Kapitel I
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Kapitel I
Controlling I Prof. Dr. Alfred Luhmer I. Funktion und historische Entwicklung II. Entscheidungsrechnungen 1. Break‐Even‐Analysen 2. Produktionsprogrammentscheidungen unter Unsicherheit III. Performancemaße und Kennzahlen IV. Steuerung von Investitionsentscheidungen 1 Organisatorische Hinweise ¾ Auf der Website zur Vorlesung www.ovgu.de/bwl1/c1/ finden Sie Aktuelle Informationen Folien Ergänzendes Material ¾ Sprechzeit: Freitags, nach der Vorlesung Terminabsprache mit dem Sekretariat unter waespi@controlling.uni‐hannover.de ¾ Leistungspunkte und Prüfung 4 Leistungspunkte durch 60 minütige Klausur 2 Zielsetzung der Vorlesung ¾ Die Vorlesung soll über die Funktion des Controllings – in der Praxis und als akademisches Fach – informieren ¾ Die Vorlesung behandelt Entscheidungsrechnungen wie Break‐Even‐ Analysen und Produktionsprogrammentscheidungen unter Unsicherheit ¾ Die Vorlesung untersucht in der Praxis gängige Entscheidungsprozeduren und Kennzahlen auf deren Eignung vor dem Hintergrund unterschiedlicher ökonomischer Problemstellungen 3 Controlling I: Inhalt und Gliederung (vorläufig) 1. Controlling als Funktion in der Praxis und als Forschungsobjekt Einführende Beispiele 2. Entscheidungsrechnungen I Break‐Even‐Analysen 3. Entscheidungsrechnungen II Produktionsplanung unter Unsicherheit 4. Ökonomischer Gewinn und Lücke‐Theorem 5. Kennzahlen und Performancemaße I Definition und Beurteilung von in der Praxis verwendeten Maßen 6. Kennzahlen und Performancemaße II Steuerung von Investitionsentscheidungen durch Kennzahlen 4 Empfohlene Literatur ¾ Lehrbücher: Ewert, Ralf & Alfred Wagenhofer (72008): Interne Unternehmensrechnung, Berlin (Springer). Christensen, John A. & Joel S. Demski (2002): Accounting Theory, Boston (McGraw‐Hill) Demski , Joel S. (²2008): Managerial Uses of Accounting Information, (Springer) Zimmerman, Jerold L. (52006) Accounting for Decision Making and Control, Boston (McGraw‐Hill) ¾ Weitere Literaturhinweise folgen im Laufe der Veranstaltung 5 I. Funktion und historische Entwicklung ¾ Funktion: Unterstützung der Koordination arbeits‐ teiliger Handlungen in einer Organisation mit finanzwirtschaftlich relevanter Information. ¾ Anfänge: Vorindustrielles Zeitalter: Arbeitsteilung vorwiegend zwischen Unternehmungen durch Preismechanismus, nicht durch interne Organisation einfache ökonomische Strukturen der Unternehmen nur wenige verschiedene zu koordinierende Funktionen Finanzbuchhaltung für finanzielle Unternehmenssteuerung ausreichend. Koordination der Wirtschaftstätigkeit innerhalb der Unternehmen hierarchisch durch Anweisung aufgrund der Position des Unternehmers als Eigentümer, an dessen persönlichem Know‐how orientiert. 6 ¾ Die Aufgabe, vertikale Prozessketten früher durch den Marktmechanismus zwischen eigenständigen Unternehmen koordiniert unternehmensintern abzustimmen und zu gestalten führt zur Entwicklung interner Unternehmensrechnung zunächst in der amerikanischen Textilindustrie (JK, p.7), perfektioniert bereits 1850‐60 durch amerikanische Eisenbahnunternehmen „Managers of the American railroads during the 1850s to 60s invented nearly all of the basic techniques of modern accounting“ (VH, p. 109 ff) Z.B. Pennsylvania Railroad errichtete ausgedehntes „Comptroller‘s department“, das nicht nur Buchhaltungsdaten, sondern auch Betriebsdaten, Verkehrsdaten einzelner Stationen erfasste und auswertete. Man erstellte monatliche Abschlüsse und ermittelte Kennzahlen, z.B. die „operating ratio“ (= Anteil der „operating costs“ am Umsatz). Andrew Carnegie verfeinerte und übertrug die Unternehmens‐ rechnungsmethoden, die er (als 17‐Jähriger) bei Pennsylvania Railroad kennengelernt hatte, auf die Stahlindustrie. Er stützte sein Steuerungssystem hauptsächlich auf das Verhältnis der Erlöse zu den direkten Kosten. (VH, p. 266ff) 7 Controlling im deutschen Sprachraum ¾ Anders als in den USA war hier bisher das Interesse an der geschichtlichen Entwicklung des internen Rechnungs‐ wesens in diesem Raum gering*). ¾ Aber auch hier waren schon im 19. Jahrhundert die grund‐ legenden Methoden der Kostenrechnung entwickelt und in der Montanindustrie Gemeinkostenumlagen und Verrech‐ nungspreise (auf Vollkostenbasis) zur Koordination von Transaktionen zwischen Unternehmensbereichen üblich**). ¾ „Wirtschaftlichkeitsrechnung“ war primär die Aufgabe von Ingenieuren. ¾ Die Idee der Breakeven‐Analyse geht auf den Schweizer Johann Friedrich Schär zurück. *) Pleitgen (2005), Einleitung **) Siehe „Bestimmung betreffend das Rechnungswesen“ der Firma Fried. Krupp vom 23. Mai 1874, zitiert bei Pleitgen (S. 277ff) 8 Vorläufer: „Betriebswirtschaftliche Abteilung“ ¾ Personal: meist Ingenieure, auch Absolventen der Handelshochschulen ¾ Konzept: „Kostendenken“ à la Schmalenbach Grenzkostenrechnung zu Entscheidungszwecken Eugen Schmalenbach hatte bereits 1899 eine grenzkosten‐ basierte Kostenrechnung propagiert, im Kern also eine entscheidungsorientierte, d.h. opportunitätskostenbasierte Kostenrechnung. – Opportunitätskostenwerte sollten danach auch der „pretialen Lenkung“, d.h. als Verrechnungspreise dienen. Fixkostenproblem (Schmalenbach (1949): Der freien Wirtschaft zum Gedächtnis, Köln u. Opladen Westdeutscher Verlag) „Blockkostenrechnung“ (Kurt Rummel ) Standardkostenrechnung (aus USA und England importiert) Plankostenrechnung, Kostenkontrolle, Abweichungsanalysen Vermeidung von Verschwendung knapper Rohstoffe Investitionsrechnungen Rentabilitätskennzahlen, Rentabilitätsmaximierung 9 ¾ Seit den 1970er Jahren: Bezeichnung „Controlling“ für: Koordination des Managements durch umfassendes Zielsetzungs‐, Planungs‐ und Kontrollsystem. ¾ Initiative von Beratern und praxisorientierten Ausbildern 1971: Albrecht Deyhle gründet die Controller‐Akademie Elmar Mayer gründet die Arbeitsgemeinschaft Wirtschaftswissenschaft und Wirtschaftspraxis im Controlling und Rechnungswesen an der FH Köln 1975: Gründung Controller‐Verein e.V. 1976: Controller Magazin ¾ Inhaltliche Neuorientierung „Controlling“ vs. Kontrolle: Unternehmenssteuerung, Controller als „Navigator“ Rechnungswesenorientierung tritt zurück Controller als Vordenker für das Management 10 Entwicklung im akademischen Bereich ¾ Institutionelle Entwicklung 1973: Péter Horváth Inhaber des ersten Lehrstuhls für Controlling in Deutschland (an der TH Darmstadt) 1988: 14 Controlling‐Lehrstühle 2006: 72 Controlling‐Lehrstühle ¾ Inhaltlich: Themen, zu denen Autoren aus dem akademischen Bereich in internationalen Zeitschriften publiziert haben (Wagenhofer 2006) (63% mit analytischen Methoden, 11% mit normativem oder konzeptionellem Ansatz und 26% mit empirischen Methoden bearbeitet): Kostenrechnungssysteme Kostenrechnung und Entscheidungsunterstützung (Produktionsplanung, Preisentscheidungen) Kostenmanagement, strategische Kostenrechnung Wertorientiertes Management Risikomanagement Management Control und Verhaltensbeeinflussung (Abweichungsanalyse, Anreizsysteme, Budgetierung, Transferpreise) 11 Controlling im Verständnis der Praxis ¾Induktiver Zugang: Bestimmung des Gegenstands durch Beobachtung der Praxis (hierzu Horváth, Kap. 1) Fragestellungen: In welchen Funktionen/Bereichen sind Controller tätig? Welche Aufgaben haben Controller Welche Instrumente sollte ein Controller einsetzen und beherrschen? Informationsquellen: Stellenanzeigen, Umfragen Auswertung von Stellenanzeigen (hier: Frankfurter Allgemeine Zeitung) ergibt Folgendes: 12 ¾ Funktionen, Bereiche: Planung und Kontrolle Sales‐ oder Produktions‐Controlling Investitionscontrolling Finanzen „Betriebswirtschaft und Unternehmensplanung“ Leiter Abt. Rechnungswesen ¾ Aufgaben: Unternehmensplanung, Budgetierung und Kontrolle Koordination von Aktivitäten Unterstützung der Geschäftsführung, Entscheidungsvorbereitung Forecasting und Reporting Betriebswirtschaftliche Analysen, Betriebswirtschaftliche Beratung Kostenrechnung Berichte, periodische Abschlüsse Planung und Ermittlung von Risiken, Schwachstellenanalysen Investitionscontrolling ¾ Instrumente: Kennzahlen Soll‐Ist Vergleiche, Abweichungsanalysen Rentabilitätsberechnungen „analytisches Denkvermögen“ 13 Interpretation des Befundes ¾ Controlling findet in einer Vielzahl von Bereichen und Funktionen statt ¾ Breites Spektrum der Aufgaben in der Praxis: Sammelsurium unterschiedlichster Aufgaben und Einsatzbereiche „Betriebswirtschaftliche Beratung“, interne Unternehmensberatung, Managementunterstützung Kernkompetenz: Informationen des internen/externen Rechnungswesens ¾ Controlling ist Stabsfunktion ¾ Aus „induktiver“ Vorgehensweise kann kaum eine einheitliche Controlling‐Konzeption abgeleitet werden 14 Abgrenzung des Forschungsgegenstands Controlling ¾ Prinzipiell willkürlich (Wertentscheidung). ¾ Objektbereich: Management Accounting Anwendungen des Rechnungswesens für Zwecke der Wahl zwischen Handlungsalternativen, Beeinflussung des Verhaltens von Organisationsmitgliedern. ¾ Nicht das ganze Informationssystem des Unternehmens gehört zu diesem Objektbereich ¾ Rechnungsweseninformation kommt in Kombination mit anderen Informationen zur Anwendung 15 Unternehmensrechnung und Controlling Finanzwirtschaftlich relevante Informationsaktivitäten systematische Erhebung und Speicherung systemungebundene („ad hoc“) Erhebungen und Analysen Bereich des Controllings Rechnungswesen (finanzwirtschaftliche Daten) Externe Unternehmensrechnung (Rechnungslegung, Publizität) Interne Unternehmensrechnung • Planungsrechnungen • Kontrollrechungen Nichtmonetäre Daten 16 Ansätze der Controllingforschung „Science is what scientists do“ (Paul Feyerabend) (prominent) 1. Praktisch‐normativer Ansatz: Harvard‘s „Innovation Action Research“ 2. Ökonomisch‐analytischer Ansatz Informationsökonomische Analyse von Kostenrechnungen d.h. rechnungswesen‐gestützter Entscheidungen, Faustregeln und Verhaltensmaßgaben Anreizsysteme auf Basis von Daten des Rechnungswesens 3. Empirisch‐theoretischer Ansatz „Positive Accounting Theory“ 17 Harvard’s: “Innovation Action Research” Methode: Fallstudien 1. Ausgangspunkt: Klasse praktischer Probleme, 2. Modellvorstellung des Forschers zur Funktionsweise des Systems („Theorie“) 3. Am Modell orientiertes, kontrolliertes Eingreifen in das reale System in Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen, „Piecemeal Engineering“ (K.R. Popper) 4. Beobachtung des Resultats 5. Korrektur des Modells (weiter bei 3.) ¾ Erreichen die kontrollierten Eingriffe das vorgegebene Ziel, so bestätigt dies die „Theorie“. ¾ Vertreter: Robert S. Kaplan (1998): „Innovation Action Research“ in Deutschland: Péter Horváth Robert S. Kaplan, Prof. em. of Leadership Development, Harvard 18 Innovation Action Research Cycle 2. Teach and speak about the innovation Feedback and Learning Invitations Cases 1. Observe and document innovative practice Management and Organizational Phenomena Advanced implementations New Practices 4. Implement Concept in new organizations Create Changes in Practice Intermediate implementations Initial implementation 19 3. Write articles and books Base case aus Kaplan 1998 19 Probleme des „Innovation Action Research“‐Programms ¾ Grenzen zum Consulting verschwimmen Motivation zu publizieren: Aufbau von Wettbewerbs‐ vorteilen für den Forscher‐Consultant Geheimhaltungswünsche der mitwirkenden Unternehmen Analyserichtung durch Interesse des Kunden bestimmt Publikationen oft vor allem Werbung für die aufgebaute Beratungskompetenz, der Kern des Know‐how bleibt versteckt ¾ Modellvorstellungen werden meist nicht explizit formuliert ¾ Modelle sind situationsabhängig, Geltungsbereich der Ergebnisse bleibt unbestimmt 20 2. Ökonomisch‐analytischer Ansatz ¾ Explikatives Erkenntnisziel ¾ Grundlage: Gleichgewichtskonzepte auf der Basis des „homo oeconomicus“ ¾ Grundansatz der klassischen ökonomischen Theorie Alle Entscheider entsprechen dem Modell des „Homo oeconomicus“ jeder maximiert seinen eigenen erwarteten Nutzen auf der Basis derselben Information jeder unterstellt allen Rationalverhalten und geht davon aus, dass jeder Entscheider allen anderen Rationalverhalten unterstellt Neoklassische Modifikation: Informationsasymmetrie zugelassen. 21 Informationsökonomische Analyse von Kostenrechnungen ¾ Kostenrechnungsdaten dienen in der Praxis als Ersatz für Opportunitätskostenwerte ¾ Gründe: Beschränkte Informationserhebungs‐ und Verarbeitungskapazität Informationskosten ¾ Konfrontation der kostenrechnerischen Ersatzgrößen mit einem (informations‐) ökonomischen Modell der Entscheidungssituation Fragestellung: in welcher Richtung weicht die kosten‐ rechnerische Lösung oder Bewertung von der optimalen ab? Wie sind Kostenrechnungsergebnisse zu adaptieren, um sie dem Optimum anzunähern? 