Zur Archäologie des medialen Titanic-Desasters
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Zur Archäologie des medialen Titanic-Desasters
Wolfgang Hagen „M.G.Y. - What is the matter with you?" Zur Archäologie des medialen Titanic-Desasters Der folgende Aufsatz versucht, die Ebenen und Schichten der medialen Projektionen herauszuarbeiten, die mit dem Untergang der Titanic verbunden waren. Kein Ereignis wurde für die strukturelle Entwicklung des us-amerikanischen Radios prägender. 1. Die „Marconi Officers“ Als einer der wenigen Luxusliner ihrer Zeit hatte der „White Line“-Dampfer Titanic nicht einen, sondern zwei Funker an Bord. „First Wireless Operator“ John Phillips, der vier Tage zuvor noch seinen 25sten Geburtstag gefeiert hatte, machte seinen Dienst zusammen mit „Second Officer“ Harold Bride, 22. Die Arbeit der beiden blutjungen Männer bestand nahezu ausschließlich in der Abwicklung von Privat-Telegrammen der hoch mögenden und zahlungskräftigen Passagiere. 1.1. Phillips und Bride Phillips (im Rettungsboot an Erschöpfung gestorben) und Bride (Überlebender und Verkäufer – 1000 Dollar – seiner Geschichte exklusiv an die New York Times) waren nicht bei der „White Line“ angestellt. Sie gehörten nicht zur Crew, sondern zur „Marconi Company Ltd.“, trainiert in zehnmonatigen Speziallehrgängen und dann auf jeweils anderen Schiffen und Routen auf die Meere geschickt. Ihre Funkerbuden (Senderaum, Maschinenraum, Schlafraum meist auf dem Oberdeck) waren das Eigentum Marconis, das die Reedereien installieren, aber nicht kaufen konnten. Was die Titanic betrifft, sind diese Räumlichkeiten auf dem Grund des Meeres noch heute gut zu besichtigen. 1.2. Das Marconi Ohr Marconi, der bekanntlich wenig von Elektrizität und Physik, dafür umso mehr von trickreichen Patentgeschäften verstand, setzte mit diesem Prinzip der ‚Mannplus-Apparate-Leasing-Seetelegrafie’ von 1900 nicht nur ein erfolgreiches Geschäftsmodell und faktisches Monopol durch, sondern zudem ein neues mediales Paradigma. Während nämlich im gesamten 19. Jahrhundert die Telegrafie – empfangsseitig – von bedruckten Streifen abgelesen wird (man kennt das aus den einschlägigen Western-Filmen), beginnt das neue, das 20ste Jahrhundert damit, dass Telegrafie von Spezialisten gehört wird. Was überseeische Signaltelegrafie 2 angeht, sind Ohren, wie Marconi schnell findet, die besten Ortungsorgane. Ohne jedes Hilfsmittel fein abstimmbar. Niemand konnte besser aus dem Wust von Rauschen und Zirpen der entsprechenden Gerätschaften Morsesignale ‚heraushören’ und niemand schneller Codes in den „Apparatus“ tippen als die gedrillten Marconisten. Wie selbstverständlich scheinen die „Marconi Officers“ auf der Titanic, ihren Schwester- und ihren Rettungschiffen aus den wahnwitzig schnell auf einander folgenden, steilen und wieder abflachenden Impulsflanken verrauschter Signale klare Botschaften heraushören zu können, wie sonst nur der geübteste Musikkenner im vollen Orchesterklang den Tristanakkord. Von 1900 ab ist es auf allen Weltmeeren das Marconi-Ohr, das Radio hört. 1.3. Harold T. Cottam, Carpathia Marconi rekrutiert die jungen Männer, die er zu Funker macht, direkt von der Schule. Mit 22 und 25 sind sie, wie Bride und Phillips auf der Titanic, fast schon „alt“ und bereits weit herumgekommen. „I went to Philadelphia on the ‘Haverford’, twice to New York on the ‘Lusitania’, once to Brazil on the ‘Lanfranc’, and twice to Brazil on the ‘Anselm’” erklärt „Junior Wireless Operator“ Bride vor dem Senatsausschuss. “Senator Smith: In that service were you chief operator? Mr. Bride: On the Lusitania I was the second man. On the other boats I was in charge, the only operator.”1 Auf der „Carpathia“ (dem späteren Rettungsschiff der Überlebenden) hört der zwanzigjährige Harold T. Cottam, der allein Dienst tut, von der Titanic zum ersten Mal am späten Abend des 14. April. Es ist der Notruf (CQD = „Come Quick, Danger“). Die „Carpathia“, knapp fünfzig Meilen von der Unglückstelle entfernt, nimmt augenblicklich Kurs auf die angegebenen Koordinaten, vervierfacht (anders als die Titanic) den Ausguck wegen der Eisberggefahr, erreicht die Rettungsboote am frühen Morgen des 15. April knapp zwei Stunden, nachdem die Titanic im Meer versunken ist. Sie nimmt 706 Überlebende an Bord. 1.4. Cyril F. Evans, California Auf der „California“, die nur halb so weit von der Titanic entfernt lag wie die Carpathia hatte ein gleichfalls blutjunger Marconi-Officer namens Cyril F. Evans Dienst. Noch am Nachmittag dieses Sonntags, des 14. April 1912, hatte er im Auftrag des Kapitäns dem Dampfer „Antillian“ eine Eiswarnung gegeben. Phillips auf der 1 United States Senate: Titanic Desaster - The Official Transcript of the United States Senate Hearings into the sinking of the RMS Titanic, April 19 - May 25, Washington 1912, 133. 3 Titanic hatte das mitgehört. Mithören bei den anderen Jungs – sowieso, wie sich jetzt herausstellt, das beliebteste Spiel der Marconisten. „The Titanic called me up and we exchanged signals, exchanged an official T.R. We call it a T.R. when a ship gets in communication with another. I said, ‘Here is a message; an ice report.’ He said, ‘It's all right, old man.’ He said. ‘I heard you send to the Antillian.’ He said, ‘Bi.’”2. Der Titanic-Funker Phillips war an diesem Sonntag Nachmittag viel zu sehr mit „Advisela“ (Privattelegrammen) von und zur Marconi Festlands-Station Cape Race beschäftigt, als sich weiter mit Evans unterhalten zu können. „Advisela“ waren bares Geld, so dass ein Marconist sich mit allgemeinen Eiswarnungen, die nicht einmal an sein Schiff adressiert waren, nicht beschäftigen konnte. Phillips komplimentiert den jungen Kollegen ( „Old Man“) unmissverständlich aus seinem Funkverkehr. 1.5. Und die „California“ (Evans) schlief… Der letzte Kontakt zwischen der Titanic und dem Schiff, das ihr zum Unglückszeitpunkt am nächsten lag, erfolgte gegen 21 Uhr. „Senator Smith: When did you next communicate with the Titanic and what was the message you sent or received? Mr. Evans. 9.05 New York time, Sir. (…) My captain told me he was going to stop because of the ice, and asked me if I had any boats, and I said the Titanic. He said ‘Better advise him we are surrounded by ice and stopped.’ So I went to my cabin, and at 9.05 New York time I called him up. I said ‘Say, old man, we are stopped and surrounded by ice.’ He turned around and said ‘Shut up, shut up, I am busy; I am working Cape Race,’”3 Nunmehr zum zweiten Mal von der Titanic abgewiesen legt sich CaliforniaFunker Evans aufs Ohr. Er ist allein an Bord und schaltet ab. So verpasst die California den Titanic-Notruf um 22:25 Uhr, der 13 Minuten nach der Kollision erfolgt. Nur, - die California lag ohnehin still und hatte die Kessel heruntergefahren. Sie hätte die Titanic niemals vor ihrem Untergang erreicht. „’When were you awakened?’” fragt der ermittelnde Senator Smith. “‘About 3.30 a. m., New York time.’ ‘And who awakened you?’ ‘The chief officer. He said, ‘There is a ship that has been firing rockets in the night. Please see if there is anything the matter.’ (…) ‘I went at once to my key and started my motor and gave "C.Q." About a second later I was answered 2 United States Senate, 734. 3 United States Senate, 735. 4 by the Frankfurt, "D.K.D., Dft." The "Dft," is the Frankfurt's call. He told me the Titanic had sunk.”4 1.6. C.Q.D. 22:13 New Yorker Zeit rammt die Titanic mit ihrer vorderen rechten Seite einen Eisberg. Im Marconi-Raum sitzt zu dieser Zeit Funker Phillips am „Apparatus“ („Senator SMITH. Do you call it the key? You do not call it the key. What do you call the instrument? Mr. BRIDE. The apparatus.”5) und wickelt Privattelegramme ab. Funker Bride schläft noch ein paar Minuten bis zu seiner Wache um Mitternacht (Schiffszeit). Wenig später erzählt ihm Phillips, „that he thought she [die Titanic; W.H.] had got damaged in some way and that he expected that we should have to go back to Harland & Wolff's.” Er hatte irgendetwas knirschen gehört. Kaum ist Phillips in der Schlafstube, als der Kapitän hereinkommt. „’Did you hear any conversation between Mr. Phillips and the Captain’ ‘Yes (…) The Captain gave him the latitude and longitude of the ‘Titanic,’ and told him to be quick about it or words to that effect.’ ‘Then what did Mr. Phillips do?’ ‘He started to call C.Q.D.’”6 Keine 20 Minuten nach der Kollision ordnet der Kapitän an, die Funker sollten andere Schiffe zur Unterstützung rufen. “C.Q.D.” – ein etwas seltsames Akronym für „Seek you. Danger“. Obwohl das SOS-Signal als international gültiges Notrufsignal bereits auf der Internationalen Funkkonferenz in Berlin 1906 beschlossen worden war, verwendet Marconi immer noch das nur für seine Gesellschaft gültige Notrufzeichen „C.Q.D.“ „Seek You“, der erste Teile des Codes, fungiert auch zu dieser Zeit noch als bloße Anrufung von (Marconi-)Schiffen in der Nähe. Ein angehängtes D für „Danger“ macht aus dem Allgemeinrufzeichen ein Notrufzeichen. 1.6.1. Kein Telefon Captain Smith weiß offenbar bereits nach wenigen Minuten, dass sein Schiff verloren ist. Sechs Kompartments melden Wasseinbrüche, vier mehr, als die Bauweise des „unsinkbaren“ Schiffes es erlauben würde. Aber nicht nur deshalb erscheint der Kapitän schon eine Viertelstunde später im Funkerraum. Er muss 4 United States Senate, 736. 5 United States Senate, 134. 6 Wreck Commissioners Court [of the United Kingdom]: Proceedings On A Formal Investigation Ordered By The Board Of Trade Into The Loss Of The S. S. Titanic, Thursday, 2nd May, London 1912, 367. 5 ohnehin persönlich kommen, denn es gab nämlich keine Sprechverbindung zwischen Marconi-Raum und Brücke, keine Alarmglocke, kein Lichtzeichen, nichts. Seemännisch gesehen war der Marconiraum gar nicht Teil des Schiffes. Die Funkern kannten die Schiffsoffiziere nicht – und vice versa. Sie waren eben nur „geleast“. Obwohl die Titanic sogar über ein kleines Selbstwahl-Telefonnetz verfügte, gab es keinen Anschluss im Marconiraum. Die Rohrpostleitung (auf den Wrackfotos gut zu sehen), führten direkt zum Purser-Raum auf dem Passierdeck, dort, wo die Passagiere gegen teures Geld ihre Telegramme aufgeben und abholen konnten. Der Marconiraum auf einem Passierschiff der White Line Klasse – auf der Olympic genauso wie auf der Titanic – war für den kommerziellen Funkverkehr der zahlenden Telegrammkundschaft eingerichtet. Und für nichts sonst. Und nur für die zahlende Kundschaft und für einen schnellen Nachrichtenaustausch untereinander („Old Man“) waren die Funker ausgebildet. 1.6.2. Die Frankfurt Bride berichtet den US-Senatoren, dass Phillips Notrufe mit Positionsabgabe wohl ein halbes Dutzend mal ausgesandt hat. Antwort bekam er als erstes von einem deutschen Schiff, der Frankfurt. Um ihre Position zu nennen (= den Kapitän fragen), bat die Frankfurt zunächst um ein kurzes „Stand By“. Als zweites Schiff meldet sich die Carpathia. Sie hat einen Marconi-Funker an Bord, der sofort durchgeben kann, wo sein Schiff sich befindet. Sein Kapitän wird umgehend antworten, dass die Carpathia Kurs auf die Titanic genommen hat und ihr zur Hilfe eilt. Sie wird nach vier Stunden Fahrt eintreffen und als einziges Schiff Überlebende aus den Booten retten. Als nächstes meldet sich die „Olympic“, aber das Schiff ist für eine Hilfsaktion viel zu weit entfernt. Von allen drei Schiffen, die sich melden, erschien dem Titanic-Funker Phillips die Frankfurt am nächsten positioniert zu sein, aufgrund der Lautstärke und Klarheit ihres Funksignals. Aber ausgerechnet ihr Funker meldet sich lange nicht. „’He called us up at a considerably long period afterwards and asked us what was the matter.’ (…)Senator Smith: ‘Did they say anything else?’ Mr. Bride: ‘He merely inquired, Sir, as to what was the matter with us.’ ‘To that message what did you say?’ ’I think Mr. Phillips responded rather hurriedly. Well, he told him to the effect that he was a bit of a fool. He told him to stand by, sir - finish.’”7 Zur Verblüffung der US-Ermittler gab der 7 United States Senate, 151. 6 überlebende Titanic-Funker Bride zur Protokoll, dass das Schiff, das der Titanic ausweislich seiner Funksignal-Lautstärke am allernächsten zu sein schien, von seinem Kollegen abgewiesen wurde, nur weil sein Funker nicht bis drei zählen konnte? „Senator Smith: ‘Will you tell us what confirmation you have that the operator of the Frankfurt received your C. Q. D. distress call correctly?’ Mr. Bride: ‘Mr. Phillips had the telephones on at the time, sir. He called C. Q. D. The Frankfurt answered. He gave the Frankfurt our position. He said, ‘Come at once.’ The Frankfurt said, ‘Stand by.’ We waited, and that is the last we heard of the Frankfurt until he said, ‘What was the matter with you?’ a considerable period afterwards.’ Senator Smith: ‘After he said, ‘What was the matter with you?’ then what was said?’ Mr. Bride: ‘We told him he was a fool, sir.’ Senator Smith: ‘Was that the last thing you said to him?’ Mr. Bride: ‘To the Frankfurt, yes, sir.’”8 1.7. Signale der Täuschung Phillips und Bride hatten in gewisser Weise Glück. Ihre Vermutung nämlich, die Frankfurt müsse aufgrund der Stärke ihrer Signale der Titanic am nächsten liegen, war falsch. Elektromagnetische Wellen haben – gerade Nachts – teilweise täuschende Ausbreitungscharakteristiken. Oder gerichtete Antennen oder ein Defekt am Sendesystem der Frankfurt hatten „Überreichweiten“ erzeugt. Anders als die Titanic-Funker vermuteten, war die Frankfurt jedenfalls zur Notrufzeit etwa 150 Meilen entfernt. Und damit viel zu weit für einen Hilfseinsatz. John Durrant von der “Mount Temple”, Gilbert Balfour auf der “Baltic”, sowie die Radio Offiziere Moore und Bagat auf der „Olympic“ sind die weiteren MarconiFunker dieser Nacht, deren Aussagen zunächst vor dem amerikanischen Senat und dann vor der britischen „Wreck Commission“ das Bild komplettieren. Was die Frankfurt betrifft, so wird Titanic-Marconist Bride vor den englischen Untersuchungsrichtern bereits eine ganz andere Aussage machen. Offenbar erinnern sich Funker nicht wirklich gut an das, was sie hörten oder „sagten“. Mitgehörte Funksprüche der Titanic (solche die Phillips sendete und Bride offenbar nicht gehört hat – wie sollte er auch, ohne Phillips auf die schnellen Finger zu starren!) ergaben, dass Phillips der Frankfurt sehr wohl erklärte „was Sache ist“. John Durrant von Mount Temple bezeugte: „‘Titanic’ gives position and asks, ‘Are you coming to our assistance?’ ‘Frankfurt’ replies, ‘What is the matter with you?’ ‘Titanic’ says, ‘We have 8 United States Senate,153. 7 struck an iceberg and sinking. Please tell Captain to come;’ and the ‘Frankfurt’ replied, ‘O.K. Will tell the bridge right away.’ Then the ‘Titanic’ said, ‘O.K., yes, quick.’.“9 Die Frankfurt, die Carpathia, die Virginia, die Mount Temple, und die California – sie alle laufen am frühen Morgen des 15. April 1912 auf die Koordinaten der untergegangenen Titanic zu, weil ihre Funker sich so koordinieren. Die beiden Titanic-Funker ahnen nicht, dass ihr System offenbar schon sehr früh Aussetzer zeigt. Ihre im Blitzstakkato in den Apparatus getippten Botschaften bekommen Lücken, weil die Stromversorgung schwankt. Je mehr die Titanic bugseitig absinkt, um so deutlicher werden die Aussetzer – aber nur den anderen Funkern. Marconi-Systeme – wie die auf der Titanic implementierten – haben keine verlässlichen Selbstcheck-Mechanismen. Die meisten haben keinen Notstrombetrieb. Kein Marconist weiß, ob sein Funkspruch auch wirklich ankommt, ja nicht einmal, ob er so herausgeht, wie er eingetippt wird. 2. Captain Smith Der mittelgroßen Eisberg, mit dem Titanic kollidiert, reichte (anders der Film von James Cameron suggeriert) nicht einmal über die Reling. 40 Sekunden zuvor hatte ihn der Ausguck-Maat Frederick Fleet im ‚Krähennest’ an der Mastspitze des Schiffes mit bloßem Auge („right ahead“) gesichtet. „It would be as large as those two tables put together, when I saw it at first.“10. 2.1. Die Ferngläser Die Titanic sank in einer sternenklaren, klirrkalten Nacht bei absoluter Windstille und bester Sicht. Gerade unter solchen Bedingungen sind schwarze Objekte vor dem Horizont einer spiegelglatten See nahezu unsichtbar. Nachts, wenn kein Wasser sich an ihren Rändern bricht, sind Eisberge schwarz. Dennoch waren den beiden Titanic-Ausguckern nicht einmal Ferngläser zugeteilt worden. Die blieben den Offizieren vorbehalten. „Senator Smith: ‘Suppose you had had glasses … could you have seen this black object a greater distance?’ Mr. Fleet. ‘We could have seen it a bit sooner.’ ‘How much sooner?’ ‘Well, enough to get out of the way.’”11 Die fehlenden Ferngläser werden in keinem der beiden Abschlussberichte erwähnt. 9 Wreck Commissioners Court, 406. 10 United States Senate, 320. 11 United States Senate, 324. 8 Offenbar schenkte man der Aussage eines Maats von einfachem Rang keine weitere Bedeutung. 2.2. Das Wendemaneuver Anders als der Marconi-Room der Funker war das Krähennest der Titanic telefonisch mit der Brücke verbunden. Fleets Alarm löst Sekunden später das StopKommando für die Maschinen und ein hartes Steuerbord-Maneuver des Rudergängers aus, angeordnet vom 1. Offizier Murdoch (ertrunken), der die Meldung vom 6. Offizier Moody (ertrunken) und dieser von Fleet erhalten hatte. Das Rudermanöver bewirkt, dass die Titanic bei weiterhin voller Fahrt von 21 Knoten ihren Bug nach links wendet, ihre rechte Flanke dabei aber umso mächtiger in den Eisberg drückt. Als die Maschinen zum Stehen kommen waren unterhalb der Wasserlinie in einer Länge von mindestens 100 Metern große Risse in die (zum Teil doppelte) Außenhaut geschnitten, deren genaue Kontur bis heute nicht vollständig geklärt ist. Alarme wurden nicht ausgelöst, einen Alarmplan gab es nicht. Anweisungen für den Notfall existierten nicht. Für die 2100 Passiere und CrewMitglieder waren 3000 Schwimmwesten und 1200 Plätze in Rettungsbooten verfügbar. Die Desorganisation beim Beladen und Abfieren der Rettungsboote hat fast 500 Menschen das Leben gekostet. Die Boote wurden nämlich nur zum Teil besetzt. Auch dafür wird in den Abschlussberichten in Washington und London niemand zur Rechenschaft gezogen. Nach zwei Stunden lag der gesamte vordere Bereich des Schiffes bis zur Höhe der Brücke völlig im Wasser. Unter dieser Last brach die Titanic kurz darauf in der Mitte auseinander, der Bug verschwand im Meer, das Heck richtet sich senkrecht auf und stürzte lotrecht in die Tiefe. 2.3. Kurs und Speed Auf beiden Seiten des Atlantiks lauteten die Untersuchungsfragen Nummer eins und zwei: a) Hätte die Kollision verhindert werden können und b) lief das Schiff zu schnell? Der Abschlussbericht der britischen „Wreck Commissioner's Inquiry“, die zwischen Mai und Juli 1912 stattfand, hält in Bezug auf den Kurs der Titanic in der fraglichen Nacht fest: „An examination of the North Atlantic route chart shows that this track [der Kurs der Titanic; W.H.] passes about 25 miles south (that is outside) of the edge of the area marked ‘field ice between March and July,’ but from 100 to 300 9 miles to the northward (that is inside) of the dotted line on the chart marked, ‘Icebergs have been seen within this line in April, May and June.’”12 Hätte also Kapitän Smith, 62 Jahre alt, hochdekoriert, untadelig und unbescholten, der mit seinem Schiff unterging, nicht doch schon von der Kartenlage her gewarnt sein müssen? 