01 Survey Road Safety_deutsch

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01 Survey Road Safety_deutsch
Verkehrssicherheit
in
Indien
Horst Wildemann
Tobias Engelmeier
TCW
BRIDGE TO INDIA
Diese Studie wurde gesponsert von
mit dem Ziel, einen Beitrag zur Verbesserung
der Verkehrssicherheit in Indien zu leisten.
TCW
BRIDGE TO INDIA
Horst Wildemann, Tobias Engelmeier
Verkehrssicherheit in Indien
Eine empirische Studie
Copyright: TCW Transfer-Centrum GmbH & Co. KG
1. Auflage 2010
Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme
Ein Titelsatz für diese Publikation ist bei
Der Deutschen Bibliothek erhältlich.
Wildemann, Horst; Engelmeier, Tobias:
Verkehrssicherheit in Indien
Eine empirische Studie
1. Auflage
München: TCW Transfer Centrum, 2010
ISBN: 978-941967-23-6
Herausgeber: TCW Transfer-Centrum GmbH & Co. KG, München
Alle Rechte, auch die der Übersetzung in fremde Sprache, vorbehalten. Kein Teil
dieses Werkes darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner
Form, auch nicht zum Zwecke der Unterrichtsgestaltung, reproduziert oder unter
Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet werden.
TCW
BRIDGE TO INDIA
I
Vorwort
Indien ist eine der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften der Welt.
Dank der starken Binnennachfrage verzeichnete das Land trotz der weltweiten Konjunkturabkühlung Wachstumsraten zwischen fünf und sechs Prozent, für 2010 werden acht Prozent erwartet. Voraussetzung für dieses
Wachstum ist, dass Indien weiterhin in eine starke, adäquate Infrastruktur
investiert und diese ausbaut. Dadurch wird enormes Potenzial für weiteres
Wachstum in zahlreichen Branchen geschaffen, darunter die chemische Industrie.
Mit 1,2 Milliarden Einwohnern ist Indien das zweitbevölkerungsreichste
Land der Erde. Bis Mitte der 2020er Jahre wird es China überholen, so die
Prognose. Das wird erhebliche Folgen für die Mobilität im Land haben. Die
Motorisierung und damit auch die Verkehrsdichte auf indischen Straßen
werden zunehmen. Wie die Studie von TCW und BRIDGE TO INDIA
zeigt, hat Indien mit hohen und rasant steigenden Unfallzahlen zu kämpfen.
Mit Blick auf diesen alarmierenden Trend besteht dringender Handlungsbedarf von Seiten der Politik als auch der gesamten Industrie.
Die Industrie kann durch die Verbesserung der Qualität aller Fahrzeugteile
und die Einführung neuer sicherheitsrelevanter Technologien zur Verkehrssicherheit beitragen. So kann LANXESS die Qualität der Reifen durch die
Bereitstellung von hochwertigem synthetischen Kautschuk wesentlich beeinflussen. Kautschuk von hoher Qualität verbessert die Haftung, die Laufleistung, die Geräuschentwicklung und den Rollwiderstand von Reifen.
Haftung und Rollwiderstand haben erheblichen Einfluss auf Unfallschäden
und können diese in vielen Fällen von vorneherein verhindern.
Die folgende Untersuchung von TCW und BRIDGE TO INDIA gibt einen
umfassenden Überblick über die Verkehrssicherheitslage in Indien. Anhand
des Vergleichs des Straßenverkehrs in Indien und Deutschland werden
Möglichkeiten zur Weiterentwicklung aufgezeigt und Maßnahmen vorgestellt, die notwendig sind, um die Straßen in Indien sicherer zu machen.
Leverkusen, 1. Dezember 2010
Dr. Axel C. Heitmann
Vorstandsvorsitzender der LANXESS AG
Leverkusen
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BRIDGE TO INDIA
TCW
BRIDGE TO INDIA
III
Einleitung und Danksagung
Verkehrsunfälle stellen weltweit ein großes Problem für das Gesundheitswesen dar. Sie gehören zu den Hauptursachen für Todesfälle und Verletzungen. Jedes Jahr werden Millionen von Menschen bei Verkehrsunfällen
verletzt, mehr als eine Million von ihnen tödlich. Auch die direkte und indirekte wirtschaftliche Belastung für die Gesellschaft ist gewaltig.
Ein erheblicher Teil der weltweiten Unfälle ereignet sich in Entwicklungsländern. Derzeit entfällt die Hälfte aller tödlichen Verkehrsunfälle auf Länder mit niedrigem Einkommen, obwohl sie nur über ca. 15 Prozent der
weltweiten Fahrzeuge verfügen. Das anhaltende Wirtschaftswachstum dieser Länder geht mit einer stetig zunehmenden Motorisierung einher. Dieser
Trend wird die Zahl der Unfälle voraussichtlich weiter in die Höhe schnellen lassen.
Die Unfallzahlen Indiens sind alarmierend und die Situation verschlechtert
sich weiter. Obwohl die Verkehrsdichte viel niedriger ist als in Deutschland
oder China, kommt es zu mehr Unfällen auf indischen Straßen. Indien muss
dringend wirkungsvolle Maßnahmen umsetzen, um diesem Trend Einhalt
zu gebieten. Deutschland, das in den vergangenen 50 Jahren große Erfolge
bei der Verbesserung der Verkehrssicherheit bei zunehmender Motorisierung erzielt hat, kann in vielerlei Hinsicht als Vorbild für Indien dienen.
Wir möchten uns hiermit für die Hilfe aller Experten in Indien und
Deutschland bedanken, die sich an einer Erörterung des Aufbaus und der
Ergebnisse dieser Untersuchung beteiligt haben. Außerdem danken wir der
LANXESS AG, die diesen Bericht gesponsert hat, für ihre Unterstützung.
Besonderer Dank gilt Dr. Axel C. Heitmann und seinen Mitarbeitern, die
den Anstoß zu dieser Untersuchung gegeben und uns bei der Durchführung
hilfreich zur Seite gestanden haben. Darüber hinaus bedanken wir uns bei
unseren Mitarbeitern Julia-Kristin Jarausch und Simon Lorenz, die uns bei
der Recherche und der Erstellung des Berichts unterstützt haben.
München, 1. Dezember 2010
Horst Wildemann
Dr. Tobias Engelmeier
Univ.-Prof. Dr. Dr. h. c. mult.
TCW
Technische Universität
BRIDGE TO INDIA
München
Neu Delhi
BRIDGE TO INDIA
IV
Die Autoren
Horst Wildemann
Univ.-Prof. Dr. Dr. h. c. mult.
Technische Universität München und
Transfer Centrum GmbH & Co. KG
München
Dr. Tobias Engelmeier
Managing Director
BRIDGE TO INDIA Private Limited
Neu Delhi
Julia-Kristin Jarausch
Dipl.-Kffr. Univ.
