Indigener Widerstand in Computernetzwerken
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Indigener Widerstand in Computernetzwerken
Philipp Budka (philbu@gmx.net) Indigener Widerstand in Computernetzwerken: Die EZLN und das Internet. SoSe 2001 Seminar: „Kultur, Hybridität und Globalisierung in Lateinamerika“ Leitung: Univ. Doz. Dr. Mader Inhaltsverzeichnis 1) EINLEITUNG.................................................................................................... 3 2) DIE EZLN......................................................................................................... 3 2.1) ENTWICKLUNG UND FORDERUNGEN DER EZLN ............................................... 4 2.2) SUBCOMANDANTE MARCOS ........................................................................... 6 2.3) INDIGENE GRUPPEN INNERHALB DER EZLN .................................................... 6 3) DAS INTERNET UND SEINE DIENSTE.......................................................... 8 3.1) WORLD WIDE WEB (WWW).......................................................................... 8 3.2) E-MAIL......................................................................................................... 9 3.3) MAILING-LISTE ............................................................................................. 9 3.4) NEWSGROUP ............................................................................................... 9 3.5) TELNET ..................................................................................................... 10 3.6) FILE TRANSFER PROTOCOL (FTP) ............................................................... 10 3.7) ARCHIE...................................................................................................... 10 3.8) INTERNET RELAY CHAT (IRC)...................................................................... 10 4) DIE EZLN UND DAS INTERNET................................................................... 11 4.1) DIE EZLN IM INTERNET .............................................................................. 14 4.1.1) Online Ressourcen zur EZLN............................................................ 14 4.1.2) Die Website www.ezln.org ................................................................ 16 5) KONKLUSION ............................................................................................... 18 6) BIBLIOGRAPHIE........................................................................................... 20 2 1) Einleitung Durch die weltweite Verbreitung von Technologien und Medien sind nun auch Menschen ohne größere finanzielle Mittel in der Lage eine potentiell breite Öffentlichkeit zu erreichen. Besonders das Internet erweist sich zusehends als Instrument kleinerer Gruppen oder Organisationen, um sich auf internationaler Ebene Gehör zu verschaffen. Eine der ersten Gruppierungen, die das Potential dieses Mediums erkannte und nutzte war die EZLN, eine bewaffnete Gruppe in Mexiko, die zu Beginn des Jahres 1994 erstmals militärisch in Erscheinung trat. Die EZLN setzt sich zu einem Großteil aus den unterschiedlichen indigenen1 Bevölkerungsgruppen Chiapas zusammen, und kann so als indigene Bewegung verstanden werden. Diese Arbeit bietet einen Einblick in die Nutzung des Internet durch indigene Gruppen im Rahmen einer indigenen Widerstandsbewegung. Fragen, wie „Wie und durch wen ist die EZLN im Internet vertreten?“, „Auf welche Weise wird das Internet von dieser Gruppe genutzt?“ und „Ist das Internet wirklich ein geeignetes Instrument um Öffentlichkeit zu schaffen?“ sollen im Laufe der Arbeit beantwortet werden. Dabei muß auf die historische Entwicklung der EZLN und des Konflikts mit der mexikanischen Regierung ebenso eingegangen werden, wie auf technische Aspekte des Internet. 2) Die EZLN Am 1. Januar 1994 besetzte eine bisher unbekannte Guerilla vier Bezirkshauptstädte im südöstlichen mexikanischen Bundesstaat Chiapas. Dort verbrannten sie Polizei- und Gerichtsakten, requirierte Waffen und nahm Großgrundbesitzer sowie einen Ex- Gouverneur gefangen (vgl. z.B. Simmen 1 Schlägt man den Begriff „indigen“ in Langenscheidts Fremdwörterbuch Online (http://www.langenscheidt.aol.de/) nach, so wird dieser mit „eingeboren“, „einheimisch“ übersetzt. Ich benütze, angelehnt an die hier verwendete Literatur, die Begriffe „Indígenas“ und „Indigene“, um die „Ureinwohner“ Mexikos zu bezeichnen. 