Mustertexte
für den Widerspruch finden
Arbeitslose im Internet.
Die Freiburger wollen deshalb auf dem letzten Drücker
noch möglichst viele Arbeitslose zum Widerspruch
gegen ihren Bescheid bewegen. „Die Betroffenen
merken es oft gar nicht, wenn
ihnen Leistungen vorenthalten werden. Die Bescheide
sind kaum lesbar und die
Berechnungen selbst für
Fachleute kaum nachvollziehbar“, so die Redaktion.
Die Zeit drängt, denn die
Auf der Homepage des
Münsteraner Unrast-Verlag
findet man eine Übersicht,
welche finanziellen Veränderungen das neue Arbeitslosengeld II für die Betroffenen mit sich bringt und gibt
einige unverbindliche Tipps,
was man tun muss, um auch
wirklich alle Leistungen zu
bekommen. „Peinlich genau
und ziemlich kleinlich,
prüfen die Bundesagentur für
Arbeit und die Sozialämter
die Lebensverhältnisse“, klagen die Autoren. Besonders
drastisch macht sich das neue
Arbeitslosengeld bei Paaren
bemerkbar, die verheiratet
oder ledig zusammenwohnen.
Das Einkommen des Partners
wird nun voll und ganz angerechnet. Ungefähr ein Viertel
der Arbeitslosen bekommt
deshalb überhaupt keine
Leistungen mehr, vermuten
Kritiker. Viele werden auch
in eine kleinere Wohnung
umziehen müssen, weil die
Ämter die Miete nur bis zu
einer bestimmten Quadratmetergrenze bezahlen. Wer
drüber liegt, bekommt nicht
etwa den maximal höchsten
Betrag und zahlt den Rest
selbst, nein, der Mietzuschuss wird komplett gestrichen. Wie früher bei der
alten Sozialhilfe.
Der Deutsche Mieterbund
erwartet, dass bundesweit
mehr als 100.000 Haushalte
umziehen müssen. Vorsichtig
geschätzt. „Es herrscht heilloses Durcheinander. Jede
Kommune hat eine andere
Lösung gefunden!“, klagt der
Mieterbund. Manche Arbeitslose müssten raus aus ihrer
Wohnung, obwohl sie nur um
zwei, drei Quadratmeter zu
groß ist. Die von der Bundesagentur angekündigte Kulanz
erweist sich in der Praxis offenbar als leeres Versprechen.
Hilfe gegen die von vielen
Arbeitslosen als ungerecht
9
empfundene Hartz-IV-Reform
kommt
eventuell
demnächst vom Bundesverfassungsgericht. Verfassungsrechtler bezweifeln nämlich,
ob das neue Arbeitslosengeld
II mit dem Grundgesetz in
Einklang steht. Neben der
PDS hat nun auch der Deutsche
Gewerkschaftsbund
imHamburg ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben.
Vermutung: Die gezahlten
Regelsätze sind verfassungswidrig, weil viel zu niedrig.
Das verletzt nach Ansicht der
Hamburger Gewerkschafter
das Sozialstaatsgebot.
Der Staat, das haben die
Karlsruher Richter bereits
einmal entschieden, muss die
Mindestvorraussetzungen für
ein menschenwürdiges Leben
schaffen. Arbeitslosengeld II
hingegen reicht nicht aus, um
am gesellschaftlichen Leben
teilzunehmen. Da hilft auch
keine noch so pünktliche
erste Zahlung wie in Münster.
Mustertexte für den Widerspruch
finden Sie unter:
www.erwerbslos.de
www.tacheles-sozialhilfe.de
www.alg-2.info
Eine Übersicht der wichtigsten
Veränderungen und brauchbare
Tipps bietet:
www.unrast-verlag.de
draußen! 2/05
10
BUSSI
Rudolph Moshammer:
Der Modezar und die Obdachlosen
Wir geben es ja zu: Ein wenig neidisch sind
wir schon auf die Obdachlosen in München
und ihre Straßenzeitung „Biss”. Denn wenn
es stimmt, was die Spatzen rund um den
Stachus von den Dächern pfeifen, dann wird
Wie aus heiterem Himmel
tauchte er manchmal zusammen mit seiner Mutter unter
den Isarbrücken auf und
verteilte Obst und Brot an die
Ärmsten der Armen, die dort
ihr Nachtlager aufgeschlagen
hatten. Diese Anekdote erzählte sich die ObdachlosenSzene zwischen Stuttgart und
Kiel oft, wenn das Gespräch
auf Rudolph Moshammer
kam. Der schrägste Vogel der
Münchener Bussi-Gesellschaft der Reichen und Schönen hatte ein großes Herz für
alle, die auf der Straße leben.
Das Straßenmagazin „Biss“
(Bürger in sozialen Schwierigkeiten) unterstützte er mit
fünfstelligen Beträgen und
sorgte als „Pate“ dafür, dass
die Zeitung drei Verkäufer
fest
einstellen
konnte.
Kostenpunkt 15.000 Euro. Er
bezahlte der Redaktion den
Betriebsausflug und spendierte einen neuen Fußboden
fürs Büro - kein billiges
PVC, sondern edles Parkett.
„Wir sollten nicht in einem
Loch sitzen“, erinnert sich
Chefredakteurin Eleni Adamidu.
Nebenbei rührte Moshammer
für „Biss“ kräftig die Werbetrommel: „Er hat in einem
Kinospot etwas pathetisch
Tauben für sie fliegen lassen,
hat sein Gesicht für das
Cover hergegeben, hat in
Talkshows dafür geworben“,
weiß die Süddeutsche Zeitung. Der 64-Jährige war sich
auch nicht zu schade, das
Straßenmagazin als Verkäudraußen! 2/05
der ermordete Modezar Rudolph Moshammer der Szene in der bayrischen
Landeshauptstadt weit mehr als eine Million
Euro hinterlassen. Gerrit Hoekman über
einen Promi mit sozialem Gewissen.
fer in der Fußgängerzone
anzubieten. „Seinen ganzen
Nimbus hat er für uns eingesetzt“, sagt Adamidu. Gesicht und Name des Mode-
Schräger Vogel mit Herz und Hund
machers waren in der BayernMetropole so eng mit dem
Obdachlosenmagazin verbunden, dass manche Kunden
nach der „Moshammer-Zeitung“ fragten, wenn sie die
„Biss“ meinten, berichten
Verkäufer.
Der erfolgreiche Geschäftsmann setzte sich nicht von
ungefähr für Wohnungslose
ein. „Das sind liebenswerte,
wertvolle Menschen. Menschen wie du und ich, die
durch Umstände in die Obdachlosigkeit gerutscht sind”,
sagte er in einem Interview.
gesamte Vermögen durch.
Die Familie konnte die
Miete nicht mehr bezahlen
und die Stadtwerke stellten
den Strom ab. „Wir hatten
oft Hunger”, erinnerte sich
Moshammer. Der alkoholkranke Vater landete auf
der Straße, lebte in Männerheimen, schlief unter
den Isarbrücken und beging
schließlich in einer Notunterkunft Selbstmord.
„Das mache ich natürlich
auch für meinen Vater”,
bekannte
Moshammer,
wenn ihn Journalisten auf
sein soziales Engagement
ansprachen.
„Mosi”, wie ihn Freunde,
Fans und die BoulevardPresse riefen, hatte jedoch
auch eine dunkle Seite:
Mehrmals in der Woche
soll er, so die Ermittlungen
der Kripo, auf den Straßen
rund um den Hauptbahnhof
junge Männer gekauft und
mit zu sich nach Hause
genommen haben. Oft
Asylbewerber, so die Polizei. Für die im Internet
kursierenden Behauptungen, unter den Strichern
seien auch Obdachlose
gewesen, gibt es bis jetzt
keine Beweise. Was aber
reizt einen Mann, der Geld
hat wie Heu, daran, sich
Liebesdienste an der Bordsteinkante zu kaufen, dort
wo die armen Hunde auf
Freier warten? 2.000 Euro
soll er seinem mutmaß-U. Zeidler
lichen Mörder versprochen
haben - viel Geld für einen
In der Kindheit musste er am 25-jährigen Spielsüchtigen
eigenen Leib erfahren, was es mit akuter Ebbe im Porbedeutet, arm zu sein. Lange temonnaie, der versucht
ging es der Familie gut, sein sich als Hilfskoch über
Vater verdiente als Direktor Wasser zu halten. Betrachbei einer Versicherung mehr tete Moshammer seine
als genug, ein Chauffeur Besuche auf dem Straßenbrachte den kleinen Rudolph strich als andere Form der
in die Schule. Doch als der Mildtätigkeit? „Er hatte ein
Vater von heute auf morgen starkes soziales Gewissen,
seinen Job verlor, begann er war aber privat ein großer
zu trinken und brachte Egoist”, sagt ein Bekannter.
innerhalb kurzer Zeit das Den Münchener Obdach-
BUSSI
losen ist das Doppelleben
ihres Mäzens ziemlich egal.
Nach dem Mord stehen alle
unter Schock, verlieren sie
doch ihren zuverlässigsten
Gönner und einen treuen
Freund. „Moshammer ist tot.
Sehr traurig. Vergelts Gott!”,
hat ein Bettler in der Innenstadt kurz nach dem
Mord auf einen Zettel geschrieben. Auf „Mosi” war
Verlass: „Vor Weihnachten
hat er uns noch Jacken vorbeigebracht und mit uns
geredet. Er war nie arrogant,
von dem hat man immer die
Hand gekriegt. Er war wie
ein Kumpel”, erzählt der
wohnungslose Seppi der
Süddeutschen Zeitung.
„Biss”-Verkäufer Burkhard,
der durch Moshammers
Spende beim Münchener
Straßenmagazin fest angestellt ist, sagt weinend: „Für
mich war er wie Prinzessin
Diana. Ich habe bei ihm
immer ehrliches Mitgefühl
gespürt. Ich habe gefühlt,
dass er sich mit ganzem
Herzen um uns sorgt.” Oft
habe Moshammer die Innenstadt abgeklappert, um dem
einen oder anderen 50 Euro
zuzustecken, berichten andere. „Mich hat er auf dem
Oktoberfest mal zu einem
Glas Wein eingeladen”, erinnert sich einer.
Berührungsängste
waren
dem Modezaren offenbar
fremd. Seit vielen Jahren
erschien er auf Weihnachtsfeiern in Obdachlosenheimen und verteilte Geschenke. „Ab und zu auch
ohne Presserummel”, wie
die Süddeutsche ein wenig
süffisant bemerkt. „Man ist
schon bewegt, wenn man
spürt, dass die Menschen
einfach so glücklich sind,
wenn sie ihr Päckchen haben”, freute sich Moshammer. Es störte ihn auch nicht,
wenn es bei der Bescherung
etwas turbulenter zu ging.
„Ich verstehe, dass die Not
so groß ist und jeder Angst
hat, das er nix kriegt.”
Der „Engel der Straße” ist
tot, aber von seinem Erbe
wird die Obdachlosen-Szene
noch eine ganze Weile zehren können - der Großteil
des Vermögens, das sich
gerüchteweise auf etwa sieben Millionen Euro belaufen
soll, geht wohl an den von
Moshammer gegründeten
Verein „Licht für Menschen
ohne Obdach“. Aus einem
Teil des Vermögen soll, so
heißt es, in der Münchener
Innenstadt ein Obdachlosenasyl für 50 Männer
gebaut werden, ein „Hotel
für Clochards” mit Einzelund Doppelzimmern. Schon
zu Lebezeiten hatte Moshammer darüber mit dem
„Evangelischen Hilfswerk
München” verhandelt. Die
Finanzierung des Projekts
war aber scheinbar noch offen, Moshammer wollte sich
nicht alleine beteiligen, sondern nach weiteren Sponsoren suchen. Nun will der
Nachlassverwalter Nägeln
mit Köpfen machen.
Viele Obdachlose werden
vermutlich enttäuscht sein,
wenn feststeht, wie das Vermögen verwendet wird. Sie
trifft Moshammers Tod direkt: In Zukunft wird wohl
niemand mehr auf der Straße
vorbeikommen und helfen,
wenn die Not groß ist. Auf
den „Fuffi” nebenbei werden sie auch verzichten müssen. In den Tagen nach dem
Mord liefen bei den Sozialarbeitern die Drähte heiß:
Alle wollten wissen, wie das
Geld verteilt wird, wer wie
viel bekommt. „Das schürt
Neid”, befürchtet eine Ordensschwester. Neuste Meldung von der „Mosi“-Front:
In seine Villa im Promiviertel Grünwald sollen jetzt
Obdachlose einziehen. Das
hat doch was.
11
Delirium
Nur wer sein Bier in einem Zug leert
Und einen Schnaps auch noch geschwind
Der darf als ganzer Mann sich schimpfen
So hörte er es schon als Kind
Der Vater sprach`s im Kreis der Freunde
Die Zeitung schrieb`s im Werbetext
Das Fernsehen pries den Geist des Weines
Sogar im Rundfunk, wie verhext
Wenn alle dies als Wahrheit preisen
Wer sehr viel trinkt, wird schnell zum Mann
Dann wird sich`s wohl als wahr erweisen
Mit zwölf, der erste Vollrausch dann
Später im Kreis von jungen Leuten
War`s ganz normal, wenn Flaschen kreisten
Und dann im Dienst für`s Vaterland
Nun ja, dort soffen auch die meisten
Er dachte längst, er sei ein Mann jetzt
Mit Alkohol fiel das nicht schwer
Doch gab es nun auch schon Momente
Da fühlte er sich nur noch leer
Wie ausgekotzt, im Morgengrauen
Sein Kopf zersprang, er konnt` nicht denken
Es half nur noch der Griff zur Flasche
Der Schnaps, der sollte Kraft ihm schenken
Schon bald war Jahr und Tag vergessen
Die Sucht, sie hatte nun gewonnen
Schnell merkte er, das ihm die Zeit
Wie Sand durch seine Hand geronnen
Jetzt trank er ständig, mehr und zügig
Den Job verlor`n. Vom Weib verlassen
Der Suff der machte ihn gefügig
Und er begann die Welt zu hassen
Verbittert von den kranken Werten
Die ihm die falschen Menschen zeigen
Begann sein Körper und sein Geist
Sich seinem irren Traum zu neigen
Doch dessen Fratzen waren schrecklich
Nun hatte er Angst, sie bringen ihn um
Die Welt zersprang in seinen Träumen
Was kam war das Delirium
von Sigi Nasner
draußen! 2/05
12
NOVIZIN
Sabrina Kipp:
„Manches muss man einfach tun...!