2.4. Die Warnungen über Funk Anders als der britische Abschlussbericht hält der us-amerikanische Captain Smith durchaus für mitverantwortlich am Untergang seines Schiffes. Der amerikanische Bericht (anders als der britische ohne jede Rechtswirkung, denn die Titanic lief unter britischer Flagge) stellt hierzu die Medien in den Vordergrund, die den Kapitän hätten warnen und zu größter Vorsicht anhalten müssen. Zum Beleg listet der Senatsbericht vier telegrafische Eiswarnungen auf, die die Titanic vorgeblich erreicht hätten. 2.4.1. 11:50 Uhr Die erste Eiswarnung, 11:50 Uhr Schiffzeit, kam tatsächlich von der MS Baltic, adressiert an den Kapitän der MS Titanic. Inhalt: Ein griechische Dampfer habe berichtet, Eisberge und Eisfelder auf 41.51 Nord, 49.83 West gesehen zu haben. Der Kapitän der Baltic mutmaßt, die Titanic wird am späteren Abend die angegebene Position erreichen. Diese Information aus zweiter Hand quittiert der Kapitän wenige Minuten später durch eine eigenen Wetterbericht an die Baltic. Diese Meldung ist die einzige, die Smith nachweislich unter die Augen kam. Kapitän Smith übergibt sie kurz darauf seinem Chef, dem Konzernchef seiner Reederei, Joseph Bruce Ismay, der bei dieser Jungfernfahrt ebenfalls mit an Bord war (und überlebte). Die Anwesenheit (und das Überleben) Ismays hat Titanic-Maniacs von der ersten Stunde an zu wildesten Spekulationen getrieben. Zum Beispiel, dass Ismay einen Geschwindigkeitsredkord hatte erzielen wollen, um die Verkaufschancen der teueren Tickets auf dem neuen Schiff zu erhöhen. Und habe seinen Kapitän deshalb gezwungen, mit Fullspeed durch das Eisbergfeld zu fahren. Für all das fehlen bis heute die Beweise. 2.4.2. 17:25 Uhr Der us-amerikanische Abschlussbericht führt eine zweite Eiswarnung an, die um 17:25 Uhr von der California gefunkt worden sei. Gegenstand der Meldung: Drei 12 Wreck Commissioner: Report on the Loss of the >Titanic<, Dated this 30th day of July, London 1912, 24. 10 große Eisbergen in 5 Meilen Entfernung. Die britischen Ermittlungen ergeben jedoch, dass diese Eiswarnung nicht der Titanic, sondern der „Antillian“ galt. Titanic-Funker Bride hatte diese Meldung zwar „mitgehört“, sich nachträglich sogar die Koordinaten geben lassen, und die Meldung an die Brücke weitergegeben. Er wusste aber nicht wem und er tat es erst zwei Stunden nach Erhalt. Captain Smith, den er als einzigen kannte, sah diese Meldung nie. 2.4.3. 22:51! Die dritte Meldung, die der amerikanische Bericht anführt, wurde von einer gewissen „SS Amerika“ um 22:51 abgeschickt und beinhaltete ebenfalls die Sichtung von zwei Eisbergen in der Nähe der Titanic-Koordinaten. Allerdings fehlt hier jeglicher Beleg dafür, dass diese Meldung irgendwer auf der Titanic mitbekommen hätte. So fördern die Recherchen des US-Senates ein gutes Dutzend weitere Eisberg-Meldungen aus jener Nacht zu Tage, die Schiffe oder Küstenstationen gemeldet hatten. Keine davon erreicht die Titanic. Zusammen genommen ergibt sich: Das Eisbergfeld auf dieser südlichsten und meist befahrenen Atlantic-Route war in dieser Nacht wohl außergewöhnlich groß. Nur dass das Medium, dem wir diese Einsicht verdanken, sie nur im Modus einer nachträglichen Recherche preisgab, nämlich dann, als die Katastrophe, die es zu verhindern gegolten hätte, schon eingetreten war. 2.4.4. 21:05 Die vierte Meldung, die der amerikanische Abschlussbericht dem Kapitän vorhält, ist die oben erwähnte der California von 21.05 Uhr. In ihr teilt MarconiJungster Evans seinem Titanic-Kollegen Phillips („Old Man“) mit, sein Schiff habe angehalten und sei umgeben von Eisbergen. Evans: „I said ‘Say, old man, we are stopped and surrounded by ice.’ He turned around and said ‘Shut up, shut up, I am busy; I am working Cape Race,’ and at that I jammed him.“13 Auch diese Meldung gelangt nie an den Kapitän. Nicht einmal Kollege Bride erfuhr (wenn man seinen Aussagen glauben kann), dass ein zwanzig Meilen entfernt liegendes Schiff wegen akuter Eisberggefahr einen Maschinenstopp meldet. Phillips erfasst die 13 United States Senate, 735. 11 seemännische Tragweite dieser Meldung offenbar überhaupt nicht und macht mit der Übermittlung von Privattelegrammen weiter. 2.5. Die zugesteckte Warnmeldung Nach Lektüre der Untersuchungsprotokolle ergibt sich: Der Unglücks-Kapitän Smith hielt von allen Warnungen, die von Marconi-Schiffsfunkerbuden und/oder Küstenstationen hin und her gesendet wurden, nur eine einzige in Händen. Es war die zeitlich älteste, ungenaueste, allgemeinste und unspezifischste. Sie besagte, dass irgendwann in der nachfolgenden Nacht die Titanic möglicherweise in die Nähe von Eisbergen gerate. Smith wusste mit dieser Meldung offenbar nichts Rechtes anzufangen. In den Kartenraum gelangte sie erst am Abend, als es galt, die neuen Kurse für die Nacht abzustecken. Das wäre früher auch nicht nötig gewesen. Vorher aber gibt der Kapitäm, wie geschildert, die Meldung „seinem Vorgesetzten“, dem Reederei-Chef Ismay. Trotz stundenlanger Befragung von Ismay konnten die britischen Ermittler nicht herausfinden, weshalb der Kapitän das tat. Präsident Ismay wiederholt immer wieder, er wisse auch nicht warum. Er habe mit ihm nicht darüber gesprochen. War es, weil in dieser Meldung auch von einem Dampfer die Rede war, dem wegen des Kohlestreiks in den USA der Heizstoff knapp geworden war? Bis zum Abend trug der Reedereibesitzer die Meldung in seiner Jackentasche herum, las sogar zwei jungen Damen beim Nachmittagstee daraus vor. Dann gab er sie dem Kapitän zurück. 2.6. Der Freispruch Nach 36 Tagen Ermittlung sprach die britische (und rechtlich einzig zuständige) Kommission Captain Smith von jeder Schuld frei. „It was shown that for many years past, indeed, for a quarter of a century or more, the practice of liners using this track when in the vicinity of ice at night had been in clear weather to keep the course, to maintain the speed and to trust to a sharp look-out to enable them to avoid the danger. This practice, it was said, had been justified by experience, no casualties having resulted from it.”14 Erst die Katastrophe habe gezeigt, dass die Entscheidungen von Smith falsch waren. Das aber könne man ihm nicht anlasten, da er keine Entscheidungen getroffen habe, die nicht jeder andere erfahrene Kapitän in seiner Lage auch getroffen hätte. 