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J U B I L Ä U M S - PR E I S A U S S C H R E I B E N In diesem Heft sind 7 antike Abbildungen vonArz n e i p f l a n z e n versteckt (unten links auf dieser Seite finden Sie das erste Bild). Wenn Sie die Anfangsbuchstaben der botanischen Namen der Pflanzen in der Reihenfolge ihres Auftretens aneinanderreihen entsteht das Lösungswort. Für die fünf ersten richtig eingesendeten Lösungen des Rätsels werden folgende Jubiläumspreise vert e i l t : 1. Preis: 1 Gudjons Therapeuten-Set in C1000, 2. Preis: 1 Gudjons Therapeuten-Set in C200, 3. Preis: 1 Gudjons Therapeuten-Set in C30, 4. Preis: 1 Haus-Apotheke á 25 Arzneien mit Buch, 5. Preis: 12 Notfallmittel im ledernen Reißverschlussetui. Mitarbeiter der Firma Gudjons können nicht an der Verlosung teilnehmen. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Bitte senden Sie Ihre Antwort per Postkarte oder Mail bis spätestens 21.6.2007 an uns (Adresse siehe unten im Impressum). Die Gewinner werden persönlich benachrichtigt und im nächsten G u d j o nsaktuell bekanntgegeben. Die antiken Pflanzenbilder des Preisausschreibens sind ein kleiner Teil der über 4000 Pflanzenbilder, die Sie ab sofort auf unserer Homepage finden können: www.gudjons-apotheke.de Klicken Sie dann auf “Pflanzenbilder”. Weiteres zu den Pflanzenbildern finden Sie auf der letzten Seite dieses Heftes. IMPRESSUM Herausgeber: Gudjons-Apotheke, Wankelstrasse 1, 86391 Stadtbergen Tel.: +49 821 4441000 • Fax: +49 821 4441001 e-mail: apotheke@gudjons.com • Internet: www.gudjons-apotheke.de © Gestaltung: Christian Korn, Feuerbachstrasse 6a, 84034 Landshut • www.apanoua.de Abbildungen: von den Autoren zur Verfügung gestellt. Titelseite und Hintergrundbild Innenseiten: MEV Vol. 9 / Nr. 1– 03/2007 I N H A LT Nunc vos potentes omnes herbas deprecor, exoro vos maiestatemque vestram, quas parens tellus generavit et cunctis gentibus dono dedit medicinam sanitatis. Jetzt rufe ich euch an, ihr mächtigen Kräuter, und ich flehe zu eurer Majestät: denn euch hat die Mutter Erde erzeugt und allen Völkern als Arznei zur Heilung geschenkt. (Anruf der Rhizotome des Altertums, ehe sie sich ans Werk begaben) zu finden mit Quellenangabe in Julius Mezger Gesichtete Homöopathische Arzneimittellehre, Bd. I, 3. Seite Editorial ........................................................................... 2 Arzneiherstellung im Labor Gudjons von Brita Gudjons . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 – 10 Erlebte Arzneien von Dr. P. Strub, Dr. P. Mattmann, Dr. B. Bichsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 – 16 Erlebnisbericht der Phosphor-Verreibung von Dr. P. Strub. und Dr. J. Hodel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 – 19 Phosphor: In der Ambivalenz von Licht und Schatten – Leuchten und ausgebrannt sein von Dr. M. M. Hadulla und T.A. Pfeil . . . . . . . . . . . . . . 20 – 26 20 Jahre GUDJONS – Jubiläums-Angebote Britas Bilder Bibliothek ........... 27 – 28 ................................................... 29 1 EDITORIAL m 9. und 10. April 1987 habe ich Mezereum, den Seidelbast, als erste Arznei durch Verreibung der frischen Zweigrinde von Daphne mezereum auf C1, C2, C3 hergestellt. Diese Arbeit fand in der Apotheke am Atzelberg in Frankfurt zufällig zu Hahnemanns Geburtstag statt. A Wie schnell sind diese 20 Jahre vergangen! Die Zeit fließt schneller und schneller dahin. 24 Stunden sind schon lange nicht mehr, was sie einmal waren. Immer wenn ich von meiner Arbeit aufschaue, so wie ein Maulwurf, der gelegentlich einmal aus der Erde in das Tageslicht eintaucht, ist wieder 1 Jahr vorbei. Wie kann das sein? Was geht hier vor? Hat sich die Qualität der Zeit verändert? Nach meinem Erleben ja. In dieser Jubiläums-Ausgabe von Gudjons-aktuell finden Sie eine Beschreibung der Entwicklungsstufen des Labors und die Geschichte meiner Arzneiherstellung, die zu einem guten Teil auch meine Geschichte ist. Arzneiverreibung hat mein Leben ganz besonders geprägt. Frau Dr. Barbara Bichsel analysiert und erklärt die Arzneiverreibung aus dem Erleben und Denken heutiger homöopathischer Ärzte. Die Veränderung der Zeitqualität sehe ich am deutlichsten in der Erweiterung des Bewusstseins der Menschen von heute, was sich auch in dem genannten Artikel andeutet. Ein Geburtstagsgeschenk von Herrn Dr. Hadulla, ein Päckchen Phosphor, finden Sie auf Seite 20 und die Geburtstagsbonbons an Sie, meine verehrten Leser und Freunde der Homöopathie, können Sie auf der letzten Seite auswickeln… B. Gudjons 2 ARZNEIHERSTELLUNG VON IM LA B O R G U D J O N S BR I TA GUDJONS ie Herstellung homöopathischer Arzneien ist mit meiner Biographie so eng verwoben, dass ich beides nicht mehr voneinander trennen kann. In diesem Sinne ist auch die Geschichte zu verstehen, die ich Ihnen hier erzähle. D Professor, waren sich darüber einig, dass es sich dabei um etwas Obskures handele und man pharmazeutisch gesehen lediglich über die Verdünnungsunterschiede zwischen D- und C-Potenzen und die Technik des Vorgehens beim Potenzieren reden könne. „Wir leben in einer ganz besonderen, jedoch sehr Als junge Apothekerin bekam ich Mitte der 70er gefährlichen Zeit, in der eiJahre eine nicht diagnosne neue globale Kultur altizierbare Erkrankung. len Widerständen zum Das war der erste Anlass, Trotz allmählich Gestalt andie Methoden der Schulnimmt. Die Integration medizin zu hinterfragen menschlicher Kultur und und alle zu dieser Zeit bemenschlichen Wissens ist kannten naturheilkundlidie Herausforderung unchen Methoden kennen zu serer Zeit. Es ist unbedingt lernen. Dadurch kam ich erforderlich, dass dieser mit den Themen und MeProzess sich auf der Ebethoden der Heilpraktiker ne der Wissenschaften vom und Ärzte für NaturheilHeilen vollzieht. Heilen weisen in Berührung und bedeutet stets, zur Einheit wurde 1978 selbst Heilfinden. Wenn unser heilpraktikerin. Eine dieser kundliches Wissen nicht „alternativen Methoden“ integriert werden kann, war die Homöopathie. wie können wir als MenDie Tür zur Homöopathie Apotheke am Atzelberg in Frankfut am Main schen untereinander zur öffnete mir Dr. Mathias Einheit finden?“ Dorcsi 1976 in einem Seminar in Baden bei Wien Diese Zeilen, dem Vorwort eines Buches über ayurvedische Kräuterheilkunde1 entnommen, seien als Einleitung gewählt, da sie ebenso für die Homöopathie gelten. Als Mitte der 60iger Jahre die Entscheidung zu meinem Pharmaziestudium fiel, konnte ich die Integration menschlicher Kultur und menschlichen Wissens weder denken noch ahnen. Mein Weltbild wurde gerade durch das universitäre und materiell-mechanistische Denken strukturiert. Im Studienablauf gab es ein paar Tage, die der Homöopathie gewidmet waren. Alle Studenten, auch der – und eine unglaubliche Heilung durch 3 kleine weiße Zuckerkügelchen. Die Vorträge von Dr. Dorcsi beeindruckten mich derartig, dass ich in eine regelrechte Seminareuphorie verfiel. Dieser Zustand, scheinbar bedingt durch den Eintritt in neue Welten, löste eine Sucht aus, die ich nur durch Teilnahme an allen damals angebotenen Homöopathie-Fortbildungen befriedigen konnte, angefangen von den Repertorisationskursen auf Spiekeroog mit Dr. Künzli, Dr.von Ungern-Sternberg und Dr. Tiedemann, die Bad Brückenauer A-B-C-Kurse und solchen im Kran- 3 AR Z N E I H E R S T E L L U N G kenhaus für Naturheilweisen in München Harlaching unter Dr. Braun und Dr. Zimmermann bis hin zu den Homöopathie-Tagen auf Schloss We idenkam von Dr. Stübler. Tagungen bei der Fa. Wala und Weleda eröffneten mir den Blick in die Geisteswissenschaften. IM LABOR GUDJONS Die ersten zehn Jahre nach meiner Bekanntschaft mit der Homöopathie konnte ich mich unglaublich darüber ärgern, dass ich nicht verstehen konnte, wie sie funktioniert. Dieser Ärger wandelte sich langsam in dem Maße, wie ich bereit war anzuerkennen, dass sie wirkt, auch wenn ich nicht wusste, wie! Das, was hier in drei Zeilen steht, war ein jahrelanges, zähes Ringen, den Standort zu halten, der da hieß: der Mensch weiß alles und kann alles, und wenn vielleicht auch nicht heute, so doch sicher morgen, garantiert. Wetten, dass… Die Bücherberge um mein Bett herum wurden immer höher. 1978/79 fing ich neben meiner täglichen Apothekenarbeit in einer Heilpraktikerpraxis mit dem Ausarbeiten von Anamnesen an, damals noch mit den Repertorisationsbögen, die der eine oder andere Diesen Standort von Ihnen sicher musste ich dann noch kennt. Die endlich aufgetägliche Beratung ben, oder besser in der Apotheke gesagt, in einen wurde zu einer Ort der Demut Homöopathieumwandeln, der Beratung und danun heißt: Ich mit zu meinem weiß, dass ich Rettungsanker. nichts weiß. Wie hätte ich sonst ApothekeZu einem zenApotheke am Atzelberg in Frankfurt am Main rin bleiben köntralen Thema nen, wenn mir wurde die Frage: „Was ist Materie? Was potenziemeine allopathischen Mittel und Ärzte nicht einren wir eigentlich? Und was geschieht mit der Mamal selber helfen konnten? terie in diesem Prozess?