Transfer Centrum GmbH & Co. KG
München
Simon Lorenz
Dipl.-Kfm., MSc in Management,
Diplôme de Grande Ecole
Transfer Centrum GmbH & Co. KG
München
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V
Inhaltsverzeichnis
1 Ursachen von Verkehrsunfällen ......................................................... 7
2 Vergleich von Verkehrsunfällen weltweit ......................................... 9
3 Verkehrsunfälle in Deutschland ....................................................... 14
4 Verkehrsunfälle in Indien................................................................. 21
5 Schlussfolgerung: Wege zur Senkung der Unfallraten .................... 33
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VI
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Die Ursachen von Unfällen ............................................................... 8
Abbildung 2: Die Reifenqualität ............................................................................. 8
Abbildung 3: Kraftfahrzeuge und Verkehrstote .................................................... 10
Abbildung 4: Verletzungen und Todesfälle durch Verkehrsunfälle ..................... 11
Abbildung 5: Die 20 Hauptursachen der globalen Krankheitslast ........................ 13
Abbildung 6: Kennzahlen für Deutschland ........................................................... 14
Abbildung 7: Straßenverkehr in Deutschland ....................................................... 15
Abbildung 8: Verkehrsregeln in Deutschland ....................................................... 16
Abbildung 9: Unfallentwicklung in Deutschland .................................................. 17
Abbildung 10: Vergleich der Verkehrstoten in Europa......................................... 18
Abbildung 11: Einfluss von Reifenschäden .......................................................... 18
Abbildung 12: Gründe für Reifenschäden............................................................. 19
Abbildung 13: Indiens Bevölkerungswachstum.................................................... 21
Abbildung 14: Straßenverkehrssystem in Indien .................................................. 22
Abbildung 15: Indiens Fahrzeugdichte ................................................................. 23
Abbildung 16: Zweiräder in Indien ....................................................................... 24
Abbildung 17: PKWs pro 1.000 Einwohner ......................................................... 25
Abbildung 18: Zahl der Unfälle mit Verletzungsfolge ......................................... 26
Abbildung 19: Zahl der bei Verkehrsunfällen verletzten Personen ...................... 27
Abbildung 20: Gesamtzahl der Todesfälle bei Verkehrsunfällen ......................... 27
Abbildung 21: Verkehrstote nach Straßennutzer und Straßenart ......................... 28
Abbildung 22: Tödliche Unfalle nach Straßenart ................................................. 29
Abbildung 23: Weltweite Raten der Verkehrstoten .............................................. 29
Abbildung 24: Vergleich der Verkehrstoten nach Bundesstaaten ........................ 31
Abbildung 25: Aussichten ..................................................................................... 33
Abbildung 26: Handlungsfelder zur Unfallprävention .......................................... 34
Abbildung 27: Einfluss der Qualität von synthetischem Kautschuk ..................... 35
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VERKEHRSSICHERHEIT IN INDIEN
7
Verkehrssicherheit in Indien
Verletzungen durch Unfälle im Straßenverkehr stellen ein großes globales
Problem dar. Gezielte Präventionsmaßnahmen sind erforderlich, um dieser
Herausforderung gerecht zu werden. Schätzungen zufolge verlieren jedes
Jahr fast 1,2 Millionen Menschen auf der ganzen Welt bei Straßenverkehrsunfällen ihr Leben, 50 Millionen werden verletzt. Verkehrsunfälle zählen zu
den weltweit wichtigsten Ursachen für verletzungsbedingte Probleme, Todesfälle und Sachschäden.1
1 Ursachen von Verkehrsunfällen
Die Gründe für Verkehrsunfälle sind vielfältig. Nur selten werden sie vorsätzlich verursacht. Zu Unfällen kommt es aufgrund einer Kombination
verschiedener Faktoren. Dazu gehören das Wetter, der Straßenzustand, die
Verkehrsteilnehmer und der Zustand des Fahrzeugs. Diese Faktoren wirken
nie isoliert voneinander. Die häufigsten Ursachen sind Fahrfehler
(86 Prozent), schlechter Straßenzustand (5 Prozent), Fehler von Fußgängern
(4 Prozent) sowie technische Fehler und Wartungsmängel (1 Prozent). Das
heißt, bei der Mehrheit der Verkehrsunfälle spielt menschliches Versagen
eine wichtige Rolle. Eingehende Analysen von Fahrfehlern zeigen, dass die
meisten Unfälle aufgrund von Fehlern beim Abbiegen, Rückwärtsfahren,
An- und Wegfahren (16 Prozent) passieren. In 15 Prozent der Fälle wurde
die Vorfahrt missachtet und bei 14 Prozent der Unfälle ist überhöhte Geschwindigkeit die Ursache. Zu wenig Abstand und falsche Straßennutzung
waren der Grund für zwölf bzw. sieben Prozent der Unfälle infolge von
Fahrfehlern. Bei fünf Prozent der Unfälle aufgrund von Fahrfehlern war
Alkohol im Spiel.2
Ein Unfall kann durch eine Vielzahl von Faktoren verursacht werden. Die
Reifenqualität kann erheblichen Einfluss haben, auch bei Unfällen, die nicht
unmittelbar durch ein Reifenproblem verursacht wurden. Inwiefern sich die
Reifenqualität auf den Ausgang eines Unfalls auswirken kann, hängt von
der Kautschukqualität und dem Mischungsverhältnis bei der Herstellung ab.
1
2
Weltgesundheitsorganisation (2009), S. 1
Statistisches Bundesamt Deutschland (2009), S. 3 ff.
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8
VERKEHRSSICHERHEIT IN INDIEN
Abbildung 1: Die Ursachen von Unfällen
Bei einem Vergleich verschiedener Reifen wurden große Qualitätsunterschiede festgestellt. Ausschlaggebend war dabei der Bremsweg:3
•
Der Bremsweg ist bei Reifen minderer Qualität 30 bis 40 Meter länger,
was lebensgefährlich sein kann.
•
Hochwertige Reifen hätten die Aufprallgeschwindigkeit und die
Schwere der Verletzungen bei 30 Prozent aller Verkehrsunfälle mit
Personenschäden reduzieren können.
•
Rund fünf Prozent aller Unfälle hätten mit besseren Reifen vermieden
werden können.
Abbildung 2: Die Reifenqualität
Daher spielt die Reifenqualität eine entscheidende Rolle für den Ausgang
eines Unfalls. Sie kann den Bremsweg um bis zu 50 Prozent reduzieren.4
3
4
ADAC (2010c), S. 20 ff.
ADAC (2010c), S. 26
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VERKEHRSSICHERHEIT IN INDIEN
9
2 Vergleich von Verkehrsunfällen weltweit
Verkehrsunfälle gehören zu den Hauptursachen für Todesfälle und Verletzungen und stellen daher weltweit ein großes Problem für das Gesundheitswesen dar. Im Jahr 2008 Jahr kamen ca. 1,2 Millionen Menschen bei
Verkehrsunfällen ums Leben. Zwischen 20 und 50 Millionen Menschen
wurden verletzt.5
Weltweit sterben pro Tag ca. 16.000 Menschen an verschiedenen Arten von
Verletzungen. Verletzungen machen zwölf Prozent der globalen Krankheitslast aus und stellen die dritthäufigste Todesursache im Hinblick auf die
Gesamtmortalität dar. Zum Vergleich: Auf das Konto von HIV/AIDS gehen
ca. 3,5 Prozent aller Todesfälle. Die häufigste Ursache von Verletzungen
sind Verkehrsunfälle. 25 Prozent aller Todesfälle aufgrund von Verletzungen sind die Folge von Verkehrsunfällen. 2,2 Prozent der weltweiten Todesfälle gehen auf Verkehrsunfälle zurück. Da entsprechende Daten fehlen,
kann die Gesamtzahl der weltweiten Verkehrstoten nur geschätzt werden,
wobei von 0,8 bis 1,2 Millionen pro Jahr ausgegangen wird. Das bedeutet,
dass jeden Tag ca. 3.000 Menschen ihr Leben bei Verkehrsunfällen verlieren, jährlich werden zwischen 20 und 50 Millionen Menschen verletzt.
Häufig tragen sie bleibende Behinderungen davon. Der Großteil dieser Unfälle ereignet sich in Ländern mit Niedrig- oder unterem Mitteleinkommen.
Abgesehen von den enormen sozialen Kosten stellen Verkehrsunfälle eine
Belastung für das Gesundheitssystem und die gesamte Wirtschaft eines
Landes dar.6
Laut Schätzungen belaufen sich die Gesamtkosten für Verkehrsunfälle bei
Ländern mit niedrigem Einkommen auf ein Prozent, bei Ländern mit mittlerem Einkommen auf 1,5 Prozent und bei Ländern mit hohem Einkommen
auf zwei Prozent des Bruttosozialprodukts. In absoluten Zahlen werden die
globalen volkswirtschaftlichen Kosten auf 384 Milliarden Euro geschätzt.
In Ländern mit niedrigem Einkommen liegen diese bei ca. 48 Milliarden
Euro, was mehr ist, als sie insgesamt an Entwicklungshilfe erhalten. Wahrscheinlich ist diese Schätzung jedoch viel zu niedrig angesetzt. Allein in der
Europäischen Union, auf die nur fünf Prozent der weltweiten Verkehrstoten
entfallen, belaufen sich die Kosten Berechnungen zufolge auf ca.
135 Milliarden Euro. Würden für Länder mit geringem und mittlerem Einkommen ebenso genaue Untersuchungstechniken und Daten angewandt,
4
ADAC (2010c), S. 26
Weltgesundheitsorganisation (2009), S. 1 ff.
6
Weltgesundheitsorganisation (2010b), S.12 ff.
5
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VERKEHRSSICHERHEIT IN INDIEN
würden sich wahrscheinlich gesamtwirtschaftliche Kosten von weit über
384 Milliarden Euro ergeben.7
Obwohl die Kosten für die Gesellschaft hoch sind, investieren die meisten
Entwicklungsländer nur wenig in präventive Maßnahmen. Schätzungen zufolge belaufen sich die weltweiten Forschungs- und Entwicklungsausgaben
für HIV/AIDS auf 680 bis 730 Millionen Euro, für Malaria auf
45 Millionen Euro, für Durchfallerkrankungen auf 25 Millionen Euro und
für Tuberkulose auf 14 bis 25 Millionen Euro (pro Jahr). In die Forschung
und Entwicklung von Maßnahmen zur Reduzierung von Verkehrsunfällen
werden dagegen nur 18 bis 25 Millionen Euro investiert.8
Indien gehört zu den Ländern mit Niedrig- und unterem Mitteleinkommen.
Über die Hälfte der Weltbevölkerung zählt zu dieser Kategorie. Nur ein
Prozent der Weltbevölkerung lebt in Ländern mit hohem Einkommen wie
Deutschland. Dort befinden sich jedoch 60 Prozent aller Kraftfahrzeuge.