3 1994). Der Name dieser Gruppe war Ejército Zapatista de Liberación Nacional (EZLN, Nationales Zapatistisches Befreiungsheer). Das Datum für die Rebellion war bewußt gewählt, da mit 1. Januar 1994 Mexiko dem NAFTA (North America Free Trade Agreement) beitrat. Dieser Beitritt wurde von der EZLN kategorisch abgelehnt, da in dem Abkommen die indigene Bevölkerung keine Beachtung findet (vgl. EZLN 1994). In den darauffolgenden Tagen mobilisierte die zuerst überraschte mexikanische Regierung die Bundesarmee und rückte gegen die Zapatisten, wie sie sich auch nennen, vor. Doch Solidaritätskundgebungen im In- und Ausland und die konzentrierte Medienberichterstattung zwang die Regierung in Verhandlungen, die, mit einigen Unterbrechungen, noch immer andauern. Woher kommt nun diese Guerilla und was genau will sie eigentlich erreichen? 2.1) Entwicklung und Forderungen der EZLN In einem Interview äußerte sich der Sprecher der EZLN Subcomandante Marcos (Marcos 1994: 151-53) zur historischen Entwicklung der Bewegung. Er teilt diese in fünf Phasen: In der ersten Phase zog sich, aus nicht näher erläuterten Gründen, eine Gruppe junger Guerilleros aus den Städten in den chiapanekischen Lakandona Urwald (Selva Lacandona) zurück. Nach anfänglichen Anpassungsschwierigkeiten, begann sich der Kern der Gruppierung näher mit den dort lebenden Indígenas, ihrer Kultur und Sprache, auseinander zusetzten. In den folgenden Phasen schlossen sich zunächst junge, indigene Männer der Bewegung an, später wurde der Kontakt mit den Dörfern der Selva intensiviert. Bis schließlich in der letzten Phase, aufgrund wirtschaftlicher Unterdrückung und Ausbeutung der indigenen Gemeinschaften durch die mexikanische Regierung, als letzter Ausweg der bewaffnete Aufstand beschlossen wurde. Als Außenstehender kommt García de León (1994: 148-49) auf der Suche nach den Wurzeln der EZLN zu ähnlichen Ergebnissen. So sind es für ihn zwei wesentliche „Traditionen“, die als Wurzeln der EZLN eine Rolle spielen. Zum 4 Einen die Tradition der lokalen Campesino-Bewegungen, die mit dem IndígenaKongreß 1974 in Chiapas ihren Anfang nahm. Zum Anderen die Studentenbewegungen von 1968 sowie die Guerilla-Organisationen der 1970er Jahre. Nach der offiziellen Kriegserklärung der EZLN2 (vgl. EZLN 1993a; EZLN 1993b) aus dem Jahre 1993 wurde am 1. März 1994, während der Verhandlungen um einen Waffenstillstand, auch ein Paket an Forderungen gegenüber der mexikanischen Regierung veröffentlicht (vgl. EZLN 1994). Ohne auf die einzelnen Forderungen näher einzugehen, soll zumindest die „Einleitung“ wiedergegeben werden (Ebd: 113): „Wir fordern weder Almosen noch Geschenke, wir fordern das Recht, mit der Würde menschlicher Wesen zu leben, mit Gleichberechtigung und Gerechtigkeit, wie unsere Vorfahren.“ Dann folgen 34 Forderungen an die Regierung, die teilweise als utopisch zu bezeichnen sind. Für Wolfgang Dietrich (1994: 131-32) wollten die Zapatisten mit ihren Forderungen auch in erster Linie die „außersystemische Opposition in Mexiko“ erwecken: „Was als bäuerliche Rebellion in Chiapas begonnen hatte, war nun in Termini übersetzt, die auch den mittelständischen Modernisierungsverlierern Mexikos zu verstehen gaben, wie sehr sie selbst mit dem Aufstand gemeint waren.“ Besonders die sogenannte „Zivilgesellschaft“ sollte aktiv an den Verhandlungen, und damit an der Gestaltung Mexikos, mitwirken.3 Dies kann ja auch als eine gewisse, wenn auch nicht direkt vorgetragene, Forderung gesehen werde. Ein wesentlicher Bestandteil des Erfolges der EZLN ist ihr geschickter Umgang mit den Medien. Die Vermutung liegt also nahe, dass dem Sprecher der Bewegung – dem Vertreter nach Außen – eine besondere Rolle zukommt. 2 Sowohl die Kriegserklärung als auch der Forderungskatalog sind korrekter Weise von der Generalkommandantur der EZLN, dem Comité Clandestino Revolucionario Indígena (CCRI, Geheimes Revolutionäres Indígena-Komitee) unterzeichnet. 3 Bzgl. der Rolle der „Zivilgesellschaft“ und des Convención Nacional Democrática (CND) siehe beispielsweise Dietrich (1994). 5 2.2) Subcomandante Marcos Kurz nach dem Beginn der Rebellion wurde Marcos von der Regierung als Anführer (Comandante) der Gruppierung bezeichnet und verfolgt. So wurde ein erster Steckbrief entworfen, demnach er ungefähr 25 Jahre alt sei, grüne Augen habe und mindestens vier Fremdsprachen spreche (Huffschmid 1994). Die Fragen nach seinem genauem Aussehen – sämtliche Zapatisten tragen entweder Skimützen oder Tücher vor dem Gesicht – sowie seiner Herkunft sind bis heute nicht geklärt und tragen so wesentlich zu seiner Mystifizierung bei. Andererseits scheint seine Rolle innerhalb der EZLN klar definiert: Ich bin genauso ein Compañero wie alle anderen. Vielleicht hat sich diese Bewegung sehr auf mein Image gestützt, weil ich der einzige bin, der spanisch spricht. Aber es stimmt nicht, wenn gesagt wird, Marcos ist der Chef. Der Chef sind sie (das Comité Clandestino Revolucionario Indígena CCRI, die Generalkommandantur der EZLN, Anm. Ph. Budka). Und sie setzen mir Grenzen: […] (Huffschmid 1995: 63). In Bezug auf seine Popularität in den Medien meint Marcos, dass dies nie in dieser Form geplant war sondern eher auf einen „ glücklichen Medienunfall“ zurückzuführen ist (Ebd.: 62). Für Anne Huffschmid (1994: 93) ist der „Sub“, wie er auch genannt wird, „mehr als nur der Übersetzer der Zapatistas. Er verkörpert und aktiviert auch die subversiven Phantasien einer ganzen Generation von Exoder MöchtegernrebellInnen – […]“. Wie immer man auch zu der Person des Subcomandante Marcos steht, seine Bedeutung für die EZLN, besonders in den nationalen und internationalen Massenmedien, ist unbestritten. 