22 Verhaltenssteuerung ¾ Auch die Entscheidungen in Organisationen werden von Individuen unter dem Gesichtspunkt ihrer individuellen Präferenzen und Erwartungen („beliefs“) getroffen. Die inhaltliche Bestimmung der Präferenzen bleibt in der Regel offen; das ökonomische Paradigma unterstellt nicht notwendig egoistische Präferenzen. Die Präferenzen beziehen sich auf ungewisse Erwartungen der Handlungskonsequenzen; daher sind auch die Risikopräferenzen der Handelnden einzubeziehen. ¾ Die Steuerung der Handlungen der Individuen geschieht durch Gestaltung ihrer Entscheidungssituation, d.h. ihres Handlungsspielraums, ihrer „Verfügungsrechte“ der Handlungskonsequenzen, für die ein Individuum verantwortlich gemacht wird (Ergebnisfunktion) der Information, von der die Handelnden ausgehen die Vergütungsfunktion, die Abbildung des Ergebnisses in wertrelevante Konsequenzen für das Individuum 23 Worst‐case Tests rechnungswesenbasierter institutioneller Regelungen ¾Angreifbarkeit der Regelung durch opportunistisches Verhalten Bietet die Regelung im Vergleich zu alternativen Gestaltungen Effizienzvorteile, wenn alle Beteiligten sich eiskalt von ihrem Eigeninteresse leiten lassen und jede Lücke zum eigenen Vorteil ausnutzen ('self‐interest seeking with guile') 24 3. „Positive Accounting Theory“ ¾ Bezieht sich in erster Linie aufs externe Rechnungswesen: Wie wirken Regelungen auf das Verhalten? Ziel sind empirisch geprüfte Aussagen. ¾ Misstrauen gegenüber dem praktisch‐normativen Ansatz: Vorschlägen zur Verbesserung von Praktiken, an denen die Praxis seit langer Zeit festhält (z.B. Grenzkostenrechnung statt Vollkostenrechnung mit willkürlichen Umlagen), sollte die Frage vorausgehen: Ist das Problem, um das es in der Praxis geht, richtig verstanden? ¾ Alternativer Ansatz: Versuch, vorgefundene Praktiken als optimale Lösung unter Bedingungen beschränkter Rationalität zu verstehen. ¾ „Economic Darwinism“ Parabel von Murmeltieren und Grizzlybären (siehe Zimmerman, p.10) Jerold L. Zimmerman University of Rochester 25 Paradigmatische Controllingprobleme 1. Anreize zu wahrheitsgemäßer Übermittlung privater Information Beispiel 1: Ein Bauleiter soll eine Schätzung der zu erwartenden Budget‐ oder Terminüberschreitung abgeben. Weil er für den reibungslosen Ablauf verantwortlich gemacht wird, möchte er zu erwartende Verzögerungen oder Überschreitungen möglichst lange für sich behalten, in der Hoffnung, dass doch noch alles gut geht und er keinen unnötigen Ärger bekommt. Das Topmanagement kennt die Situation vor Ort nicht, ist aber daran interessiert, zu erwartende Überschreitungen möglichst frühzeitig zu erfahren, um Anpassungen einleiten zu können. Im Folgenden werden zwei verschiedene Ansätze für ein Anreizsystem diskutiert: – – Weitzman‐Schema Anreizschema von Osband und Reichelstein 26 Weitzman‐Schema ¾ („New Soviet Incentive Scheme“) einfachste Variante: Bauleiter kennt die tatsächliche Überschreitung x mit Sicherheit und erhält in Abhängigkeit von x und seiner Meldung m folgende Entlohnung: ⎧v1 ⋅ ( x − m) wenn x ≥ m s ( x, m ) = w − v ⋅ m − ⎨ ⎩v2 ⋅ ( x − m) wenn x < m wobei v1 > v > v2 > 0 Je höher die tatsächliche, wahrheitsgemäß gemeldete, Überschreitung ist, desto mehr bekommt er von seiner Festvergütung abgezogen: w – vm Ist die tatsächliche Überschreitung größer als die gemeldete, wird ihm zusätzlich ein zur Differenz proportionaler Betrag abgezogen: (x – m) v1 Im umgekehrten Fall wird der Abzug um einen zur Differenz proportionalen Betrag (m – x ) v2 = –(x – m) v2 vermindert. Optimalitätsbedingung für m: ∂s( x, m ) ⎧v1 − v > 0 wenn m < x =⎨ ∂m ⎩v2 − v < 0 wenn m > x wahrheitsgemäße Meldung ist also für den Bauleiter stets optimal. ¾ Aufgabe 1 27 Grafische Darstellung ¾ Entlohnung in Abhängigkeit vom tatsächlichen Ergebnis x für parametrisch variierende Meldungen m des Bauleiters s ¾ Entlohnung in Abhängigkeit von der Meldung m für parametrisch variierendes Ergebnis x s s(x|m = x) s(m|x = m) w–vx1 w–vx2 s(x|m = m2) m1 m2 x x1 x2 ⎧v ⋅ ( x − m) wenn Anmerkung: Die Originalversion des Schemas ist s ( x, m) = w + v ⋅ m + ⎨ 1 ⎩v2 ⋅ ( x − m) wenn und befasst sich mit einer positiv bewerteten Schätz‐ größe. Die Geraden in der linken Grafik haben dann positiven Anstieg. m x≥m x<m 28 Weitzman‐Schema bei unsicherem Ergebnis ¾Bauleiter kennt nur die Ergebnisverteilung F(x) bzw. die Wahrscheinlichkeitsdichte f (x) Bei gegebenen Entlohnungsparametern wählt ein risikoneutraler Manager seine Meldung m so dass die erwartete Entlohnung maximal wird sicherer Anteil risikobehafteter Anteil ∞ m m 0 E[ s ( x, m)] = w − v ⋅ m − v1 ⋅ ∫ (ξ − m) f (ξ )dξ + v2 ⋅ ∫ (m − ξ ) f (ξ )dξ ⎡∞ ⎤ ⎡m ⎤ ∂E[ s ( x, m)] = −v − v1 ⎢ ∫ (−1) f (ξ )dξ − 0⎥ + v2 ⎢ ∫ f (ξ )dξ + 0⎥ ∂m ⎣m ⎦ ⎣0 ⎦ = −v + (1 − F (m))v1 + v2 F (m) 29 Optimalitätsbedingung ∂E[ s ( x, m)] = −v + (1 − F (m))v1 + v2 F (m) = 0 ∂m = (v2 − v1 ) ⋅ F (m) − (v − v1 ) = 0 ¾ optimale Meldung des Bauleiters: ⎛ v1 − v ⎞ ⎟⎟ m* = F ⎜⎜ ⎝ v1 − v2 ⎠ −1 ¾ Interpretation Zentrale kann durch Wahl der Parameter der Entlohnungsfunktion den Bericht des Bauleiters so steuern, dass der ein bestimmtes Quantil der Ergebnisverteilung angibt 30 Übertragene Information ¾ (Nur) bei symmetrischer Verteilung kann aus der Meldung auf den Erwartungswert geschlossen werden. Dazu muss v2 + v1 v= gewählt werden, 2 v − v1 1 −1 ⎛ 1 ⎞ = = damit so dass E[ x] F ⎜ ⎟ v2 − v1 2 ⎝2⎠ ¾ Konzeptionelles Problem bei Unsicherheit Wenn Zentrale Verteilung kennt, liegt keine Informations‐ asymmetrie vor! Schema nur sinnvoll wenn lediglich der Bauleiter die Verteilung genau kennt Zentrale aber bestimmte Eigenschaften der Verteilung kennt, zB Symmetrie, die nicht genügen, um von Meldung auf Verteilung zurückzuschließen 31 Ein anderes Beispiel ¾ Beispiel 2: Eine Staubsaugerfabrik setzt auf Direktvermarktung durch reisendes Verkaufspersonal, das dem Vertriebsleiter untersteht. Der Vertriebsleiter hat die Aufgabe, am Anfang einer Periode zu Zwecken der Beschaffungs‐ und Produktionsplanung eine Schätzung der voraussichtlichen Absatzmenge der Periode abzugeben. ¾ Auf dieses Beispiel ist das Weitzman‐Schema für positive Parameter anwendbar; im Folgenden soll jedoch ein anderes Schema angewandt werden, das auch für schiefe Verteilungen direkt eine Schätzung des Erwartungswerts induziert. 