Nur 15 Prozent aller Fahrzeuge sind in Ländern mit unterem Mitteleinkommen registriert. Trotzdem verzeichnen sie ca. 50 Prozent der Verkehrstoten. Lediglich 14 Prozent der weltweiten Verkehrstoten entfallen auf
Länder mit hohem Einkommen.9
Obwohl Länder mit unterem Mitteleinkommen nur über ein Achtel der
weltweiten Fahrzeuge verfügen, sind sie für die Hälfte der Unfälle verantwortlich. Die Wirtschaft dieser Länder wird voraussichtlich weiter wachsen. Werden keine Präventionsmaßnahmen ergriffen, wird die steigende
Verkehrsdichte in diesen Ländern voraussichtlich zu einem weiteren Anstieg der Unfallzahlen führen wird.
Abbildung 3: Kraftfahrzeuge und Verkehrstote
7
Weltgesundheitsorganisation (2004), S. 7 ff.
Weltgesundheitsorganisation (2004), S. 7 ff.; Weltgesundheitsorganisation (2010b), S. 127 ff.
9
Weltbank (2010a); Iaych (2010), S. 144, 185
8
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11
Ein Ländervergleich nach der Zahl der Verletzungen und Todesopfer durch
Verkehrsunfälle ergab, dass in den folgenden Regionen die meisten Menschen verletzt werden: Nordamerika (26 Prozent), Ostasien und Pazifik
(22 Prozent) sowie Europa und Zentralasien (23 Prozent). Südasien (einschließlich Indien) verzeichnet zehn Prozent der weltweiten Verletzungsfälle. Der Prozentsatz in Lateinamerika und der Karibik ist gleichhoch. Die
Regionen, in denen die wenigsten Menschen bei Autounfällen verletzt werden, sind der Nahe Osten und Nordafrika (vier Prozent) sowie Schwarzafrika (fünf Prozent).10
In Ländern mit hohem Einkommen kommen auf 10.000 zugelassene Fahrzeuge im Durchschnitt 1,3 Verkehrstote. In Ländern mit unterem Mitteleinkommen sterben über 60 Menschen je 10.000 zugelassene Fahrzeuge. Dies
deutet auf eine positive Beziehung zwischen dem Entwicklungsstand und
der Verkehrssicherheit eines Landes hin.
Mit steigendem Einkommen wird auch die Zahl der Kraftfahrzeuge in Indien zunehmen. Ein Vergleich mit einigen Ländern mit mittlerem Einkommen legt die Vermutung nahe, dass die Zahl der Todesfälle infolgedessen
dramatisch steigen wird. Dies deckt sich mit der sogenannten KuznetsKurve. Viele Länder mit einer höheren Anzahl von Fahrzeugen als Indien
weisen eine deutlich geringere Sterberate auf. Bei allen untersuchten Ländern handelt es sich jedoch im Gegensatz zu Indien um Länder mit hohem
Einkommen. Dennoch kann diese Entwicklung verhindert werden, indem
die Fahrzeugkonstruktion und andere Einflussfaktoren wie Straßenplanung
und -bau verbessert werden.
Abbildung 4: Verletzungen und Todesfälle durch Verkehrsunfälle
10
Iaych (2010), S. 184; Wirtschaftskommission für Europa (2010)
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Afrika und Asien sind die Regionen mit den weltweit höchsten Todeszahlen. Die meisten Menschen in diesen Regionen können sich kein Auto leisten. Dennoch sind sie als Fußgänger oder Benutzer öffentlicher Verkehrsmittel von Verkehrsunfällen betroffen. Zudem kommt in diesen Ländern bei
Verkehrsunfällen vor allem die jüngere Generation zu Schaden, da das
Durchschnittsalter in der Regel niedriger ist als in Europa und Nordamerika.
Während für die Industrieländer keine Zunahme der Motorisierung erwartet
wird, ist in den Entwicklungsländern eine deutliche Steigerung absehbar,
was die Unfallzahlen möglicherweise weiter in die Höhe treiben wird.
Wenn es den Ländern mit geringem und unterem Mitteleinkommen nicht
gelingt, der derzeitigen Entwicklung Einhalt zu gebieten, werden sie sich
mit einem dramatischen Anstieg der Zahl der Verkehrsunfälle konfrontiert
sehen.
Prognosen zufolge wird die Zahl der weltweiten Todesfälle und Verletzungen durch Verkehrsunfälle zwischen 2004 und 2030 um ca. 65 Prozent steigen, sollten keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden. In Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen wird mit einem Anstieg um 80 Prozent
gerechnet. Verletzungen durch Verkehrsunfälle wären dann der drittwichtigste Faktor mit Blick auf durch Behinderung verlorene Lebensjahre.11
Die Unfallzahlen in den Industrieländern sind rückläufig. Eine Reihe von
Maßnahmen hat zu dieser positiven Entwicklung beigetragen. Eine davon
ist das effiziente Verkehrssicherheitsmanagement, das ständig verbessert
wird. Eine weitere Maßnahme bestand darin, Sicherheitsgurte, Helme und
Rückhaltesysteme für Kinder obligatorisch zu machen. Zudem wurden von
staatlicher Seite Geschwindigkeitsbegrenzungen eingeführt, die Infrastruktur verbessert, Promillegrenzen durchgesetzt und die Anforderungen an die
Fahrzeugsicherheit erhöht.12
11
12
Kutzbach (2009), S. 154 ff.
Weltgesundheitsorganisation (2009), S. 6 ff.
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2004
Platz
Hauptursache
1 Ischämische Herzkrankheiten
2 Zerebrovaskuläre Erkrankungen
Infektionen der unteren Atem3 wege
Chronisch obstruktive Lun4 generkrankungen
5 Durchfallerkrankungen
6 HIV/AIDS
7 Tuberkulose
Luftröhren-, Bronchial-, Lun8 genkrebs
Verletzungen durch Verkehrsun9 fälle
Frühgeburten und niedriges
10
Geburtsgewicht
11
12
13
14
15
16
%
12,2
9,7
7,0
5,1
3,6
3,5
2,5
13
2030
Platz
Hauptursache
1 Ischämische Herzkrankheiten
2 Zerebrovaskuläre Erkrankungen
Chronisch obstruktive Lun3 generkrankungen
Infektionen der unteren Atem4 wege
Verletzungen durch Verkehrsun5 fälle
Luftröhren-, Bronchial-, Lun6 genkrebs
7 Diabetes mellitus
2,3
8 Hypertensive Herzkrankheiten
2,2
9 Magenkrebs
%
14,2
12,1
8,6
3,8
3,6
3,4
3,3
2,1
1,9
2,0
10 HIV/AIDS
1,8
Nierenentzündung und nicht
entzündliche Nierenerkrankungen
Selbstverletzungen
Leberkrebs
Dick- und Enddarmkrebs
Speiseröhrenkrebs
Gewalt
Alzheimer und andere Demenzerkrankungen
Leberzirrhose
Neonatale Infektionen etc.
Diabetes mellitus
Malaria
Hypertensive Herzkrankheiten
Geburtsasphyxie und -trauma
Selbstverletzungen
1,9
1,9
1,7
1,7
1,5
1,4
11
12
13
14
15
16
17 Magenkrebs
18 Leberzirrhose
Nierenentzündungen und nicht
entzündliche Nierenerkrankun19 gen
20 Dick- und Enddarmkrebs
1,4
1,3
17
18
1,3
1,1
19 Brustkrebs
20 Tuberkulose
1,6
1,5
1,4
1,4
1,3
1,2
1,2
1,2
1,1
1,0
Abbildung 5: Die 20 Hauptursachen der globalen Krankheitslast13
Um auf die Bedeutung der Verkehrssicherheit und entsprechender Maßnahmen zur Risikominimierung aufmerksam zu machen, verabschiedete die
Generalversammlung der Vereinten Nationen 2004 eine Resolution. Diese
Resolution forderte die Mitgliedstaaten dazu auf, sich mit diesem Thema zu
beschäftigen und mehr Mittel zur Verbesserung der Verkehrssicherheit zur
Verfügung zu stellen. Außerdem rief sie zur internationalen Zusammenarbeit auf diesem Gebiet auf. Weitere Resolutionen folgten und 2007 fand die
erste Woche für weltweite Verkehrssicherheit statt. Bei der ersten weltweiten Ministerkonferenz über Verkehrssicherheit kamen siebzig Minister und
Delegierte verschiedener Länder überein, dass sektorübergreifende Kooperationen und Partnerschaften des privaten und öffentlichen Sektors notwendig sind, um die Straßen sicherer zu machen.14
13
14
Weltgesundheitsorganisation (2008), S. 30
Global Transport Knowledge Partnership (2010); Weltgesundheitsorganisation (2004), S. 109 ff.
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VERKEHRSSICHERHEIT IN INDIEN
3 Verkehrsunfälle in Deutschland
Deutschland ist eines der führenden Industrieländer. In diesen Ländern ist
das Bevölkerungswachstum in der Regel niedriger als in Schwellenländern.