2.3) Indigene Gruppen innerhalb der EZLN Um die ethnische Zusammensetzung der EZLN zu verstehen, ist es notwendig sich die Bevölkerung des Bundesstaates Chiapas anzusehen. Die wichtigsten 6 indigenen Gruppen sind nach Ana Esther Ceceña (2000: 271): die Tzeltal mit etwa 320.000 Menschen (9,9% der Gesamtbevölkerung Chiapas), 280.000 Tzotzil (8,8%), 140.000 Chol (4,3%), 45.000 Tojolabal (1,4%), 43.000 Zoque (1,4%), 14.000 Kanjobal (0,4%) und 12.000 Mame (0,4%). Bei einer Volkszählung aus dem Jahre 1990 fiel die Zahl der Indígenas noch geringer aus (ca. 22,5% der Gesamtbevölkerung von Chiapas, vgl. Purkarthofer 1997: 33). So sind die neueren Zahlen ein Indikator für das steigende Selbstbewußtsein der Indígenas. Werden doch die indigenen Gruppen nach dem Kriterium der Sprache klassifiziert. Und hier kommt nach Petra Purkarthofer (Ebd.) die „Stigmatisierung der indianischen Sprachen“ zum Tragen, welche die statistischen Zahlen nach unten revidieren würde. Die EZLN setzt sich also Großteils aus den oben genannten Bevölkerungsgruppen zusammen. In welchem genauen Verhältnis ist allerdings nicht geklärt. Geklärt scheint allerdings, dass entgegen den ersten, verbreiteten Vermutungen über die mestizische Dominanz in der Zapatistenarmee, Subcommandante Marcos „einer von genau drei Mestizen“ in der Bewegung ist (Huffschmid 1994: 90). Wie schon angedeutet liegt die eigentliche Befehlsgewalt innerhalb der EZLN beim Comité Clandestino Revolucionario Indígena (CCRI). Dieses wiederum muß sich bei seinen Entscheidungen mit sämtlichen Dorfgemeinschaften im Einflußbereich der EZLN absprechen. So hat sich die ursprünglich strikt militärisch-autoritäre EZLN dem basisdemokratischen System der Indígenas untergeordnet, wie auch Marcos in seinen Interviews betont (vgl. Huffschmid 1995). Zusammenfassend kann in Bezug auf die EZLN von einer Bewegung gesprochen werden, die sowohl auf der untersten Ebene der Soldaten als auch auf der „Führungsebene“ mit Indígenas bzw. indigenen Entscheidungsorganen besetzt ist. 7 3) Das Internet und seine Dienste4 Das Internet wurde eigentlich als Kommunikationsnetzwerk zwischen wichtigen US-amerikanischen Militärstützpunkten, im Falle eines Ausfalls von anderen Kommunikationsmöglichkeiten, entwickelt. Heute ist es das weltweit größte Computernetzwerk mit ungefähr 540 Millionen Benützern im Februar 2002 (vgl. http://www.nua.ie/surveys/how_many_online/world.html, Stand: 29.5.02).5 Im folgenden werde ich kurz auf die wesentlichsten Internet Dienste eingehen. Sämtliche Dienste verwenden die selbe Übertragungstechnik, nämlich das sogenannte TCP/IP Protokoll (Transaction Control Protocol/Internet Protocol). Dabei sorgt das TCP für die Umwandlung der Daten in einen Strom von Datenpaketen, und das IP sorgt für die Weiterleitung der Pakete anhand ihrer Adresse (Bühl 1997). 3.1) World Wide Web (WWW) Das WWW hat entscheidend zur Popularität des Internet beigetragen. Grundlage des Web sind Hypertext-Dokumente, die mit Hilfe von Hyperlinks auf andere Texte verweisen können. (Die eigentliche Grundlage für den Informationsaustausch bildet das HyperText Transfer Protocol, HTTP). Auch ist es möglich Bild-, Audio- oder Videodateien in diese Dokumente einzubinden. Man spricht dann von Hypermedia und in Verbindung mit anderen Medien, wie Fernsehen oder Radio, von Multimedia. Durch die fortschreitende technologische Entwicklung werden sowohl die Übertragungsraten der Daten, als auch die multimedialen Anwendungen immer schneller bzw. ausgereifter und benutzerfreundlicher. Zusammengefasst, stellt das World Wide Web also ein 4 Einen guten Überblick bzgl. der unterschiedlichen Internet Dienste und ihrer jeweiligen Entwicklung bietet die Website http://www.livinginternet.com/, Stand: 29.5.02. Die historische Entwicklung des Internet ist beispielsweise bei Hafner und Lyon (1998) oder Hauben (2001) nachzulesen. 5 Nielsen/Netratings, eine der weltweit größten Internet-Marketingfirmen, geht im Mai 2002 von ca. 530 Millionen Menschen aus, die über einen Internet Anschluß verfügen (vgl. http://www.nielsen-netratings.com/news.jsp, Stand: 29.5.02). 