32 Anreizschema nach Osband und Reichelstein ¾ Entlohnungsschema: s ( x, m) = w + v ( m) + v ' ( m ) ⋅ ( x − m ) wobei v(m) eine beliebige, strikt konvexe Funktion der Meldung m ist. ¾ Eigenschaften Osband‐Reichelstein‐Schema führt bei risikoneutralen Agenten zu wahrheitsgemäßer Berichterstattung Abweichend vom Weitzman‐Schema wird bei unsicherem Ergebnis (und Risikoneutralität des Verkaufsleiters), unabhängig von der Kenntnis der Zentrale über die Verteilungsform, stets der Erwartungswert gemeldet. 33 Beweis ¾Maximierung der erwarteten Entlohnung E[ s( x, m) = w + v(m) + v' (m) ⋅ ( E[ x] − m) bezüglich m ergibt die Optimalitätsbedingung ∂E[ s( x, m) = v' (m) − v' (m ) + v′′(m) ⋅ ( E[ x] − m) = 0 ∂m da v(m) strikt konvex ist, gilt v" > 0 und damit m* = E[x]. 34 Grafische Darstellung s ( x, m) = w + v ( m ) + v ' ( m ) ⋅ ( x − m) z.B. = w + m² + 2m ⋅ ( x − m) = w − m² + 2 xm ¾ Entlohnung in Abhängigkeit vom tatsächlich realisierten Ergebnis x für gegebene Meldungen m des Managers ¾ Entlohnung in Abhängigkeit von der Meldung m für gegebenes x (analog für gegebenen Erwartungswert E[x]) x2 35 Osband‐Reichelstein für negativ bewertete Schätzgröße ¾Anwendung auf Beispiel 1 s(x| x = m) = v(x) s(m| m = x) = v(m) s(m| x = x1) s(x| m = m2) s(m| x = x2) s(x| m = m1) m1 m2 x x1 x2 m 36 Interpretation ¾ Die hyperbolisch fallende Funktion v(m) = 1/(m + a) bewirkt einen Anreiz, die Budgetüberschreitungen zu reduzieren. ¾ Je stärker die Konvexität, desto stärker der Anreiz zu wahrheitsgemäßer Information. Der hyperbolische Verlauf hat im Bereich hoher Überschreitungen einen schwachen Anreiz zu wahrheitsgemäßer Information zur Folge. Verzichtet man auf den Anreiz zur Reduktion der Budgetüberschrei‐ tungen, dann lässt sich durch eine im Bereich hoher Überschreitungen wieder ansteigende Funktion v(m) (z.B. v(m) = a + b(w – c)2) der Anreiz zu wahrheitsgemäßer Berichterstattung erhöhen. (Siehe die Grafiken auf der nächsten Seite) Das deutet auf eine Konkurrenz der Anreize zur Verminderung und zur Information über zu erwartende Budgetüberschreitungen. Der Nachteil von Osband/Reichelstein gegenüber Weitzman besteht allgemein darin, dass für s(x, m|m = m0) die Tangente an v(⋅) in x = m0 verwendet wird; diese ist bekanntlich die beste lineare Approximation von v(⋅) in der Umgebung von m0, so dass die anreizwirksamen Differenzen v(x) − s(x, m|m = m0) klein sind. D.h. die s(m|x0) verlaufen in der Umgebung des jeweiligen Maximums flach. 37 Nichtmonotones v(⋅) s(x| x = m) s(m| m = x) s(x|m4) s(x|m1) s(x|m2) s(x|m2) m1 m2 m3 m4 x s(m|x1) s(m|x2) x1 x2 s(m|x4) s(m|x2) x3 x4 m 38 Paradigmatische Controllingprobleme 2. Bereichssteuerung durch Erfolgsmaße Bereichsmanager verfügen über Informationsvorteile bezüglich ihres Bereichs, die bessere Entscheidungen ermöglichen als eine übergeordnete, schlechter informierte Stelle sie treffen könnte. Bereichserfolgsmaße dienen der Orientierung des Handelns der Bereichsmanager am Unternehmensziel. Sie repräsentieren den Bewertungsmaßstab für die Handlungsalternativen des Bereichs aus Sicht des Unternehmens dienen als Basis für Handlungsanreize durch persönliche Konsequenzen für den Manager – z.B. Vergütungs‐ oder Beförderungsanreize Die Funktion der Bereichssteuerung hängt wesentlich von der Abstimmung von Entscheidungskompetenz des Bereichsmanagers und Bereichserfolgsmaßen ab. ´Typen von Verantwortungsbereichen 39 Typen von Verantwortungsbereichen ¾ Kostenstelle (Cost Center) Entscheidungskompetenz: Faktoreinsatz und Prozessgestaltung bei vorgegebenen Kapazitäten Erfolgsmaße: Kosten in Abhängigkeit von vorgegebener Stellenleistung, Erfüllung der Leistungsvorgabe (Termintreue, Flexibilität,…) ¾ Profit Center Entscheidungskompetenz: wie Kostenstelle, zusätzlich: Leistungsumfang (Annahme oder Ablehnung von Aufträgen), u.U. Preissetzung Erfolgsmaß: Abteilungsgewinn ¾ Investment Center Entscheidungskompetenz: wie Profit Center, zusätzlich Kapazitätsentscheidungen Erfolgsmaße: Rentabilität des in der Abteilung eingesetzten Kapitals, Abteilungsgewinn nach Kapitalkosten (Residualgewinn) 40 Kostenumlagen und Verrechnungspreise ¾ Abteilungen verwenden Leistungen anderer Abteilungen, bewertet durch Verrechnungspreise ¾ Kosten gemeinsam genutzter Kapazitäten werden auf die Abteilungen umgelegt (Kostenallokationen) ¾ Die Erfolgsmaße hängen bei allen Bereichstypen von Verrechnungspreisen und Kostenumlagen ab, sie haben daher Einfluss auf die Handlungen der Abteilungsmanager, auf deren Entscheidungen über Angebot und Nachfrage innerbetrieblicher Leistungen und damit auf das Ergebnis des Zusammenwirkens. ¾ Wegen der dezentralen Entscheidungen, die konfliktäre Ziele verfolgen, erfordert die ökonomische Analyse von Verrechnungspreisen und Kostenumlagen daher Gleichgewichtsbetrachtungen im Sinne der Spieltheorie. 41 Steuerung durch Verrechnungspreise ¾ Die Preis‐Absatz‐Funktion eines Produkts sei von der Form p(x) = a – bx, hänge vom Einsatz des Verkaufsleiters ab und sei nur diesem bekannt; je Einheit fallen Verkaufskosten von v an, die ebenfalls nur der Verkaufsleiter V kennt. ¾ Die Produktionskostenfunktion C(x) = cx + F hängt vom Einsatz des Produktionsmanagers P ab und ist nur diesem bekannt. ¾ Wäre der Unternehmensleitung beides bekannt, könnte sie den Preis p wie folgt optimal bestimmen: p* = (a + c + v )/2 und der (a − c − v) 2 G* = −F maximale Gewinn wäre . 4b ¾ Unternehmensleitung schreibt eine Verrechnungspreisregel für den Transfer des Produkts von P an V vor, der so zu bestimmen ist, dass die Summe aus den Abteilungsgewinnen maximal wird. ¾ Abteilungsgewinn V: V = ((a – bx) – v – t)x ¾ Abteilungsgewinn P: P = tx – cx – F. 42 Optimum bei voll informierter zentraler Entscheidung p(x) a a – 2bx* = c + v (Grenzerlös = Grenzkosten) x* = (a – c – v )/(2b) p* = a – bx* = a – (a – c – v)/2 = (a + c + v)/2 G* = (p*– c – v)x*– F = (a – c – v)2/(4b) − F p* c+v a/(2b) a/b x 43 ¾ V maximiert für gegebenes t seinen Abteilungsgewinn V(x|t) = (a – bx) x – (t + v) x a −v −t bezüglich x. Das ergibt x(t ) = (*). 