“ In einem mir selbst zunächst unbewussten, langDie Berge der Bücher um mein Bett herum wursam fortschreitenden Prozess bildeten sich Wege den noch höher…. zu den neuen Themen meines Lebens. Dieser ProDie Antwort auf die Frage: „Was ist Materie?“ suchzess war begleitet von einer Umwandlung meines te ich bei den Schöpfungsmythen der verschiedeBewusstseins und Weltbildes: aus der Welt der Nanen Religionen und in der Physik, bei den Schaturwissenschaft meiner Studienzeit zu einer Welt manen der Indianer und Hawaianer, bei Rudolf der Energiestrukturen als Information in mateSteiner und Frau Blawatzki, bei Alchemisten und riellen und materiefreien Zuständen und geistesin den Veden… wissenschaftlichen Sphären. Es ging auch darum, eine rational lineare Denkweise zu verlassen. Es ging um ein Bemühen eines nichtlinearen Vorgehens mit intensiver Sicht auf das Ganze anstelle von Betrachtung und Analyse „mikroskopischer Teile“2. 4 Auf dem Weg von fester Materie zu Schwingungsmustern, von Naturwissenschaft zu Geisteswissenschaft fand ich Tore zu vielen verschiedenen Welten in unserem Kosmos. ARZNEIHERSTELLUNG In all diesen Welten erhielt ich kostbare Geschenke für meine spätere Arbeit mit den Pflanzen und Arzneirohstoffen. Mit Staunen und Ergriffenheit lernte ich aus den Büchern von indianischen Schamanen, wie dem vom „Weißen Adler“, den Umgang mit Pflanzen und allen Wesen der Natur. IM LA B O R G U D J O N S Meine Lehrer der Homöopathie Die Lehrer der Kurse A-B-C und anderer Tagungen waren, wie auch heute, unsere Therapeuten, Ärzte und Heilpraktiker. Sie waren bereit, alle erdenklichen Fragen zu beantworten. Durch mein intensives Verhältnis zur Homöopathie und den Wunsch, ihr zu dienen, entCapra verblüffte mich mit der Aussage, das Entstanden persönliche Kontakte zu diesen Lehrern. stehen der kleinsten Materieteilchen vorwärts und Aus heutiger Sicht kann ich sagen, die Väter meirückwärts in der Zeit erinnere ihn an den Tanz des ner Arzneiherstellung waren Dr. Klunker, Dr. StübShiva3. ler, Dr. Gypser und Raimund Der “Tanz des Friedrich KastShiva“ wurde zur ner. Nichts, aber Weichenstellung auch nichts habe in der Hinduich selbst erfunPhilosophie und den. Ich habe alden Veden. les nur nachgeBei Maharshi, macht, Fragen dem Meister vom gestellt und die Berg Arunachala Antworten verarin Tiruannamalai beitet. Eine beProf. Junius in der Apotheke beim Atzelberg erkannte ich das deutende Frage „Ich bin“, das war: Was macht die Qualität der Arznei aus? mich zurück zur Mystik des Christentums führte. Dr. Gypser wusste immer Themen in der HomöoYoganada half mir, ein nicht lineares Denken zu pathie, die der weiteren Erforschung bedurften, um akzeptieren. „die Homöopathie dort auf feste Säulen zu stellen, Bei Frau Dr. von Ungern-Sternberg in Bochum wo der Untergrund sumpfig war“, wie er zu sagen lernte ich die Bedeutung der Intention als entpflegte. Ulrike Schober, Andreas Grimm und ich scheidende Energie zu erkennen, die den Wert der bildeten eine kleine Arbeitsgruppe, die unter seiGedanken und Taten in unserem Leben bestimmt. ner Anleitung unklare Quellen von Ausgangssubstanzen bearbeiteten. So entstanden die Artikel Von Dora Schmidt–Nagel, die bekanntlich eine Anüber Bryonia, Murex, Causticum, Hekla lava und hängerin der Hindu-Philosophie war, lernte ich, die Spinnen, die in den Zeitschriften AHZ und KH den Wert einer Arbeit mit der Arznei in einem meveröffentlicht wurden. ditativen Zustand schätzen. Das sind nur einige Beispiele, die sich nicht alle auf die Vorbereitung zur Arzneiherstellung, sondern auch auf meine persönliche Weiterentwicklung auswirkten. Herr Dr. Gypser hatte sich mit der Entstehung der Repertorien und der Herkunft der einzelnen Teile aus Arbeiten verschiedener Ärzte, wie z.B. Hahnemann, Kent und Hering, genauer befasst und 5 AR Z N E I H E R S T E L L U N G wusste daher, dass Prüfungssymptome gleicher Arzneien aus Prüfungen verschiedener Ärzte stammten und die Übereinstimmung der Ausgangsstoffe zur jeweiligen Arznei nicht immer gegeben war. Es ist ja leicht nachzuvollziehen, dass der Therapeut die Arznei für seinen Patienten verwenden möchte, die die Symptome im Repertorium verursacht hat. Ein Gedanke, der den Autoren des HAB zunächst fremd war. Hier ist zu erkennen, warum Hahnemann seinen Patienten die Arznei aus eigener Hand geben, ja diese selbst herstellen wollte (§264, Organon der Heilkunst, VI Aufl.). Die Herstellung Im Rückblick sehe ich deutlich, dass Lebensumstände, Bekanntschaften, Informationen wie von unbekannter Hand gesteuert, zur Herstellung von Arzneien nach Hahnemanns Vorbild führten. IM LABOR GUDJONS zeugte mich, mit den Q-Potenzen anzufangen. Es erschien mir auch logisch, die Arzneien herzustellen, die Hahnemanns letztem Entwicklungsstand entsprachen. So entstand am 9. und 10. April 1987 Mezereum als erste Arznei durch eine Lactose-Verreibung C1, C2, C3 und den anschließenden Schritten, wie im §270, Organon der Heilkunst, VI. Aufl., beschrieben. Damals war mir gar nicht aufgefallen, daß der 10. April Hahnemanns Geburtstag war. In den folgenden 10 Jahren wurde Hahnemanns Geburtstag in jedem Jahr mit den Ärzten meiner Umgebung ausgiebig gefeiert. Beim Verreiben von Mezereum fühlte ich mich von einem heißen Wüstenwind angeblasen. Beim Verreiben von Symphytum entstand der Eindruck, in ein wunderweiches, kühlendes Gel eingehüllt zu werden. Bei einer Feier am Bodensee 1983 hatte Dr. Klunker Apotheke am Atzelberg in Frankfut am Main Mit Dr. Gypser als Mentor geäußert, es solle doch jeund Diskussionspartner mand alle wichtigen Arzneien mit sauberer Dozum Thema „wie stellt man eine optimale Arznei kumentation nach Hahnemanns Angaben herstelmit hoher Qualität her“, entstanden im ersten Jahr len. Ich fühlte mich als einzige Apothekerin zwietwa 80 Arzneien bis Q 12. Die erste Beurteilung schen den anwesenden Ärzten genauso angeder Wirkungsweise der Arzneien durch bekannte sprochen wie 1976, als Dr. Künzli auf Spiekeroog Ärzte fiel sehr gut aus. sagte, es solle doch ein Apotheker in Deutschland Auch nach Beginn der Arzneiherstellung besuchdie Hochpotenzen von Schmidt-Nagel importieren, te ich Homöopathie-Fortbildungen. Oft begleitete damit die deutschen Ärzte leichteren Zugang zu den ich Dr. Gypser auf seinen Seminarreisen z.B. in die Mitteln hätten. Schweiz und nach Italien oder nahm an seinen Nach meinem Kenntnisstand der besuchten FortFortbildungen in Baden-Baden und später an seibildungsveranstaltungen dachte ich zunächst an die ner v. Boenninghausen Arbeitsgemeinschaft teil. Herstellung von C-Potenzen. Peter Bartel über- 6 ARZNEIHERSTELLUNG Die Ausgangsstoff e C-Potenzen entstanden erst ab 1988 durch Auflösen der C3-Verreibung nach einer Hahnemannschen Angabe (CK, Bd. 3). Von C4 bis C1000 wird handverschüttelt im Verhältnis 1 Tropfen zu 100 Tropfen in eigens dafür hergestellten 7,5ml Flaschen. Mit diesen Flüssigkeiten werden Globuli direkt imprägniert: C6, C12, C30, C200, C1000. Später, nach HAB, wird die Verreibung bis C6 fortgesetzt und von da aus flüssig potenziert. IM LA B O R G U D J O N S den weißen Dämpfe mit phosphorisierenden grünen Funken darin vermittelten das unheimliche Gefühl, in einer mittelalterlichen Hexenküche zu stehen. Essigsäure wurde aus Weinessig destilliert. Für Calciumfluorit wurde das Mineral als Rohstoff ausgewählt. Graphit wurde aus einem Graphitstück hergestellt, das aus dem Museum der Graphitmine im englischen Cumberland stammte (CK III S. 291). Für die Rohsubstanz zu Hekla lava unternahm ich eine Reise nach Island, wo sich der Vulkan namens Hekla befindet. Aloe soccotrina stammt von der Insel Soqotra, die im Indischen Ozean s üdlich vom Jemen liegt. Diese Abenteuerreise unternahm ich in Begleitung von Herrn Dr. J. Wachsmuth, der lange im Jemen gearbeitet hatte. Die Ausgangsstoffe werden sorgfältig nach den Angaben in „Hahnemann: Chronische Krankheiten, Bd. 1-5 (CK)“ und in „Hahnemann: Reine Arzneimittellehre, Bd. 1-6 (RAL)“ ausgewählt und frisch verrieben. Ebenso wird mit Die Mitglieder der Bönninghausen-Arbeitsgemeinschaft am 6. Mai 1995 Arzneien, die zu Flüssigkeiten verim Parkhotel am Schloß in Ettringen/Eifel Zeiten von Hering fahren. Dabei wird und anderen Prüfern Eingang in die Therapie fanein Tropfen einem Gran gleich gesetzt. Um die Zuden, wurden nach alten Synthesevorschriften von sammensetzung der Ausgangsstoffe exakt mit der Herrn Venzago, einem Schweizer Chemiker, im der Erstprüfung in Übereinstimmung zu bringen, Apothekenlabor der Apotheke am Atzelberg in werden Hahnemanns Herstellungsvorschriften geFrankfurt hergestellt, die ich damals betrieb. nau nachvollzogen. Es sollten die gleichen Ve r u nJede Arznei hat ihre eigene spannende Geschichte. reinigungen entstehen, wie bei Synthesen in seiner Zeit. Phosphorsäure wurde aus Rinderkno1990 erteilte mir die zuständige Aufsichtsbehörchen hergestellt (CK V S. 79). Kalium carbonicum de in Darmstadt auf Antrag eine Herstellungserüber eine Siedeperle, die sich im Keller über Winlaubnis nach Hahnemanns Arbeitsweise, die ich geter verflüssigte (CK IV S. 1). Phosphorus entstand nau beschrieben mit Kopie der Originalliteratur durch Verreibung von gelbem Phosphor mit aneingereicht hatte. gefeuchteter Lactose (CK V S. 1). Die aufsteigen- 7 AR Z N E I H E R S T E L L U N G Umzug nach Bayern IM LABOR GUDJONS tionen, SOPs, Spezifikationen der Ausgangs- und Endprodukte, Analysenergebnisse aller eingehenden Stoffe, Stabilitätsuntersuchungen von Teil- und Endprodukten, sowie Anbruchstabilitäten, Wa rtungsverträge und Validierung der Geräte und verwendeten Software. Registrierungen und Ablage von Dokumentationsblätter der täglich hergestellten Arzneien, auch wenn es nur eine einzige war (mit je 3 Unterschriften) füllen nun meterlang die Regale in Büro und Keller. Das dämpft den Enthusiasmus und die Arbeitsfreude erheblich, treibt die Kosten in die Höhe und verwandelt einen Arzneihersteller in einen Papierfabrikanten ... 