Das Bevölkerungswachstum in Deutschland ist seit den 90er Jahren stetig
gesunken. (Der hohe Wert von 1990 ist auf die Wiedervereinigung zurückzuführen.) Das Land hat derzeit etwa 82 Millionen Einwohner.15 20 % (16,7
Millionen) der Bevölkerung sind 65 Jahre oder älter, und 14 % (11,1 Millionen) sind jünger als 15. Die Altersgruppe 18 bis 24 Jahre macht lediglich
8,3 % der deutschen Bevölkerung aus. Diese Gruppe ist am häufigsten in
Verkehrsunfälle verwickelt.16
Abbildung 6: Kennzahlen für Deutschland
Die Auswirkungen des sinkenden Bevölkerungswachstums werden durch
einen zweiten Trend, die sinkende Anzahl an Fahrzeugen pro Kopf, weiter
verstärkt. 2009 waren in Deutschland über 50 Millionen Fahrzeuge zugelassen. Etwa 80 % dieser Fahrzeuge sind Personenkraftwagen. Das Wachstum
ist ständig gesunken, blieb jedoch auf einem positiven Wert. Mit Ausnahme
von 2008, in diesem Jahr hat sich die Fahrzeugflotte um 11% verkleinert.
Diese unerwartet starke Abnahme kann im Großen und Ganzen auf die
Auswirkungen der globalen Finanzkrise zurückgeführt werden. 2009 ist die
Zahl zugelassener Fahrzeuge um 0,9 % gestiegen. Die Anzahl zugelassener
PKWs ist um 0,3 % (41 Millionen) gestiegen, die zugelassener LKWs um
0,5 % (3,1 Millionen) und bei Motorrädern um 2,6 % (3,7 Millionen). Die
Anzahl der Mopeds ist mit 11 % (2,2 Millionen) deutlich gestiegen.17
15
Weltbank (2010a); CIA (2010b).
Statistisches Bundesamt (2010b), S. 30ff.
17
Kraftfahrt-Bundesamt (2010b).
16
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VERKEHRSSICHERHEIT IN INDIEN
15
Im Durchschnitt hatte jeder Deutsche im Jahr 2008 0,67 Autos. Dieser Wert
ist in den letzten Jahren gestiegen (zwischen 0,68 und 0,74) und ist im Jahr
2008 gesunken. Der Trend für Fahrzeuge insgesamt ist jedoch ein anderer.
Während jeder Führerscheininhaber im Jahr 2004 3,3 Fahrzeuge besaß,
sank dieser Wert für 2008 auf nur zwei Fahrzeuge. Diese Entwicklung legt
nahe, dass das Verkehrsaufkommen auf deutschen Straßen nicht weiter
steigt und somit positive Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit zu erwarten sind.18
Abbildung 7: Straßenverkehr in Deutschland
Diese Vorhersage wird durch Analysen des Verkehrsaufkommens und der
Unfallquote weiter bekräftigt. In Deutschland sind sowohl die gefahrenen
Kilometer als auch die Gesamtfahrzeugzahl seit 1975 stark gestiegen.
Gleichzeitig ist die Anzahl an Todesfällen und Verletzten durch Verkehrsunfälle gesunken. 2009 hat die deutsche Polizei 2,3 Millionen Unfälle gezählt, von denen 2 Millionen nur zu Sachschäden geführt haben. Bei etwa
90.000 dieser Unfälle kam es zu schweren Sachschäden. 17.000 waren auf
Berauschtheit des Fahrers zurückzuführen. Im Vergleich zu 2008 ist die
Anzahl an Unfällen mit Personenschaden 2009 um 3,1 % gesunken. Auch
wenn die meisten Unfälle mit Personenschaden innerhalb von Ortschaften
liegen, tragen diese nur mit 30 % zur Gesamtzahl der Todesfälle bei. Die
meisten Verkehrsunfälle mit Todesfolge (59 %) finden auf Straßen außerhalb von Ortschaften statt. Nur 5,9 % aller Personenschäden auf Straßen
und 11 % aller Todesfälle passieren auf der Autobahn. Folglich kommt es
bei Unfällen auf Straßen außerhalb von Ortschaften (Autobahnen nicht inbegriffen) aufgrund der höheren Fahrgeschwindigkeit häufiger zu Todesfällen. Die meisten Unfälle auf diesen Straßen sind eine Folge des Abkom18
Kraftfahrt-Bundesamt (2010a); Kraftfahrt-Bundesamt (2010b); Weltbank (2010a); CIA (2010b).
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mens von der Fahrbahn. Innerhalb von Ortschaften finden die meisten Unfälle beim Überqueren einer Fahrbahn oder beim Abbiegen statt.19
Im Vergleich zu 2008 gab es 2009 7,3 % weniger Todesfälle bei Verkehrsunfällen (ca. 4.000). Es gab über 68.000 Schwerverletzte und etwa 330.000
Leichtverletzte. Beide Werte sind im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Da
die Mehrheit der Verkehrsteilnehmer mit dem Auto unterwegs ist, betreffen
die meisten Verletzungen (51 % aller Personenschäden) und die meisten
Todesfälle (56 % aller Todesfälle) Fahrer und Beifahrer von PKWs. Etwa
ein Sechstel sind Motorradfahrer, 14 % Fußgänger und 11 % Radfahrer.
Junge (zwischen 18 und 24 Jahren) und alte Menschen (über 65 Jahre) sind
am häufigsten in tödliche Unfälle verwickelt.20
Die sinkenden Todes- und Verletzungszahlen haben viele Gründe. Hauptgründe sind jedoch die steigende Qualität der Fahrzeuge und der Infrastruktur sowie die ständige Weiterentwicklung der gesetzlichen Rahmenbedingungen. Neue Richtlinien zur Verbesserung der Sicherheit von Fahrzeuginsassen in Verbindung mit Geschwindigkeitsregulierung, Richtlinien für den
Fahrer (z. B. Alkohol), vorgeschriebene Sicherheitsausstattung (z. B. Helme, Sicherheitsgurte) und vorgeschriebene Sicherheitsmerkmale (z. B. Reifenqualität). 21
Abbildung 8: Verkehrsregeln in Deutschland
19
Statistisches Bundesamt (2010a); Statistisches Bundesamt (2010c); Statistisches Bundesamt
(2010e), S. 4ff.
20
Statistisches Bundesamt (2010a); Statistisches Bundesamt (2010c); Statistisches Bundesamt
(2010e), S. 15ff.
21
Statistisches Bundesamt (2010f), S. 309ff.; Glöckner (2010), S. 62-63.
TCW
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17
Zudem wurden die Strafen für Verstöße gegen die Verkehrsregeln immer
höher. In Deutschland gibt es ein einheitliches Punktesystem, das landesweit einheitliche Rahmenbedingungen schafft und die Gleichbehandlung
aller Verkehrssünder sicherstellt. Dieses System hat sich zu einem wichtigen Mittel für die Verkehrssicherheit entwickelt und fördert die Prävention.
Die Punkte werden im Verkehrszentralregister gesammelt. Verstöße werden
mit einem bis sieben Punkten bestraft. Für Vergehen gibt es einen bis vier
Punkte, für Straftaten zwischen fünf und sieben. Hat ein Fahrer insgesamt
18 Punkte, wird der Führerschein eingezogen.22
Ein weiterer wichtiger Faktor ist der private Bereich mit Einrichtungen wie
TÜV Süd, DEKRA, TÜV Nord, FSP, GTÜ, TÜV Rheinland oder KÜS, die
Qualitätsprüfungen, Zertifizierungen und weitere Dienstleistungen anbieten,
um den sicheren Zustand von Fahrzeugen zu garantieren. Fahrzeuge dürfen
nur auf der Straße bewegt werden, wenn sie regelmäßig überprüft werden
und die Sicherheit von diesen Einrichtungen bestätigt wird. So wird sichergestellt, dass die Qualität der Fahrzeuge sowohl bei der Herstellung als
auch während des Einsatzes auf der Straße über die gesamte Lebensdauer
gewährleistet ist.23
Abbildung 9: Unfallentwicklung in Deutschland
Die Anzahl der Verkehrsunfälle in Deutschland ist sehr niedrig im Vergleich zur Anzahl registrierter Fahrzeuge und Führerscheininhaber. Zudem
sinkt die Unfallquote. Durchschnittlich jeder 280. Einwohner hat einen Unfall. Dieser Wert ist zwischen 1970 und 1980 gestiegen, hat sich aber seitdem stabilisiert. Die Anzahl an Unfällen pro Fahrer ist sogar noch niedriger
– durchschnittlich hat jeder Fahrer 0,09 Unfälle. Bei Betrachtung der An22
23
Statistisches Bundesamt (2010f), S. 309ff.
§ 29 Abs. 1 StVZO, Anlage VIII Nr. 1.2 StVZO; Anlage VIIIa StVZO.