Seit letzten Oktober strahlt den Besuchern
ein ganz neues Gesicht in der „draußen!“Redaktion entgegen: Sabrina Kipp, gerade
von ihrer morgendlichen Runde zu den
Plätzen der „draußen!“-Verkäufer zurückEin Blick in die graue, nasse
Suppe vor dem Fenster drängt
einem das Fernweh förmlich
auf, aber bei Sabrina Kipp, der
„Neuen“ bei „draußen!“ ist die
Sehnsucht nach woanders
besonders verständlich: Bevor
sie sich in Münster niederließ
und in die Fänge der „draußen!“
geriet, radelte sie mit der Leeze
zwei Jahre kreuz und quer durch
Europa. Mit ihrem Mann hatte
die 34-Jährige einen Plan: Die
Welt sehen! Durch Holland,
Belgien und Frankreich führte
der Weg. Das Geld verdiente
sich das Paar unterwegs in
Gaststätten als Tellerwäscher
und Spülhilfe. „Hin und wieder
machten wir in Hotels die
Zimmer sauber und bekamen
als Gegenleistung ein warmes
Bett“, erinnert sich Sabrina.
Eine längere Station legten sie
an den Stränden Spaniens ein.
Nicht um sich die Sonne auf den
Pelz scheinen zu lassen - das
natürlich auch - aber Sabrina
und ihr Mann entdeckten ihre
künstlerische Ader. Sie bauten
am Strand aus Sand Skulpturen:
Jesus
am
Kreuz,
die
Weihnachtskrippe, Dinosaurier
oder bettelnde Männer. „Das hat
uns eine ganze Zeitlang über
Wasser gehalten“, erzählt Sabrina. Touristen gaben den
beiden eine kleine Spende oder
wuschen für sie die Wäsche.
Hin und wieder wurden sie
direkt von der Stadtverwaltung
engagiert. „Die haben uns
bezahlt und uns am Strand
große Sandhaufen zusammengeschoben, aus denen wir die
draußen! 2/05
gekehrt, verbreitet mit ihrer sonnigen Art
ausgesprochen gute Laune auch unter den
größten Morgenmuffeln. Kristina Rzehak
stellt die gute Seele und ihr spannendes
Leben vor.
Skulpturen bauen konnten. Wir
waren eine echte Attraktion“,
grinst sie. Die Sandskulpturen
dienten dabei sogar meistens als
Schlafstätte. „Sonst schliefen
wir im Zelt oder bekamen auch
schon mal ein Ferienhaus zur
Sabrina Kipp: Sonne im Herzen
Verfügung gestellt.“ Eigentlich
wollten sie nach Vorbild der
Handwerker auf der Walz drei
Jahre und drei Tage (die Walz
dauert drei Jahre und einen Tag)
auf Tour sein. Als sie sich
jedoch zwischen Portugal und
Nordafrika als nächste Etappe
entscheiden mussten, nahm
ihnen der Nachwuchs die Entscheidung aus der Hand Sabrina wurde schwanger und
das Paar kehrte nach Deutschland zurück.
Was danach geschah, bezeichnet Sabrina im Nachhinein als
„Riesenglück“. Da sie vor der
Abfahrt in die große weite
Welt all ihr Hab und Gut
verkauft hatten, landeten sie
nach ihrer Rückkehr zunächst
-hd
bei Freunden (Danke, Janine!). Ein kulanter Vermieter
überließ ihnen dann eine
Wohnung, in der sie bis zur
Geburt ihres Sohnes Marius
bleiben durften. Als der Kleine
dann schon etwas älter war,
machte sich Sabrina auf den
Weg zum Arbeitsamt: „Ich
wollte einfach gerne wieder
etwas machen.“ Am liebsten
im Bereich Streetwork. Doch
dafür hätte sie studiert haben
müssen. Zum Glück, denn so
landete Sabrina stattdessen bei
der Verkäuferbetreuung der
„draußen!“. Die hatte zuletzt
zwei Jahre lang brach gelegen,
weil dem Straßenmagazin das
Geld für eine Stelle fehlte.
Mehr als ein Ein-Euro-Job
(vormals „Arbeit statt Sozialhilfe“) ist für Sabrina im
Moment zwar nicht drin, aber
immerhin.
Also dreht Sabrina Morgen für
Morgen ihre Runde auf dem
klapprigen „draußen!“-Lastenfahrrad und schaut bei den
Verkäufern nach dem Rechten.
Seien es Alkohol-, Geld- oder
Beziehungsprobleme: Sabrina
hat für alle ein offenes Ohr
und hilft, wo sie kann.
Mittwochs ist Frühstückstag.
Dann bepackt Sabrina ihre
Leeze mit Kaffee, Brötchen,
Salaten und Obst und macht
sich auf zu den hungrigen
Außendienstmitarbeitern der
„draußen!“. Dabei vergisst sie
natürlich auch die anderen
Obdachlosen nicht, die sie in
der City trifft. Einmal die
Woche ist sie im HdW, dem
städtischen Nachtasyl, Ansprechpartnerin für zukünftige
Verkäufer.
Die Arbeit im „draußen!“Team gefällt ihr eigentlich
recht gut, aber manchmal
wünscht sie sich mehr
Aufmerksamkeit der Münsteranerinnen und Münsteraner: „Ich habe das Gefühl,
dass Obdachlose häufig übersehen werden.“ Vielleicht
keine böse Absicht, aber etwas
wacher für die Probleme anderer könnten viele Passanten
ruhig sein, findet sie: „Nicht
jedem sieht man sein
Schicksal sofort an!“, mahnt
Sabrina. Allen, die mit ihrem
Leben unzufrieden sind,
empfiehlt sie: „Macht euch
auf den Weg. Die Erlebnisse
auf meiner Tour durch Europa
kann mir keiner mehr nehmen
und manches muss man
einfach tun!“ Sabrina hat es
gemacht.
13
H A N N A PAT Z
Anzeige
Bundesverfassungsgericht sagt:
Schumi darf jetzt kiffen!
Bislang war es so: Kam ein Autofahrer in
eine Verkehrskontrolle und hatte kurz vorher noch ein Glas Sekt getrunken, durfte
er weiterfahren. Hatte er aber drei Tage
vorher nur einmal kurz am Joint gezogen,
war der Lappen futsch. Diese Praxis ist
verfassungswidrig haben nun die Karlsruher Richter entschieden. Der Gesetzgeber
muss ähnlich wie beim Alkohol eine Mindestgrenze festlegen. Laut Straßenverkehrsgesetz gilt in Deutschland momentan die sogenannte „Nullwertgrenze“, das
heißt, Cannabis ist im Straßenverkehr
tabu.
ge von THC zu einer Strafe führen dürfe.
Die Polizei müsse vielmehr nachweisen,
dass „eine Wirkung vorliegt, die es als
möglich erscheinen lässt, dass der untersuchte Kraftfahrzeugführer am Straßenverkehr teilgenommen hat, obwohl seine
Fahrtüchtigkeit eingeschränkt war.“
Studien belegen jedoch inzwischen: die
Wirkung von Cannabis endet bereits nach
wenigen Stunden. Die moderne Technik
macht es aber möglich, THC noch viele
Tage später nachzuweisen.
„draußen!“-Verkäufer
Dietmar Hinrichs bietet an:
frische Lachsforelle
1000g
geräucherte Lachsforelle 1000g
frische Forelle
Stück
geräucherte Forelle
Stück
Forellenfilet, kaltgeräuchert
Aal, geräuchert
1000g
7,00Euro
10,00 Euro
2,50 Euro
3,00 Euro
18,00 Euro
25,00 Euro
telefonische Bestellung: 0163-4548777
abzuholen
vorm Aldi, Bohlweg
oder
Aldi, Friedrich-Ebert Straße
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Dagegen klagte jetzt ein kiffender Pfälzer,
dem man aufgrund einer im Blut nachgewiesenen Restmenge an THC (das ist der
Wirkstoff von Cannabis) den Führerschein entzogen hatte. Der Mann hatte am
Abend einen Joint geraucht und war am
nächsten Morgen wegen einer anderen
Angelegenheit zur Polizei gefahren. Dort
benahm er sich so merkwürdig, dass die
Beamten vor Ort eine Blutprobe nahmen.
Die ergab: 0,5 Nanogramm/Milliliter (ein
Nanogramm ist ein Milliardstel Gramm)
THC im Blut. Der Führerschein war weg.
Der Pfälzer zog vor das Verfassungsgericht - und bekam Recht! Die Richter
argumentierten, dass nicht jede Restmen-
Nun muss ein Grenzwert her. Im
Gespräch ist ein Wert von ein Nanogramm/Milliliter. Das würde den Joint am
Abend und das Autofahren am Morgen
danach von Strafe befreien. Doch wie
wirkt sich das Kiffen auf das Fahrverhalten aus? Es gibt Studien, die besagen,
dass bekiffte Fahrer defensiver fahren.
Auf der anderen Seite gibt es immer wieder Unfälle mit Verursachern unter
Cannabis-Einfluss. „Bei einer hohen
Dosierung kann es zu Denkstörungen
kommen“, sagt der Bremer Professor
Lorenz Bölliger vom Institut für Drogenforschung. Nun ist der Gesetzgeber
gefragt.
Kristina Rzehak/Dihia Wegmann
draußen! 2/05
14
BLUMENFREUNDE
15 Jahre „Heideroosjes”:
Lekker punken!
Sie stammen aus einem Nest namens
Horst, kennen sich bereits seit der Jugend
und auf der Bühne gehen sie ab wie Nachbars Lumpi: „De Heideroosjes”, deren Name auf Deutsch genau das bedeutet,
wonach er aussieht, sind die erfolgreichste,
draußen!: Herzlichen Glückwunsch! Ihr habt neulich Geburtstag gefeiert mit einer
großen Party in Tilburg. Seit
1989 steht Ihr auf der Bühne.
Eine verdammt lange Zeit.
Was ist Euer Geheimnis?
niederländische Punkband überhaupt. Wo
die vier Jungs aus der Provinz Limburg
auftreten, sind Spaß und Pogo garantiert.
Aber auch politisch haben „De Roosjes”
was zu sagen. Gerrit Hoekman hat Frontmann Marco Roelofs interviewt.
wir eine große Fangemeinde
haben, können die Medien uns
nicht mehr übergehen. Zum
Glück.
draußen!: Ihr seid durch
dunklen Saal stehst, dann ist
der Unterschied natürlich erst
einmal nicht so groß. Aber ich
kann schon sagen, dass unsere
Musik in einigen Ländern
Marco Roelofs: Knallhart
arbeiten, alles geben, ein bisschen Glück und Durchsetzungsvermögen. Nur dann
kann es im Musikgeschäft
gelingen. Aber vor allem sind
wir immer ehrlich zueinander.
Wir haben als Freunde angefangen und das sind wir zum
Glück immer noch. Natürlich
haben wir schon mal Stress,
aber das diskutieren wir sofort
aus. Anders geht’s gar nicht,
wenn man fast jeden Tag
zusammen in einem kleinen
Bus sitzt.
draußen!: Ich habe Euch neulich in Alkmaar gesehen und
muss sagen: „De Heideroosjes” sind ein echtes Erlebnis.
Hängt Ihr vor dem Konzert an
der Steckdose oder woher
nehmt Ihr die enorme Energie? Immerhin seid ihr alle ja
auch schon Mitte 30...
Marco: Es klingt vielleicht
wie ein Klischee, aber wir
wollen einfach immer das
Beste geben. Es gibt tausende
Bands, die wie wir in einem
alten Stall begonnen haben zu
proben. Wir haben die Chance
bekommen, unseren Traum
wahr werden zu lassen. Wir
können davon leben, verkaufen viele Platten und reisen
durch die Weltgeschichte.
Dafür sind wir sehr dankbar
und wollen den Menschen im
Saal etwas bieten für ihr Geld.
Sie bezahlen die Eintrittskarte
und haben Recht auf eine gute
Show. Wir finden es einfach
geil vor Publikum zu spielen.
Das ist Adrenalin pur.
draußen!: Ihr seid zu Hause
die erfolgreichste Punkband
aller Zeiten. Seid Ihr so etwas
wie die Toten Hosen der Niederlande?
Marco: Wir sind, wie auch die
Toten Hosen in Deutschland,
eine der wenigen Punkbands,
die auch Menschen außerhalb
der eigenen Szene ansprechen. Zu unseren Konzerten
kommen nicht nur Punks, sondern auch „normale” Musikliebhaber. Außerdem können
wir uns darüber freuen, dass
wir ab und zu auch im Radio
und Fernsehen vorkommen.
Das Glück haben die meisten
Punkbands nicht. Aber weil
draußen! 2/05
große soziale Spannungen
gibt wie zum Beispiel in Südafrika oder Ex-Jugoslawien,
sind die Menschen grimmiger.
Sie tanzen aggressiver und
feindseliger. Aber sonst sind
die Fans nach unseren Konzerten meistens zufrieden mit
dem, was sie gesehen und
gehört haben. Das ist auch
unser Ziel: Alles geben und
eine Reaktion auslösen. Ob
die nun positiv ist oder negativ, macht nicht so viel aus.
Nichts ist schlimmer als ein
apathisches Publikum.
Ungarn getourt, habt in Spanien, Ex-Jugoslawien und Südafrika gespielt und tretet auch
oft in Deutschland auf. Unterscheidet sich das Publikum
von Land zu Land? Oder sind
Punks überall gleich?
Marco: Wenn du in einem
ganz unterschiedlich erlebt
wird. In südlichen Ländern
wie Spanien oder Italien sind
die Fans zum Beispiel viel
„ausgelassener”. Sie tanzen
fröhlich rum mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Temperamentvoll könnte man
sagen. In Ländern, in denen es
draußen!: Am Anfang habt
ihr bestimmt nicht dran
gedacht, mit Punkrock Geld
zu verdienen. Wann habt Ihr
gemerkt: Hey, das wird doch
noch ein netter Beruf?
Marco: Wir haben das noch
nie als Beruf betrachtet. Das
wäre auch nicht gut, dann
sähe es so aus, als ob wir das
nur für Kohle machen würden
15
BLUMENFREUNDE
und das ist nicht wahr. Natürlich ist es super, dass wir
unseren
Lebensunterhalt
durch die Musik verdienen
können. Aber es ist unsere
Passion, ein aus dem Ruder
gelaufenes Hobby sozusagen.
Seit sieben Jahren können wir
davon jetzt leben, aber in den
acht Jahren davor haben wir
genauso hart und intensiv
gespielt wie jetzt. Da macht
Geld keinen Unterschied.
länderpolitik ist zu lange unter
den Teppich gekehrt worden.