2b ¾ Gesamtgewinn in Abhängigkeit von t: G(t) = (a – bx(t))x(t) –(t + v)x(t) + (t – c)x(t) – F = (a – t – v + t – c)x(t) – bx²(t) – F G′(t) = (a – v – c) x′ (t) – 2bx(t) x′ (t) = – (a – v – c)/(2b) – (a – t – v)/(2b) = 0 ⇒ t=c ¾ Der gesamtgewinnmaximierende Verrechnungspreis ist also gleich den Grenzkosten der Produktion. 44 Problem ¾ Da nur P die Kostenfunktion kennt, kann er die Grenzkosten falsch darstellen, um seinen Abteilungsgewinn zu erhöhen. Selbst wenn die Gesamtkosten ex post durch die Innenrevision verifizierbar sind, trifft das für den variablen Anteil der Kosten praktisch nicht zu. ¾ Ein höherer Verrechnungspreis erhöht den Stückgewinn für P, verringert aber die Nachfrage x, denn V reagiert auf den Verrechnungspreis t gemäß x(t) = (a – v – t)/(2b) (Nachfragefunktion von P) (*). P‘s Gewinn ist also wie folgt als Funktion seiner vorgeblichen Grenzkosten γ darstellbar: P(γ ) = (γ − c) x(γ) – F =(γ − c) (a – v – γ)/(2b) – F. Nullsetzen der Ableitung nach γ ergibt: γ* = (a – v + c)/2. ¾ Da stets a – v > c gelten muss, wenn das Produkt überhaupt lohnend abgesetzt werden kann, lohnt es sich für P seine Grenzkosten höher darzustellen. Um sie optimal zu wählen, braucht er keine Kenntnis von b, lediglich eine Schätzung von a – v. 45 Bereichsgewinnmaximierung durch P a – 2bx* = c + v x* = (a – c – v )/(2b) p* = a – bx* = a – (a – c – v)/2 = (a + c + v)/2 G*+F = (p*– c – v)x* = (a – c – v)2/(4b) p(x) a a–v a – v – 4bx° = c x° = (a – v – c) /(4b) p° = a – bx° = a – (a – v – c) /4 = (3a + v + c)/4 p* G°+F = (p°– v – c) x° c+v c a 2b x° a–v 4b x* a–v 2b a/b x 46 Konsequenz für den Gesamtgewinn ¾ Maximiert P seinen Bereichsgewinn, ergibt sich für den Gesamtgewinn gegenüber 3(a − v − c) 2 G= −F 16b (a − c − v) 2 G* = −F 4b bei zentraler Steuerung und vollkommener Information der Unternehmensleitung. ¾ Dieser Nachteil einer Organisation des Produktions‐ bereichs als Profit Center steht dem Nachteil zentraler Entscheidung (z.B. durch den Vertriebsleiter) aufgrund fehlerhafter Kosteninformation gegenüber und dem Nachteil geringeren Anreizes zur Kostensenkung gegen‐ über. 47 Spieltheoretische Sicht ¾ P handelt strategisch; er macht seine Entscheidung von der optimalen Reaktion seines Gegenspielers V abhängig und optimiert sein Verhalten auf der Basis der angenommenen optimalen Strategie von V. ¾ Diese Situation bezeichnet man als Stackelberg‐Spiel*). Die Situation ist asymmetrisch; P hat die Initiative (seine Position wird als Stackelberg‐Führerschaft bezeichnet, V kann nur optimal reagieren, er ist in der Situation des Stackelberg‐ Folgers. ¾ Diese formale Struktur spielt im Controlling eine große Rolle; sie liegt auch dem Prinzipal‐Agent‐Modell zugrunde. Hier ist der Auftraggeber (Prinzipal) der Stackelberg‐Führer, der einen erfolgsabhängigen Vergütungsvertrag anbietet, während der Agent (Auftragnehmer) auf dieses Angebot in seinem Sinne optimal reagiert. Der Prinzipal optimiert dann das Vertrags‐ angebot, indem er optimale Reaktion des Agenten unterstellt. *) nach Heinrich von Stackelberg, der diese Struktur erstmals benutzt hat in der Anwendung auf eine Dyopolsituation. 48 Produktionsbereich als Kostenstelle ¾ Zielgröße des Produktionsbereichs: Stückkosten Produktionsmanager P meldet die Stückkostenfunktion m(x) in einem relevanten Bereich für x. ¾ Absatzbereich als Profit Center maximiert die Zielgröße Gewinn G(x) = (a – v – bx – m(x))x. Diese Zielgröße stimmt mit dem Gesamtgewinn aus Sicht der Unternehmensleitung auf Basis der verfügbaren Information überein. ¾ Bezeichne x* = arg max G(x). x ¾ Im Nachhinein werden die Ist‐Kosten K für die Ist‐ Produktionsmenge x* mit x*m(x*) verglichen. ¾ Anreizschema für P: Weitzmanschema. Dieses Schema induziert einen Anreiz zur Kostensenkung und gleichzeitig einen Anreiz zu wahrheitsgemäßer Meldung der Stückkostenfunktion. 49 Paradigmatische Controllingprobleme 3. Rangordnung von Informationssystemen ¾ Problem: Die Katze im Sack man entscheidet sich für ein Informationssystem bevor man die Information erhält. Die Entscheidung basiert auf Erwartungen über den Nutzen der Information und en Kosten des Informationssystems. Die Eignung alternativer Informationssysteme hängt von der Entscheidungssituation ab, z.B. von den Präferenzen der Akteure. Das wirft die Frage auf, ob sich allgemeine Aussagen über die Rangordnung für Klassen von Entscheidungssituationen machen lassen. Solche Aussagen liefert die statistische Informationstheorie. Sie sind Gegenstand späterer Veranstaltungen. ¾ Getrennt zu behandeln: a. b. Information zur Entscheidungsunterstützung Information zur Verhaltenssteuerung 50 Modellierung von Informationssystemen ¾ Jedes Informationssystem (über einem diskreten Zustandsraum) mit absoluten Umweltzuständen { S } und möglichen Signalen {θ } lässt sich durch die Matrix P = ( pij = Pr{S = Si ∧ θ = θ j }) i =1,..., m j =1,..., n der gemeinsamen Wahrscheinlichkeiten der absoluten Umweltzustände S und der möglichen Signale θ des Informationssystems charakterisieren. ¾ Die Wahrscheinlichkeit pij wird auch als a priori Wahrscheinlichkeit des Elementarzustands (Si,θj) des Informationssystems bezeichnet. m n ¾ Es gilt: ∑i =1 ∑ j =1 pij = 1 Die Matrix P kann unter der Annahme, dass die Vergangenheit für die Gegenwart repräsentativ ist, aus Daten vergangener gemeinsamer Vorkommnisse von Zuständen und Signalen geschätzt werden. 51 3.a. Information zur Entscheidungsunterstützung ¾ Ein Informationssystem ist dann wertvoll, wenn seine Nutzung den optimalen Erwartungswert der Zielgröße x verbessert. ¾ Diese Verbesserung stellt den Wert des Informationssystems aus Sicht des Entscheiders dar. Er ist eine Obergrenze für die Kosten der Informationsbeschaffung und ‐verarbeitung durch das System. ¾ Der Informationswert eines Systems ist die Differenz zwischen dem erwarteten optimalen Zielfunktionswert nach Information und dem erwarteten optimalen Zielfunktionswert ohne Information. ¾ Diese Größe heißt EVPI (expected value of perfect information), wenn das Signal sichere Erwartungen liefert, und EVSI (expected value of sample information), wenn das System (nicht degenerierte) posteriori Wahrscheinlichkeiten (Wahrscheinlichkeiten der absoluten Umweltzustände nach Beobachtung des Signals) liefert. ¾ Charakterisierung des Informationssystems durch die Matrix P der gemeinsamen Wahrscheinlichkeiten von Zuständen und Signalen. 