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VERKEHRSSICHERHEIT IN INDIEN
zahl an Unfällen pro Fahrzeug gibt es einen ähnlichen, aber stärkeren
Trend. Nur jedes 420. Fahrzeug in Deutschland ist in einen Unfall verwickelt. Die Anzahl der bei Verkehrsunfällen verletzten Personen ist deutlich
gesunken. Während es 1975 bei beinahe 40 % der Unfälle Verletzte gab,
kam es 2008 nur bei 18 % aller Unfälle zu Todesfällen. Und nur bei jedem
500. Unfall gab es Verletzte.24
Abbildung 10: Vergleich der Verkehrstoten in Europa
In Deutschland ist die Anzahl an Todesfällen pro eine Million Einwohner
niedriger als im europäischen Durchschnitt. Sie ist zwischen 2001 und 2008
um 35,8 % gesunken – deutlich stärker als der europäische Durchschnitt mit
24,5 %. Deutschland kann demzufolge ein Vorbild für Länder mit steigenden Unfallzahlen sein.25
Abbildung 11: Einfluss von Reifenschäden
24
Statistisches Bundesamt (2010a); Statistisches Bundesamt (2010c); Statistisches Bundesamt
(2010d).
25
Statistisches Bundesamt (2010e), S. 5ff.
TCW
BRIDGE TO INDIA
VERKEHRSSICHERHEIT IN INDIEN
19
Unfälle sind auf verschiedene, häufig zusammenwirkende Faktoren zurückzuführen. Ein Grund kann ein technischer Defekt am Fahrzeug sein. Die
wichtigsten technischen Defekte, die zu Unfällen führen, stehen im Zusammenhang mit Reifen, Beleuchtung, Bremsen und Lenkung. Die Anzahl
an Unfällen, die auf technische Defekte zurückzuführen sind, ist sehr niedrig und ist in den letzten Jahren gesunken. 1975 war ein Prozent aller Unfälle auf technische Defekte zurückzuführen, dieser Wert ging bis 2008 auf
0,24 % zurück. 1975 waren nur 0,44 % aller Unfälle auf Reifenschäden zurückzuführen, 2008 waren es nur noch 0,08 %. Technische Defekte sind
somit in Deutschland eine äußerst seltene Unfallursache. Unfälle, die direkt
auf Reifenschäden zurückzuführen sind, stellen in diesem Bereich die größte Unterkategorie dar. Reifenschäden sind für die Hälfte aller auf technische
Defekte zurückzuführenden Unfälle verantwortlich. Die beste Option für
das Verringern von Unfällen aufgrund technischer Defekte sind somit die
Reifen eines Fahrzeugs.26
Abbildung 12: Gründe für Reifenschäden
Es gibt unterschiedliche Gründe für einen Reifenschaden, zum Beispiel:
• Mangelnde Wartung
• Schäden aufgrund von Reifendruck oder -alter
• Fehlerhafte Montage oder Reparatur
• Herstellungsfehler
35 % aller Reifenschäden sind auf fehlerhafte Wartung durch den Fahrer
zurückzuführen. Bei nur 6 % aller Schäden liegt die Ursache bei der Reifenindustrie. In Deutschland ist die Fertigungsqualität von Reifen kein Sicher26
Statistisches Bundesamt (2010a); Statistisches Bundesamt (2010c); Statistisches Bundesamt
(2010d).
TCW
BRIDGE TO INDIA
20
VERKEHRSSICHERHEIT IN INDIEN
heitsrisiko. Dies ist ein Zeichen für äußerst hohe Produktionsstandards und
hervorragende Werkstoffe.27
Da die Unfallquote in Deutschland insgesamt sehr niedrig ist, könnten Länder mit höheren und steigenden Unfallzahlen die Rahmenbedingungen in
Deutschland untersuchen und versuchen, relevante Maßnahmen zu übernehmen.
27
DEKRA Automobil GmbH (2005), S. 46.
TCW
BRIDGE TO INDIA
VERKEHRSSICHERHEIT IN INDIEN
21
4 Verkehrsunfälle in Indien
Mit rund 1,2 Milliarden Einwohnern steht Indien auf Platz 2 der bevölkerungsreichsten Länder der Welt. Indiens Bevölkerungswachstum ist in den
letzten Jahren um 1,4 % gestiegen und Schätzungen zufolge wird es innerhalb der nächsten 15 Jahre China als bevölkerungsreichstes Land ablösen.
Über 60 % des Bevölkerungswachstums sind in den ärmeren Regionen des
Landes zu beobachten. Die Mehrheit der Bevölkerung lebt in ländlichen
Gebieten; nur 30 % der Bevölkerung Indiens lebt in Städten. In Deutschland leben 75 % der Gesamtbevölkerung in Städten. Diese Tendenzen deuten auf die erhöhte Wahrscheinlichkeit hin, dass der Verkehr und somit
auch die Unfallraten in Zukunft steigen, sofern keine vorbeugenden Maßnahmen ergriffen werden.28
Abbildung 13: Indiens Bevölkerungswachstum
Mit 3,3 Millionen Straßenkilometern hat Indien das weltweit drittgrößte
Straßenverkehrssystem. Die Stadtstraßen umfassen über 250.000 Kilometer.
Die nationalen Autobahnen bilden mit einer Gesamtlänge von etwa 66.000
Kilometern das wichtigste landesweite Straßennetz. Nur die USA (6,5 Millionen Kilometer) und China (3,7 Millionen Kilometer) haben größere Straßenverkehrssysteme. Im Vergleich dazu haben Südafrika (362.000 Kilometer) und Pakistan (239.000 Kilometer) weniger entwickelte Straßennetze.
Die Ergebnisse der Analyse zeigen, dass die Größe eines Landes mit der
Größe des Straßennetzes in Bezug steht (z. B. USA, China). Zudem erscheinen auch einige kleinere Länder in den Top 20 der Länder mit den
größten Straßennetzen. Dabei handelt es sich vor allem um Industrieländer
wie Japan, Frankreich und Deutschland, die über hoch entwickelte Straßen28
CIA (2010b); World Bank (2010a); World Bank (2010b).
TCW
BRIDGE TO INDIA
22
VERKEHRSSICHERHEIT IN INDIEN
netze verfügen. Daraus lässt sich schließen, dass mit zunehmender Industrialisierung eines Landes dessen Straßennetz größer wird.29
Die USA weisen weltweit nicht nur das größte Straßenverkehrssystem,
sondern auch die höchste Zahl an Fahrzeugen auf. Das Straßennetz von
Deutschland ist mit 654.000 Kilometern bedeutend kleiner als das von Indien oder China. Im Gegensatz ist die Zahl der Fahrzeuge in Deutschland
dreimal so hoch wie in Indien. Dies führt zu der Annahme, dass im Verkehrssystem Indiens die Verkehrsaktivitäten in Zukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit zunehmen.30
Abbildung 14: Straßenverkehrssystem in Indien
Derzeit investiert die indische Regierung in eine Ausweitung des Straßennetzes. Projekte zur Ausweitung des Autobahnnetzes erfordern große Investitionen. Das National Highway Development Program (Entwicklungsprogramm für das nationale Autobahnnetz) plant, bis 2012 insgesamt 40 Milliarden Euro zu investieren. Dieses Programm umfasst:
• Bau neuer Schnellstraßen, 1.000 km
• Ausbau der existierenden vierspurigen zu sechsspurigen Autobahnen, 6.500 km
•
Ausbau von Autobahnen mit hoher Verkehrsdichte zu vierspurigen
Straßen, 10.000 km
• Ausbau kleinerer Landstraßen31
Zudem hat die National Urban Renewal Mission den Ausbau von Straßen in
städtischen Gebieten zum Ziel. Im Rahmen dieses Programms unterstützt
29
CIA (2010a); Iaych (2009), S. 41ff.; Iaych (2010), S. 41ff.
Iaych et al. (2009), S. 75ff.; Iaych (2010), S. 75ff.
31
Mohan et al. (2009), S. 4ff.
30
TCW
BRIDGE TO INDIA
VERKEHRSSICHERHEIT IN INDIEN
23
die indische Bundesregierung Städte mit Bundesmitteln. Eine Analyse von
Straßenneubauprojekten zeigt, dass der Bau vierspuriger Autobahnen keine
Senkung der Zahl tödlicher Unfälle zur Folge hat.32
Im Vergleich zur Gesamtstraßenlänge in Indien ist die Gesamtlänge der
zufahrtskontrollierten Autobahnen mit nur 600 Kilometern sehr gering.