8 spezielles Netzwerk von vernetzten Dokumenten im Internet dar (Bühl 1997). So entstand eine schier unermeßlich große Menge an Daten und Ressourcen. 3.2) E-mail Die „elektronische Post“ ist der meist genutzte Dienst im Internet (vgl. beispielsweise http://www.nielsen-netratings.com/news.jsp, Stand: 29.5.02 oder Pastore 2001). Christine Hine (2000: 158) gibt einen kurzen Überblick, was unter E-mail zu verstehen ist: Electronic Mail (email) is the basic form of asynchronous Internet communication, which allows text messages to be sent to specific adresses. In some email packages additional information such as word processor files, images or application programs can be attached to the message to be sent to other users. 3.3) Mailing-Liste Mailing-Listen sind Diskussionsforen zu unterschiedlichsten Themen-Bereichen, in welchen die einzelnen E-mails der eingetragen Benutzer von sogenannten List-Server Programmen an alle anderen Mitglieder der Liste gesendet werden. Zumeist sind diese Listen öffentlich zugänglich. 3.4) Newsgroup Im Zusammenhang mit Newsgroups muß kurz auf das sogenannte Usenet eingegangen werden, welches mittlerweile mit dem Internet verschmolzen ist. Das Usenet ist ein „Bulletin Board System“ (BBS), auch „Conferencing System“ genannt, funktioniert ähnlich wie eine Mailinglist und besteht aus mehreren tausend Newsgroups, die in unterschiedlichen Hierarchien geordnet sind.6 Eine 6 Bzgl. Usenet, was genau es ist und was genau es nicht ist, siehe Seidenberg (1995). 9 Newsgroup wiederum ist ein Text- basierendes, asynchrones Diskussionsforum, das mit geeigneter Software (Newsreader) gelesen und bearbeitet werden kann. 3.5) Telnet Telnet ist der erste Dienst, der im Internet implementiert wurde. Mit Telnet können Ressourcen anderer Computer, z.B. Datenbanken, vom eigenen Computer aus online genutzt werden (Eher 2000: 66). 3.6) File Transfer Protocol (FTP) Mit diesem Protokoll bzw. Dienst können Dateien via Internet zwischen Rechnern übertragen werden. Auf die sogenannten „Anonymous FTP-Server“ kann der potentielle Benutzer auch ohne Zugriffsberechtigung zugreifen und unterschiedlichste Dateien „downloaden“ (Eher 2000: 67). 3.7) Archie Dieser Internet Dienst ist ein Datenbanksystem, das die Inhaltsverzeichnisse von „Anonymous FTP-Servern“ zugänglich macht. So hat der User die Möglichkeit wenigstens einen kleinen Überblick über das unglaubliche Informationsvolumen zu erhalten, welches auf den FTP-Servern liegt (Ebd.). 3.8) Internet Relay Chat (IRC) IRC ist das größte nicht-kommerzielle, Text-basierende Online Chat-System. Die Teilnehmer können im Gegensatz zu Newsgroups oder Mailing-Listen in „Echtzeit“, d.h. synchron kommunizieren (Kollock und Smith 1999). In den folgenden Abschnitten wird nun, anhand ausgewählter Beispiele, untersucht, wie die EZLN im Internet vertreten ist. 10 4) Die EZLN und das Internet Die Medienlandschaft Mexikos ist, sowohl im Bereich der Print- als auch der Elektronischen Medien, durch staatlich kontrollierte Unternehmen, wie dem größten Fernsehsender Televisa bestimmt . Um die mexikanische Bevölkerung auf die Anliegen der Zapatisten aufmerksam zu machen, musste die EZLN auf ein Solidaritätsnetzwerk unterschiedlichster Gruppierungen im In- und Ausland sowie deren technische Infrastruktur bauen.7 Diese Gruppen wiederum stützen sich auf ein relativ neues, kostengünstiges Medium, das Internet. Manuel Castells (1997: 79) bezeichnet die EZLN als „first informational guerrilla movement“ und er schreibt weiter, dass die eigentliche Strategie der Zapatisten darin bestand, Aufmerksamkeit mit Hilfe von Waffen zu erregen, um dann, mit Hilfe der internationalen Medien, Verhandlungen mit der mexikanischen Regierung zu erzwingen. Entscheidend, nach Meinung Castells, waren dabei die elektronischen Medien: Essential in this strategy was the Zapatistas` use of telecommunications, videos, and of computer- mediated communication, both to diffuse their messages from Chiapas to the world (although probably not transmitted from the forest), and to organize a worldwide network of solidarity groups that literally encircled the repressive intentions of the Mexican government; […] (1997: 80). Hier von einer Art Informationsstrategie zu sprechen halte ich, in Anlehnung an Epigmenio Ibarra (1995), für übertrieben. Waren anfangs doch die Zapatisten selbst von der großen medialen Resonanz auf ihre Aktionen überrascht (vgl. Huffschmid 1995). Anne Huffschmid (2000: 139) gibt wiederum zu bedenken, dass die Verbreitung von Texten und Statements der EZLN durch Medien, wie dem Internet immer etwas von einer Flaschenpost hätte. Denn „wen, unter welchen 7 Die Zapatisten konnten zwar schon kurz nach Beginn des Aufstandes über Fernsehen und Radio ihre Absichten kundtun, doch blieb die Berichterstattung, von einigen Ausnahmen wie der Tageszeitung La Jornada abgesehen, durch die Regierung stark beeinflusst. Bzgl. der Medienberichterstattung in diesem Konflikt siehe beispielsweise (Ibarra 1995; Taibo II 1994). 