des gesamten Artikels
Transcription
des gesamten Artikels
.404 Jeffery (.404 Rimless N.E., 10,73 x 72) Jeffery entwickelte seine .404 Rimless (Durchmesser .423 inch) eigentlich deshalb, um ein leistungsäquivalentes Repetierpatronen-Pendant zur damals (Doppelkugel-Ära bei der Großwildjagd) sehr populären .450/400 Randpatrone (Durchmesser .410) zu erschaffen (wobei die populärere der .450/400 Versionen – und zwar die kürzere und massivere Ausführung mit 3“ Hülse - ebenfalls auf den Konstrukteur Jeffery zurückzuführen ist). Die .450/400, ursprünglich als Schwarzpulverpatrone entwickelt, schaffte auch den Umstieg auf die rauchlosen Treibmittel (Cordite) anstandslos und konnte ihrem Ruf als Patrone mit unwahrscheinlich großer und konstanter Tiefenwirkung bei der Jagd auf wehrhaftes Wild gerecht werden. Dennoch, Doppelbüchsen waren schon um die Jahrhundertwende besonders exquisite und dementsprechend teure, nicht für jedermann erschwingliche Jagdwaffen (nicht wirklich anders als heute auch!). Durch die Entwicklung der randlosen „medium bore .404 Rimless“ (damals galt eine 10,73 mm Kugel noch als „medium“) war man aber in der Lage, um einen Bruchteil des Preises, der für eine Doppelbüchse auf den Ladentisch zu legen war, eine erstklassig gefertigte und noch dazu in der Materialfestigkeit, Zuverlässigkeit und Handhabungsunempfindlichkeit der Doppelbüchse weit überlegenes Repetiergewehr unter Verwendung des schon dazumals in Fachkreisen hoch angesehenen Mauser- bzw. MauserMagnum-Systemes an den Mann zu bringen. Zur Auswahl gelangten sowohl Standard-Systeme als auch im oberen Preissegment angesiedelte „double-square-bridge“ und „single-square-bridge“ Magnum-Systeme des Oberndorfer Vorzeigeunternehmens, welches letztendlich aufgrund der britischen Erfolgsstory auch im eigenen Unternehmen gefertigte Jagdwaffen mit dieser Patrone (benannt als „10,73x72 Magnum-Mauser“) höchst erfolgreich unter das Volk brachte. Zwischen 1898 und 1912 war die Firma Rigby der Generalimporteur und –vertreiber für Mauser-Waffen-Systeme in Großbritannien, was jedoch dazu führte, dass diese Systeme im Vergleich zu anderen, im Handel erhältlichen und zum Bau der .404 geeigneten (und vor allem in Großbritannien gebauten) Systeme weit teurer zu erwerben waren. Ursprünglich baute die Firma Jeffery ihre .404 Rimless sogar in Ex-Militärsysteme K´98 ein, um diese Mehrkosten hintanzuhalten, wobei eine sehr delikate Erweiterung in Länge, Durchmesser der Zuführung und Magazinbreite erforderlich war. Im Jeffery-Katalog von 1905 wurde gleichzeitig die 400 grains Ladung mit der ballistischen Leistung der .450/400 Flanged (671 ms/ 5.850 Joule) als auch eine härtere Ladung mit der Ballistik der .416 Rigby (732 ms/ 6.960 Joule) angeboten. Beide Ladungen wurden mit dem strangförmigen Cordite erstellt. Die Waffenpreise wurden in drei Kategorien angeboten: 1.220, 1.500 und 2.500 Pfund (je nach verwendetem System und Ausführung der Büchse. Die teuerste Version basierte auf dem damals noch jungen, jedoch bereits international als Maß der Dinge angesehenen MauserMagnum-System). Die heute angebotenen Fertigungen aus dem Hause „Jeffery“ verwenden jedoch nur mehr Parker-Hale und Ruger-Systeme, da schon die Mauser-Magnum-Systeme als Solo-Part nicht zu bezahlen sind. Es soll in diesem Zusammenhang insbesonders nochmals auf den Umstand hingewiesen werden, dass diese Patrone durchaus in das normale Mauser-System durch Längsöffnung des Systemes (wie schon ursprünglich von Jeffery gefertigt) eingelegt werden kann, wobei dies – auch wenn es fachgerecht durch Öffnung des Systemes nach hinten - gemacht wurde, immer nur als Notlösung zu sehen ist. Die Öffnung des normalen Mauser-Systems nach vorne hin (Richtung Patronenlager) ist sowieso als Kamekaze-Akt anzusehen, da dadurch die Zuführrampe und damit gleichzeitig das Gegenlager für eine der zwei Verschlusswarzen massiv geschwächt wird (solcherweise gestaltete Umbauten sind demnach auch beim Selbstladen mit Vorsicht zu genießen). Passende Quellen für Magnum-Systeme moderner Fertigung stellen heutzutage zB die großen CZ-Repetiergewehre, Ruger-Magnum-Büchsen, Dakota-Systeme u.