Obwohl die nationalen Autobahnen nur 2 % des gesamten Straßennetzes
ausmachen, tragen sie 40 % des gesamten Verkehrsaufkommens.33
Bei der Analyse der neuesten Zahlen zur Fahrzeugdichte sind die USA
(809) das Land mit den meisten Fahrzeugen pro 1.000 Einwohner, gefolgt
von Italien mit 687 und Australien mit 673 Fahrzeugen. In Deutschland
kommen 554 Fahrzeuge auf 1.000 Einwohner. In Indien dagegen kommen
auf 1.000 Einwohner nur 15 Fahrzeuge, womit das Land eine erheblich geringere Fahrzeugdichte aufweist als Brasilien (198) und China (37), jedoch
eine höhere als Pakistan (11). Der Vergleich zeigt, dass Nordamerika,
Westeuropa, Japan und Australien die meisten Fahrzeuge pro 1.000 Einwohner haben. Indiens Fahrzeugdichte pro 1.000 Einwohner ist etwa 40
bzw. 13 Mal niedriger als in Deutschland bzw. Brasilien und halb so groß
wie in China.34
Abbildung 15: Indiens Fahrzeugdichte
In Indien sind die meisten Fahrzeuge Zweiräder. Die Zahl der Motorräder
übersteigt die Zahl der Autos um mehr als das Fünffache. Die Zahlen von
Bussen, LKWs und anderen Fahrzeugen sind mit der Zahl der Autos vergleichbar. Diese Zahlen unterscheiden sich stark von denjenigen in Ländern
mit hohem Einkommen. Indien konnte in den letzten Jahren eine jährliche
32
Ministry of Road Transport & Highways, India (2009), S. 2ff.
Mohan et al. (2009), S. 20
34
Iaych et al. (2009), S. 133ff.; Iaych (2010), S. 133ff.; Nationmaster (2010); World Bank
(2010c).
33
TCW
BRIDGE TO INDIA
24
VERKEHRSSICHERHEIT IN INDIEN
Wachstumsrate von 9 % bei den Umsätzen mit Autos und motorisierten
Zweirädern verzeichnen. Im Vergleich zu Indien ist die Menge an Zweirädern in absoluten Zahlen nur in China noch größer. In Deutschland ist die
Zahl der Zweiräder 18 Mal niedriger als in Indien. In relativen Zahlen ist
das Land mit der höchsten Zahl an Zweirädern Malaysia, wo auf 1.000
Einwohner 325 Zweiräder kommen. Malaysia wird gefolgt von Vietnam
(131 Zweiräder pro 1.000 Einwohner), Sri Lanka (109 Zweiräder pro 1.000
Einwohner) und Italien (102 Zweiräder pro 1.000 Einwohner). Im Vergleich dazu kommen in Indien 58 Zweiräder auf 1.000 Einwohner.
Deutschland hat mit 48 also eine niedrigere Zweiraddichte als Indien. Zu
den Ländern mit den niedrigsten Zweiraddichten zählen Japan (12), Mexiko
(10) und Südafrika (7).35
Eine detaillierte Analyse Indiens zeigt, dass es in kleineren Städten mit unter 10 Millionen Einwohnern mehr Zweiräder als Autos gibt. Das Verhältnis von Zweirädern zu Autos variiert zwischen 5:1 und 10:1. In den drei
größten Städten – Kolkata, Mumbai und Delhi – liegt es dagegen zwischen
1:1 und 2:1.36
Abbildung 16: Zweiräder in Indien
Ein detaillierter Blick auf die PKW-Dichten weltweit zeigt, dass die drei
Länder mit den höchsten PKW-Zahlen pro 1.000 Einwohner Italien (596),
Australien (551) und Deutschland (502) sind. Die Länder mit den weltweit
niedrigsten PKW-Zahlen pro 1.000 Einwohner sind Äthiopien (1), Ruanda
(2), Pakistan (9) und Indien (10). Der Trend zeigt eine hohe PKW-Zahl in
Industrienationen. Weiterhin steigt auch in Entwicklungsländern die PKWZahl kontinuierlich an. Die PKW-Zahl in Indien ist sehr niedrig im Ver35
36
CIA (2010b); Iaych et al. (2009), S. 113ff.; Iaych (2010), S. 113ff.; World Bank (2010a).
Mohan et al. (2009), S. 32.
TCW
BRIDGE TO INDIA
VERKEHRSSICHERHEIT IN INDIEN
25
gleich zu anderen Entwicklungsländern, zeigt jedoch für die kommenden
Jahre ein enormes Wachstumspotenzial.37
Abbildung 17: PKWs pro 1.000 Einwohner
Die USA sind derzeit das Land mit der weltweit höchsten Zahl an Unfällen
mit Verletzungsfolge. 2008 gab es 1,6 Millionen Unfälle, bei denen Menschen verletzt wurden. In Japan betrug die Zahl der Unfälle mit Verletzungsfolge 766.000. In Indien wurden 485.000 solcher Unfälle gemeldet.
Obwohl die Verkehrsdichte in Indien viel geringer ist als in Deutschland,
passieren in Indien mehr Unfälle. Im Vergleich zu Indien ist die Unfallzahl
in Deutschland über 30 % niedriger. Zudem passieren in Indien mehr Unfälle als in China. 2008 wurden in Indien 485.000 Unfälle verzeichnet, verglichen mit 265.000 Unfällen in China. In den letzten Jahren ist die Zahl der
Unfälle in den meisten Ländern gesunken (z. B. Deutschland, China und
USA). In Indien und Russland dagegen steigt die Unfallzahl stetig an. Dies
zeigt die Notwendigkeit, Maßnahmen zur Senkung der Unfallzahlen zu ergreifen.38
37
38
Iaych et al. (2009), S. 124ff.; Iaych (2010), S. 128ff.
Iaych et al. (2009), S. 146ff.; Iaych (2010), S. 154ff.; United Nations Economic Commission for
Europe (2010).
TCW
BRIDGE TO INDIA
26
VERKEHRSSICHERHEIT IN INDIEN
Abbildung 18: Zahl der Unfälle mit Verletzungsfolge
Die Gesamtzahl der bei Verkehrsunfällen verletzten Personen ist in den
USA am höchsten, nimmt jedoch kontinuierlich ab. Der gleiche Trend ist in
Japan, China und im Vereinigten Königreich zu beobachten. Indien ist eines
der wenigen Ländern mit steigenden Zahlen. In absoluten Zahlen wurden in
den USA 2,3 Millionen Personen verletzt, gefolgt von Japan (946.000 Personen). Indien war mit 523.000 verletzten Personen an dritter Stelle.39
Analysen zeigen die hohe Beteiligung von LKWs bei tödlichen Unfällen
auf ländlichen Schnellstraßen. Die Verteilung der unterschiedlichen Fahrzeugtypen für alle Bundesstaaten ist wie folgt: 33 % PKWs und Dreiräder,
29 % motorisierte Zweiräder, 29 % LKWs, 7 % Busse und 2 % Traktoren.
Diese Segmentierung unterscheidet sich von derjenigen in Ländern mit hohem Einkommen. In den USA sieht die Verteilung der in Unfälle verwickelten Fahrzeugtypen wie folgt aus: PKWs (66 %), LKWs und Lieferwagen (30 %), Motorräder (3 %) und Busse (1 %). Dies erklärt zum Teil die
hohe Beteiligung von LKWs und Zweirädern an Unfällen in Indien.40
39
Iaych et al. (2009), S. 150ff.; Iaych (2010), S. 159ff. ; United Nations Economic Commission
for Europe (2010).
40
Mohan et al. (2009), S. 27.
TCW
BRIDGE TO INDIA
VERKEHRSSICHERHEIT IN INDIEN
27
Abbildung 19: Zahl der bei Verkehrsunfällen verletzten Personen
Noch besorgniserregender ist die Wachstumsrate bei Verkehrsunfällen mit
Todesfolge. Die Situation hat sich in den letzten Jahren kontinuierlich verschlimmert. Die Zahl der Verkehrstoten stieg von 1980 bis 2000 pro Jahr
um etwa 5 %. Seit 2000 steigt die Zahl der Verkehrstoten pro Jahr um etwa
8 %. Dieser Anstieg ist zum Teil auf die wachsende Zahl von Fahrzeugen
auf den Straßen und das Fehlen offizieller Verkehrskontrollen zurückzuführen. In absoluten Zahlen gab es 2008 etwa 120.000 Verkehrstote, womit
Indien im Vergleich zu anderen Ländern die weltweit höchste Zahl an Verkehrstoten hat. China weist mit über 73.000 Verkehrstoten die zweithöchste
Zahl auf. Die Zahl der Verkehrstoten in Indien übersteigt also diejenige von
China um mehr als 60 % - und das, obwohl China eine größere Bevölkerung hat. In den USA kamen 37.000 Personen bei Verkehrsunfällen ums
Leben. Bei mehr Fahrzeugen beträgt die Zahl der Verkehrstoten in den
USA somit weniger als ein Drittel der Zahl der Verkehrstoten in Indien.41
Abbildung 20: Gesamtzahl der Todesfälle bei Verkehrsunfällen
41
Iaych et al. (2009), S. 158ff.; Iaych (2010), S. 164ff.; United Nations Economic Commission for
Europe (2010).