Allochtonen, (Niederländer,
die im Ausland geboren sind,
vor allem aus Surinam und
von den Niederländischen
Antillen) dürfen wohl bei uns
wohnen, aber nicht mit uns.
Sie werden geduldet, aber
nicht akzeptiert. Allerdings
wurde das nie ausgesprochen.
Sie werden zusammen in be-
draußen!: Nach dem Mord an
Theo van Gogh war die Aufregung groß. Muslime in den
Niederlanden gelten jetzt fast
als Feinde. Aber kaum jemand
spricht darüber, dass Theo van
Gogh Muslime als „Ziegenficker” beschimpft hat. Was
darf man Deiner Meinung
nach in einer liberalen Gesellschaft sagen und was besser
nicht?
draußen!: Ihr seid nicht nur
eine Funpunk-Band, sondern
Ihr wart auch immer politisch.
Im Moment gibt es in den
Niederlanden viel Stress zwischen Christen und Muslimen.
Der Mord am Filmemacher
Theo van Gogh, die Bomben
in Kirchen und Moscheen.
Was denkst Du darüber?
Marco: Tja, da kann ich eine
ganze Seite lang drüber reden.
Die Atmosphäre in den Niederlanden verändert sich gerade. Von progressiv, liberal und
links verschiebt sich das politische Klima jetzt nach konservativ und rechts. Es ist in
den Niederlanden über einige
Sachen zu lange geschwiegen
worden. Die Asylproblematik,
islamischer Fundamentalismus, da durfte man bei uns
nicht drüber reden. Leute, die
sowas anschnitten, waren
sofort „Rassisten” oder „intolerant”. Dadurch ist eine normale
Auseinandersetzung
über diese Art von Dingen viel
zu lange unmöglich gewesen.
Aber die Probleme haben sich
aufgestapelt und sind nun wie
eine Pustel aufgeplatzt. Ich
fürchte, es wird in den kommenden Jahren eher noch
schlimmer.
draußen!: War die liberale
niederländische Gesellschaft
nur Fassade?
Marco: Nicht nur, aber teilweise. In Sachen Drogen und
Sex sind die Niederlande
unverändert liberal. Die Aus-
Marco: Fortuyn war der
erste, der das totgeschwiegene Ausländerproblem an den
Pranger stellte. Er sagte, was
„der kleine Mann auf der
Straße” dachte und fühlte. Er
war kein dummer Rechtsextremist, sondern ein Intellektueller, der zwischen den
Menschen stand und nicht
über ihnen. Ich war nicht
einverstanden mit dem, was
er dachte, aber ich begreife,
warum er so viel bei den
Menschen ausgelöst hat.
draußen!: Die „Heideroosjes” waren keine Anwärter
auf den Preis „Größte Niederländer der Geschichte”.
Enttäuschend?
Marco (lacht): Haha, nee,
ganz bestimmt nicht! Lass
uns mal weiter schön punkrocken.
draußen!: Ihr setzt Euch für
Demokratie ein. Sind Punks
nicht eigentlich fiese Anarchisten?
„De Heideroosjes“: Wer würde da nicht pflücken wollen?
stimmte Stadtviertel gepackt
und in sogenannte „schwarze
Schulen“ geschickt Hinzu
kommt, dass die Regierung
viel Geld ausgegeben hat um
sie ruhig zu stellen. Aus
Furcht, sie könnte des Rassismus beschuldigt werden. Davor haben Niederländer immer viel Angst. Weil sie sich
selbst so human und weltoffen finden. Aber die „gewöhnlichen Niederländer”
sahen ihrerseits, dass sich alle
sozialen Leistungen reduzieren. Das hat Unzufriedenheit
geweckt. Durch das ganze
Elend der letzten Zeit wird
die niederländische Gesellschaft nun gezwungen darüber zu reden. Aber die Diskussion ist nun schon im Vorhinein vergiftet.
-roosjes
Marco: Das Schöne ist: Du
darfst in einer liberalen Gesellschaft - wie der in den Niederlanden - alles sagen. Aber das
muss noch nicht heißen, dass
du auch alles sagen musst. Und
schon gar nicht mit den schroffen Ausdrücken, die Theo van
Gogh oft benutzte. Wenn du
Respekt von deinem Gegenüber willst, dann musst du ihm
diesen Respekt auch geben.
Jedem Menschen seinen Wert
lassen. Das ist wichtig.
draußen!: Vor kurzem wurde
Pim Fortuyn im Fernsehen
zum größten Niederländer der
Geschichte gewählt. Noch vor
Willem van Oranje, Rembrandt oder Anne Frank.
Warum war Fortuyn so populär?
Marco: Das ist eine überholte Ansicht, denke ich. Punk
bedeutet für mich Freiheit.
Unabhängig handeln und
denken. Für viele Kids ist
Punk eine Entschuldigung
fürs Nichtstun und dafür ihr
Leben zu vergeuden. Dann
bist du in meinen Augen kein
Punk, sondern einfach nur
ein Verlierer. Punk ist dasselbe wie Religion - das ist ein
Überbegriff, aber jeder füllt
den anders aus.
draußen!: Wann spielt Ihr
mal wieder bei uns in der
Ecke?
Marco: Heute nicht mehr,
haha... Nein, aber wir sind
im letzten Jahr viel unterwegs gewesen. Aber wir werden trotzdem 2005 wieder
oft in Deutschland spielen.
Auf www.heideroosjes.com
bleibt Ihr auf dem Laufenden.
draußen! 2/05
16
INTERNA
Bücherflohmarkt bringt 750 Euro Horst Gärtner neuer VorLiebe Freundinnen und werden in diesem Jahr versitzender bei „draußen!“
Freunde der „draußen!“, suchen, die Aktion zu
der Bücherflohmarkt, den
die „draußen!“ Ende letzten
Jahres veranstaltet hat, war
ein voller Erfolg. Zehn
Tage lang hatten Ehrenamtliche und freie Mitarbeiter im „__labor“ an der
Warendorfer Straße Trödel
und gebrauchte Schmöker
verkauft. Weil der Filmverein „Die Linse“ das Ladenlokal kostenlos zur Verfügung stellte, lagen am
Ende 750 Euro Reingewinn
in der Kasse. Deshalb einen
herzlichen Dank an die
„Linse“ und das „Cinema“
für die freundschaftliche
Aufnahme.
Neben dem warmen Geldregen kam es beim Bücherverkauf zu netten Kontakten zu den Leserinnen und
Lesern der „draußen!“. Wir
wiederholen. Die Bücher
stapeln sich immer noch bei
uns im Büro bis zur Decke.
Die Flöhmärkte im Sommer
bieten sich da an. Außerdem suchen wir händeringend nach einem Verkaufsraum - auch gerne
zeitlich befristet als Zwischennutzer. Nur kosten
darf es wenig.
Das ist aber noch nicht alles: Wir brauchen dringend
einen trockenen Lagerraum. Eine Garage tut es
auch. Um die Bücher auszulagern, die jetzt noch im
Büro liegen. Und natürlich
darf das auch nicht teuer
sein.
Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Andreas Wolff
„draußen!“ dankt den
Spenderinnen und Spendern!
Nun ja, es hatte zwar nicht
die Dimension des Moshammer-Erbes, aber wir
waren
trotzdem
sehr
gerührt. Eine alte Frau hat,
die vor kurzem gestorben
ist, hat ihre Freundin angewiesen, ein paar hundert
Euro der „draußen!“ zu
spenden - weil sie uns so
gerne gelesen hat.
Auch die Idee eines Lesers
hat uns begeistert. Jedes
Jahr veranstaltet er unter
Freunden eine Auktion, bei
der für Krimskrams geboten wird. Das Geld, das
zusammen kommt, spendet
die Gruppe dann einem
sozialen Prokekt. Diesmal
ging der dreistellige Betrag
an die „draußen!“.
Insgesamt sind im letzten
Geschäftsjahr 12.500 Euro
auf das „draußen!“-Konto
eingegangen. Das bedeutet:
Die Spenderinnen und
Spender tragen zum erheblichen Teil zum Erhalt
unserer Straßenzeitung bei
und schaffen damit Arbeitsplätze. Wir schließen das
Jahr mit einem leichten und
verkraftbaren Minus von
1.500 Euro ab und bitten
Sie, uns auch im laufenden
Jahr zu unterstützen. Denn:
Viele „daußen!“-Leserinnen und Leser machen vielleicht irgendwann einen
halben „Mosi“.
Die nächste „draußen!“ erscheint am 04.März 2005
Redaktionsschluss ist am 28. Februar 2005
draußen! 2/05
Die
schlimmste
Zeit
scheint überstanden: Im
letzten Jahr ist die Auflage
der „draußen!“ im Schnitt
pro Monat um über 1.000
Exemplare
angestiegen.
Eine der erfreuchlichsten
Nachrichten, die der ehrenamtliche Geschäftsführer
Andreas Wolff den anwesenden Mitgliedern des
gemeinnützigen
Vereins
„draussen!“ mitteilen konnte.
Überhaupt hat Münsters
Straßenmagazin im letzten
Jahr eine positive Bilanz
aufzuweisen. Die Kuh ist
zwar noch nicht vom Eis,
aber sie ist wieder ein gutes
Stück näher ans Ufer
geschlittert. Schwachpunkt
bei „draußen!“ bleibt nach
wie vor die Werbung. Trotz
einiger Anstrengung konnten nur wenige neue Werbekunden gewonnen werden.
Noch immer ist die Rückseite weitestgehend von
Reklame frei. Pro Ausgabe
verliert „draußen!“ auf
diese Weise mehrere hundert Euro.
Mit der Arbeit des Vorstands zeigten sich die Mitglieder sehr zufrieden. Bei
der Neuwahl bestätigten sie
die vier Mitglieder im Amt.
Mit einer kleinen Änderung: Horst Gärtner wurde
ohne Gegenstimme zum
neuen
Vorsitzenden
gewählt. Der ehemalige
Chef des Münsteraner Sozialamts wird in Zukunft den
Verein nach außen vertreten. Sein Vorgänger, Gerrit
Hoekman, ist nun der Stellvertreter. und weiter für die
Redaktion verantwortlich.
Sonst bleibt alles beim
Alten: Andreas Wolff, der
maßgeblich für die Konsolidierung der Finanzen veranwortlich ist, führt weiter
die Geschäfte, „draußen!“Gründer Peter Wolter macht
den Vorstand komplett.
Knecht Ruprecht musste
„draußen“ bleiben!
Früher war es bei Weihnachtsfeiern so: 15 „draußen!“-Verkäufer quetschten sich ins
Büro an der Overbergstraße,
aßen heiße Würstchen und
Kartoffelsalat und zogen nach
zwei Stunden wieder ab.
Diesmal war es anders.
„draußen!“ feierte auswärts im Vereinsheim des „Club
68“. Gut 30 Verkäufer, Mitglieder und Freunde fanden
bequem Platz. Es gab Dominosteine, Lebkuchen und
Nüsse, die Einzelhändler gespendet hatten. Und unser
Rudi
hatte
Grünkohl
gekocht.
Bei der anschließenden Bescherung floss hier und da ein
Tränchen der Rührung - manche hatten schon lange kein
Geschenk mehr bekommen.
Anschließend saßen alle noch
nett beiander, tauschten Anekdoten aus vom Leben auf der
Straße und als Höhepunkt
brachte Wolfgang einige Lieder von Tom Astor zum
Besten. Als die letzten aufbrachen, war es bereits weit nach
Mitternacht. Der Chefredakteur brachte die Nachtschwärmer - ausnahmsweise zu
Weihnachten - schließlich mit
seinem klapprigen Golf reihum nach Hause.
KOTEN
Kinderhorte:
Vom Aussterben bedroht
Die rot-grüne Koalition in NordrheinWestfalen will die Offene Ganztagsschule
(OGS) flächendeckend einführen. Dort
werden Kinder auch nachmittags betreut, es
findet jedoch kein Unterricht statt. Der
draußen!: Warum wollen Sie
die Horte erhalten?
Beate Heeg: Horte bieten
Schulkindern eine verlässliche Betreuung vor und nach
der Schule sowie in den
Ferien. Zwei Erzieherinnen
plus eine Berufspraktikantin
sind für 20 Kinder da. Das ist
überschaubar. Außerdem sind
Horte integrativ. Das heißt,
Kinder mit unterschiedlichen
Stärken und Schwächen leben
und lernen zusammen. In der
Offenen
Ganztagsschule
(OGS) kümmert sich eine
Erzieherin um 25 Kinder. Zur
Seite stehen ihr noch geringfügig Beschäftigte und
Ehrenamtliche.
Beschluss des Landes könnte das Aus für den
guten, alten Kinderhort bedeuten. Deshalb
hat sich in Münster eine Initiative „Pro
Hort“ gegründet. Dihia Wegmann sprach mit
einer der Gründerinnen, Beate Heeg.
nicht meine Freizeit im Büro
oder mit den Kollegen verbringen. Die OGS muss aber
nicht unbedingt im Schulgebäude stattfinden. Das ist eine
Besonderheit in Münster.
Integration von Kindern anderer Schulformen?
Beate Heeg: In Münster gibt
es demnächst drei OGS an
Sonderschulen. Ein Problem
draußen!: Ist es gut, Schule
und Freizeit mit einander zu
vermischen wie in der OGS?
Beate Heeg: Persönlich sage
ich: Nein. Ich möchte auch
bereits beschlossen, dass die
Horte weiterbestehen sollen.
Eventuell
wird
die
Öffnungszeit gekürzt. Es wäre
schlimm, wenn die Horte zwar
bestehen bleiben, aber zu
„Ghettos“ für Kinder mit
besonderem
Förderbedarf
würden, wie es zur Zeit in der
Stadt diskutiert wird.
draußen!: Wer trägt die
Kosten für Horte, wenn es die
günstigere Variante Ganztagsschule gibt?
Beate Heeg: Die Stadt
Münster ist offensichtlich bereit, dafür in die Tasche zu
greifen.
draußen!: Welche Partei setzt
sich besonders für die Ganztagsschule ein?
draußen!: Sind die Ganztagsschulen eine Konkurrenz für
Horte?
Beate Heeg: Natürlich. Zum
Beispiel weil der Weg zwischen Schule und Hort entfällt. Wenn es ein gutes Angebot gibt mit Musikschule,
Werkstatt und Sport, ist das sicher attraktiv. Dabei wird aber
oft übersehen, dass die Kinder
im Hort besser begleitet und
unterstützt werden. Dafür sind
Horte aber auch teurer und
können nicht flächendeckend
ausgebaut werden.