ä. dar, wobei jedoch je nach Auswahl des Systems doch noch so einiges an Abänderungsarbeit (Sicherungssystem, Zuführungsschienen etc) für den Büchsenmacher anfallen kann. Bei Umbauten von 10,73x68 Büchsen auf .404 Jeffery ist auch noch darauf zu achten, dass der Übergang verlängert werden muss, da es ansonsten bei Verwendung von „echten“ Solids (bleifrei) zu gefährlichen Gasdrucksteigerungen kommen kann. Auch bei der Festlegung des Waffengewichtes sollte nicht zu knapp kalkuliert werden, da sich eine .404 Rimless mit einem Waffengewicht unter 4 kg als äußerst unangenehmer „Sparring-Partner“ bemerkbar machen kann! Querstollenverstrebungen des Systems im Vorderschaft sind ebenfalls nach Möglichkeit auszuführen, ebenso auch eine spannungsfreie und gut sitzende Bettung – der Rückstoß verzeiht in dieser Hinsicht dem Schützen und dem Schaft nur wenig! Die momentan erhältliche Kynoch Munition (Woodleigh-Geschosse) ist ballistisch eher an die schwächere Ursprungsladung angelehnt (=Treffpunktlage alter Waffen ist jedoch damit wieder gegeben), die - nur sporadisch erhältliche – deutlich preisgünstigere Munition aus RWS-Fertigung (augenscheinlich ebenfalls mit Woodleigh-Soft-Geschossen bzw. mit dickmanteligen FMJ-Geschossen aus eigener RWS-Fertigung) ist leistungsmäßig der Kynoch Munition wohl überlegen (hervorragende Hülsenqualität, hohe Leistung wie .416 Rigby), jedoch nicht so gleichmäßig wie die Kynoch-Munition und auch nicht unbedingt für verschiedene Waffen aus Ursprungsfertigung geeignet. Weitere durchwegs greifbare Bezugsquellen für fertige Munition stellen noch die Hersteller Westley & Richards, A-Square und Romey dar. Mit Ausnahme der alten Kynoch-Sondermunition (300 grains, 820 ms, intended for „lightskinned-game“) waren alle bisher verladenen Geschosse bester Qualität, wobei die FMJGeschosse von Woodleigh sich als etwas stabiler zeigen als die RWS-FMJ´s (bei diesen kommt es gelegentlich vor, dass am Geschossboden eine Flachquetschung mit leichtem Bleiaustritt auftaucht, was die Tiefenwirkung durch Geschosstaumeln negativ beeinflusst und den Bonus der stärkeren Stahlkappe am Geschosskopf negativerweise wieder kompensiert). Interessanterweise verwendet RWS bei der Munitionsfertigung eine Hülsenlänge von 72 mm, Kynoch und auch die anderen Hersteller jedoch eine Hülsenlänge von 73 mm. Dass Woodleigh-Softs nicht annähernd so tief eindringen wie zB Barnes-X Geschosse ist jedoch auch kein Geheimnis, auf eine diesbezügliche Anfrage im Zuge eines nicht vorhandenen Ausschusses bei Kudu (allerdings mit .500 NE Munition und Woodleigh Softs) verlautbarte ein (etwas hochnäsiger) Woodleigh-Bediensteter nur die lakonische Antwort „….50 cm deepness should always be enough – the Kudu was dead, wasn´t he….?