11 Bedingungen, die Botschaften erreichen, können die Absender nie wirklich wissen“. Konkrete Informationspolitik ist also nur schwer möglich. Auch für Huffschmid (2000: 140) spielt die weltweite elektronische Vernetzung durch das Internet eine entscheidende Rolle für den Erfolg der zapatistischen Bewegung: „ohne die Möglichkeit der elektronischen Vernetzung hätte sich der zapatistische Funken kaum derart unkontrolliert um die halbe Welt verbreiten können.“ Dabei dienen unterschiedlichste Netzwerke alternativer Gruppen und NGOs (Non Governmental Organizations) als Infrastruktur. Sowohl in Mexiko selbst, aber besonders im Ausland finden sich eine Menge an „Knotenpunkten dieser elektronischen Öffentlichkeit“ (Ebd.). Als Beispiel nennt Huffschmid das in Austin, Texas, gegründete Aktionskomitee Acción Zapatista. Einer der Gründer des Komitees, Harry Cleaver, hat das Verhältnis zwischen Internet und EZLN in mehreren Publikationen analysiert und u.a. auch eine umfangreiche Liste von online zugänglichen Zapatista Ressourcen erstellt (vgl. Cleaver 1998 und 1999). Für Harry Cleaver (1998: 1), war es insbesondere das Internet, welches vor allem dafür sorgte, dass die Informationssperre der Regierungs-abhängigen Medien durchbrochen wurde:8 „Vital to this continuing struggle has been the proZapatistas use of computer communication.“ Da die EZLN selbst nicht über die technologische Infrastruktur verfügte, um ihre Nachrichten via Internet zu verbreiten, wurden diese durch die militärischen Linien geschmuggelt, und von Sympathisanten digitalisiert und versendet. Die Empfänger der Kommuniqués können, nach Cleaver (1998: 6), in fünf Gruppen differenziert werden: Those audiences included, first and foremost, UseNet newsgroups, PeaceNet conferences, and Internet lists whose members were already concerned with Mexico's social and political life, secondly, humanitarian groupings concerned with human rights generally, thirdly, networks of indigenous peoples and those sympathetic to them, fourthly, those political regions of cyberspace which seemed likely to have members sympathetic to grassroots revolt in general and fifthly, 9 networks of feminists […]. 8 Besonders während der, dem Aufstand folgende, Offensive der Bundesarmee wurde versucht den Zugang der EZLN zu Vertretern der Medien zu unterbinden (vgl. Cleaver 1998). 9 Cleaver (1998) gibt zu den jeweiligen Gruppen auch konkrete Beispiele, auf die ich hier nicht näher eingehen möchte. 12 Auf diesem Wege verbreiteten sich die Mitteilungen der Zapatisten rund um die Erde. Ein wesentlicher Aspekt bei dieser Diffusion war, dass die ursprünglich in Spanisch verfassten Kommuniqués auch in andere Sprachen, insbesondere ins Englische, übersetzt wurden. Somit konnte ein Maximum an Rezipienten erreicht werden.10 Mit der Zeit wurden diese Unterstützungsaktionen besser organisiert und somit auch effizienter. Welche Formen der Unterstützung im Online Bereich entstanden und wie diese arbeiten soll im nächsten Kapitel behandelt werden. Nun erkannte auch die Regierungsseite das Potential dieses neuen Mediums und begann sich in den „Cyber War“ einzuschalten (vgl. Cleaver 1998). So wurde seitens der mexikanischen Regierung vor allem versucht, das Bild Mexikos im Ausland, im Hinblick auf das lukrative Tourismusgeschäft, zu beschönigen. Abschließend sieht Cleaver (Ebd.: 15) in seiner Analyse Ähnlichkeiten zwischen Chiapas und dem Internet: „Thus the problems in Chiapas and in the Internet are similar: how to continue the elaboration of new kind of cooperation and self-determination while preventing the imposition of centralized monopolistic control.“ Diese scheinbare Affinität, zwischen den Freiheits- und Unabhängigkeitsbestrebungen im Cyberspace und in Chiapas kann in einigen Online Ressourcen zu vorliegender Thematik festgestellt werden. Dieser Aspekt scheint maßgeblich zur Popularität der Zapatisten unter Aktivisten im Internet beigetragen zu haben. So werden auch direkte Vergleiche zwischen Hackern im Internet und zapatistischen Guerilleros in Chiapas gezogen (vgl. Everett 1998). Wie die EZLN konkret im Internet vertreten ist und welche Rolle dabei die Bewegung an sich spielt, soll im folgenden analysiert werden. 10 So sind doch, zumindest nach einer Studie der Dominikanischen Netzwerk Stiftung, vom Dezember 2000, immerhin noch 60 Prozent der Websites weltweit in englischer Sprache gestaltet (derStandard.at, 6.6.01). Eine andere Studie von Nielsen/NetRatings geht davon aus, dass ca. 40 Prozent der Online-Gesamtbevölkerung Englisch als Muttersprache spricht (vgl. http://www.glreach.com/globstats/index.php3, Stand:19.4.02). Bei diesen Überlegungen ist nicht zu vergessen, dass eine Menge an Internet-Usern Englisch als Fremdsprache, zumindest rudimentär, beherrscht. 