14 Wreck Commissioner: Report, 30. 12 Das britische Untersuchungsergebnis – in allen Aspekten differenzierter und präziser als das amerikanische – nimmt die Projektion des neuen Mediums auf Vorgeschichte und Hergang der Unfalls nicht an. Sie fragt nicht danach, ob der Kapitän telegrafische Eisbergwarnungen kannte. Denn gerade die britische Untersuchung hatte gezeigt, wie ungenau die Warnungen waren, wie seemännisch unerfahren ihre Kolporteure, wie unsicher ihre technischen Übertragungswege und wie ungeklärt ihre Wege an Bord eines Schiffes. Auch den Notrufketten nach der Kollision gibt der britische Report kein besonderes Gewicht. Aus gutem Grund. Objektiv näher (und damit vordergründig hilfreicher) als die Carpathia, die der Titanic zu Hilfe eilte, lag nur die California. Aber die California stand nicht unter Dampf. Dass so viele Menschen ums Leben kamen, lag nicht an zu spät eintreffenden Hilfsschiffen, sondern an der Unterversorgung der Titanic mit Rettungsbooten. Und dass überhaupt so viele gerettet wurden lag an der vollkommen ruhigen See. Bei heftigem Wetter hätte vermutlich kein einziges Boot die 20 Meter hohe Bordwand herabgefiert werden können. Menschen aber, die bei null Grad (Salz-)Wassertemperatur in Wasser springen – es müssen mehrere hundert gewesen sein – , haben nur eine sehr geringe Überlebenschance. 3. Die Pressesensation Den Untergang der Titanic verursachte ein mittlerer Eisberg in einem zu dieser Jahreszeit ungewöhnlich ausgedehnten und überraschend südlich treibenden Eisfeld. Die Behauptung, die Tragik sei durch einen Versagen der Medien verursacht (falsch kommunizierte Warntelegramme), erweist sich indessen bei näherer Betrachtung als ein selbstreferentieller Medieneffekt. Ein Medienunfall war der Titanicuntergang schon, aber nur unter dem Gesichtspunkt der Medien selbst. Im Kontext der Vorgänge um die Titanic offenbarte sich die Verquickung von Radiotelegrafie und Massenpresse, - ein haltsloses Amalgam, das in der Folge dringend der Regulierung bedurfte. Gut anderthalb Jahrzehnte lang, von 1896 bis 1912, konnte Marconi ‚sein’ Medium – die Erzeugung, die Verbreitung und den Empfang elektromagnetischer Wellen rund um den Globus – als eine private Exklusivität behaupten. Am Anfang hatte er sogar bestritten, dass es sich bei ‚seinen’ wellen um die von Hertz gefundenen handele. Umso mehr beanspruchten die Marconisten über die Radiotelegrafie die volle Definitionsmacht und Diskurshoheit. Sie allein konnten ihr Medium „hören“ und schnellfingerig bedienen. Die darin liegende Verzerrung des 13 neuen elektromagnetischen Mediums gründet auf nicht auf Willkür oder Hybris, sondern auf der epistemologischen Undarstellbarkeit des Mediums selbst. Wie der Physiker Richard Feynman sagte: Man kann besser noch Engel abbilden als eine elektromagnetische Welle, niemand kann ihre Form ‚korrekt’ veranschaulichen.15 Skandiert wird der Arcan-Hype der Marconi-Telegrafie durch die Massenpresse, in den USA nicht anders als in Europa. Um 1910 hängt die internationale Presse mehr denn je von Marconi ab. Seit den 1880er Jahren waren die großen Linotype- und Minotypemaschinen im Betrieb, die Zahl der „Dailies“, der billigen Skandalblättchen, konnte der unersättlichen Nachfrage kaum folgen und verdoppelte sich von Jahrzehnt zu Jahrzehnt. Um 1910 erscheinen die meisten Tageszeitungen – in den USA wie in Europa – mit mehreren Tagesausgaben, Sonderblätter kommen hinzu.16 . 3.1. Sarnoff, gegenwartsvergessen. Was die Welt durch das neue Medium von der Welt weiß, erfährt sie um 1910 vor allem durch Marconi-Funker. Auf dem amerikanischen Kontinent ist einer ihrer begabtesten David Sarnoff. Die Titanictragik macht ihn berühmt; als Gründer und Chef der RCA wird er das us-amerikanische Hörfunk-und Fernsehsystem von 1920 bis weit in die 1950er Jahre hinein prägen. 1900 war der neunjährige Sarnoff als Sohn armer jüdischer Eltern nach New York gekommen. Mit 15 arbeitete er bereits in seinem ersten Job als Office Boy in der „Marconi Wireless Telegraph Company of America“. Sechs Jahre später, am frühen Morgen des 15. April 1912, sitzt der 21 jährige Sarnoff schon mit der Chefmütze in der großen Marconi Station auf dem Dach des Wanamaker Kaufhauses in New York. Von diesem Tage an wird er sein Leben lang behaupten, der erste Marconi-Funker gewesen zu sein, der die Untergangsmeldung der Titanic „gehört“ hat. „So it happened that I was on duty at the Wanamaker station in New York and got the first message from the Olympic, 1400 miles out at sea, that the Titanic had gone down. I have often been asked what were my emotions at that moment. I doubt if I felt at all during the seventy-two hours after the news came. I gave the information to the press associations and newspapers at once and it was as if bedlam had been let loose. Telephones were 15 Hagen, Wolfgang: Das Radio. Zur Theorie und Geschichte des Hoerfunks Deutschland/USA, München:Fink 2005, 9ff. 16 Vgl. Smith, Anthony: The Newspaper. An International History, London 1979. 14 whirring, extras were being cried, crowds were gathering around newspaper bulletin boards. The air was as disturbed as the earth. Everybody was trying to get and send messages.”17 Sarnoff beschreibt die Lage zutreffend. Die Massenpresse schildert den Untergang der Titanic so versessen gegenwärtig, als wäre sie dabei gewesen; als einen medialen Unfall, der gleichsam von ihr selbst verursacht wurde, insofern ihre eigenen Informationssysteme verwickelt waren. Mit der spektakulären Untergangsmeldung kann sich das alte Medium Presse zum ersten Mal mit einer Gegenwartsvergessenheit drappieren, wie sie fortan nur den neuen, den elektronischen Medien eigen sein wird. Im Fall der großen Katastrophe ist die Presse mit ihrem weltweiten Funknetz gleichsam vor Ort. Alles weitere folgt in der nächsten Tagesausgabe. Hybris der jungen Moderne. In der Mischung aus industriellen (unsinkbar, größtes Passierschiff) und medialen Superlativen soll der Leser im Augenblick der Lektüre noch das kalte Wasser spüren können. Das Gegenwartsmedium Radiotelegrafie erlaubt der Presse in diesem Fall, die Mechanismen der Interzeption und Interferenz des Mediums als Ungewissheiten einer Gegenwart zu reproduzieren, die stets neue Nachrichtenlagen über das Schicksal des Schiffes und ihrer Überlebenden möglich machen. 