“. Eine gute Alternative zu Woodleigh-Softs stellt jedenfalls die Firma Degol dar (ähnliches Geschossprofil, ebenfalls bondiert, jedoch bessere Tiefenwirkung). Darüber ließe sich jedoch endlos diskutieren, ich für meinen Teil bevorzuge als Deformationsgeschoss das Barnes-X, weil es auch auf stärkeres Wild (Büffel, Eland) die Vollmantel-Geschosse (beinahe) überflüssig erscheinen lässt. Obwohl Geschossgewichte von 300 bis 450 grains als Komponenten zum Selberladen vorliegen, sind die 400 grains Geschosse am universellsten einsetzbar und mit den meisten Läufen auch präzisionsmäßig am besten verträglich. Erhältlich sind Geschosse als Komponenten von Woodleigh, Barnes, A-Square, Delsing, Degol, Goodnell, Steward und noch von einigen anderen kleineren Herstellern. „Dünnhäutige Läufe“ sollten jedoch eher nicht mit „echten“ Solids bzw. ähnlichen bleifrei aufgebauten Geschossen belastet werden. Der momentane Hype, mit ultraleichten und angeblich wildbretschonenden (wenn auch nachweislich nicht schnell-tötenden) Impala-Geschossen zu jagen ist meines Erachtens nicht zuletzt aufgrund der extremen Geschosshärte etwas delikat für den Lauf. Mit passenden Geschossen sowie passender Leistung ist die Tiefenwirkung der .404 eigentlich ident mit der legendären Tiefenwirkung der .416 Rigby (hat somit eine deutlich bessere Tiefenwirkung als zB. die Patronenklasse .450NE/.458 Win Mag….). Es gibt jede Menge Berichte, wonach mit 400 grs FMJ´s ein wegflüchtender von hinten beschossener Büffel bis vor zu den Blattschaufeln durchpflügt wurde (wobei dies eher die Regel denn die Ausnahme darstellt). Dass jedoch ein breitstehender Büffel mit Woodleigh-Softs bei harten Treffern keinen Ausschuss garantiert ist ebenfalls kein Geheimnis (zumeist wird die ganze Energie abgegeben, wer auch da einen sicheren Ausschuss bevorzugt, muss eben zu anderen Deformationsgeschossen greifen – die Auswahl an Geschossen ist ja ohnehin gegeben). Die Geschossflugbahn ist der Geschossflugbahn der 9,3x62 mit schwerem Geschoss sehr ähnlich, wer mit 9,3x62/285 grs hierzulande die Jagd ausübt, braucht daher bei Verwendung der .404 in Afrika erst gar nicht umzudenken – alles wie zu Hause (nur um einiges heftiger!). Die – leider nicht gerade kostengünstigen - Hülsen sind erhältlich von RWS (gelegentlich), Kynoch, HDS, W & R, (endlich auch) von Norma und von einigen hier nicht gelisteten KleinHerstellern. Sie sind somit tunlichst zu pflegen und zu hegen (Reinigen vor dem Kalibrieren, nach dem Kalibrieren und vor allem die Aufbewahrung in trockenen Räumen, möglichst nicht in kartonierten, Feuchtigkeit anziehenden Behältern wirkt sehr lebensverlängernd). Hülsen sollten bei Beschädigungen, wie zB. Risse im Hülsenmund bzw. an der Hülsenschulter und bei Vorliegen von scharfkantigen Verformungen ausgesondert werden. Eine messerscharfe Zuführleiste kann da auch sehr viel kaputtmachen. Ebenfalls sollten Hülsen, die das Zündhütchen bereits sehr leicht aufnehmen, aussortiert werden. Beim Kalibrieren sollte nicht zuviel Fett verwendet werden, da sich diese Hülse bei Überfettung leicht den einen oder anderen „dent“ einfängt. Am besten die Hülsen so fetten, dass überhaupt kein Fett mit der Hülsenschulter in Kontakt kommt! Hülsen mit stumpfem Schulterwinkel sind diesbezüglich ohnehin etwas empfindlicher (s.a. .300 H&H und .375 H&H). Dass „konventionelle“ (mit Bleikern) Geschosse kürzer ausfallen und somit den Pulverraum weniger beanspruchen ist aufgrund aufreichenden „Brennraumes“ nicht wirklich relevant. Jedoch sollte bei der Auswahl der geeigneten Pulverklasse darauf geachtet werden, dass die Hülse so voll wie möglich verladen werden sollte (und möglichst wenig Komprimierung), da dies zur Vermeidung von Gasdrucksprüngen und Unregelmäßigkeiten beiträgt. Die Verwendung eines kräftigen Zündhütchens (Federal 215-M, Remington 9,5 M, CCI-250 und RWS-5333) ist bei den zu verwendenden Chargen ohnehin schon Voraussetzung. Ein gleichmäßiger