13 4.1) Die EZLN im Internet11 Diese Analyse konzentriert sich, neben einigen ausgewählten Online Ressourcen zu den Zapatisten (vgl. Cleaver 1999), vor allem auf die Website http://www.ezln.org die mit Abstand umfangreichste Site zur EZLN im World Wide Web. 4.1.1) Online Ressourcen zur EZLN12 Neben Websites werden auch Mailing-Listen, Newsgroups und Online Archive verwendet, um innerhalb des Solidaritätsnetzwerks zu kommunizieren und Interessierte mit Informationen zur Situation in Chiapas zu versorgen. Den Anfang bilden Mailing-Listen zu unserer Thematik. Die Chiapas Diskussions Liste (Chiapas-L) wurde relativ bald nach Beginn des Aufstandes gegründet, um als Forum für Diskussionen rund um die Situation in der Region zu dienen. Nach Verlegung der Liste auf einen neuen Server ist sie nun nicht länger aktiv. Eine weitere Mailing-Liste ist Chiapas9513, Diskussionsforum sondern ausschließlich als welche nicht Nachrichten- als und Informationslieferant dient (Cleaver 1999: 5): „The list is aimed at activists and scholars who are involved in mobilization around the struggles in Mexico and related issues and who need a steady flow of information.“ Auf der anderen Seite des Atlantiks erhält die EZLN besonders aus Italien Unterstützung, wie beispielsweise durch die Mailinglist EZLN-it14. 11 Da diese Arbeit Computernetzwerke - insbesondere das Internet - behandelt, werde ich nicht auf andere elektronische Medien und ihre Verwendung durch die Zapatisten eingehen. Siehe hierzu beispielsweise Cleaver (1998). 12 Dieser Abschnitt ist an den Report der Acción Zapatista (Cleaver 1999), zu finden unter http://www.eco.utexas.edu/faculty/Cleaver/zapsincyber.html (Stand: 6.5.02), angelehnt. Allerdings wird nur auf Ressourcen näher eingegangen, die beim Schreiben der vorliegenden Arbeit online waren oder sich als besonders wichtig für die Bewegung erwiesen haben. 13 Informationen zu der Liste finden sich auf http://www.eco.utexas.edu/faculty/Cleaver/chiapas95.html (Stand: 13.5.02). 14 Informationen sowie ein Archiv zu der Liste finden sich auf http://www.ecn.org/ezln-it/ (Stand: 13.5.02). 14 Eine Nachfolgeorganisation der EZLN, auf die hier nicht näher eingegangen werden soll, die FZLN (Frente Zapatista de Liberacion Nacional) nutzt ebenfalls eine Mailing-Liste zur Informationsverteilung. Die Liste fzln-l15 stellt besonders Nachrichten von mexikanischen Informationsanbietern, wie La Jornada oder Proceso, bereit. In den mehrsprachigen Listen von n e t t i m e16 wird, neben unterschiedlichsten Themen zur „Netzkritik“, auch immer wieder der Konflikt in Chiapas thematisiert. Von einigen ausgewählten Mailing Listen, nun zu themenrelevanten Newsgroups. Newsgroups, die sich mit den Zapatisten und ihren Anliegen beschäftigen sind vor allem die „soc.culture.“ Newsgroups17: soc.culture.latin-america und soc.culture.mexican. Diese beiden Gruppen behandeln soziale und kulturelle Themen aus den Regionen. Die Sprache, in der Artikel geschrieben werden, ist zumeist Spanisch. Das vom Institute for Global Communications (IGC) unterhaltene PeaceNet, welches wiederum die Gruppe reg.mexico beinhaltete, dürfte im Zuge von Firmenfusionen den Betrieb eingestellt haben.18 Der Dienst des Internets, der wesentlich zu seiner Popularität und Verbreitung beigetragen hat ist das World Wide Web (WWW). Und dementsprechend werden auch die meisten Ressourcen zu unserem Thema in Form von Websites angeboten. Folglich werde ich nur auf eine Auswahl von Sites eingehen können. Da wäre beispielsweise die Website der Acción Zapatista, welche unter http://www.utexas.edu/students/nave/ (Stand: 21.5.02) zu erreichen ist. Hier kann sich der interessierte User über die EZLN an sich, ihren Kampf in Chiapas und ihre Forderungen informieren. Weiters findet sich neben einem Link auf das 15 Informationen und Archiv auf http://www.laneta.apc.org/mailman/listinfo/fzln-l (Stand: 13.5.02). Informationen zu den unterschiedlichen Listen finden sich auf http://nettime.org/ (Stand: 14.5.02). 17 Wie im Abschnitt Internet Dienste bereits kurz erwähnt, unterscheiden sich diverse Newsgroups aufgrund ihrer „Hierarchien“. So steht beispielsweise „soc.“ für „social“ oder „comp.“ für „computer“. Eine Gruppe mit der Thematik „soziale Aspekte von Computern“ würde sich nun mit „soc.comp.“ kennzeichnen. Einen kurzen Einblick in das hierarchische System der Newsgroups liefert, neben Seidenberg (1995), etwa Shade (1996). 18 Für den genauen Hergang dieser Internet Service Provider (ISP) Fusionen siehe Skoric (2001). 