17
draußen!: Können Kinder
sich in der Ganztagschule voll
entwickeln?
Beate Heeg: Ja, wenn sie
gerne hingehen, die Angebote
nutzen und die Qualität
stimmt. Die Stadt will dafür
sorgen, dass ab dem nächsten
Schuljahr wirklich in jeder
OGS eine Erzieherin pro
Gruppe arbeitet. Darüber bin
ich sehr froh. In Münster sind
die Politiker dem Rat der
Fachleute gefolgt. Das ist landesweit längst nicht so.
draußen!: Was ist mit der
bleibt aber, wenn die Horte
geschlossen würden: Wo bleiben die Kinder an weiterführenden Schulen im Alter
von zehn bis 14 Jahren?
draußen!: Wie viele Erzieherinnen müssen um ihren Job
bangen?
Beate Heeg: Das ist unklar.
Das Land sagt, die Horte
könnten ja von den Kommunen weitergeführt werden.
Eine Aussage, die angesichts
der Finanzlage vieler Städte
unrealistisch ist. Der Rat der
Stadt Münster hat jedoch
Beate Heeg: CDU und FDP
sind gegen die OGS. Die
CDU fordert mehr echte
Ganztagsschulen, mit Unterricht auch am Nachmittag.
Sicher die beste Lösung vor
dem Hintergrund der PisaStudie. In Münster wollen alle
Partein OGS und Horte nebeneinander anbieten. Landesweit geht Münster da einen
Sonderweg. Die Stadt steckt
Geld in die OGS, um die
Qualität zu steigern, tut dies
aber auch gleichermaßen für
den Erhalt der Horte. Gott sei
Dank, ist Münster noch nicht
von der Haushaltssicherung
betroffen
draußen!: Was würden Sie
Eltern raten: Hort oder Ganztagschule?
Beate Heeg: Das kommt auf
das Kind an: Ein Hort ist ein
familiäres Angebot, die OGS
ein vielleicht flexibleres. „Pro
Hort“ fordert, dass Eltern
weiterhin ihr im Gesetz
verankertes Wahlrecht ausüben können. Die OGS darf
nicht, wie von der NRW-Regierung geplant, das einzige
Angebot sein.
draußen! 2/05
18
JAGD & HUND
Tierpräparator:
Ausgestopft und zugenäht
Die einen mögen sich von ihrem Haustier
auch nach dem Tod nicht trennen, andere
wollen sie als Trophäe - ausgestopfte Hunde,
Katzen, Wildschweine. Viele Erwachsene
finden es makaber, wenn ein toter Adler sie
In seiner Werkstatt im
Dülmener Vorort Hiddingsel
fällt der König der Tiere sofort
ins Auge. „Kinder streicheln
ihn immer gegen den Strich,
anders als die Erwachsenen“,
sagt Roger Dinius. Deshalb ist
dem ausgestopften Löwen an
„Lebend hat er 250 Kilo
gewogen, jetzt sind es nur noch
25“, sagt Dinius.
ohne Papiere. Weil: Fast alles
steht unter Artenschutz“, erklärt
Dinius.
In Dinius' Werkstatt ist fast das
gesamte westfälische Tierreich
versammelt: Frischlinge, Vögel,
Füchse und ein Dachs. Auch ein
Natürlich hat auch der Löwe
eine gültige Einreiseerlaubnis.
Mit Herkunftsnachweis, datiert
auf den 29. Mai 2002. Ausgefallene Wünsche haben natürlich ihren Preis: „Den europäischen Seeadler kann ich für
3.000 Euro besorgen, groß und
tipptopp.“ Der Vogel kommt
tiefgefroren nach Hiddingsel
und wird hier erst von Dinius
ausgestopft.
Roger Dinius mit einem 25 Kilogramm schweren jungen Löwen
einigen Stellen das Fell
ausgegangen. Von den unzähligen Kinderhänden, die
ihm lieb und manchmal auch
ein wenig ängstlich über den
Rücken gestrichen haben. Bei
gutem Wetter stand Leo
nämlich oft in Hiddingsel
draußen vor der Haustür.
draußen! 2/05
mit kalten Augen im Wohnzimmer fixiert,
Kinder freuen sich über die „Plüschtiere“. In
Dülmen schreckt ein Präparator auch vor
großen Tieren nicht zurück. Reinhold
Kübber hat ihm über die Schulter geguckt.
-rk
Marderhund-Pärchen ist noch
im Tod vereint. Die nötige
Genehmigung vorausgesetzt,
kann der Präparator so ziemlich
jede Kreatur besorgen, die auf
dem Planeten kreucht und
fleucht. „Ich kann sogar
Schwarz- und Eisbären kriegen
oder einen Luchs - aber nie
der teurer“, sagt Dinius. Mit
Genehmigung darf er auch
geschützte Tiere präparieren für Schulen und Universitäten
zum Beispiel. Der Präparator
freut sich, wenn Schüler ihn um
Rat fragen bei kniffligen
Biologie-Hausaufgaben. Anschauungsmaterial ist reichlich
vorhanden. Auch in Schulen
kommt er gerne, um über
seinen Beruf und die Tiere zu
erzählen, die er ausstopft. Alles
kostenlos natürlich.
Den Kindern könnte Dinius
erklären, was er tun muss,
damit ein toter Löwe aussieht
als sei er noch lebendig, aber
der Arbeitsvorgang ist für
Jugendliche unter 16 Jahren
ungeeignet. In Dinius Werkstatt
geht es manchmal zu wie in der
Pathologie.
„Mein Kindheitstraum war,
Präparator zu werden“, erzählt
der 40-jährige. Mit 17 begann
er eine Ausbildung
in
Ascheberg, die drei Jahre
dauert. Lange hat er im
Messebau gearbeitet, bevor er
sich als Präparator vor zwei
Jahren selbständig machte.
Aber schon nach kurzer Zeit,
musste er das Gewerbe wieder
abmelden. Wegen fehlender
Nachfrage. „Jetzt betreibe ich
das als Nebengewerbe.“ Das
Geschäft läuft trotzdem nicht so
gut. 90 Prozent seiner Kunden
sind Jäger, die selbst erlegtes
Wild präpariert haben wollen.
Als erstes wird dem stolzen
Löwen das Fell abgezogen,
„balgen“ nennen das die
Insider. Dann vermisst Dinius
den Körper und macht eine
Zeichnung. „Jetzt wasche ich
das Fell und lege es zum
Gerben in 98-prozentigen
Alkohol“, sagt Dinius. Bis er
weiterarbeiten kann, dauert es
noch rund zwei Wochen, je
nach Größe. Damit keine
Insekten das Fell anfressen,
wird es „eulanisiert“. Nun wird
das Tier dünngeschnitten, das
heißt Fleisch- und Fettreste
werden entfernt. Erst dann
beginnt das eigentliche Präparieren. „Ich wickle den Körper in Holzwolle. Im Körper
habe ich Drähte verarbeitet,
dadurch kann ich das Tier
biegen und drehen, wie der
Kunde es haben möchte.“
Wer nicht jagt, für den hat
Dinius einen festen Bestand an
einheimischen, nicht geschützten Vögeln und Säugetieren
vorrätig. Alleine 30 Füchse
liegen in seiner Tiefkühltruhe
oder in Alkohol. 220 Euro
kostet ein ausgestopfter Meister Reinecke. Ein Sonderangebot. „Normalerweise ist
Mit Ton modeliert er die
Muskeln und den Kopf, danach
setzt er die Glasaugen ein.
Dann wird der Löwe getrocknet, das Fell lässt sich nur
feucht verarbeiten. „Zum
Schluss coloriere ich noch die
Nase.“ Nun sieht der Löwe aus
wie echt - nur weglaufen kann
er nicht mehr.
19
VONNER STRASSE
Wolfgang:
Singen und Gedichte schreiben
Andere Leute feiern Silberhochzeit oder ein
halbes Jahrhundert Parteizugehörigkeit.
Wolfgang Freitag hat demnächst Obdachlosenjubiläum - bald macht er seit
fünfzehn Jahren auf der Straße Platte.
Noch mal dasselbe und er kommt ins
Wenn samstags und mittwochs auf dem Domplatz um
Käse, Gemüse oder Fleisch
gefeilscht wird, trifft man
Wolfgang in der Domgasse.
Den Rest der Woche sitzt er
vor der Bücherei „Phönix“.
Stunde um Stunde hockt er
dort mit seinem Bettelschälchen und hofft auf eine
kleine Spende der Passanten.
„In der Weihnachtszeit ist es
ganz gut gelaufen“, erzählt
er. „Das heitert die Laune
auf, wenn die Finger und
Füße eiskalt sind.“
Geboren ist er in der Lüneburger Heide, seine Jugend
verbrachte er aber im Sauerland, wo er auch eine Lehre
als Bäcker gemacht hat. „Das
war aber irgendwie nicht das
Richtige“ meint Wolfgang. Er
versucht sich noch als Maler
und Tischler, aber auch das
ist nicht das, was er will.
Mitte der siebziger Jahre
dann die Idee sich mit einem
Imbiss selbstständig zu machen. Gemeinsam mit seinem
damaligen Stiefvater versorgt
er fast zwei Jahre lang hungrige Mäuler mit Pommes
und Currywurst. Doch dann
der Schock: Sein Stiefvater
brennt mit fast 100000 Mark
durch und lässt ihn und seine
Mutter entsetzt zurück.
Wolfgang heuert als Schausteller an und arbeitet bei der
Geisterbahn, mit der er 1979
auch nach Münster kommt.
Als sich das Sendvergnügen
auf dem Hindenburgplatz
„Guinness-Buch der Rekorde“, hofft er. 15
Jahre sind eine lange Zeit, in der viel
passiert ist. Turbulente Jahre, aus denen
Wolfgang gerne die eine oder andere
Anekdote preisgibt. Katharina Grützmacher hat ihm zugehört.
dem Ende zuneigt und dicke
Kräne bunte Karussellteile
auf LKW verfrachten, entschließt sich Wolfgang nicht
mit weiter zu ziehen, sondern
in Münster zu bleiben. Die
ersten Jahre verdient er sich
bei Horten und in der Halle
Münsterland als Toilettenmann ein paar Mark. Später
auch auf der Autobahnraststätte Münsterland. Kein
besonders schöner Job. „Aber
Wolfgang an seinem Stammplatz
immerhin etwas“, sagt Wolfgang. Außerdem hat der 55Jährige dort seine zukünftige
Frau kennen gelernt - damals
ebenfalls Toilettenfrau auf
der Raststätte. Fünf Jahre
sind die beiden verheiratet
und bekommen zwei Kinder.
Dann lassen sie sich scheiden. „Da habe ich schon nicht
mehr mitgemacht“, erinnert
er sich. Man merkt, wie ihn
das Thema noch heute nervt.
Die nächsten beiden Jahre
reist er durch Deutschland.
Von Rosenheim bis Sylt. „Ich
wollte meine Freiheit genießen und etwas Neues erleben.“ Schließlich kehrt er
nach Münster zurück, lebt
-dw
aber weiter auf der Straße,
auch im Winter schläft er
lieber draußen. Seinem
„Schlafzimmer“ ist er nun
schon seit sechs Jahren treu.
Wo er sich jede Nacht aufs
Ohr haut, wird natürlich nicht
verraten. Nur so viel: „Da
hab ich bis auf die jährliche
Grünflächenreinigung meine
Ruhe,“ verrät er aber.
Doch alles geht nicht
draussen , deshalb geht er seit
über zehn Jahren in die
Tagesstätte der Diakonie.
Dort findet er Dusche,
Waschmaschine und eine
warme Mahlzeit. Aber vor
allen Dingen ein bisschen
Geborgenheit. Wolfgang ist
ein Charmeur, deshalb ist er
zwischendurch immer mal
wieder bei Frauen untergekommen, war ein paar Mal
verlobt und ist einmal sogar
mit einem Kurschatten durchgebrannt. „Das waren aber
meistens schwierige Beziehungen, die nie wirklich lange
gehalten haben.“ Aber er gibt
die Suche nach dem großen
Glück nicht auf. Zur Zeit
wohnt er wieder bei einer
Frau. Vielleicht ja diesmal für
länger. „Wenn nicht tröste ich
mich halt mit Singen und
Dichten“, meint Wolfgang.
Denn Singen, das kann er.
Schon in Wetter an der Ruhr
hat er im Männerchor mitgewirkt und auch in Münster
hat er kräftig im „Rheingold“-Chor mitgesungen.
Im Moment ist Wolfgang
Solist, singt für sich selbst
oder auf der „draußen!“Weihnachtsfeier - am liebsten
Lieder von Fred Astor. „Wenn
mir etwas durch den Kopf
schwirrt, schreibe ich ein
Gedicht“, sagt er. Aber er
liest auch gerne mal das eine
oder andere gute Buch. Gerade an langen kalten Winterabenden. Und egal was
kommt, einmal im Jahr geht's
über die niederländische
Grenze ins „Avonturenland“
nach Hellendoorn. Das kostet
zwar zehn Euro Eintritt. Aber
die müssen einfach drin sein!.
Schließlich hat er ja mal auf
dem Rummel gearbeitet. Das
prägt.
draußen! 2/05
20
WEIHRAUCH
Zum ins Zimmer hängen:
Die Redaktion auf einen Blick
Sicher haben Sie sich schon oft gefragt: Wie
sehen die eigentlich aus, die mich in der
„draußen!“ Monat für Monat in Rage
bringen? Die Namen kennen Sie, hier nun die
dazu gehörenden Gesichter. Repräsentativ
draußen! 2/05
und ungeschminkt. Na, und was sagen Sie?
Sind wir nicht eine unglaublich gut
aussehende Redaktion. Und so freundlich!
Nur der Chef guckt mal wieder ernst. Oder
investigativ, wie er behauptet.
Sabrina Kipp
Gerrit Hoekman
Ralph Korte
Sebastian Henneke
Sigi Nasner
Heinz Dalmühle
Katharina Grützmacher
Katrin Steiner
Paul Demel
Dihia Wegmann
Kristina Rzehak
Malte Koppe
Claudia Siemens
MUSIKHALLE
Gleis 22:
Café für Abgefahrene
Unter Münsters Nachtschwärmern ist das
„Gleis 22“ schon lange eine der beliebtesten
Locations. Aber der Schuppen an der
Hafenstraße ist auch im Rest von Deutschland ein Begriff. Letztes Jahr wählten die
Junge und Junggebliebene,
Raver und Rastafari - im
Gleis 22 sieht man die unterschiedlichsten Gesichter. Das
liegt wohl am breit gefächerten Angebot: von Reggae über Punk zu Ska. Gleich
spielt die Sam Ragga Band
und auch heute Abend sind
manche der Besucher von
weit her gekommen. Der eine
oder andere ist vielleicht nur
zufällig hier. Das „Gleis“
liegt optimal, mitten in
Münster, an der Hafenstraße
zwischen Bahnhof, Kreativkai und Ludgerikreisel. Da
springt man schon mal eben
rein, wenn man mit dem
Fahrrad dran vorbei muss.