3.2. »All Titanic Passengers save« “Only 866 Titanic Survivors named by Carpathia – wireless search of the seas for further news”18 - Diese Schlagzeile der New York Times vom 17. April 1912 bringt die Metonymie von Todesopfern, Überlebenden und Nachrichten noch einmal auf den Punkt. 866 Überlebende sind gerettet (eine falsche Zahl), und „die drahtlose Suche nach weiteren Neuigkeiten“ hält an, so als würde jede Nachricht womöglich weitere Überlebende zeugen. Sarnoff mag der erste gewesen sein, der die Meldung vom Untergang der Titanic „hörte“. Zuerst aber empfing die Marconi Station in Neufundland, eben in Cape Race, die Message von der Titanic und dem gestreiften Eisberg und gab diese Meldung sofort an die New York Times weiter, die genau das, ohne Hinweis auf die 17 Mcbride, Mary Margaret: >Radio< by David Sarnoff as told to Mary Margaret McBride, The Saturday Evening Post, August 7, 1926, 141f. 18 Zit. nach: Hilliard, Robert L. / Keith, Michael C.: The broadcast century: A Biography of American broadcasting, Boston u.a.:Focal Press 1997, 13. 15 inzwischen entstandene akute Seenot, am 15. April in ihrer Frühausgabe auch vermeldete. Marconisten, Telefunken-Funker und sicherlich auch eine große Zahl von funkenden Amateuren verbreiten diese Meldung in wenigen Minuten über den Atlantik. In der Frühausgabe des Hamburger Echo konnte man also am 15. April lesen: „Der Dampfer ‚Titanic’ der White Star Line (…) ist (…) mit einem Eisberg auf offener See zusammengestoßen und bat um Hilfe. Eine halbe Stunde nach dem Zusammenstoß begann das Schiff zu sinken. Zwei deutsche Dampfer, ‚Prinz Adalbert’ der Hamburg-Amerika Linie und ‚Prinz Friedrich Wilhelm’ des Norddeutschen Lloyd, brachten dem sinkenden Dampfer Hilfe. Das Wetter ist ruhig, und es besteht keine Gefahr für die Passagiere. Auch die Besatzung des Schiffes ist außer Gefahr. Die weiblichen Passagiere konnten alle durch die Rettungsboote in Sicherheit gebracht werden. Nach einem Telegramm von Kap Race erhielten die Dampfer ‚Baltic’, ‚Virginian’ und ‚Olympic’ funkentelegraphische Aufforderungen, dem ‚Titanic’ Hilfe zu leisten.“19 Das dreiste Lügenmärchen von den zwei deutschen Rettungsschiffe zeigt, wie clever Journalisten mit den Unschärfen der Radiotelegrafie, ihren unklaren Quellenlagen und durcheinander gefunkten Depeschen bereits umzugehen wussten. “All Titanic Passengers save; Towing to Halifax”.20 Diese Meldung erscheint in vielen amerikanischen und englischen Zeitungen, als die Titanic bereits auf dem Meeresgrund liegt. Die Meldung selbst aber war korrekt als falsche Meldung empfangen worden. Sie war das Ergebnis von ›Interference‹, der gegenseitigen Störung von Funkstationen, Ergebnis von Chaos auf den Frequenzen. Am 21. April, sechs Tage nach der Katastrophe, gibt Captain Haddock vom Schwesterschiff der Titanic eine Erklärung für die Falschmeldung. Denn auch die Funkamateure in den USA hatten die Nachrichten von der Titanic, vor allem aber die der Marconi-Küstenstationen aufgeschnappt. Wenige Stunden nach der Katastrophe, die auch eine Katastrophe des Funks war, hatten sie sich immer stärker in die Morsetelegramme eingeklinkt und kreuz und quer Meldungen abgesetzt mit der 19 Hamburger Echo, Hamburger: Kollision des Dampfers >Titanic< mit einem Eisberg, 15. April 1912/Hamburger Echo 1912/3278HamburgerEchoKollisionTitanic 20 Douglas, Susan J.:: Inventing American Broadcasting 1899-1922, Baltimore & London:The Johns Hopkins University Press 1987., *wh/Douglas 1989/1877DouglasInventing, 227. 16 Frage: “Are all Titanic passengers safe?”21 Zur selben Zeit hatte ein anderer Dampfer namens Asian, der einen großen Öltank im Schlepp hatte, aufgrund der großen Eisberg-Gefahr jener Nächte mehrfach gemeldet: „Towing oil tank to Halifax“. Funkamateure waren die Ursache für die Überlagerung beider Meldungen, die nun, verdichtet zu einer, wiederum mehrfach empfangen und um die Welt gefunkt wurde. Damit hatte die ›Interference‹, das gegenseitige Abhören, Stören und Überlagern von Signalen auf beliebigen Frequenzen ein für die ganze Welt deutliches und unhaltbares Niveau erreicht. Wenn sich der Kreis schließt und die Newspapers im Medium der drahtlosen Nachrichten Tod und Zeit komprimieren, entsteht ein weiteres Phantasma, nämlich das der Welt-Sensation. Diesen Tatbestand erfüllte das Titanic-Desaster im vergangenen Jahrhundert das erste Mal. In allen Morgenzeitungen der Welt konnte jetzt stehen, was gestern (vielleicht noch gerade jetzt?) im kalten Eismeer geschah. Dies Phantom der Sensation produziert falsche Nachrichten, wie es heute nicht anders ist. Nur eben, im April 1912, auf allen Frequenzen zugleich. 4. Der „Radio Act“ und der Krieg Der „Radio Act“, das erste Radiogesetz der USA, wurde am 13. August 1912 verabschiedet. Der tiefe Schock des Titanic-Desasters verlangte einschneidende und schnelle Regelungen. Sie blieben bis zur Gründung der „Federal Radio Commission“ im Jahr 1927 gültig. Das Produktivste also, was die spätere Radiogeschichte zu gewärtigen hatte, nämlich die chaotische Gründungsphase des amerikanischen Radios von 1920 bis 1927, die sich (durch den 1912er Act geboten) auf einer einzigen Frequenz abspielte musste, verdankt die Mediengeschichte letztendlich also der Titanic; nämlich der us-amerikanischen Deregulierung des Marconi-Systems nach ihrem Untergang. „First. Every station shall be required to designate a certain definite wave length as the normal sending and receiving wave length of the station.“22 Das bedeutete das Ende der Willkür marconischer Sender, die, um Reichweite zu gewinnen, ihre Funken quer durch alle Frequenzbänder knallen ließen. Alle Geräte und ihre Betreiber mussten fortan eine Lizenz beim Handelsministerium erwerben. 21 Zit nach: A.a.O., 229f. 22 United States: An Act to regulate radio communication - Radio Act 1912, August 13, 1912 17 Regierungsamtliche und militärische Dienste erhielten ihren eigenen Frequenzbereich. „Every coastal station open to general public service shall at all times be ready to receive messages of such wave lengths as are required by the Berlin convention.