16 15 Archiv der Mailinglist C h i a p a s 9 5 auch Verweise auf alternative Medienberichterstattung durch Indy Media Centers (beispielsweise http://www.mexico.indymedia.org/, Stand: 21.5.02) in Mexiko und Nordamerika. Die Website, welche auf einem Server der Universität von Texas in Austin liegt, wurde allerdings das letzte mal Ende 1999 auf den neuesten Stand gebracht. Etwas aktueller ist die, ebenfalls in den USA stationierte, Website des Mexico Solidarity Network (http://www.mexicosolidarity.org/, Stand 21.5.02). Dabei handelt es sich um ein Solidaritätsnetzwerk von über 80 Organisationen, „struggling for human rights, economic justice and democracy in the United States and Mexico.“ Einen Schwerpunkt in der Arbeit des Netzwerks bildet die menschenrechtliche Situation der Indigénas in Chiapas. Neben einigen Websites aus den USA zur EZLN finden sich auch welche aus Europa, wie etwa die Irish Mexico Group (http://flag.blackened.net/revolt/mexico.html#Irish, Stand: 21.5.02), oder ein italienisches Solidaritätskomitee Comitato Chiapas Torino (http://www.ipsnet.it/chiapas/, Stand: 21.5.02). Sogar eine Site aus Japan – http://clinamen.ff.tku.ac.jp/EZLN/INDEX.html (Stand: 21.5.02) – ist Bestandteil des weltweiten elektronischen Unterstützungsnetzwerks. 4.1.2) Die Website www.ezln.org Etwas ausführlicher will ich die Website Ejército Zapatista de Liberación Nacional – ¡Ya Basta! (http://www.ezln.org, Stand: 21.5.02) behandeln. Diese Site ist trotz ihres Namens nicht die offizielle Website der EZLN. Allerdings wurde der Domain Name „ezln.org“ mit Genehmigung der Zapatisten registriert. Die Seiten sind Großteils mehrsprachig verfasst und die Artikel und Kommuniqués der EZLN werden ohne Änderungen publiziert, weshalb das Copyright ausschließlich bei der EZLN liegt. Auf http://www.ezln.org/acerca.en.html (Stand: 21.5.02) wird ein kurzer Überblick über die Entstehung der Website gegeben: ¡Ya Basta! was put together in the Spring of 1994 in order to provide reliable information on the Zapatista uprising and serve as a mouthpiece for the Zapatistas in cyberspace. The page is always growing, and well over two million people from Mexico and elsewhere have used it as a 16 resource. Material contained on this page is in Spanish, English, Portuguese, and less frequently French or German, depending on what is available and accessible; sometime in the future it may be split into multiple pages by language, but don't expect this anytime soon. (Incidentally, the page began as a resource primarily for those outside of Mexico, and in English; only in 1995 did the webmaster realize how much it was being used from within Mexico itself, and since that time the dominant language of the page has gradually shifted to Spanish.) Der Webmaster, Justin Paulson, spricht in seinem kurzen Rückblick einen Aspekt des Konflikts in Chiapas an, der in Bezug auf unsere Thematik wesentlich erscheint. Es handelt sich dabei um die Tatsache, dass die Bevölkerung innerhalb Mexikos wenig und zumeist einseitig über die Situation in der Region informiert wurde. Es bestand somit ein Bedarf an Informationen, den das Internet und seine diversen Dienste – zumindest für einen privilegierten Teil der Menschen – decken konnte. Die Website http://www.ezln.org bietet neben den bereits erwähnten Kommuniqués der EZLN, auch Artikel von Zeitungen wie La Jornada (h t t p : / / w w w . j o r n a d a . u n a m . m x / , Stand 21.5.02) oder Reforma (http://www.reforma.com/, Stand: 21.5.02). Außerdem werden aktuelle Ereignisse, wie beispielsweise der Marsch nach Mexiko Stadt im Frühjahr 2001, mit verfolgt und die Reden der einzelnen Sprecher als Texte auf die Website gestellt (siehe: http://www.ezln.org/marcha/index.html, Stand: 21.5.02). Weiters finden sich auf der Site Fotos (http://www.ezln.org/fotos/index.html, Stand: 29.5.02), von Raúl Ortega und Antonio Turok, ein Archiv an Dokumenten (http://www.ezln.org/archivo/index.html, Stand: 29.5.02), und einige Mailing- und Diskussionsgruppen19 zur EZLN (http://www.ezln.org/listas.htm, Stand: 29.5.02). Und, wie bei den meisten Websites üblich findet sich auch hier eine umfangreiche Liste an Hyperlinks (http://www.ezln.org/links.htm, Stand: 29.5.02). Die Website elzn.org hat sich von einer kleinen Site mit einigen wenigen Links und Informationen zu der wichtigsten und umfangreichsten Online-Ressource in 19 An dieser Stelle ist die, im vorhergehenden Abschnitt nicht erwähnte, Mailing-Liste CIZ, „La lista oficial del nuevo Centro de Información Zapatista“ (http://www.ezln.org/listas.htm, Stand: 29.5.02) zu nennen. 17 Bezug auf die Zapatisten in Mexiko entwickelt. So verzeichnete die Website, nach eigenen Angaben, schon mehr als 3 Millionen Besuche. 