Eigentlich ist das „Gleis“ eine
Einrichtung der Stadt Münster
und gehört zum Jib. Dort
können Jugendliche ihre Leezen reparieren oder sich Hilfe
bei der Berufswahl holen. Das
Jugendzentrum ist für alle bis
Mitte 20 da. Ja, und das
„Gleis“ ist sozusagen das
dazugehörige Cafè. Die Preise
sind hier trotz „Teuro“ noch
erschwinglich. Mittags gibt es
was zu essen und ein paar Mal
die Woche wird das „Gleis“
zum Konzertsaal und zur
Partyzone. Wer hat hier nicht
schon alles gespielt! Blumfeld,
Marky Ramone, Dick Brave
and the Backbeats. Viele bei
uns fast unbekannte Bands aus
dem Ausland waren darunter.
Aus Uruguay, Finnland oder
Asien. So manche Gruppe hat
ihre Deutschland-Tour im
„Gleis“ gestartet. Booker Frank
Leserinnen und Leser der Musikzeitschrift
„Spex“ das „Gleis“ zum besten Club der
Republik. Dihia Wegmann hat sich beim
Konzert der Sam Ragga Band im Dezember
mal umgeschaut.
Dietrich und seine Helfer
wissen, was ankommt. Und sie
haben ein Pfund, mit dem sie
wuchern können - das Publikum im „Gleis“ macht mächtig Stimmung.
Doch bleiben sie dem Dancehall treu. Und weil die Dancehall-Riddims ihnen den musikalischen Freiraum lassen,
bewegen sie sich dort auf
wohligem Terrain. Unterstützt
Bayern München lügt: Der beste Club in Deutschland kommt aus Münster
Heute Abend also die Sam
Ragga Band. Mit einer bunten
Mischung von Reggae bis
Soul wollen sie ihre positiven
Vibes durchs „Gleis“ wabern
lassen. Das erste Album
brachten Sam Ragga 2001
raus. Seit dem haben sie sich
stetig weiter entwickelt und
lassen sich jetzt durch Afrobeats und Funk beeinflussen.
werden sie von Jan Delay,
dem sozialkritischen Hamburger Rapper von den „Absoluten Beginnern“. Das heißt
schon was! Und auch das alte
Pop-Häschen Nena ließ es
nicht nehmen, den Track
„Schade“ gemeinsam mit
Sam Ragga aufzunehmen.
Die beiden Sängerinnen
Jessica und Esther liefern den
21
perfekten Schliff für die
rauchige Stimme des Sängers
Seanie.
Sam Ragga verkörpern eine
beispielhafte Art der Völkerverständigung und das spiegelt sich auch in den Texten
wider. Es geht um Rassismus,
Abschied, Selbstkritik, Akzeptanz. Aber nicht im 08/15
Style. Als sei das Publikum
mit den Verstärkern verbunden, geht es ab wie nichts.
Leider ist das „Gleis“ ziemlich klein und Sam Ragga
wollen viele sehen. Da es
recht eng ist, müssen sich
Tanzlust und Ausgelassenheit
auf das Innere beschränken.
-hd
Aber vielleicht ist ja beim
nächsten Mal mehr Platz.
Dann kommen wieder echte
Insider: Eastern Standard
Timme aus den USA und aus
Uruguay La Vela Puerca. Wer
sonst noch auftritt, steht
unter:
w w w. g l e i s 2 2 . d e
draußen! 2/05
22
CHEFSACHE
Büro-Knigge:
Was tun gegen Besserwisser?
Warum habt ihr eigentlich bei euch in der
Redaktion ständig tolle Laune, fragen uns
manchmal Besucher. Ganz einfach: Wir halten
uns an den Büro-Knigge. Freundlich sein,
Zuhören, Loben - das hebt die Stimmung. Und
„Darf ich dir mal einen Tipp
geben? So geht das viel
einfacher“ - Kollegen, die zu
jedem Handschlag, den man tut,
ihren Senf dazu geben und alles,
aber auch wirklich alles besser
wissen, können einem schon
mächtig
den
Büroalltag
verdunkeln. Überall kennen sie
sich aus, die anderen haben keine
Ahnung. Aber sogar der
Volksmund weiß: „Ratschläge
sind auch Schläge“. Hinter dem
angeblich gut gemeinten Hinweis
steckt nämlich oft ein Vorwurf
und das sorgt auf Dauer für böses
Blut. Vor allen Dingen, wenn der
Tipp ungebeten kommt. „Statt
einfach Ratschläge zu verteilen,
ist es besser, durch offene Fragen
herauszufinden, wie der andere
eine Situation beurteilt“, rät der
Psycholge Gerd Reimann im
wer sich nicht dran hält, wird gnadenlos
rausgemobbt! Denn wir wissen: In manchen
Betrieben verschlingt der Psychokrieg ein
Drittel der Arbeitskraft. Gerrit Hoekman über
gute und schlechte Manieren beim Tagwerk.
Internet. Grundsatz: Erst wenn
Hilfe erwünscht ist, sie auch anbieten.
Meistens ist bei solchen Leuten
das Selbstbewusstsein angeknackst, sie müssen sich und dem
Rest der Welt beweisen, wie
unersetzbar sie sind - weil sie
selbst daran zweifeln. Ausrasten
und den Besserwisser erbost in die
Schranken weisen, hilft da wenig,
sagen Arbeitspsychologen. Auch
wenn der florentinische Machtpolitiker Machiavelli schon vor
500 Jahren der Ansicht war:
„Nimm niemals einen Rat
entgegen, wenn du nicht gefragt
hast.“ Ungebetene Ratschläge
wehrt man heutzutage am elegantesten ab, indem man den Ball
zurückspielt: „Glaubst du, daran
habe, darüber habe ich noch nicht
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Presse und Informationsamt
Tausend Fragen - eine Adresse
Infos und Service im publikom - Stadtnetz für Münster
www.muenster.de
Portal für Münster und das Münsterland
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Service und Infos der Stadtverwaltung
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Sozialforum, Online-Freiwilligenbörse
www.termine.muenster.org
Münsters Veranstaltungskalender
www.wilsberg.muenster.de
Das „Wilsberg“-Spiel des Presseamtes
www.buene.org/stadtgespraech
Diskussion: Münsters Bürger reden mit
www.awm.muenster.de
Abfall und Recyling, Entsorgungskalender
www.muenster.de/stadt/formulare
Vordrucke online - das spart Zeit und Wege
draußen! 2/05
nachgedacht?“ Oder den Alleskönner loben, aber hinzufügen,
das sei einem schon selbst eingefallen. Das nimmt dem Gegenüber den Wind aus den Segeln
und entschärft die Lage.
Besonders schlimm ist es, wenn
der Superschlaue der Chef ist,
denn ewiges Genörgel vertreibt
jede Motivation bei den Mitarbeitern: Wozu noch anstrengen,
wenn es sowieso nie richtig ist?
Wer Untergebene vor versammelter Mannschaft runterputzt,
muss sich nicht wundern, wenn
die Belegschaft sich nicht mehr
für den Betrieb verantwortlich
fühlt und nur noch Dienst nach
Vorschrift macht. Innere Kündigung nennen das die Experten.
„Probleme mit dem Vorgesetzten
sind der Motivationskiller Nummer eins“, weiß das Wochenblatt
„Die Zeit“. Nur zwölf Prozent der
Deutschen gehen gerne zur Arbeit; jeder Fünfte gibt an, seinen
Chef zu hassen. „Da züngelt kein
Feuer aus dem Dach, da wuchert
ein gefährlicher Schwelbrand“,
warnt die „Zeit“. Nur wer Eigeninitiative entwickeln darf, arbeitet
gerne - und effektiv. Grundsätzlich gilt: Vertrauen in die
Fähigkeiten der Mitarbeiter ist das
A und O. Wer seinen Angestellten
nichts zutraut, hätte sie erst gar
nicht einstellen dürfen. Damit
niemand seine Kompetenzen
überschreitet, muss der Boss klipp
und klar festlegen, wo die
Grenzen sind. Und loben! Allgemein klagen deutsche Arbeitnehmer darüber, dass der
Vorgesetzte ihre Leistung zu
selten oder nie anerkennt.
Zum guten Betriebsklima gehören
aber immer zwei. Wer bei jedem
Job dieselben Probleme mit dem
Chef bekommt, muss auch mal
sein eigenes Verhalten hinterfragen, Bin ich zu dünnhäutig?
Fühle ich mich durch Kritik in
den Grundfesten erschüttert?
Lege ich Worte zu sehr auf die
Goldwaage? Arbeite ich eventuell
wirklich nicht so gut, wie ich
selbst glaube? Neben dem Besserwisser kann nämlich auch der
Typ „Mimose“ den letzten Nerv
rauben. Er ist ein hoffnungsloser
Pessimist, der mit seinem Gequengel schnell die anderen runterzieht. Ignorieren, empfehlen
Experten. Oder der „Abstauber“,
der gerne fremde Ideen aufgreift
und als seine eigenen deklariert.
Auch den „Provokateur“ gibt es in
fast jeder Betriebsgruppe. Er
widerspricht aus Prinzip und will
immer das letzte Wort haben.
Ohren auf Durchzug ist bei ihm
die beste Taktik. Der gefährlichste
Spaltpilz fürs Team ist der
„Intrigant“. Er hat immer brandheiße Informationen: „Wisst ihr
schon? Kollegin Müller hat ein
Techtelmechtel mit dem Chefredakteur. Deshalb erscheinen ihre
Artikel immer auf der ersten
Seite“, klatscht er gerne. Ruckzuck werden bei ihm Gerüchte zu
Tatsachen - auf Kosten der
Kollegin. Gerne schmiedet er Intrigen, er ist ein Meister des Mobbings.
Ist die Atmosphäre im Büro erst
vergiftet, hilft nur noch ein sogenannter Mediator, der zwischen
den Parteien vermittelt. Große
Firmen wie Siemens haben einen
eigenen Schlichter: Aber eventuell reicht schon ein neutraler
Kollege, der vertrauenswürdig
und diplomatisch ist. Ein wenig
Humor ist auch nicht schlecht.
Aber vor allen Dingen müssen
ihn beide Streithähne als Vermittler akzeptieren. Hat auch das
keinen Zweck mehr, müssen die
Profis ran. Mediatoren findet man
im Internet unter www.bmwa.de.
Und stellt fest: Streiten kann
verdammt teuer sein, so um die
150 Euro die Stunde.
23
P R O L E TA R I E R
Fritz-Hüser-Institut:
Europas einziges Arbeiterarchiv
Dortmund ist eine Stadt der Arbeiter und auf
Kohle gebaut. Wo sonst also sollte Europas
einziges Forschungsinstitut für Arbeiterliteratur stehen? Über 38.000 Bände und Zeitschriften warten im Fritz-Hüser-Institut auf
Wissensdurstige. Darunter auch alle Ausgaben des „Kunden“, der Ende der zwanziger
Jahre gegründeten, ersten Straßenzeitung
Deutschlands. Und die „draußen!“ ist ebenfalls von Anfang an im Archiv vertreten.
Die Sammlungen des Instituts
beruhen auf dem privaten
Engagement des Stahlarbeiters und späteren Bibliothekars Fritz Hüser (1908-1979).
Seit 1920 sammelte er Bücher,
Auflage, es als selbständiges
Institut fortzuführen. In Erinnerung an ihn heißt es heute
„Fritz-Hüser-Institut für deutsche und ausländische Arbeiterliteratur“.
Broschüren, Aufsätze und
Zeitungsausschnitte zur Arbeiterliteratur. Nach einem
Unfall wurde er mit Hilfe der
Berufsgenossenschaft zum
Bibliothekar ausgebildet. Die
Stadt Dortmund ernannte ihn
1945 zum Direktor ihrer
Volksbüchereien, die er beispielhaft bis zu seinem Ruhestand 1973 ausbaute. Neben
seinem Beruf erneuerte und
erweiterte er seine Sammlung
nach den Verlusten durch die
Nationalsozialisten und den
Zweiten Weltkrieg und gründete das „Archiv für Arbeiterdichtung und soziale Literatur“, das er 1973 der Stadt
Dortmund überließ mit der
In Archiv und Bibliothek sammelt das
Institut die Zeugnisse der Arbeiterbewegung und der Arbeitswelt wie sie
sich in der Literatur,
im Drama und im
Theater, in Biografien und Autobiografien, in der Musik, in der Kunst
und im Sport wiederspiegeln. So entstand im Laufe der
Jahrzehnte eine der
größten Bibliotheken zu diesem Themenbereich
mit
Monografien und
zum Teil sehr seltenen Zeitschriften sowie ein Archiv mit
Nachlässen, Kunst- und Mediensammlungen. Dazu gehören unter anderem die Nachlässe und Teilnachlässe der
Arbeiterdichter Max Barthel,
Heinrich Lersch, Gerrit Engelke, Paul Zech, Ernst Preczang, Bruno Schönlank, Oskar Wöhrle; der Nachlass der
Gründer der „Büchergilde Gutenberg“ Bruno und Helmut
Dreßler; die Nachlässe zahlreicher Mitglieder der „Dortmunder Gruppe 61“ und des
„Werkkreises Literatur der
Arbeitswelt“ sowie die Archive dieser beiden Vereinigungen; die Nachlässe von Mit-
gliedern der „Bruderschaft
der Vagabunden“ wie Gregor
Gog, Hans Tombrock und
Hans Bönnighausen. Die
Arbeiter-Esperanto-Bewegung ist
durch die Sammlung Weichmann und mehrere einzelne
Nachlässe von Esperantisten
herausragend dokumentiert.
Mehrere Arbeiterchöre und
der „Deutsche Arbeiter-Sängerbund“ respektive „Deutsche Allgemeine Sängerbund“ haben ihre Archive
dem Institut übergeben. Zu
den Sammlungen gehören
auch mehrere Tausend Grafiken, Plakate, Schallplatten
und Videos sowie eine
umfangreiche Foto- und eine
Zeitungsausschnittsammlung.