“ Die Berliner Konvention von 1906, von Marconi und den USA bis dahin arrogant ignoriert, wird zur verbindliche Richtschnur. Auf Schiffen und Küstenstationen muss die Notruffrequenz rund um die Uhr abgehört werden. „Sixth. The distress call used shall be the international signal of distress ...---...” Ende mit Marconis seltsamen und schwer abzuhörenden privaten Notsignalen. Aber nicht Marconi, der vielmehr als Held gefeiert wurde, sondern die wild durcheinander funkenden Radioamateure waren das Hauptziel des Radio Act von 1912. Senator Smith, der das Gesetz einbrachte und auch die Titanic-Untersuchung geführt hatte, hätte Amateurfunk am liebsten ganz verboten. Jedoch gab es 1912 bereits 10 tausende von privaten und halbkommerziellen Amateurfunkstationen, - ihr Verbot wäre ein sinnloses Unterfangen geworden. Also dekretierte der Radio Act von 1912 für privaten und kommerziellen Funk eine definierte Frequenzschwelle und Sendestärke: „No private or commercial station (…) shall use a transmitting wave length exceeding two hundred meters, or a transformer input exceeding one kilowatt, except by special authority of the Secretary of Commerce and Labor contained in the license of that station”23 Damit wurde der private Rundfunkbetrieb in den USA auf eine Frequenz knapp unterhalb des Mittelwellenbandes eingepfercht. Die USA werden in neun Frequenz-Distrikte eingeteilt, und jeder Distrikt erhielt sein eigenes Büro, um Lizenzanmeldungen zu regeln. Alle Schiffe von einer bestimmten Größe ab mussten Funkbetrieb gewährleisten. Private Amateure hatten eine Lizenzprüfung zu absolvieren, und zwar bei der Navy. Damit bildet in dem folgenden Jahrfünft die Navy de facto ihre späteren Kriegsfunker aus und zwischen ihnen schließt sich ein erstes, wenn auch nie wirklich glückliches Band. 4.1. Lusitania Schon wenige Jahre später zeigte sich, was dieses Gesetz, inklusive der von der Navy initiierten korporierten Formation der amerikanischen Elektroindustrie, auf dem mittleren Wellenband zuwege gebracht hatte. Im Oktober 1915 – Europa liegt 23 Ebd. 18 bereits im Krieg – gelingt die erste Sprachübertragung von Nordamerika über den Atlantik; französische Militärs in Paris bestätigen den Empfang. Das Bündnis von AT&T und der Navy beginnt sich auszuzahlen. Amerika, das bekanntlich zunächst nicht beteiligt war, wird gleich zweimal durch „drahtlose“ Geschehnisse immer tiefer in den Ersten Weltkrieg verwickelt. 1915 war ein deutsches U-Boot vor die amerikanische Küste gelangt und hatte die Lusitania versenkt; ohne Warnung und ohne sich an der Rettung der fast 2000 Passagiere zu beteiligen. 188 Amerikaner waren darunter, und die US-Navy stellte fest, dass Fahrtroute und Position der Lusitania den Deutschen de facto über amerikanische Funkstationen bekannt geworden waren. Die Deutschen erklären im Januar 1917 einseitig den unbeschränkten U-Boot-Krieg auch gegen Amerika. Im April hören amerikanische und englische Navy-Funker den Depeschendienst des deutschen Militärs ab und entschlüsseln ein Bündnisangebot des Kaiserreichs an Mexiko. Am 6. April 1917 erklärt Präsident Wilson daraufhin Deutschland höchstförmlich den Krieg. Das treibt die Entwicklung des amerikanischen Radios weiter voran. Für den Kriegsfall verbot der Radio Act den Betrieb privater Amateurstationen. Weiterhin erlaubt der Act der Navy, dem Kongress und dem Präsidenten, die großen Stationen des Guglielmo Marconi zu requirieren und zu beschlagnahmen. „In time of war or public peril or desaster“, hatte der Radio act von 1912 dekretiert, kann der Präsident sogar enteignen, ohne den ursprünglichen Besitzer wesentlich entschädigen zu müssen. Die US-Radiotechnologie wird durch den Kriegseintritt zum ersten Mal ausnahmslos durch Amerikaner kontrolliert. ›A New Epoch‹, eine neue Epoche der amerikanischen Korporativität beginnt. 4.2. Die Navy-Bill und das Radio der Amateure Nach Kriegsende bringt der republikanischer Kongressabgeordneter namens J. W. Alexander ein Gesetz ein, das der Navy, wie unter Kriegsrecht, das gesamte System des amerikanischen Radios auch weiterhin unterstellen soll. Die Argumentation war einfach: Wenn Präsident Wilson (Koautor des Versailler Vertrages) jetzt endlich im Namen der USA Europa bekehre, so müsse diese welthistorische Aufgabe der Durchdringung der Welt mit amerikanischen Idealen auf einer geordneten und zentralisierten Radioorganisation beruhen. “When the American News and American viewpoint are to be disseminated throughout the nations, (...) the greatest good to the people of the United States as a whole will 19 accrue to them from well-regulated communications (...) at reasonable rates and without interference”24. Immer noch vor dem Hintergrund das Titanic-Desasters, für das man aus militärischer Sicht ausschließlich den ‚Dilettantismus’ der Amateure verantwortlich machte, bricht 1919 eine hitzige Debatte los. Herbert Hoover, der spätere Handelsminister, Organisator des amerikanischen Radios und 31. Präsident, folgt zunächst der Navy-Strategie. Hinter ihr steckt in Wahrheit die „AT&T“, die große amerikanische Telefongesellschaft. Sie beliefert die Navy und fürchtet das Wegbrechen ihre Pfründe. Auf der anderen Seite sehen wir Hiram Percy Maxim, Präsident der „American Radio Relay League“, den politische Kopf der Radioamateure. Er setzte sich ein für die fast 8600 bei ihm registrierten Radioamateur-Stationen und jene 125000 Mitglieder, die bereits über Sende- und Empfangsanlagen verfügten. Sein Argument: Hatten denn nicht gerade die Hunderttausend Funker im Kriege so entscheidend zum Erfolg der Navy-Operationen beigetragen? Und sollten denn nun, aus dem Dienst entlassen, deren Fähigkeiten nutzlos werden? Überdies waren Staatsräson und „Private Business“ in den USA immer schon zwei verschiedene Dinge. Unwahrscheinlich also, dass der Kongress zustimmen würde, die weitere Entwicklung einer offensichtlich höchst lukrativen Industriebranche unter Staatskontrolle zu stellen. “Not for any temporary and not for any permanent cause, or merely assumed cause, should the government be allowed to put its bungling and paralyzing hand upon private business”25 schrieb die New York Times in ihrem Editorial im Juli 1919. Und verwies süffisant darauf, dass in den drei Kriegsjahren, als die Navy (nach dem Radio Act von 1912) das Radio und Telefonmonopol innehatte, die Anschlusspreise gestiegen seien wie in keinem Jahrzehnt zuvor. In Wahrheit aber ging es dem Kongress nicht um paar zehntausend Radioamateure. Es ging um die schlichte Frage, wem die industriellen Patente der Radiotechnologie gehören sollten. Soll man sie Marconi oder den Deutschen zurückgeben? Der euphorisierte Kongress der Sieger war mitnichten bereit, diese ökonomischen und politischen Errungenschaften einer korporierten Kontrolle über 24 Zit nach Douglas, 282. 