5) Konklusion Nachdem die EZLN und ihre Präsenz im Internet etwas näher beleuchtet wurde, soll nun auf die Möglichkeiten, die das Medium Internet indigenen Gruppen bietet eingegangen werden. Um ein Computernetzwerk wie das Internet überhaupt nutzen zu können, ist es zuerst notwendig über Ressourcen, wie Elektrizität und Telefonverbindungen zu verfügen. Besonders in Entwicklungsländern ist dies noch keineswegs selbstverständlich. Wie der Global Information Technology Report 2001-200220 veranschaulicht, ist die Situation in Mexiko im Vergleich zu anderen lateinamerikanischen Staaten relativ günstig. Mexiko war das erste Land in Lateinamerika, das an das Internet angeschlossen wurde und von 1998 bis 2000 stieg die Zahl der Internet User um 200 Prozent (vgl. Coppock et al. 2002). Trotzdem kommen in Mexiko nur rund 5 Computer auf 100 Menschen, und von diesen sind nur rund 11 Prozent an das Internet angeschlossen. Insgesamt können ca. 3 Prozent der mexikanischen Bevölkerung als Internet User bezeichnet werden (Ebd.). Im Vergleich zu Europa und Nordamerika ist Zahl der Internet User in Mexiko sowie in gesamt Lateinamerika niedrig, und es ist anzunehmen, dass der Zugang zu den Computernetzwerken noch einer wirtschaftlich potenten und urbanen Bevölkerung obliegt (vgl. beispielsweise Everett 1998). Da sich die indigene Bevölkerung Mexikos Großteils im ländlichen Raum, wie beispielsweise Chiapas, findet, bleibt sie vom direkten Zugang zu den neuen Technologien ausgeschlossen.21 Sie sind also, wollen sie Medien wie das 20 Teile des Report können unter (http://www.cid.harvard.edu/cr/gitrr_030202.html, Stand: 29.5.02) als pdf Dateien gelesen werden. 21 Zur wirtschaftlichen Situation und den Ressourcen Chiapas vgl. Ceceña (2000) und Ceceña & Barreda (1995). 18 Internet nutzen, auf Menschen angewiesen, die über einen Zugang zu diesen verfügen. Besonders Migranten, die in hochtechnologisierten Staaten leben könnte hier eine entscheidende Rolle zukommen (vgl. z.B. das Mexico Solidarity Network, http://www.mexicosolidarity.org/, Stand 21.5.02). Die EZLN und besonders ihr Sprecher Subcommandante Marcos verstanden es nun äußerst geschickt, nicht nur die mexikanische „Zivilgesellschaft“, sondern auch Bevölkerungsteile in Europa und Nordamerika auf die Anliegen und die Situation der Indígenas in Chiapas aufmerksam zu machen. Bald bildeten sich kleine Gruppen, um die Zapatisten zu unterstützen. Dies geschah in erster Linie durch Informationsarbeit und der Schaffung eines internationalen Solidaritätsnetzwerks, welches über das Internet miteinander kommuniziert und verbunden ist. Meiner Meinung nach wesentlich für die breite Unterstützung der Zapatisten in den Industriestaaten war unter anderem die teilweise massive Identifizierung einiger Internet Aktivisten mit der zapatistischen Bewegung und ihren Anliegen. Dies scheint vor allem an der, zu Beginn der 1990er Jahre noch stärker anarchistisch geprägten, Struktur des Internet und dem Wunsch diese zu bewahren zu liegen. Als gemeinsamer Feind konnte der Neoliberalismus und die damit verbundene Kommerzialisierung sämtlicher Lebensbereiche – also auch des Internet – ausgemacht werden. So konnte das Internet in diesem speziellen Fall als Öffentlichkeit schaffendes Medium genutzt werden. Doch sollten die Erwartungen gegenüber den neuen Technologien nicht zu groß sein. Denn auch „das Internet wird eine ideale Öffentlichkeit nicht verwirklichen“ (Roesler 1997: 191). Weiters darf nicht vergessen werden, dass es sich bei den Ereignissen in Chiapas um einen bewaffneten Konflikt handelt, von dem auf manchen Websites in einer nicht angebrachten, „romantisierenden“ Art und Weise berichtet wird (vgl. Everett 1998). In diesem Sinne schreibt auch Justin Paulson, der Webmaster von ezln.org (http://www.ezln.org/acerca.en.html, Stand: 29.5.02): „The crisis in Chiapas will not be solved in Cyberspace; yet, the Internet can be a powerful tool for activism and information dissemination.“ 19 6) Bibliographie Bühl, Achim (1997): Die virtuelle Gesellschaft: Ökonomie, Politik und Kultur im Zeichen des Cyberspace. Opladen: Wetdt. Verlag. Castells, Manuel (1997): The Power of Identity. Oxford: Blackwell. Ceceña, Ana Esther (2000): Die Grenzen der Modernität. In Ulrich Brand; Ana Esther Ceceña (Ed.), Reflexionen einer Rebellion. "Chiapas" und ein anderes Politikverständnis. (pp. 262-280). Münster: Wetsfälisches Dampfboot. Ceceña, Ana Esther; Barreda, Andrés (1995): Chiapas y sus recursos estratégicos. In Neus Espresate; Andrés Barreda (Ed.), Chiapas1. (pp. 53-99). México: Universidad Nacional Autónoma de México. Cleaver, Harry (1998): The Zapatistas and the Electronic Fabric of Struggle. 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