TCW
BRIDGE TO INDIA
28
VERKEHRSSICHERHEIT IN INDIEN
Die Analyse der Zahl der Verkehrstoten nach Straßennutzern und Straßenarten zeigt, dass motorisierte Zweiräder einen hohen Anteil an allen Unfällen haben. In Delhi wie auch in Mumbai sind motorisierte Zweiräder am
häufigsten in Unfälle verwickelt. PKWs und LKWs sind am häufigsten in
Unfälle auf Schnellstraßen verwickelt.
Art der Straßennutzer (2009)
Ort [%]
Mumbai
2
LKW
1
Bus
2
PKW
4
Dreirädriges Motorikscha-Taxi
7
Motorisiertes Zweirad
Durch Mensch oder Tier angetrie- 0
benes Fahrzeug
6
Fahrrad
78
Fußgänger
Delhi
2
5
3
3
21
3
Schnellstraßen
14
3
15
24
1
10
53
11
32
Abbildung 21: Verkehrstote nach Straßennutzer und Straßenart 42
Eine gründlichere Analyse der tödlichen Verkehrsunfälle zeigt, dass Ursachen und Resultate je nach Art der Schnellstraße variieren:43
• Es gibt es keine großen Unterschiede bei Unfällen mit Überschlag
auf zweispurigen oder vierspurigen Straßen.
• In Bezug auf Frontalzusammenstöße gibt es keine großen Unterschiede bei den verschiedenen Arten von Schnellstraßen. Nichtsdestoweniger handelt es sich bei der Mehrheit der Unfälle auf vierspurigen Straßen um Frontalzusammenstöße. Dies deutet darauf hin, dass
auf diesen Straßen viele Fahrzeuge in falscher Richtung fahren und
so Unfälle verursachen.
• Auf allen Schnellstraßenarten sind Auffahrunfälle sehr verbreitet.
Obwohl ausgebaute Straßen mehr Platz bieten, nimmt die Zahl der
Auffahrunfälle nicht ab. Tempounterschiede zwischen sehr langsamen traditionellen und viel schnelleren modernen Fahrzeugen tragen
signifikant zur Zahl der Unfälle bei. Die hohe Zahl der Auffahrunfälle deutet zudem darauf hin, dass eine allgemeine mangelnde Sichtbarkeit von geparkten und fahrenden Fahrzeugen eines der Hauptprobleme darstellt. Eine Lösung könnte darin bestehen, eine Trennung von langsamen und schnellen Spuren einzuführen und zudem
die Bremsleistung von Fahrzeugen durch die Nutzung qualitativ
hochwertiger Reifen zu verbessern.
42
43
Mohan et al. (2009), S. 13.
Mohan et al. (2009), S. 24ff.
TCW
BRIDGE TO INDIA
VERKEHRSSICHERHEIT IN INDIEN
29
• Es gibt eine hohe Zahl von Unfällen, bei denen Fußgänger und Radfahrer involviert sind, unabhängig von der Art der Schnellstraße.
• Zusammenstöße mit befestigten Objekten kommen auf vierspurigen
Schnellstraßen eher selten vor.
Art der
Schnellstraße (2009)
Tödliche Unfälle [%]
Über- FronSeitschlag tal
lich
Auffahren
1-spurig, Zwischenspur
2-spurig, ohne Seitenstreifen
2-spurig, mit 1,5 m
breitem asphaltiertem
Seitenstreifen
2-spurig, mit 2,5 m
breitem asphaltiertem
Seitenstreifen
4-spurige Richtungsfahrbahn
-
13
13
7
14
5
Befestigtes
Objekt
andere
13
Fußgänger,
Fahrrad
-
13
48
2
31
23
5
18
11
-
16
45
11
16
5
17
2
25
19
13
17
4
19
7
19
35
2
13
Abbildung 22: Tödliche Unfalle nach Straßenart 44
Indien hat die höchste Zahl an Verkehrstoten; diese Zahl steigt seit Jahren
kontinuierlich an. In Indien kommen auf 10.000 zugelassene Fahrzeuge 65
Verkehrstote. Im Vergleich dazu kommt in Deutschland nur 1 Verkehrstoter auf 10.000 zugelassene Fahrzeuge. Das Land mit der niedrigsten Rate
von Verkehrstoten ist Monaco. Die meisten Verkehrstoten pro 10.000 zugelassene Fahrzeuge werden auf São Tomé und Príncipe verzeichnet (580),
gefolgt von Togo (460) und Litauen (220).45
Abbildung 23: Weltweite Raten der Verkehrstoten
44
45
Mohan et al. (2009), S. 24.
Iaych et al. (2009), S. 176ff.
TCW
BRIDGE TO INDIA
30
VERKEHRSSICHERHEIT IN INDIEN
Eine detaillierte Analyse der Verkehrsunfallzahlen Indiens nach Bundesstaaten und Unionsterritorien zeigt Folgendes:
• Tamil Nadu und Maharashtra haben mit 14,5 % bzw. 11,9 % den
höchsten Anteil an der Gesamtzahl der Verkehrsunfälle in Indien.
• Andhra Pradesh, Maharashtra und Tamil Nadu verzeichnen 12 %,
11 % und 10,8 % aller Verkehrstoten in Indien. Diese Zahlen illustrieren, dass in drei von 28 indischen Staaten ein Drittel aller Verkehrstoten zu beklagen sind.
• Die Rate der Verkehrstoten pro tausend Fahrzeuge ist am höchsten
in Arunachal Pradesh (5,7 %), gefolgt von Sikkim (3,6 %). Bihar
(2,4 %) und Himachal Pradesh (2,4 %) stehen an dritter Stelle, gefolgt von Chhattisgarh (2,1 %), Tripura (2,1 %) und Andhra Pradesh
(2,0 %). Die nationale Durchschnittsrate beträgt 1,3 %.
• Maharashtra (10.966 Fahrzeuge) und Tamil Nadu (10.054 Fahrzeuge) haben die höchste und zweithöchste Zahl zugelassener Fahrzeuge im Land. Gujarat verzeichnet insgesamt 8.622 zugelassene Fahrzeuge.
• Die Rate der Verkehrstoten pro 100 Verkehrsunfälle ist am höchsten
in Nagaland (92,1 %), gefolgt von Mizoram (89,7 %). Punjab
(85,8 %) steht an dritter Stelle. Die nationale Durchschnittrate der
Verkehrstoten pro 100 Verkehrsunfälle liegt bei 28,4 %.
• Die Analyse der verschiedenen Fahrzeugtypen zeigt Folgendes: Die
Rate der LKW-Unfälle ist am höchsten in Andhra Pradesh (13,4 %),
gefolgt von Tamil Nadu (11,6 %). Die meisten Busunfälle werden in
Tamil Nadu verzeichnet (19,7 %). Tamil Nadu ist zudem der Bundesstaat mit dem höchsten Prozentsatz von PKW-Unfallopfern
(20,1 %). Die meisten Unfallopfer aufgrund von LKW-Unfällen
(16,1 %) und Jeep-Unfällen (15,7 %) werden in Uttar Pradesh verzeichnet. 29,1 % aller Unfälle mit dreirädrigen Fahrzeugen ereignen
sich in Andhra Pradesh. Maharashtra ist der Bundesstaat mit der
höchsten Zahl an Unfallopfern aufgrund von Zweirad-Unfällen
(15,2 %) und Fußgänger-Unfällen (17,4 %).
TCW
BRIDGE TO INDIA
VERKEHRSSICHERHEIT IN INDIEN
#
Bundesstaat (2009)
BUNDESSTAATEN:
1 ANDHRA PRADESH
ARUNACHAL
2
PRADESH
3 ASSAM
4
BIHAR
5
6
7
8
CHHATTISGARH
GOA
GUJARAT
HARYANA
HIMACHAL
9
PRADESH
10 JAMMU & KASHMIR
11 JHARKHAND
12 KARNATAKA
13 KERALA
14 MADHYA PRADESH
15 MAHARASHTRA
16 MANIPUR
17 MEGHALAYA
18 MIZORAM
19 NAGALAND
20 ORISSA
21 PUNJAB
22 RAJASTHAN
23 SIKKIM
24 TAMIL NADU
25 TRIPURA
26 UTTAR PRADESH
27 UTTARAKHAND
28 WEST BENGAL
GESAMT (BUNDESSTAATEN)
UNIONSTERRITORIEN:
29 A&N ISLANDS
30 CHANDIGARH
31 D&N HAVELI
32 DAMAN&DIU
33 DELHI (UT)
34 LAKSHADWEEP
35 PUDUCHERRY
GESAMT (UT)
GESAMT (INDIEN)
31
Zahl
der
Verkehrsunfälle
Gesamtzahl der
zugelassenen Fahrzeuge in
03/2008*
(in 1.000)
Zahl der
Verkehrstoten in
2008
Rate der
VerkehrsAntoten pro
teil
1.000
[%]
Fahrzeuge
42.106
7.218
14.158
2,0
33,6
261
22
125
5,7
47,9
4.262
914
1.721
1,9
40,4
6.180
1.432
3.471
2,4
56,2
8.769
4.179
21.027
11.241
1.541
529
8.622
3.087
3.243
333
6.386
4.680
2,1
0,6
0,7
1,5
37,0
8,0
30,4
41,6
1.982
334
798
2,4
40,3
5.426
3.259
46.252
37.238
34.316
49.679
502
191
87
126
8.184
2.394
23.704
196
60.409
767
19.064
1.409
11.547
524
1.505
6.220
3.559
4.609
10.966
124
104
52
184
1.932
4.035
4.754
22
10.054
106
7.989
643
2.872
981
1.574
8.814
3.934
7.514
12.957
133
149
78
116
3.104
2.055
8.388
79
12.784
221
12.073
1.067
4.739
1,9
1,0
1,4
1,1
1,6
1,2
1,1
1,4
1,5
0,6
1,6
0,5
1,8
3,6
1,3
2,1
1,5
1,7
1,7
18,1
48.3
19,1
10,6
21,9
26,1
26,5
78,0
89,7
92,1
37,9
85,8
35,4
40,3
21,2
28,8
63,3
75,7
41,0
404.757
83.953
115.675
1,4
28,6
191
477
116
50
8.566
0
1.698
11.098
415.855
41
647
45
55
4.487
6
384
5.665
89.618
22
146
65
21
2.098
0
212
2.564
118.239
0,5
0,2
1,4
0,4
0,5
0,0
0,6
0,5
1,3
11,5
30,6
56,0
42,0
24,5
0,0
12,5
23,1
28,4
Abbildung 24: Vergleich der Verkehrstoten nach Bundesstaaten 46
46
National Crime Records Bureau, India (2009), S. 12.