1993 verlegte ich die Arzneiherstellung nach Stadtbergen in ein dafür eigens errichtetes Gebäude. Dieses war unter der Beratung der Aufsichtsbehörde, der Regierung von Schwaben, nach den bestehenden Gesetzen gebaut worden. Die Beamten der bayerischen Aufsichtsbehörde bestätigten die Herstellungserlaubnis aus Hessen. Durch den Umzug und die Herstellung außerhalb der Apotheke wurde ich zu einem pharmazeutischen Unternehmer und war dadurch den Gesetzen für Arzneihersteller unterworfen. Die zunehmend straffere Gesetzgebung für Pharmazeutische UnternehAuf Betreiben eimer sorgte anhalnes Mitbewerbers tend für Arbeit wurde die Gültigdurch Umstellung keit meiner Herin der Laborausstellungserlaubrüstung. Die Annis angefochten, passung an die Labor Gudjons in Deuringen die ich anschlieGMP-Richtlinien ßend nach einem verlangte Luftfilter-Einheiten an den Arbeitsplätzen, 3-jährigen Prozess mit dem BundesgesundheitsKlimaanlagen, Einteilung nach Hygienezonen, weiamt verlor. Jetzt habe ich eine Herstellungsertergehende Dokumentationen der Arbeitsabläufe, laubnis nach §13 AMG. In Deutschland kann ein regelmäßige Schulung der Mitarbeiter und eine Arzneihersteller seine Arzneien nur vertreiben, unübersehbare Menge von SOPs (Standard Opewenn er nach dem gültigen Arzneibuch, in meirating Procedure = genaue Beschreibung aller Tänem Fall dem HAB, arbeitet. tigkeiten im Hause einschließlich Putzbeschreibungen und Protokolle für tägliches Abzeichnen). Das gültige Arzneibuch manifestiert die Interessen Alle geforderten Punkte umzusetzen war nur durch der pharmazeutischen Großhersteller und wurde einen externen Berater möglich. Langfristig stellvon Pharmazeuten und nicht von Homöopathen gete ich einen versierten Kontroll- und Herstelschrieben. Es bedeutete für mich einen ziemlichen lungsleiter ein. Spagat, die Qualität zu halten. Weil ich angetreten Es vergingen Jahre, bis alle Anforderungen der diesbezüglich erlassenen Gesetze umgesetzt waren. Das Labor benötigte danach 25-30 % mehr Mitarbeiter zur Pflege der geforderten Dokumenta- 8 war als „die arzneiherstellende Hand Hahnemanns, die die Medizin für den kranken Menschenbruder herstellt“ (§265, Organon der Heilkunst, VI. Aufl.). Wie kann man ein Küchensalz, das zu Hahnemanns ARZNEIHERSTELLUNG IM LA B O R G U D J O N S Zeiten wohl am ehesten ein Bergsalz war, durch ein chemisch reinstes (!) NaCl ersetzen (CK IV, S. 347)? Um nur ein Beispiel zu nennen. Alle bis dahin aufwändigen Unternehmungen, getreu unseren alten Klassikern zu arbeiten, war damit nicht nur vorbei, sondern verboten. übernommen und bei Wiederholen des Prozesses vervielfältigt und verfeinstofflicht. Ab 1998, im Zuge des BSE-Wahnsinns in Europa, bedurften alle tierisch-organischen Arzneien, zu denen auch die Nosoden zählen, einer Registrierung für den Vertrieb. Eine Registrierung bei unserer staatlichen Gesundheitsbehörde zu erlangen, ist ein weiteres großes und kostenaufwändiges Kapitel, das ich hier nur andeuten möchte. Nachdem ich zunächst ganz natürlich damit umgegangen war, wurde mir plötzlich der außergewöhnliche Charakter dieses Zustandes mit einem gewaltigen Schrecken bewusst. „War ich reif für die Psychiatrie?“ Schon bei der ersten oben genannten Verreibung von Mezereum erlebte ich zu meiner Überraschung eine Reihe von Symptomen. Gleichzeitig sah ich wie in einem Tagtraum Bilder, Diese Tatsache die im Zusamführte zu erheblimenhang mit der chen Beulen in Arznei zu stehen meinem Emotioschienen. Es entEingang zum Labor Gudjons nalkörper mit wickelte sich ein Folgen auf den physischen Anteil meiner We n i gFrage und Antwortspiel mit dem Wesenhaften der keit. Arznei, wobei die Antworten in Bildern erschienen. Menschen wie Frau Dr. von Ungern-Sternberg, Raimund Kastner und Dr. Stübler, denen ich den Verdacht gestanden hatte, trösteten Ve rreibungen mich mit der Antwort: „Es Den optimalen Aufschluss ist alles in Ordnung, es hander Rohsubstanz erhält delt sich um die Realität eiPapierkriegerin im Labor Gudjons man durch eine Ve r r e iner anderen Ebene.“ Trotzbung, wie Hahnemann sie dem habe ich ein paar Jahre lang nicht öffentlich unter anderem in § 270 seines Organons der Heilüber diese Angelegenheit gesprochen. kunst VI. Auflage beschreibt. Dabei werden die Bei den täglichen Verreibungen entstand eine Art Strukturen des Stofflichen auf eine geheimnisvolvon Begrüßungsritual und Bitte um Mitarbeit des le Art und Weise vom Kristallwasser der Lactose Arzneiwesens bei der Herstellung einer Arznei für 9 AR Z N E I H E R S T E L L U N G die Menschen. Mein Gruß war ein Strahl von Liebesenergie aus meinem Herzen, den ich in dem meditativen Zustand bei der Arbeit genauso sehen konnte, wie die Reaktion der Arzneiwesen und ihre Gaben, die sie auf meinen Wunsch in die Reibeschale legten. Alle Wesen reagierten mit Freude und Dankbarkeit. Gerade der Ausdruck ihrer Dankbarkeit hat mich oft bis zu Tr änen gerührt. Das Ergebnis dieser Begegnungen sind acht gefüllte Aktenordner mit Notizen und Verreibeberichten sowie den Protokollen der Ve r r e ibe-Seminare für Therapeuten, die eben das selber einmal erleben wollten. IM LABOR GUDJONS Bis heute weiß ich nicht genau, woher die Bilder, die wahrgenommen werden, stammen. Da ich den Namen der Arznei nenne, wenn ich die Verreibung beginne, mag es das Energiefeld der Substanz sein. Ein altes alchemistisches Geheimnis, das man in Goethes Faust lernen kann. Dr. Stübler meinte, es gehe auch biographisches Material mit ein. Beim Ve r r e iben eines Krebsgewebes habe ich feststellen können, daß mein Bewusstseinsfeld oder der Ort der Wahrnehmung nicht im Bereich meines Körpers liegt. Vi e lleicht verbinden wir Menschen uns mit dem Feld der Ideen, wie Plato das genannt hat. Labor Gudjons – Ostansicht Fussnoten: 1. S.1 Vasant Lad, David Frawley: Die Ayurveda PflanzenHeilkunde – Windpferd Verlag ISBN3-89385-002-3 2. S. eben da 3. Fritjof Capra: Das Tao der Physik, ISBN 3-502-67092-7 4. Causticum: Zeitschrift für Klassische Homöopathie (ZKH)Bd. 33 1989 Heft 2 Haug Verl. Heidelberg 5. Murex: ZKH Bd. 36 Heft 2 1991 Haug Verl. Heidelberg 6. Mittel aus Spinnen: ZKH Bd 39 1995 Heft 5 Haug Verl. Heidelberg 7. Hekla lava : ZKH Bd 37 1993 Heft 1 Haug Verl. Heidelberg 8. Bryonia: ZKH Bd. 35 Heft 2 1992 Haug Verl. Heidelberg 10 ER L E B T E A R Z N E I E N ( D I E AR Z N E I M I T T E L F O R S C H U N G S M E T H O D E D E R I N T E R E S S E N G E M E I N S C H A F T H OMÖOPAT H I E UND GEISTESWISSENSCHAFTLICH E RW E I T E RTE HAUSARZTMEDIZIN) VON DR . P. S TRUB , DR . P. M ATTMANN, D R. B. BICHSEL or 15 Jahren fanden sich im Anschluß an Seminarien, die von Dr. A. Masi-Elizalde in Deutschland und der Schweiz gehalten wurden, einige wenige interessierte homöopathische Ärzte, um sich dem vertieften Studium der homöopathisch verwendeten Arzneimittel zu widmen. Im Laufe der Jahre entstand daraus die Interessengemeinschaft Homöopathie und geisteswissenschaftlich erweiterte Hausarztmedizin. Aktuell ge– hören der Gruppe Ärzte, Apotheker, Tierärzte und Heilpraktiker an. V von Polychresten, damit wir diese besser verstehen und gezielter einsetzen können. Andererseits möchten wir Arzneimittel erarbeiten, die in unserem Kulturkreis seit längerer Zeit als Heilmittel bekannt sind, aber schlecht oder gar nicht homöopathisch geprüft sind. Im Herbst 2006 führten wir ein Theorie- und Methodikseminar durch, um im Hinblick auf die Darstellung unserer Arbeit am LIGAKongress in Luzern im Oktober 2006 unser Vorgehen zu überdenken und zu Anfänglich beardokumentieren. beiteten wir die Der nachfolgende Arzneimittel nach Text ist eine geden Vo r g a b e n kürzte Fassung von Dr. A. Masiunserer darauf Elizalde. Im Lauverfassten MethoWährend des Methodikseminares, Casina della Burraia September 2006 fe der Arbeit wurdikschrift. Die dade uns bewusst, dass wir die Betrachtung durch ran anschließenden Berichte vom Phosphorsegenaues Studieren der Ausgangssubstanz einerseits minar sollen einen Einblick geben in Stimmung und durch einen intuitiven Zugang zur