52 EVPI und EVSI ¾ Wenn das System perfekte Information über die absoluten Zustände liefert, kann man die Entscheidung vom beobachteten Zustand abhängig machen. Der optimale Erwartungswert der Zielgröße ist dann: ES ( x(a * ( S ), S )) = ∑ p ( S )x(a * ( S ), S ) S Bei seiner Entscheidung mit Information kennt dann der Entscheider den tatsächlichen Zustand S und kann die für diesen Zustand optimale Handlungsweise a*(S) wählen: x(a*(S),S) = maxa∈A x(a,S). ¾ Der Informationswert ist dann EVPI = ES ( x(a * ( S ), S )) − max a E ( x(a, S )) ¾ Wenn das Informationssystem unzuverlässige Signale θ liefert, lässt sich die Entscheidung vom beobachteten Signal abhängig machen und man kann den posteriori Erwartungswert, für das beobachtete Signal maximieren. Eθ ( ES ( x( a * (θ ), S ) | θ ) = ∑ q(θ )∑ p( S | θ )x(a * (θ ), S ) θ S = ∑ q (θ ) max a∈A ∑ p ( S | θ )x(a, S ) θ S 53 Informationswert EVSI = Eθ ( ES ( x(a * (θ ), S ) | θ ) − max a E (x(a, S )) (Bei seiner Entscheidung mit Information kennt der Entscheider das unpräzise Signal θ, deshalb a*(θ )) ¾ Die am Anfang vorhandene Information ist charakterisiert durch die a‐priori Wahrscheinlichkeiten p(S) . ¾ Nach Beobachtung von θ treten an deren Stelle die posteriori p(S , θ ) Wahrscheinlichkeiten p ( S | θ ) = . q(θ ) Darin bezeichne p(S,θ ) die gemeinsame Wahrscheinlichkeit von Zustand S und Signal θ (die a‐priori Wahrscheinlichkeit des Elementarzustands (S,θ ), siehe oben) und q (θ ) = ∑S p ( S , θ ) die totale Wahrscheinlichkeit des Signals θ. 54 Beispiel: Fertighauskalkulation ¾ Eine Bauunternehmung bietet schlüsselfertig zu übergebende Häuser zum Festpreis von € 200.000 an. Mit jeder Baustelle sind Risiken verbunden: je nach Lage des Grundstücks unterschiedliche Ausschachtung in manchen Hanglagen braucht man nichts abzufahren, der Boden kann an Ort und Stelle eingebaut werden, an anderen Orten wird Aushuberde bezahlt, an wieder anderen muss sie für teures Geld deponiert werden Arbeiten an örtliche Handwerker (unterschiedlicher Zuverlässigkeit) vergeben oder eigene Kräfte einzusetzen: ¾ Vor der Entscheidung über Vertrag mit einem Kunden Informationen über den jeweiligen Bauplatz einholen, mit ortsansässigen Handwerkern verhandeln und auf dieser Grundlage Kosten C genau kalkulieren? oder aufgrund von Erfahrungen (Wahrscheinlichkeitsvorstellungen) entscheiden? 55 Beispiel: Fertighauskalkulation (Fortsetzung) ¾ Erfahrungen: Nachkalkulationen für frühere Bauvorhaben ergaben folgendes: ¾ vier „Zustände“ (Kombinationen von Kosteneinflussgrößen), mit folgenden Kosten (in Tausend €): S = 1 2 3 4 C = 100 Wahrscheinlichkeit: 10% 150 30% 200 250 40% 20% Optimale Entscheidung: Auftrag annehmen, wenn der erwartete Deckungsbeitrag positiv ist. ¾ Informationsalternativen: Kostenuntersuchung vor Ort ohne Information auf Basis der priori Erwartungen entscheiden. 56 Optimum bei Entscheidung ohne Information ¾ Zielgröße des Entscheiders: Deckungsbeitrag x ¾ Annahmen zunächst Kostenuntersuchung liefert perfekte Information ¾ Vergleich des erwarteten Deckungsbeitrags mit und ohne Information: Optimale Entscheidung ohne Information: Auftrag annehmen (a = 1), falls E x > 0, ablehnen (a = 0) sonst. E[x|a = 1] = 200 − E(C) = 200 – 185 =15 > 0 E[x|a = 0] = 0 ¾ Die optimale Entscheidung ohne Information ist: a = 1, denn maxa ∈ {0,1} E[x|a] = 15 57 Perfekte Information: Optimale Entscheidungen bedingt auf S ¾ Optimale Entscheidungen in Abhängigkeit von S a * (S = 1) = 1, da DB = 200 − 100 = 100 > 0 a * (S = 2) = 1, da DB = 200 − 150 = 50 > 0 a * (S = 3) = 1, da DB = 200 − 200 = 0 a * (S = 4 ) = 0, da DB = 200 − 250 = −50 ¾ Erwarteter Deckungsbeitrag bei optimaler Entscheidung E S ( DB (a * ( S ), S )) = 0.1 ⋅100 + 0.3 ⋅ 50 + 0.4 ⋅ 0 + 0.2 ⋅ 0 = 25 ¾ EVPI= Expected Value of Perfect Information EVPI = E S ( x(a * (S ), S )) − max a E( x(a, S )) = 10. = Obergrenze für die Kosten der Information. 58 Imperfekte Information ¾ θ Kalkulationsergebnis, unvollkommenes Signal für C ¾ Das Signal θ hängt vom „wahren“ Zustand und weiteren Zufallseinflüssen ab. ¾ Optimale Entscheidung ohne Information: Auftrag annehmen (a = 1) falls Ex > 0, sonst ablehnen (a = 0). nach Information: a = 1, wenn E(x|θ ) = 200 – E(C|θ ) > 0, a = 0 sonst. ¾ Benötigte Daten: Gemeinsame Wahrscheinlichkeiten p(S,θ ) von Zuständen und Signalen. 59 ¾Achtung: Die Partitionierung des Zustandsraums muss auf einer vollkommenen Zustandsbeschreibung beruhen, d.h. die vier absoluten Zustände S1, S2, S3, S4, in Kombination mit den drei Signalen (120, 160, 210) führen insgesamt zu zwölf elementaren Zuständen. ¾Gemeinsame Wahrscheinlichkeiten von S und θ : θ = 120 S=1 S=2 S=3 S=4 .1 .05 0 0 θ = 160 0 .25 .05 .05 θ = 210 0 0 0.35 0.15 60 ¾ A posteriori Wahrscheinlichkeiten: π Sθ = p(S | θ ) = p (S , θ ) q(θ ) θ = 120 θ = 160 θ = 210 S=1 S=2 S=3 S=4 totale Wahrscheinlichkeiten: .1 .05 0 0 0 .25 .05 .05 0 0 0.35 0.15 .15 .35 .5 .1 .3 .4 .2 Matrix der a posteriori Wahrscheinlichkeiten: 0 ⎞ ⎛2/3 0 ⎜ ⎟ 0 ⎟ ⎜ 1/ 3 5 / 7 Π =⎜ 0 1 / 7 7 / 10 ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ 0 1 / 7 3 / 10 ⎟ ⎝ ⎠ 61 Posteriori‐Erwartungswerte E(C|θ ) Optimale Entscheidungen nach Beobachtung von θ a(120) = 1, da E(DB|θ = 120) = 200 − 350 / 3 = 83.3 > 0 a(160) = 1, da E(DB|θ = 160) = 200 − 1200 / 7 = 28.6 > 0 a(210) = 0, da E(DB|θ = 210) = 200 − 215 = −15 < 0 Erwarteter DB bei optimaler Entscheidung nach Beobachtung von θ Eθ (ES DB(a * (θ ), S )) = 0.15 ⋅ 83.3 + 0.35 ⋅ 28.6 + 0.5 ⋅ 0 = 22.505 EVSI = Eθ ( ES ( x(a * (θ ), S ) | θ )) − max a E (DB(a, S )) = 22.505 − 15 = 7.505 62 3.b. Information zur Verhaltenssteuerung ¾ Problem der Informationsasymmetrie das tatsächliche Verhalten von Organisationsmitgliedern ist nicht direkt beobachtbar, es kann nur mittelbar aus Leistungsmaßen erschlossen werden, die ebenfalls unbeobachtbaren Störeinflüssen unterliegen. Ein Leistungsmaß (oder eine Kombination von Leistungsmaßen) lässt sich als Informationssystem auffassen, das (unvollkommen) über das Verhalten eines Organisationsmitglieds informiert. Traditionell versucht man, Leistungsmaße um die externen Störeinflüsse zu bereinigen, so dass sie möglichst nur vom zu steuernden