Die Bestände des Instituts
wurden und werden in zahlreichen Ausstellungen im In- und
Ausland einer breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht. In
seiner Schriftenreihe stellt das
Institut regelmäßig die Forschungsergebnisse zur Arbeiterliteratur und -kultur vor.
Kontakt:
Fritz-Hüser-Institut für deutsche
und ausländische Arbeiterliteratur
Ostwall 64
44135 Dortmund
Telefon (0231) 50- 23135 / 26305
e-mail: jpalm@stadtdo.de /
gvogt@stadtdo.de
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draußen! 2/05
24
HUSTENREIZ
Grippaler Infekt :
Hilfe von Mutter Natur
In der nasskalten Jahreszeit boomt das
Geschäft der Taschentuchindustrie - der
grippale Infekt ist hierzulande die häufigste
Infektionskrankheit. Die Symptome sind
Schnupfen, Hals-, Kopf- und GliederMit Medikamenten dauert
Schnupfen eine Woche, ohne
Medikamente sieben Tage,
sagt der Volksmund. Trotzdem können Natur und Homöopathie die Beschwerden
lindern. Schweißtreibender
Tee aus Holunder- oder Lindenblüten, schon bei den
ersten Anzeichen einer Erkältung getrunken, schwächt
den Verlauf ab. Öl aus Kamille, Minze oder Thymian lassen die Schleimhäute abschwellen und machen die
Nebenhöhlen
frei.
Der
Schleim löst sich und kann
abfließen. Hierbei helfen
auch Dampfbäder aus Kochsalz oder ätherischen Ölen
sehr gut.
schmerzen, Husten und leicht erhöhte
Temperatur. Wie Natur und Homöopathie
helfen, wenn die Nase läuft, sagt Ihnen der
Allgemeinmediziner Dr. Ralph Korte.
Wer
auf
Homöopathie
schwört, dem empfiehlt sich
bei plötzlichem Krankheitsbeginn die Einnahme von
„Aconitum D6“. Jede Viertelbis halbe Stunde fünf Tropfen. Bei zusätzlicher Schweißbildung noch jede Stunde
ser. Bei der sogenannten
Kopfgrippe hilft „Gelsemium
D12“, ebenfalls vier mal pro
Tag.
Zu den allgemeinen Maßnahmen einer raschen Erholung gehören warme Klei-
Arzneimittel wie Sinupret
und Gelomyrtol als Kapseln,
Tabletten oder Tropfen eingenommen, haben einen ähnlichen Effekt. Auch Husten
wird durch diese Therapie
günstig beeinflusst. Ganz
unterdrückt werden darf er
nicht, denn der Schleim muss
raus.
Kindern hilft ein Extrakt aus
Efeutrockenblättern, den diese am liebsten als Saft einnehmen. Bei Kleinkindern
sind Zäpfchen die bessere
Wahl. Besonders zur Nacht,
damit der Nachwuchs hustenfrei durchschlafen kann. Bei
Halsentzündungen hat sich
Tonsipret als Tabletten oder
Tropfen bewährt. ViburcolZäpfchen, ein homöopathisches Kombinationsmittel,
senken bei unruhigen Kleinkindern das Fieber.
draußen! 2/05
oder alle zwei fünf Tropfen
„Belladonna D6“. Stehen
Gliederschmerzen und Halsund Rachensymptome im
Vordergrund bietet sich
„Phytolacca D6“ an. Vier mal
tägliche eine Tablette und
dem Hals geht es schnell bes-
dung und eine wohl temperierte Wohnung, weder zu
heiß noch zu kalt. Aber genug
trinken! Drei Liter am Tag um
den Verlust an Flüssigkeit
durch Schwitzen auszugleichen und um den Schleim zu
lösen. Körperlich anstrengen-
de Tätigkeiten meidet man in
dieser Zeit besser. Ist die
Temperatur erhöht, empfiehlt
es sich sogar ganz im Bett zu
bleiben. Außerdem sollte man
sich viel Ruhe gönnen und
viel schlafen. Eine ausgewogene und vitaminreiche
Ernährung
(Obst
und
Gemüse) unterstützen den
Heilungsprozess.
Mit diesen Tipps sollte der
grippale Infekt nach ungefähr
einer Woche im Wesentlichen
überstanden sein. Ist die Erkältung bis dahin nicht besser
geworden oder hat sich gar
verschlimmert - unbedingt
zum Arzt gehen, der eventuelle
Folgeerkrankungen
oder eine Influenza, die echte
Grippe, spezifisch behandelt.
Gegen Grippe ist eine Impfung möglich, die jährlich
wiederholt werden sollte. Der
Impfstoff wird nämlich jedes
Jahr den ersten Infektionsfällen in Südostasien angepasst. Besonders über 60Jährigen und chronisch Kranken empfiehlt sich die Impfung. Auch Personen, die
sehr viel Kontakt zu anderen
Menschen
haben. Aber
Vorsicht: Patienten, die gegen
Hühnereiweiß allergisch sind,
müssen
darüber
vorher
unbedingt mit ihrem Hausarzt
reden.
Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen übrigens
die Kosten der Grippeschutzimpfung voll und ganz.
Wird man jedoch immer
wieder krank, muss auch ein
Arzt zur Rate gezogen werden. Findet der keine medizinische Ursache, liegt
wahrscheinlich eine instabile
Immunitätslage vor. Um die
körpereigene Abwehr zu
stärken, bieten sich unter
anderem besonders naturheilkundliche Verfahren an:
eine körperliche Abhärtung,
Kneippkuren, Eigenbluttherapie oder die Mikrobiologische Therapie.
25
SZENE
Pennerkalender 05 Trauriges Ende eines
lustigen Abends
Mal kein schöner Spruch, eine
sexy Frau oder eine atemberaubende Landschaft auf dem
Titel eines Kalenders, sondern
ein bärtiger Mann mit Käppi,
über der Augenpartie der breite
Schriftzug „Obdachlos!“ Dafür
dass sicherlich nicht jeder
einen Kalender mit Obdachlosen an der Wand hängen haben
möchte, hat sich die Idee von
Leander Gilbert, Geschäftsführer einer Druckerei in Essen,
gut verkauft. Gemeinsam mit
dem Fotografen und Kommunikationswissenschaftler Matthias Duschner hat er Menschen von der Straße ins Fotostudio geholt und abgelichtet.
Ohne Schminke oder sonstigen
Schnick-Schnack, die normalerweise
zum
Shooting
gehören. „Wir wollten kein
Klischee oder Bild bedienen,
sondern die Menschen einfach
so zeigen wie sie sind“, erklärt
der Fotograf. Anfangs galt es
Vertrauen aufzubauen: „Manche hatten Angst, aber wenn
wir erklärt haben, wer wir sind
und was wir wollen ist die
meist schnell verflogen.“
Inzwischen ist der Kalender
ausverkauft und hat großen
Anklang in der Öffentlichkeit
gefunden. Etliche Zeitungen
und der WDR haben über das
Projekt berichtet. Und damit ist
das Ziel der beiden Essener
eigentlich schon erreicht: Aufmerksamkeit für diejenigen,
denen es schlecht geht und die
tagtäglich von uns allen gerne
übersehen werden. Jeden
Monat ein neues Gesicht, ein
Schicksal, eine Geschichte, ein
Mensch wie jeder andere, ein
Obdachloser. Einer von denen
die sonst am Rande der Gesellschaft stehen. Und die stellt der
Fotograf auf zwölf SchwarzWeiß-Porträts in den Mittelpunkt. Da wird Weggucken
schwer: der Penner von der
Straße hat einen Namen und
etwas zu erzählen. 14,80 Euro
kostet der Kalender und der
Erlös kommt der Essener Notschlafstelle für Jugendliche
sowie dem Arztmobil der
„Gesellschaft für Soziale
Dienstleistungen“
zugute.
„4000 Euro sind durch den
Verkauf zusammen gekommen“ berichtet Duschner
zufrieden. Nicht nur das Grund
ist genug, das Projekt nächstes
Jahr zu wiederholen. Es bleiben ja noch 399988 Gesichter
auf Deutschlands Straßen die
Platz finden könnten im „Pennerkalender“.
Katharina Grützmacher
Es ist ja nichts Neues, das
dem einen oder anderen die
Sicherungen durchbrennen
sobald eine gewisse Grenze
des Alkoholkonsums erreicht
ist. In Greven brannten
einigen Trinkfreunden in der
Nacht vom 30.12 auf den
31.12 in Greven allerdings
einige um nicht zu sagen alle
Sicherungen durch. Vermutlich hatten sich die fünf
Männer im Alter zwischen 20
und 70 Jahren mit einer 43jährigen Frau zu einem
kleinen Saufgelage in einem
Zimmer in einer Unterkunft
für Wohnungslose getroffen.
Dabei entstand ein Streit, der
für einen 39-jährigen Mann
tödlich endete. Und wen wundert's, es ging um Geld. Laut
Polizeibericht gerieten die 20und 37-jährigen Tatverdächtigen mit dem 39-jährigen auf
Grund offener Schulden von
160 in Streit. Die Polizei
ermittelte mit einer 18köpfigen Mordkommission
und fand im Zuge ihrer
Ermittlungen heraus, dass das
Opfer von den beiden tatverdächtigen Männern mit
Schlägen
und
Tritten
attackiert worden war.
Sogar den Rottweiler des
37-jährigen hetzten die
beiden unter Alkoholeinfluss stehenden Männer auf
ihr wehrloses Opfer. Zivilcourage zeigten die anderen
Anwesenden auf Grund
massiver Einschüchterung
der Tatverdächtigen nicht.
Ihr schwerverletztes Opfer
ließen die Männer alleine
zurück und verließen mit
ihren Saufkumpanen die
Wohnung. Der 39-jährige
starb an Bissverletzungen
und inneren Blutungen. Die
Staatsanwaltschaft Münster
beantragte Untersuchungshaft gegen die beiden Männer. Nur was war mit den
zuständigen Sozialarbeitern? Werden auch Ermittlungen gegen die Verantwortlichen eingeleitet? Wie
kann es sein, dass in einem
Heim für Obdachlose kein
Ansprechpartner ist, kein
Nachtdienst, niemand der
dem Opfer helfen konnte?
Dihia Wegmann
Dirk Ronald Wickboldt
*15. 11. 1963
+22.12. 2004
Für alle plötzlich und unerwartet
verstarb Herr Wickboldt.
Wir denken an ihn.
Die Hausgemeinschaft des HdW
draußen! 2/05
26
HOCHLAND
Tibetische Gesänge in
der Dominikanerkirche
Anzeige
Am Freitag, den 26. November füllte sich gegen 19.30
Uhr die Dominikanerkirche
an der Salzstraße. Alle Plätze
waren besetzt als eine kleine
tibetische Nonne in gelb-roten
Roben nach vorne ging, ihre
Schuhe auszog und auf einem
kleinen Podest Platz nahm.
Nachdem sie ein paar einführende Worte über sich,
über ihr Projekt in Nepal eine
Schule für Nonnen zu bauen
und über ihr Konzertprogramm gesagt hatte wurde es
mucksmäuschenstill.
Ani
Chöying Drölma schloß ihre
Augen, konzentrierte sich eine
kurze Weile, und dann erhob
sich ihre klangvolle Stimme,
erst leise beginnend und dann
die ganze Kirchenkuppel
durchdringend.
Ihr Programm besteht aus
traditionellen tibetischen Melodien aus der „Chöd“-Praxis
(tib. Chöd = schneiden, durchtrennen). „Chöd“ bezieht sich
auf das Durchtrennen der
Anhaftung an das eigene
egoistische Verhalten. Normalerweise dauern die Rezitationen, Mantras und Gesänge einen ganzen Tag. Für ihren
Vortrag hatte Ani Chöying nur
die schönsten Melodien ausgesucht, dabei allerdings die
ursprüngliche Reihenfolge
eingehalten. Sie begleitete
ihre Gesänge mit einer kleinen Glocke und einer etwas
größeren Doppeltrommel. Sie
traf mit ihrer Stimme die
Herzen der Zuhörer, die
gebannt lauschten und erst
gegen Ende des Vortrags laut
applaudierten. Ani Chöying
Drölma bedankte sich danach
bei den Zuhörern dafür, dass
sie sich die Zeit für das
Konzert genommen hatten,
dass sie damit gleichzeitig ihr
Schulprojekt unterstützt hat-
draußen! 2/05
ten, („draußen!“ berichtete
darüber in Heft Nr. 11. 04.)
und dass sie die Zeit mit ihr
verbracht hatten. Für die
Zuhörer war der Besuch des
Konzerts ein aussergewöhnliches musikalisches Erlebnis.
Wer mehr über das Projekt
erfahren möchte oder für den
Bau der neuen Schule spenden
oder eine Patenschaft für eine
der Schülerinnen übernehmen
möchte wende sich bitte an:
A. und M. Steinkamp
Tel.: 02504-4070 oder
S. Fossa, 0251-9720458
Dharmagruppe Münster
Achtermannstr. 26
(www.dharmagruppe-muenster.de)
MIEZE DES MONATS
„Mimi ist eine vierjährige
Katzendame mit
Persönlichkeit. Sie schmust
gerne und läßt sich auch
gerne streicheln - aber nur,
wenn sie es wünscht. Bei solch
einer „Prinzessin auf der
Erbse“ versteht es sich von
selbst, dass sie ihre Menschen
mit keiner anderen Samtpfote
teilen möchte. Es dauert ein
bißchen, bis Mimi ihr Herz
verschenkt. Doch nach einer
Eingewöhnungszeit kann
man sich ein Leben ohne sie
gar nicht mehr vorstellen“
Katzenhilfe Münster e.V.
Tel. 8469757
JURISPRUDENZ
27
Mietertipp:
Was der Anwalt kriegt
„Geld bewegt die Welt.” Das ist auch bei
Gericht und Anwälten so. Bevor das Gericht
überhaupt tätig wird, verlangt es meistens
vom Kläger einen Vorschuss auf die
Gerichtskosten und Anwälte wollen häufig
Ulli Hermanns, der seinen
richtigen Namen nicht
preisgeben möchte, ist
ziemlich angefressen. Er
wohnte mit Frau und Kleinkind
eine
Einliegerwohnung in einem Einfamilienhaus. Dann kündigte sein Vermieter, der
selben Haus lebte, den
Mietvertrag und wies darauf hin, dass er die Kündigung nicht begründen
müsse, weil es sich um eine
Einliegerwohnung handele.