Substanz und Dynamik während eines dieser Seminarien. andererseits erweitern müssen. Für letzteres drängKontakte zu unserer Gruppe sind möglich über te sich die Verreibungsprüfung auf. Im Seminar www.IGEH.ch über Mandragora im Mai 2000 wurden wir von Brita Gudjons in die korrekte Technik der ArzMethodik neimittelverreibung eingeführt. Seither ist die VerFür die Verschreibung eines homöopathischen Mereibung bis zur C3 ein wesentlicher Bestandteil dikamentes ist nach den Regeln der Homöopathie während unserer Seminarien. die Ähnlichkeit zwischenKrankheitsbild und Seit 10 Jahren führen wir nun Seminarien zur Erdem Arzneimittelbild maßgebend. Ähnlichkeit arbeitung von bekannteren und weniger bekannbezeichnet die Übereinstimmung im Wesen, die anten Arzneimitteln durch; u.a. bearbeiteten wir Nahand von charakteristischen, eigenheitlichen und trium muriaticum, Sepia, Lycopodium, Phosphor, besonderen Symptomen gefunden wird. Kalium carbonicum, Quercus, Castanea, Taxus, In homöopathischen Kreisen wird zwar immer wieDrosera und Hedera nach dieser Methode. Unseder darüber gestritten, ob dasArzneimittelbild re Schwerpunkte sind einerseits die Erarbeitung 11 ERLEBTE ARZNEIEN neben der Symptomenreihe seine Berechtigung habe und vor allem, ob das Arzneimittelbild „hahnemannkonform“ sei oder nicht. Er selber spricht zwar im Organon öfters von Krankheitsbildern und dem Aufsuchen von ähnlichen Gegenbildern in der Materia medica, nie aber explizit von Arzneimittelbildern. Wie auch immer Hahnemanns Auffassung darüber gewesen sein mag, wer den Begriff “Ähnlichkeit” ernst nimmt und zwischen “ähnlich” und “gleich” so wie auch zwischen “Bild” und “A b b i l d” zu unterscheiden weiß, der wird einsehen, dass die Homöopathie nicht ohne Arzneimittelbilder ausgeübt werden kann. Unbestritten bleibt meist auch, dass die Homöopathie einer phänomenologischen Betrachtungsweise entspricht. So suchen die meisten Autoren aus der Fülle der Symptome die – von ihrer Sicht aus – “auffälligsten, sonderlichsten, usw.” Symptome auf, um von diesem Standpunkte aus, die übrigen darum herum in Themen zu ordnen und zu interpretieren. Dabei ergibt sich meist ein einleuchtendes Bild, sofern man gewillt ist, den Standpunkt des Autors einzunehmen. Doch nur schon die Bildung von Themen ist ein heikler Versuch, im Chaos der Symptome Ordnung zu schaffen, denn das Ordnen setzt eigentlich schon die Übersicht voraus, durch die dieses Ordnen eben erst ermöglicht werden sollte. Hier besteht die große Versuchung, dass der Mensch sich gerne auf unbewusste Themen stützt, die ihm nahe stehen (“LiebSo hat die Einlingsthemen”). sicht, dass eine So findet jeder Während des Methodikseminares, Casina della Burraia September 2006 Ähnlichkeit nur Autor seine eigezwischen Bildern nen Themen wieder, auf denen er sein Gedangefunden werden kann, immer wieder Homöopakengebäude aufbauen kann. then dazu motiviert, die gegebenen Symptomenreihen zu einem allgemein gültigen Bild zu beleben. Die meisten zeitgenössischen Homöopathinnen und Homöopathen arbeiten mit sog. „Essenzen“, die das Wesen der Arznei zu beschreiben versuchen. Für die phänomenologische Betrachtung ist die philosophische Frage, ob einer Substanz ein Wesen zukommt, d.h. ob sie Bedeutung und Sinn hat, müßig, denn hier gibt es erkenntnistheoretisch keine vom Subjekt unabhängige objektive Welt. Diese entsteht allein im Bewusstsein des erkennenden Subjekts, das stets intentional ist, d.h. auf einen äußeren oder inneren Gegenstand ausgerichtet ist. Wir können die Dinge gar nicht erkennen, ohne ihnen eine Bedeutung, einen Sinn zu geben. 12 Die Feststellung, dass von ein und derselben Substanz viele, oft sehr verschiedene Arzneimittelbilder entworfen werden können, sollte jedoch eine Aufforderung sein, die Methodik zu hinterfragen, denn ein eindeutiges und allgemein gültiges Bild darf nicht vom Standpunkt eines Autors abhängen, sondern einzig von der Substanz selber. Es muss also eine Methode gefordert werden, die die Symptomenreihe eines Arzneimittels nach der W i r klichkeit der Substanz ordnet. Die Arzneimittelbild-Forschung, die vom argentinischen Homöopathen Dr. Alfonso Masi-Elizalde entwickelt wurde, war eine Antwort auf diese un- ERLEBTE ARZNEIEN befriedigende Situation. Masi bezeichnete die heuschreibungen, wie sie in tradierten Arzneimitteltige Homöopathie als ein „nouveau-né“, ein Neulehren nachzulesen sind, wegzukommen und pogeborenes: Die Methode steckt noch in den Ansitive Formulierungen zu finden. Zudem zeigte es fängen. Wir kennen zu wenige Arzneien ihsich, dass eine Methode, bei der die Betrachtung rem genauen Wesen nach. Masi beschäftigte und das Erleben der Substanz in der Gruppe ins sich auch mit weniger bekannten Mitteln (OligoZentrum gerückt wird, den Zugang zu den erchresten) und entwickelte eine wissenschaftliche forschten Arzneien öffnete, auch dort, wo dieser Methode, um – jenseits tradierter Arzneimittelbilfrüher verschlossen geblieben war. der und Essenzen – zu einem neuen Verständnis Im September 2006 veranstaltete die IG ein Theodes Wesens der erforschten Arzneien zu gelangen. rie- und Methodik-Seminar in der Toscana. Das Die wichtigsten Elemente dieser Methode sind: Ziel dieses Seminars war es, Klarheit über meRückkehr zu den thodologische Quellen (Wortlaut P rob le me zu der Arzneimittelschaffen und die prüfungssymptoAusformulierung me), Themenbilder Methode zu dung abgeleitet realisieren. Daaus der Gesamtbei erkannten wir, dass die Meheit aller Prüthode, die wir ohfungssymptome, ne methodoloBeizug von Symgisch-philosophibolik, Wissen sche Reflexion in über die Subden Seminarien stanz, Linguistik Während des Methodikseminares, Casina della Burraia September 2006 von 1997 bis usw., Essenzbil2006 entwickelt haben, in der phänomenologidung mittels der scholastischen Philosophie des schen Philosophie exakt beschrieben wird. Thomas von Aquin und der Theorie der Primärpsora, die auf der Idee eines spirituellen Mangels beruht. Phänomenologie lässt sich kurz wie folgt zusammenfassen: Die frühere Zürcher Masi-Gruppe, die sich neu „Interessengemeinschaft Homöopathie und geisteswissenschaftlich erweiterte Hausarztmedizin“ nannte, wandelte die Methodik von Masi in zwei Punkten ab: Die spekulative Hypothese von der Primärpsora wurde aufgegeben. Es war wenig plausibel, dass die Arzneien ihre Heilwirkung basierend auf einem spirituellen Defizit entfalten sollen. Von nun an betrachtete die Gruppe das Bild jeder Arznei als ein in sich vollkommenes Wesen. Wir versuchten von den negativ gefärbten Be- Es ist der Versuch, Zugang zu einer Sache zu bekommen, – indem die Forschenden vom unmittelbar Gegebenen (Erscheinenden) ausgehen – ihre Subjektivität miteinbeziehen – sich Vorurteilen enthalten – die imaginative Variation anwenden (Beobachtung auf verschiedenen Ebenen und aus verschiedener Perspektive) – das Wesen einer Sache beschreiben oder erklären. 13 ERLEBTE ARZNEIEN Die Erfahrungen aus unserer langjährigen Arzken kann und umgekehrt ein bestimmtes Sympneimittelforschung zeigen, dass eine Substanz tom von den unterschiedlichsten Substanzen ersich auf drei verschiedenen Ebenen ausdrüzeugt werden kann. Der Schluss ist nahe liegend, cken kann: auf der Ebene der Substanz, auf der dass die Ordnung nicht in den Symptomen gefunEbene der Wirkung auf den Menschen und auf der den werden kann und dass die Symptome eigentEbene der Symbolik und anderen Überlieferungen. lich nur interpretiert und eingeordnet werden könDie dabei wahrnehmbaren Erscheinungen dieser nen, wenn das Wesen der Arznei bereits erkannt drei Ebenen sind untereinander kohärent, entziewurde. hen sich aber jeder causalen Erklärung. Die in unEin weiteres Problem der Symptome liegt darin, serer Arbeit verwendeten Ebenen sind folgende: dass Symptome meist nur eine Pathologie ausdie Ebene der Substanz (chemische und physidrücken. Die philosophische Erkenntnis, dass das kalische EigenBöse (Patholoschaften, Botanik, gie) lediglich ein Zoologie); die Mangel an Gutem Ebene der A r z(Gesundheit) ist, n e i m i t t e l p r ümacht deutlich, fungen ( S y m pdass die Patholotome beim Mengie allein nicht schen); die Ebegeeignet ist, das ne des geistesWesen einer Arzwissenschaftlinei zu beschreichen Materiaben. Das Arzneiles (Synonyma, mittelbild muss Etymologie, MyGespräche unter dem Eichenbaum am Seminarort vielmehr als Te i lthen und Geaspekt der Geschichten). Man vergleiche dazu den Anhang über sundheit verstanden werden können, so wie die das praktische Vorgehen bei der ArzneimittelforSubstanz selber ja auch ein „Sein“ und nicht ein schung. „Mangel“ auf Erden ist. Die Wichtigkeit der Betrachtung der drei Ebenen wird u.a. durch die nachfolgenden Gedanken zur Bedeutung der Symptome erklärt. Die Symptome einer Arzneimittelprüfung sind Reaktionen der menschlichen Lebenskraft, die offensichtlich nicht nur in verschiedenen Bereichen wirkt (z.B. Wachstum, Fortpflanzung, Gefühlsbildung u.a.), sondern zusätzlich auch individuell verschieden reagieren kann (mit Tumorbildung oder Entzündung, Destruktion, Depression, Aggression usw.), so dass ein bestimmter Reiz auf die Lebenskraft eine unüberblickbare Fülle von verschiedenen Symptomen der menschlichen Pathologie bewir- 14 Zur Überwindung dieser eben geschilderten Schwierigkeiten haben sich während unserer Arbeit folgende methodische Ansätze bewährt, die im Wesentlichen den Forderungen der phänomenologischen Forschung entsprechen. 