Cindy-Sherman- Ausstellung „Clowns“
Transcription
Cindy-Sherman- Ausstellung „Clowns“
Cindy-ShermanAusstellung „Clowns“ Kestner-Gesellschaft 24.9. - 7. 11. 2004 Die amerikanische Künstlerin Cindy Sherman (geb. 1954) gehört zu wichtigsten und innovativsten Künstlerinnen der Gegenwart. Die ersten Arbeiten mit denen sie internationale Anerkennung fand, sind ihre Untitled Film Stills, die zwischen 1977 und 1980 entstanden sind. Sie gelten mittlerweile als Klassiker der Gegenwartskunst. Nicht zuletzt deswegen, weil Sherman mit diesen Arbeiten der Fotografie eine neue Dimension als künstlerisches Ausdrucksmittel verliehen hat. Bis weit in die 1970er Jahre hinein war die Fotografie als Mittel der Bildenden Kunst nicht anerkannt. Durch ihre künstlerische Arbeit hat Cindy Sherman den Begriff der inszenierten Fotografie mitbegründet und geprägt. Die Serie Untitled Film Stills kann als exemplarisch für die Arbeitsweise von Cindy Sherman bezeichnet werden. In dieser Serie, wie in allen folgenden Arbeiten, ist die Künstlerin stets Model, Fotografin und Ideeproduzentin in Personalunion. Diese Festschreibung der Produktionsbedingungen erlaubt ihr ein Maximum an künstlerischer Kontrolle und Konzentration. Ihre Methode der Selbstinszenierung basiert immer auf der fotografischen Darstellung gesellschaftlicher Rollenspiele und Thematisierung von Sehnsüchten. Nicht zuletzt thematisiert sie in ihren Arbeiten auch das Bild beziehungsweise Abbild der Frau im gesellschaftlichen Kontext. Gerade in den Untitled Film Stills wird die Festlegung der Frau auf bestimmte Typen und Klischees, vor allem im Film, deutlich sichtbar. Sherman ist aber keine feministische Künstlerin, sondern weitet ihr Interesse auf unterschiedliche Themenfelder aus. In den letzten zwanzig Jahren hat sie dafür mannigfaltige Ausdrucksformen gefunden, wie z.B. in den Sex Pictures, in denen sie ein düsteres Bild der Sexualität der Gegenwart zeigt oder in den History Portraits, mit denen sie eine Bestandesaufnahme des historischen Portraits unter kritischen Vorzeichen herausgearbeitet hat. Cindy Shermans neue Arbeit von 2003/2004 besteht aus 20 großformatigen Fotografien. In dieser neuen Serie arbeitet sie erstmals konsequent mit den Mitteln digitaler Bildbearbeitung und schafft so hybride und hoch artifizielle Bildwelten, die sich zwischen Zirkusästhetik und Hochglanz-Werbebild bewegen. Sherman inszeniert Clownporträts als grelle Abziehbilder einer aufgesetzten und falschen Fröhlichkeit. Jedes Lächeln, jede theatralische Geste auf diesen Bildern ist entweder durchsetzt von abgründiger Bösartigkeit, von hilfloser Einsamkeit, debiler Einfalt oder vordergründiger Sexualisierung. Sherman zeigt nicht den traurigen Pierrot à la Picasso, sondern wir sehen vielmehr die überzogene und kommerzielle Version des Clowns, als grelle und aggressive Travestie der Gegenwart. Wie in allen vorhergehenden Arbeiten ist die Künstlerin auch in dieser Serie die Protagonistin ihrer Inszenierung. Der Clown spielt im amerikanischen Alltagsleben eine weitaus größere Rolle als in Europa. Er wird vielfach als Multiplikator und Aufreißer für die Werbung verwendet. Ronald McDonald ist wohl der bekannteste Spaßmacher, dessen Attribute für kommerzielle Zwecke im Name einer großen Firma eingesetzt werden. Aber auch im Alltagsleben ist der Clown in den USA präsent und fester Bestandteil jeder Kindergeburtstagsparty. Der Clown findet sich aber natürlich auch im Zirkus und auf dem Jahrmarkt wieder. Sherman befreit die Figur von jeder romantischen Verklärung und zeigt den "Spaßmacher" als zweifelhaften Unterhalter. Egal in welcher Sphäre der Clown agiert, sein Spaß ist immer durchsetzt von einer gewissen Unergründlichkeit, weiß man doch nie, wer als nächster Opfer seiner mitunter bösartigen Scherze wird oder in welche Falle er als nächstes tappt. Ist sein Aussehen auch lustig und bunt, kann seine massive und grelle Fratze auch beängstigend wirken. Sherman spielt mit dieser Ambivalenz der Figur. Ihre Clowns sind keine liebenswürdigen Trottel. Sie haben allesamt etwas Aggressives und bringen einen vehementen und fast schon obszönen Humor zum Ausdruck. Die Künstlerin sagt: "Auf Clowns bin ich gekommen, weil ich die vielschichtigen emotionalen Abgründe eines aufgemalten Lächelns zeigen wollte.“ Pressestimmen Vor psychedelischen Hintergründen posieren Cindy-Clowns, die herrlich überdreht die Kommerzialisierung dieser melancholischen Kunstfigur entlarven - und dabei wunderschön sind. Claudia Lanfranconi, Architectural Digest, September 04 Dämonisch komisch: Nach Horrorvisionen, Sexbildern und Inszenierungen klassischer Gemälde zeigt die Fotografin mit ihrer jüngsten Serie "die vielschichtigen emotionalen Abgründe eines aufgemalten Lächelns". Bernd Skupin, Vogue Kultur, Oktober 04 Und so offenbaren die "Clowns" - allen Oberflächenreizen zum Trotz - eine weitere Etappe der Sherman'shen Identitätssuche. Und das bei jedem Foto aufs Neue. … Vordergründig maskierte Hintergründigkeit. Barbara Weissenborn, die tageszeitung, 30.09.04 In ihrer neusten Foto-Serie, wieder mit sich selbst als Modell, präsentiert sie nun Clowns als kitschigtriste Monstren, als abgelebte Masken in einer vordergründig lieblichen Welt. Dabei aber zugleich unheimlich wesenlos, weil der menschliche Ausdruck unter der Schminke verborgen bleibt. Martin Jasper, Braunschweiger Zeitung, 25.09.04 Unter der grell-grotesken Maske des dummen August lässt sich Individualität so granatensicher verstecken wie wohl unter keiner anderen Kostümierung. Sherman, der raffinierteste aller Chamäleons der Kunstszene, komponierte die Arbeiten ihres neuen Zyklus "wie Zirkusplakate". Eva Karcher, Welt am Sonntag, 19.09.04 Shermans Clown ist nicht für Kinder gedacht, er ist infantil. Und eben deshalb so bitterböse Alexandra Glanz, HAZ, 24.09.04 Diese Clownsgesichter springen den Betrachter zwar sofort an, aber ihre Bandbreite erschließt sich erst nach und nach. Siegfried Barth, Neue Presse, 24.09.04 Shermans Clowns sind alles andere als harmlose Kinderüberraschungen. Geil und sadistisch, verlogen und böse, debil und einfältig grinsen sie in die Kamera. Katja Eggers, Schädelspalter Oktober 04