Richtig. So steht es im Bürgerlichen
Gesetzbuch
(BGB), §573a. Allerdings:
Viele Gerichte lassen eine
solche Kündigung erst nach
ein bis zwei Jahren Mietdauer zu. Ulli hatte die
Kündigung schon nach
einem halben Jahr auf dem
Tisch. Er wollte es aber
lieber nicht auf einen
Prozess ankommen lassen
und suchte nach einer neuen Wohnung. Das dauerte
etwas länger und in seiner
Not wandte er sich schließlich an einen früheren Studienkollegen, der mittlerweile in Münster als
Makler tätig ist: „Hör mal
Du hast doch was mit
Wohnungen zu tun. Ich bin
ziemlich unter Druck.
Kannst Du mir nicht mal
einen Tipp geben.”
Der „alte Freund” meinte
nur: „Das ist mein Beruf.
Das musst Du verstehen.
Ich mach das nur gegen das
übliche Honorar.” „Wieviel
ist das?” „Zwei Monatsmieten, kalt.” „Abzocker!”,
eine Anzahlung aufs Honorar. Da können
schnell ein paar hundert Euro zusammen
kommen. Mit welchen Kosten Sie bei einem
Mietprozess genau rechnen müssen, erklärt
Rechtsanwalt Paul Demel.
dachte Ulli. Aber er
brauchte dringend eine
andere Bleibe. „Kannst Du
mir da nicht etwas entgegenkommen? Ich hab es
ja auch nicht so dicke.
Sagen wir pauschal 350
Euro ?” „Na gut.”
Dann ging alles ganz flott.
Der „Kumpel” hatte eine
Reihe von Wohnungen im
Angebot und tatsächlich
hatte Ulli vier Wochen
später eine Bude. Er wunderte sich noch, dass mit
dem Makler nichts Schriftliches abgemacht war,
führte das aber auf das gute
alte Verhältnis zurück. 14
Tage nach Einzug in die
Wohnung war er schlauer.
Auf einmal lag eine ganz
normale
Makler-Vergütungsrechnung in Höhe von
zwei Kaltmieten im Postkasten. 1.200 Euro!
Um die Sache schnell und
in beiderseitigen Einvernehmen zu beenden, zahlte
er 150 Euro mehr als
mündlich ausgemacht war.
Trotzdem kam drei Wochen
später der Mahnbescheid
für die restlichen 700 Euro.
Ulli hat einen großen
Bekanntenkreis und er
setzte sich mit einem befreundeten Jurastudenten
zusammen. Der rechnete
durch, was Ulli zahlen müsste, wenn er vor Gericht gegen seinen „Kumpel” verlieren würde. „Das kommt
auf die Höhe des Streitwerts
an”, erklärte der angehende
Jurist. Bei 700 Euro sei das
Anwaltshonorar noch niedrig - 84,50 Euro für das
allgemeine Verfahren und
noch mal 78 Euro, wenn es
zum Prozess käme. Dazu
dann noch 20 Euro Portound Telefonpauschale und
16 Prozent Mehrwertsteuer.
Insgesamt also 211,70
Euro. Wer den Prozeß verliert, muss dann auch noch
die Kosten für den gegnerischen Anwaltes bezahlen. Das macht zusammen
423,40 . Darin enthalten
sind aber noch nicht
Kosten fürs Gericht, bei einem Streitwert von 700
Euro liegen die bei 135
Euro. Macht summa summarum 558,40 Euro.
Aber vielleicht könne man
sich vor Gericht ja gütlich
einigen. Zum Beispiel auf
die Hälfte der noch
geforderten Marklercourtage von 700 Euro. „Wie
viel Prozesskosten muss
ich dann zahlen?”Sein
Freund blätterte im Vergütungsgesetz für Rechtsanwälte: „In diesem Fall
bekommen beide Anwälte
noch eine Einigungsgebühr. Bei einem Streitwert
von 700 Euro 65 Euro plus
Mehrwertsteuer, also 75,40
Euro. Deinen Anwalt muss
du natürlich auch bezahlen.
Alles zusammen 287,10
Euro. Die Gerichtskosten
werden geteilt. Die sind bei
einer Einigung aber gering,
weil der Richter keine
Arbeit mit dem Urteil hat.
Für beide Parteien macht
das jeweils 22,50 Euro.”
Ulli war sich unsicher: „Was
würdest du tun?” „Ich würde
versuchen, mich noch aussergerichtlich zu einigen. Ihr
habt beide keine Zeugen. Genau genommen, muss sogar
der Makler beweisen, dass
ihr die 350 Euro nicht von
Anfang an vereinbart hattet.
Andererseits weiß man ja
normalerweise, dass Makler
zwei Monatsmieten nehmen.
Da ist also der Prozessausgang keinesfalls sicher.”
„Na gut, versuche ich das”,
meinte Ulli. „Aber sag mal,
wenn der Streit jetzt um
1.400 Euro gehen würde,
wäre dann das Kostenrisiko
doppelt so hoch und bei
2.800 Euro viermal?” „Nein.
Allerdings steigt das Risiko
mit zunehmenden Streitwert.
Bei einem Streitwert von
1.000 Euro liegt es normalerweise bei etwa 700
Euro, bei einem Streitwert
von 2.000 Euro bei etwa
1.000 Euro und bei einem
Streitwert von 5.000 Euro
bei etwa 2.000 Euro. Bei
einem Streitwert ab 600
Euro kann dann auch noch
eine Berufung vor dem
Landgericht hinzukommen.
Die kostet dann meistens
noch etwas mehr, als das
Verfahren vor dem Amtsgericht.” „Ach, zu einer
Berufung kann es hier dann
ja auch noch kommen Dann
versuch ich das mit der
außergerichtlichen Einigung
erst recht.”
Allerdings klappte dieser
Versuch nicht. Erst vor dem
Amtsgericht einigten sich die
Parteien auf dringendes Anraten des Richters dahin,
dass Ulli noch die Hälfte der
restlichen
Maklerkaution
nachzahlen musste und beide
Seiten sich die Prozeßkosten
teilen mussten.
draußen! 2/05
28
HÖREN & LESEN
Le Tigre, This Island, Universal 2004, Bestellnummer: 602
498 63, 16,99 Euro
Können Lesben Hetero-Männer betören? Mich schon.
Zum Beispiel, wenn sie Musikerinnen sind und Kathleen
Henna heißen. Anfang der
Neunziger war die Amerikanerin eine der Mütter der
sogenannten Riot-Grrrl-Bewegung in den USA. Mit der
Frauen-Punkband
„Bikini
Kill“ und radikal-feministischen Texten erschreckten
Hanna und ihre Mitstreiterinnen das männliche Establishment. Nach dem Ende
von „Bikini Kill“ wurde es
eine Zeit lang stiller um die
„draußen“
sucht ...
Praktikantinnen und
Praktikanten
freie Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter!
Für die Mithilfe
in der Redaktion und
die Betreuung von
Verkäufern.
Wir stellen auch
Praktikumsbescheinigungen aus!
Interesse?
Ruft bitte in der
Redaktion an! 02 51/ 53
89 128
draußen! 2/05
Gitarristin, Sex, Drugs &
Rock 'n' Roll forderten ihren
Tribut. „Bikini Kill“ haben
alles mitgenommen, was da
war.
jetzt ernsthaft darüber nach,
auszuwandern. Nach Europa.
Andererseits wollen sie auch
die Freundinnen in Manhattan
nicht verlassen.
Vor fünf Jahren meldete sie
sich mit ihrer neuen Band „Le
Tigre“ eindrucksvoll zurück.
Nicht ganz geläutert, aber um
ein paar Jahre reifer. Auch
wenn sie immer noch ganz
schön rotzig sein kann. Drei
CDs haben Hanna, J.D. Samson und Johanna Fateman
seitdem auf den Markt
gebracht, ihre jüngste „This
Island“ ist die wohl bislang
beste. Feministischen ElektroPunk nennen die drei Sirenen
aus Manhattan das, was sie
machen. Dazu braucht es
wenig: Sampler, Gitarre,
Keyboard, Synthesizer. Genug
um im vergangenen Herbst
auf ihrer Deutschland-Tour
mächtig abzuräumen. Und
wer sagt, das hätte nur an den
neckischen Cheer-LeaderKostümen gelegen, lügt oder
ist ein unverbesserlicher
Steinzeit-Macho. „Le Tigre“
sehen nicht nur verdammt gut
aus, sie haben auch einen
Auftrag: gegen George Bush,
gegen den verbrecherischen
Krieg im Irak, aber vor allem
gegen das Patriarchat.
Neben großer Politik geht es
auf „This Island“ ums Outing
als Lesbe und um HeteroPartys. „Le Tigre“ wettern
gegen den neuen Sexismus in
der Werbung und als
besonderen Gag haben sie eine
schräge Cover-Version des
Hits „I'm so excited“ von den
Pointer Sisters auf Lager.
Inhaltlich alles beim Alten
also, nur der Sound ist jetzt
deutlich besser. Denn Musik
soll ja auch Freude machen.
„Ich versuche Spaß zu haben
und alles zu genießen, trotz
der ganzen schrecklichen
Scheiße, die in der Welt passiert“, sagt Kathleen Hanna
ganz Punk. „Le Tigre“ bieten
poltischen Dancehall vom
Allerfeinsten. Agitprop, der in
die Beine geht. Könnte ich die
Charts beeinflussen, das
Stück „Nanny, nanny, boo,
boo“ wäre für viele, viele
Wochen die Nummer Eins.
Und danach käme dann der
Rest der Songs, einer nach
dem anderen.
Manche, besonders in der
Lesben-Community, werfen
den Ladys Verrat an den
Idealen vor, weil „Le Tigre“
mit der neuen CD vom
Frauenlabel „Mr. Lady“ zu
einer großen Plattenfirma gewechselt sind, nämlich Universal. Zu Unrecht, wie ich
finde. Die Texte sind ebenso
scharf wie früher. Als Teil der
US-Bewegung „Bands gegen
Bush“ singen Hanna und ihre
Schwestern natürlich über den
11. September und den
ganzen Wahnsinn, der ihm
folgte. „Le Tigre“ haben eine
klare Meinung: Die BushRegierung muss weg! Nun ja,
der neue Präsident ist der alte
und die drei Frauen denken
Aber es ist eben immer das
alte Lied bei Linken: wer
poltitisch korrekt sein will,
muss am Hungertuch nagen,
wer sein Hobby zum Beruf
macht, ist schnell unten durch.
Das ging Chumbawamba auch
nicht anders. „Wir glauben
nicht an weibliche Selbstunterdrückung als einzig
politisch korrekte Position“,
ist das Credo von „Le Tigre“.
Richtig: Ist doch schön, wenn
mal eine Frauenband außer
den Spice Girls und No
Angels von ihrer Musik leben
kann. Und wem es wichtig ist:
Die Vinyl-Version von „This
Island“ gibt es beim bandeigenen Independent-Label
„Le Tigre Records“. So what!
Gerrit Hoekman
Cooper, Carol, Babys &
Kleinkinder. Der praktische
Ratgeber. Aktualisierte Neuausg, Aus dem Engl. übers.,
Starnberg: Dorling Kindersley
Verlag 2004. 240 S., über 500
Farbfotografien u. Abbildungen, geb. m. Schutzumschlag.
ISBN 3-8310-0573-7, Euro 19,90
Eltern werden is nicht schwer,
Eltern sein dagegen sehr.
Gerade beim ersten Kind
kommt so viel Neues auf junge
Eltern zu, dass es gut ist, bei
Zweifelsfragen auf einen nützlichen Ratgeber zurückgreifen
zu können. In neun thematischen Kapiteln, die farbig
gekennzeichnet und altersmäßig unterteilt sind, wird
versucht, auf möglichst viele
auftauchende Probleme einzugehen. Fragen zur Ausstattung
des Babys, Ernährung, Pflege,
Familienleben und Gesundheit
u.v.a.m. werden in einer einfachen Frage-Antwort-Form
beantwortet. Sehr viel Verständnis für genervte bzw.
verzweifelte Eltern. zeigt die
Autorin (Ärztin und Mutter von
drei Kindern) mit ihren „Tipps
zum Durchhalten“. Im Kapitel
„Gesundheit“ finden Eltern
alle Informationen, die sie
brauchen, um ihr krankes Kind
zu pflegen bzw. rechtzeitig
ärztliche Hilfe hinzuzuziehen
Für den Notfall steht ein ErsteHilfe-Abschnitt zur Verfügung.
Ein Adressen- und Stichwortverzeichnis runden diesen
praktischen Ratgeber für die
Zeit von der Geburt bis zum
Vorschulalter ab.
Barbara Blasum
29
LESESTOFF
Sind Sie ein „Röhrentyp“?
Dann können Sie sich beglückwünschen! Aber auch
die Figurentypen Apfel,
Sanduhr oder Birne müssen
nicht gleich verzweifeln!
In diesem Ratgeber, der sich
hauptsächlich an Frauen
richtet, wird ausführlich beschrieben, wie Sie figürlich
das Beste aus sich machen
können.
Roberts, Matt: Bodystyling. Das
richtige Training für Ihren Körpertyp. Aus dem Engl. übers.
von Christiane Burkhardt.
Starnberg: Dorling Kindersley
Verlag, 2004. 160 S., über 300
Farbfotos, ISBN 3-8310-0552-4,
Klappenbroschur,
Euro 14,90
Sechs verschiedene Workouts - vier für das Fitnessstudio und zwei für
Zuhause - werden Schritt für
Schritt vorgestellt und können auf zwei Schwierigkeitsstufen absolviert werden. Somit ist es möglich,
sowohl die Problemzonen zu
trainieren, als auch die
Vorteile des jeweiligen
Körpertyps zu betonen. Ein
Programm mit Dehnübungen
sowie ein nach Figurtypen
unterteiltes Register komplettieren das Buch.
Ernährungsprogramm doch
überlisten kann. Mit den
richtigen Übungen sollen
Ihre Pluspunkte in Form
kommen. Zahlreichen internationalen Stars hat er so zu
einer Traumfigur verholfen.
Bei den gutaussehenden,
perfekt proportionierten jungen Models, die die Übungen
vorstellen, fragt frau sich
unwillkürlich, ob es zu
schaffen ist, die eigenen
Problemzonen wenigstens ein
bisschen in die erstrebte
Richtung zu formen.
Jeder weiß, dass die Götter
vor den Erfolg den Schweiß
gesetzt haben, aber packen
Sie es an! Das neue Jahr
bietet eine gute Gelegenheit,
diese Vorsätze in die Tat
umzusetzen.