TCW
BRIDGE TO INDIA
32
VERKEHRSSICHERHEIT IN INDIEN
Beim Vergleich der Entwicklung der Verkehrstoten in den 35 größten Städten Indiens wird deutlich, dass in einem Zeitraum von fünf Jahren nur acht
der 35 Städte keinen Anstieg der Rate der Verkehrstoten verzeichneten.
Den höchsten Anstieg verzeichnete Asansol mit einer Wachstumsrate von
550 %. Die durchschnittliche Wachstumsrate für alle Städte beträgt 5,5 %.
Wenn diese Rate konstant bleibt, wird sich Prognosen zufolge in den Städten die Todesrate pro 1 Million Einwohner innerhalb von 12 Jahren verdoppeln.47
Die Zahl der Verkehrstoten wird von der Polizei aufgezeichnet und gilt daher als verlässlich. Die Gesamtzahl der verletzten Personen wird von keiner
offiziellen Behörde aufgezeichnet und vermutlich unterschätzt. Die Zahl der
Todesfälle wird voraussichtlich um rund 5 % unterschätzt. Die Zahl der
verletzten Personen, die in Krankenhäusern behandelt wurden, scheint um
den Faktor von zwei unterschätzt zu werden. Weiteren Studien zufolge beträgt das Verhältnis von verletzten Personen zu Todesfällen 18:1. Doch
auch diese Zahl wird wohl unterschätzt, da viele der verletzten Personen
vermutlich im privaten Umfeld medizinisch versorgt werden und nicht in
einem staatlichen Krankenhaus. Es ist anzunehmen, dass die tatsächlichen
Zahlen höher sind als die Zahlen, die in den offiziellen Statistiken erscheinen.48
Indien muss seine Sicherheitsmaßnahmen verbessern, um die Zahlen der
Verkehrsunfälle, Verletzungsopfer und Verkehrstoten zu senken. Die Ausstattung der Fahrzeuge, die Verkehrsinfrastruktur und die Verkehrskontrollsysteme erfordern dringend eine Modernisierung, um Sterblichkeits- und
Verletzungsraten zu reduzieren. Indien sollte die Einführung von Maßnahmen in Betracht ziehen, die von hoch industrialisierten Staaten wie
Deutschland ergriffen wurden, um Unfallraten zu senken. Deutschland kann
als Best Practice Beispiel dienen, denn es fördert die Nutzung qualitativ
hochwertiger Fahrzeugtechnologien (z. B. Reifen) und sorgt mit sinnvollen
Verkehrsregeln und effizienten Verkehrskontrollen für eine kontinuierliche
Verkehrssicherheit.
47
48
Mohan et al. (2009), S. 29.
Mohan et al. (2009), S. 5.
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33
5 Schlussfolgerung: Wege zur Senkung der Unfallraten
Indiens Unfallzahlen sind alarmierend und die Situation verschlechtert sich
ständig. Seit einigen Jahren steigt die Zahl der Verkehrstoten in Indien jedes Jahr um 8 % und ein Gegentrend ist nicht zu erkennen.
• Erstens passieren mehr Unfälle, obwohl es weniger Fahrzeuge als in
Deutschland und China gibt.
• Zweitens steigen die Unfallzahlen kontinuierlich an (die Zahl der
Unfälle und die Zahl der Verkehrstoten wächst jährlich). Die meisten
anderen Länder (z. B. China, Deutschland und USA) verzeichnen
sinkende Unfallzahlen.
Angesichts einer stark wachsenden Bevölkerung bei gleichzeitig zunehmender Industrialisierung und steigendem Wirtschaftswachstum wird sich
die Verkehrsproblematik in Indien in Zukunft sogar noch verschärfen. Die
Zahl der Fahrer und motorisierten Fahrzeuge wird analog zum Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum weiter zunehmen.
Abbildung 25: Aussichten
Die Zahl der zurückgelegten Kilometer wird ebenso steigen wie die Zahl
der Fahrzeuge pro Straßenkilometer. Indien muss die notwendigen Maßnahmen ergreifen und ein Verkehrssystem implementieren, dass den aktuellen Trends des bisherigen Systems entgegen wirkt. Indiens Entscheidungsträger sollten sich auf Maßnahmen zur Prävention und Reduzierung von
Verkehrsunfällen konzentrieren und entsprechende Ressourcen zuordnen.
Indien muss sich zum Ziel setzen, mehr Aufmerksamkeit, mehr Engagement und eine bessere Information bei Entscheidungsprozessen zu erreichen (so auch bei Bundesregierungen, Industrievertretern und nationalen
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VERKEHRSSICHERHEIT IN INDIEN
Behörden), um sicherzustellen, dass bewährte Strategien zur Verhinderung
und Reduzierung von Verkehrsunfällen zum Einsatz kommen. Durch die
informative Analyse und Veranschaulichung der Verkehrsunfallproblematik
muss ein Wandel der Denkweise initiiert werden. Private und öffentliche
Institutionen müssen bestärkt und ermutigt werden, sich partnerschaftlich
zu engagieren, um die Verkehrssicherheit nachhaltig zu verbessern. Die
Regierung sollte die stärkere Zusammenarbeit zwischen den Ministerien für
Verkehr, Gesundheit, Finanzen, Justiz und anderen betroffenen Institutionen fördern. Haddon zufolge gibt es verschiedene Handlungsfelder zur Unfallprävention. Die Reifenqualität ist einer der Faktoren, die zu einer Senkung der Unfallzahlen beitragen können.49
Abbildung 26: Handlungsfelder zur Unfallprävention
Die Übernahme von Verkehrssystemen aus hoch industrialisierten Ländern
wie Deutschland wird Indien in die Lage versetzen, die notwendigen Maßnahmen schneller einzuführen. Zudem kann Indien von den Vorteilen eines
bereits bewährten Systems profitieren und auf zeitraubende Experimente
verzichten. Deutschland ist ein sehr gutes Beispiel für ein Land mit relativ
niedrigen Unfallzahlen. Das Verkehrssystem basiert auf einem sehr soliden
gesetzlichen Rahmenwerk und höchsten Industriestandards. Die Produktionsqualität ist ein essenzieller Bestandteil, da sie zur Unfallprävention beitragen oder die Unfallfolgen abmildern kann.
49
Bartley (2008), S. 207ff.; Haddon (1968), S. 1431ff.; World Health Organization (2004), S. 13.
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35
Abbildung 27: Einfluss der Qualität von synthetischem Kautschuk
Die Qualität der Reifen ist maßgeblich für die Bremsleistung und Straßenhaftung eines Fahrzeugs. Kautschukhersteller, Rohstofflieferanten, Reifenhersteller und Erstausrüster (OEM) leisten entscheidende Beiträge zu Reifenhaftung, Laufleistung, Lärmemission und Rollwiderstand eines Fahrzeugs. Die Qualität des Synthesekautschuks beeinflusst die Qualität der
Reifen und somit auch die Straßenhaftung des Fahrzeugs. Qualitativ hochwertiger Kautschuk verbessert die Reifenhaftung ebenso wie die Bremsleistung eines Fahrzeugs und kann somit effizient und nachhaltig zu einer Senkung der Unfallzahlen beisteuern.
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World Health Organization (2010b): World Health Statistics 2010. URL:
http://www.who.int/entity/whosis/whostat/EN_WHS10_Full.pdf (as on:
28.10.2010)
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