1. Die Erscheinungen einer Substanz auf den drei Ebenen werden als gleichwertige Informationen betrachtet und gleichzeitig betrachtet. 2. Das Ordnen der gesammelten Symptome, Signaturen und Überlieferungen zu Themen muss als Gruppenprozess durchgeführt werden. Dadurch kann die Ebene des subjektiven Erlebens multi- ERLEBTE ARZNEIEN pliziert werden, was zusätzliche Schnittstellen der Variation ergibt. 3. Das intuitive Denken erhält neben dem k a usal-analytischen Denken gleichwertigen Raum. Abhängig vom Wesen eines Bildes und im Unterschied zum Gegenstand erfolgt das Erkennen des Arzneimittelbildes nicht linear entlang der gefundenen Fakten, sondern ist geprägt von einem stetigen Wechsel zwischen Erfassen und Auflösen, einem Ausformulieren und Verwerfen des angestrebten Bildes. Auch hier hält die Gruppe von verschiedenen Menschen den Prozess in Gang. Für das Verständnis dieses Prozesses kann auf die Monographie über das Kochsalz (Natrium muriaticum) verwiesen werden, denn es entspricht dem “solve et coagula”, dem fortschreitenden Prozess von Auflösen Die Gruppenarund Ordnen. Hier beit hat zudem zeigt sich auch deutlich gemacht, d e u tl i c h d a s dass es in der Teilnehmer des letzten Seminares über Kalium carbonicum Februar 2007 Grundproblem Forschung unabjedes konkreten dingbar ist, sich auf klar definierte Grundlagen beFesthaltens und Ausformulierens eines Wesenhafziehen zu können. Dazu gehören nicht nur die Deten: Der Begriff ist beschränkt und entspricht nur finitionen der Begriffe, sondern auch die eines der halben Wahrheit, jedoch ohne Begriff kann das Menschen- und Weltbildes. Die Erkenntnis, dass Wesen nicht erfasst und vermittelt werden. die Symptome nicht nur in sich auf körperlicher, Das Wesen kann nicht in einem gemeinsamen, auf seelischer und geistiger Ebene beim Menschen, einem Gruppenkonsens beruhenden Text besondern auch mit den Signaturen (der Minerale, schrieben werden, weil es auf dem intentionalen BePflanzen und Tiere) in der Natur kohärent sind, wusstseinsakt eines jeden einzelnen Subjektes balegt ein Welt- und Menschenbild nahe, in dem die siert. Worüber jedoch sinnvollerweise ein Konsens Substanz ein Teil des Menschen darstellt. So haerzielt wird, sind die Themengruppen. Sie legen ben die bisher erforschten Arzneimittel immer eiein grobes Rohmuster, von dem aus die einzelnen nen ganz bestimmten Aspekt des menschlichen DaForschenden ihre individuelle Wesensbeschreibung seins dargestellt, eine Voraussetzung, die beim herleiten können. Aus diesen Gründen wird auf eiMenschen erfüllt sein muss. Die Substanz selber ne zusammenfassende Ausformulierung des Wesens verkörpert diesen Aspekt in vollkommener Art und innerhalb der Gruppe verzichtet und die einzelnen Weise; der kranke Mensch drückt ihn als GeBerichte nebeneinander stehen gelassen. sundheit oder als Pathologie aus. Die Zusammenarbeit in der Gruppe von mehreren Menschen hat sich bei der Erforschung eines Arzneimittels in vielen Beziehungen als besonders fruchtbar erwiesen. Die Gemeinschaft hat ihrem Wesen nach die Möglichkeit, individuelle Lieblingsthemen, Anschauungen und Meinungen (blinder Fleck) zu hinterfragen und nötigenfalls immer wieder aufzulösen. Die erneute Formulierung muss dann allerdings wieder vom einzelnen Menschen vorgenommen werden, so dass in der Gruppe ein Gleichgewicht der Gemeinschaft und Individualität angestrebt werden muss. 15 ERLEBTE ARZNEIEN Praktisches Vo rgehen bei der Arzneimittelforschung 4. Erstellen der Themenliste der Materia medica 1. Erste Begegnung mit der Substanz Protokoll der Verreibeprüfung Aufsuchen der Substanz (falls möglich in der Natur) Themen aus bekannten homöopathischen Arzneimittelprüfungen Betrachtung der Substanz Beschreibung der Substanz Genaue Beschreibung und Herkunft der für die Verreibung verwendeten Substanz Anschließend Verreibeprüfung mit diesem Material bis zur C3 (ev. C4). Toxikologie Andere medizinische Quellen Erstellen der Themenliste der Materia medica aus den medizinisch-toxikologischen Quellen 5. Bildung der Themengruppen Gemeinsames Aufschreiben des während der Verreibung Erlebten, wobei die Äußerungen unzensuriert geäußert und möglichst wörtlich aufgenommen werden. Die Themengruppen werden aus dem naturwissenschaftlichen und geisteswissenschaftlichen Material und aus der Themenliste der Materia medica erstellt. 2. Betrachtung des naturwissenschaftlichen Materiales (Materia physica) Eine Themengruppe ist eine Zusammenfassung von Themen, welche in sich wesensverwandt sind. Die Erstellung des Zusammenhanges muss unvoreingenommen und im Konsens der ganzen Gruppe erfolgen. Vorkommen, Morphologie, Stellung in der Evolution, Verhalten, physikalisch-chemische Eigenschaften, Verwendung usw. Auffälliges, Spezielles, Individuelles der Substanz erfassen und diese Stichworte in der Themenliste der Materia physica festhalten 3. Betrachtung des geisteswissenschaftlichen Materiales Namen der Substanz und deren jeweilige Bedeutung, Mythologie, andere Geschichten oder Überlieferungen, Sprichworte, Bibelzitate, Symbole und deren Bedeutung, alchemistische Betrachtung usw. 6. Synthese Versuch, die einzelnen Themengruppen miteinander zu verbinden im „Solve et coagula“-Prozess. Stehenlassen der Betrachtungen der einzelnen Teilnehmer nebeneinander. Die Synthese sollte dem Leser ermöglichen, den erlebten Prozess in der Gruppe nachvollziehen zu können. Erstellen der geisteswissenschaftlichen Themenliste mittels der auffälligen Begriffe Pierre Strub, Peter Mattmann, Barbara Bichsel Kontakt-Website: www. IGEH . ch 16 ER L E B N I S B E R I C H T E VON DER DR . P. S TRUB ür die Herstellung des potenzierten Arzneimittels Phorsphor wird der weiße Phosphor verwendet. Meine ersten Versuche, Phosphor direkt in seiner weißes Konfiguration zu erwerben, wurden schnell und fast vorwurfsvoll abgewiesen, sodass ich mich bald nicht mehr getraute, weiter danach zu fragen. Es war als hätten alle eine Warnung aus dem Internet gelesen: F P H O S P H O RV E R R E I B U N G UND D R. J. H ODEL Im Freien stellte ich die Utensilien für mein Vorhaben, den roten Phosphor in den weißen zu überführen, zusammen: Bunsenbrenner, gekrümmtes Reagenzglas, Stativ, ein großes Becken mit Wasser, eine Schale mit Kupfersulfatlösung. Zudem Handschuhe, Schutzbrille, alte Kleider und eine Mütze. In voller Montur wollte ich beginnen, den Phosphor im Reagenzglas zu erhitzen, doch ich hatte die Zündhölzchen, um den Bunsenbrenner zu entzünden, im Haus vergessen. Also Handschuhe, Schutzbrille und Mütze ausziehen und Beginn von vorne! „Der weiße Phosphor ist hochentzündlich (selbstentzündlich), hochgiftig, umweltschädigend und ätzend. Versuche mit ihm dürfen nur im Freien oder hinter Glas unIn der Hitze der ter dem Abzug Gasflamme beobdurchgeführt achtete ich nun werden. Rückendlich, wie der stände sollen rote Phosphor restlos abgefalangsam unter ckelt werd e n ; R a u c h e n t w i c kkeinesfalls dürlung zu schmelfen sie im Hauszen begann, dann müll entsorgt durchglühte er werden. ALLES wie von einem was mit ihm in Lauffeuer erfasst Phosphor Kontakt gekomvon oben nach men ist, wird mit Kupfersulfatlösung gespült, unten, um sogleich wieder zu erlöschen. Ich hatdas in genügender Menge auch für den Notfall te Herzklopfen. Während ich weiter erhitzte, schlug bereit stehen muss. Phosphorspritzer hintersich allmählich ein gelblicher Belag am vorderen, lassen tiefe, schlecht heilende Wunden. Bereits nicht erhitzten Schenkel des Reagenzglases nieder; 50 mg können zu tödlichen Vergiftungen fühes sammelte sich dort eine flüssige, durchscheiren. Das unsachgemäße Zusammenbringen von nende Masse! Ich verspürte ein Gefühl der FreuPhosphor mit anderen Chemikalien kann zu, de und des Triumphes in mir und merkte erst nach explosionsartigen Reaktionen führen. Phosphor dem Abdrehen des Bunsenbrenners, dass ich die ist keine Chemikalie für den Anfänger!“ ganze Zeit unter einer ungeheuren Anspannung und Angst gestanden hatte, es könnte jederzeit etBin ich denn ein Anfänger? Ich bestellte also selbstwas Verheerendes geschehen. Sorgfältig löste ich sicher und mit einer gut gespielten Selbstverdie erstarrte gelbe Masse aus dem Reagenzglas und ständlichkeit gleich 100g, diesmal des roten Phosverschloss meinen Schatz in einem mit Wasser gephors, über eine Apotheke, die mir mit der gleifüllten Glasgefäß. Ich konnte die Nacht kaum erchen Selbstverständlichkeit den bunt mit Warnwarten, um das berühmte Phosphorleuchten meisymbolen beklebten Behälter aushändigte, als ob ner gewonnenen Substanz zu sehen. Doch das kleiich 100g Kochsalz bestellt hätte. Ich war glücklich ne abgetrennte Stückchen auf dem Fließpapier entund enttäuscht zugleich. 