Der dynamische junge Autor
geht davon aus, dass man
seine Gene zwar nicht
austricksen, aber mit einem
vielfältigen Trainings- und
Die Belohnung für konsequentes Training ist Ihre
persönliche Traumfigur! Viel
Erfolg wünscht
Barbara Blasum
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Paul Demel
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Fax: 02 51 - 414 05 06
draußen! 2/05
30
LECKERBÄCKEREI
Selbst gemachtes Brot:
Zu schade für den Aufschnitt
Was wir wirklich an der DDR vermissen,
sind die Schrippen und das Brot. Mmmh,
war das lecker und es fiel nicht gleich
völlig auseinander, wenn man es geschnitten hat. Im Westen hingegen sind
die Bäcker immer schlechter geworden,
MOHNBROT
so der Eindruck. Die Semmeln oft pappig
und innen drin mit viel Luft und das Brot
war auch schon mal besser. Da hilft nur
eins: Mehl gekauft, Form gefettet, rein in
den Backofen. Wie es geht zeigen Claudia
Siemens und Katharina Grützmacher.
BUTTERMILCH-NUSSBROT
OLIVENBROT
Zutaten:
Zutaten:
Zutaten:
30 g frische Hefe (3/4 Würfel)
250 ml lauwarmes Wasser
½ TL Zucker
200 g Weizenmehl Type
1050
150 g Weizenbackschrot
Type 1700
1 EL Essig
1 TL Salz
40 g zerlassene Margarine
Mohn zum Bestreuen
250g Weizenvollkornmehl
200g Gerstenvollkornmehl
40g frische Hefe (1 Würfel)
350 ml lauwarme Buttermilch
1 TL Salz
200g gehackte Haselnüsse
Butter für die Form
80g Haselnussblättchen
(Reformhaus)
300g Weizenmehl
1 TL Salz
20 g frische Hefe (1/2 Würfel)
¼ l warme Milch
50 g schwarze Oliven
50g grüne Oliven
1 EL Sonnenblumenkerne
Margarine für das Blech
Zubereitung:
Hefe zerbröseln, mit Wasser
und Zucker verrühren und
zehn min. an einem warmen
Ort gehen lassen. Mehl und
Schrot mischen und in einer
großen Schüssel zusammen
mit Essig, Salz, Margarine
und Hefewasser zu einem
glatten
Teig
verkneten.
Zugedeckt an einem warmen
Ort gehen lassen bis er
doppelt so groß ist.
Dann einen länglichen Laib
formen, diesen auf ein Stück
Backpapier legen und nochmals gehen lassen. Backofen
auf 200°C vorheizen und den
Laib mit etwas Wasser
bestreichen. Den Mohn darüber streuen und die Oberfläche schräg einschneiden.
Das Mohnbrot etwa eine
Stunde backen und danach gut
auskühlen lassen.
draußen! 2/05
SESAMBROT MIT HIRSE
Zutaten:
200g Sesamkörner
200g Naturjoghurt
35g frische Hefe
120ml lauwarmes Wasser
1TL Salz,
jeweils 1 Messerspitze gemahlenes Kurkuma und
Muskatpulver
1 Ei
150g Weizenvollkornmehl
70g Hirseflocken
80g Maisgrieß
je 15 g Sesam- und Hirsekörner
Butter für die Form
Zubereitung:
Zubereitung:
Zubereitung:
Weizenund
Gerstenvollkornmehl in einer
Schüssel mischen und in eine
Vertiefung in der Mitte die
Hefe in 100 ml Buttermilch
auflösen. An einem warmen
Ort 20 min gehen lassen. Die
restliche Buttermilch und das
Salz hinzufügen und alles
miteinander verkneten. Zum
Schluss
die
Haselnüsse
hinzugeben und den Teig eine
¾ Stunde gehen lassen. Dann
nochmals kneten und zu
einem ovalen Laib formen.
Eine Kastenform ausfetten
und mit der Hälfte der
Haselnussblättchen ausstreuen. Den Brotlaib hineinlegen,
mit etwas Wasser bestreichen
und die restlichen Haselnussblättchen darübergeben.
Den Backofen auf 200°C
vorheizen, das Brot noch
einmal ¼ Stunde gehen lassen
und dann etwa eine ¾ Stunde
backen.
Mehl und Salz in einer
Schüssel mischen. Die Hefe
zerbröckeln und in der Milch
auflösen. Die Oliven entkernen, grob hacken und
zusammen mit den Sonnenblumenkernen und der angerührten Hefe zum Mehl
geben. Alles zusammen zu
einem lockeren Teig verarbeiten und zugedeckt an
einem warmen Ort 1 ½
Stunden gehen lassen. Dann
einen länglichen Laib formen
und auf ein eingefettetes
Blech legen. Mit einem Messer die Teigoberfläche überkreuz einschneiden und mit
etwas Mehl bestäuben. Noch
eine halbe Stunde gehen
lassen und den Backofen auf
220°C vorheizen. Das Brot
auf untersten Schiene eine
halbe Stunde backen, dann
auf 180°C herunterschalten
und weitere 25 min fertig
backen.
Die Sesamkörner in einer
beschichteten Pfanne ohne Fett
goldgelb rösten. Zwei Esslöffel
Joghurt leicht erwärmen und
die zerbröckelte Hefe darin
anrühren. An einem warmen
Ort 40 min gehen lassen. Dann
den restlichen Joghurt, Wasser,
Salz, Gewürzen, Ei Getreide
und gerösteten Sesamkörnern
dazu geben und gut verkneten.
Zugedeckt noch einmal eine
halbe Stunde an einem warmen
Ort gehen lassen. Den Teig gut
kneten und zu einem ovalen
Laib formen. Die Sesam- und
Hirsekörnermischen und auf
einer Arbeitsfläche verteilen.
Den Brotlaib darin wälzen und
in eine eingefettete Kastenform legen. Dann wieder eine
20 min gehen lassen und den
Backofen auf 200°C vorheizen. Den Laib in den Ofen
schieben und etwa eine Stunde
backen. Nachher gut auskühlen lassen und vor dem
Verzehr vier Stunden ruhen
lassen.
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ADRESSEN
ARBEIT
a) Beratungsstellen
cuba-Arbeitslosenzentrum
Achtermannstr.10-12, Tel. 511929
Arbeitsamt Münster
Wolbecker Str. 45, Tel. 6 98 - 0
JAZ - Achse
(Jugendausbildungszentrum)
Friedensstraße 37-39, Tel. 89902-0/-21
JIB
Tips & Hilfe bei Ausbildungsplatz- &
Stellensuche, Bewerbung; Internetcafé,
Workshops für alle zwischen 14 und 27
Jahren: Jugend-online, Alli van Dornick,
Susanne Freßdorf
Hafenstraße 34, Mo-Fr 14.00 - 18.00 Uhr,
Tel. 492 - 5856
b) Selbsthilfe
Rümpelfix, Bremer Str. 42, Tel. 60 94 60
Seelenlicht Münster e.V.
Selbsthilfe für psychisch Belastete
Tel. 0160/ 838 23 25
KAI e.V (Kinderhauser
Arbeitsloseninitiative), Josef-BeckmannStr.5
, Tel. 26 36 89
WOHNEN
a) Ohne Wohnung
Christophorus-Haus
Soester Str.11, Tel. 6063 35 0
Christophorus-Treff, Dienstags von 14.30 16.30 Uhr, insbesondere für Wohnungslose
Aufsuchende Sozialarbeit f. Frauen
Frauentreff am Elefantentor
Katharinenstr. 10-12 Tel. 899 36 50
Fachstelle
Wohnsicherungsmaßnahmen Stadt
Münster
Herr Berkemeier u. Herr Severin
Tel.: 492 - 5031/2
draußen! e.V.
Beratung & Verkäuferausweise
Overbergstr. 2 Tel. 53 89 130
Bahnhofsmission (Gleis 12)
Tel. 4 58 02
Haus der Wohnungslosenhilfe
Übernachtungsmöglichkeit, Beratung, Essen,
Waschen, Tagessatzauszahlung, aufsuchende
Pflege, Kleiderkammer
Bahnhofstraße 62, Tel. 48 45 20
Offene Tür des Diakonisches Werk
Fliednerstr. 15, Tel. 89 09-0
Treffpunkt Schwester Eveline
an der Clemenskirche
Frühstück, Mittag, Dusche, NotfallKleiderkammer, Loerstr. 7, Tel. 26 55 568
Soz. Beratungsstelle Diak. Werk MS
Mittagstisch, Beratung, Meldeadresse & mehr
V.-Vincke-Str. 8, Tel. 4 90 15 - 0
b) Wohnungssuche
Soz. Beratungsstelle Diak. Werk MS
V.-Vincke-Str. 8 , Tel. 4 90 15 - 0
Selbsthilfeprojekt Hach
Ewaldistr. 16, Tel. 6 51 68
Mädchen)
Schlafen, Waschen, Beratung
Hermannstr. 73 Tel. 53 11 45
Outlaw-Mädchen-Krisenhaus
Tel. 5 50 19 (rund um die Uhr!)
Beratungsstelle „Frauen helfen
Frauen e.V.“
Hansaring 32b, Tel. 67666
JUGEND / FAMILIE
Kommunaler Sozialdienst
Hafenstraße 30, Tel. 4 92 - 5601
Caritasverband f. d. Stadt MS e.V.
Beratungsstelle f. Eltern, Kinder u.
Jugendliche, Josefstr.2, Tel. 53009- 392
Wohnungsamt Münster
Iduna-Hochaus, Servatiiplatz Tel. 4 92 - 0
Pro Familia
Beratungsstelle für Familienplanung,
Sexualberatung und -pädagogik, Bohlweg 19,
Tel. 4 58 58
Caritasverband f. d. Stadt MS e.V.
Sozialdienst Wohnungsnotfälle Timmerscheidstr. 4, Tel. 72433
KiKriHi
Kinderkrisenhilfe im Kinderheim St. Mauritz,
Tag und Nacht, Tel. 13 30 44 4
FRAUEN
Notruf für vergewaltigte und sexuell
belästigte Frauen und Mädchen
Mo.-Fr. 10-12 Uhr, Mo. 18-20, Do-16-18
Tel. 34 44 3
Gertrudenhaus
Haus für wohnungslose Frauen
Katharinenstr. 10-12, Tel. 8 99 36-0
Frauentreff am Elefantentor
Katharinenstr. 10-12,
Tel. 8 99 36-50
Beratung für werdende u. junge
Mütter der Stadt MS Tel. 492-0
Frauen & Beruf im Frauen-Forum e.V.
Warendorfer Str. 3,
Tel. 5 56 69
Frauen- und Kinderschutzhaus des
Sozialdienstes kath. Frauen
Josef Str.2 Tel. 37 44 88
Sozialdienst kath. Frauen
Josefstr. 2 Tel. 53 009418
Beratung & Therapie für Frauen
Neubrückenstr. 73, Tel. 5 86 26
Frauenhaus
Tel.: 02506 - 67 55( Wolbeck)
Tel.: 02504 - 5155 (Telgte)
Beratungsstelle MS 1420810 (10-18 Uhr)
MASY (Sleep-In & Offener Treff für
SKM Kath. Verein für soz. Dienste MS
Kinderhauser Str. 63, 48147 Münster,
Tel. 62 03 30
Streetwork
Heike Nees & Georg Piepel
Hafenstr. 43, Tel. 492 - 58 60
Büro: Di 9-12 Do 15-18 (& n. Vereinbarung)
Streetwork-Mobil am Bahnhof
(Fahrradparkhaus) Mo 15.00 - 17.00 Uhr
Trialog
Beratung bei Familienkrise, Trennung,
Scheidung, Von-Vincke-Str. 6, Tel. 51 14 14
Verband alleinerziehender Mütter
und Väter
Bremer Str.42/56, Tel. 27 71 33
Projekt Alleinerziehende cuba
Achtermannstr. 10-12, Tel. 5 88 56
Zoff - Jungenkrisenhaus
Hilfe, Beratung u. Übernachtung für Jungen in
Not, Hafenstr. 21, Tel. 522148 (rund u. d. Uhr)
Amt f. Kinder, Jugendliche und Familie
Tel. 4 92 - 51 01
Münsteraner Tageseltern e.V.
Coerdestiege 83, Tel. 86 80 66, Fax 86 89 67
Mo-Fr 9.00 - 12.00 Uhr
Zartbitter Münster e.V.
Beratungsstelle gegen sexuelle Gewalt
für Jugendliche ab 14 Jahren und Erwachsene
Bahnhofsstraße 6, Tel. 41 40 555
(Beratung nach tel. Vereinbarung)
Deutscher Kinderschutzbund e.V.
Wolbecker Str. 27-29, Tel. 471 80
Mo-Fr 10-12, Mi/Do 16-18, und nach
Vereinbarung
Beratungsstelle Südviertel e.V. für
Kinder; Jugendliche und Erwachsene
Friedrich-Ebert-Str. 114, Tel. 77466, Fax.
797960, email: beratung@muenster.de
Ärztliche Kinderschutzambulanz
Melcherstr. 55, 48149 Münster, Tel.: 418540
Termine nach Vereinbarung
SUCHT
Westf. Klinik f. Psychiatrie &
Psychotherapie (WKM) Münster
Friedrich-Wilhelm-Weber-Str. 30
Tel. 591-02 -Suchtambulanz: 591-48 77
„Therapie und Hilfe sofort“ im
Gesundheitsamt Münster
Stühmerweg 8, Tel. 492-5369
Psychotherap. Institut e.V.
Harsewinkelgasse 4, Tel. 4 74 04
INDRO e.V..
Bremer Platz 18-20, Tel. 6 01 23
Caritasverband f. d. Stadt MS e.V.
Psychosoziale Beratungs- und
Behandlungsstelle f. Suchtkranke und
Suchtgefährdete
Josefstr. 2, Tel. 53009- 371
Drogenberatung Stadt Münster
Schorlemer Str. 8, Tel. 492-5173
Trockendock
Alkoholfreie Begegnungsstätte
Grevener Str. 152, Tel. 29 88 83
Anonyme Alkoholiker
Tel. 1 92 95
STRAFFÄLLIGKEIT/
NACH’M KNAST
Amt für soziale Dienste
Ludgeriplatz 4, Tel. 4 92 - 0
Fachstelle für Täter-Opfer-Ausgleich
und Konfliktregelung (VIP)
Wasserstr. 9, Tel. 55 123
Chance e.V.
Beratungsstelle, Bohlweg 68a, Tel. 62088-20
Möbel-Trödel, Bohlweg 68a, Tel. 62088-10
Möbelrampe, Dieckstr. 73-75, Tel. 230 11 55
Die nächste „draußen!“
erscheint am 04.März 2005
draußen! 2/05
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