Verhalten abhängen (Verantwortungsprinzip) Beispiel: Isolierung von beeinflussbaren und nicht beeinflussbaren Abweichungen in der Plankostenrechnung. ¾ Antle und Demski betrachten dagegen die Leistungs‐ messung als Informationssystem (Informativeness Principle) 63 Beispiel ¾ Die Leistung a eines Kostenstellenleiters kann entweder hoch (a = h) oder niedrig (a = n) sein und wirkt zusammen mit drei gleich wahrscheinlichen Umweltzuständen S = 1,2,3 auf die Leistungsmaße ein. ¾ Wahrscheinlichkeitsverteilungen der Erfolgsmaße: a=n a=h Zustand: S = 1 Erlös Kosten Gewinn* Erlös Kosten Gewinn* 2 3 800 400 400 800 400 1000 500 500 1000 400 1000 500 500 1000 500 400 600 500 Beträge mal 1000 * vor Managemententlohnung 64 Anwendung des Verantwortungsprinzips ¾ Den Erlös kann der Kostenstellenleiter nicht beeinflussen, er ist unabhängig von seinem Arbeitseinsatz. Also fordert das herkömmliche Verantwortungsprinzip, den Erlös aus der Beurteilungsgröße herauszurechnen. a=n a=h Zustand: S = 1 Erlös Kosten Gewinn* Erlös Kosten Gewinn* 2 3 800 400 400 800 400 1000 500 500 1000 400 1000 500 500 1000 500 400 600 500 „Nicht beeinflussbar“: (Unabhängig vom Managementeinsatz) Erwartete Kosten „beeinflussbar“, geringer bei hohem Einsatz 65 Verhaltenssteuerung durch Vergütung ¾ Die Steuerung des Verhaltens des Kostenstellenleiters erfolge durch Vergütung auf Basis von Leistungsmaßen. Der Kostenstellenleiter erhält eine höhere Vergütung, wenn die Leistungsmessung auf hohe Leistung schließen lässt. ¾ Sind die Leistungsmaße durch externe Einflüsse stark gestört, so wird die Vergütung stark zufallsabhängig. Um den Kostenstellenleiter für den leistungsabhängigen Vergütungsvertrag zu gewinnen, muss ihm eine Risikoprämie gewährt werden, die dieses Risiko ausgleicht. Je mehr Information die Leistungsmaße aber über das tatsächliche Verhalten des Kostenstellenleiters enthalten, desto geringer kann die Risikoprämie sein. Der Informationswert der Leistungsmaße liegt in dem Ausmaß der Verminderung der Risikoprämie, die sie ermöglichen, ohne dass der Kostenstellen‐ leiter kündigt und ohne dass der Anreiz zu hoher Leistung verloren geht. 66 Vertrag zwischen Organisation und Manager ¾ Präferenzen des Managers: er wertet die Vergütung W positiv und den Arbeitseinsatz negativ; bezeichne V die Nutzeneinbuße infolge hohen Leistungseinsatzes: V(n) = 0; V(h) = 50 Nutzenfunktion: u (W , V ) = W − V . Der Manager maximiert den Erwartungswert seines Nutzens ¾ Reservationsnutzen des Managers: er kann anderswo bestenfalls € 62 500 verdienen mit a = n. Sein Reservationsnutzen ist daher: u0 = 62500 − 0 = 250 Er wird hohen Einsatz bringen, wenn Eu (W | a = h) = E W − 50 ≥ 250 ¾ Ziel der Organisation: hoher Gewinnerwartungswert; die Organisation entscheidet risikoneutral. 67 Informationssystem 1: Kosten als Leistungsmaß Zustand: S = a=n a=h Erlös Kosten Gewinn* Erlös Kosten Gewinn* 1 2 3 800 400 400 800 400 1000 500 500 1000 400 1000 500 500 1000 500 400 600 500 ¾ Anreizkompatibilitätsbedingung: 2 3 W (400) + 13 W (500) − 50 ≥ 13 W (400) + 23 W (500) ¾ Teilnahmebedingung: 2 3 W (400) + 13 W (500) − 50 ≥ 250 ¾ Berechnung: Setze xi := W (i ) 2 2 ¾ Dann ist das Problem des Prinzipals: min 23 x400 + 13 x500 u.d.N. 23 x400 + 13 x500 − 50 ≥ 13 x400 + 23 x500 ; 2 3 x400 + 13 x500 − 50 ≥ 250 → 1 3 x400 − 13 x500 = 50; → 2 3 x400 + 13 x500 = 300 x400 , x400 ≥ 0 ¾ Lösung: x400 = 350; W (400) = 122500; x500 = 200; W (500) = 40000 ¾ Erwarteter Vergütungsaufwand: E W = 95 000; erwartete Kosten: EK = 433333. ¾ Festvergütungsvertrag: W = 62 500; K = 466667 ¾ Vorteil des Anreizvertrags: 466 667 – 433 333 – (95 000 – 62 500) = 833 68 Informationssystem 2: Erlös und Kosten ¾ Problem des Prinzipals: ¾ Elimination von Variablen aus den Restriktionen ¾ Äquivalentes Optimierungsproblem: ¾ Notwendige Optimalitätsbedingung: ¾ Lösung: ¾ Ergebnis: EWG = 93 750; EWK = 95 000 1 250 (Informationswert bei Gewinn als Vergütungsbasis) 69 Paradigmatische Controllingprobleme 4. Koordination der Unternehmensplanung ¾ In den 1960er Jahren kam mit der Durchsetzung der linearen Optimierung die Idee der simultanen zentralen Planung verschiedener Teilbereiche des Unternehmens auf ¾ hat sich nicht durchgesetzt, weil die Planungsdaten der Teilbereiche nicht rechtzeitig zentral verfügbar gemacht werden können und die Bereiche für die Lösung ihrer Probleme besser qualifiziert sind als die Zentrale. Die Zentrale kann in der Regel nicht beurteilen, welche Maßnahmen in den Bereichen möglich sind und welche Wirkungen sie haben. Die Zentrale trifft daher nur Entscheidungen, die mehrere Bereiche gemeinsam betreffen. Um diese Entscheidungen zu optimieren, muss sie die Technologien der Bereiche nicht im einzelnen kennen, es genügt zu wissen, wie die für andere Bereiche und das ganze Unternehmen relevanten Ergebnisse jedes Bereichs von alternativen zentralen Entscheidungen beeinflusst werden. Idealvorstellung Die Bereiche optimieren ihre Entscheidungen in Abhängigkeit von den Vorgaben der Zentrale und stellen der Zentrale die koordinationsrelevanten Planungsergebnisse in Form einer Reaktionsfunktion auf die zentralen Vorgaben zur Verfügung. Die Zentrale bestimmt dann auf der Basis dieser Reaktionsfunktionen die unternehmenszieloptimalen Vorgaben an die Bereiche. 70 Hierarchische Koordination vgl. Schneeweiss, 2003, p. 27 ¾ Praktisch kann das nur durch einen Iterationsprozess angenähert werden, zumal meist mehrere Hierarchieebenen erforderlich sein werden. ¾ Die Koordinationsstelle einer Ebene (Top‐Ebene) antizipiert die Reaktionen der Bereiche (Basisebene) auf die Vorgaben in einem Modell („antizipiertes Basismodell“) und optimiert ihre Zielfunktion durch tentative Wahl der Vorgaben auf dieser Grundlage ¾ Die Basis reagiert auf die Vorgabe in der aus ihrer Sicht optimalen Weise Basis‐Ebene reagiert nur auf die Vorgabe, verzichtet aber auf den Versuch, das Verhalten der Topebene zu steuern (darin liegt das Hierarchische) ¾ Top‐Ebene erhält ex‐post Feedback ¾ Interdependenz der Entscheidungen auf den Ebenen wird durch einseitige Abhängigkeit ersetzt (Vereinfachung) ¾ Basisebene antizipiert das Verhalten des Objektsystems und damit auch das Ergebnis der Feedback‐Kontrolle 71 Hierarchische Koordination Planungssystem Top‐Ebene (1) (3) antizipiertes Basismodell (2) Instruktion Basis‐Ebene Antizipation Basismodell Reaktion (2) und (3) werden wiederholt bis Entscheidung erreicht ist; dann folgt (4). (5) ex post Feedback Implementierung, Ratifizierung (4) Objektsystem 72 Übungsaufgaben Aufgabe 1: Weitzman‐Schema Aufgabe 2: Die „Todesspirale“ Aufgabe 3: Informationswert 73 Aufgabe 1: Republic Insurance (Zimmerman, S. 306) arbeitet mit Direktvertriebspersonal, um Lebensversicherungen zu verkaufen. Jedes Sales‐Force‐Mitglied wird am Anfang des Jahres gefragt, wieviele Policen er/sie zu verkaufen erwartet. Am Jahresende wird die Vergütung gemäß folgender Formel errechnet: $(20 000 + 100B + 20(S – B)) falls S > B $(20 000 + 100B – 400(B – S)) falls S < B S = Ist‐Absatz; B = Budget lt. eigener Einschätzung a. b. Angenommen, jemand erwartet 100 Policen abzusetzen. Wie sollte er sein B wählen? Man untersuche kritisch das Vergütungsschema der Versicherung. Hinweis: Man überlege, wie das Schema sich auf das Verhalten des Personals auswirken wird, wenn es sich in einem nicht von Vornherein bekannten Ausmaß anstrengen muss, um S zu erreichen. 74 Aufgabe 2: Die „Todesspirale“ ¾ Unternehmen besitzt ein zentrales Büro für Schreibdienste. Die Kosten in Abhängigkeit der Seitenzahl x sind gegeben durch K(x)=100.000 + 2x. Man kann die Seiten auch „extern“ tippen lassen: Kosten: € 3 pro Seite. ¾ Die vertraulichen Dokumente allerdings, die die Hälfte des gesamten Aufkommens ausmachen, dürfen nicht extern getippt werden; wenn das Schreibbüro geschlossen wird, müssen die Dokumentverfasser selbst tippen statt diktieren. Das ziehen sie vor, wenn der Seitenpreis € 4 übersteigt. ¾ Letztes Jahr sind 80.000 Seiten angefallen, die alle intern getippt wurden; für die aktuelle Periode wird mit der gleichen Zahl gerechnet. ¾ Für die Inanspruchnahme des internen Schreibdienstes wird der Abteilung des Auftraggebers ein Seitenpreis in Rechnung gestellt, der den Ist‐Kosten des Schreibbüros dividiert durch die Anzahl der getippten Seiten entspricht. a. b. c. d. Wie hoch ist der intern in Rechnung gestellte Seitenpreis für das nächste Jahr? Wie hoch ist der Seitenpreis im übernächsten Jahr, wenn im nächsten Jahr wieder 80.000 Seiten, davon die Hälfte vertraulich, zu tippen sind? Wie hoch ist der Schaden, der durch die Fehlsteuerung im nächsten und im übernächsten Jahr zu erwarten ist, vorausgesetzt, die Fixkosten sind nicht abbaufähig? Würde bei abbaufähigen Fixkosten kein Schaden entstehen? Was würde sich ändern, wenn statt der vollen Fixkosten nur die Nutzkosten auf der Basis einer Normalkapazität des Schreibdienstes von 100 000 Seiten weiterverrechnet würden? 75 Aufgabe 3: Informationswert ¾ Die BioFil eG verkauft in ihren Filialen Frischprodukte. Aus Gründen der Markenidentität sollen alle Filialen das gleiche Sortiment an dauerhaft eingeführten Produkten führen. ¾ Soll ein Produkt angeboten werden, muss eine standardisierte Menge davon abgenommen werden. Die Umsatzrentabilität hängt davon ab, wie hoch der Anteil der beschafften Mengen ist, die nicht verkauft werden. Dafür hat die Unternehmensleitung einen Schwellenwert festgesetzt, der in der Vergan‐ genheit bei 30% der neu eingeführten Frischprodukte nicht erreicht wurde. ¾ Daher kommt das BioFil‐Management auf die Idee, drei repräsentative Filialen zu bestimmen und neue Produkte dort testweise einzuführen, bevor sie in das Sortiment aller Filialen aufgenommen werden. Aus der Vergangen‐ heit liegen Daten aus allen Filialen über die effektive Umsatzrentabilität der Frischprodukte vor, aus denen folgende Matrix der bedingten Wahrschein‐ lichkeiten p(θ|S) erschlossen wurde: θ = 0 θ = 1 θ = 2 θ = 3 S = 1 0 0.1 0.3 0.6 S = 0 0.5 0.4 0.1 0 ¾ Legende: S = 1 / 0: Rentabilitätsschwelle bei Gesamteinführung erreicht / nicht erreicht θ = Anzahl der Testfilialen, in denen die Schwelle erreicht wurde 76 a. Man bestimme die Matrix der gemeinsamen Wahrscheinlichkeiten p(S,θ ) von Signalen und Zuständen. b. Man bestimme die Matrix der posteriori‐ Wahrscheinlichkeiten p(S|θ ) und die totalen Wahrscheinlichkeiten der Signale. c. Ein für die Einführung in Frage kommendes Produkt würde jährlich € 1.2 Mio. Brutto‐Umsatzgewinn abwerfen, wenn es bei genereller Einführung die Rentabilitätsschwelle erreicht; wenn nicht, werden nur € 0.6 Mio. Brutto‐Umsatzgewinn erwartet. Die Einführung wäre mit Fixkosten von € 1 Mio. verbunden. Würde man es einführen, ohne dass die Testergebnisse zur Verfügung stehen? d. Man bestimme den Informationswert des Tests für die Entscheidung über das betrachtete Produkt. 77 Quellennachweise ¾ Antle, Rick & Joel S. Demski (1988), The Controllability Principle in Responsibility Accounting, Accounting Review 63, S. 700‐718. ¾ Chandler, Alfred D. (1977): The Visible Hand, Cambridge (Mass.) [VH] (Harvard University Press) ¾ Horváth, Péter (1979; 112008) Controlling, München (Vahlen) ¾ Johnson, H. Thomas & Robert S. Kaplan (1987): Relevance Lost, Boston [JK] (Harvard Business School Press) ¾ Robert S. Kaplan (1998): Innovation Action Research: Creating New Management Theory and Practice, Journal of Management Accounting Research 10, p. 89‐118. ¾ Milgrom, Paul & John Roberts (1992): Economics, Organization and Management, Englewood Cliffs,(Prentice Hall) ¾ Osband, Kent & Stefan Reichelstein (1985): Information Eliciting Incentive Schemes, Journal of Public Economics, 27 107‐115. 78 ¾ Pleitgen, Verena (2005): Die Entwicklung des betriebswirt‐ schaftlichen Rechnungswesens von 1890 bis 1940 am Beispiel der Firmen Krupp, Scheidt und Farina, Diss. Köln ¾ Rummel, Kurt (1939): Einheitliche Kostenrechnung auf der Grundlage der Proportionalität der Kosten zu betrieblichen Größen, Düsseldorf, Verl. Stahleisen (³1967) ¾ Schär, Johann Friedrich (1911): Allgemeine Handelsbetriebs‐ lehre, Leipzig (Glöckner) ¾ Schmalenbach, Eugen (1899): Buchführung und Kalkulation im Fabrikgeschäft, Deutsche Metallindustriezeitung, Jg. 15, Remscheid ¾ Schneeweiss, Christoph (2003), Distributed Decision Making, 2. Aufl. Berlin (Springer) ¾ Wagenhofer, Alfred (2006): Management Accounting Research in German‐Speaking Countries, Journal of Management Accounting Research 18, p. 1‐19. ¾ Weitzman, Martin L. (1976): The New Soviet Incentive Model, Bell Journal of Economics, 7, 251‐257. 79