17 ERLEBNISBERICHTE DER täuschte mich sehr mit seinem unscheinbaren und kaum wahrnehmbaren Leuchten. Nach einem Weilchen begann es dann allerdings zu rauchen, um sich unerwartet von selbst mit heller Flamme zu entzünden und gleich wieder zu verlöschen. Dann gewöhnten sich meine Augen wieder an die Nacht und ich entdeckte plötzlich ein schwaches, gespenstiges Leuchten im Garten. Mein zurückgelassenes Reagenzglas leuchtete in einem grünlichen Glanz still vor sich hin. Voller Begeisterung rief ich die ganze Familie zusammen, um stolz mein Zauberwerk vorzustellen. Wärmte ich das Glas in meinen Händen, wurde das kalte Leuchten intensiver und schien die ganze Umgebung durchsichtig zu machen. Dankbar erntete ich die Bewunderung und das Staunen meines Publikums. P H O S P H O RV E R R E I B U N G aber erloschen diese Erscheinungen; es wurde still im Raum. Ich rieb nun mit äußerste Sorgfalt und Behutsamkeit weiter mit dem Gefühl, das We r tvollste von Phosphor und zugleich meiner selbst liege unscheinbar und verborgen in dieser meiner Schale. Manchmal meinte ich es nochmals kurz aufleuchten zu sehen, wenn ich versunken in die Leere blickte. Schaute ich aber bewusst hin, um es zu finden, war alles erloschen und gewöhnlich. Abends, nach getaner Arbeit der Protokollierung der Verreibungssymptome, saßen wir dann noch lange zusammen, sangen bis spät in die Nacht Lieder über die Liebe, das Leben und wieder über die Liebe. Erst in den frühen Morgenstunden mochten wir die intensiv Während des Verreibens von Kalium carbonicum, Februar 2007, Ein paar Tage erlebte Ve r b u nL'Aubier, oberhalb Neuchatel später saßen wir denheit und Gein unserer Arbeitsgruppe zusammen, um die Ve rselligkeit verlassen und der Müdigkeit nachgeben. reibeprüfung durchzuführen. Beim Verteilen des Pierre Strub Phosphors befiel mich wieder das nämliche Gefühl von Angst, etwas könnte geschehen oder eben nicht geschehen. Der Phosphor zeigte sich nun rei unübersehbare Urlichter mischen sich noch von einer anderen Seite: Aus den Schalen stiejeweils unangemeldet unter unsere Grupgen kleine Nebelschwaden und der Raum wurde pe, wenn sich diese zweimal jährlich an irgendeiin kurzer Zeit von einem penetranten Geruch von nem beeindruckenden Ort der „näheren UmgeKnoblauch erfüllt. Sämtliche Fenster mussten gebung“ seminaristisch trifft. öffnet werden. Eine große Unruhe entstand, und Unangemeldet, weil Sokrates, Hüter des Nichtals ein Teilnehmer gar entdeckte, dass seine Schawissens, Plato als Schauer des Ewigen in Lehrerle in der kleinen dunklen Besenkammer wie ein schaft mit Aristoteles, dem Vertreter irdischer StofSternenhimmel leuchtete, wandelte sich die Unfeswelt, bereits und immer an Orten verweilen, wo ruhe in Begeisterung und gar Wetteifern um. Alle gefragt, geforscht, gedacht wird. waren nun bestrebt, ihrem Phosphor durch ReiDieses Gestirn der Unübersehbaren, die, versehen ben das schönste Leuchten und die bedeutungsmit dem Ausdehnungskoeffizienten der Unendvollsten Dunstschwaden zu entlocken. Allmählich D 18 ER L E B N I S B E R I C H T E DER lichkeit, leicht zu Unüberschaubaren werden, weist hin auf das erkenntistheoretische Axiom unserer Arbeit in der homöopathischen Arzneimittelforschung. Auf seinem Grund ankert eine phänomenologische, sokratische Betrachtungsweise der Substanz in ihrer Erscheinungs- und Wirkungsform, ausgehend von einem vorurteilslosen Betrachter auf der einen Seite, hingerichtet auf ein unmittelbar Gegebenes vor jeglicher Erfahrung auf der anderen Seite. Der anschauenden Urteilskraft soll das Geheimnis des Dinges sich aussprechen, anlehnend an Goethes Mahnung: „Man suche nur nichts hinter den Phänomenen, sie selbst sind die Lehre!“ P H O S P H O RV E R R E I B U N G bereiter der Geisteskräfte ins Materielle. In teils disziplinierten, phänomenologischen Betrachtungen, vermischt mit ersten keimenden, imaginativen Bewusstseinsanstrengungen mutiert der Phosphorstoff zum Denkanreger, zum Lichtbringer, Verschmelzer oder Grenzenmissachter. Oder er bleibt ganz bescheiden im Leibe sitzen als Peiniger des linken Schulterblattes, ausstrahlend zum Ellbogen, irdische Schwere mimend, oder sich als Substanz hinverjüngend zum urphänomenalen Bild der Schöpfung und seiner Verwirklicher, als geistige Umstülpung seiner Festigkeit. Unbescheiden ist nur unser Bemühen: sich zu lösen von den Fesseln angeborener DenkeinschränDieser Grundeinkung und anerstellung offenbart zogener Doppelsich die Substanz blindheit, um sich Pierre Strub, Peter Mattmann, Barbara Bichsel, Jürg Hodel in ihrer paracelsidem goetheanisschen Struktur als tischen Schauen ein Oberes, Mittleres und Unteres oder, Theoübend zu verbinden im Urlicht der drei Unüberphrastisch ausgedrückt: als Sulfur, Mercur und Sal. sehbaren. Dieser Grundeinstellung offenbart sich auch der Jürg Hodel Mensch in seiner Dreieinigkeit, wenn er sich der Substanz in der Prüfung hingibt. Es entsteht in der gegenseitigen Bebilderung beider Triaden Ausdruck und Aussprache. In dieser nach Oben erweiterten Wahrnehmungsund Denk-Atmosphäre wird ein Seminarleiter der Phosphorverreibung zum Alchemisten, die Seminarteilnehmer zu Suchern nach dem Stein der Weisen, die Selbstentzündlichkeit des Phosphors zur zündenden, wesenhaften Idee, die grüne Lumineszenz zum Rätsel. Im Kreuzfeuer von Plato, Aristoteles und Sokrates, im Abfragen nach Sal, Sulfur und Merkurprinzip verwandelt sich rauchender Phosphor zum Weg- 19 IN DER P H O S P H O R: A M B I VA L E N Z V O N L I C H T UND S C H AT T E N – LEUCHTEN UND AUSGEBRANNT SEIN VON D R. M. M. H ADULLA, T. A. PFEIL Etymologie Der Name, die Bezeichnung, das Wort, gibt Auskunft über das Wesen des Namensträgers, den eigentlichen Archetypus. Phosphor wörtlich übersetzt aus dem Altgriechischen heißt: Phos-pherrein = „Licht tragen“ – Lichtträger und in der latinisierten Form Lux ferrein (Luzifer), ebenfalls „Licht tragen“ – Lichtträger. Ein Anfänger in der Homöopathie will gerne persönlich ein solcher Lichtträger sein oder zumindest viele Phosphorzüge bei sich entdecken, besonders dann, wenn sie so schön beschrieben werden wie indem folgenden Zitat von W. Gawlik (2): Streichhölzer enthalten roten Phosphor – schnell entzündet – schnell verbrannt „Phosphor-Persönlichkeiten strahlen Liebenswürdigkeit und Liebe aus, suchen aber auch nach Liebe. Sie sind aufregend, haben ein anziehendes Wesen und fesseln ihre Umgebung. Man verfällt ihnen unter Umständen mit „Haut und Haaren". Sie sind sehr intelligent, sprühend, äußerst wach, sportlich. Abends sind sie in der leicht abgedunkelten Bar zu finden, wo sie ihre langen blonden Haare im Takt der Musik wiegen und mittels eines oft sehr schönen Körpers Männer bzw. Frauen „angeln". Phosphor-Menschen in jungen Jahren scheinen manchmal „Angelhaken des Teufels" zu sein ... 20 Phosphor-Persönlichkeiten sind äußerst sensibel und einfühlsam, können sich genau auf ihr Gegenüber einstellen und ... sie verhalten sich rücksichtsvoll, überaus großzügig und sehr hilfsbereit... extrovertiert und haben aufgrund ihrer Unterhaltsamkeit, Fröhlichkeit und Hilfsbereitschaft sehr viele Freunde. Kritik äußern sie kaum. Kleine Schwächen sind für den Außenstehenden eher amüsant und werden durch die beständig gute Laune von Phosphorus akzeptiert... Die natürliche Offenheit bereitet großes Vergnügen, und die ausgestrahlte Wärme wird an andere weitergegeben. Herzlichkeit, Sensibilität und das Talent, auch andere aufgrund ihrer so guten „Gottesgaben" zu loben, bringen den Phosphor-Menschen Dankbarkeit und Freude ein". Phosphor hat sicher die hier so schön beschriebenen Charakterzüge. Eine Phosphor-Persönlichkeit kann aber auch das Gegenteil darstellen, furchtbar niedergeschlagen, depressiv, verhärmt und gleichsam ausgebrannt sein. Auch hier wollen wir dem bekannten Homöopathen W. GAWLIK (2) folgen: „Diese Trostlosigkeit, die sich bis zu einer Abscheu vor dem Leben steigern kann, führt zu tiefster Verzweiflung, die durch IN DER PH O S P H O R : A M B I VA L E N Z V O N LI C H T UND S C H AT T E N – LEUCHTEN UND AUSGEBRANNT SEIN unaufhörliches Weinen und tiefe Depressionen geprägt ist. In diesen Phasen besteht auch Suizidgefahr... Zeigt sich die Schattenseite des Lebens nicht in jungen Jahren durch Enttäuschungen, erfährt Phosphorus sie sicher im Alter, wenn er der Jugend weichen muß." neralien: Apatit, Osteolith, Phosphorit. Auch die Knochen enthalten große Mengen von Kalziumphosphat. Organisch gebunden findet sich der Phosphor im Eigelb und in der Hirn- und Nervensubstanz als Lezithin. Phosphor in der Ambivalenz von Licht und Schatten in der kompensierten (+) und dekompensierten (-) Form, z.T. in ihren gegenseitigen Entsprechungen (© Hadulla/Richter) Diese Ambivalenz zwischen Licht und Schatten tritt somit schon durch die Namensgebung in Erscheinung. Chemie, Vorkommen und Anwendung