25 Zit nach Douglas, 284. 20 „The Wireless“ zurück an die ehemaligen Besitzer zu transferieren. Das war der Kern der Navy-Initiative, dem niemand widersprach. 4.3. ›Household Utility‹ Längst nämlich war die Vision eines „big business“ gewachsen, den die Radioamateure mit ihrem Bedarf nach Hundertausenden von Geräten und Bauteilen ja schon de facto erschlossen hatten. Die Nachfrage nach elektrischem Radiogerät war enorm; in den USA gingen ohnehin in den folgenden Jahrzehnten Elektrifizierung und Radioausstattung der Haushalte Hand in Hand.26 So musste man eigentlich nur ein paar einfache Rechenaufgaben vornehmen. Was, zum Beispiel, würde es für einen Umsatz und Profit ergeben, wenn nur sieben Prozent aller amerikanischen Haushalte sich ein Radio anschaffen würden? Niemand geringeres als David Sarnoff, eben noch Titanic-Pressefunker bei Marconi, hatte diese Vision schon 1915 zu Papier gebracht. Ich zitiere daraus, weil Sarnoffs Text direkt an die Phantasmen der amerikanischen Elektrizitätsgeschichte anschließt und den Bogen von Bellamys Radiovisionen zu der kommenden Formation der USRadioindustrie schließt.27 Sarnoff schreibt: „Ich habe einen Entwicklungsplan im Sinn, der das Radio zu einem Haushaltsgegenstand machen würde wie das Piano oder der Plattenspieler. Die Idee ist in jedes Haus auf drahtlosem Wege Musik zu bringen. Dies ist schon in der Vergangenheit über Draht versucht worden, aber das hat sich als Fehler erwiesen, weil Drähte in dieses Schema nicht passen. Mit dem Radio aber wird es gelingen. Nur als Beispiel – ein Radio-Telefon Sender, der eine Reichweite von sagen wir 25 bis 50 Meilen hat, kann an einem bestimmten Punkt aufgestellt werden, wo Instrumental- oder Vokal-Musik produziert wird. Das Problem der Übertragung von Musik ist inzwischen prinzipiell gelöst und deshalb können alle Empfänger, die auf die entsprechende Wellelänge eingestellt sind, dann auch eine solche Musik empfangen. Der Empfänger könnte gestaltet sein in der Form einer einfachen ›Radio Music Box‹ und zudem eingerichtet werden für verschiedene Wellenlängen, die gewechselt werden könnten durch einen einfachen Knopf. Die ›Radio Music Box‹ 26 Vgl. Nye, David E.: Electrifying America: Social Meanings of a New Technology, 1880 - 1940, Cambridge 1990. 27 Vgl. Roemer, Kenneth M.: The Obsolete Necessity: America in Utopian Writings, 1888- 1900, Kent 1981. 21 wäre mit Verstärkerröhren und mit einem Telefon-Lautsprecher ausgestattet, alles zusammen in einem Kasten. … In einem Radius von 25 bis 50 Meilen leben Hunderttausende von Familien. Und sie alle könnten von einem einzigen Sender gleichzeitig empfangen. … Das gleiche Prinzip könnte ausgedehnt werden auf zahllose andere Felder wie, zum Beispiel, auf den Empfang von Vorträgen, die perfekt hörbar wären. Baseball-Ergebnisse könnten übermittelt werden von Übertragungsstationen direkt am Spielfeldrand…“ 4.4. Die Radio Corporation of America (RCA) Die Herstellung einer „Radio Music Box“ inklusive Antenne, in großen Stückzahlen, würde ihren Verkauf für moderate 75 Dollar möglich machen. Der Hauptumsatz käme vom Verkauf der Boxen und ein weiterer vom der Verkauf der Sendeanlagen, wenn man nur genügend Werbung machte für dieses neue „drahtlose Zeitalter“. „Die Firma hätte die Arrangements für das Programm zu treffen, und ich bin sicher, dass es für Musikvorführungen, Vorträge etc. ein Leichtes wäre. Es ist nicht möglich, das ganze Geschäftsvolumen dieses Plans genau auszurechnen, aber allein in den USA gibt es 15 Millionen Haushalte. Würden nur sieben Prozent davon diese Idee gut finden, so ergäbe sich ein grob geschätztes Geschäft in der Größenordnung von 75 Millionen Dollar, was ein beträchtlicher Umsatz wäre. Abgesehen vom Profit, der sich aus diesem Vorschlag ergibt, wären die Werbemöglichkeiten für die Firma enorm; denn ihr Name würde ultimativ in jedem Haushalt präsent sein und das Prinzip ›wireless‹ würde eine nationale und universelle Aufmerksamkeit erlangen“28. David Sarnoff beschreibt in diesem Paper den »business plan« des kommenden US-Radios. Die Programme sollen (und werden auch tatsächlich über Jahre hin) von den Firmen finanziert, die Radiogeräte herstellen. Diese eindrucksvolle und mit präzisen Zahlen bewehrte Vision aus dem Jahr 1915 reichte aus. Im Kongress-Streit wurde das Papier noch einmal allen Abgeordneten zugänglich gemacht. So kamen im Frühjahr 1919 David Sarnoff (inzwischen sein eigener Chef im enteigneten Marconifunkhaus) und einige Herren aus der Industrie unter Leitung eines gewissen Franklin D. Roosevelt zusammen, um aus den Liegenschaften der „American Marconi Company“ unter Zahlung einiger kleinerer Abfindungen und Androhung größerer Vergeltungen die „Radio Corporation of 28 Archer, G. L.: History of Radio to 1926, New York 1938, 84ff. 22 America“ zu gründen, die (auch noch heute existierende) RCA. Auf dem Chefsessel wird sehr bald Platz nehmen – David Sarnoff. Im Oktober 1919 war der Gründungs-Deal komplett und besiegelt, und letztlich hatten alle gesiegt: die Navy, die nunmehr zwei nationale Konzerne beauftragen konnte, nämlich AT&T und RCA. Alle wesentlichen Radiopatente waren in amerikanischer Hand: Reginald D. Fessendens Wechselstromsender nebst der inzwischen zur Serienreife gelangten Röhrensendern Edwin Armstrongs und Lee de Forests29, auch das Lichtbogensender-Patent des Dänen Poulsen, sowie alle weiteren aus Marconis ursprünglichem Besitz. Beste Voraussetzung für einen korporativen Start des Unterhaltungsradios ab 1920. 29 Reginald D. Fessenden, ein Amateur-Ingenieur, hatte einen der ersten funktionstüchtigen Wechselstromsender entwickelt; Lee de Forest gelang die Entdeckung der Radio-Verstärker-Röhrer um 1906; Edwin Armstrong hatte eine spezielle Verstärkerschaltung entwickelt, die den Betrieb von Röhrensendern erlaubte. Alle drei fundamentalen Patente landeten bei „AT & T“ und „RCA“.