Crimp fördert die Präzision nicht unwesentlich und verhindert zudem ein Zurücktreiben des Geschosses innerhalb der magazinierten Patronen durch den kräftigen Rückstoß, somit sollte auch möglichst ein Geschoss gewählt werden, welches über eine Crimprille verfügt bzw. eine Crimprille durch geeignetes Werkzeug (welches jedoch nicht gerade billig in der Anschaffung ist) angebracht werden. Die maximale Patronenlänge von 89 mm kann bei entsprechender Magazinlänge doch um einiges überschritten werden, da ausreichend Geschossübergang vorhanden ist. Geeignete Pulver sind zB. IMR-4064, RL-15, IMR-3031, Norma-203B, Rottweil-903 und bei den langsameren Pulvern Norma-204, IMR-4350, IMR-4831 und Rottweil-904 (von Kemira könnten eventuell N-140 und N-150 genannt werden, obwohl ich im Zuge eigener Testmessungen damit nicht an die Leistung der anderen genannten Pulver herangekommen bin). Die Ansatzladungen aus den Reloading Manuals sollten sogar bei Verwendung identischer Komponenten mit ca. 5% Pulver-Reduktion angesetzt werden, bei Abänderung der Komponentenauswahl und bei Verwendung von Solids/Barnes-TSX/Barnes-X/A-square Monolithics u.ä. sollte eine weitere Reduktion eingeplant werden. Erhöhungen der Startladung in 1-grain-Schritten sind bei dieser Hülsengröße absolut ausreichend. Eine sichere Ladung im Leistungsbereich der .416 Rigby ist an und für sich bei vorsichtiger Annäherung fast immer möglich. Ladedaten zwecks Orientierung sind recht dünn gesät, jedoch kann man hierzulande auf Rottweil- und A-Square Ladedaten als Basis zurückgreifen. Die nachfolgenden Ladedaten bewegen sich in meiner eigenen Büchse irgendwo in der Mitte der Möglichkeiten und sind keinesfalls ausgereizt (ich habe auch langsam und fürsorglich erarbeitete – gut schießende und in meiner Waffe absolut sichere – Ladungen, die sich ganz anders darstellen (400 grs mit 750 ms, 350 grs mit 775 ms, alles mit 55 cm Lauflänge), das heißt jedoch keinesfalls, dass diese Ladungen in einer anderen Waffe für wahren „Zündstoff“ sorgen……… Ladedaten: Geschoss-Typ Masse (grains) Pulver-Typ Pulvercharge Geschwindigkeit (V-5) A-Square Dead Tough 400 Rottweil 903 81,0 grs 720 ms Barnes-X 350 Kemira N-140 80,0 grs 745 ms Barnes-TSX 400 IMR-4064 76,0 grs 715 ms Woodleigh FMJ 400 IMR-4064 77,0 grs 718 ms CBS Degol TM 400 Rottweil 903 82,0 grs 721 ms Barnes Solid 350 Hodgdon 4350 89,0 grs 740 ms *Lauf: Lothar Walther 55 cm, Hülse: RWS bei 400 grs, Kynoch bei 350 grs, Zündhütchen: Remington 9,5M WARNUNG! – Wiederladen/Selbstladen von Munition kann bei nicht sachgemäßer Ausführung äußerst gefährlich sein! Da die Handhabung und Verwendung der Komponenten beim Selbstladen von Person zu Person nicht immer gleich und vor allem sachgerecht erfolgt und ich keine Kontrolle über die sachgerechte Herstellung der Munition ausüben kann, übernehme ich für die Verwendung der in der Tabelle genannten Ladedaten auch keinerlei Haftung! – Jeder Wiederlader/Selbstlader haftet somit auch persönlich für das von ihm erstellte Ergebnis/Produkt! Die angeführten Ladedaten können auch bei Verwendung in anderen als der getesteten Waffe durch dimensionale Unterschiede (Lagermaße, Pulverlose, Zustand der Waffe) andere Messwerte/Gasdrücke aufweisen und tendieren unter ungünstigen Umständen zu gefährlichen Auswirkungen! Sie sind daher nur als Empfehlung zu sehen! Es ist jedenfalls hilfreich, die genannten Ladedaten mit 5 % Reduktion zu beginnen und – nach eindringlicher Wertung des jeweiligen Ergebnisses in kleinen Schritten zu erhöhen! Gelegentliche Gasdruckmessungen am örtlichen Beschussamt können dabei ebenfalls sehr hilfreich sein!