von Phosphor Phosphor gehört neben Stickstoff, Arsen, Antimon und Wismut zur V. Gruppe des Periodensystems der Elemente. Chemisches Zeichen: P. Atomgewicht 30,98. Drei- und fünfwertig. Der Phosphor kommt in der Natur nicht in reiner Form, sondern als phosphorsaure Salze vor, meistens als Kalziumsalz, dem Hauptbestandteil der Mi- Neben dem weißen Phosphor gibt es auch eine rote Modifikation dieses Elementes. Der rote kann aus dem weißen Phosphor hergestellt werden, indem man letzteren unter Luftabschluss oder in einem indifferenten Gas, wie Kohlendioxyd, auf etwa 250 Grad erhitzt. Der rote hat eine mikrokristalline Struktur, ist ungiftig, geruchlos, schwer entzündlich und in Schwefelkohlenstoff unlöslich. Er leuchtet nicht im Dunkeln. Früher fand der gelbe Phosphor zur Herstellung von Zündhölzern Verwendung. Wegen seiner Giftigkeit wurde dies durch das Reichsgesetz im Jahre 1908 verboten. Auch bei den chemischen 21 IN DER P H O S P H O R: A M B I VA L E N Z V O N L I C H T UND S C H AT T E N – LEUCHTEN UND AUSGEBRANNT SEIN Kampfstoffen (Phosphor ist einer der besten Nebelbildner) fand er Anwendung sowie leider auch als Brandbomben, insbesondere bei der Anwendung durch die Engländer gegen Deutschlands Städte im 2. Weltkrieg. Arzneimittelbild Die oben genannte Herleitung aus der Etymologie zeigt schon die tiefe Doppelbödigkeit dieses großen Mittels: Auf der einen Seite das helle, wirklich reine Licht. Auf der anderen Seite das unreine, teuflische, gefährliche Licht, eben das Licht Luzifers. Der berühmte amerikanische Homöopath und C. G. JUNG-Schüler E. C. Whitmont (8) hat in diesem Zusammenhang den Geisteszustand von Phosphor mit einem inneren „Zwielicht" verglichen: „Ein Wechsel zwischen hellem Bewusstsein und Strahlen (Licht) in Gesellschaft und zwischen Gedrücktheit und Erschöpfungen (Dunkel) bei Alleinsein." Auch in unserer grafischen Darstellung von Phosphor (Abb.1) haben wir versucht, dieses Wesen herauszuarbeiten: „Im Zentrums-Kern der Phosphorpersönlichkeit stehen Leben und Helligkeit auf der einen Seite und auf der anderen Seite Asche und Dunkelheit, damit verbunden im Positiven „Ve rlangen nach Gesellschaft und Liebe" und im Negativen „Abhängigkeit von Gesellschaft und Liebe.” Im oberen Teil von Abb. 1 sind dann die für Phosphor charakteristischen (positiven)-kompensierten Eigenschaften angeführt wie: Vitalität Lebensfreude Offenheit Empfindsamkeit (3) Verstand 22 – – – – – Heiterkeit (1) Überschwänglichkeit (2) Hilfsbereitschaft Sensibilität (3) Klugheit (1) Dabei sind die Wertigkeiten aus dem Repertorium – falls vorhanden – in Klammern gesetzt. Im Sinne der allem Lebendigen innewohnenden Ambivalenz finden sich auch die passenden ( n egativen)-dekompensierten Entsprechungen: Vitalität, Ausgelassenheit (1) – Erschöpfung (3) Lebensfreude, Überschwänglichkeit (2) – Angst, Furcht (2) Offenheit, Hilfsbereitschaft – Egozentrik, Eigenliebe Empfindsamkeit, Sensibilität Verstand, Klugheit – – Überempfindlichkeit (3) geistige Erschöpfung (3) Wenn Sie diese Abbildung länger betrachten, erkennen Sie noch mehr: Es ist ein Kreis, ein ursprünglich Ungesondertes, eine Einheit. Sie erinnert uns daran, dass auch Luzifer zunächst ein Engel Gottes war und sogar als einer der mächtigsten Erzengel an seiner Seite stand. Vor seinem Fall befand sich Luzifer noch in der Einheit mit Gott, und eine Aufspaltung zwischen Gut und Böse, zwischen Hell und Dunkel, war noch nicht eingetreten. Kompensierte Ausgestaltung von Phosphor Was zeigt uns Phosphor nun weiter an Geistes-, Gemüts- und was an körperlichen Symptomen? Das Äußere der meisten Phosphor-Patienten erscheint uns als „fein“. Sie haben klare, offene Gesichtszüge, sind meist von schlanker Gestalt (nicht zwingend), die Haare glänzen häufig weich und seidig, und die Bewegungen sind unverkrampft locker, zum Teil sogar von eleganter Art. Insgesamt geht von ihnen eine sympathische Ausstrahlung aus; wenn man sie ansieht, erröten sie leicht. IN DER PH O S P H O R : A M B I VA L E N Z V O N LI C H T UND S C H AT T E N – LEUCHTEN UND AUSGEBRANNT SEIN Dazu das Symptom Nr.60 aus S. Hahnemanns Arzneiprüfung (7). “Wenn sie einen Gedanken recht lebhaft auffaßt, überfällt sie eine Hitze, als wäre sie mit heißem Wasser übergössen.” Am auffälligsten sind die Augen. Große Augen mit langen Wimpern, wie man sie bei kleineren Kindern manchmal findet und die zur sofortigen Sympathie zwingen. Darüber hinaus sind diese Kinder munter, anmutig, mit einem natürlichen Charme und Flair ausgestattet, der bei günstigen Lebensumständen selbst im Alter nicht verfliegt. Aus S. Hahnemanns (7) AMP das Symptom 75 : “Heiterkeit, Freiheit des Geistes, wohlgemuthet, mit angenehmer Wärme im ganzen Körper, besonders an den Händen, die ganz roth sind von Blut-Andrang; es ist ihm Alles heller.” Dieses schöne Äußere spiegelt ein angenehmes Inneres wider. Doch nicht nur das Äußere dieser Patienten ist angenehm, die Phosphor-Menschen sind feinfühlig für die Empfindung anderer Menschen, sie sind gerne bereit, mit ihrem Gegenüber in lebhaften Kontakt zu treten, mit dem anderen in Freud und Leid mitzuschwingen; sie freuen sich mit dem, der sich freut, und leiden mit dem, der leidet. Dabei ist der Phosphor-Mensch ein guter, wenn auch sprunghafter Unterhalter, ausgestattet mit guter Laune und Optimismus; wenn auch nicht mit den pointiertesten Witzen, so besticht er besonders durch sein humorvolles Wesen. Humorvoll heißt in diesem Zusammenhang, dass man nicht nur über die anderen – das könnte ja Häme sein –, sondern auch über sich lachen kann. Wo z. B. der Calcium-carbonicum- oder insbesondere der Natrium-muriaticum-Patient sich schon verletzt fühlt und gekränkt ist, empfindet sich der Phosphoriker auch noch im schärferen Witz beachtet, wertgeschätzt und lacht mit. Dabei ist Phosphor keineswegs leicht und oberflächlich , sondern tröstet gerne andere, findet dabei die richtige Tonlage und Stimmungen mit Worten und Gesten. Er fasst sein Gegenüber gerne in der direkten Rede an, und sein Gegenüber lässt sich häufig auch gerne anfassen. So überrascht es dann auch nicht, wenn wir in der Materia medica finden: Fühlt sich besser, wenn er „gerieben, berührt, angefasst und massiert" wird. S. Hahnemann (7) schreibt gleich zu Beginn seiner Ausführungen zu Phosphor: “Phosphor, auf diese Weise gehörig potenziert, ist eine der unentbehrlichsten homöopathischen und vorzüglich antipsorischen Arzneien. Doch wird sie in Fällen chronischer (unvenerischer) Krankheiten, wo sich Mangel an Geschlechts-Trieben und Schwäche der Zeugungs-Theile kenntlich macht, oder die weibliche Periode allzu spät zurückkehrt, selten angemessen gefunden werden und ebenso wenig überhaupt bei allzu grosser Schwäche und Armuth an Lebens-Kräften. Sollte sie in letzterm Falle doch übrigens homöopathisch passen, so muss bei ihrer Anwendung, um die Kräfte möglichst aufrecht zu erhalten, die Einflößung der Lebenskraft von einem Gesunden (Mesmerism) mit zu Hülfe genommen werden, indem von Zeit zu Zeit eine gutmeinende, kräftige, gesunde Person mit ihren Händen die Hände des schwachen Kranken, mit auf ihn gerichtetem, mitleidigem und möglichst wohlwollendem Gemüthe, ein Paar Minuten lang hält, oder sie auf den geschwächtes- 23 IN DER P H O S P H O R: A M B I VA L E N Z V O N L I C H T UND S C H AT T E N – LEUCHTEN UND AUSGEBRANNT SEIN ten, leidendsten Theil seines Körpers auflegt unter Entfernung alles, die Aufmerksamkeit des Kräfte-Mit-theilers und des Kranken störenden Geräusches umher oder des Zudrängens And’rer." Dieses Zitat belegt, dass Hahnemann auch andere Heilmethoden neben seiner Homöopathie anwandte bzw. wertschätzte. Ganz im Gegensatz zu vielen seiner modernen Nachfolger, die sich häufig päpstlicher als der Papst geben. In gewisser Verbindung zu diesem Wunsch, magnetisiert zu werden, stehen bei Phosphor auch die übersinnlich-telepathischen Fähigkeiten, die häufig bemerkenswert gut ausgeprägt sind. Dekompensierte Ausgestaltung von Phosphor Es überrascht nicht, dass Phosphor-Menschen unbedingt geliebt werden wollen, es ist für sie das eigentliche innere Bedürfnis, und sie wissen meistens sehr genau, wie sie die Sympathie und Liebe ihrer Umgebung erlangen können (siehe hierzu Abb. 1; „Verlangen nach Gesellschaft und Liebe"). Weil sie in diesem Bestreben erfolgreich sind, können sie ihrem Partner bzw. ihren Mitmenschen auch viel geben. Scheitern aber diese Liebes- und Harmoniebedürfnisse trotz aufrichtiger Bemühung, dann werden sie verzagt, unglücklich und verlieren ihre innere Stabilität, sie verlieren im körperlichen und geistig-psychischen Bereich ihr Gleichgewicht (siehe auch hierzu Abb. 1; „Abhängigkeit von Gesellschaft und Liebe"). Als Folgen zeigen sich Überempfindlichkeit, Ve rletzbarkeit, Misstrauen, des weiteren treten zahlreiche Ängste auf, die sich bis zur schweren Depression, ja bis zum Suizid steigern können (siehe hierzu Abb. 1; „Angst, Furcht"). Auch im körperlichen Bereich zeigen sich dann negative Eigenschaften: Einmal fällt auf, dass die 24 Phosphor-Patienten bei zunehmender Belastung oder auch nur bei größeren Anforderungen auf einmal unruhig, zunehmend hektisch, fahrig werden können. Parallel zu geistigen Erschöpfungen brechen sie auch körperlich zusammen. Ein Hinweis auf diese verminderte körperliche Belastbarkeit der Phosphor-Patienten, auch schon der Kinder, ist, dass sie ihren „Mittagsschlaf" einfach brauchen, um Energie aufzutanken. Der impulsive Phosphor-Patient wird bei Überlastung – weil er nichts versäumen oder allen zu gefallen und gefällig zu sein will – fahrig, nervös und hektisch. Parallel zu diesem Hektisch-Fahrigen, Nervösen, oder nennen wir es auch mit einem gewissen äußeren Zwang „Paroxystischen", zeigt sich eine auffallende Empfindlichkeit gegenüber lauten Geräuschen, strengen Gerüchen und hellem Licht. Umgangssprachlich könnte man sagen: alles geht unter die Haut, alles geht auf die „Nerven". Dazu passt das Symptom 35 der Hahnemann’schen AMP (7): “Überempfindlichkeit aller Sinne, besonders des Gehörs und Geruchs.” Bei J. H. Clarke (1) ist zu lesen: „Es ruft einen reizbaren Zustand hervor, Erhöhung der geistigen Fähigkeiten und einen Zustand, der Überanstrengung folgt. Der Verstand ist wie alle einzelnen Sinne zu erregbar und zu leicht zu beeindrucken. Wird leicht zornig und wird heftig; gerät vor Zorn außer sich und leidet in der Folge körperlich. Zu anderen Zeiten ängstlich und ruhelos, besonders in der Dunkelheit und bei Dämmerung (die Ruhelosigkeit von Phos. ist universell; der Patient kann keinen Augenblick stillsitzen oder -stehen; sie gehört zu dem Zustand der Reizbarkeit und danach folgt Apathie, wenn der Zustand nicht unterbunden IN DER PH O S P H O R : A M B I VA L E N Z V O N LI C H T UND S C H AT T E N – LEUCHTEN UND AUSGEBRANNT SEIN wird). Bildet sich ein, Gesichter zu sehen, die ihn aus den Ecken des Zimmers angrinsen. Solche Zustände findet man in Fällen, die durch Säfteverlust hervorgerufen werden; durch Überanstrengung des Ve rstandes; durch sexuelle Exzesse und Masturbation, und sie nehmen die Form progressiver Paralyse an, mit Größenwahn; und bei Apoplexie und deren Folgeerscheinungen“. Neben dieser beschriebenen Exzitabilität, Impressionabilität und Hyperästhesie findet sich eine Reihe weiterer negativer Eigenschaften. Herrschsucht zu beobachten; sie sind aber kalt, hochmütig und abweisend, ihnen fehlt die Herzlichkeit und Wärme der Phosphor-Menschen. Weiterhin finden wir bei Phosphor-Menschen eine fast kindlich anmutende Eitelkeit, gepaart mit einem primär nicht bösartigen Egoismus." Ebenfalls bekannt ist, dass Phosphor-Patienten vielfältige Ängste aufweisen, die durch Alleinsein verstärkt werden. In der AMP Hahnemanns (7) entsprechen dem die Symptome 15 bis 30: „Traurig, bang, kleinmüthig. Angst, BanSo führten wir an anderer gigkeit, als sey ihr leid Stelle (5) hierzu aus: um Etwas, öfter wiederkehrend. Aengst„Er möchte Einfluss lichkeit und Hitze im nehmen auf die Art Kopfe, mit heissen, und Weise, wie man sie/ ihn glücklich ma- Phosphorus in der bildenen Kunst: Georges de la Tour: Die rothen Händen, öfters chen soll, und hat die büßende Magdalenda, 1638-43. Dieses Bild verdichtet ge- wiederkehrend und Tendenz, andere Men- radezu auf seltsame magische Weise die phosphorische Am- im Stehen scheinb a r schen zu beherrschen: bilvalenz von Licht und Schatten, Jugend und Tod in einer erleichtert. Aengstliche unentschiedenen, zwielichtigen Situation Beklommenheit. Angst zwar verbunden mit zuweilen, Abends, wie Zuneigung, Liebenswürdigkeit, Charme, zum Sterben. Bangigkeit, wie Ahnung von Koketterie, aber auch mit großer „Power", Unglück. Viel Beängstigungen, Abends. Unbeirrbarkeit und Zielstrebigkeit. In dieAengstlich besorgt, wegen unglücklichen sem Dominanzverhalten ist Phosphor Ausgangs ihrer Krankheit. sehr dem homöopathischen Arzneimittel Lycopodium ähnlich, wobei jedoch u. a. Angst und innere Unruhe, ohne erd e n k l iHerrschsucht, Hochmut, Schroffheit, Reizchen Grund. Aengstlichkeit und Unruhe, barkeit und die extreme Kränkbarkeit von mit viel Stirn-Schweiss und Hitze im KopLycopodium fehlen. Auch bei den attrakfe. Unruhe im Kopfe, Vormittags. Unruhe. tiven, strahlenden Platin-Menschen ist eiUnruhig bei Gewittern. große Unruhe. ne solche Furchtsamkeit und Grauen, Abends. Grau- 25 IN DER P H O S P H O R: A M B I VA L E N Z V O N L I C H T UND S C H AT T E N – LEUCHTEN UND AUSGEBRANNT SEIN sige Furchtsamkeit, Abends spät, als sähe aus jedem Winkel ein grässliches Gesicht hervor. große Aengstlichkeit und Reizbarkeit beim Alleinseyn. Aengstlichkeit-Anfälle, wie unter der linken Brust, was sie so peinigt, dass sie am ganzen Körper zittert, dabei zuweilen bittres Aufstossen und Herzklopfen. Lebens-Überdruss." Diese Ängste können dann bis in die Nacht, ja bis in die Träume hinein gehen, so findet sich hier schlechter Schlaf (s. S. Hahnemann, der ca. 60 Traum- und Schlafsymptome aufführt). Im einzelnen können die Träume wie folgt geprägt sein: „Erdrückt zu werden, vernichtet zu werden, aus dem Leben entführt zu werden, mit Todesangst, mit einer namenlosen Angst und undefinierbarem Grauen." S. HAHNEMANN (7) ergänzt hierzu im Symptom 1805 Folgendes: „Träume von Räubern. Aergerliche Träume.” Hier sind wir bereits tief im Schatten dieses Mittels angelangt, sozusagen im Totenreich: im Reich Luzifers. An dieser Stelle schließen wir unsere Arbeit und übergeben die Fackel an den Leser, damit er bei sich selbst schauen, erfahren und ausloten kann welche Phosphoranteile er selbst bei sich findet, denn nur was wir an uns selbst (er)-kennen und erfahren sehen wir auch an unseren Patienten. Wir zeigten, dass Phosphor nicht nur der „Strahlemann“ sein kann – ja, die homöopathischen Arzneien wäre nicht von dieser Welt wenn sie nur eine Seite verkörpern würden – alles ist polar angelegt, auch die Homöopathie (siehe Abb.). Gut dokumentierte Phosphorus-Kasuistiken findet man in der aktuellen Literatur [3]. Wer noch tiefer in Wesen und Essenz der homöopathischen Arzneien einsteigen möchte, dem sei unsere Literatur ans Herz gelegt [4]. 26 Literatur [1] Clark, J.H.: “Der Neue Clarke” Eine Enzyklopädie für den homöopathischen Praktiker (10 Bände) übers. von Peter Vint, Silvia Stefanovic Verlag Bielefeld, 1990. [2] Gawlik, Wilibald: Arzneimittelbild und Persönlichkeitsporträt. Konstitutionsmittel in der Homöopathie, 4. Aufl., Stuttgart 2002. [3] Hadulla M., M., Richter, O., Fattahi, N.: 101 Krankengeschichten aus der Praxis für die Praxis, ML-Ve rlag, 2006. [4] Hadulla, M.M., Richter, O.: Die homöopathischen Arzneien, Bd.I, und II, ML Verlag, Uelzen 1999, 2002. [5] Hadulla, M.M., Wachsmuth, J.: Homöopathische Archetypen bei Homer, Heidelberg 1996. [6] Hadulla, M.M., Wachsmuth, J.: Homöopathische Archetypen bei Homer. Eine Archäologie der Seele, HaugVerlag, Heidelberg 1996. [7] Hahnemann, S.: Die chronischen Krankheiten, Bd.5, Heidelberg 1991. [8] Whitmont, E.C.: Psyche und Substanz. Essays zur Homöopathie im Lichte der Psychologie C.G. Jungs, Göttingen 1988. Dr. Michael Hadulla Heiliggeiststraße 9 69117 Heidelberg Timo A. Pfeil (HP) Heiliggeiststraße 9 69117 Heidelberg 20 J A H R E A R Z N E I Q U A L I T Ä T W I E B E I H A H N E M A N N W I R S C H E N K E N I H N E N D I E M E H RW E RT S T E U E R E R H Ö H U N G ! Jubiläumspreise … und jetzt bis zu den Äquinoctien: für unsere Therapeutensets und die historischen Arzneien von Dunham und Fincke Unsere beliebten Therapeutensets mit den 120 häufigsten Arzneien als C12, C30, C200 und C1000 im Gudjons-Kunstleder-Etui jetzt zum Jubiläumspreis: Acon. Agar. All-c. Alum. Am-c. Ambr. Anac. Ant-c. Ant-t. Apisin. Arg-n. Arn. Ars-i. Ars. Aur-m. Aur. Bar-c. Bell. Berb. Bry. Bufo Calc-f. Calc-p. Calc-s. Calc. Camph. Canth. Caps. Carb-an. Carb-v. Carbn-s. Caul. Caust. Cham. Chel. Chin. Cic. Cimic. Cina Cocc. Coff. Coloc. Con. Crot-h. Cupr. Cycl. Dulc. Eup-per. Ferr-p. Fl-ac. Gels. Graph. Hell. Hep. Hyos. Hyper. Ign. Iod. Ip. Kali-bi. Kali-br. Kali-c. Kali-i. Kali-s. Kreos. Lach. Led. Lil-t. Lyc. Mag-c. Mag-m. Med. Merc-c. Merc.(viv.) Mez. Naja Nat-c. Nat-m. Nat-p. Nat-s. Nit-ac. Nux-m. Nux-v. Op. Petr. Ph-ac. Phos. Phyt. Plat. Plb. Podo. Puls. Pyrog. Ran-b. Rhod. Rhus-t. Rumx. Ruta Sabad. Sabin. Sang. Sars. Sec. Sep. Sil. Spig. Spong. Staph. Stict. Stram. Sul-ac. Sulph. Symph. Tab. Tarent. Thuj. Tub-k. Urt-u. Verat. Zinc. NormalPreise (inkl. MwSt.) C12 C30 e C200 C1000 JubiläumsPreise (inkl. MwSt.) 820,00 e 615,00 e 1.299,00 e 975,00 e 1.629,00 e 1.220,00 e 1.799,00 e 1.350,00 Bestellen Sie direkt in unserer Apotheke! Im Internet über das Bestellformular der Gudjons-Apotheke unter: www.gudjons-apotheke.de per Fax: +49 821 4441001 per e-mail: apotheke@gudjons.com oder per SMS: +49 179 9998889 27 H I S T O R I S C H E AR Z N E I E N ZUM JUBILÄUMSPREIS Dank Dr. André Saine sind die 200er Dunhams und das „Full set of Fincke-Potencies“ nun auch wieder in Europa erhältlich! 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